1873 / 15 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 17 Jan 1873 18:00:01 GMT) scan diff

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Der Kontre-Admiral und Chef der Marine-Station der Osisee, Heldt, welher fih in dienstlihen Angelegenheiten hier aufgehalten, hat fich nach Kiel wieder zurückbegeben. de E R

Die Regulirung und Pflasterung des Straßen- zuges der Königgrägßerstraße, vom Potsdamer Plaße bis zum Halleschen Thor hierselbst, wird nah erfolgter diesfälliger Genehmigung des Ministers für Handel im Laufe dieses Jahres zur Ausführung gelangen und damit den auch in der Presse. vielfach zum Ausdruck gelangten berechtigten Wünschen des Pu- blifkfums Rechnung getragen werden. :

Seitens der Ministerial-Bau-Kommission, welche die Regu- lirung der genannten Straßenstree unausgeseßt im Auge be- halten hat, ist, nahdem die Schwierigkeiten, welche der Ausfüh- rung des bezüglihen Straßenbaues im Wege gestanden haben, beseitigt sind, Vorsorge getroffen worden, daß die Inangriff- nahme der betreffenden Arbeiten bald erfolgen kann. Nament- lich if die in jeziger Zeit so sehr \{hwierige Beshaffung des erforderlichen bedeutenden Quantums an Steinmaterial gesichert.

Die Stadtverordneten-Versammlung hat gestern die Spezialetats für das Iahr 1873 berathen. Der Antrag des Magistrats, den Fonds für unvorhergesehene Ausgaben von 150,000 Thlrn. auf 400,000 Thlr. zu erhöhen, wurde abgelehnt.

Die im vorigen Sommer stattgehabte Konkurrenz um das in Berlin zu errihtende Goethedenkmal führte bekannt- lih zu keinem definitiven Ergebniß; es wurde vielmehr eine engere Konkurrenz zwischen den Bildhauern Dondorf (in Dres- den), Calandrelli, Schaper und Siemering (in Berlin) be- \chlofsen. Die in Folge dessen zu Anfang dieses Jahres neu eingesendeten sechs Skizzen sind dem Publikum gegenwärtig in dem assyrishen Saal der Skulpturengallerie des hiesigen Kö-, niglichen Museums auf kurze Zeit zur Ansicht ausgestellt.

Gemäß der bezüglihen Bekanntmahung des Ober-Prä- fidenten der Provinz Brandenburg, von Jagow , trat am 15. Januar d. I. der 45. Kommunal-Landtag der Kurmark im Ständehause zu Berlin zusammen.

Der Vorsißende, Ober-Schloßhauptmann Graf von Kö- nigsmarck, eröffnete denselben nah einigen einleitenden Worten mit einigem dreimaligen „Hoh“ auf Se. Majestät den Kaiser nnd König, in welches die Versammlung mit Begeisterung eiustimmte. Demnächst gedachte der Vorsißende des \{chmerz- Tihen Verlustes, den der Landtag durch den Tod des lang- ährigen Vertreters der Ritterschaft des Beeskow-Storkowschen Kreises, Landraths von Gersdorff erlitten in Worten der Anerkennung der vielfachen Verdienste des Verstorbenen. Die Versammlung ehrte das Andenken ihres langjährigen Protokoll- führers durch Erheben von den Sigzen, und übernahm es der an Stelle des Verstorbenen Gewählte, Rittmeister von der Schulenburg, auf Aufforderung des Vorfißenden der Familie des Verstorbenen hiervon geeignete Mittheilung zu machen.

Nachdem hierauf der Bürgermeister Hammer aus Branden- burg zum ProkoUführer ernannt, und zahlreihe Veränderungen in der Zusammenseßung der Versammlung von dem Vorsißzenden mit- getheilt worden waren, ließ derselbe die Wahl des Vorfißenden und seines Stellvertreters, deren Mandate mit dem 3. Oktober v. I. ab- gelaufen waren, für eine fernere dreijährige Periode vornehmen. Bei dieser wurde der Vorsißende Graf von Königsmarck fast \ einstimmig, und zu seinem Stellvertreter Domherr, Major und Landrath a. D. von dem Knesebeck erwählt. Der Vorsißende ritt nun zur Bildung der 3 Ausschüsse und ernannte zum Vorsitzenden des ersten Aus\{hu}ses den Wirklichen Geheimen Rath Freiherrn von Manteuffel, zum Vorsißenden des zweiten Aus- \hu}ses den - wirklihen Geheimen Ober-Regierungs-Rath von Klüßow und zu dem des dritten Ausschusses den Haupt-Ritter- \afts- Direktor Grafen von Haeseler. Diesen 3 Ausschüssen, welche aus je 12 Mitgliedern gebildet wurden, überwies der Vor- fißende die bis dahin eingegangenen Geschäftssahen und zwar erhielt der erste Aus\{huß in der Hauptsache die Feuer-Sozietäts- Angelegenheiten, der zweite die Landarmensachen, und der dritte die die Provinzial -Hülfskasse und das Kriegs\huldenwesen be- rührenden Fragen.

Nachdem der Vorsitzende mit Zustimmung der Versammlung die Präklusivfrist für die Annahme noh eingehender Geschäfts- sahen auf den 22. d. M., Mittags 12 Uhr, festgeseßt hatte, \chloß derselbe die erfte Plenar-Sizung.

Im weiteren Verlaufe der Verhandlungen des 48. Kommunal-Landtags der Altmark (S. d. gestrige Nummer d. Bl.) gelangte die Verwaltung des Landarmenwesens der Altmark zur Berathung. Die Rehnung pro 1. September 1871 bis dahin 1872 3986 Thlr. 13 Sgr. 7 Pf. Ausgabeposi- tionen enthaltend, nebst den dazu gehörenden 471 Belägen, wo- nah außer 83 gewöhnlichen Landarmen, unter andern 165 auf der Reise erkrankte Personen, darunter 93 Heimathlose und 15 Ausländer, haben verpflegt werden müssen, if revidirt und de- chargirt. Zur Bestreitung der Ausgaben im nächsten Jahre ist wiederum die Summe von 4000 Thalern aufzubringen beschloffen und sind für die ausgeschiédenen “Mitglieder und deren Stellver- treter die betreffenden Wahlen vorgenommen.

Aus den Berichten über die Provinzial-Irren-Anstalt bei Halle wird bemerkt, daß verschiedene baulihe Veränderungen und Erweiterungen, wie sie theils die vermehrte Anzahl der Irren, theils der neueste Stand der Wissenschaft erfordert, vor-

nommen worden find. Dabei hat \ich insbesondere die Auf-

bung sämmtlicher Zellen für Tobsüchtige und die Verwandlung dieser Räume in freundlihe Zimmer und Säle, ver- bunden mit gänzliher Abschaffung der Zwangsjacken, vorzüglich bewährt. Verhandlungen über Erweiterung der Anstalt in grô- ßerem Maßstabe find auch bereits eingeleitet. Der jezige Einnahme- und Ausgabeetat der Anftalt, in welcher sich 600 Krañke zu be- finden pflegen, balancirt mit 68,830 Thaler.

In Angelegenhëiten der Friedrich - Wilhelms - Provinzial- Blinden-Anstalt is zu bemerken, daß für die im vorigen Jahre bewilligten Gelder zu einer Blinden-Beschäftigungs-Anstalt jeßt ein Haus angekauft ift und wurden die zur Erhaltung der Anstalt jährlich beigetragenen 105 Thlr. wieder bewilligt.

Die Rechnung über den Kommunal-Landtags-Kosten-Fonds wurde revidirt und dechargirt.

Nachdem dem Kommunal - Landtage noch die Rescripte des Ministers des Innern und des Ober-Präfidenten, die gegenseitige Mittheilung der Verhandlungen an die Kommunal-Landtage be- treffend, vorgelegt wurden, beschloß derselbe, daß solches in der Form des gegenwärtigen Referats, wie im vorigen Iahre dur die Kreisblätter veröffentlicht, auch anderen Behörden mitgetheilt werden könne.

Die ständischen Sparkafsenangelegenheiten anlangend, so wurden zuerst für die durch die abgelaufene Wahlperiode und sonst ausgeschiedenen Mitglieder und deren Stellvertreter die nöthigen Wahlen vorgenommen, dann, wo bei den Spezialkafsen

vorgekommen, diese theils gewählt, theils die hon Gewählten namhaft gemacht. : n

Die Kassen, die Spezialkassen sowohl wie die Haupt- Sparkasse, find revidirt, Eeblere auch außerordentlich durch einen Kommissar der Königlichen Regierung. Der Reserve- fonds, welcher bisher - 10,000 Thlr. betrug, ift auf 11,000 Thlr. erhöht. Es bestehen zur Zeit 11 ständische Sparkassen, na- mentlih: Arendsee, Arneburg, Beetzendorf, Biêmarck, Calbe, Clôße, Gardelegen, Osterburg, Seehausen, Stendal, Werben. Bei denselben betrug am 31. Dezember 1871 das Guthaben gee e genen pro 1871 auf 5597 Bücher 369,732 Thlr.

gr. k:

Die Verwaltung des fständishen St. Johanuiter-Kranken- hauses zu Stendal ist, nahdem keine verwundeten und franke Krieger mehr zu verpflegen, in das frühere Verhältniß wieder zurückgekehrt. Die Rechnungen sind revidirt und dechargirt, und haben die Ausgaben bei dem Unterhaltungskosten-Fonds 3144 Thlr. 5 Sgr. 3 Pf. betragen. Zur besseren Uebersicht der Verwaltung ist ein besonderer Baufonds gebildet.

Die ständishe Taubstummen-Unterrichts-Anftalt zu Oster- burg wird von 19 Kindern besuht. Ostern waren 6 Zöglinge gehörig ausgebildet, vorbereitet und konfirmirt abgegangen. Die Rechnung ist revidirt, dehargirt und haben die Ausgaben der- selben 2101 Thlr. 4 Sgr. 7 Pf. betragen. :

Der Bericht der Deputirten in Angelegenheiten der Zwangs- Arbeits-Anstalt zu Groß-Salze ward vorgelesen, welcher zu An- trägen und Beschlüssen keine Veranlaffung gab.

Zu Neinstedt besteht seit etwa 12 Jahren eine im Iahre 1867 von Sr. Majestät Allerhöhs genehmigte Anstalt: das Elisabethstift, ein Erziehungshaus für blödsinnige und \{hwach- finnige Knaben, daselbst das Asyl“ Gottes\sorge für männliche Blödsinnige und zu Deyel das Asyl Kreuzhilfe für weibliche Blödsinnige. Da in den Anstalten auch Altmärker \sich befinden und verpflegt werden (zur Zeit 15), hat der Landtag eine ein- malige Unterstüßung von 300 Thlr. aus den Uebershüfsen der Altmärkischen Hülfskaf}e für dieses Iahr bewilligt.

Zur Berathung kam ferner der Bericht des Ausschusses dcs Kommunal - Landtages über die Altmärkishe Hülfskasse. Die Rechnúng pro 1871, welche revidirt war und mit einer Ein- nahme von 7239 Thlr. 29 Sgr. 9 Pf., sowie mit einer Aus- gabe von 1225 Thlr. 16 Sgr. 9 Pf. abschließt, ward dechargirt, und daß die soeben vermerkten 300 Thlr. aus det Hülfskasse zu zahlen, registrirt. Neue Darlchne sind im verfloffenen Jahre nicht beantragt worden und eine Landgemeinde hat fogar von einem früheren Darlehen eine Abschlagszahlung geleistet, und jo die vereinbarte Amortisationsperiode abgekürzt. Das Wahl- protofoll, wonach der Landrath von Bismarck wieder zum Vor- sißenden der Hülfskassendirektion gewählt, welher von dem Landesdirektor von der Schulenburg zum Vorsitzenden des Aus- schusses der ständishen Sparkassen ernannt ward, wurde überreicht.

Uelzen, 14. Januar. Jn einer gestern hier stattgefun- denen Versammlung ‘wurde die Errichtung eines Denkmals für die im Kriege 1870/71 aus hiesigem Kreise Gefallenen be- schlossen und zur Einleitung der nöthigen Schritte ein Komite gewählt.

Sachsen. Dresden, 16. Januar. Die Kronprinzes- sin ift gestern Abend nah Sigmaringen gereist.

16. Januar. (W. T. B.) Die Ausschüsse für Ge- seßgebung von beiden Kammern haben in Bezug auf das Behörden-Organisationsgeseß einen Ausgleichsvorschlag vereinbart, durch welchen der Regierungsentwurf in der Fassung, in welcher die Zweite Kammer denselben angenommen hat, im Wesentlichen wieder hergestellt wird.

Leipzig, 16. Januar. Der Prinz Georg begab sih gestern Abend in Begleitung der Adjutanten Rittmeister von Ehrenstein und Hauptmann von Minkwiß mit dem Schnellzuge nah Dresden. :

DieKöniglichen Prinzen kehrten gestern{Abends 5Uhr mit dem Jagdgefolge von der im Chrenberger Revier abgehal- tenen Jagd ins Königliche Palais zurück. Um 6 Uhr fand wiederum Diner statt. Der Kronprinz wird heute dem Gewandhaus-Concerte beiwohnen und später nach Dresden zu- rüdckreisen.

Württemberg. Stuttgart, 15. Januar. Gestern Abend fand im weißen Saale des Königlichen Residenz\hlo}es großer Hofball ftatt, welhem der König und die Königin, sowie die Mitglieder der Königlichen Familie anwohnten, und zu dem außer den Angehörigen des Königlichen Hofstaates das diplomatische Corps, die Minister und die Mitglieder des König- lichen Geheimen-Raths, der Kammer der Standesherrn, der ftän- dische Aus\huß, die Generale und Stabsoffiziere, sowie eine größere Anzahl von Subalternoffiziccen der Garnisonen Stutt- gart, Ludwigsburg und Ulm, die Vorstände der Landeskollgien, der Stadtdireïtor, der Ober-Bürgermeifter von Stuttgart u. a. Einladungen erhalten hatten.

In der vorgestrigen Sißung der Kammer der Standes- herren begann die Berathung der beiden Eisenbahngeseze. Der hierüber erstattete Bericht der volkswirthschaftlichen Kommis- sion (Berichterstatter General-Lieutenant v. Baur) enthält in Be- tref} des Geseßentwurfes À. über die weitere Ausdehnung des Eisenbahnnetes, -welcher die beiden Bahnlinien der Murrthal- bahn und der Bahn von Stuttgart über Böblingen nah Freuden- stadt in die zu erbauenden Eisenbahnen aufnimmt, zweierlei An- träge, einen Mehrheits- und Minderheitsantrag. Der Mehrheits- antrag geht auf Eintreten in die Berathung des Entwurfs wie im audern Haus. Nur \pricht die Mehrheit dabei folgende Vorausseßungen aus : er A Se R E

a. daß, so wie es die Pflicht der Königl. Regicrung sei, die wirk- liche Jnangriffnahme der fraglichen Bahnen nur nah reiflicher Er- wägung aller Verhältnisse zu beantragen, so auch- den Ständen für die Zukunft freie Entschliezung für die Beurtheilung jener Vorlagen vorbehalten bleiben; b. daß die Königl. Staatsregierung je na der Sachlage und unter gehöriger Wahrung der Staatsinteressen auch den Bau von Privatbahnen zulassen werde, und e. die Kammer der Ab- geordneten einzuladen, diesen Vorausfeßungen beizutreten.

Die Minorität dagegen beantragt:

„ÎIn neue Berathung des Geseßentwurfs A. für jeßt und inso- lange, als auch nach den Vorschlägen der Königt. Staatsregierung von den in demselben genannten Bahnen nur die Linie Waiblingen- Backnang in Angriff genommen werden soll, nicht einzutreten, dagegen sofort zur Berathung des Geseßentwurfs B. (betreffend den Bau von Eisenbahnen in der Finanzperiode 1870/73) zu \{reiten."

Der Berichterstatter v. Baur \prach fih eingehend für den Mehrheitsantrag aus in national - ökonomischer, politisher und militärischer Beziehung. Direktor v. Werner trat für den Min- derheitsantrag ein im Hinblick auf die Finanzlage des Landes. Mit dem Bau- der Bahnen des Geseßentwurfs würde die Staats- \{chuld auf 220 Millionen steigen, wenn nun nut 1 pCt. jährli

Aenderungen in den Personen der Kuratoren und Rendanten

weniger als dié zu zahlenden Zinsen aus dem Ertrag fi erge-

2 ben, so falle den Steuerzahlern cin jährliches Defizit von 2 Mil- [ionen zur Last. Man müsse also vorher genau wissen, wie die Erträgnisse der Eisenbahnen in der nächsten Zeit fich ‘gestalten und wie die Finanzlage des Landes sich gestalten werde. Eine Verminderung der Ausgaben siehe niht in Ausficht, wohl aber eine Vermehrung; ob aber die Vermehrung der Einnahmen damit gleihen Schritt halten werde, das müsse ers abgewar- tet werden. Nun liege aber gar fein dringender Grund vor, jeßt shon den Bau diescr Bahnen zu beschließen, da die Re- gierung felbst sie außer der Strecke Waiblingen-Backnang erst in einigen Jahren bauen wolle. Man solle also damit noch zuwarten, bis überhaupt die Zeit des Baues näher ge- rüdckt jei, mittlerweile habe man eine bessere Uebersicht über die Finanzlage des Landes gewonnen. E Vön den darauf folgenden Rednern erklärte Geh. Rath Dillenius sich im Namen der Regierung mit der Voraussetzung a. des Mehr- heitsantrags einverstanden, dagegen nicht mit der Vorausseßung b., indem diese- Bahnen auf Staatsrechnung ausgeführt und der Privatbau nicht zugelassen werde. Was die Weikersheim- Würzburger Bahn. betresse, so habe fih bis jeßt Bayern noch nicht dazu bereit gezeigt, wogegen die Ausführung der Eppin- genzHeilbronner Bahn, weil Baden dazu sich geneigt zeige, er- folgen werde. Auf den Zeitpunkt zu warten mit der Genehmi- gung des Gesegentwurfs und bis die Zeit des Baues der Bah- nen genau bestimmt werden könne, würde sich nicht empfehlen, da man wegen der nöthigen Kommunikation mit dem Reichs- kanzler:-Amt vorher einen übereinstimmenden Beschluß beider Kammern haben müsse. Das Bahnnegz bedürfe noch sehr der Vervollständigung, und dazu sei es erforderli, zu wissen, welche Bahnen in den nächsten 10 Jahren zur Ausführung gelangen follen. Sei die Bahn bis Freudenstadt von den Ständen nicht zur Ausführung genehmigt, so könne man auch mit Baden über deren Weiterführung unterhandeln. Auch Bayern habe mit feinen Ständen für die nächsten 15 Jahre einen Bauplan ver- einbart, der hauptsählich Abkürzungslinien betreffe, und dafür 96 Millionen Gulden ausgeseßt. Die Finanzlage des Landes sei keine so traurige, wie man sie hinstellen wolle, was nament- lih auch Finanz-Minister v. Renner bestätigte, der die Bahnen als volfswirthschaftlih wihtig zur Annahme empfiehlt.

In der gestrigen Sißung erfolgte, wie hon kurz mitgetheilt, ,

die Abstimmung über den Eifenbahn-Gesezentwurf A. Es wurde der Minderheitsantrag auf Nichteingehen in das Geseg mit 24 gegen 9 Stimmen abgelehnt und sofort die Berathung des Ge- seßes selbst vorgenommen. Die einzelnen Artikel des Gesehes wurden wie im anderen Hause nah dem Regierungsentwurf an- genommen, und nur im Artikel 2, der von der Stuttgart-Böb- linger Bahn handelt, das Wort „direkte“ mit 19 gegen 14 Stim- men geftrihen, so daß also später noch eine Abzweigung von Feuerbach oder Zuffenhausen stattfinden kann, während die Zweite: Kammer großen Werth auf die direkte Einmündung in den Stuttgarter Bahnhof gelegt hatte, wofür sich Fürst Hohenlohe- Langenburg besonders verivandt hatte. Die Berathung des Ge- seßentwurfs B., Bau der Bahnen in laufender Finanzperiode, beginnt heute. ;

In der Zweiten Kammer wurden in fortgeseßter Be- rathung des Ausführungsgesezes über den Unterstüßungswohnfsig die Artifel 11—13 erledigt, wonach die Armenstiftungen an die Ortsarmenbehörden auszufolgen find. Alle Gegenanträge, welche es bei der bisherigen Verwaltung unter den Stiftungsräthen be- lassen wollten, wurden abgelehnt.

Sefssen. Meerholz, 13. Januar. Die Gräfin zu Ysenburg und Büdingen-Meerholz, geb. Prinzesfin zu Ysenburg und Büdingen, ist heute von einer Tochter glücklich entbunden worden.

Meeklenburg. Malchin, 16. Januar. Der Landtag wurde heute Vormittag geschlo}sen. Ueber die Verfassungsangele- genheit \priht fih der Schwerinshe Landtags-Abschied in Folgendem aus: Z

„Was sodann die dritte Proposition betrifft, so haben die Verhand- lungen zwar zu einer Verständigung über eine Modifikation der beste- henden Landesverfassung noh nicht geführt; Se. Königliche Hoheit der Großherzog wollen jedoch nach der bereits stattgehabten längeren Dauer des Landtages auf Wunsch Jhrer getreuen Stände die Ver- handlungen jeßt vertagen, indem Allerhöchst Sie Sich der Hoffnung hingeben, daß dieselben nah ihrer demnächstigen W ederaufnahme einen gedeihlichen Fortgang nehmen werden. i

Zum Schlusse erkennt der Großherzog gern und mit Dank die bei seinem Bestreben für die Förderung wichtiger Landes- Interessen von den getreuen Ständen gewählte Unterstüßung und insonderheit die Opferwilligkeit an, mit welcher dieselben die Mittel zur Hülfe für die dur die Sturmfluth vom 13. Novem- ber v. I. heimgesuhte Ostseeküste und ihre Bewohner bereitwillig gewährt haben. 4 : E

Die Nr. 3 des Großherzoglich mecklenburg-streliß\hen offi- ziellen Anzeigers enthält eine landesherrlihe Verordnung, betreffend die Entschädigung für die vom 1. Januar 1873 ab dur §. 7 der deutschen Gewerbe-Ordnung aufgehobenen Berech- tigungen, und - betreffend die Ablösung der durch §8. 8 der Ge- werbe-Ordnung von demselben Zeitpunkte ab für ablösbar erflär- ten Rechte.

Braunschweig, 15. Januar. Mit dem 1. Ianuar d. I. ist die gesezlihe Aufhebung der bisher an die Geistlihen und Kirchendiener der evangelisch-lutherishen Landeskirche zu entrich- tenden Stolgebühren erfolgt. Das „Braunschw. Tagebl. macht darauf aufmerksam, daß durch das Geseg vom 31. Mai 1871 die bei firhlihen Handlungen an die evangelish-lutherishen Kirchendiener zu zahlenden Gebühren und Opfer gegen Entschä- digung einer Million Thaler im ganzen Herzogthume in Städten und Dörfern vom 1. Jannar d. J. an aufgehoben und abge- haf sind, und zwar dergestalt, daß fsolhe Gebühren bei Taufen, namentlich bei folhèn kranker Kinder in den Woh- nungen der Angehörigen, bei Einsegnungen dec Wöcnerinnen, bei VProfklamationen, Kopulationen, Konfirmationen, bei dem Abendmahl, insbesonder® auch bei Kommunionen Kranker und Gebrehliher außerhalb der Kirche und bei Begräbnissen an die Prediger, Opferleute und Organisten, beziehungsweise die Schul- lehrer, welche Opferei und Organistendienste versehen, ferner nit mehr zu entrichten sind und entrichtet werden dürfen. Bestehen bleiben die an die Kirchen, Gemeindekassen, Schulen, Waisen- häuser u. {. w. bei Gelegenheit “der kirhlihen Handlungen zu zahlenden Gebühren, desgleichen die Vergütungen für das Glocken- geläut, für Benußung der Kirchenutensilien bei Begräbnissen und die Gebühren und freiwilligen Gaben an das Kirchenpersonal, ivie Kirchenvögte, Bälgentreter, Todtengräber, Todtenfrauen,Glockenläu- ter u. \. w. Ebenso bleiben bestehen die Gebühren für solche Thätig- keit der Kirchendiener, welhe niht zum Wesen des betreffenden Akts gehören. Solche Mühewaltungen, z. B. Begleitung der Leiche, Leichenreden, Orgelspiel, sowie Danksagungen oder Für- bitten, werden, wie bisher, auch ferner den Kirchendienern hono- rirt.. Ausgeschlossen von der Aufhebung bleiben auch die Ge-

Hühren für Kirchenzeugnisse, Geburts- und Sterbescheine. Den Ki ienen ist durch das Geseß verboten, in Bezug auf Amts- handlungen fernerhin Geschenke anzunehmen und das Opfern bei den firchlihen Handlungen ist für die Zukunft untersagt. Etwaige troß des Verbots erfolgende Opfer fließen in die kirh- liche Gemeinde-Kasse, “werden also den Geistlichen und Kirchen- dienern nicht zu Theil.

__Samburg 16. Januar. Jn der gestrigen Sitzung der Bürgerschaft bildete den einzigen Gegenstand der Tagesord- nung We Fortsetung der Berathung des Ausschußberichtes über den Bericht der gemishten Kommission, betr. Revision der Verfassung: Die Berathung des zweiten Abschnitts wurde zu Ende geführt und die Art. 9, 12—27 nah den An- trägen des Ausschusses angenommen, die Ausschußanträge zu Art. 10 und 11 wurden abgelehnt.

Bremen, 15. Januar. In der heutigen Sihung der Bür- ger\chaft wurde U. A. der Gesezentwurf über die Rechtsver- hältnisse än Ansehung verlorener und gefundener Sahen mit einigen Abänderungen, welche Dr. Johs. Wilkens Namens der juristischen Kommission vorschlägt, genehmigt. In Betreff der Höhe des Finderlohns traten dabei sehr verschiedene Ansichten zu

ge. Die Bürgerschaft entschied sich für 100 Mark als Höchst- betrag des Finderlohns.

Defterreich-Ungarn. Wien, 16. Ianuar. In der gestrigen Sizung des Abgeordnetenhauses wurde ein Ge- seßentwurf über Aufhebung der Steuer für Zeitungsinserate und ein anderer über die Pensionsbehandlung der Sicherheitsmänner eingereiht. Die \lavonishen und die tiroler Abgeordneten fehlten. Das Rekrutengeseß für 1873 und die Resolution wegen Ermäßigung des Tarifs für Geld- und Fahrpostsendungen wur- den ohne Debatte angenommen.

Pesth, 15. Januar. Im Unterhause brachte Helfy einen Beschlußantrag ein, dahin lautend, das Haus möge der Re- gierung das Budget nicht bewilligen. Madarasz interpellirte den Finanz-Minister in der Bankfrage, ob er noch ferner mit der Nationaktbank zu verhandeln gedenke und ob die Regierung nicht die Errichtung einer \elbständigen Bank beabsichtige. Der Ge- sezentwurf über die Verwendung ausgedienter Unteroffiziere wurde in dritter Lesung angenommen und sodann die Spezial- debatte über das Pferde-Konscriptionsgeseß begonnen.

Der Zusammentritt der Delegation erfolgt, wie die „N. Jr. Pr.“ mittheilt, am 15. März. Da der Reichstag bis dahin die Finanzvorlagen - nicht erledigt haben dürfte, wird die un- garische Delegation nah dem vor zwei Jahren beliebten Vorgange fich in Wien vecsammeln und nah Wahl der Aus\chüsse hierher Zurückehren, um die Berathungen des Reichstages zu Ende zu führen.

Die Vorlagen über das Wahlgeseß, die Verlängerung der Legislatur-Periode auf fünf Iahre und die Oberhaus-Reform werden laut Ministerrathsbeshluß erst in der nächsten Herbst\ ession eingebracht.

16. Januar. (W. T. B.) Der frühere ungarishe Mi- nister-Präsident Lonyay unterbreitete der heutigen Versamm- [lung der Deakpartei einen Antrag zur Beschlußfassung, in welchéèm er eine Umgestaltung des Finanzsystems und die Re- duktion des Defizits durch Uebertragung der Staats\chuldentil- gung aus. dem Ordinarium in das Extraordinarium des Budgets verlangte. Außerdem forderte er, daß der Staat keine Ausgaben mehr für den Straßenbau machen und für Herstellung des An- \chlu}ses der österreichishen Eisenbahnen im Süden des Staats an die angrenzenden Linien Sorge tragen solle. Der Antrag wurde von Szells, Deak,. Zsedenyi, Pulsky, Kerkapoly lebhaft bekämpft und \{chließlich von Lonyay wieder zurückgezogen, der fi indessen vorbehielt, ihn morgen mit einigen Modifikationen noch einmal zur Verhandlung zu bringen.

Großbritannien und Jrland. London, 14. Januar. Der Prinz von Wales if gestern in Begleitung des Her- ag N Edinburgh nach Schloß Sandringham zurück- gekehrt.

; Frankreich. Paris, 15. Ianuar. Wie „Bien Public“ mittheilt, wird sfih der Präsident der Republik nicht ua Calais begeben. Einerseits is die Reise dadur verhindert worden, daß die Städte des Nordens die Ehre seines Besuches verlangen und ihm die Zeit fehlt, diesen zu entsprehen, und andererseits find die Artillerie-Experimente, welhe man in Calais macht, niht so weit vorgeschritten, um über fie ein endgültiges Urtheil fällen zu können.“

Der: Kriegs-Minifter hat folgendes Schreiben an

den Marschall Mac Mahon gerichtet:

| Versailles, 12. Januar.

__ Herr Marschall! Jchch habe mehrere Gesuche von Offizieren ver- schiedener Grade erhalten, welhe um die Ermächtigung einkommen, ih nach England zu begeben, um dem Leichenbegängniß des Kaisers Napoleon III. anzuwohnen. J muß einige verweigern, da die Re- gierung beschlosscn hatte, daß cine folhe Ermächtigung den Offizieren, welche ein Kommando ausüben oder bei den Truppen beschäftigt sind, nit bewilligt werden kann. Diese Maßregel, deren Weisheit Ihnen Ee entgehen wird, verträgt keine Ausnahme und deutet Ihnen an, welches diejenigen diese Gesuche sind, die Sie mir zukommen lassen können. Das Losungswort der bonapartistischen Presse scheint zu sein, die Kai- serin als Regentin und den Kaiserlichen anen als den rehtmäßigen Nachfolger seines Vaters zu proklamiren. ie scheint außerdem die Absicht zu haben, Adressen in diesem Sinne unterzeichnen zu lassen. Es ist wohl verstanden, daß die Militärbehörde unter keinem Vor- wande dulden darf, daß diese Adressen in den Lagern und Kasernen kolportirt werden. Die thätigste Ueberwachung muß ausgeübt werden, um zu verhindern, daß die Armee si diesen politischen Kundgebungen anschließt, und diejenigen, welche, ihre Soldatenpflichten vergessend, die Anstifter sein würden, müssen mit der äußersten Strenge bestraft werden. Die Regierung begreift und achtet die Gefühle der Dankbarkeit und der uneigung, welche eine gewisse Anzahl von Offizieren für die Kaiserliche amilie haben bewahren können. Sie wird sicherlich die nicht tadeln, welche bei Gelegenheit des Todes des Kaisers es für nöthig halten,

- der Kaiserin persönlich und brieflich Zeugnisse achtungsvoller Sym-

pathie zukommen zu lassen. Dieser Schritt kann nur die ehren, welche thn thun, und ih bin sicher, daß er bei ihnen mit den Verbindlich- keiten im Einklang stehen wird, welche ihnen die Pflicht gegen die legale, von Frankreich allein anerkannte Regierung auferlegen wird, denn die Männer von Herz find immer Männer der Pflicht. Aber Sie werden au begreifen, daß, wenn ih gewisse persönliche und iso- lirte Kundgebungen dulden kann, i n gestatten darf, daß die Armee aus ihrer rein militärishen Rolle heraustritt und sich in Agi- tationen mischt, die voll Gefahren für den Geist der Mannszucht und die Ruhe des Landes find. Ick bitte Sie, per Marfchall, als Richt- {nur die in diesem Br:efe enthaltenen Vorschriften nehmen und mir dessen Empfang ankündigen zu wollen. de Cissey.

HSeutêé, am Begräbnißtage Napoleons 111, fanden in allen Kirchen von Paris Todtenmessen statt. Dieselben waren von Privatpersonen bestellt worden.

Aus Brest, den 15. Januar, wird gemeldet: „Das Transportschiff „L’'Orne hat die Einschiffung der zur Trans-

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portirung Verurtheilten beendigt und i heute Morgen nah Neu-Caledonien abgegangen.

In Marseille, Avignon, Perpignan haben Ver- haftungen wegen Betheiligung an der Internationale ftattge- funden. Die Verhafteten wurden nah Narbonne gebracht.

Die „Patrie“ enthält folgende Mittheilung:

„Eine Privatdepesche aus Algier kündigt an, daß der Genenal de Gallifet, welcher den Unter-Militärdistrikt Batna befehligt, Tuggurt mit Lebensmitteln verschen und die Hauptvunkte seines Kommandos besuht hat. Während dieser Zeit war der Herzog von Chartres, der an die Spiße einer Kolonne gestellt worden war, beauftragt, eine Diversion in der Richtung von Batna zu machen, wobei er ein sehr glänzendes Gefecht mit mehreren Stämmen der Sahara, die ausein- andergetrieben wurden, bestand. Der übrige Theil der Provinz Con- stantine ist rubig.

___— 16. Januar. (W. T. B.) Casimir Périer hat in einer Versammlung des mit ihm aus dem seitherigen linken Centrum ausgeschiedenen Theiles dieser Fraktion* erklärt, daß er der von dem Präsidenten der Republik in seiner Botschaft dargelegten Politik zustimme, gleihwohl aber jeder anderen Re- gierungsform \sich anbequemen werde, sofern das Land seinen Willen dahin kundgeben \ollte. In legitimistishen Kreisen wird, der „Agence Havas“ zufolge, die Fusion der Legiti- misten und Orleanisten als eine vollendete Thatsache an- gesehen.

__ Versailles, 16. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sißung der Nationalversammlïng \sprach bei Fortseßung der Berathung über die Broglie'\che Geseßvorlage der Deputirte Johnston die Absicht aus, den Minister für den öffentlichen Unterricht Jules Simon über ein erlassenes Cirkular interpelliren zu wollen, durch welches die Unterrihtsmethode abgeändert wird. Der Minister erklärte, daß dieses Cirkular vollständig den Ge- seßen gemäß sei und versprach, die Interpellation zu beantworten. Es wurde deren Berathung darauf auf morgen Vormittag fest- geseßt und die heutige Diskussion geschlossen.

Spanien. Madrid, 14. Ianuar. Der Kongreß wird morgen in seiner ersten Sizung die Kommission ernennen, welche den Geseßentwurf über die Abschaffung der Sklaverei auf Porto- rico in Vorberathung ziehen soll. Der „Imparcial“ berichtet über den am 11. abgehaltenen Ministerrath unter dem Vorsitz des Königs: „Der Minister-Präfident berichtete über die poli- tishe Lage des Landes und die Maßregeln, welche die Regierung zur sofortigen Unterdrückung des carlistishen Aufstandes ergriffen hat und noch zu ergreifen beabsichtigt. Der Finanz-Minister Echegaray gab über die Finanzlage Rechenschaft und theilte eine für die öfonomischen Interessen Spaniens fehr günstishe Depesche aus Paris mit. Nah Schluß der Sißung hatte der König eine besondere Besprehung mit dem Kriegs-Minister Cordoba, welcher ihm eingehende Aufshlü}e über die Truppenbewegungen und die Sachlage in Catalonien und Navarra gab.

16. Januar. (W. T. B.) General Primo Rivera verfolgt die in Navarra herumsteifenden Carlistenbanden auf das lebhafteste; leztere sind nah der Provinz Alava übergetreten, wo fie bereits von den Königlihen Truppen umzingelt find; zwei Bandenführer find gefallen, mehrere andere gefangen.

Ein Telegramm aus Bayonne vom 16. Januar meldet: der Führer der Carlistenbanden in Guipuzcoa hat den Beamten der Nordeisenbahn Erschießung und Zerstörung der Eisenbahn angedroht; an einigen Stellen find die Schienen herausgenommen.

. Portugal. Lissaboñ, 7. Januar. Die von der Thron- rede in Ausficht gestellten Reformvorschläge in Bezug auf die Steuergeseßgebung,- durch welhe die Regierung das Gleichgewicht zwishen den Ausgaben ' und Einnahmen für das neu beginnende Finanzjahr herzustellen beabsichtigt, sind heute veröffentliht worden. Indem dèr Finanz-Minister Serpa der Deputirtenkammer das Budget vorlegte, veranschlagte er die Einnahmen des neuen Finanzjahres auf 22,879, die Ausgaben aber auf 23,934 Contos, so daß ¡sich immer noch ein Defizit von 1054 Contos ergeben würde, wenn au ein weit geringeres

2884 Contos überstiegen. Ueberdies hofft der Minister, gestützt auf die Zunahme des Steuerèrtrags in den leßten fünf Monaten, daß dieses Defizit sih durh andauerndes Wachsen der Einnahmen noch weiter, und zwar wahrscheinli bis auf 441, bestimmt aber bis auf ungefähr 700 Contos vermindern werde. Zur Bedeckung dieser Summe \{lug der Minifter dann vier verschiedene Maß- regeln vor: Erhöhung der indirekten Steuer und der Stempel-

Verleihung von Titeln, Orden und ähnlihen Gnaden der Krone, und \chließlich eine Erhöhung der Zölle für ausgehende und ein- geführte Güter, die für jene ein halbes, für diese ein ganzes Prozent des Werthes betragen soll. Von der ersten dieser Maß- regeln erwartet der Minister eine Mehreinnahme von 30, von der zweiten eine solhe von 350, von der dritten ein Ergebniß

fehlenden 270 Contos einbringen soll.

Italien. Rom, 16. Januar. (W. T. B.) Der Senat hat heute die Aufhebung des theologischen Unterrichts genehmigt.|

Die Nachricht des „Messager de Paris“, daß der französische Gesandte Fournier bei seiner Regierung angefragt habe, ob er der Trauerfeierlihkeit zu Ehren Napoleons 1. bei- wohnen dürfe, entbehrt der Begründung. Weder das diplo- matishe Corps, noch überhaupt Personen in amtlichen vbffent-

Trauerfeierlichkeit erhalten. Amerika. New-York, 16. Januar.

eine ziemlich bedeutende Anzahl von Waffen und Munition, sowie 60 Freischärler in Lino auf Cuba gelandet.

Afrika. Von der Westküste Afrikas wird gemeldet! daß der notorishe Marodeur und Guerillahef Achampeny von den Behörden der Goldküste gefangen und aus britishem Terri- torium vertrieben wurde. Einem Gerüchte zufolge stehen die Ashantis vor Accra und befürhtet man den Ausbruch von Unruhen.

Landtags - Angelegenheiten.

Im 4. Cölner Wahlbezirk, (Sieg - Mühlheim - Wipper- fürth) ist für den verstorbenen Rentner Goedderß , der Appellation s- gerihts-Präsident von Gerlach zu Magdeburg mit 242 gegen 174 Stimmen, welche Theodor Lucas erhalten hat, zum Mitgliede des Hauscs der Abgeordneten gewählt worden.

Die Nr. 3 des „Preußischen Handels - Archivs" hat folgenden Inhalt: Geseßgebung: Deutshes Reih: Sceemanns-

L —- _ Geseß, betreffend die Verpflichtung deutscher Kauffahrteischiffe zur Mitnahme hülfsbedürftiger Seeleute,

f

als im leßten Finanzjahr, wo die Ausgaben die Einnahmen um |

steuer, strengeres Verfahren bei Erhebung der Gebühren für |

von circa 50 Contos, während ihm die Zollerhöhung die noch |

lihen Stellungen haben Einladungen zur Theilnahme an der |

| sammtwerths, Für die Ausfu (W. T. B.) Nach | hierher gelangten Nachrichten hat der Dampfer „Edgar Stuart* |

Hamburg: * Erfüllung-von Verbindlichkeiten, welche in Mark Reichs- 1 d reie Einfuhr von Lebens- Frankreich: Dekret, betreffend die Schiffêvermessung. T.

münze kontrahirt sind. Belgien: Freie mitteln. -— Spanien: Statistik: Deutsches Reich: Ausfall der Martinimesse zu Franffurt a. O. im Jahre 1872. Großbritannien: Handel und Schifffahrt von Kanada im Fiskal- jahre 1870—1871. Rumänien: Handelsbericht des Konsulats zu Galaßz. Mittheilungen: Cöln.

Die Nr. 3. des „Justiz-Ministerial-Blattes* enthält u. A. statistische Mittheilungen über die Gé\chäftsver- waltung der Justizbeh örden im Jahre 1871. N

i Statistische Nachrichten.

__ Nürnberg, 9. Jaauar. In dem abgelanfenen Jahre wurden in hiesiger Stadt 1127 Gewerbe an- und 811 abgemeldet ; der Zu- gang beträgt demnach 316. Nach den einzelnen Gewerben vertheilen fih die An- und Abmeldungen wie folgt: a. mechanische Gewerbe: 907 Anm., 367 Abm., b. Handelsgeschäfte: 472 Anm., 338 Abm,, c. Fuhrwerk : 24 Anm, 13 Abm., d. Gast- und Schenkwirthschaften: 107 Anm., 78 Abm., e. Fabrif-Unternehmungen: 15 Anm,, 11 ‘Abm,, f. Bierbrauereien und Branntweinbrennercien: 2 Anm. und 4 Abm.

Das vom Bureau für bremische Statistik herauêgegebene Jahr: buch für die amtliche Statistik des bremischen Staats enthält im V. Jahrgang 2. Heft Tabellen über die allgemeine Statistik Bre- “amt cen das Jahr 1871. Wir entnehmen daraus die nachfolgenden

ngaben:

Der Flächeninhalt des bremishen Staats belief si am 31: Dezember 1871 auf 99,167 bremer Morgen (= 3,648 Qu. -Meilen oder 29,906,45 Hektaren. Die Bevölkerung betrug nah der Zäh- lung vom 1. Dezember 1871: 123,090 Einwohner, von welchen auf die Stadt Bremen selbst 82,969 entfallen. Bei der Zählung im Jahre 1867 wurden resp. 109,878 und 74,574 ermittelt, die Zunahme hat mithin für den Staat 13,212 oder 12,02 Proz., für die Stadt 8395 oder 11,26 Proz. betragen. Nah Geschlechtern vertheilte si die in 1871 ermittelte Einwohnerzahl auf 60,258 männlihe und 62,832 weibliche Personen, von welchen sich resv. 38,844 und 40,974 im produftiven Alter (über 15 bis 65 Jahr) befanden. Die einzel- ren Religionsbekenntnisse waren folgendermaßen vertrelen: Evange- lische 118,875, Katholiken 3495, Methodisten 118, Baptisten 136, andere Christen 31, Israeliten 435. An Geburten fam im Jahre 1871 auf je 26,60 Einwohner eine (1867 auf 27,77), oder auf je 100 Einwohner trafen 3,76 Geburten (1867: 3,60). Uneheliche waren von 100 Geburten 6,44 (1867: 6,27), Todtgeburten von 100: 4,28 (1867: 3,84). Unter 100 Geburten zählte man 1,00 Mehrgeburten (1867: 1,23). Die Sterbefälle einsließlich der Todtgcburten betru- gen im Jahre 1871: 2,77 Proz. der Bevölkerung (1867: 2,64), so daß also auf 35,04 Lebende (1867 auf 36,82) ein Sterbefall kam. Auf 101,4 Einwohner entfiel eine Trauung (1867 auf 109,3).

Das Gruudeigenthum hat. sich inm Kapitalwerth (Steuer- werth) des stcuerpflihtigen Grundeigenthums vom Jahre 1867 bis 1871 von 78,486,100 Thlr. Gold auf 96,544,750 Thlr. Gold erhöht. Von leßterem Betrage entfallen auf die Stadt Bremen 71,943,025 Thlr. (1867: 61,149,525 Thlr.). Die Erhöhung des Kapitalwerths berechnet sich sonach für den Staat auf 18,058,650 Thlr. oder 23,0 Proz. für die Stadt Bremen auf 10,793,500 Thlr. oder 17,5 Proz. Im Landgebiete befanden fich Ende 1871: 3226 einzelne Besißutigen mit 89,754 Morgen Flächeninhalt im Werthe von 16,390,478 Thlr. Gold, wovon 5,711,938 Thlr. auf Gebäude entfallen. Von diesen Besißungen crreichen 1647 oder 51,05 Proz. (mit 2,33 Proz. des gee jammten Flächeninhalts) niht die Größe von 5 Morgen. Auch die Befißungen von 5—20 Morgen bilden noch 20,80 Proz. der Gesammt- zahl der Besißungen und nur 7,89 Proz. des Flächeninhalts. Ebenso sind dem Werthe nach die Besißungen bis 1000 resy. 2000 Thlx. am zahlreichsten; sie umfassen 31,56 und 22,41 Proz. des Gesammtwerths. Das pflanzentragende Areal belief fich auf 83,111 Morgen, nämlich 35,468 Morgen (42,68 Proz.) Acker- und Gemüseland, 33,770 Morgen (40,63 Proz.) Wiesen, 12,774 Morgen (15,37 Proz.) Weiden und 1099 Morgen (1,32 Proz.) Holzung.

Die Industriegewerbe beschäftigten an Arbeitaebern und Ar- beitnehmern 1871: 23,412 Pers. (1867: 20,744 P.), wovon auf die Stadt Bremen 16,459 (1867: 214,581) eutfallen. Der Schiffsbau wurde im Jahre 1871 auf 11 Werften, welche 1009 Arbeiter beshäf- tigten, betrieben. Es wurden von denselben 3 neue Seeschiffe im Werthe von 155,000 Thlr. Gold und 18 neue Flußschiffe im Werthe von 147,500 Thlr. Gold abgeliefert und sind davon erbaut für bre- mische Rechnung 15 von 2428 Last, für Preußen 5 von 91 Last, für Oldenburg 1 von 15 Last. Am 31. Dezember 1871 waren noch im Bau befindlih 6 Seeschiffe von 2807 Last uud 5 Flußschife von 340 Last. Die Ausfuhr bremischer Industrie-Erzeugnisse erreichte im Jahre 1871 einen Gesammtwerth von 6,909,949 Thlr. Gold, während im J. 1861 nur für 4,689,888 Thlr. Gold ausge- führt wurden. Unter den Hauptartikeln sind hervorzuheben: gefschäl- ter Reis für 4,169,939 Thlr. (1861 für 2,322,384 Thlr.), Cigarren für 744,158 Thlr. (1861 für 995,184 Thlr.), raffinirter Zueckcr für 494,974 Thlr. (1861 für 579,782 Thlr.), Cigarrenkistenbretter für 389,136 Thlr. (1861 für 182,494 Thlr.), Bicr für 284,757 Thlr. (1861 für 82,228 Thlr.), Essig für 52,553 Thlr. (1861 für 25,441

zaler).

Die Einfuhr Bremens im Jahre 1871 belief sich auf 23,420,377 Ctr. im Werthe von 140,437,291 Thlr. Gold gegen 17,477,098 Ctr. im Werthe von 92,303,438 Thlr. in 1870, die À u s- fuhr dagegen auf 12,268,660 Ctr. im Werthe von 129,310,510 Thlr. Gold gegen 9,899,898 Ctr. im Werthe von 90,947,474 Thlr. in 1870. Von der Einfuhr des Jahres 1871 entfallen auf: Preußen 24,747,729 Thlr. oder 17,62 Proz. des Gesammtwerths, Königreich Sachsen 10,118,471 Thlr. oder 7,21 Proz., Bayern-3,877,719 Thlr. oder 2,41 Proz., Oesterreich 2,816,943 Thlr. oder 2,01 Proz., die Schweiz 4,755,270 Thlr. oder 3,39 Proz., Hamburg 3,355,409 Thlr. oder 2,39 Proz, das europâishe Rußland 2,247,078 Thlr. oder 1,60 Proz.,

| e und Irland 19,752,425 Thlr. oder 14,06 Proz., Itew-

York 12,637,271 Thlr. oder 9,00 Proz., Philadeiphia 2,947,146 Thlr. oder 2,10 Proz., Baltimoré 4,001,326 Thlr. oder 2,85 Proz., Sa- vauiah 2,623,360 Thlr. oder 1,87 Proz., New-Orleans 11,660,875 Thlr. oder 8,30 Proz., Galvecston 1,479,136 Thlr. oder 1,05 Proz., Neu- granada 2,936,224 Thlr. oder 2,09 Proz., Brafilien 4,351,474 Thlr. oder 3,10 Proz., Cuba 1,504,166 Thlr. oder 1,07 Proz. Auf alle übrigen Staaten und Städte Ga weniger als je 1 Proz. des Ge- - r Bremens kommen hauptsächlich in Betracht: Preußen mit 32,175,574 Thlr. oder 24,88 Proz., Olden- burg mit 3,448,242 Thlr. oder 2,67 Proz., Sachsen mit 10,106,765 Thlr. oder 7,82 Proz., Bayern mit 4,001,478 Thlr. oder 3,03 Proz., Oesterreih mit 7,808,290 Thlr. oder 6,04 Proz., die Schweiz mit 9,160,460 Thlr. oder 3,99 Proz., Niederlande mit 1,468,851 Thlr. oder 1,14 Proz., Hamburg mit 2,926,419 Thlr. oder 2,26 Proz., Rußland mit 4,829,333 Thlr. oder 3,73 Proz, Großbritannien und Irland mit 7,365,324 Thlr. oder 5,70 Proz., New-York mit 31,660,711 Thlr. oder 24,48 Proz. Die Ausfuhr nah den übrigen Ländern 2c. erreichte je 1 Prozent des Gesammtwerthes nicht. Bremens Verkehr mit dem deutschen Staat hat sich bei der Einfuhr dea Durchschuitt der Jahre 1847—51 mit 18,076,784 Thlr. zu 100 angenommen, im Durch- schnitt für 1867—71 auf 35,800,174 Thlr. oder 198,05 gehoben, bei der Ausfuhr dagegen von 16,732,957 Thlr. für 1847 51 guf 49,834,705 Thlr. oder 297,82 für 1867/71. :

Im Jahre 1871 sind von Bremen 203 Schiffe mit 60,516 Aus -. wanderen befördert worden, unter denselben befanden sich 111 Dampf- schiffe mit 50,989 Auswanderern.

Die Handels flotte Bremens bestand am 31.- Dezember 1871 aus 265 Schiffen von 115,162 Last 4000 Pfd.) gegen 284 Sch. und 114,436 Last am 31. Dezember 1870; es befanden ih darunter 30 resp. 27 Dampfschiffe von 31,228 Last (27,11 % sämmtlicher Lasten) und 27,595 Last (24,11 % sämmtlicher Lasten). Die Bemannung dieser Schiffe bestand aus 5644 Personen. /

Der Gesammtvmsaß der Bremer Bank erreichte im Jahre 1871

! 8004 Million Thlr. gegen 3015 Million Thlr. in 41870, 258 Million