1873 / 20 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 22 Jan 1873 18:00:01 GMT) scan diff

Schädigung beider eintreten solle. Die Domänenverwaltung sei beit Finanz-Ministerium, dort müsse also au die Verwaltung der Staatsforsten belassen werden. Ueberhaupt wünsche er keine Verstärkung des landwirthschaftlihen Ministeriums, E dessen Vereinigung mit dem des Handels zu einem volkswirt

aftlichen Ministerium. ? : . a Ee Levi wurde in namentliher Abstimmung mit 164

9 Sti bgelchnt. V ei ‘Sóbluß des “Picities begann das Haus die Berathung der Petitionen. A E rfe 7 Am 17. nächsten Monats wird hierselbst eine Kommission behufs Ausarbeitung des Entwurfes einer Militär-Straf- gerichtsordnung für das Deutsche Reih zusammentreten.

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Um die kommerzielle Vertretung “der deutschen Indu- ftriellen auf der Wiener Ausstellung bewirbt sih gegen- wärtig eine größere Zahl von Agenturbureaus. Abgesehen von der „Deutschen Generalagentur für die Wiener Weltausstellung“, begründet von Herrn Albert George hier, \tchen diese Bureaus zu den deutschen Ausstellungskommisfionen in keinerlei Bezie- hungz sie bilden vielmehr geschäftlihe Unternehmungen von rein privatem Charakter.

_— Seitens der Militär - Medizinal - Abtheilung des Kriegs- Ministeriums find die das Reglement für die Friedens- lazarethe der Königlih preußischen Armee vom 5. Juli 1852 abändernden resp. ergänzenden Bestimmungen zusammengestellt worden, und i} die 198 Druckfseiten umfassende Zusammenstel- lung den Militärbehörden, Stäben und Truppentheilen der Armee zugegangen.

Diejenigen Apotheker-Gehülfen, welche das Fürst - lich Lippe-Detmold\che Gehilfen - Examen bestanden, haben beim Eintritt als Gehülfen in preußische Apotheken die diesseitige Gcehülfen-Prüfung nit mehr abzulegen.

Der General: der Kavallerie z. D. Graf Franz von Waldersee verstarb am 16. d. M., Mittags in Breslau in seinem 82. Lebensjahre. Franz Heinrih George Graf von Waldersee, geboren am 25. April 1791, war der Sohn des Grafen Franz von Waldersee und der Gräfin Luise zu Anhalt, 1806 Fähnrich im Dragoner-Regiment König von Bayern Nr. 1, 1808 Sceonde- Lieutenant im Regiment der Gardes du Corps, 1812 Premier-Lieutenant, 1813 Stabs-Rittmeister, focht bei Gr. Görschen, Baußen und Haynau, avancirte 1815 zum Rittmeister, 1819 zum Major, wurde 1832 Commandeur dés 3. Ulanen- Regiments, 1834 Commandeur der Gardes du Corps, 1834 Oberst-Lieutenant, 1836 Oberst, erhielt 1841 die zweite Garde- Kavallerie-Brigade, wurde 1842 Generalmajor, 1848 Comman- deur der Garde-Kavallerie, 1849 General-Lieutenant, 1856 Com- mandeur des Ÿ. Armee-Corps, 1858 Gencral der Kavallerie und Militär-Gouverneur der Provinz Posen, 1861 Chef des \hlesishen Dragoner-Regiments Nr. 4 und 1864 Gouverneur von Berlin, welchen Posten er bis kurz vor dem lezten Kriege bekleidete.

—— Der General-Lieutenant à la suite der Armee Victor Herzog von Ratibor, Fürst von Corvey, Prinz zu Hohen- slohe-Waldenburg-Sthillingsfürst Durchlaucht, ift von feinen Be- fizungen in Schlesien hier angekommen, um einen längeren Auf- enthalt hier zu nehmen.

Der General-Lieutenant von KummeLr, Commandeur der 15. Divifion, hat sich heute nah seiner Garnison Cöln, und der General-Lieutenant und Commandeur der 2. Division von Tresckow Ul. desgleichen nah Danzig zurübegeben.

Königsberg i. Pr., 22. Januar. (W. T. B.) Bei der gestern Abend stattgehabten Wahl eines zweiten Bürgermeisters hiesiger Stadt wurde der Kreisgerichts-Rath Braun in Lyck mit 64 von 75 Stimmen gewählt.

Bayern. München, 19. Januar. Der König wird von Hohenshwangau über Partenkirchen kommend, morgen Abend hier eintreffen und bis zum Frühjahr in der Residenzstadt verweilen.

Der Entwurf zur Reform der Handels- und Gewerbekammern wird, wie das „Korr.-Bl. v. u. f. D.“ mittheilt, in Folge der vielfachen Opposition, die er gefunden," nunmehr in , eine Form gebraht werden, welche den meisten der von den genannten Kammern kundgegebenen Wünsche ent- sprechen wird.

Sachsen. Dresden, 21. Ianuar. (Dr. J.) Die Zweite Kammer hielt gestern eine Abendfizung, welche der Präsident Dr. Schaffrath mit einem dem verstorbenen Geh. Rath Dr. Wein- lig gewidmeten Nachrufe eröffnete, worauf die Kammer das Andenken des Verstorbenen dutch Erheben von den Sigzen ehrte. Die Kammer genelnigte sodann den Entwurf einer neuen Land- tagsordnung mit einer Reihe theils von der Deputation, theils aus der Mitte der Kammer beantragten Abänderungen. Es fanden nur kurze Debatten ftatt. Hiernächst ward die von der Regierung eingebrahte Mehrforderung von 79,000 Thlr. für den Bau der Anatomiegebäude in Leipzig bewilligt. Eine Pett- tion des hiesigen Aktienvereins für den zoologischen Garten, um Gewährung eines jährlichen Staatszuschusses, beschloß die Kam- mer auf sich beruhen zu lassen. Der Antrag des Abgeordneten Dr. Schubert auf Errichtung eines homöopatischen Lehrstuhles an der Universität Leipzig wurde der Regierung zur Kenntniß- nahme überwiesen. Die nächste Sizung findet wahrscheinlih Donnerstag statt.

IKürttemberg. Stuttgart, 20. Ianuar. Der König hat den von St. Petersburg hier eingetroffenen vormaligen Königl. Geschäftsträger daselbst, Geheimen Legations-Rath a. D. von Abele, sowie den nunmehr zum Königl. Geschäftsträger am Kaiserlich russishen Hofe ernannten Legations-Rath Freiherrn von Maucler in Audienz empfangen.

Auf die Nachriht von dem am 16. d. M. erfolgten Ableben des Professors Dr. Köhler in Tübingen hat der König sein Bedauern über den Verlust, welchen die medizinische Fakul- tät dur den Hingang dieses tüchtigen und würdigen Mitgliedes erlitten hat, den Kollegen desselben ausdrücken und die Hinter- bliebenen seine Theilnahme versichern lassen. -

(Allg. Ztg.) In der Kammer der Abgeordneten ist am 18. d. M. das Ausführungsgefeß zum Unterstühungs- wohnsiß vollends zu Ende berathen worden. Bemerkenswerth ift aus den leßten Sizungen noch die am 17. von dem Minister des Innern gemachte Mittheilung, aus Anlaß der Artikel, die von Aufbringung der erhöhten Koften für die Armenfürsorge handeln, daß die Regierung in nächster Zeit einen Gesczentwurf, betreffend die Gemeindebesteuerung, zur Vorlage bringen werde, wodur den Gemeinden weitere Steuerquellen eröffnet werden sollen.

- Erwähnt zu werden verdient bei diesem Anlaß, daß der Gemeinde- ‘xath der Stadt Stuttgart {on vor einigen Monaten um eimn

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olhes Geseß bei der Regierung petitionirt, und in einer vom be Blircebuiafiéc Dr. Hack verfaßten Denkschrift die Nothwen- digkeit eines \solhen Geseßes nahgewiesen, und darin unter an- derem auch angeführt hat: daß die Stadt Stuttgart allein durch das Reichsgeseß über den Unterstühungswohnsiß einen Mehrauf- wand von ibrlich 150,000 Fl. für das Armenwesen haben werde. In der Zweiten Kamme? wurde inzwischen sodann noh der Geseßentwurf über die Todeserklärung der seit dem Kriege gegen Frankrei vermißten Militärpersonen nah dem Regierungs- antrag, mit allen gegen die eine Stimme von Probst angenommen. Die Kammer der Standesherren wird voraus- fichtlih vor 8 Tagen keine öffentliche Sihung mehr haben. Ihre Kommission hält dagegen täglih Sißungen über das Geseh in Betreff der Steuerreform.

Baden. Karlsruhe, 18. Januar. Die Erinnerung an die Kämpfe von Belfort wurde gestern und heute hier festlich begangen. Gestern Abend fand vor dem Schlosse ein Fadelftänd- hen ‘statt, und durhzogen dann die Militär - Musik - Corps mit Zapfenstreih die Stadt. In der Schubergschen Halle waren von 81 Uhr an die Mitglieder des „Militärvereins“ zu einem Er- innerungsfeste vereinigt. Die Halle, welche den Kampfgenossen zum Festraum diente, war in inniger Weise mit den Bildern des Deutschen Kaisers, des Kronprinzen, des Großherzogs und der Großherzogin, des Generals von Werder, und mit Wappen und Fahnen geschmückt. Heute früh ertönte Kanonendonner und Glockengeläute, und um 9 Uhr brachten die drei hiesigen Militär-Musik-Corps dem General von Werder ein Ständchen. Die Enthüllungsfeier der den gefallenen Polytehnikern gewidmeten Erinnerungstafel im Portal der Hochschule begann nah 11 Uhr. Der Großherzog, der Prinz Wilhelm, der General von Werder und Staats - Minister Dr. Jolly, die Spißen der Behörden des Staats und der Stadt, ein großer Theil des Dffiziercorps, der Lehrkörper des Polytechnikums, insoweit der Raum des Ma- \hinenbau-Lehrsaals des Polytechnikums es gestattete, die Studi- renden der Hochshule waren an genanntem Orte versammelt, um die Festrede des Prof. Dr. D. Müller anzuhören und dann in das Portal sich zu. begeben, wo Prof. Dr. Gras8hof, z. Z. Direktor des Polytechnikums, nah einer Ansprache die Gedenk- tafel enthüllte. Dieselbe trägt die Namen von fechs Polytech- nikern, welche den Tod für's Vaterland starben. Prof. _Gras- hof dankte im Namens des Polytehnikums für die Errichtung des Denkmals und {loß mit einem Hoch auf den Großher- zog. Hierauf ergrisf derselbe das Wort, um die Versammelten zu einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König auf- zufordern. Beide Toaste fanden begeisterten Wiederhall. Die öffentlichen“ Gebäude und eine große Zahl von Privathäusern hat heute Flaggenshmuck angelegt, Abends veranstalten mehrere Gesellschaften Bankette.

Oldenburg, 18. Januar. Das Gesebblatt für das H. Old. enthält: Geseßfür das G1oßherzogthum vom 2. Januar 1873, betreffend Abänderuug des Civilstaatsdienergeseßes vom 28. März 1867. Gesetz fük dis Großherzogthum Oldenburg vom 11. Ja- nuar 1873, betreffend Abänderung der Geschäftsordnung des Landtags. Gese für das Großherzogthum Oldenburg, pom 11. Januar- 1873, hetreffend den Schuß nüßlicher Vögel.

Braunschwefg, 22. Januar. Die E und, Verord- nungssammlung vdröffentlicht die Kirchen - isitätions- ordnung für dief evangelish-lutherishen Kirchen des Landes, d. d. Braunshweiß, den 6. Januar 1873.

Sachsen-Altenburg. Altenburg, 20. Januar. Di Herzog Hermann von Sachsen-Weimar ist heute früh mit seiner Tochter, ' der Prinzessin Pauline, welche vor einigen Tagen aus Berlin hier eingetroffen war, nach Stutt- gart abgereist.

Sachsen - Coburg - Gotha. Coburg, 20. Januar. (Cob. Ztg.) Dem Vernehmen nach ift der Landtag des Her- zogthums Coburg auf Mittwoch, den 22. Januar, einberufen.

Schwarzburg-Nudolstadt. Rudolstadt, 19. Januar. Der seit dem 8. d. M. hier versammelte Landtag des Fürsten- thums hat sih bisher vorzüglich mit der Berathung des Staats- haushalts-Etat für die nächste Finanzperiode beschäftigt; außer- dem is demselben itleine Denkschrift über die Domänenfrage vor- gelegt worden. —' Das : N Namen derjenige Landesangehörigen, welche während des deutsch - französisälga Krieges gefallen, sonst gestorben oder dauernd vermißt es id, zum ehrenden Gedächtniß zur öffentlichen Kenntniß; die Gtik mmtzahl derselben beträgt 34; unter den Ge- bliebenen befindet/ S auch Adolf PrinzBentheim-Tecklenburg-Rheda.

Lübeck, Zies&anuar. Der heutigen ersten Versammlung der Bürgers\ C A8 in diesem Iahre lagen sieben Senatsanträge vor, darunter dibindlgenden: Erlaß eines Geseßes, betreffend die für den GewerbsLeirieb“ im Umherziehen zu entrichtende Steuer; Erlaß eines Gessdés, betreffend die Erfüllung von Zahlungs-

verbindlichkeiten, fien auf deutsche Reihsmünze lauten; Erlaß

Der

einer revidirten VE5rdnung über die hiesigen Schiffahrtsabgaben ; Erlaß eines Gese# s, die Anlage neuer Straßen in Stadt Und Vorstädten dur Private betreffend. Diese Anträge, bei welchen die vom Bürgeraus\huß proponirten Abänderungen vom Senate adoptirt waren, wurden sämmtlih dur die Bürgerschaft zustim- mig erledigt. Die übrigen Vorlagen waren von nur lofalem Interesse.

Elsaß-Lothringen. Met, 15. Ianuar. Die aus fran- zösishen und deutshen Beamten zusammengeseßte Kommisfion, welche die neue Grenze zwischen dem Deutschen Reich und der franzöfishen Republik festzustellen und abzustecken beauftragt war, hat ihre Arbeiten beendigt. Die neue Grenze ist dur 1,03 Meter hohe und gegenseitig 100 Meter entfernte Steine be- zeihnet, und i es mit zwei Ausnahmen gelungen, die Grenz- linie so zu zichen, daß sie keine Ortsgemarkungen durchschneidet.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 20. Ianuar. Dem Ab- geordnetenhause is folgender Geseßentwurf, betreffend Ab- änderung des Geseßes vom 6. September 1850 und der Kaiser- lihen Verordnung vom 283. Oktober 1857, bezüglih der Ge- bühren von Ankündigungen und Einschaltungen in periodische Schriften, dann in Ankündigungs- und Anzeigeblätter vorge- legt werden: §. 1. Die Gebühren für Ankündigungen, ferner für Einschaltungen in priodishe Schriften, in Ankündigungs- und Anzeigeblätter werden aufgehoben. §. 2. Ankündigungs- und Añzeigeblätter (§. 6 der Kaiserlihen Verordnung vom 93. Oktober 1857), unterliegen dem Zeitungsstempel nur dann, wenn sie wenigstens einmal wöchentlich (vier Mal im Monate oder 52 Mal im Jahre) ausgegeben werden. §. 3. Dieses Geseh tritt mit 1. Iuli 1873 in Wirksamkeit. i

Pesth, 21. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sißung des Unterhauses vertheidigte Professor Kauß in längerer und

Fürfilihe Ministerium bringt die |

eingehender Ausführung die Budgetanträge des Finanzaus\{us- ses A erklärte sich auf das Entschiedenste gegen die Mena pläne der Opposition. Der Deputirte Schwarz richtete die Auf- forderung an die Regierung, der Intrigue entgegenzutreten, welche hinter dem Rücken des Kabinets den Bestand desselben efährde. 7 gef g Der Minister des Innern hat an seine Kollegen das An- suchen gestellt, die Munizipien aber angewiesen: die Verfügung zu treffen, daß auf allen aus der Hauptstadt datirten oder dahin zu sendenden Schriftstücken, in welcher Sprache sie immer abge- faßt scin mögen, die gesezmäßige Benennung „Bud a-Pesth * gebrauht werde. O

Niederlande. - Haag, 18. Ianuar. Im Juli d. I. wird in Delft der 27. volkswirthschaftlihe niederlän- dishe Kongreß unter dem Vorsiße von Kleyn van Willigen abgehalten werden. Ueber den näheren Inhalt des Programms ist noh nichts festgestellt.

Großbritannien und Jrland. London, 20. Januar. Sir James Fergusson, der Gouverneur von Süd-Australien, ist in London angekommen.

Frankreich. Paris, 19. Januar. Der Präsident der Republik empfing heute in Versailles wieder die birmanischen Gesandten, welche..bei ihm zu Abend speisten.

Es bestätigt sich, daß es drei verurtheilten Kommunisten gelungen is, aus dem Gefängnisse des Chantiers in Versailles zu entspringen. Dieselben sollten mit dem „Rhin“, ‘der dieser Tage mit einem neuen Transport Deportirter abgeht, nah Kali- fornien gebraht werden.

421. Januar. (W. T. B.) Die Prinzen von Or- leans haben heute zum ersten Male dem am Todestage Lud- wigs XVI. stattfindenden Meßopfer beigewohnt .

Versailles, 21. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Nationalversammlung wurde, nahdem die Deputirten Paris und Fournier die betre}s des Iohnstonschen Tadelsbvotums gegen den Unterrichts-Minister von ihnen gestell- ten Tagesordnungsanträge selbs wieder zurückgezogen hatten, die von Christophle beantragte lediglih das Versprechen des Unterrichts-Ministers, das von ihm erlassene Cirkular dem obe- ren Unterrichtsrathe vorzulegen, betonende Tagesordnung, welche allein noch zux Berathung übrig geblieben war, mit 420 gegen 35 Stimmen angenommen. Die Diskussion über die während des lezten Krieges in Lyon und für die Armee des Vosges abgeschlossenen Lieferungsgeschäfte is auf den 30. d. festgeseßt worden.

Spanien. Madrid, 17. Januar. Die „Gaceta“ ver- öffentlicht zwei Dekrete; eines, welches das Ceremoniell bei Ge- legenheit der Entbindung der Königin festseßt, und ein zweites, welches die Compagnie des Kabels von England nach Irun autorisfirt, eine für den Dienst des Kabels reservirte telegraphische Linie von Irun nach Madrid zu- errichten.

Im Kongreß hat die Debatte über das Projekt, hinsicht- lih der Säkularisirung der Kirchhöfe begonnen. Der Finanz- Minister wies darauf hin, daß die Artikel des Ausgabebudgets hinsichtlih der Eisenbahnen, Gerichtskosten, Depositenkasse xe. eine Rentenemission von 6 Milliarden Realen nöthig machen würde, was er absolutkmißbillige. Er versprach hierauf, binnen kurzem eine vollständige und definitive Lösung der Finanzfräge vorzu- legen, und zwar ohne neue Rentenemission und mit Achtung aller erworbenen Rechte. Die Finanz-Kommission zôg in Folge der Erklärung ihres Ministers ihren Bericht zurü.

Die Deputirten von Puerto Rico wurden gestern Abend in die progressistishe Tertulia eingeführt. Einige Reden wurden zu Gunsten der Reformen auf den Antillen gehalten.

Ein glänzendes militärishes Banket fand gestern Abend im Palaste ftatt.

General Morionès i| gestern Nachmittag in Pampe- lona angefommen.

Italien. Rom, 21. Ianuar. Die von mehreren Zeitungen ges brate Nachricht, daß Artikel 2 der Gesehvorlage über die religiösen Körperschaften, betreffend die Generalatshäuser von der zu dessen Vorberathung eingeseßten Kommission abgelehnt worden sei, entbehrt den „Italienishen Nachrichten“ . zufolge der Begründung. Die Kommission hat vielmehr, weil fie bisher nit vollzählig resp. beshlußunfähig war, noch gar keine defini- tiven Beschlüsse gefaßt. Von einigen Mitgliedern is indeß aller- dings ein Amendement, welches eine Art Dotirung der Genera- latshäuser beabsichtigt, von anderen eine Erhöhung der päpst- lihen Civilliste zu demselben Zwecke in Ausficht genommen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 21. Januar, (W. T. B.) Die Großfürstin Helene Paulowna, geb. Prinzessin von Württemberg, is heute Nahmittag 2 Uhr mit Tode abgegangen. (Die Großfürstin, eine Schwester Sr. Kö- niglihen Hoheit des Prinzen August von Württemberg, war am 9. Januar 1807 geboren und vermählte sich am 20. Februar 1824 mit dem am 9. September 1849 verstorbenen Großfürsten Michael von Rußland, Oheim Sr. Majestät des Kaisers).

Schweden und Norwegen. Stockholm, 15. Januar. Die Krönung des schwedishen Königspaares soll dem Ver- nehmen nah ‘gleich nah Schluß des Reichstages hierselbft stattfinden. : 4

Christiania, 17. Januar. Staatsrath Stang ift vor Kurzem vier Tage in Stockholm gewesen. Gleichzeitig war auch der frühere Staats-Minister Sibbern dort.

Amerika, New-York, 21. Januar. Nach aus Porto- rico hier eingegangenen Nachrichten hat Spanien die Einfüh- rung der in der Munizipalverwaltung von Portorico projektirten Reformen einstweilen vertagt. :

Aus New-York vom 19. d. wird den „Daily News“ telegraphirt: In der Naht vom Sonnabend zum Sonntag und während eines Theiles des lehteren Tages richtete wieder ein von strömendem Regen begleitcter heftiger Sturm in Cuba, na- mentlih zur Sce, den bis jeßt vorliegenden spärlihen Berichten zufolge, vielen Schaden an. :

(H. N.) Am 21. Dezember v. I. wurde die erste Session des neugewählten Parlaments in Rio Janeiro durch den Kaiser Dom Pedro I]. mit folgender Thronrede eröffnet:

„Erlauchte und sehr würdige Herren Vertreter der Nation!“ Zu meiner größesten Genugthuung sehe ich die Reichsvertretung wieder versammelt, deren weise Berathungen fo entsceidend für den Fort- schritt unseres Vaterlandes find. Das Kaiserreich erfreut fich im Jn- nern des Friedens. Der Gesundheitszustand ist im Allgemeinen bc- friedigend. Die Krankheiten, welche in einzelnen Bezirken aufgetaucht sind, find nit von großer Intensität und ich hoffe zu Gott 7 daß fic in Kurzem wieder vershwinden werden. A

Nach wie vor befinden wir uns in Frieden und Freundschaft mit den übrigen Nationen, eine werthvolle Bürgschaft der gegenseitigen In- teressen, welche immer mehr sih vervielfältigen nnd erweitern. Die Mißhelligkeiten, welche zwischen der brasilianishen Regierung und der

argentinischen Republik bezüglich der endgiltigen Festseßungen des

iedens mit der Republik Paraguay eutstanden waren, find glück- licher Weise in einer für beide Theile gleich gerechten und ehrenvollen MWeife dur die în hiesiger Stadt am 19. v. M. unterzeichnete Ueber- einkunft ausgeglichen. s{chlofsen mit der argèntimschen Republik, Portugal, Jtalien und Großbritannieu und sind die Ratifikationen des S bereits ausgewcchfelt. E .

Aus den Ihnen vom Schaßamt vorzulegenden Nachweisen wer- den Sie das Wachsthum der Einnahmen des Reichs erschen. Die daraus hervorgehende günstige Finanzlage hat uns gestattet, den gro- ßen Anforderungen, welche der Krieg mit Paraguay hinterließ, zu be- gegnen, und den morelishen und wirth\chaftlichen Fortschritten des Reiches förderad zu Hülfe fommen, ohne das Gleichgewicht unserer Finanzen in Frage zu stellen, ja sogar unter sich herausstellenden Ueber- \chüssen der Einnahmen über die Ausgaben. Unter diesen Umständen, und Dank dem eifrigen Bemühen, mit welchem Sie unseren Kredit befestigt haben, könuen wir fortfahren, in dem yatriotis{chen Werke immex weiterer Ausbildung und Vervollkommnung unseres öffentlichen Schul- und Erziehungêwefens, sowie andererseits der Unterstüßung der Gewerbe, namentlich des Ackerbaucs, durch die Herbeiziehung von Ar- beitern und die Entwickelung unseres Kommunikations - Systems. - Zu meiner lebhaften Befriedigung theile ich Ihnen mit, daß im Einver- nehmen mit der Regierung von Portugal die Legung eines atlantischen Kabels zwischen Brasilien und Europa kontrahirt ist. Schon im Laufe des Jahres 1874 werden wir für unsere Bezichungen zu jenem Welttheile uns dieses bewunderungswürdigen Mittels der Thatkcast unseres Jahrhunderts bedienen köanen. Mit der größesten Anstren- gung wird daran gearbeitet, dgß zu gleicher Zeit die festländische bra- silianische Telegraphenlinie fertig werde, an welche das transatlantische Kabel sich anschließen soll.

„Die Reformen des Wahlgeseßes, der Nationalgarde und des Rekrutirungswesens verdienen Jhre volle Fürsorge. Ich bin gewiß, daß diese wichtigen Fragen von Jhrem- erleuhteten Patriotismus eine entsprechende Lösung erfahren werden. Unsere cigene sowohl als die Erfahrung anderer Länder lehrt, daß die beklagenswerthen Mißbräuche, die so häufig die Wahlen gestört und gefälsht haben, vor Allem in der mangelhaften politcschen Bildung und Gesittung wurzeln, die nur die Zeit heben kaun. Da es jedoch für die Länder mit Repräsentativ- verfassung von höchster Wichtigkeit ist, in den Wahlen die öffentliche Meinung und den Willen des Volkes zu treuem Ansdruck gelangen zu schen, so gilt es, dieselben mit neuen und besseren Bürgschaften gu umgeben. Dieses Resultat aber, welches wir alle wünschen, hängt zu einem großen Theile nicht nur von der strengen“ Befolgung des Ge- seßes über die parochialen Wahlbehörden ab, sondern nicht minder von der Garantie, welche der gesammte Wahlprozeß ebenso sehr den Majoritäten wie den beträchtlicheren Mis- noritäten giebt, die bei dem gegenwärtigen Systeine fast immer der Vertretung sih beraubt sehen, auf welche sie Arspruh haben. Die Nationalgarde hat wichtige Dienste geleistet, sowohl in Unter- stüßung des Heeres, als dadur, daß sie an vielen Orten die Polizei- gewalt geradezu völlig erseßt hat. Es ist jedoch weder billig, noch steht es mit der Natur ihrer Institution im Einklang, ihr in nor- malen Verhältnissen Verpflichtungen aufzuerlegen, denen nicht alle obne Schaden an ihrem bürgerlihen Erwerbe nahkommen können, und welche den Bürger so häufig Beschränkungen in seiner politischen Freiheit ausgeseßt haben. Das Rekrutirungsgeseß endlich ruft fort- währende Klagen hervor und es kann nicht anders sein bei der Un- gleichheit, mit welcher diese Last vertheilt ist, und bei dem Mangel einer Musterrolle der zum Kriegsdienst verpflichteten Bürger. Die daraus hervorgehenden Uebelstände sind glei gefährlich für die indi- viduelle Freiheit, wie für die Organisation unseres Heeres und ih zweifle nit, daß Sie die Abstellung derselben für eine Ihrer drin- gendsten Aufgaben erachten werden.

„Erlauchte und sehr würdige Herren Vertreter der Nation! Die Stellung, welche wir bereits unter den civilifirten Völkern einnehmen, giebt Zeugniß von der fittlihen Kraft unseres Volkes und den großen Elementen des Aufschwunges, in deren Besiß es fich befindet. Strengen wir nur um so mehr uns an, indem wir der göttlichen Vorsehung für diese unermeßlichen und beständigen Wohlthaten unsern Dank dar- bringen, Brasilien immer weiter vorwärts zu führen! Das ist der Wunsch, den ich aus dem Grunde meiner Seele Ihnen und allen un- fern Mitbürgern entgegenbringe.

„Die Session ist eröffuet.“

Landtags- Angelegenheiten.

Berlin, 22. Ianuar. In der gestrigen Sißung des Hauses der Abgeordneten entgegnete in der Diskussion Über den Gesehentwurf, betreffend die Grenzen des Rechts zum Gebrauch kirchliher Straf- und Zuchtmittel, der Regierungs- Kommissar Geh. Regierungs-Rath Dr. Hübler den Abgg. Strofser und v. Wedell (Vehlingsdorf):

Meine Herren! Jch will dem Herrn Vorredner nicht folgen in die Spezialdiskussion, die er soeben übec das vorliegende Geseß er- ¿ffnet hat. U wird sih später, glaube ih, noch bessere Gelegen- heit finden. Jch will ‘nur auf einen Vorwurf anworten, den der Lir Vorredner für gut befunden hat, gegen die Staatsregierung zu erheben. Meine Herren! Der Herr Borredner hat gemeint, daß der Geseßentwurf in §. 4 dem klaren Worte Gottes widerstreite, und er hat deshalb ge- wünscht, die Kommission möge bei ihren Berathungen dahin kommen, den §8. 4 zu streichen. Meine Herren, ist dieser Vorwurf wahr ?

r ist nicht wahr! |

Was bestimmt denn das Wort Gottes, auf das der Herr Vor- redner sih beruft? Der Herr Vorredner hat Ihnen eine Stelle aus dem Matthäus vorgelesen. Da heißt es:

Sündigt Dein Bruder an Dir, so gehe hin und strafe ihn zwischen Dir und ihm allein.

Hört er Dich nicht, so nimm ne einen oder zwei zu

__ Dir u. sw. Hört er die nicht, so sage es der Gemeinde.

Die Vulgata wie ih für die Herren im Centrum bemerken will überseßt dic ecclesias. Was bestimmt nun der §. 4 des Ge- setßentwurfs ? ;

Kein Religionsdiener ist befugt, geseßlich zulässige Straf- oder Zuehtmittel unter Vezeichnung der davon betroffenen

Person Herren, bekannt zu machen.

Nun, meine Herren, derogirt wirklich der §. 4 dem Worte, welches - der. Herr Vorredner aus dem Matthäus hier allegirt hat? Meine Herren, er derogirt ihm keineswegs. Was heißt denn öüffent- li? Darüber giebt das Strafgeseß die nöthige Auskunft. Was heißt eine övffentlihe Bekanntmachung? Eine solche, bei der jeder Dritte, bei der das große, betheiligte oder unbetheiligte

ublikum Kenntniß erhält. Jst dies denn aber die Berkün- digung, welche durch das Wort Gottes geboten wird? Was befiehlt

__ denn der Herr im Matthäus? Sage es der Gemeinde. Heißt das:

dem „Publikum“? Ist etwa die Kirche ein Ort, wo blos die Gemeinde versammelt ist ? steht denn ‘nicht die Kirche mit ihren Thü- ren ofen für Alle, die hineintreten wollen? Gehen Sie doch Sonn- tags in den hiesigen Dom oder in die Cölner Katledrale. Ist denn da blos die christliche Gemeinde versammelt ? Und in solchen Kirchen sollen Kirchenstrafen öffeutlih verkündigt werden dürfen? Einem darauf bezüglichen Verbot wollen Sie die Worte der heili- gen Schrift gegenüber stellen? Meine Herren! Ich habe noch ein paar Worte an die Ausführungen des Herrn Abgeordneten von Wedell zu knüpfen. Der Herr Abg. von Wedell hat den Stand- punkt der Staatsregierung ganz richtig dahin präcisirl, daß die gegen- wärtigen Geseßesvorlagen nicht gegen die Kirche, sondern gegen die

Kirchengewalt und zwar gegen die Ausschreitungen dieser Kirchen-

gewalt gerichtet sind. Der ‘Herr Abg. von Wedell hat dann die Er- wartung ausgesprochen, es möge die Staatsregierung der Kirche be- hülflich sein, zu der ihr verfassungsmäßig zugesicherten L zu gelangen. Nun, meine Herren, die taatsregierung hält dieses Ziel unausgeseßt ïm Auge, und es wird sih schon in der nächsten Zeit

- bei der: Etatsberathung Gelegenheit finden, das Votum- des Hohen

Hauses desfalls herbeizuführen. Der Herr Abgeordnete v. Wedell hat endlich auf die Schulregulalive hingewiesen. Auf die von ihm “daran

Wir haben ferner Auslieferungsverträge ge--

geknüpften Fragen hier ausführlih einzugehen, würde die Diskussion |

jehr weit abführen von dem Gegenstande, der momentan zur Bera- thung steht; au in dieser Hinsicht wird \sich später vorausfihtlich die Möglichkeit eröffnen, dem Herrn Abgeordneten die von ihm ge- wünschte Beruhigung zu gewähren.

__— Zum Etat der Münzverwaltung hatte der Abg. Richter (Hagen) beantragt, das Abgeordnetenhaus wolle be- \{ließen, die Regierung aufzufordern, daß in den preußischen Münzstätten nicht mehr Münzen mit Bildnissen fremder Landes- herren oder Hoheitszeichen freier Städte geprägt werden. Hier- über nahm der Finanz-Minister Camphausen das Wort:

Meine Herren! Als das Reichsgeseß über die Münzverfassung berathen wurde, ift ausführlich darüber verhandelt worden, wie das Gepräge der Münzen beschaffen sein und in wie weit es den verbün- deten Regierungen freigestellt werden folle, die Bildnisse der Landes- herren auf den Münzen abdrücken zu lassen. Diese Frage ift entschie- den ; fie in einem andern Sinne zu entscheiden, als es das Nelhbgeles gethan hat, liegt nicht in meiner Macht. Nun fragt ‘es sih: wie hat die preußische Regierung diesem Geseße gegenüber die Beziehungen zu ihren verbündeten Regierungen ins Auge zu fassen. Da find wir davon ausgegangen, daß, wenn an uns das freundliche Ersuchen gestellt wird, denjenigen. Staaten, die nicht eigene Münz- stätten besißen, solhe Münzen auszuprägen, wir dem Er- suhen, sofera der Herr Reichskanzler fich mit der ganzen Bebandlung der Sache einverstanden erklärte, niht entgegen treten sollten, es schien uns das die Freundschaft, die Bundesfreund- lihkeit, die uns gegen alle verbündeten Regierungen am Herzen liegt, zu erfordern. Jn allen Fällen, wo zu solchen Prägungen übergegangen wurde, ift vorhermit dem Herrn Reichskanzler darüber kfommunizirt worden. Es tritt au durchaus nicht das Verhältniß ein, als ob solche Münzen in be- liebigem Umfange geprägt werden können, es tritt auch keineswegs das Verhältniß cin, daß der preußische Antheil an den Ausprägungen des- halb irgendwie verringert würde. Ferner ist allerdings nicht ausge- ilofsen, daß cine Regierung, die bei uns auf Unwillfährigkeit stieße, sich an eine andere Regierung mit freundlicheren Gefinnungen wenden könnte. Natürlich ist nie davon die Rede gewesen, daß Preußen fich darum beworben hätte, solche Ausprägungen vorzunehmen, fondern es hat sich stets nur um eine im bundesfreundlichen Sinne erwiesene, mit dem Reichsgeseß nicht im Widerspruch stehende Maßnahme gehandelt.

Der dem Hause der Abgeordneten vorliegende Geseß- entwurf, die Amts- und Kommunalverbände in den Hohenzollernshen Landen besteht aus 95 Paragraphen und hat folgenden Inhalt:

Erster Titel: Bon den Aintsverbänden. Erster Abschnitt. Von den Grundlazen der Verfassung der Amtsverbände §§. 1—11. Zweiter Abschnitt. Von der Vertretung und Verwaltung der Amts- verbände. Erster Unter - Abschnitt. Von der Zusammenseßung der Amtsversammlung 88S. 12—22. Zweiter Unter - Abschnitt. Von den Versammlungen und Geschäften der Amtsversammlung §§. 23—33. Dritter Unter - Abschnitt. Von dem Amtshaushalte §8. 34—36. Vierter Unter-Abschnitt. Von dem Amtsaus\chusse, seiner Zusammen- seßung und seinen Geschäflen §8. 37—44. Fünfter Unter - Abschnitt. Von den Amts-Kommissionen §. 45.

Zweiter Titel. Von dem Landeskommunalverbande der Hohenzollernschen Lande. Erster Abschnitt. Von den Grundlagen der Verfafsung des Landeskommunalvyerbandes §S. 46—51. Zweiter Abschnitt. Von der Vertretung und Verwaltung des Landeskom- munalverbandes. Erster Unter-Abschnitt. Von der Zusammenseßung des Kommunal-Landtags §§. 52—956: Zweiter Unter-Abschnitt. Von den Versammlungen und Geschäften des Kommunal-Landtags §8. 57 bis 65. Dritter Unter-Abschnitt. Von dem Landesaus\chusse, seiner Zusammienseßung und seinen Geschäften §§. 66—74. Vierter Unter- Abschnitt. Von den Landeskommissionen §S. 75 und 76.

__ Dritter Titel. Von der Oberaufsicht über- die Amts- ünd Landeskommunal-Verwaltung §8§. 77-282.

_Vierter Titel. Allgemeinê Üebérgangs- und Ausfühßhrungs- Bestimmungen §§.. 83—95.

__— Der dem Hause der Abgeordneten vorgelegte Entwurf eines Gesetzes, betreffend Abänderungen der Wege- geseßgebung der Provinz Hannover lautet:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c.

verordnen, unter Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monar- cie, für das Gebiet der Provinz Hannover, was folgt: ____§. 1. Die in Gemäßheit der Bestimmungen des §. 80 des Ge- seßes über Gemeindewege und Landstraßen vom 28. Juli 1851 bisher von den Staatsbehörden bezüglih der Landstraßen-Bauverwaltung wahrgenommenen Befugnisse gehen, soweit sie die technische Leitung des Neubaucs und der Unterhaltung betreffen, mit dem 1. April 1873 auf die Organe des provinzialständischen Verbandes der Provinz Han- nover über.

§8. 2. Die unmittelbare Verwaltung der Landstraßen steht von denselben Zeitpunkte an der Wegeverbandêvertretung (Gesammtver- tretung, Ausschuß), unter dem Vorsiß und unter der geschäftlichen Leitung der Obrigkeit (Amtshauptmann bezw. Magistrat), sowie unter Mitwirkung der ständischen Techniker, zu.

. 3. Den Staatsbehörden verbleiben die=ihnen zustehenden lan- despolizeilichen Befugnisse, sowie die Rechte der kommunalen Ober- aufsicht gegenüber den Wegeverbänden.

8. 4. Sämmtliche aus Staatsmitteln bisher bestrittene Kosten der technischen Leitung des Landstraßenbaues werden in Zukunft von dem provinzialständishen Berbande getragen.

8. 5. Das für den Londstraßenbau erforderliche technische Bau- personal wird in ausreichender Zahl von dem provinzialständischen ir ome angenommen. Dasselbe ist dem Landesdirektorium unter- geordnet. :

8. 6. Selbständige Städte, welche geeignete technische Angestellte haben, sind auf ihren Antrag von der Mitwirkung des ständischen Wegebaupersonals zu entbinden. d

S. 7. Die im §. 81 des Geseßes vom 28. Juli#1851 erwähnte Vertretung der Weçeverwaltung vor den Gerichts - oder Verwaltungs- behörden gehört ihrem ganzen Umfange nah zu den Befuguifsen des Ausschusses der Wegeverbar d3vertretung. Í

8. 8. Alle dem gegenwärtigen Geseßbe widerstreitenden Vorschrif- teu werden hiermit zufgehoben.

Die Motive zu dem in Nr. 18 d. Bl. abgedruckten Gesetzentwurf, betreffend die Betheiligung der Staats- beamten bei Verwaltung von Erwerbsgesellschaften, lauten:

Das Bestreben der sogenannten Erwerbsgesellschaften bei ihrer Geschäftsverwaltung Staatsbeamte zu betheiligen, und die häufig durch die Aussicht auf beträchtliche Vermögensvortheile genährte Nei- gung der Beamten, Stellen im Vorstande, Verwaltungs- oder Auf- sichtsrathe solcher Gesellschaften zu übernehmen, nöthigen zu der Er- wägung, in welcher Weise das Interesse des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Beamtenstandes gegen die Nachtheile ficher zu stellen sein werden, welche eine hrankenlose Betheiligung der Staats- diener an der Verwaltung von Erwerbsgesellschaften nothwendig im Gefolge haben muß. ._ : Ae E

Zwar ist bereits dur einen Beschluß des Staats-Ministeriums vom 24 Oktober 1859 den Staatsbeamten die Verpflichtung auf- erlegt, eine Stelle als Mitglicd von Ae Een (Verwal- tungsrath, a Direktion) nicht ohne Genehmigung des betref- fenden Ressort-Chefs anzunehmen, die Bedingungen (R unter denen die Genehmigung zu ertheilen ist, sind generell bisher niht bestimmt worden, und es hat sich in dieser Beziehung eine verschiedenartige Praxis herausgebildet. C \ j

Aus diesem Grunde und mit Rücksicht auf die Verhandlungen, welche innerhalb der Faktoren der Reichsgeseßgebung über die vorlie- gende Materie geflogen worden sind, hat die Staatsregierung be- {chlofsen, die anderweitige Regelung derselben in Aussicht zn nehmen, und den Erlaß eines Gescbes vorzuschlagen, das darauf abzielt, möüg- lihst in derselben Art, wie dies nah den Beschlüssen des Deutschen

Reichstages zum §8. 16 des Entwurfes eines Geseßes über die Rechts- rerhältnisse der Reichsbeamten für diese Beamten beabsichtigt wird, eine Feststellung der Modalitäten herbeizuführen, unter denen die Theilnahme der Staatsbeamten an der Verwaltung der Erwerbs- Gesellschaften zuzulassen ist.

Der §. 1 des in dieser Absicht aufgestellten Entwurfes macht die

Theilnahme für alle unmittelbaren Staatsbeamten, welche aus der Staatskasse eine fortlaufende Befoldung oder Remuneration beziehen, von der Genehmigung des vorgeseßten Ressort-Ministers abhängig und s{ließt die Zulässigkeit der leßteren für alle Fälle aus, in denen mit der Mitgliedschaft mittelbar der unmittelbar eine Remuneration oder ein anderer Vermögensvortheil verbunden ift. __ Dieje Vorschrift befindet sich im Wesentlihen in Ueber- einstimmung mit den vorgedahten Reichstagsbeschlüssen, die- selbe geht nur insofern weiter, als sie nicht nur den künf- tigen Eintritt in eine Gesellshaftsverwaltung, sondern die Betheiligung überhaupt von der Genehmigung des vorgeseßten Ministers abhängig macht, damit aber zugleich auf alle die- jenigen Beamten sih erstreckt, welche sih zur Zeit und bis zum Erlasse es beabsichtigten Gesetzes der Verwaltung von Erwerbsgesellschaften angeschlossen haben.

Cine solche Ausdehnung erschien nothwendig, um diejenigen Be- amten, welche entgegen der schon jeßt geltenden Dienstvorschrift die Genehmigung nicht nahgesucht haben, an dem Verbleiben in einer dem Dienste unzuträglichen Stellung zu hindern.

___ Der §. 2 des Entwurfes läßt die Genehmigung auch im. Falle einer remuneratorishen oder mit einem anderen Bermögensvortheile verknüpften Mitgliedschaft für diejenigen Beamten zu, für welche die amtliche Besoldung nach der Natur des Amtes eine nur nebensächliche Bedeutung hat, und welche daher neben ihrer amtlichen Stellung darauf angewiesen sind, ihren Erwerb au außerhalb des Amtes zu suchen. Dieser Bestimmung liegt die Erwägung zu Grunde, daß es un- billig erscheint, solhe Beamte, denen der Staat nicht eine ihrem Die..strange entsprechende für ihren Lebens-Unterhalt nah Maßgabe der allgemeinen Etatsverhältnisse für ausfömmlih zu crachtende Besol- dung gewährt, die vielmehr auf die Beschaffung anderweitiger Er- werbsquellen hingewiesen find, weiter zu beschränken, als dies das In- teresse des Staatsdienstes erfordert. In wie weit bei diesen Beam- ten die Ausschließung von der Vérwaltung der Erwerbsgesellschaften nöthig ist, wird dem Ermessen des vorgeseßten Ressort - Chefs, unter Berüsichtigung des allgemeinen Gesichtspunktes, daß das Jnteress des Staatsdienstes nicht darunter leiden darf, Überlassen werden können. _ Daß im §. 3 die ertheilte Genehmigung für widerruflih erklärt Ust, entspricht dem korrespondirenden Beschlusse des Reichstages und der Nüeksicht, welche auf das nicht immer konstante dienstliche Inter- esse zu nehmen ist. S

Die Nr. 7 der „Annalen der Landwirthschaft in den Königlich Preußische Staaten“ hat folgenden Inhalt: Preußen: Vertretung auf der Wiener Weltausstellung. Crkenntniß des Königlichen Ober- Tribunals vom 25. September 1872, Die neue Kreisordnung. Praktische Erfolge genossenschaftlicher Meliorationen. (Aus dem Nach- trage zu der im Ministerium für die landwirthschaftlichen Angelegen- heiten im November 1867 geferligten Denkschrift, betreffend die Ver- wendung der Fonds für Landesmeliorationen. (Schluß.) Aus einem Berichte des Direktors des Königlichen pomologischen Jnstituts zu Prosfau, Stoll, über feine Reise zur Ausstellung nah Bozen und zur IV, Versammlung deutscher Pomologen, Obst- und Weinzüchter in Braunschweig. Literatur: Die Bonitirung der Ackcrerde von Prof. Dr. Wilhelm Knop. Der Lichtträger. Von Ferdinand Winckler. Besondere Beilage zum „Deutschen Reichs-Anzeiger.“ Vermischtes : Der achte Drainage-Kursus im Regierungsbezirke Trier. Uceber- tragbarkeit der haarzerstörenden Flehte (Tinea tonsurans) von den Thieren auf die Menschen. Marktbericht. Viehpreise. Stärkepreise.

Die Nr. 1. des „Amts-Blatt der Deutschen Rei chs- Telegraphen-Verwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen vom 1, Januar 1873. Adressirung dèr in Folge von Untcrbrechungen 2. per Post an die Telegraphen - Station zu Paris zu befördernden Depeschen. Vom 13. Januar 1873. Instradirung der Deutsch- Schweizerischen Terminal-Korrespondenz. Bescheidungen vom 1. Ja- nuar 1873. Verfügung an die Kaiserliche Telegraphen-Direktion zu N., die Beförderung der Depeschen in Serien mittelst des Morjse- Apparats betreffend. Vom 12. Januar 1873. Verfügung an die Kaiserliche Telegraphen-Direktion zu N., die Mitnahme von Depeschen seitens der über Land gehenden Erpreßboten 2c. Behufs der Aufgabe bei der Telegraphen-Station betreffend. :

Vereinsthätigkeit.

Verden, 20. Januar. Am 14. d. M. wurde für die Stadt- und Landgemeinde Verdens ein Zweigverein zur Pflege im Felde verwundeter und erkrank\er Krieger im Anschluß an die Kaiser- Wilhelm-Stiftung für Deutsche Invaliden konstituirt und ein Vorstand gewählt.

Statistische Nachrichten.

In Swinemünde- liefen nach einer in der „Ostseezeitung“ enthaltenen Uebersicht im Jahre 1872 (im Vergleich mit 1871) 2302 Segel-Seeschiffe von 215,269 Last (+ 65 Sch., 10,028 L.) ein. Davon waren 2269 Sch. von 213,692 L. (+ 147 Sch., 8849 L.) beladen, 33 Sch. von 1577 L. (— 82 Sch. 179 L.) in Bal- last. Ferner liefen 1163 Dampfer von 214,713 L. (+ 142 D. 21,206 L), davon 1122 D. von 211,709 L. (+ 119 D. 19,338 L.) beladen, 41 D. 3004 L, (+23 D. 1868 L.) unbeladen ein; außerdem 657 Küsten- fahrer von 14,726 L. (+ 227 K. 3746 L.), wovon 634 K. 14,293 L. (+ 236 K. 3967 L.) beladen, 23 K. 433 L. (— 9 K. 221 L.) in Ballast ; im Ganzen olso 4122 Schiffe von 444,708 L. (+434 Sch, 14,924 L.), wovon 4025 Sch. 439,694 L. (+ 502 Sch. 14,456 L.) beladen, 97 Sch. 5014 L. (— 68 Sch., + 468 L.) in Ballast. Die Zahl der im F. 1872 einlaufenden Segelschiffe steht hinter derjenigen des J. 1868 (2543) zurüdck, die Lästzahl dieser Schiffe hinter derjenigen des J. 1871: Dagegen wird der Dampfschiffahrtsverkehr des J. 1872 von keinem Vorjahre erreiht; 1857 kamen in Swinemünde nur 395 Dampfer von 62,196 L. an. Auch in der Aen ear war das J. 1872 das lebhafteste seit 1855 (bis wohin die Tabellen zurückreichen), Im gesammten Sthiffahrtsverkehr kommt keins der Vorjahre dem J. 1872 gleich. Unter den einlaufenden Schiffen waren 1160 deutsche Segelschiffe von 118,150 L. und 611 deutsche Dampfer von 81,754 L., von beiden Gattung»n also mehr als die Hälfte. Demnächst war die großbritannische Flagge am stärksten vertreten, durch 358 Segelschiffe von 35,594 L. und 365 Dampfer von 105,108 L. Die norwegische Fl1gge führten 210 Se- gelshiffe, 22,615 L, und 43 Dampfer 4721 L. dh e 111 Svedile 10,663 L. und 49 Dampfer 5179 L., die dänische 240 S :gelschiffe 8522 L. und 58 Dampfer 10,299 L, die nie- derländishe 165 Segelschiffe 12,870 L. und 26 Damyfer 6193 L,,

‘die russishe 41 Segelschiffe 4842 L. und 10 Dampfer 1209 L., die

die franzöfische 14 Segelschiffe 1256 L. und 1 Dampfer. 340 L, die amerifanishe 2 Segelschiffe 637 L, die italienische 1 Segelschiff 120 L.

Die Zahl der auslaufenden E war 4121 von 464,487 L, (+ §14 S. 40,921 L.), davon 246 Sth. 216,733 L. (+ 270 Sch. 17,042 L.) beladen, 1575 Sch. 247,754 L. (+ 244 S. 23,079 L) in Ballast. Die Zunahme der in Ballast auslaufenden Schiffe ist besonders durch die Dampfer herbeigeführt worden, deren 95 von 16,468 L. mehr in Ballast ausliefen als îm J. 1871.

Darmstadt, 18. Januar. Im Jahre 1872 wurden in den JFrrenanstalten des Großherzogthums Hessen verpflegt, im Landes-Hospital: 227 Männer, 193 Frauen, im Ganzen 420 Pfleg- linge. Der Bestand der Pfleglinge am Schlusse des Jahres 1872 war 361. In der Landes-Irrenanstalt wurden 176 Männer, 187 Frauen, im Ganzen 363 Personen verpflegt; der Bestand am Schlufsé 1872 war 293.

Gotha, 14. Januar. Troß der vorjährigen hiesigen Bíattern- epidemie sind hier doch 297 Perjonen weniger gestorben als im Jahre 1871. Geboren wurden 743 Kinder, nämlih 375 Knaben und