1873 / 18 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 20 Jan 1873 18:00:01 GMT) scan diff

nach Vorschrift beendet war, wurden die Kirhthüren au für die Gemeinde geöffnet. Mit Sr. Majestät dem Kaiser und König erschienen Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Carl, Fried-

rich Carl, Albrecht und Alexander in großer Generalsuniform, mit dem Bande des Schwarzen - Adler-Ordens, Se. Königliche Hebel! der Prinz Adalbert in der Admiralsuniform und Se. öniglihe Hoheit der Erbgroßherzog von Mecklenburg- Schwerin, ebenfalls mit dem Bande des Schwarzen Adler-Ordens, nachdem Se. Königliche Hoheit vorgestern investirt worden war, und Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm von Württemberg, während die General-Feldmarshälle, Commandirenden Generale u. \. 1. fich schon vorher in der Königlichen Empore versammelt hatten.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin nahm mit Ihren Königlichen Hoheiten der Prinzessinnen des Königlichen Hauses in der untern Königlichen Loge Plaß. Der Sängerchor stimmte sofort die große Liturgie an, und der Hof- und Divisionsprediger Rogge las die Epistel des 1. Sonntags nah Epiphan, Epistel Paulus ar: die Römer 12. V. 1—12, und legie dann den 22. Vers des 11. Kapitels dérselben Epistel seiner Weihebetrahtung zu Grunde: „Darum schaue die Güte und den Ernft Gottes, den Ernst an denen, die gefallen find. Die Güte aber an Dir, sofern Du an der Güte bleibst, sons wirst auch Du algepaun werden!“ Nachdem der ergreifende Gottesdienft mit dem .Te Deum, dem allgemeinen Gebet und dem Segen be- endet war, begaben ih die Deputationen, welche den größten Theil der Kirche in beiden Stockwerken eingenommen hatten, durch die Breite Straße, in welcher . eine Chaine von Mannschaften des 1. Garde-Regiments zu Fuß gebildet war, nach dem Lustgarten und nahmen vor dem Marstall, der Truppen-Aufstellung ge- genüber, ihre Pläße ein. Ale Offizierè und die Mannschaften derselben, waren Ritter des Eisernen Kreuzes beider Klassen. Als Se. Majestät der Kaiser und König, begleitet von den Königlichen Prinzen, den Feldmarschällen und der ganzen Generalität, vor der Mitte dieser Deputationen erschienen, wobei auf besonderen Befehl die in Parade stehenden Truppen nur das Gewehr aufnahmen, aber nit präsentirten, sprachen Allerhöchstdeiselben mit weit vernehmlichher Stimme:

„Jch habe die Vertreter Meiner ganzen Armee um Mich versam- melt, damit sie Zeugen sein möchten, wie die durch den Heldenmuth aller ihrer Truppentheile eroberten Fahnen unseres Feindes an heiliger Stätte zu dauerndem Gedächtniß aufgestellt werden. Daß es gerade an dieser Stätte geschieht, beweist, daß wir Gott die Ehre geben, der uns anserwählt, so Großes vollbringen zu follen. Allen hier Versam- melten aber sprehe Ih wiederholt Meinen tiefgefühlten Königlichen Dank aus für den Heldenmuth, die Tapferkeit, Hingebung und Aus- dauer obne Gleichen, mit welcher Meine Armee in Verbindung mit Meinen Verbündeten Siege erkämpft, die von Erfolgen gekrönt wurden, welche für ewige Zeiten auf den Tafeln der Geschichte verzeichnet blei- ben werden.“

Nach Beendigung dieser Anrede wendeten Sih Se. Maje- stät der Kaiser und König zu dem, die Parade kom- mandiren General und befahlen, daß die Truppen die Honneurs mit dreimaligem Hurrahruf machen sollten, und als dies ge- \hah, wendeten Sih Se. Majestät wieder - gegen“ die Front der Deputationen, als Beweis und Hindeutung, daß dieser Ehren- beweis ihnen gelten solle.

Hierauf folgte ein Vorbeimarsh der paradirenden Truppen vor Sr. Majestät und den hinter Allerhöchstdenselben stehenden Deputationen. Die Offiziere der Deputationen ‘begaben sich nun in den Marmorsaal des Schlosses zu einem Dejeuner, an wel- E auch der Königlihe Hof und die ganze Generalität Theil nahm.

Bevor Se. Majestät den Saal gegen 2 Uhr verließen, ergrif- fen Allerhöchstdieselben das Glas und riefen mit lauter über den ganzen Saal und die zahlreihe Versammlung ershallender Stimme:

„Auf das Wohl Meiner ruhmreichen und siegreichen Armee, der Sie, als deren Vertreter, Meinen Königlichen Gruß und Dank brin- gen werden."

_Der Feldmarschall Graf v. Wrangel erwiderte diesen Ab- \ciedsgruß mit einem Hoh auf Se. Majestät den Kaiser und König, in welches die Anwesenden begeistert einstimmten.

Bei dem Bundesamt für das Heimathwesen stehen für morgen folgende Termine an:

1) Ortsarmenverband des Gutsbezirks Klein-Beeren contra Ortsarmenverband Luckenwalde. 2) Ortsarmenvecband Düssel- dorf contra Ortsarmenverband Crefeld. 3) Landarmenverband Alt-Pommern contra Ortsarmenverband Stettin. 4) Ortsarmen- vecband Cüstrin contra Ortsarmenverband Schüßensorge. 5) Ortsarmenverband Studa contra Ortsarmenverband Neumark. 6) Ortsarmenverband Berlin contra Ortsarmenverband Elbing. 7) Ortsarmenverband Pyriß contra Ortsarmenverband Berlin. 8) Ortsarmenverband Danzig contra Ortsarmenverband Klein- Bölkau. 8) Ortsarmenverband Harburg contra Ortsarmenverband Wolterdingen.

In der heutigen (29.) Sißung des Hauses der A b- geordneten, welcher am Ministertish der Minister der geist- lichen 2c. Angelegenheiten Dr. Falk und einige Regierungs- Kommissare beiwohnten, mate der Präsident von Forckenbeck die Mittheilung, daß folgende Vorlagen Seitens der Staats- regierung an das Haus gelangt seien: 1. von den Ministern des Jnnern und des Handels ein Entwurf über eine Abänd- rung der Wegegeseßgebung in der Provinz Hannover; 2. vom Minister des Jnnern ein Entwurf über die Theilung des Krei- ses Beuthen und 3. von demselben Minister eine Vorlage über die Verfassung der Amts - und Landes - Kommunalverbände in den Hohenzollernschen Landen, sowie 4. eine Vorlage über die Betheiligung, von Beamteu an Erwerbsgenossenschaften. Ein Schreiben des Justizministers, welches anfragt, ob gegen den in Xanten erscheinenden „Boten für Stadt und Land“ wegen der in zwei Nummern enthaltenen Beleidigungen des Hauses der Ab- geordneten das gerichtlihe Verfahren eingeleitet werden foll, wurde der Geschäftsordnungë-Kommission überwiesen. Ix

Das Haus trat sodann in die erste Berathung des Geseߧ- entwurfs über die kirchliche Disziplinargewalt und die Errichtung des Königlichen Gericht3hofs für kirchliche Angelegenheiten. (S. Nr. 8 d. Bl.) Gegen die Vorlage spra zuerst der Abg. Holt, welcher meinte, daß dur fie die Verfassung sowie das Leben der katholischen und evangelischen Kirhe untergraben werde. Der Abg. Jung trat in längerer Ausführung für die Vorlage ein, wonächst bei Schluß des Blattes der Abg. v. Gerlah gegen die Vorlage sprach. Er hob besonders hervor, daß das Abftraktum „Staat“ an Stelle Der Religion geseht werden solle.

Jn dem Reskripte vom 13. Dezember 1833 (v. Kampßz

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ein Anspruch auf Diäten- und Reisekostenvergütigung für ihre Mitwirkung bei der Seßung von Merkpfählen nicht ustehe, weil jedes Geschäft, welches einem Landrathe voi der

egierung übertragen worten, für ihn ein Dienstgeschäft set, defsen Ausführung, sofern es niht mit Reisen außerhalb des Kreises verbunden if, ohne Entschädigung für den Reisekosten- aufwand bewirkt werden müsse. Die Minister für die land- wirthschaftlihen Angelegenheiten und des Jnnern haben diesen Grundsaß auch noch gegenwärtig für maßgebend erachtet, da bei den Geschäften der Kreisvermittelungsbehörden und bei den Expropriationen für bergbauliche Zwecke die Stellung des Land- raths eine wesentlich andere sei, als bei der Seung von Merk- pfählen, wo er als Kommissarius der Landespolizeibehörde vor- wiegend das öffentliche Jnterefse wahrzunehmen habe, die Re- ifripte vom 27. Oktober 1868 und 14. April 1869 daher au eine analoge Anwendung auf Wasserstandsregulirungen nicht finden können. Ebenso -unzutreffend sei die Bezugnahme auf das Reskript vom 25. Mai 1860, wodur den bei der Seßzung von Merkpfählen zugezogenen Bautechnikern, deren Thätigkeit und Stellung bei diesen Geschäften von denjenigen des Landraths völlig verschieden sei, das Liquidiren von Diäten und Reise- kosten gestattet ift.

Sachsen. Dresden, 18. Januar. Die Zweite Kam- mer brahte im weiteren Verlaufe ihrer gestrigen Sitzung die Berathung der Resultate des Vereinigungsverfahrens über den Volksshul-Geseßentwurf niht zu Ende. Diejenigen Beschlüffe, welche als Konsequenz der zu den §8. 6 und 7 gefaßten Be- \hlüfse gelten, wurden mit wechselnden Majoritäten, welche je- doch nirgends zwei Drittel der Anwesenden erreichten, aufrecht erhalten. Ebenso wurde bei §. 16 der frühere, von der Ersten Kammer abgelehnte Beschluß der Kammer, wonach die Cinrich- tung der Lehrerbildungsanftalten durch Geseß zu regeln ist, mit weniger als Zweidrittel-Majorität aufrecht erhalten. Nachdem über den Vereinigungsvorshlag zu dem von dem Beseßungs- recht der Lehrerstellen handelnden §. 19 zwei Redner, die Ab- geordnet:n Riedel und Ochmichen, gesprochen hatten, wurde auf Antrag des Abgeordneten Dr. Biedermann die Sißung nah nahezu sechsstündiger Dauer vertagt.

Jn ihrer heutigen Sitzung führte die Kammer die gestern

abgebrochene Berathung zu Ende. Eine Debatte fand nur über den Vereinigungsvorschlag zu §. 19 statt. Gegen diesen Vor- schlag sprach U. A. der Referent Dr. Panit, welcher die Auffassung bekämpfte, als ob mit der Annahme dieses Vorschlags von der Ersten Kammer ein wesentlihes Zugeständniß gemacht worden sei. Seitens der Regierung wurde vom Kultus-Minister Dr. von Gerber der Vereinigungsvorshlag dringend zur Annahme empfohlen. Er bezeichnete denselben als eine glücklihe, im ma- teriellen Interesse der Lehrershaft dringend zu wünschende Lösung. Nur in diesem Interesse, nicht als Machtgewinn, nehme die Regie- rung das ihr zugedachte Reht an. Der Minifter hob die That- sache hervor, daß {hon zur Zeit eint Menge kleiner Gemeinden mit der Bitte um einen Lehrer sich an das Minifterium wen- deten. Er bestritt, daß der Vorschlag die Lehrer zu Staatsbe- amten mache und, einer Aeußerung eines Referenten gegenüber, daß er die Centralisation einer Omnipotenz des Staates auf dem Gebiet des geistigen Lebens anbahne. Wenn man freilich der Regierung von vornherein das Mißtrauen ‘entgegenbringe, daß sie das ihr zugedahte Reht zu Gunsten einer einseitigen Richtung ausüben werde, 4 sei keine Verständigung möglich. Die Debatte, zu der sich noch zahlreihe Redner gemeldet hatten, wurde dur die Annahme eines Shlußantrags beendét. Der Referent Dr. Pañiy erklärte, das Gesey würde bei größerem Entgegenkommen der Regierung zu Stande: gekommen sein; wenn fich die Regierung niht der Nothwendigkeit bewußt bleibe, Füh- lung mit der Majorität der Zweiten Kammer zu behalten, sei kein Fortschreiten der L ei möglich. Der Staats-Minister Dr. von - Gerber verwahrte die Regierung nochmals mit Be- stimmtheit gegen den Vorwurf mangelnden Entgegenkommens ; eine Grenze, über die sie- mit ihren Zugeständnissen nicht hinausgehen könne, habe fie \sich freilich zichen müssen. Der Vereinigungsvorschlag wurde mit 40 -gegen 36 Stimmen abgelehnt. Bei den folgenden Paragraphen wurden die vorlie- genden Vereinigungsvorshläge mit wechselnden Majoritäten an- genommen, die als Konsequenzen der zu den 88. 6 und 7 ge- faßten Beschlüsse geltenden Beschlüsse ebenso, aber nirgends mit Zweidrittelmajorität, aufrecht erhalten. Der von der Ersten Kammer angenommene, anfangs von der Deputation zur An- nahme empfohlene Antrag, die Regierung zu ermächtigen, bei der Schlußredaktion des Gesches dem Mangel an Uebersichtlich- keit und Handlichkeit abzuhelfen, wurde mit 40 gegen 35 Stim- men abgelehnt. Zum Schluß der Sizung rief eine Anfrage des Abg. Dr. Biedermann an die Regierung über das fernere Schicksal des Schulgeseßes und der damit zusanimenhängenden Gesetze noch eine kurze und lebhafte Debatte hervor. Dr. Bieder- mann und ein zweiter Redner der Linken hielten es für unmög- lih, daß die Regierung das Geseh, auf §. 92 der Verfassun gs- Urkunde gestüßt, publiziren werde; sie müsse, meinte der erfte Redner, das Geseg zurückziehen, oder die Kammer auflösen. Von der Rechten trat der Abg. Günther dieser Auffassung ent- gegen, und der Abg. Sachße deduzirte aus der Verfafsung die Verpflihtung der Regierung, - das Gesey zu publiziren. Der Staats-Minister Dr. v. Gerber hatte {hon vorher erklärt, daß die Frage nah dem weiteren Schicksal des Geseßes eine Frage sei, die sih aus der Verfassung von selbs beantworte. 19. Januar. Der Ministerial - Direktor Geheimrath Dr. Weinlig, Vorstand der Abtheilung für Ackerban, Gewerbe und Handel im Ministerium des Jnnern und Direktor des statistishen Bureaus, ist nah längerer Krankheit in der vorigen Nacht gestorben.

Württemberg. Stuttgart, 18. Januar. Die Zweite Kammer beendigte heute die Berathung des Einführungs- gesetentwurfs zum Reichsgeseße über den Unterftüßungswohnsißt und nahm die Gesetvorlage über die Todeserklärung der seit dem Kriege 1870—71 vermißten Militärpersonen an.

Baden. Mannheim, - 15. Januar. (Bad. L.-Ztg.) Bezüglih des Städtetages haben 46 Städte ihre Zustin- mung erklärt; das Oberland wünscht die Abhaltung ‘des Tages in der Mitte des Landes. Der Antrag, daß zunächst“ die Vertreter der Städte Karlsruhe, Freiburg, Lahr, Offenburg, Pforzheim, Bruchsal, Durlach, Baden, Rastatt, Konstanz berufen werden- sollen, um wegen Bestel- lung eines Aus\{hu}ses das Nöthige vorzubereiten und das für Letzteren nöthige Material zu beschaffen, wurde angenommen. Dem Ausschusse wird aud der Beshluß über den Antrag (Müllheim), cinige Verwaltungsbeamte beizuziehen, vorbehalten.

= Sessen. Darmstadt, 18. Januar. Die gestern ausge-

‘Ann. Bd. 17. S, 881) if ausgesprochen, daß den Landräthen

gebene Nr. 2 des Großherzoglichen R gierungsblatts enthält u. A.

68 und 69 des Forftstrafgeseßes vom 4. Februar 1837 erwähn- ten bisherigen Maße in das Metermaß betreffend, vom 14. De- zember 1872; ferner eine Bekanntmachung Großherzoglicher Sercalicer und Hofmusik-Direktion, die Organisation der Groß- erzoglichen Bo eater- und Hofmusik-Direktion betreffe.;d. __ Oldenburg, 17. Januar. Das Geseßblatt - veröffentlicht ein Geseß für das Herzogthum Oldenburg vom 2. Ianuar 1873, betreffend Abänderung der Regierungs - Bekanntmahung vom 22. April 1845, betreffend Berehnung der für Dienstreisen der Aemter zu leistenden Vergütung; ferner Finanzgesez für die Jahre 1873, 1874, 1875 vom 3. Januar 1873 und Geseß für das Herzogthum Oldenburg vom 10. Januar 1873, betreffen Neue Bestimmungen zum Gesezé vom 3. April 1855, betreffend E Unterrichts- und Erzichungswesen im Herzogthum Olden- Urg.

Sachsen-Altenburg. Altenburg, 18. Januar. Der Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar nebst Prin- zessin-Tochter sind gestern auf hiesigem Refidenzschlofse As A, L und werden morgen Sonntag wieder abreisen.

Lübeck, 18. Januar. Der Senat publizirt eine Verord- nung, die Anmeldung der Flußschiffe und deren Ladung, sowie der Flöße und deren Bestandes be- treffend, vom 15. Januar.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 18. Januar. Ungarischen Blättern zufolge wird der Allerhöchste Hof in Folge der anhal- tend günstigen Witterung noch bis Ende Januar in Gödöllö verbleiben ‘und ers dann falls bis dahin kein plößlicher Witterungswechsel eintritt nach Ofen übersiedeln. | Die „Wiener Abendpost“ veröffentliht an der Spihe ihres Blattes folgende Erklärung: „Die Mittheilungen einiger Blätter über die Details der N Le E N A FLA R insbeson- dere über die Vertheilung der Zahl der Abgeordneten auf die einzelnen Länder und Wahlgruppen, haben in dén leßten Tagen mannigfache Beunruhigung hervorgerufen. Wir find in der Lage zu versichern, daß diese Angaben vielfah irrig find und daß erst die im Reichsrathe einzubringende Vorlage über . die Wahklreform das richtige Bild der von der Regierung beabfih- tigten Vertheilung der Abgeordnéetensiße gewähren wird.

Pesth, 18. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sißung des Unterhauses nahm die Berathung des Budgets 1hren Anfang. Nach dem Berichterstatter Szell nahm der Finanz-Mi- nister Kerkapoly das Wort und erklärte in einer längeren, von der Kammer beifällig aufgenommenen Rede, daß er mit der Uebertragung einzelner Rehnungsposten aus dem Extraordina- rium in das Ordinarium einverstanden sei. Das vorhandene Defizit sci den großen Ausgaben und den Investitionen zuzu- \hreiben. Wenn diese einmal beendigt seien, fei eine baldige Aufbesserung der finanziellen Verhältnisse des Landes ficher zu at Si da das Uebel nicht so bedeutend sei, wie es dargestellt werde.

Die auf heute anberaumte Konferenz der Deak- partei ift auf morgen vertagt.

Schweiz. Bern, 16. Januar. Das bereits erwähnte Schreiben des Präsidenten des Staatsraths des Can- tons Genf an den Bundesrath hat folgenden Wortlaut:

; E e Ï Genf, 12. Januar.

Getreue, [iebwertheste Eidgenossen. Wir haben seiner Zeit Jhr geehrtes Schreiben vom 22. August v. I. mit dem Proteste des Migr. Agnozzi gegen das Gesetz über die religiösen Genofsenschaften und gegen unsern Beschluß vom 29. Juni erhalten ; in jüngster Zeit theilen Sie uns das neueste diplomatische Aktenstück mit, in welchem der gleiche Prälat gegen unsere Beschlüsse vom 20. September und gegen die Maßregeln protestirt, die wir behufs Reorganifation des durch die Demission des Bischofs Marilley für den Kanten Genf in einem wahren Zustand von Anarchie gerathenen katholischen Kultus zu treffen beabsichtigen. Wenn wir auf diefe Kundgebungen des Repräscntanten einer fremden Macht nicht zu antworten für gut fanden, so geschah“ dies niht aus Mangel an Gründen, fondern weil wir diese Intervention des heiligen Stuhles für ein fo _anmá- ßendes Attentat auf die Unabhängigkeit unseres \souveränen Staates jielten, daß uns S die würdigste Antwort \{ien. Daß wir uns jeßt aber die Mühe nehmen, dieses Stillschweigen zu brechen, geschieht nur, um unsererseits gegen den Hirtenbrief zu protestiren, mittelst welchem der heilige Vater von unseren Kanzeln herab unsern katholischen Mitbürgern ihr Verhalten in den inneren Angelegenheiten unseres Landes vorschreibt. Was die Proteste dcs Nuntius betrifft, haben wir uns begnügt, dieselben einfach ad acta zu legen, was wir Ihnen hiermit zur Kenntniß bringen.

* Im Namen des Staatsraths: Der Präsident Moise Vautier.“

i Frankreich. Paris, 17. Januar. Der Kriegs-=Mi- nister hat in der hislchurster Angelegenheit ein zweites Schreiben an den Marschall Mac Mahon gerichtet. Dasselbe trägt \ das Datum vom 13. und lautet:- .

Jch bin benachrichtigt worden, daß Offiziere, welche der Kaiser- lichen Garde angehörten, bei Gelegenheit des Todes Napoleons LIT. ‘einen Trauerflor an ihren Degen geheftet haben. J bitte Sie, diese Of- fiziere daran zu erinnern, daß die offizielle Trauer allein dem mili- tärischen Gebrauche gemäß den am Degen getragenen Trauerflor ge- stattet, und daß die Familien- oder Herzenstrauer (deul de famille ou de -coeur) Os und allein durch einen Flor am Arm angedeutet wird. Da diese leßtere Kundgebung augenscheinlich die einzige ist, welche die von der Nationalver]ammlung gegen Napoleon IIL. ausge- sprochene Abseßung den in Rede stehenden Offizieren gestattet, so wer- den Sie begreifen, ih zweifle niht daran, daß Sie den Flor am Degen zu unterdrücken haben werden. Ich bitte Sie in allen Fällen, in dieser Hinsicht die strengste Ausführung des Reglements sichern zu wolleu. Ich habe die Ehre 2c.

E. de Cissey.

Das „Avenir National“ meldet:

„Die Subkommission des obersten Kriegsraths hat ihre Arbeiten über die Erweiterungen der Befestigungen von Paris vollendet und wird dieselben nächftiens dem Kriegs- Minister vorlegen, worauf dieser von der Nationalversammlung die nöthigen Geldmittel zur Ausführung des Projekts verlangen wird. Am Montag wird Herr d'Audifsret-Pasquier die Ver- nehmung des General-Zntendanten hinsichtlich des Materials der Arsenale beginnen. Die Lieferungskommission hat schon mehr als 700 Berichte über diese Angelegenheit erhalten. Seit einigen Tagen machen die- Zöglinge von St. Cyr topo- graphische Studien und Terrainaufnahmen in der Umgebung des Mont Valerien von Montretout bis Malmaison und Bougival.“

Die Armeeorganisations-Kommission hat den Antrag Pire angenommen , dahin gehend, den jungen vcrÿei- ratheten Leuten zu gestatten, als einjährige Freiwillige zu dienen. - Mittelst Dekrets des Präsidenten der Republik vom 10. d. M. is der Abbé Turinez zum Bischof von Tarentaise

in Savoyen ernannt worden. Versailles, 18. Januar. (W. T. B.) Die Natio-

ein Geseß, die Abänderung der in den Artikeln 19, 58, 61,

nalversammlung beschäftigte sich in der heutigen Sizung

. 98: 2600 Thir. Hierzu Summa Kap. 95: 6470 Thlr, mithin über-

aus\cließlich mit - der Interpellation des Deputirten Lespi- pi n ard daß der Minifter des Innern dahin wirke, daß die städtishen Wahlkörper und die Gemeindevertretungen die Geseze achten. Der Minister entgegnete, daß er {on Schritte in dieser Richtung gethán habe und fügte hinzu, daß er den Geseßen Gehorsam verschaffen werde, \o lange er Minister sei. Die cinfache Tagesordnung wurde abgelehnt und beschlossen, im Vertrauen auf die Festigkeit des Ministers. des Innern zur Tagesordnung überzugehen. Sodann wurde der leßte Artikel des Broglie'shen Antrages - über die Errichtung des Rathes für den dffentlen Unterricht genehmigt. Am nächsten Montage soll die Interpellation des Deputirten Johnston bezüglich des vom Kultus-Minister erlassenen Cirkulars berathen werden.

Spanien. Madrid, 16. Januar. (K. Z.) Die noth- wendige Ergänzung zu der Vorlage über die Abschaffung des bisherigen Rekrutirung8modus- ist nun erfolgt, indem der Ma- rine-Minister einen Gescßentwurf zur „Abschaffung der Marine- Aushebung auf den Tisch des Kongresses gelegt hat. Es ift eine Kommission zur Ausarbeitung des Berichtes über die Vor- lage wegen Aufhebung der Sklaverei ernannt. Die Budget- Kommission hat die Abänderungen gebilligt, welhe der Finanz- Minister Echegaray für das Ausgäbe-Budget vorgeschlagen hat. Herr Manuel Gomez is zum ersten Vize-Präsidenten der Kam- mer gewählt worden. i i i

Der Carlistenführer Gamundi und sein Adjutant Do- mingo de la Cruz wurden von den Königlichen Truppen in Catalonien gefangen genommen.

Italien. Rom, 17. Januar. Nah der „Italia Militare“ hat die Vertheilung der Vetterligewehre an die Bersaglierîi- Regimenter begonnen, und werden dieselben in kurzer Zeit damit versehen sein. Einige dieser Gewehre sollen auch in den Distrikten vertheilt werden, “um die Einjährig - Freiwilligen in dieser Waffe einzuexerziren. Nächftens werden die Befehle aus- gehen, wonach die Offiziere der Provinzialmiliz in den Jahren 1873 und 1874 zwei Monate Dienst thun sollen.

Der italienishe Gesandte am Hofe von Kopenhagen, Marchese Spinola, hat einen Urlaub von zwei Monaten ver- langt und erhalten, um Privatangelegenheiten zu besorgen. Auch der diesseitige Gesandte bei der hohen Pforte, Graf Bar- bolani, hat von der Regierung einen Urlaub erbeten und er- halten. ) o

46 Se (Wi S. D) Der Finanz - Minister legte in der heutigen Situng der Kammer das Schluß- ergebniß der Finanzverwaltung für 1872 vor. Danach betragen die Gesamniteinnahmen 1296 Millionen, eine Million mehr als die Voranshläge im definitiven Budget erwarten ließen und 108 Millionen mehr, als die Einnahmen im Jahre 1871. Die Gesammt-Ausgaben belaufen sih auf 1376 Millionen und übersteigen die Ausgaben für 1871 um 89 Millionen, bleiben aber uit 181 Millionen hinter den Voranschlägen des defini- tiven Budgets zurück. Der Finanz-Minister sprach schließlich sein Vertrauen aus, daß die Kammer die vorgelegte Schluß- Abrechnung genehmigen werde.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 18. Januar. Durch einen Befehl an die Truppen der Garde und des St. Pe- tersburger Militärbezirks vom 28. Dezember ist angeordnet worden, daß bei allen Regimentern, abgesonderten Bataillonen und Batterien vom 1. Januar 1873 an Tagebücher geführt werden jollen, um so ausführliche Nachrichten über das innere Leben und die Beschäftigungen der Truppen in Friedenszeiten und über die einzelnen Thaten derselben im Kriege zu ge- winnen.

_— ‘19. Januar. (W. T. B.) Nach - dem heute veröffent- lihten Reihsbudget pro 1873 betragen die Einnahmen 517,349,834 Rubel und die Ausgaben 517,322,162 Rubel. Es verbleibt mithin ein Uebershuß von 27,672 Rubel.

Amerika. New-York, 20. Ianuar. (W. T. B.) Dem Schaßsekretär Boutwell sind gestern Seitens zwei verschiedener Syndikate, welche hiesige und Londoner Bankhäuser vertreten, Offerten bezüglih der Begebung einer neuen Anleihe von 300 Millionen Dollars gemacht worden; derselbe hat fh aber bis zu nien Dienstag, wo die Budgetaus\chüsse des Kon- gresses wieder zusammentreten, seine definitive Entscheidung vor- behalten.

9 In den ösftlihen Theilen Nordamerikas is starkes Regenwetter eingetreten. Die Flüsse find im Steigen be- riffen. In Philadelphia werden Ueberschwemmungen befürchtet. Die Erie- Eisenbahn steht unter Wasser. Alle Zeitungen protestiren gegen den Ankauf der Samana- Bai Seitens der Regierung.

Landtagsangelegenheiten.

Berlin, 2. Januar. Dem Hause der Abgeordneten ift fol- gender Nachtrag zum - Staatshaushalts - Etat für das Jahr 1873 vorgelegt worden: H

Kay. 95. Tit. 1. Ministerium des Innern. Landräthliche Be- hórden und Aemter. Besoldungen: Zwei Landräthe für die beiden neu zu bildenden Kreise Kattowiß und Tarnowiß im Regierungs- Bezirke Oppeln, durchschnittlih 1400 Thlr. , für jeden 2800 Thlr. Tit. 3. Ein Kreis - Sekretär für den Kreis Kattowi dur{schnittlich 900 Thlr. NB. Für den Kreis Tarnowiß ift der bisher im Kreise Beuthen angestellte, in Folge der Theilung dieses Kreises disponibel werdende zweite Kreis-Sekretär bestimmt. Tit. 4. Zwei Kreisboten für die unter Titel 1 bezeichneten beiden Kreise durhs{nittlich für jeden 310 Thlr. = 620 Thlr. Tit. 7. Andere persönliche Ausgaben: S Remunerirung eines Bureau-Hülfsarbeiters beim Landrathsamte des Kreises Kattowiß durschnittlich 450 Thlr. NB. Für den Kreis Tarnowiß wird ein Bureau-Hülfsarbeiter zur Zeit ni t erforderlich erachtet. Tit. 9. Sächlihe Ausgaben: Dienstaufwands-Entschä- digungen für die beiden neu anzustellenden Landräthe nah dem jeßt a@ltáiben Durclschnittssaße à 1000 Thlr. = 2000 Thlr. Summa Kap. 95): / 6770 T Tit. 6: Davon ab die Remuneration für den beim Landrathsamte zu Beuthen fungirenden zweiten Hülfs- beamten (Assessor), welher nach erfolgter Theilung des Kreises Beuthen entbehrlich is mit 300 Thlrn., mithin bleiben 6470 Thlr.

Kay. 98. Tit. 1. Polizei-Verwaltung in den Provinzen. Besol- gungen : Zwei Polizei-Jnspektoren für die beiden Kreise Beuthen und Kattowiß durschnittlih 1000 Thlr. für jeden, 2090 Thlr. Tit. 11. Sächliche Ausgaben. An Dienstaufwands - Entschädigungen Jur diese Fetden Polizei-Jnspektoren à 300 Thlr. = 600 Thlr. Summa Kap.

haupt 9070 Thlr. : : A

_ Bemerkungen. Für den Kreis Beuthen sind gegenwärtig etatê- mäßig angestellt: 1 Landrath, 2 Hülfsarbeiter (Assessoren), 2 Kreis- sekretáre, 1 Bureau-Hülfsarbeiter, 1 Kreisbote. In Folge der Thei- lung dieses Kreises in die drei Kreise Beuthen, Kattowiß und Tarno- o werden von den bezeihneten Beamten entbehrlich: 1 Hülfsarbeiter (Assessor), defsen Remuneration von 300 Thlr. jährlih auf die Kosten

(ne Tit. 3). Dagegen wird für den Kreis Beuthen die ctatsmäßige nstellung eines Polizei-Inspektors mit dem Durchschnittsgehalte von 1000 Thlr. und einer Dienstaufwands- Entschädigung von 300 Thlr. jährlich erforderli (e Kap. 98 Tit. 1 und 11). Ein solcer

eamter wird dort schon seit längerer Zeit kommissarisch beschäftigt und aus dem Dispositionsfonds für die Polizei-Verwaltung remunerirt.

Dem Haufe der- Abgeordneten ist folgender Entwur f eines Gesebes, betreffend die Betheiligung der Staats- beamten bei der Verwaltung von Erwerbsgefellschaften vorgelegt worden: Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen 2c. verordnen mit Zustimmuny beider Häuser des Landtages für den ganzen Umfang der Monarchie, was folgt: E

è 1. Unmittelbare Staatsbeamte, welche aus" ‘der Staatskasse eine fortlaufende Besoldung oder Remuneration beziehen, dürfen ohne Genehmigung des vorgeseßten Ressortministers niht Mitglieder von | Vorständen, Aufsichts- oder Verwaltungsräthen auf Erwerb gerichteter } Gesellschaften sein. S E Die Genehmigung is fortan zu versagen, wenn die Mitglied- haft mittelbar oder unmittelbar mit einer Remuneration oder mit einem anderen Vermögens-Vortheile verbunden ift. l & 2. Solchen unmittelbaren Staatsbeamten, welche na der Natur ihres Amtes neben der Besoldung, welche sie aus Staatskassen beziehen, noch auf einen anderen Erwerb hingewiesen sind (Medizinal- Beamte u. f. w.), kann die Genehmigung, auch wenn mit der Mit- gliedschaft ein Vermögensvortheil verknüpft ist, e. theilt werden, 1ofern die Uebernahme der lchteren nah dem Ermessen des vorgeseßten Ressortministers mit dem - Interesse des : Staatsdienstes vereinbar

scheint.

D 8 3. Dée ertheilte Genehmigung ist jederzeit widecrruflich.

Urkundlich u. \. w.

Nathträglihh theilen wir nah den stenographishen Be- richten die Rede mit, welche der Regierungs-Kommissar Ministerial- Direktor Weishaupt in der am 15. d. M. im Hause der, Ab- geordneten stattgehabte Diskussion über den die Eisenbahnanleihe

betreffenden Gesetentrourf gehalten hat:

Gestatten Sie mir eige sahliche Bemerkungen an die gestern aufgestellte und heute wiederholte Behauptung zu knüpfen, daß die Staatsregierung der n den Gemeinden, den Bezirken u. . w. in Bezug auf die Ausführung von Eisenbahnen niht genügend Spiel- raum lasse, resv. daß sie bei Gewährung von Konzessionen nach Gunst oder Ungunst verfahre. Meine Herren, der ersten Behauptung, daß der Privatindustrie niht der nothwendige Spielraum gewährt werde, stelle ih die Thatsache entgegen, daß gegenwärtig nicht weniger als 630 Meilen Privatbahn im Bau sind und daß weitere 300 Meilen zum Bau vorbereitet werden. Man könnte daher viel eher behaupten, daß des Guten sou etwas zu viel geschehen fei; dafür spriht auch die enorme Steigernng der Löhne, der Mangel an Arbeitsfräften, die Steigerung der Preise der Materialien und die absolute Unfähigkeit der Etablissements für Eisenbalnbedarf, selbst der größten, die eingegangenen Verpflichtungen rechtzeitig zu erfüllen und neue Engagements auf kurze Fristen zu übernehmen. Jh bin der Ueberzeugung, daß, wenn die Schlelisen noch weiter geöffnet wären, wir eine Sündfluth erlebt haben würden, welche alle Unternehmungen mit si fortgerissen haben würde, die guten wie die minder guten. Die Staats-Regierung ift sich bewußt, daß sie dem neuerdings mehr- fa beliebten System, Eisenbahnen dur Baubanken und Finonz- fonsortien zu gründen, soweit entgegengekommen ist, als fie es irgend glaubte verantworten zu können, vornchmlich in den Fällen, wo es sich darum handelte, Eisenbahnlinien ins Leben treten zu lassen, von welchen angenommen werden konnte, daß fie der Eniwicklung des Landes ganz besondere Vortheile gewähren würden. Etwas sprö- der hat sich allerdings die Staatsregierung in solchen Fällen zu den Konzessionsgesuchen gestellt, wenn es fih um reine Parallelbahnen han- delte, ohne daß dur dieselben wesentlich neue Dittrifte aufgeschlossen worden wären; geradezu ablehnend hat sie.Jich aber verhalten, wenn den Unternehmungen an der Stirn geschrieben stand, daß cs sich in feiner Weise Um ein Landesbedürfniß handle, sondern lediglih um Agio- tage oder um die Bedürfnisse eines Konsortiums. Ich glaube, das Hohe Haus wird diesem Verhalten der Staatsregierung die Zustimmung nicht versagen können. Ohne ein derartiges Verhalten würde längst über das Land eine verderbliche Katastrophe hereingebrochen fein.

Jm Uebrigen ist die Staats-Regierung in der Lage, über jeden einzelnen Fall zu diskutiren, sie hat Nichts zu vershweigen, ihre Wege und Ziele sind klar und offen.

Es find gestern Namen genannt worden, um zu beweisen, daß bei der Konzessionirung nach Gunst, resp. nach Ungunst verfahren werde. Es sind dies die Namen Strousberg, Puttbus, Biron, Wage- ner. Meine Hecren, über den Dr. Strousberg hat der Herr Handels- Minister gestern bereits gesprohen, ih möchte nur noch hinzufügen: Strousberg war entschieden der Mann seiner Zeit.

Fn einem Augenblick, wo Staatsfonds für Eisenbahnbauten nicht zur Disposition standen, wo die Privat-Jndustrie fich von dem Eijen- bahnbau vollkommen zurückgezogeu hatte, wo die alten Gesellschaften auf ihren Lorbeeren ruhten, erschien Strousberg; ihm s{lugen und kamen die Herzen aller Kreise entgegen, welche bis dahin vergeblich und ungeduldig auf Eisenbahnen gewartet hatten. j

Strousberg erkannte dies mit seinem richtigen Blick; er wandte sich an die betheiligten Kreise und Gemeinden und forderte fie zu Opfern auf. Diese Opfer find ihm in reichlichem Maße geflossen ; unter Anderem hat man Millionen und abermals Millionen gezeichnet in Stamm - Aktien zahlbar in baar al pari. Jch erinnere an die Berlin-Görlißzer Bahn, wo die Städte Görliß, Cottbus, Spremberg, Wusterhausen, der Prinz Friedrich der Niederlande für circa 2 Mil- lionen Thaler Stamm-Aftien al pari übernommen haben. So ging es weiter, unter Andern auf der Bahnlinie Halle-Sorau-Guben, wo die Magdeburg - Leipziger Gesellschaft ihr Vorrecht auf den Bau der Bahn 2 Jahre hatte ruhen lassen und demnächst davon Abstand nahm. Natürlich wendeten viele sich dem aufgehenden Gestirn zu. Strousberg verstand es, mit Geschick die Sachen zu gruppiren und neue Unter- nehmungen ins Leben zu rufen; mit Hülfe von Finanzkräften, wie der Kreise und Gemeinden wurde es ihm leiht, Kautionen zu stellen und Eisenbahu-Gesellschaften zu konstituiren unter Erfüllung der geseßlichen Vorschriften. Hätte in jenem Augenblick für die Staatsregierung eine Day vorgelegen, diesen Gesellschaften die Konzession nit zu ertheilen A

Y Meine Herren, das System Strousberg beruht im Wesentlichen auf der General-Entreprise uud der Zahlung größtentheils in Aktien statt in baar. Das System hat die Thâtigkeit des Urhebers ent- schieden überdauert, es wird fortgeseßt von den Baubanken und Fi- nanz-Konsortien: es sind dies im Allgemeinen Strousbergs auf Aktien.

ch glaube, man wird sich nicht darüber wundern können, wenn das Handels-Ministerium, worüber gestern geklagt wurde, älteren und potenteren Eisenbahn - Gesellschaften in Konkurrenzfällen den Vorzug eingeräumt hat bei der Konzessionirung von Bahnen einem solchen Systeme gegenüber, von dem ih nicht erst anzuführen brauche, daß es vom Handels-Ministerium keineswegs fur ein besouders güustig:s und lobenswerthes gehalten wird. i s

Was nun die Namen Wagener, Putbus und Biron betrifft, so bemerfe ih, daß diesen Herren selbst keinerlei Konzession zu Eijen- bahn-Anlagen ertheilt worden ist. Sie stellten sih an die Spiße von Komites und bildeten Gesellschaften ; sie zahlten die verlangte Kaution von 5 Prozent des Anlage-Kapitals ein und ließen fich in das Han- delôregister eintragen, wodur der Beweis erbraht wurde, daß weitere

10 Prozent cingezahlt worden eten. “Wie fkounte da die Staatsregierung aus den Namen derjenigen, die an der Spitze des Gründungs - Komitecs gestanden hatten, Veranlassung nehmen, die Konzession nicht zu ertheilen? Alle Bedingungen erfüllt und die Unternehmungen zweckmäßig befunden:

Bahn von Oels nach Wartenberg. Das Interesse, welches die Herren an diesen drei Vahuen gehabt haben, liegt auf der Hand; fie hatten den natürlihen Wuns, die Bahnen zu Stande zu bringen, und haben, wie gestern von dem Herrn Handels-Minifter angeführt worden ist, keineswegs dazu beigetragen, das Handels-Ministerium hierbei stets in angenehme Stimmung zu verseßen. Weitere Konzessionen sind an von diesen Herren gebildete Komites noch nicht ertheilt, insbesondere au rächt an HerrnWagener, wie gestern behauptet wurde, dieKonzession für eineBahn vou Schneidemühl nach Belgard, resp. von Schneidemühl nach Pofen ih glaube, das waren die gestern genannten beiden Bahnen oder für die Bahn Belgard-Neustettin-Schneidemühl, sondern nur die Genehmigung zur Anfertigung der Vorarbeiten dazu chue Konse- quenzen für die Ausführung. Jch glaube, daß hieraus deutlich hervor- geht, wie die Staatsregierung in dieser Frage nichts gethan hat, was ihr irgendwie -als Schuld angerechnet werden könnte. Meine Herreu! Wenn es in der Hand des Handels-Ministeriums läge, die Namen zu bestimmen, die an der Spiße folher Unternehmungen zu stehen haben, dann würde fie noch ganz andere Namen zu streichen wissen; sie hat darüber jedoch nicht zu befinden; sie muß fi deshalb denjenigen gefallen lassen, welcher ihr mit Anträgen entgegenkonmmt, und hat nach Pflicht und Gewissen zu prüfen.

Ich komme auf die gestern ebenfalls herangezogene Frage wegn Ausführung einer Bahn von Langelsheim nah Clausthal. Meine Herren! Ein ganz kurzer historisher Rückblick wird Ihnen beweisen, daß der Staatsregierung auch Pei dieser Vahn kcinerlei Berschulden vorgeworfen werden fann. - Im Jahre 1867, bald nachdem Hannover an Preußen gefallen war, zeigte sich ganz augenscheinlich, daß der Bergbau im Oberharz nothleidend sei, und daß ihm nur dur eine Eisenbahn nah dem Hochplateau von Clausthal geholfen werden könne. Zu einer Anlage auf Staatskosten war diese kleine Bahn in ihrer olirten Lage nit geeignet, die Staatsregierung sah fich deshalb nah einer Privat-Gesellschaft um, die etwa in der Lage wäre, die Bahn herzustellen. Sie fand dazu geeignet die Magdeburg - Halber- städter Gesellschaft, welche damals im Begriff war, die Eisen- bahn von -Vienenburg nach Halle zur Ausführung zu bringen, und die son eine größere Arzahl von Zweigbahnen in die Thäler des Harzes hine. ngelegt hatte. Mit einer anderen Gefellshaft konnte sie fich nicht wohl in Verbindung seben, weil weder die Braunschweigische, noch die Hannover-Altenbekener schon vorhanden waren. Die Magdeburg-Halber- städtèr Gesellschaft erklärte sich bereit, die Ausführung der Bahu zu übernehmen, wenn- diese gleichzeitig in Verbindung geteßt würde mit einer Fortseßung der Halle-Vienenburger Bahn nah Seesen, und wenn für die Zweigbahn nach dem Oberharz eine Zinsgarantie gewährt würde. Die Staatéregierung erklärte sih hiermit, da die Gefellschaft auf andere Bedingungen nicht eingehen wollte, vorläufig cinverstanden und bemühte sich von der braunshweigishen Regierung für die Magdeburg-Halberstädter Gesellschaft die Konzession zum Bau der Bahn nah Seesen zu erlangen. Die braunshweigi)che Regierung verhielt fich aber hiergegen durchaus ablehnend, und als im Jahre 1870 der Staatévertrag abgeschlossen wurde wegen Verkaufs der braunscweigishen Staatsbahnen an eine Privaigesellshaft, da behielt sie sich sogar das Recht vor, dieser Gefellschaft die Konzession für den im Braunschweigischen liegeuden Theil der Bahn von Vienenburg nah Seesen zu ertheilen. Sie hat dies später au gethan und, die Mag- deburg-Halberstädter Gesell])chaft hatte in Beziehung auf diesen Punkt das Nachschen. Es verblieb ihr nur die auch braun- schweigisher Seits zugestandene Zweigbahn nach Ciaus- thal, für welche die Konzession hon im Jahre 1869 ertheilt worden war. Die Staatsregierung sah sich also im Jahre 1870 einem Abkommen gegenüber, wona die Magdeburg-Halberstädter Gesellschaft die Bahn nah Clausthal gegen Gewährung ciner Zins- garantie zur Ausführung bringen sollte. An Stelle der Zinsgarantie, die hier im Hohen Hause niemals große Sympathien gefunden hat, trat eine Entschädigung à fond perdu von 500,000 Thlr., die Berg- verwaltung war mit diesem Abkommen durchaus zufrieden, weil sie sich sagte, daß sie dur diese Bahn jährlich 250,000 Thlr. an Fuhrfosten eriparen, bereits in 2 Jahren der Zuschuß wieder gedeckt ein würde. Die Staatsregierung wandte sich nunmehr an die Landesvertr=ag, um die Genehmigung zu erhalten, daß die 500,000 Thlr. der Magdeburg- Halberstädtér Eijenbahngeséll\chaft gegeben werden dürfte. Da fam in zwölfter Stunde die Braunschweigische Eisenbahngesellshaft mit der Offerte, unter günstigeren Bedingungen den Bau und Beiri b der Bahn zu übernehmen. N

Meine Herren! Cs geschah dies in Folge einer Anfrage des be- treffenden Referenten des Herrenhauses und gleichzcitigen Mitgliedes des Verwaltungsraths der Berlin-Potsdam-Masdeburger Eisenbahn. Diese ift aber Mitbesißerin der Braunschweigischen Eisenbahn und gleichzeitig natürliche starke Konkurrentin der Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn. Also auf eine Anfrage des Herrn Referenten des Herren- hauses, erflärte sich die Braunschweigische Eisenbahn-Gefellschast bereit, den Bau unter günstigeren Bedingungen zu unternehmen. So über- raschend dics auch für die Staatsregierung fein mußte denn die bezügliche General-Versammlung der Magdeburg-Halberstädter Eijen- baha-Gesellschaft hatte niht etwa hinter verschlossenen Thüren getagt, und der Staatsvertrag war in der Geseßsammlung veröffentlicht Worse den, Jedermann vußte also genau, um was es fih handelte und wie die Sache lag so zog sie doch für sich dic finanziell besten Kon}e- quenzen aus dieser Offerte, indem sie nunmehr fich an die beiden Ge- sellschaften, die Braunschweigische und die Halberstädter wandte, eine engere Submission unter ihnen ausshricb und auf Grund des Ergeb- nisses diesec Submission in die Lage kam zu übersehen, daß sie unter Umständen die Bahn ohne alle Zuschüsse gebaut bekommen fonnte. Jede dieser Bahnen hat ihre Bedingungen gestellt, unter denen sie bereit ist, die Zweigbahn nach Clausthal zur Ausführung zu bringen, ohne einen Staatszuschuß in Anspruch zu nehmen. So Uegt in diejem Augenblick die Angelegenheit. Das Hohe Haus kann vertrauen, day die Staatsregierung fich durchaus auf feine Bedingungen einla}jen wird, die nicht dem Verkehrs-Interesse des Landes entsyrechen. Sie werden aus dieser Darlegung ersehen, meine Herren, daß irgend welches Versehen oder Verschulden die Staatsregierung auch in diejer Frage nicht trifft.

des Reichs-Ober-Handels-

Die neueste Entscheidung ] Die

gerichts in Leipzig lautet: (Nr. 14) Nalité de l'intimation. D Zustellung des Appellaktes an Ausländer muß bei Strafe der Nichtig- feit bei dem Generalyrokurator des kompetenten Appellhofes erfolgen.

Die Nr. 3 des „Amtsblatt der Deutschen Reichs- Postvérwaltung hat folgenden Inhalt: General-Verfägung vom 12. Sanuar 1873. Postdampf\chif-Verbindungen zwischen Dänemark, den Faröer und Island.

Statistische Nachrichten.

Im Kaiserlichen statistischen Amte sind fürzlih Uebersichten über die Produktion und Besteuerung, fowie über die Ein- und Ausfuhr von Tabak im Deutschen Zollgebiete für die Zeit vom 1. Juli 1871 bis 30. Juni 1872 aufgestellt worden. Wir entnehmen dens-lben die nahfolgenden Angaben: 7

Die Gesammifläche all.r mit Tabak bepflanzten Ländereien belief sich auf 22,509,20 Hektar, auf welchen überhaupt 713,945 Ctr. getrocknete Blätter oder im Durchschnitt 31,7 Cir. auf 1 Hektar ge- wonnen worden find. Der mittlere Preis eines Centners getrockneter Blätter stellt sich auf 84 Thlr. An dem Tabaksbau in \teuerpflich- tigem Umfange partizipirten 94,916 Pflanzer mit 22,239,12 Hektar, während Tabafsbau in steuerfreiem Umfange von 83,675 Pflanzern auf einer Gesamwtfläche von 270,08 Heftar getrieben worden ist. Der Betrag der für das Erntejahr 1871/72 festgestellten Tabaksfteuer be- lief fich auf rund 518,979 Thlr., wovon jedoch an Erlassen wegen Hagel, Frost, Mißwachs, Ueber}chwemmung .u. f. w. überhanpt 15,530 Thlr. abgehen, jo daß also der wirkihe Ertrag der Steuer sih auf 503,449 Thlr. stellt. Die einzelnen deutschen Staaten nehmen

er mit dem Durch-

nung gebracht worden ist, und 1 Kreissekretär, wel dem arnowiß übergeht

schnitisgehalte von 900 Thlr. auf den Kreis

der beiden neuen Kreise Kattowiß und Tarnowiß der mit in Anreh-

waren ja l ne j Meine A In dieser Weise sind zu Stande gekommen: die pom- mersche Centralbahn, die Bahn von Berlin nah Stralsund und die

Dr

an den oben angegebenen Za!Lken folgendermaßen Theil:

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