1873 / 19 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 21 Jan 1873 18:00:01 GMT) scan diff

(V. T. B.) Die Zweite Kammer hat in ihrer Heutigen Sißung die Landtagsordnung ziemlich unverändert angenommen. - Für die Erbauung eines neuen Anatomie- gebäudes in Leipzig wurde eine Summe von fast 140,000 Thlrn. bewilligt.

Hessen. Darmstadt, 20. Ianuar. Die Zweite Kam- mer der Stände tritt heute wieder zusammen. Auf der Tages- ordnung steht die Ergänzung des zweiten Aus\hufses, der fei- nen mittlerweile beförderten Vorsißenden, Ober - Appellationsge- richts-Rath Becker, durch diese Beförderung, die einen Verlust des Mandates involvirt, verloren hatte.

(Fr. I.) In dem neuen Budget werden als Staatszushuß fürdie Gehalte der Volks\{hul-Lehrer jährlih 201,518 fl. oder 67,000fl. mehr, wie seither, gefordert. Der Etatder Landes-Universität weist eine Mehranforderung von über 13,000 fl., derjenige des Gewerbe- wesens eine solhe von 7000 fl. ‘auf. Für Errichtung einér Präparanden-Anstalt zu Friedberg werden jährlih 5000 fl. bean- \spruht. Nach dem Vorschlag der Regierung soll ferner den Kreisärzten und Kreis - Veterinär - Aerzten für das Halten von Dienstpferden statt 1200, nunmehr 350 fl. vergütet, die Bezüge der Schreibgehülfen der Kreisämter, Gerichte u. \. w. entsprechend erhöht, auch der Gehalt der Forstwarte um 40 fl. aufgebessert werden. Was die finanziellen Verhältnisse des Bades Nauheim betrifft, \o ist, obwohl der Kurfonds nur 110,000 fl. beträgt, die jährlihe Einnahme auf 42,600 fffl., darunter 31,000 fl. Badegeld, veranschlagt. Für die oberhessischen Bahnen, deren Betriebs - Ueberschuß für 1873 zu 40,000 fl. veranschlagt wird, ist vor der Hand ein jährliher Staatszushuß von 1,400,000 fl. erforderlich.

Meckelenburg. Schwerin, 20. Januar. Der Groß? herzog, die Großherzogin und die Herzogin Marie haben fih heute Morgen von hier nah Neustreliß zum Besuch am dortigen Großherzoglichen Hofe und zur Feier des morgen \tattfindenden Geburtstages der Groß Le Ln aebi von Mecklenburg-Streliß begeben. Die Hohen Herrschaften gedenken am Donnerstag hierher zurückzukehren. j

Nr. 4 des Großherzogliß Melenburg-Strelißschen „Officiellen Anzeigers“ enthält das Kontributionsedict für das Iahr vom 1. Juli 1873 bis Ende Juni 1874.

Sachsen-Coburg-Gotha. Gotha, 18. Januar. In den ersten Tagen der nähsten Woche werden bei Schlettstadt im Elsaß, wo der Herzog ein sehr bedeutendes Jagdrevier auf längere Zeit gepachtet hat, einige große herrschaftlihe «Jagden auf Schwarzwild abgehalten. Die zum Einlappen des Wildes erforderlichen Nehe sowie der Hofjägermeister v. Shack sind bereits dahin vorausgeschickt worden. Der Herzog folgt mit demselben Schnellzuge morgen in Begleitung des fich hier aufhaltenden Herzogs von Coburg und des Herzogs vonSchleswig- Holstein-Augustenburg und Gefolge, nah.

__ Lübe, 18. Januar. Zur Feier der vor zwei Jahren er- folgten Wiederaufrihtung des Deutschen Reiches prangt unsere Stadt heute seit Tagesanbruch in reichstem Flaggens{muck und heute früh ertönte von allen Thürmen der Stadt das volle feier- liche Festgeläute, welhes der Senat zu folhem Zweck ange- ordnet hat.

Desterreich-Ungarn. Wien, 19. Januar. Wie die „Presse“ meldet, sollen die Delegationswahlen erst kurz vor Zusammentritt der Delegationen, der für die zweite Hälfte des Manates März festgestellt ist, erfolgen. Dieser Verfügung liegt, wie das genannte Blatt hervorhebt, die Besorgniß zu Grunde, daß die Slovenen, Tiroler und der eine noh vorhandene Ab- geordnete aus Vorarlberg in den Reichsrath niht kommen und demgemäß ihre Mandate verlieren werden. Da nun die Dele- gationswahlen nah den einzelnen Ländern vorgenommen werden, so würden bei Abwesenheit der Deputirten aus Krain, Tirol und Vorarlberg die erwähnten drei Länder in der Delegation unvertreten, bezichungsweise diese nicht vollständig sein. Um eine folhe Eventualität zu verhindern, muß die Regierung in den genannten Provinzen direkte Wahlen auf Grund des Nothwahl- geseßes ausschreiben. Da es nun zur Ausführung dieser Maß- regel einer gewissen Frist bedarf, werden die Delegationswahlen im Abgeordnetenhause erst später auf die Tagesordnung kommen.

Der Kriegs-Minister hat die in Angelegenheiten der Heeresausrüstung entsendete Enquete-Kommission zur ersten Sißung auf den 23. d. M. einberufen.

Großbritannien und Jrland. London, 17. Januar- Die Königin präsidirte gestern auf Osborne einer Sitzung des geheimen Rathes, bei welher der Schaßkanzler Lowe, Kriegs-Minister Cardwell und der Marine-Minister Goeschen zu- gegen waren.

Earl Granville weilt gegenwärtig in Sandringham da E Besuche beim Prinzen und der Prinzessin von Wales.

Frankreich. Paris, 19. Januar. Das „Journal officiel“ meldet: „Mehrere fremde und französishe Journale schreiben dem heiligen Vater Worte zu, welhe er an Herrn de Corcelles gerihtet haben soll. Die Erzählungen derselben find ohne Begründung.“

Dasselbe Blatt bringt ferner eine Aufstellung über die direkten und indirekten Einnahmen für das Iahr 1872. Die indirekten Steuern haben im Ganzen genommen, um 153,605,000 Fr. abgenommen. Das offizielle Blatt begleitet diese Veröffentlihung mit folgender Mittheilung:

Man ersieht aus den vorstehenden Tabellen, daß die direkten Steuern sich in einer vollkommen regelmäßigen und befriedigenden Lage befanden, weil die Steuererhebungen die "1/2, welche am 1. Ja- nuar fällig waren, um 15,830,000 Fr. oder 31 Cent. per Zwölftel überstiegen haben. Das Nämliche ist der Fall mit dem Ertrage der Einregistrirung und des Stempels, deren Anschlag um 16,690,000 Fr. überstiegen wurde, Es ist wahr, daß die Vorausseßungen des Bud- gets um 7 Millionen verkürzt werden mußten, welche als die Kon- jequenz des e vom 30. März v. I., betreffs der Transmissions- Abgaben auf die Werthpapiere eingeschrieben worden waren, welches Gese aber dur das vom 29. Juni modifizirt wurde. Die übrigen indirekten Steuern und Einkommen (Einregistrirung und Stempel ausgenommen) ergaben im Gegentheil einen Verlust von 170,295,000 Fr. im Ver- gleich zu den Anschlägen des Budgets. Zu bemerken ist jedoch, daß die von der Verwaltung für diesen Minderertrag angegebenen e (Verzögerung in dem Votum der Geseße 2c., Vorausbezahlung, Schmuggelei und Defraudationen) allmählih aufhörten, auf die Steuererhebungen einzuwirken. Während in der Thät das erste Tri- mester im Vergleich zu den Anschlägen einen Verlust von 18,289,000 Fr. oder 17,01 % auf die Zölle, die indirekten Abgaben und die Posten, das zweite Semester einen Verlust von 58,908,000 Fr. oder 19,72 %, und das dritte Trimester einen Verlust von 44,191,000 Fr. oder 14,05 % hatte, beträgt der Verlust der vier Trimester, wenn man die zu erhebenden Steuern, deren Eingang als sicher zu betrachten ist, in Zehnung stellt, nur 18,912,000:Fr. oder 5,51 %, von welchem auf den Monat Dezember nur die verhältnißmäßig geringe Summe von zwei

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Millionen kommt. Man wird bemerken, daß der Ertrag der beiden Dezimen auf die Preise der Pläße für die Reisenden und derjenigen auf den Waarentransport per Scnellzug auf den Eisenbahnen die auch dem Budget eïinges{riebenen Ansciláge um 7,880,000 Frs. über- steigt. Die- Erhebungen von 1872 haben jedoch ausnahmsweise aus den Summen Nußen gezogen, welche die Gesellschaften noch vom Jahre 1871 her \{uldeten. Der Minderertrag von 153,605,000 Frs. vertheilt sich auf die neuen und alten Steuern, wie folgt: Alte Steuern: Anschläge im Budget 1,306,032,000 Frs. Wirklicher Ertrag 1,251,031,000 Frs. ; Verminderung auf die Anschläge 55,001,000 Frs.

eue Steuern: Anschläge 476,737,000 Frs. Wirklicher Ertrag 378,133,000 Frs,; Verminderung 98,604,000 Frs., im Ganzen also 153,605,000 Frs.

Heute fand in Montretout die feierlihe Enthüllung des Denkmals statt, welhes man dort den in der Schlacht vom 19. Januar 1871 Gefallenen geseht hat. Ungefähr 12,000 eing hatten fich ungeachtet des ungünstigen Wetters einge- unden.

Der Generalrath des Departements Bouches- du-Rhone is auf den 27. Januar zu einer außerordentlichen Sigzung zusammenberufen worden.

Versailles, 20. Januar. (W. T. B.) Jun der heutigen Situng der Nationalversammlung beantragte Johnston ein Tadelsvotum gegen den Unterrichts-Minister Jules Simon wegen der Jllegalität des von demselben erlassenen, das Systemkdes Un- terrihts abändernden Cirkulars. Dieser wies-den thm gemachten Vorwurf zurück -und stellte „die Entscheidung betreffs des Jn- haltes ‘und der Tendenz des gedachten Cirkulars dem oberen Unterrichtsrathe anheim. Bischof Dupanloup unterstützte John- ston und beschuldigte den“ Unterrichts-Minister der offenbaren Uebertretung des Geseßes. Christophle schlug eine Tagesord- nung vor, tu welcher lediglih das Versprechen des Ministers, das. von ihm erlassene Cirkular der Entscheidung des oberen Unterrichtsraths zu unterstellen, betont wird. Ueber diese von der Regierung acceptirte Tagesordnung wurde mit 353 gegen 303 Stimmen die Abstimmung vor allen übrigen bezüglichen Anträgen beschlossen. Bei der Abstimmung wurden indeß nur 344 Stimmen abgegeben, von denen sich allerdings 342 für die Tagesorduung Christople's erklärten; die Abstimmung selbst war aber wegen Mangels an der zur Beschlußfähigkeit erforderlichen Stimmenzahl nichtig die Rechte hatte sih der Abstimmung enthalten und foll morgen wiederholt werden.

Die Dreißiger-Kommission beschäftigte sich mit der Frage, ob und in welcher Weise dem Präsidenten Thiers bei Interpellation eine Betheiligung zuzugestehen sei, ist aber darüber noch zu keiner definitiven Entschließung gekommen.

Spanien. Madrid, 14. Januar. Ueber den telegra- phisch erwähnten Vorfall in Anoeta berichtet die heutige „Gaceta“: Gestern um 8 Uhr Abends drang der Pfarrer Santa Cruz in Anoeta ein, wo er den Alkalden festnehmen und. im Dorfe selbst erschießen ließ. Eine Abtheilung der Miliz von Tolosa begab \ih sofort an Ort und Stelle; die Carlisten hatten jedoch das Weite gesuht. Die Truppen bemächtigten \sih des Pfarrers von Anoeta, sowie des Coadjutors und seines Bru- ders, welche der Billigung und Mitshuld an dem Morde des Alkalden verdächtig schienen. Sie wurden nah Tolosa geführt, wo das entrüstete Volk Lynchjustiz an den Gefangenen üben wollte und auch troy der militärishen Bedeckung den Pfarrer und den Coadjutor verlezte, und zwar den ersteren so gefährlich, daß er bald darauf seinen Wunden erlag.

Italien. Rom, 16. Januar. Die Rückehr des Königs nah Rom is aufgeschoben:

General Medicis it nah Palermo abgereist, um sein Kommando wieder zu übernehmen.

(W. T. B.) Der außerordentlihe Gesandte der Republik Uruguay wird, - einer Meldung der , Italie- nishen Nachrichten“ zufolge, im Februar hier erwartet, um die zwishen Italien und Uruguay obwaltenden Dif- ferenzen in finanziellen Fragen zum Austrag zu bringen. Der Papst hat heute eine Deputation der in London zur Auf- rehterhaltung der weltlichen Macht des Papstes gegründeten Liga St. Sebastian empfangèn.

Die Deputirtenkammer genehmigte in ihrer heutigen Sitzung den Handelsvertrag mit Portugal und die Postkonven- tion mit Rußland, sowie den ihr vorgelegten Vertrag der Re- gierung mit der argentiñishen Republik. Der Deputirte Pissi- vini drang darauf, daß die Regierung Maßregeln treffe, um die Betrügereien zu verhindern, denen die italienischen Auswanderer in Amerika Seitens gewisser Gesellschaften ausgeseßt seien, worauf der Minister ‘des Auswärtigen Visconti-Venosta die Erklärung abgab, daß die Regierung bereits ihre Aufmerksam- keit diesen Uebelftänden zugewandt habe.

Türkei. Verschiedene in jüngster Zeit erlassene Verord- nungen deuten auf das Bestreben der Regierung, Reformen in der Verwaltung anzubahnen. So hat das Kriegs-Ministerium eine Armee-Reserve-Statistik aufzunehmen befohlen, auch ist die Reduktion des stehenden Heeres auf 100,000 Mann in Ausficht genommen. Gleichzeitig \oll eine genaue Liste der aktiven Be- amten und des von ihnen bezogenen Gehalts angelegt werden, auh i| eine Verordnung an die Statthalter der verschiedenen Provinzen erlassen worden, welcher zufolge die Eigenthums- Uebertragungs-Gebühren für Waisen wesentlih reduzirt werden. Die Frage der JIustizreform, oder vielmehr die Abschaffung der Konsulargerichtsbarkeit, is dagegen noch keiner Lösung zuge- führt. Nachdem dieselbe von Nubar Pascha, dem auswärtigen Minister des Vizekönigs von Aegypten, zuerst angeregt worden war, ist dieselbe zwar theoretish ihren Grundzügen nah auf der gegen Ende 1869 in Cairo stattgehabten Konferenz der Vertreter der europäishen großen Mächte und der Vereinigten Staaten gelö worden, indem man sich damals über die Grundsätze einigte, nah welcher künftig die Gerichtsbarkeit- organisirt werden sollte. Ob aber die praktishe Durchführung sobald in Angriff genommen werden wird, bleibt abzuwarten. In finanzieller Beziehung sind die Schwierigkeiten, welhe \ich der Her- ftellung des Gleichgewichtes im Staatshaushalte entgegen- stellen, außerordentlich groß. Werden von den laufenden Einnahmen die Zinsen der Rente und sonstigen Staats- anleihen gedeckt, \o bleiben nur einige Millionen Pfund für die Bestreitung der Bedürfnisse des Staats, für die Erhaltung einer großen Armee und eines Heeres von nominell niht \{chlecht be- zahlten Beamten und den Hofstaat des Sultan übrig.

Von den rumelishen Eisenbahnen sind vier Linien, welche oon Konstantinopel, Adrianopel und Salonik. ausgehen und diese Städte mit einander in Verbindung sehen, die aber noch niht im Zusammenhange mit einander stehen, in der Ge- sammtlänge von 388 Kilometern dem Betriebe übergeben worden. Hundert weitere Kilometer sollen der Vollendung nahe sein. Das Gerücht von einem neuen Anlehen im Betrage von 20 Millionen Pfund zu Eisenbahnzwecken i} bis jeßt niht widerlegt worden und dürfte dasselbe in irgend einer Form realisirt werden.

Laut ciner Verfügung Chalil - Pashas an den türkischen Gesandten in Paris vom 25. Dezember 1872, ist. die Regierung nicht gewillt die Erhöhung der Suez-Kanal-Gebühren zu geneh- migen, sondern behält die Regelung derselben einer Vereinbarung der Mächte vor.

- Der Präfident der Wiener Weltausstellungskommission, Hamdi Beg, bisher Ceremonienmeister, ist auf seinen Posten nah Wien abgegangen. 4

Der gesteigerte Verkehr zwishen Konstantinopel und Wien gab Anlaß zur Errichtung einer regelmäßigen Dampfschiffver- bindung zwischen Konfstastinopel und Odessa, wodur ein Ersaß In E im Winter ausfallende Verbindung mit Varna ge-

oten ift.

Nußland und Polen. St. Petersburg. 17. Januar. Der persische Gesandte Mirsa Malkom - Chan -Nasi- mulmufk ist am 10. Januar hier eingetroffen. Derselbe wird im Auftrage des Schahs europäische Höfe in Angelegenheiten der europäishen Reise des Schahs besuchen.

Schweden und Norwegen. „Stockholm, 15. Ia- nuar. Der \{chwedi\che Reichstag is heute hier zusammen- getreten. Die eigentlihe Eröffnung desselben wird ‘erst am Sonnabend stattfinden, nahdem die neuen Wahlbriefe im Justiz- Ministerium geprüft worden sind. /

20. SFanuar. (W. T. B.) Heute wurde der schwe- dische Neichstag vom Könige in Person eröffnet. Die von demselben verlesene Thronrede wirft einen Rückblick auf die segensreiche Thätigkeit der \chwedishen Könige aus dem Hause Bernadotte, gedenkt namentlich des jüngst verschiedenen Königs Carl XV. und giebt dem Wunsche des jetzt regierenden Königs Ausdruck, daß die bisherige Union mit Norwegen sich noch inniger entwickeln möge. Unter Erwähnung der freund- schaftlichen, intimen Beziehungen zu dem Königreiche Dänemark wird die Hoffnung ausgedrückt, daß die zwischen den sfandina- vischen Regierungen vereinbarte Münzkonvention zu allseitiger Annahme gelange. Unter den dem Reichstage vorzulegenden Geseßentwürfen führt die Thronrede eine Vorlage über Bildung eines Generalstabes, als Vorläufer des im nächsten Jahre dem Reichstage zu uuterbreitenden Geseßentwurfs über anderweite Formation des Heeres, sowie eine Vorlage über die Reorgani- sation der Marine auf, welche letztere vorzugsweise zur Ver- theidigung der Küsten bestimmt sein soll. Fernere BVoriagen find ein Gesetzentwurf über Fortführung der Staatseisenbahnen in nördlicher Richtung von Gefle, sowie ein Geseßentwurf über den Unterricht in der "Volksschule.

Dänemark. Kopenhagen, 17. Januar. Der Hofjäger- meister Graf Christian Frederik Schulin=-Zeuthen, ift, der „Dolbâk Avis“ Zufolge, gestern mit Tode abgegangen.

Dem Reichstage is ein ausführlihér Bericht vom Mini- fterium des Innern über die durh die Sturmfluth am 13. November v. I. angerichteten Schäden in den Häfen, Fähr- stellen, Deichen c. vorgelegt worden. Der Bericht stüßt sih auf die Rapporte der Ingenieure, welche vom Wasserbaudirektor gleich nah Eintreten der Sturmfluth überall hingeschickt wurden, um die Verhältnisse zu. untersuhen und den Betreffenden hülfreiche Hand zu leisten. Die Bornholmschen Häfen haben im Ganzen genommen am meisten durch die Sturmfluth gelitten; die Re- paration des Hafens bei Hasle wird. 1500 Rdl., Sandvig-Hafen 2000 Rdl., Allinge-Hafen 18,000 Rdl., Güdhjem-Hafen 2000 RdL., Nexö-Hafen 5000 Rdl., Kjöge-Hafen 7000 Rdl., Prestò 4000 Rdl., Marstal 3000 Rdl., Aerôes Kjöbing 2000 Rdl., Söby 800 Rdl., Kjerteminde 3300 Rdl., Middelfart 1700 und Kolding-Hafen 7000 Rdl, kosten. Die Wiederherstellung sämmtlicher beschädigter Häfen in Dänemark wird eine Summe von circa 100,000 Rdl. erfordern, :

4%0. Januar. (W. T. B.) Wegen des Ablebens Napo- leons T. ift die Anlegung einer vierzehntägigen Hoftrauer angeordnet.

Landtagsangelegenheiten.

Berlin, 21. Januar. Jn der gestrigen Sißung - des Hauses der Abgeordneten veranlaßte eine Aeußerung des Abg. Holt in der Diskussion über den Gesetzentwurf, die kirch- liche Disciplinargewalt u. f. w. betreffend, den Minister der geistlichen Angelegenheiten Dr. FalÈ zu folgender Entgegnung :

Nur gegenüber einer Bemerkung ein Wort.

Es ist und wie mir scheint sehr unvereinbar mit dem Stand- punkte, den der Herr Vorredner sonst einnimmt von ihm der Aller- höchste Name in diese Debatte gezogen worden. Was gesagt worden ist, dem erwidere ih, daß mit der Unterschrift „Wilhelm“ der Mi- nister der geistlichen Angelegenheiten ermächtigt worden ist, dem Land- tage den Geseßentwurf vorzulegen

über die firchliche Disciplinargewalt und die Errichtung des Königlichen Gerichtshofes für kirchlihe Angelegenheiten.

Ich. denke, das genügt.

Die neukonservative Fraktion hat am Sonnabend ihren seitherigen Vorstand, die Abgeordneten von Rauchhaupt, Lampugnani, von Waldaw-Reibenstein und v. Bismarck-Näugard wieder gewählt. Die Fraktion besteht jeßt aus folgenden 44 Mitgliedern: den Abge- ordneten von Bismarck-Flatow, von Bismarck-Naugard, von Brandt, von Brauchitsch, von Bredow, Clauswiß, ven Donat, Drewello, Dum- rath, Eding, Engelken, von der Golß-Dramburg, Hahn, Prinz Hand- jery, Heise, Freiherr von Houwald, Hunaeus, Kleist von Bornstädt, Koch, von Köller, Kölß, Koerbin, Lampugnani, von Liebermann, Graf Limburg-Stirum, Graf Lehndorff, von der Marwiß, Maurer, Mayer (Marburg), Muntau Nöldechen, Persius, von Portatius, von Rauch- haupt, Graf Reventlou, Richter (Hirschberg), Rodewald, Scharnweber, Scholz (Schweidniß), Struß, von Tyßka, von Waldaw-Reißenstein, von Zastrow, von Zieten.

Die Nr. 1 des „Marine-Verordnungs-Blatt" hat folgenden Inhalt: Nr. 1. Betrifft die weitere Ausführung der Bestimmungen des Organisations-Reglements der Matrosen-Divisionen 2c. der Kaijer- lichen Marine; Zahlung der Dienstalter- und Seefahr-Zulagen. Vom 27. Dezember 1872. Nr. 2. Betrifft das Material zu Scheerleinen. Vom 8. Januar 1873. Nr. 3. Invaliditäts-Nachweis der Offiziere und der im Offizierrange stehenden Marine-Aerzte. Vom 9. Januar 1873. —_ Nr. 4. Bedienung der Geschüße beim Salutfeuer. Vom 8. Januar 1873. Nr. 5. Betrifft das Nicht-Eintragen der Flaggen- parade in das Logbuch. Vom 13. Januar 1873. Nr. 6. Justifizi- rung der Porto-Liquidationen in Dienst gestellter Schiffe. Vom 13. Januar 1873. Personal-Veränderungen.

Statistische Nachrichten.

Hannover, 20. Janúar. Ju der Zeit vom 1. bis incl. 15. laufenden Monats erkrankten, wie die „Neue Hann. Ztg." meldet, in der Stadt 21, in Linden 7, zusammen 28 Personen an den Blattern.

Geestemünde, 18. Januar. Auch von hier aus ift jeßt eine regelmäßige Dampfschiff-Passagierfahrt nah London und

von Persien später auch andere

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Hull ins Leben gernfen. Die Fahrten beginnen vom 21. Januar ab hier durch 4 Dampfer von 500—800 Tons groß.

Gotha, 15. Januar. Nah den eingegangencu Berichten ver- öffentlicht das Staats-Ministerium des Herzogthums- Gotha das Er- gebniß der an amtlicher Stelle abgelieferten und vernichteten Mai- fafer pro 1872 (einem sogenannten Flugjahre). Nach ungefährer Schätzung beträgt die Gesammtzahl der verflossenes Jahr hier zu Lande getödteten Maikäfer 23 Millionen und zwar wurden abgeliefert : 466,08 Hektoliter im Landrathsamte Gotha, 40,26 Hektoliter im Land- rathsamte Ohrdruf, 175,13 H. im Landrathsamte Waltershausen, bun H. im Stadtbezirke Gotha, 3,84 H. .im Stadtbezirke Walters- zausen.

Die Gesammtzahl der in Lübeck im Jahre 1872 eingelaufenen Seeschiffe hat 2356 von 154,333 Last 4000 Pfd.) betragen gegen 2260 von 147,351 Last im Jahre 1871. Die einzelnen Flaggen waren bei die- sem Verkehr folgendermaßen | betheiligt: Die deutsche mit 928 Sch. von 44,487 L. (1871: 960 Sch. von 46,123 L), die dänishe mit 421 S. von 14,933 L. (1871: 331 Sch. von 12,884 L.), die britische mit 45 Sch. von 5409 L. (1871: 37 Sch. von 4846 L.), die fran- zösishe mit 3 Sch. von 228 L. (1871: 1 Sch. vou 148 L), die nie- derländische mit 13 Sch. von 915 L. (1871: 15 Sch. von 1613 L.), die norwegische mit 31 Sch. von 2556 L. (1871: 18 Sch. von 1581 L.), die russishe mit 329 Sch. von 35,866 L. (1871: 279 Sch. von 29,921 L.), die schwedische mit 585 Sch. von 49,674 L. (1871: 618 Sch. von 50,570 L), die nordamerikanishe mit 1 Sch. von 265 L. Unter den angekommenen Schiffen befanden fich_ 776 Dampfschiffe von 73,861 Last (1871: 698 Dampfschiffe von 67,811 Last.) Die Dampf- schiffahrt war hiernach an dem Schiffsvexkehr mit 32,9 pCt. der Gejamintschiffszahl (1871 mit 30,9 pCt.) und mit 47,8 yCt. der Gesammt- Lastenzahl(1871mit46,0pCt.betheiligt.) Von denDampfschiffen gingen u. A. ein aus: Neustadt, Fehmarn und Kiel 78 von 2896 L, (1871: 61 von 2196 L.), Kopenhagen 22 von 2038 L, (1871: 7 von 991 L). Malmö 153 von 12,311 L. (1871: 176 von 14,405 L), Gothenburg 98 von 9256 L. (1871: 73 von 7156 L.), Christiania 39 von 4889 L. (1871: 35 von 4566 L), Stockholm 26 von 3384 L. (1871: 30 von 4166 L.), Calmar und Vistadt 44 von 6307 L, (1871: 53 von 6904 L), Carls- crona und Carlshamn 25 von 2036 L. (1871: 15 von 1624 L.), Bijörneborg, Afo 2c. 12 von 2047 L. (1871: 13 von 2209 L.), Hel- fingfors 21 von 3034 L. (1871: 20 von 2689 L), St. Petersburg 69 von 8704 L. (1871: 56 von 7460 L), Reval 11 von 1264 L. (1871: 6 von 661 L), Riga 38 von 4218 L. (1871: 38 von 4321 L), Königsberg 18 von 1353 L. (1871: 8 von 503.L.), Stettin und Rostock 10 von 1445 L. (1871: 7 von §50 L).

Die Zahl der im Jahréè 1872 von Lübeck ausgegangenen See- schiffe belief sich_ auf 2337 von 152,125 L. gegen 2296 von 150,664 L. in 1871; es befanden sich darunter 772 Dampfschiffe von 73,114 L. gegen 697 von 68,074 L. im Vorjahre.

Straßburg, 18. Januar. In Elsaß-Lothringen sind 29 Zigeunerfamilien mit 145- Personen ansässig. Sie vertheilen sich auf die Kreise Hagenau: Gemeinde Schweighausen, mit 3 Fa- milien und 20 Persoxen; Zabern: Gemeinden Tieffenbah, Wingen und Petersbach mit 18 Familien und 68 Personen; Saarburg: Ge- meinden Wilsberg und Burscheid mit 4 Familien und 34 Personen; Saargemünd: Gemeinde Bärenthal mit 1 Familie und 8 Personen; Kreis Forbach: Gemeinden Holbach und Obrük mit 3 Familien und 15 Personen. Die meisten dieser Familien sind das ganze Jahr sech- haft, nux wenige streifen im Sommer umher.

Kunst und Wissenschaft.

Das soeben in der Buchhandlung von Ferd. Beyer vormals Th. Theile zu Königsberg erschicnene 8. (Schluß-) Heft des 9. Bandes der „Altyreußischen Monatsschrift“ ‘(der Neuen Preußischen Hrovinzialblätter vierte Folge), herausgegeben von Rudolf Reicke und Ernst Wichert, enthält: Abhandlungen: Ueber Kants Beziehun- aen zur Medizin. Rede, gehalten am 22. April 1872 in der Kant- Gesellschaft zu Königsberg Kos Professor Dr. Heinrih Bohn. Zur Geschichte der ältesten preußischen Bischöfe. Von M. Perlbach. (Schluß.) Alfred Clebsh. Nachruf von Dr. R. Börnstein. Kritiken und Referate: C. W. Pauli, Lübeckische Zustände im Mittelalter. Bon 6G. v. d. R. Königsberger Handelsberichte. Dr. Franz Hipler, Bibliotheca Warmiensis, Analecta Warmiensfa und Spicile- gium -Copernicanam. Bon A. M. Aiterthumsgesellschaft Prussia 1872, Mittheilungen und Anhang: Vor hundert Jahren. Der polnische Fürst J. A. Jablonowski und die naturforschende Ge- sellschaft in Danzig. -— Alterthumsfunde (130—154). Univerfitäts- Chronik 1872. Altyreußische Bibliographie 1871. (Nachtrag und Schluß.) Periodische Literatur 1872, Nachrichten. Anzeige. Berichtigung. Register. :

‘In Magdeburg hat fih ein Komite zur Errichtung eines neuen Theaters gebildet, an dessen Spiße der Ober-Bürgermeister Hasselbach und angejehene Bürger stehen. Der Bau wird durch die Stadterweiterung und das Bedürfnißz Magdeburgs, ein der Größe der Stadt entsprechendes Theater zu besißen, motivirt. Es hat sich des- halb unter Aufsicht jenes Komite eine Aktiengesellschaft konstituirt, die den Bau mit einem Grundkapital von 300,000 Thlrn. ausführen will. Das Kapital wird amortisirt, um das Theater allmälig in Besiß der Stadt zu bringen.

Hannover, 15, Januar. In der Versammlung des histo- rischen Vereins für Niedersachsen am 13. Januar Abends, hielt der Studienrath Müller den angekündigten Vortrag über das große Sterben und die Geißler im 14. Jahrhundert.

G oblenz, 18. Januar. Gestern langte hier aus der Werkstätte des Bildhauerzzeisters Remy aus Speyer eine Statue des heiligen Sebastian an, welche dazu bestimmt ist, im Chor der Pfarrkirche zu U. L. F. neben den anderen sieben dort befindlihen Heiligen - Statuen als die leßte aufgerichtet zu werden.

Altenburg, 15. Januar. In der heute abgehaltenen Monats- Versammlung der Alterthumsforschenden Gesellschaft des Osterlandes wurde, nach Erledigung mehrerer geshäftlien Ange- legenheiten, eine weitere Mittheilung des Kirchenraths Back in Lohma über den früher in der Kirche zu Corbussen bei Ronneburg befindlich gewesenen Altaxrschrein, an welchen sich auch Sagen knüpfen, verlesen. Bis jeßt sind Nachforschungen über das Vorhandensein diejes Altar- schreins vergeblih gewesen. Eine Zuschrift des Lehrers Thärmann in Hohenkirchen lud die Mitglieder zur Eröffnung eines Hünengrabes am Neubraunshainer Rittergutsholze, in welchem sich noch mehrere solcher Gräber befinden, denen die Gesellschaft schon früher ihre Aufmerksam- keit geschenkt hat, ein. Die in der vorigen Sißung beschlossene Ein- gabe an den Stadtrath in Betreff der Restauration der St. Barthot lomäikirhe wurde Me und genehmigt. Im Anschlusse daran

- machte der Geschäftsführer, Appellatious-Gerichts-Rath Dr. Hase,

weitere ausführlihe Mittheilungen über die in der Kirche befindliche Grabstätte des sächsishen Reformators Georg Spalatin und deren

- Profanirung im J. 1588.

Paris7 19, Januar. General Morin, Direktor des Conser- vatoire des Arts et Metiers hat an den Handels- und Aer- bau-Minister einen Bericht über die öffentlichen Vorlesungen gerichtet, welche dort während des Jahres 1871/1872 stattgefunden haben. Aus demselben N hervor, daß 14 S vom 9. No- vember 1871 bis Ende April 1872 (jeder 40) im Ganzen 560 Vor- lesungen gehalten ‘haben. Diese ita waren von 150,000 ‘bis 180,000 Zuhörern, der größte Theil Arbeiter, besucht. „Evenement“ meldet: „Es wurde beschlossen, cin neues Bureau für Maße und Gewicht im Conservatoire des Arts et Metiers zu errichten. Das- selbe soll neutral sein und würde von allen bei der internationalen Meter-Kommission vertretenen Nationen unterhalten werden.“

__ Neapel, 15. Januar. Wie die „N. Fr. Pr.“ mittheilt, ist der italienishe Patriot, Dichter und Literar-Historiker Francesco Dall' Ongaro vor Kurzem mit Tode abgegangen. Derselbe ist 1808 zu Oderzo im Venetianischen geboren, war anfangs Geistlicher, legte aber später das Priesterkleid ab und bildete in Triest, wo er ein literari- sches Organ gründete, mit Gazoletti, Vollo, Somma und Anderen

den Mittelpunkt des dortigen \{önwissens{chaftlichen Lebens. Im Jahre 1848 nah Venedig und von da nach Rom berufen, Mena ae selbst die Rolle eines Volkstribunen, die ihn. später zwang, nach Franfk- reich und Belgien zu flüchten. Nach. circa 12 Jahren in die Heimath zurügekchrt, erhielt er den Posten cines, Professors der Literatur- und Kunstgeschichte än der Königl. Akädemie der Msenscasten in Flo- renz, wo seine Vorlesungen zu den besuchtesten gehörten. Gleichzeitig war er au für Journale thätig. Als Dichter gehörte Dall' Ongaro (von Al. Manzoni abgeschén) nebst Andrea Maffei, Aleardo Aleardi und Giovanni Prati zu jener Gruppe, welche, an die Traditionen Monti's, Leopardi's und Grossi's anknüpfend, den Uebergang zu: der neu?zxren Schule bildet. Sein Drama „Fornaretto“, seine lyrisc- epische Dichtung „Die Perle im Schutt“, seine volksthümlichen „Stornelli“, feine Studien über Dante 2c. gehöre: zu den besten Leistungen aus der italienischer Literatur.

Edward Bulwer-Lytton, welcher binnen weniger als Jahresfrist seinein Bruder Henry in's G folgte, wurde a U 1805 dem General Bulwer als dritter Sohn geboren. Als Student der Universität Cambridge errang Bulwer den Poetenpreis dur ein Gedicht zum Lobe der Bildhauerkunst; doch hatte er \hon im Alter von 15 Jahren eine orientalische Erzählung, Jsmael, geschrieben und publizirt. Nachdem er mehrere größere Gedichte veröffentlicht, er- schien im Jahre 1827 das erste Werk, mit welchem er einen durch- \hlagenden Erfolg erzielen sollte. Es war „Pelham, oder die Aben- teuer eines Gentleman.“ Anfangs fand der anonym herausgegebene Roman“ freilich eine kalte Aufnahme; allmählih aber lenkte ih die allgemeine Aufmerksamkeit auf ihn, und als ein Jahr päter der zweite Roman, „Der Verstoßene“, an’'s Licht k m, hatte der Verfasser von Pelham schon einen hohen Rang in der belletristischen Lite- ratur gewonnen. Jn rascher Folge ersch enen nun Devereux, Paul Clifford, und im Jahre 1832 sein Eugen Aran. Unter Bulwer's späteren Werken haben eine gleiche oder ähnlihe Populärität- nur „Nacht und Morgen“ und „die leßten Tage von Pompeji“ errungen; doch fanden auch Ernst Maltravers, Panoni, Rienzi, der Leßte der Barone und „My Novel“ willkommenen Aufnahme. Von seinen ge- schichtlichen Studien zeugt als wissenschaftliches Werk sein „Athen“, welches jedoch Fragment geblieben. Jn der dramatischen Dichtung hat nur die Lady of Lyons ihren Plaß auf der Bühne zu behaupten vermocht. Bulwer hat auch eine Üebersezung der Gedichte Schillers besorgt. Im Jahre 1831 wurde er für St. Jves ins Unterhaus gewählt und zwar als Mitglied der Whigpartei, ging aber 1852 zur konservativen Partei über. Inzwischen war er Baronet geworden und hatte feinem väterlichen Namen den mütterlichen Lytton beigefügt. 1866 wurde er ins Oberhaus berufen. Er hinterläßt einen Sohn, pp t sich unter dem Schriftstellernamen Owen Meredith bekannt

ht hat.

. Stockholm, 15. Januar. Die Köntgshalle in Bergen ift das einzige weltliche Steingebäude aus dem Mittelalter in Norwegen. Von Haakon Haakonsen erbaut, hat, dasselbe im Laufe der Zeit stark gelitten und ist u. A. als Pulvermagazin benußt worden. Jett haben sih mehre Männer in Bergen an die Spitze einer Subskription ge- stellt, um dieses ehrwürdige Denkmal restauriren zu lassen.

Dr. W. H. Hall, welcher der Küstenkommission der Vereinig- ten Staaten beigeordnet ist, fand, wie die „Times“ berichtet, beim Aufrichten einer Signalstange auf der Insel Unalaska, einer von den Aleuten, Spuren früherer Wohnsiße. Er legte am Nordende der In- sel mehrere aleutishe Hütten bloß, in -welchen sich drei menschliche Skelete ganz wohl erhalten, in aleutischer Art über einander gelagert, vorfanden. Er fand in diesen unterirdischen Wohnungen eine Menge gefüllter Oellampen, steinerner nes Knochenlöffel, Knöpfe, Pfeil- spiben und dergleichen. Die Begräbnißart war diese: Es wurde am Sue abhängender Klippen ein Erdwall bis zur Höhe desselben auf- geführt und mit einem Erdaufwurf gekrönt. Jn dem Zwischenraume zwischen Wall und Felsen wurden die Leichen auf Streu oder Holz- stecken über einander geschihtet. So fand einma! Hall sechs Skfelete über einander liegend. Auch entdeckte er eine runde Grotte, an deren Wänden im Kreise sieben Skelete lagen. Er fand hier Jnstrument- stüe aus Bimösstein und Sandstein, wie fie zur Bereitung der Häute dienten, auch Knochen, wie sie die Botokuden etwa zwischen den Lippen tragen. Dieser Gebrauch ist hier längst verschwunden, und sie sind in Folge dessen schr alt. Er fand ferner ‘etwas Birkenrinde, in der sich Blei befand, einen Webstein von feinkörnigem Sandstein und Messer von “shwarzem Schiefer. Weder der Schiefer noch der Sandstein, weder das Blei noch die Birke finden sih aber auf Unalaska. Es ist übrigens bekannt, daß die früheren Bewohner der Aleuten ihre Leichen austrockneten, indem fie die ausgenommene Bauchhöhle mit Gras aus- füllten, und mit bemalten Holzsärgen und Holzmasken umschlossen in der Stellung und Beschäftigung Lebender, wie dies die Untersuchungen der Inseln Kadtak und Unga, wo in einer Höhle allein 30 verschiedene Masken entdeckt wurden, beweisen.

_ Rom, 17, Januar. Eine Genuesishe Depesche vom 16. be- richtet, daß die Bodensenkungen und Erhöhungen in Ober- und Unter-Dova fortdauern. Es ist das eine ganz eigenthümliche Erscheinung des Genuecsischen Küstengebirges, die heut einige Zeit in den Bergen von Fontanabuona und in Ober-Bisagno beobachtet wird. Einsenkungen und Erhöhungen entstanden, wo vorher ebene Straßen waren, wie bei Bavari, Berge zerbröckeln oder spalten si, oder rutschen mit allem was darauf steht, Wälder und menschliche Wohnungen ins Thal herab und legen ein nacktes Felsengerippe bloß. Der Berg Ber- galino, auf dessen einer Seite das Dorf Torriglia, auf der andern die Gemeinde S. Marco d'Uri liegt, hat sich gespalten. Ob diese auf- fallènden Erscheinungen nur die Folge der ausnehmend feuchten Witte- rung dieses Winters sind, oder ob sie mit der vulkanishen Bildung Italiens überhaupt in Zusammenhang stehen, ist noch nicht ermittelt.

Landwirthschaft.

__ Berlin, 20. Januar. Aus dem Ministerium der landwirthscaft- lichen Angelegenheiten sind uns in Beziehung auf die Rinderpest und andere ansteckende Viehkrankheiten unterm 15. d, M. folgende Mit-

theilungen_zugegangen : i 1. Seit dem in den Mittheilungen Nr. 14 de 1872 erwähnten,

am 4. v. Mts. in dem Gemeindebezirk Neuendorf im Kreise Coblenz vorgekommencn Rinderpestfall ist dort cin weiterer Fall der Seuche nicht vorgekommen, und die Leßtere muß daher gemäß §. 37 der In-

struktion vom 26. Mai 1869 als erloschen angesehen werden. Ueber den „O des rinderpestkranken Ochsen ist Folgendes ermittelt worden.

Am 21. November pr. find für Rechnung einer Offenbacher Firma 17 Mastachsen in Graß angekauft und am folgenden D e der Kaiserin Elisabethbahn via Wels zunächst nach Passau und von da nach Hauzenberg transportirt worden. Am leßtgedachten Orte wurden noch 4 Ochsen dazu gekauft und dieselben gelangten mit den 17 aus Graß stammenden Thieren am 27. November pr. in Offenbach an. Von diesen 21 Stück Ochsen wurden 5 sofort nach Coblenz gesandt und kamen in der Nacht vom 27. auf den 28. zu Lüßtel-Coblenz im Gemeindebezirk Neuendorf an. Der eine dieser 5 Ochsen krepirte an der Rinderpest; ob derselbe indossen aus Graß oder Hauzenberg stammte, hat nicht näher festge- stellt werden können, __ Zu bemerken ist noch, daß na einer amtlichen Mittheilung der K. K. Bezirkshauptmannschaft zu Graß vom 11. v. Mts. an diesem Orte zu jener Zeit keine Spur von Rinderpest wahrzunehmen war, wohingegen zu der Zeit, da die- aus Graß stammenden Ochsen in Wels anlangten, im Gebiete der Bezirkshauvtmannschaft Wels die Rinderpest geherrscht hat, so daß die Ansteckung des in Rede stehenden Q Om auf dem Duréehzuge dur jene verseuchte Ge- gend erfolgt ist. L i

2. Nach amtlichen Nachrichten bestand die Rinderpest am 21. v. M. in Böhmen noch auf der Einschichte am Rostelberge, Brüxer Amtsbezirks, in 4 Gemeinden der Pardubißer, in 3 Gemeinden der Komotauer, in 2 Gemeinden der Senftenberger und je in einer Ge- meinde der Königinhvofer und Königgräßer Bezirkshauptmannschaft. Im Ganzen waren bis zum gedachten Zeitpunkte bei einem Viehstande

von 3478 Rindern in 50 Gehöften, 442 Stück crkcankt. 62 gefallen und 380 gefeult worden. Ueberdies gelangten 134 seuche- verdäthtige Thiere zur Keulung. Weiter sind 8 Erkrankungen untex den Ziegen konstatirt, wovon 2 gefallen sind und 6 nebst andexen 7 seucheverdächtägen getödtet wurden.

Ueber den Stand der Rinderpest in den übrigen Ländern Oester- reih-Ungarns während der Zeit vom 9. bis 15. v. Mts. ift amtlich Folgendes gemeldet: Im ovigen Zeitabschnitte ift die Rinderpest er- loschen in Galizien zu Horoszowa des Borszczower und in der Kontumazanstalt Podwoloczyska des Skalater Bezirkes, Dalmatien zu Mudla und Trebesin des Cattaroer Bezirkes. Ausgebro chen ist die Rinderpest im obigen Zeitraume in Galizien zu Kiinkowce des Zbaruzer Bezirkes, in der Bukowina zu Slobodzia-Ranaucze des Gzernowißzer Bezirkes, in Mähren zu Hrepozein,Powel und Bruchstein des Olmüßer, zu Hoschtiz des Wischauer und zu Stadl des Stern- berger Bezirkes, im Küstenlande in der Stadt Triest.

Außer den cben bezüglih des Ausbruches der Rinderpest genannten Orten erschienen am 16. Dezember l. J. noch nahstehende Orte "ver- seuht: in Galizien Kolendziani des Czorikower, Bukavzowcze, Bursztyn und Tenetniki des Rohatyner, Szyszkowce des Zaleszczykier Bezirkes, in der Bukowina Nowofielißa, Sahala und Kotulos- trißa des Czernowißer, Banilla und russisch Banilka des Wiszniter, Wassilen des Koßmanner Bezirkes, in Mähren Laucah, Namiest, Neretein Schnobolin, Neustift und Krönau des Olmüßer, Eiwano- wiß und Chwalkowiß des Wischauer, Groß-Seniß des Littauer und ein # Stunde von Lundenburg des Gödinger Bezirkes gelegener Stall, in Niederösterreich Waidendorf des Groß-Enzersdorfer, Gaudenz- dorf des Sechshauser, Unter-Themenau des Mistelbacher. Simmering des Brucker Bezirkes und der 3. Wiener Stadtbezirk, in Ob erö st er- reich Bachmaning, Hundshagen und Lambach des Weller Bezirkes, im Küstenlande das Territorium der Stadt Triest, Gorenji-Ronc und Beka des Bezirkes Capo d’Istria und das zur Ortsgemeinde Castelnuovo gehörige Dorf Szeloze im Bezirke Volosca, in Dalmatien Cilippi, Lovorno, Kemaj, Mikulichz, Zibacia des Ragusaner Bezirkes und die Ragusaner Vorstadt Plocce, Podi, Mercevac und Giurasevic dis Cattaroet Bezirks.

In Ungarn herrschte die Rinderpest nah einer Note des K. ungaris{ch'n Ministeriums für Ackerbau, Jndustrie und Haudel vom 4. Dezember l. J. Zl. 15907 auf den Pußten Staroselo, Briest, Gyürüsi, Nemet, Terpinahata und Bacsfai, in den Gemeinden Has- sagy, Gyula, Alt- und Neu-Kacsdorf, Vörösmart, Sepse, Borjad, Laucsuk, Babarcz, Siklos, Vokany, Gyüd, Olasz, Pspöklak, Drava- Szabolcs, Dravaszent Marton, Berkesd, Katol, Nemet - Urög, Ivan, Darda Hidor Geresd und Königl. Freistadt Fünfkirchen des Baranyaec, auf den Pußten Somodar, Gyepesi, Földhidi, Dravaerdei , Ba Heteny, Aszalo und in der Gegend der Gemeinde Nagy Bajom, sowie in den Gemeinden Bares und Nagy Bajom des Schimeger, in den Gemeinden Moragy, Apati, Unter-Nana, Tamasi, Battaszék, Szegszard und Vardomb des Tol- nauer, in der Gemeinde Csifvár des Stuhlweißenburger; Páya und Külsö Väthe, Nyarad des Veszprimer; Kemenes Högyész des Eisen- burger; auf den Pußten Ranesowa und Göböljäräsi des Buncser; und in den Gemeinden Malaczka und Gr. Schüßen des Preßburger Comitats. : e ___ In der Gemeinde Gairing' des Preßburger Comitats ist die Rinderpest erloschen.

Nach den Berichten aus Slavonien sind die Orte Kutjevo, Lukasje, Kula, Porec und Tominovac des Bektescher Bezirkes im Po- zegoner Comitate noch verseuht; über den Stand der Rinderpest im Véröcer Comitate Slavouiens, in Syrmien und Croatien liegt ein ueuerlicher Bericht nichk vor.

9. Die Großherzoglich badishe Regierung hat mit Rüsicht auf den Stand der Rinderpest in Oesterreich-Ungarn angeordnet, daß die Einfuhr ven Rindvich, Schafen und Ziegen, sowie von thierischen Produkten aus den österreichischen Kronländern Tirol und Voralberg oder durch dieselben nach Baden nur in Constanz und nur nach vor- gängiger amtlicher Kontrole erfolgen darf.

___ Eine gleiche Anordnung is Seitens der Königlih wür“emberg- schen Regierung bezüglich der Einfuhr nah Württemberg, welche nur in Friedrichshafen erfolgen -darf, getroffen worden.

4. In der „London. Gazette" vom 31. v. Mts. ist die nachfol- gende, die in den öffentlichen Blättern mehrfach erwähnte Seuche unter den Pferden in Nordamerika betreffende Depesche des englischen Gesandten zu Washington abgedruckt:

Washington, ‘den 6. Dezember 1872. Mylord !

Mit Bezug auf Ew. Lordschaft Telegramm vom 27. d. Mets. beehre ich mich, Sie davon in Kenntniß zu seßen, daß die Seuche unter den Pferden, welche in einem großen Theile dieses Kontinents jüngst geherrscht hat und noch herrscht, anscheinend ihren Ursprung hat oder wenigstens zuerst auffallend hervorgetreten ist zu Toronto in Ca- nada, wo sie etwa am 30. September d. J. sih zeigte. Sie ver- breitete sich über einen großen Theil Canadas, betrat die Vereinigten Staaten bei den Niagarafällen am 11. Oktober und hat bereits einen großen Theil dieses Ländergebiets heimgesucht, indem fie bis zum äußersten Süden, nämlich bis Galveston in Texas vorgedrungen ist. Ich beehre mich, ein Verzeichniß verschiedener Orte Canadas sowohl, als der Vereinigten Staaten mit Angabe der Zeitpunkte, wann die Krankheit an jenen Orten sich gezeigt hat, hier anzuschließen. Es sind dies selbstredend nur einige wenige von den Orten, welche von ihr heimgesucht worden sind, und man muß berücksihtigen, daß überall, wo fic in Städten oder Dörfern auftrat, sie sih auch in der Gegend rings um diesen Orten v.rbreitet hat.

Man kann unmöglich annehmcn, daß die Seuche durch etwas Anderes als durch atmos\phärishe Einflüsse habe herbeigeführt wer- den können. Nichts als diese hätte ihre rasche Verbreitung über einen so ausgedehnten Länderstrih zur Folge haben kömen.

Sie gelangte von Toronto in Canada nach Gasveston in Texas in weniger als zwei Monaten; und in New-York z. B. wurden von ihr innerhalb zehn Tage nah dem Zeitpunkte ihrer ersten Konstatirung dortselb# 40,000 Pferde ergriffen. Daß fie fih fo reißend \chnell ver- breitet hat, kann nicht dem Kontagium allein beigem-fsen werden, wenn es auch nicht wahrscheinlich ist, ‘daß in dem Falle, wo sie ein- mal in einen Stall eingedrungen ist, tin einzelnes Pferd ihr nicht in größerem oder geringerem Mäße verfallen sollte.

Die Seuche scheint in einer katarrhalischen Influenza oder Krank- heit in Begleitung eines starken Fiebers zu bestehen. Die zuerst her- vortretenden Symptome find Mattigkeit, struppiges Fell, wässeriger Ausfluß aus der Nase, auf welchem sofort ein rauh klingender Husten folgt; der Puls ift beschleunigt und das Maul heiß; die Schleim- häute der Nase find geshwollen und die Ohren und Beine auffallend falt; der Ausfluß aus der Nase nimmt zu, wird schr dick und klebrig, etwas übelriehend und- von grünlih-gelber Farbe. Das Athmen wird schwerer und bedrückend und zuweilen quälend und kurz. In einigen heftigeren Fällen findet ein beständiges Absondern von Flüssigkeit aus den Augen statt, und sobald die Lungen oder das Gehirn ergriffen werden, ist der Ausgang regelmäßig ein tödtlicher._

Die Krankheit ergreift unterschiedslos die Pferde bei guter oder \{lechter Beschaffenheit, bei s{hwerer Arbeit oder entgegengeseßter Be- handlung. Dagegen wird sie durch schlechte und enge Stallungen nachweislich verschlimmert, und Pferde auf dem Lande, welche si viel in freier Luft bewegen, haben nicht fo {wer zu leiden, wie die in großen Städten befindlichen. : Î

Wie das in solchen Fällen gewöhnlich, ift die Behandlung von der verschiedensten Art gewesen. Da die von mir felbst angewandte Methode von besonders gutem Erfolge gewejen ist, so wird mir ge- stattet sein, diefe!be hier darzulegen. Meine fünf Pferde wurden unter den ungünstigsten . Verhältnissen von der Krankheit befallen. Die- selben kamen von Newburvyport im Staate Massachusetts auf der Landstraße nach Boston, wo sie aht Stunden auf dem Molo stehen bleiben mußten, bis fie an Bord des Dampfers geschafft werden konn- ten; während der Fahrt nah Baltimore waren fie abwechselnd großer Hitze und Kälte ausgeseßt, und von dort wurden fie bei heftigem Sturme und Regemvetter auf der Landstraße nach Washington trans- portirt. Bei ihrer Ankunft litten fie an Ausfluß aus der Nase und

Hiervon sind