1873 / 23 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 25 Jan 1873 18:00:01 GMT) scan diff

tigen zu lasen und sodann über dieselbe in weitere Berathung zu treten. G L

Baden. Donaueschingen, 21. Ianuar. Auch hier war am leßten Sonntag Abend auf Veranlasseng des Veteranen- Vereins eine Belfort-Feier. Bei dem dazu veranstalteten Banket, welches durch Vorträge der Liedertafel verschönert wurde, zeigte sich allgemeine Theilnahme der Einwohnerschaft. Reden und Toaste hoben die Bedeutung des Tages hervor.

Mecklenburg. Schwerin, 24. Ianuar. Die Groß- herzoglichen ‘Herrschaften find gestern Abend von Neu- ftreliß hier wieder eingetroffen.

Sachsen - Coburg -: Gotha. Coburg, 23. Ianuar. Der Ministerialrath Rose von hier isff von Sr. Hoheit dem Herzog zum Vorstand der hiesigen Ministerial-Abtheilung defini- tiv ernannt worden. Derselbe eröffnete gestern im Auftrage des Herzogs den Landtag für das Herzogthum Coburg, welcher fih darauf mit Prüfung der Wahlen zu beschäftigen begann.

Elsaß-Lothringen. Met, 21. Januar. Zur Ein- weihung des Denkmals für das erste Armee-Corps zu Noisseville traf eine zahlreiche aus Offizieren des 1. Armee- Corps bestchende Deputation unter Führung des Obersten von beni vom Grenadier-Regiment Kronprinz hier ein, des- gleichen General-Lieutenant Frhr. von Pritzelwiß, der im Kriege die 2. Division kommandirt - hatte. Am 19. Morgens 9 Uhr kam der Ober-Befehlshaber der Okfkupationsarmee, General der Ka- vallerie, Frhr. von Mantêffel, mit zahlreihem Gefolge von Nancy hier an. Das Denïnial felbst liegt auf dem höchsten Punkie der Gegend; auf einem Sandsteinsockel ruht der Löwe mit nach Mey zugewandtem Haupte. Die umliegenden Gräber der im Kriege gefallenen Deutschen und Franzosen waren mit Flaggen und Tannen reih und der ernsten Feier angemessen ges{hmückt. Ein kombinirtes Bataillon des 8. Ostpreußischen Infanterie-Re- giments mit. Musik und den drei Regiments-Fahnen, ftand rechts vom Denkmal, ihm gegenüber hielt eine kombinirte Eskadron des Ostpreußishen Dragoner-Regiments mit Standarte. Auf den beiden andern Seiten des Denkmals standen die Deputationen anderer Truppentheile der Garnison; in der Mitte um das Denk- mal viele Offiziere, Beamte und Damen. Die Truppen waren sämmtlih im Paradeanzug. Nah Beendigung der unter Gesang und - Predigt erfolgenden Weihfeierlihkeiten hielten der Gouverneur General - Lieutenant von Bentheim, fowie der General der Kavallerie, Freiherr von Manteuffel An- \prachen, während welcher das Fort St. Julien mit \{chwerem Geschüß salutirte. Hierauf präsentirten die Truppen und die Musik spielte die Nationalhymne. Damit war die Feierlichkeit beendigt, und die sämmtlich anwesenden Truppen und Deputirten defilirten vor dem General von Manteuffel. Nachmittags vereinigte ein Diner die hiesige Generalität und die Offizier-Corps des 45. Infanterie- und Dragoner-Regiments, sowie die zu der Feierlichkeit hier eingetroffenen auswärtigen Offiziere im großen Saale des Militär-Kasinos. Bei diesem Diner brachte General Freiherr von Manteuffel den ersten Toast auf Se. Majestät den Kaiser aus. Um 6 Uhr verließ er mit feinen Offizieren das Festlokal, um nach Nancy zurückzukehren.

Diedenhofen, 18. Januar. Schon früh verkündete die Militär-Reveille die Feier des heutigen Tages. Stadtthore und Militär-Gebäude waren festlih geflaggt und ebenso hatten mehrere Einwohner ihre Häuser geshmückt. Das 4. Rheinische Infanterie- Regiment Nr. 30 feierte den heutigen Tag zuglei als seinen Ehrentag zur Erinnerung an die Einnahme und den Einzug in Belfort durh ein Mahl, bei welhem der Commandeur des Re- giments das Hoh auf Se. Majestät den Kaiser und König aus- brachte. Dieser Feier {loß sih am Abend eine zweite im hie- figen Civil-Kasino an. Nachdem die Festtheilnchmer durch den Vortrag mehrerer patriotischer Lieder erfreut worden waren, ver- cite fe cin gemeinsames Abendessen, sowie ein demselben folgen- dex Ball. Bei Tish brachte der Vorstand des Kasinos auf Sé. Majestät den Kaiser, und die deutsche Einheit ein Hoh aus, das mit Begeisterung aufgenommen wurde.

Desterreich-Ungarn. Wien, 24. Januar. fer ist gestern nah Ofen abgereist.

Pesth, 23. Januar. Im Unterhause interpellirte Ioseph Madarasz den Kultus-Minister wegen Aufhebung der Be- stimmung des Wehrgesezes, nah welcher die Volks\{hullehrer zu den Waffenübungen einberufen werden. Der Kultus-Minister A versprah demnächst eine diesbezüglihe Vorlage einzu-

ringen.

Baron Fr. Podmaniczky brachte den Beschlußantrag ein, wonach das Haus in Anbetracht, daß die Unabhängigkeit der Abgeordneten gewahrt werden müsse, beschließen möge, seinen Mitgliedern keine Diäten, sondern nur Reisekostenentshädigung zu bezahlen. Der Justiz-Minister Pauler brachte, einem früheren Versprehen gemäß, den Strafprozeß-Entwurf ein. Darauf seßte Horn die gestern begonnene Rede fort, er kritisirte eingehend das Budget und rieth zur Aenderung der Finanzpolitik. Der Minister-Präsident Szälvy hielt eine einstündige Rede und ent- wickélte in derselben das von Pulszky und Horn geforderte, aber auch von der Regierung bereits vorbereitete Programm. Das Exposé wurde mit lebhaftem Beifall aufgenommen.

Der Minister-Präsident sagte im Wesentlichen Folgendes: Die Rekriminationen, betreffs der Vergangenheit, nüßen nichts und find auch niht ganz berechtigt, da das ganze Bais Und alle Parteien die gegenwärtige Finanzlage herbeigeführt, die kei- neswegs besorgnißerregend ist. Der Redner wies dem- Abgeord- neten Tisza gegenübér nach, daß dieser nicht präliminirte Aus- gaben im Hause durchseßte. Das erste Mittel zur Verbesserung etwaiger begangener Fehler sei Sparsamkeit, welche die Regierung acceptirt, \ weit fie niht die öffentlichen Interessen schädigt. Das zweite Mittel seien fruhtbringende Investitionen in vernünftiger Reihenfolge; das dritte, Verkauf ‘jener Staatsgüter-Parzellen, dié dem Staate keinen Nuzen bringen, außerdem Steuererhö- Lene und Einführung einiger neuer Steuern. Bezüglich alles Dessen acceptirte der Minister-Präsident die Anträge des Finanz- Aus\{u}ses.

Derselbe theilte mit, daß das Ministerium demnächst fol- gende“ Geseßentwürfe vorlegen werde: Ueber Steuererhöhung, den

¡Dtatäster, cinen Kriminalkodex, einen Handelsgesezentwurf und eitén Geseyentwurf über Aktiengesellschaften, endlih einen Plan über alle Eisenbahn-, Land- und Wasserstraßen. Die Re- LeE ieb auch angeben, in welcher Reihenfolge und mit wel- hen Mitteln alles dies ohne zu große Belastung des Laudes realisirt werden kann.— :

“Nach éinigen persönlichen Bemerkungen der Abgeordneten Schwarz und Moriß \sprach noch Mariáfsy, der die Rechte gegen die A e der Opposition vertheidigte. Hierauf wurde die Sizung geschlossen.

Der Kai-

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G y F 4 __ Großbritannien und Jrland. Londoöôn, 22, Ia- nuar. Aus Osbórtne wird gemeldet, daß die Königin sowie der gesammte Hof am 17. oder 19. Februar nah Schloß Windsor zurückkehren werden. —-Det- Prinz und die Prinzessin von Wales haben sich in Begleitung -des Herzogs von Cambridge

“zu. einem Bésuche des Marquis von Ailesbury nah Savernake

Forest-house begében.

23. Januar. Gestern fand in Downing-Street der erste Ministerrath in diesem Jahre statt, bei welchem sämmtliche 16 Mitgliedern des Kabinets zugegen waren.

Großbritanniens Staatseinnahmen vom 1. April 1872 bis zum 18. d. Mts. betrugen laut amtlichhem Ausweise 54,791,093 Lftr. gegen 52,815,480 Lstr., in der korrespondiren- den Periode des Vorjahres. Die Ausgaben ‘im gleichen Zeit- raume beliefen \sich auf 58,307,650 L Die Bilanz des Schaß- amtes in der Bank von England belief sich am 18. auf ca. 24 Millionen Lstr. A E s Bas

Frankreich. Paris, 22. Januar. Das „Journal officiel“ veröffentliht das Budget der Nationalversammlung für 1873. Dasselbe beläuft fich auf 8,624,000 Fr. Die Diäten der Ab- geordneten betragen 6,642,000 Fr., die des Präsidenten 72,000, die der Quästoren 27,000 Fr., die Gehälter der Beamten der Nationalversammlung 501,400 Fr. 2c.

Nubar-Pascha ist in Paris eingetroffen, wie cs heißt, um mit der Regierung über die Aufhebung der Konsulargerichts- barkeit in der Türkei zu unterhandeln.

Die Kommission zur Untersuhung der Lieferungs- abschlüsse während des Krieges ist noch in voller Thätigkeit. Gestern wurde Garibaldi's Generalstabshef Bordona von ihr vernommen. Br O

Die „Corr. Havas“ meldet:

„Die s{lußgültige Unterzeichnung des französis - englischen Han- delsvertrages ist abermals hinausgeschoben, indem fich unerwartete Schwierigkeiten bei den Detailverhandlungen crgeben haben, die das Ganze in Frage zu stellen drohen. Die Schwierigkeiten kommen na- mentlich davon, daß man fürchtet, daß die Mächte, von deren Zu- stimmung die Ausführung des Vertrages abhängt, dieselbe verweigern werden,

Die Präfekten haben an die Maires ihrer Departe- ments ein Circular für die Ausführung des Geseßes vom 27. Juli 1872, betreffs der Errichtung der Territorial-Armee gerichtet. Der Kriegs-Minister verlangt Berichte über die Zahl und die Kategorie der Leute, welhe in jedem Kanton berufen sind, dem aktiven Theil dieser Armee eingereiht zu werden. Um diesem Verlangen zu entsprechen, werden die Maires aufgefor- dert, eine Liste der dienstfähigen Männer, die sich in ihren resp. Gemeinden aufhalten und welche den Klafsen von 1860, 1861, 1862, 1863, 1864, 1865 und 1866 angehören, d. h. 26 32 “ed alt find, einzusenden und dabei anzugeben, welche gedient haben.

Versailles, 24. Januar. (W. T. B.) Die Dreißiger- Kommission hat heute den Artikel 2 des von der Subkom- mission ausgearbeiteten Geseßentwurfs über die der Regierung zustehenden Befrgnisse bis auf den Schlußpafsus bezüglih der Interpellationen genehmigt und dann die weitere Berathung auf morgen vertagt. Mehrere Amendements, denen zufolge dem.Prä- sidenten der Republik statt innerhalb der im Art. 2. bestimmten Fristen die sofortige Publikation folther Beschlüsse der National- versammlung obliegen) follte, zu welcher sih diese in außerordent- lihen Fällen veranlaßt fehen- könnte, wurden abgelehnt.

Italien. Rom, 21. Januar. Gestern fand im Quirinal ein diplomatishes Diner statt, an welhem auch der König theilnahm. Dem diplomatischen Corps war vorher mitgetheilt worden, daß die Hoftrauer für Napoleon 11. während desselben aufgehoben fein sollte.

Seit gestern weilt Prinz Arthur von England hier, Anfang Februar wird der außerordentliche Gesandte der Republik Uruguay, Graf Thomar, hier erwartet, um die zwischen Italien und jener Republik \{chwebenden finanziellen Fragen definitiv zu erledigen.

Griechenland. Athen, 11. Januar. Uecber die erfolgte Ergänzung des Ministeriums wird dem „N. K.“ gescbrie- ben: Herr Kalliphronas hat das Kultus-, Herr Sotiris Petimezas das Marine- und Herr Chalkiopulos das Justiz - Ministerium übernommen. Ersterer. war \{chon öfter Minister, Herr Petimezas erhält zum ersten Male ein Portefeuille. Der Letztere ist Oberst-Lieutenant der Artillerie; Herr Chalkiopulos is Advo- fat in Patras, war Volksvertreter in der Nationalversammlung und auch {hon Minister.

Numänien. Bukarest, 24. Januar. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer hat heute ihre Sißungen wieder be- gonnen.

(W. T. B.) Die Deputirtenkammer begann heute die Berathung der Regierungsvorlage, betreffs Abänderung des Strafgeseßbuchs, nahdem vörher einstimmig der Erlaß einer Beileidsadresse an die Wittwe des Kaisers Nopolcon votirt worden war.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 23. Januar. Der Großfürst Michael Nikolajewits{ch, Statthalter im Kaukasus, ist am 22. in St. Petersburg eingetroffen.

(W. T. B.) Gestern haben die Sißungen des Mili- tärkomites begonnen, welches über die neue Organisa- tion der Armee berathen soll. e besteht aus den beiden Feldmarschällen und einer Zahl hochftehender Gene- rale. Es handelt sich zunähst um die Formation von Armee- Corps statt der jeßt vorhandenen Divisions-Kommandos. Auch der Großfürst Michael Nikolajewitsch, Statthalter im Kaukasus, wohnt denselben bei.

Schweden und Norwegeu. Stockholm, 20. Januar. Die Thronrede, mit welcher der König den Reichstag eröff- nete, lautet nah den „H. N.“ in der Uebersezung wie folgt: „Gute Herren und \{chwedis{he Manner!

B g 2d Eme A; Bod LEA

Ueber fünf- Jahrzehnte sind verflofsen seit der Zeit, da mein be-

rühmter Großvater den Thron bestieg, zu welchem ihn das s{chwedis{che Volk durch freie Wahl berufen hatte. j

Diese Zeit ist für unser Vaterland eine Zeit des Friedens gewe- sen. Vermehrter Wohlstand, glückliche Staatsentwickelung und unge- störte Zusammenwirkung zwischen Regierung und Volk find ihre aus- zeichnenden Züge gewesen. ; 5

__Rarl Johann wurde ein Schwede, und sein Geshleht hat eine Ehre darein gesebt, es'zu sein. Jn der Liebe des Volkes sah der Stammväter {eine Belohnung, und immer einstimmiger wird das Zeugniß der Geschichte, wie berechtigt er dazu war. Recht und Wahr- heit zu kräftigen, war die auf unsere Aae gestützte Regierungs- aufgabe des Sohnes, und die Ehre des erstgeborenen Enkels liegt darin, das Land mit Geseß gebaut zu haben.

Während seiner dreizehnjährigen friedevollen und glü@cklichen Re- gierungszeit von der Liebe seiner Völker umfaßt, ist Karl der (e zehnte von ihrer tiefen Trauer in sein neulich gejlossénes Grab be- gleitet worden. Mit der Trauer - des Landes über den frühzeitigen

Hintritt eines leutseligen Königs, vereinigt sih auch die Meinige über ‘den Verlust des hochgeliebten Bruders, von welchem ih als Erbtheil den ‘uralten Thron Schwedens erhalten habe, - und da ih nun zuin ersten Mal als Könt Sie, gute Herren und s{chwedische Mäuner, be- grüße, geschieht dies in der Hoffnung, das Sie auf mich die Érge-

benheit übertragen werden, welche mein Vorfahr besessen pa und daß

Sie mir das Vertrauen widmen werden, welches die sicherste Stüße des Thrones ift.

Die erste Begegnung des Königs und der geseßlichen Bevoll- mächtigten des Volkes ist bedeutungsvoll. Sie leitet den Gedanken

auf den wirklichen Grund einer Staatsverfassung, welche durch Alter

gewurzelt und Jahrhunderte hindurch fortgepflanzt, noch heute die Stärke und das Glück unseres_Landes bildet. :

S{wedens König und Volk, beide im Bewußtsein niht nur ihrer dur das Geseß bestimmten Rechte, sondern auch ihrer Verantwert- lichkeit, sollen mit gegenseitiger Achtung und Liebe einander schüben und beistehen. Auf solhe Weise wird das allgemeine Wohl gefördert und, mit Gottes Hülfe, das Land unserer Väter gechrt und frei den Nachkommen als Erbtheil hinterlassen werden. ;

Die Vereinsakte zwischen Schweden und Norwegen hat ein Band geknüpft, welches die Zeit schon befestigt hat. Vermehrte DAOER und ein vertraulicherer Umgang der Völker werden die Bemühungen des Beiden gemeinschaftlichen Königs erleichtern, diese Vereinigung zu stärken und zu entwickeln, welche eine Bürgschaft ist für die Selbständig- keit und das Glück der Brüderreiche. : ;

Ven Monarchen und Staats-Oberhäuptern in fremden Ländern habe ich Versicherungen erhalten sowohl ihrer Theilnahme an unferem großen Verlust, als au ihrer freundschaftlichen Gesinnung gegen mi und die Vereinigten Reiche. E

Die so glücklih bestchenden guten Verhältnisse zu allen fremden Mächten beizubchalten und zu entwickeln, wird der Gegenstand meiner unablässigen Bestrebungen sein; je einiger—wir mit uns felbst sind, um so stärker und geehrter wird auch unsere äußere politische Stel- lung werden. 5 4 E G

Durch die neulich beendigte skandinavische Kunst- und Instustrie- Ausstellung zu Kopenhagen ist das innige Verhältniß, welches zwischen uns und- unserem Nachbarreiche Dänemark besteht, noch deutlicher an den Tag gelegt worden. Von dem Vorschlag zu einem gemein- samen skandinavischen Münzsystem, welches Ihnen nah mehrsältigen Vorbereitungen. jeßt vorgelegt werden wird, hoffe ih, daß cr zu einer noch größeren Annäherung zwischen Stammverwandken, welche v viele Interessen gemeinsam haben, Anlaß geben wird. S

Die wichtige Angelegenheit, auf eine“ unsere Selbständigkeit sichernde Weise unser Vertheidigungswerk zu ordnen, ist der Gegen- ano meiner ernstlichsten Sorge. Ein Vorschlag zu veränderten Be- timmungen der Organisation wird jeßt ausgearbeitet. Bei jeder Organisationsform ist inzwischen ein vollständiger und wohl geordne- ter Generalstab nothwendig. Zur Bildung eines folchen wird Ihnen der Vorschlag mitgetheilt und in gewissen Stücken Ihnen zur Prü- fung vorgelegt werden. Zur Organisation des Militärpersonals der Seevertheidigung ist ein Vorschlag, gebaut auf den Grundsaß, daß die Vertheidigung unserer Küsten die Aufgabe der Seewaffe bildet, ausgearbeitet. i H

Die. der Industrie günstigen Umstände der leßten Jahre und der reichlihe Vorrath von Kapitalien, welcher daraus hergeflossen - ift, fordert. -auf zur Arbeit an der ferneren- Entwickelung der Hülfsquellen ues Landes. Während fertige oder in Bau begriffene Eisen- bahnen die südlichen Theile des Landes in mehreren Richtungen durh- freuzen, - fehlen diese Kommunikationsmittel in den nördlichen noh fast ganz. Ih will Jhnen also vorbereitende Maßregeln zur Anlage einer Stammbahn im Norden der Gefle-Dala-Eisenbahn vorschlagen.

Zur Erleichterung der von Alters hex auf der Erde ruhenden Beschwerden bin ich gesonnen, einen Vorschlag zum Aufhören des Kronbrieftragens abzugeben. : Î s

Verschiedene Veränderungen in dem Unterrichtswesen bei un}eren Elementarlehranstalten (d. i. höheren Schulen in Gegensaß zu Volks- schulen) sind in der leßten Zeit in Frage geseßt worden. Nachdem ein zur näheren Entwickelung der Angelegenheit eingeseßtes Komite in dem vetiloffeien Jahre seine Arbeit abgeschlosséèn hat, ift es nun meine Absicht, Ihnen einen Plan zur Anordnung dieser wichtigen Angelegenheit vorzulegen. i 5 j

Indem ih den Segen Gottes herabrufe auf den Reichstag, den ih Hiermit für eröffnet erkläre, verbleibe ich Jhnen, gute Herren und \hwedishe Männer mit aller Königlichen Gnade und Huld stets wohlgewogen. , l A8

Hierauf las, wie üblich, der Staats-Minister der Justiz einen Bericht über dasjenige vor, was sich in der Reichsregierung seit dem leßten Reichstage ereignet hat, und die Wortführer beider Kammern drückten in Reden die Ergebenheit der Kam- mern aus. : ad i

Der König erschien mit der fürstlichen Krone und in dem fürstlihen Mantel (König Oscar 11. is noch nicht gekrönt), umgeben von seiner großen Wache; neben ihm aber trugen die Staats-Minister der Justiz und der auswärtigen Angelegen- heiten auf blauen Kissen die Königlihe Krone und das Szepter, welche Insignien sie dann auf einen zur rechten Seite des Thrones stehenden Tisch legten. ;

Christiania, 21. Januar. Das norwegische Finanz- Departement hat die Börsenkomites ersucht, eine Erklärung, betreffend die zwischen den vereinigten Reichen und Dänemark abgeschlossene Münzkonvention abzugeben. Das Börsen- fomite in Drontheim hat, dem „Morgenbladet“ zufolge, unterm 7. Januar eine Erklärung abgegeben, worin es u. A. heißt:

„Das Komite kann ohne Bedenken die Einführung der von der Konvention angenommenen Münzordnung hier im Lande empfehlen, natürlih unter Vorbehalt des Anschlusses der beiden andern Reiche und ist gleichzeitig davon überzeugt, daß damit die unter den am hiesigen Orte vorhandenen Sachverständigen herrschende allgemeine Meinung ausgesprochen ist.“

Dänemark. Kopenhagen, 22. Ianuar. In den ver- flossenen 9 Monaten dieses Finanzjahre® haben die unter die Abtheilung für Finanzsachén fallenden Einnahmen 6,300,669 Rdl., oder 380,537 Rdl. mehr als in den entsprehenden Mo- naten des vorigen Finanzjahres eingebraht. Gleichzeitig betrug die Einnahme an Kriegssteuer für Waareneinfuhr und Bren- nereibetrieb 1,053,790 RdL., oder 35,718 Rd. iithe als in den ersten 9 Monaten des Finanzjahres 1871 —72.

Landtagsangelegenheiten.

Berlin, 25. Januar. In der gestrigen Sißung des Hau- ses der Abgeordneteñ beantwortete der Minister des Innern Graf zu Eulenburg die Interpellation des Abg. v. Gott- berg, die Auswanderung betreffend, wie folgt:

E ca Iten, Df Nr. 1 der Interpellation bezieht sih darauf, ob Nachwe. tagen für 1872 vorliegen über die Auswanderung. Das ist noch nicht der Fall; allein in wenigen Wochen werden diese Nach- weisungen eingehen. Es wurde früher hon regelmäßig in Preußen eine Statistik über die Auswanderung erhoben und der Beschluß des Tuendetral es vom 7. September 1871 hat diese Maßregel für das ganze Rei

können, die der Herr Interpellant verlangt. ¿ “i

_ Die Frage, die der Herr Interpellant sodann berührt, ist eine außerordentli wichtige, tief einshneidende und der Besprehung sehr rge: Von allen Seiten wird die Verminderung der ländlichen Bevölkerung der Kreise bemerkt und] \{merzhaft gefühlt; allein es

angeordnet. Die Landesregierungen haben das Nöthige vepanlaßt, und der Termin zur Erreichung der Listen ist auf den 15. Februar festgeseßt; dann also werden, wenn diese Frist überhaupt * innegehalten werden wird, die Zusammenstellungen gemacht werdm

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liegen dem ganzen Phänomen do tiefere Ursachen zu Grunde, als solche, die durch Polizeimaßregeln gehoben werden können. J will mir erlauben, - obgleich dies zur Sache nicht unmittelbar gehört, die Zahlen zu nennen, die aus dem Jahre 1871 zu konftatiren find.

Es sind da aus der Provinz Preußen auëgewandert: 5348, aus der Provinz Brandenburg 1817, aus der Provinz Pommern 4994, äus der Provinz Posen 2877, aus der Provinz Schlesien 1694, aus

, der Provinz Sachscu 979; zusammen also aus diesen eben genannten rovinz Mavoev find ausgewandert im \

Aus der

)xovimzen 16,809. -, Zahre 1871: 8510, aus dex

rovinz Westfalen 2181, aus der Pro-

*#-*vinz Hessen-Nassau 3989 und aus der Rheinprovinz mit Einschluß der

ohenzollernschen Fürstenthümer 2944. Dies giebt eine Totalsumme ir den preußishen Staat von 38,545, davon mit Auswanderungs- Tonfens 26,783 und ohne Auswanderungskonfens 13,860. Die leßte Zahl kann natürlich nicht ganz genau sein, denn sie basfirt nur auf Hörensägen oder Vermuthungen. Es hat eigenthümlich berühren müssen, daß gleich nah der leßten Zählung vom Jahre 1871, welche 4 Jahre nach der vorleßten: Zählung stattfand, aus mebreren Kreisen brrihtet wurde: die Bevölkerung habe abgenommen. Diese Nachrichten wiederholten sich aus vielen Regierungsbezirken. Mir liegt eme Zu- sammenstellung vor, nah welcher die ländliche Bevölkerung in der Ss Preußen bei 17 Kreisen abgenommen hat, in der Provinz Brandenburg bei 18 reisen, in der Provinz Pommern bei 21, in in der Posen nur bei 6, in der Provinz Schlesien bei 27, in der Pro- vinz Sachsen bei 17, Sch{hleswig-Holstein bei 10, Hannover bei 26, Westfalen bei 21, Hessen-Nafsau bei 23, in der Rheinprovinz bei 35,

R bei 2, zusammen bei 221 Kreisen und 2 Ober-Amts- ezirfen.

In demselben Maße, wie die ländlihe Bevölkerung in den Kreisen abgenommen hat, hat sie auch in einem großen Theile der kleinen Städte abgenommen, so daß nach dem Resultate der leßten Zählung im“ ganzen Staate die Bevölkerung bei 575 Städten abgenommen, bei 705 Städten aber zugenommen hat, da freilich in sehr hervorragendem Maße. Rechnet man die städtische und ländliche Bevölkerung der Landkreise zusammen, so hat im Gan- zen die Bevölkerung abgenommen bei 193 Landkreisen und 2 Ober- amtsbezirken. Die den Landkreisen fehlende Bevölkerung if zum Theil nach den großen Centren zusammengedrängt, zum Theil allerdings aus- gewandert.

Während der leßten Zählungsperiode haben sih auch andere Mo- mente gezeigt, die auf die Zunahme der Bevölkerung eben nicht gün- stig eingewirkt haben. Jch will die Epidemien anführen, die wir erlebt haben, die Verluste, die der leßte Krieg gebracht hat, den Aus- fall an Geburten bei den Landwehrfamilien, veranschlagt etwa auf ungefähr 100,000. Dann watèn im Jahre 1871 diejenigen Garniso- nen nicht mitgezählt, welche jeßt in Frankreich stehen. Diejenigen Beweggründe, welche die Bevölkerung nah den großen Städten zu- sammendrängen, brauche i Jhnen nicht weiter auseinander zu seßen, sie liegen auf der Hand. j

Dazu kommt die Auswanderung, und das ist ja das Thema, welches uns zunächst hier beschäftigt. Da find cs, wenn ih von per- sönlichen Gründen, die der Auswanderung zu Grunde liegen können, absehe, namentli} wirthschaftliche und politische Motive, welche in Betracht kommen.

Eine Erscheinung, die fich in den leßten zehn Jahren unsrer Er- fahrung wiederholt hat, ift die, daß die Auswanderung am stärksten ift nah einem Kriege. Das liegt au in der Natur der Sache. Es ist theils die Furt vex einem ueuen Kriege, theils der Rückschlag der Vermögensverluste, die erlitten worden find, und diese Vermögens- verluste find gerade, was das kleine Kapital anbetrifft, enorm. Die Kraft der Bévülkerung wird durch den Krieg ungeheuer in Anspruch genommen, namentlich auch das fleine Kapital, weil es, ‘wenn ih mi so ausdrüdcken darf, weniger widerstandsfähig ist; cs wird absor- birt. Die Leute, die in deu Krieg gezogen sind, müssen meistentheils, wenn fie zurückfomnien, von vorn“ aufangen;* dieses Manöver nohmals zu wiederholen, dazu haben wenige Leute Lust.

Die Auswänderung ist im Jahre 1864—65 von 12,000 plößlich auf 18,000 gestiegen, in den Jahren 1866—68 vou 17,000 auf 26,000, und im Jahre 1872 wird die Proportion eine noch stärkere sein. Denn obgleich die Listen noch nicht vorliegen, 4 fann man dies doch zum Theil aus der Einwanderung in Amerika sehn; da wird die deutsche Einwanderung auf 140,0 angegeben, darunter vicklleicht 60,000 selbständige Männer.

Diese Erscheinung wird also für das Jahr 1872 mit in Anschlag ebraht werden müffen, wenn die Auswanderungszah! sich fo höch stellt. ur Beruhigung kann man sich jedoch sagen, daß gerade nah einer

lolchen vrägnanten Erscheinung hinterher auch wieder cine Verminde- rung der Auswanderuñg eintritt.

Die wirthschaftlihen Gründe, welche die Auswanderung herbei- führen, liegen im Wesentlichen nicht darin, daß ih die wirthschaft- liche Lage unserer Bevölkerung verschlechtert hätte, fondern darin, daß troß der Verbesserung der wirthshaftlichen Lage unserer Bevölkerung der Drang in dieselbe gekommen ist, dahin zu ziehn, wo fie glaubt, fich ein größeres Lebensglück verschaffen zu können,- und diesem Draunge wird man prinzipiell nicht entgegenwirken können. Wenn wir das Prinzip der Freizügigkeit auch heuie noh für ein richtiges anfehen und in

eziehung auf die Uebersicdelung von einem Ort zum andern in Déutsch- land zur Anwendung bringen, fo werden wir es auch daun nicht bekämpfen können, wenn die Veränderung des Wohnorts sih bis zur Auswande- rung fteidert: Es ist ja unzweifelhaft, daß in Beziehung auf die un- geregelte Auswanderung, namentlih was die Militärpflichtigen und was die Verlegenheiten anbetrifft, die den Gutsbesißern erwachsen, die Gescßte so gehandhabt werden müsfen, um in dieser Richtung einer Zü- ellosigkeit vorzubeugen. Aber, meine Herren, die Grenze ist sehr mal, die Linie ist schr {arf und die meisten Vorschläge, die in dieser Beziehung bisher aus dem Lande gekommen find, lafsen sih mit den Gesetzen, wie sie jeßt liegen, nicht vereinbaren; fie verleßen das rincip, welches der ganzen Auswanderungsfreiheit zu Grunde liegt. ch will nur än das Eine erinnern, was déêr Herr Abgeordnete von Gottberg erwähnt hat; er sagte, es solle einfach Niemand im Ein- \{chiffungshafen zugelassen werden, der niht einen Paß oder Auswandec- rungskonsens hat. Das Geseß schweigt aber von beiden, und wenn man das im Wege der Verorduung anordnen wollte, fc würde man geçcen das Geseh - fehlen.“ - Es fragt fih also, ob der Uchbel- stand Dimenfionen annehmen könnte, daß man zu ciner Aenderung des Gesetzes schreiten müßte; ehe das nicht der Fall ist, wird es nicht Ee Mit Bezug auf die Agenten ‘gebe ih zu, daß es deren giebt und daß ihnen aufgepaßt werden muß: es find in dieser Beziehung revidirende Vorschriften erlassen und au die Reichsgewalt- ist mit der Frage befaßt worden. Allein, meine Herren heimliche Agenten hat es gegeben, fo lange die Auswanderung überhaupt existirt und der Erfolg dieser Agenten hängt wee immer von der Lust zum Auêwandern ab, ohne dieselbe sind ihre Agitationen fruchtlos. Jch glaube, meine Herren, daß die Lösung der Auswanderungsfrage einen großen Zeit- raum erfordern wird, dessen Ablauf wir nicht erleben werden. Wir müssen den Deaug, eine bessere Situation zu suchen, bekämpfen durch Gesetze und Maßregeln, die dem jeßt Auswandernden die Heimath heimisch macht. Wir müssen hinwirken auf dem Lande auf Hebung der Industrie, auf Förderung des Wegebaues, der Eisenbahnen und des Kanalbaues. Man muß fich auch nicht scheuen zu erleben, daß vielleicht eine Eisenbahn, die jeßt wieder den Weg nah Len abkürzt, so und so viel Auswanderer mehr mit sich führt als bisher. weise hin auf die Einführung landwirthschaftlicher Maschinen _auf die Verbesserung der Wohnungsverhältnisse auf dem Lande, auf die Erleichterung der Ansiedelung, auf die Förderung des Sparkassen- Wesens, das mehr decentralisirt werden kann, kurz auf ein Ensemble der Hebung der galten Zustände, welcher sich allerdings durch Gescße und Maßregeln nachelfen lassen würde, aber deren Haupthebel doch auch grade in. derjenigen Bevölkerung sich finden muß, die an der Nichtauswanderung cin Juteresse hat. Also, meine erren, die Regierung wird in dieser Beziehung bereit sein, fie wird eden durchführbaren Vorschlag mit Freuden annehmen, aber fie bittet ie um Ihre sehr kräftige Mitwirkung, sonst werden wir auf diesem Gebiete Nichts erreichen.

‘vegierung

Bei der ersten Brathung des Nachtrags zum Staatshaushalt für 1873: „Die bis zur geseplien Fest- stellung des Staatshaushalts-Etats innerhalb der Grenzen des- sélben geleisteten Ausgaben werden hiermit genchmigt“, nahm zuerst der Regierungs-Kommissar, Geh. Finanz-Rath Hoff- mann, das Wort:

Meine Herren! Die Vorlage, in deren Berathung Sie in diesem Augenblick cintreten, ist eine solhe, von der man es jedeômal bedauern muß, wenn sie überhaupt nöthig ist. Sie lenkt Jhce Aufmerksamkeit darauf hin, daß, während wir heute den 24. Januar 1873 schreiben, das Budget für 1873 leider noch nicht zur Feststellung gelangt ist. Es ist dies ein unerwünschter Zustand, nicht blos in rehtliher Be- ziehung im- Hinblick äuf die Bestimmungen der Verfassung, sondern auch“ deshalb, weil er geradezu materielle Nachtheile für das Land im Gefolge hat. Die Staatsregierung is bei vielen Fonds, welche sie in dem Etat ausgebracht hat zu nüßlihen Ausgaben im Interesse des Landes, nit in der Lage, über dieselben zu verfügen, fo lange der Etat nicht festgestellt ist. Die Verwendung dieser Fonds wird durch die Verzögerung der Feststellung des Etat mit verzögert. Jch erlaube mir in dieser Beziehung auf ein konkretes Beispiel in der Finanzver- waltung aufmerksam zu machen. Die Herren werden si{- erinnern, daß in dem Extraordinarium des Etats der Finanz-Verwaltung ein Fonds von circa 72 Millionen Thalern zur außerordentlichen Tilgung von Schulden ausgebraht is. Wäre das Budget vor dem Beginne des Finanzjahres zur Feststellung gelangt, so würden wahrscheinlich in diesem Augenblick die Anleihen, die zur Tilgung in Ausficht genommen sind, bereits gekündigt sein, und die Finanzverwaltung würde in diesem Augenblicke bereits in der Lage sein, Dispositionen zu treffen, um schon vor Ablauf der Kün- digungsfrisien in den Besiß der Schuldver]chreibungen zurückzugelangen und dadur dem Lande Zinsausgaben zu ersparen. Ich erlaube mir, Sie ferner an alle die Fonds zu erinnern, die zu Neubauten ausge- bracht find, feien es Hochbauten, Wasserbauten, Wegebauten, Melio- rationen oder sonstige Bauten. Wäre der Etat festgestellt, so würde man in diesem Augenblicke über diese Fonds verfügen körzien, nicht blos um die Bauten einzuleiten, sondern bei der jeßigen milden Wit- terung dieselben vielfach schon zu beginnen. s j

Ich habe im Namen des Herrn Finanz-Ministers den dringenden Wunsch auszudrücken, daß das Hohe Haus fich die baldige Feststellung des Staatshaushalts-Etats besonders wolle angelegen sein lassen. In- dem ich diefen Wunsch ausspreche, bin ih sehr wohl dessen eingedenk, daß die Berathung anderer wichtiger und dringender Vorlagen es ge- wesen ist, hinter welcher die Etatsberathung zeitweise hat zurücktreten müssen. Ich spreche dies ausdrücklich aus, um meine Worte nicht der Mißdeutung auszuseßen, als wären fie von der Auffassung eingegeben, als ob die Etatsberathung in diesem Hohen Hause bisher nicht mit allem Eifer betrieben worden wäre. Diese Auffassung liegt meinen Worten fern. Meinen Worten liegt einzig und allcin die Absicht zum Grunde, das Interesse aller Seiten und aller Mitglieder des Hohen Hauses dafür anzurufen, daß der Staatshaushalts-Ctat nunmehr möüg- lichst bald zur Feststellung gelange, damit die preußische Verwaltung in den normalen Zustand zurückfehrt, in welchem- die Verwaltung auf Grund eines verfassungsmäßig festgestellten Budgets geführt wird, und damit die Staatsregierung in die Lage kommt, über die Fonds, welche fie zu nüßlihen Ausgaben im Interesse des Landes im Budget ausgebracht hat, verfügen zu können.

—’ Zu dem Gesetzentwurf, betreffend die Lösung von Iagd- scheinen in den Hohenzollernschen Landen beantragte Der Abg. Windthorst (Dortmund) “den Preis von 5 Gulden auf 1 fl. 45 îr. =— 1 Thlx., wie in den alten Provinzen, ‘herabzu- seßen. Dann sollen die Iagdscheine nur an Staats- und Ge- meinde-Forstbeamte, niht auch an Privatförster unentgeltlih ab- gegeben werden. Hierüber erklärte der Regierungs-Kommissar, Geh. Regierungs-Rath v. Kam ph: / : f

Gestätten Sie mir, nur mit wenigen Worten auf die Anträge des geehrten Herrn Vorredners ein{ügehen. Bs

Der Vorwurf gegen den“ Geseßentwurf richtet sih zunächst gegen die Hbhe der Jagdfcheingebühr. Die Regierung ist der Ansicht, meine Herren, daß der Saß von 5 fl. eine mäßige Mitte hält, und glaubt, daß, wenn niedriger gegriffen wird , der beabsichtigte Zweck, die Zahl der Jäger zu vermindern, s{chwerlich erreicht werden würde. (58 ist zwar richtig, daß die Gebühr in den alten Provinzen nur cinen Thaler beträgt. Es kommt indessen in Betracht, daß dieser Saß 1850 ein- geführt ist, also zu einer Zeit, wo das Geld noch einen weit höheren Werth Hatte, als jeßt. Ferner muß ‘ih darauf aufmerksam machen, daß von fast allen Seiten jeßt und- s{hon früher das Verlangen aus- gesprochen ist, daß der Saß von 1 Thaler bei der bevorstchenden Reform der Jagdvölizei‘Gesecbßgebung wesentlich erhöht werden möchte.

Dazu kommt, daß auch in Preußen selbst die Jagdscheingebühr nicht überall die gleiche ist: sie beträgt, wie hon der Herr Vorredner hervorgehoben hat, in Hannover 3 Thlr., in der Provinz Hessen-Nassau mit Aus\{luß des ebemaligen Herzogthums Nassau 24 Thlr. Dieser [eßtere Gebührensaßz ist aber erst durch das Geseß vom 26. Februar 1870 eingeführt worden, und die Landesvertretung hat diesem Geseße damals ihre Zustimmung ertheilt, ohne daß gegen den Saß, von 24 Thlr., der den Saß von 1 Thlr. do auch wesentlih übersteigt, auch núr der mindeste Widerspruch erhoben worden wäre. Nun läßt sih in der That doch nicht amehmen, daß das Haus jeßt, wo der gleiche Fall vorliegt, die gleiche Maßregel ablehnen wird, die Regie- rung hofft vielmehr, daß Sie das Amendement, die Gebühr auf

“einen- Thaler herabzuseßen, ablehnen werden.

Was die Bestimmung in §. 2 anlangt, wonach die Forstbe- amten von der Erlegung einer Gebühr befreit fein sollen, so will der Herr Antragsteller auf die Vorschrift zurückgchen, die wir in dem altländishen Jagdpolizeigeseß vom 7. März 1850 haben. Dort ist bestimmt, daß Forstbeamte für die Jagdscheine keine Ges bühr zu entrichten baben, foweit es fich-um die Ausübung der Jagd in ihßreïÏn Schußbezirk handelt. Es ijt auch unzweifelhaft nur biklig und gerecht, wenn man diesen Beamten nicht nwoch eine besondere Steuer dafür auferlegt, daß fie in die Lage kommen, ihre Amtspflicht zu erfüllen. Die Staáätsregterung geht aber weiter, fie glaubt, daß ihnen auh- Gelegenheit gegeben werden muß, auch außerhaïb ihres. Reviers zu jagen. ES wird von ihnen verlangt, daß sie sich_ zu tüchtigen Schü en ausbilden; und das können fie nur durch fleißige praktische Ausübung dex Jagd. Das ift die Erwägung gewesen, welche die Re- gierung verankaßt hat, die unentgeltlihe Ertheilung der Jagdscheine an Forstbeamte 2. ganz allgemein in Vorschlag zu bringen

Ich darf hierbei darauf hinweisen, daß in dicsem Hohen Hauje selbst erst noch im vorigen Jahre die Aufmerksämkeit der Staats- ausdrücklich darauf hingekettt worden ist, wie un- gemein nothwendig- e ift, daß alle Forstbeamten, sowohl die Schußbeamten als auch die Verwaltungsbeamten zu recht tüchti- gen Jägern ausgebildet werden. Es liegt das ja auch in der That im allseitigen Interesse, namentlich auch im Landes-Kultur-Interesfe, son deshalb, weil es wünschenêwerth ist, daß man überall tüchtige jachverständige, ausgebildete Schüßen zur Händ hat, wenn es darauf anfommt, mit Abminderung übermäßig angewachsener Wildstände oder mit der Ausrottung s{ädlicher Wildfotten mit Erfolg vorzugehen. Ich möchte Sie deshalb bitten, auch hier det Vorlage zuzustimmen. Bei dieser Gelegenheit erlaube ich mir ug ‘auf einen Druféhler aufmerksam zu machen. Unter Nr. 2 im §. 2 ist zwischen den Wor- ten Forst und Kandidaten hinter dem Bindestrih das Zeichen „2c.“ eingefügt. Es könnte das Veranlassung zu der Annahme geben, als sollten nicht blos Forst-, sondern auch andere Kandidaten unentgelt- liche Jagdscheine erhalten.

Die XIY. Kommission des Hauses der Ageordatien zur Berathung déèr Geseßentwürfe über die Vorbildung uud Anstellung der Geistlichen 2c. hat jeßt ihren Bericht erstattet. i bestätigt, daß die Kommission beschlossen hat, dem Hause den gestern mitgetheilten Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des Art. 15 und 18 der Verfas\ungsurkunde vom 31. -Januar 1850 vorzulegen.

Nr. 3 des Central-Blatts für das Deutsche Reich. Herausgegeben im Reichskanzler-Amt enthält: 1) Allge- meine Verwaltungsfachen. Mittheilungen über den Stand der Rinderx- pest. 2) Münzwesen. Ausprägung der Reihsgoldmünzen, 3) Maß und Gewichtswesen. Nachträge ‘zur Eichordnung vom 16. Juli 1869 (besondere Beilage zu Nr. 32 des Bundesgeseßblattes) und zu dem

“Erlaß vom 15. Februar 1871, betreffend die Eichung und Stempe-

lung von Maßen und Meßwerkzeugen für Brennmaterialien, sowie für Kalk und andere Mineralprodufte, vom 31. Januar 1872. 4) Zoll- und Steuerwesen. Dem Kaiserlichen Hauptsteueramt Straßburg i./E. ist die Befugniß zur Abfertigung von Rohzucker zum ermäßigten Zoll- saß von 4 Thlrn. pro Centner ertheilt worden. Das Königlich preußishe Nebenzollamt L zu Norburg im Hauptamtsbezirke Flens- burg, ist mit Wirkung vom 1. Februar d. J. ab in ein Nebenzollamt IT, umgewandelt worden. Dem Königlich bayerischen Nebenzollamte I. am Bahnhofe in Eger ift die Befugniß zur Eingangsabfertigung von Rohzucker zum ermäßigten Zollsaße von 4 Thlrn. pro Centner ertheilt worden. 5) Heimathwesen. Entscheidung des Bundesamts für das Heimathwesen. 6) Militärwesen. Bekanntmachung, be- treffend eine Abänderung der Verschrift imm §8. 154, 3 der Militär- Ersaß-Instruktion vom 26. März 1868. 7) Postwesen. Bekaunt- machung, betreffend die Versiegelung der Briefe mit Werthangabe. 8) Personal-Veränderungen, Titel- und Ord-:ns-Verleihungen. Dem Kaiserlich Deutscbena General-Konsul von Heinemann zu Stockholm ist vom 14. d. Mts. ab ein dreimonatlicher Urlaub ertheilt“ worden ; mit seiner Vertretung - ist der Kaiserlich Deutsche Vize-Konsul Henric Canßler daselbst beauftragt.

Die Nr. 8 der „Annalen der Landwirthschaft in den Königlich Preußischen Staaten“ hat folgenden Inhalt: Preußen: Ernennungen. Eisgang in der Weichsel. Mittheilungen aus dem Ministerium für die landwirthschaftlihen Angelegenheiten in Beziehung auf die Rinderpest und- andere ansteckende Viehkrankheiten. Deutschland: Wiener Welt - Ausstellung 1873. Spezialreglement für die landwirthschaftlihe Maschinenhalle. Ueber die Anwendbarkeit des Damypfpfluges zur Tiefkultur der Meppenschen Hatde. Die ameri- kanische Pferdekrankheit. Von Müller, Professor an der Königl. Thier- arzneishule. Das landwirthschaftliche Studium an der Universität Heidelberg. Aus dem Regierungsbezirke Stettin. Vermischtes; Cu- raçao-Guano. Instruktion für Verbesserung des Baumsatzes und der Baumyfsflege an den Staatsstraßen. Berichtigung.

Statistische Nachrichten.

London, 22. Januar. Die britischen Zollausweise über den Verkehr von Edelmetallen in Großbritannien pro 1873 ergaben, daß in diesem Jahre Gold im Betrage von 18,337,852 Lstr., d. t. 3,275,158 Lstr. weniger als im Vorjahre in das Ver. Königreich importirt, und für 19,748,916 Lstr. oder 949,359 Lstr. weniger expor- tirt wurde. Der Goldimport von Australien ficl von 6,898,826 Lstr. in 1871 auf 5,983,232 Lstr. in 1872 herab, aber der Import von den Ver. Staaten ftieg von 6,492,595 Lstr. in 1871 auf 8,147,559 Lstr. in 1872. Die Goldausfuhr nach den Britischen Besißungen in Süd- afrifa stieg in 1872 auf 1,389,675 Lítr.; über eine Million ging nah Aegypten, und die Ausfuhr nach Südamerika übersticg die Einfuhr von dort um über 34 Millionen Lstr. Der Export nach Deutschland belief sich wie in 1871 auf mehr als 8 Millionen Lstr. Der Gold- export von dem Ver. Königreich nach Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Belgien überstieg die Goldeinfuhr von diesen Län- dern um 6,703,458 Lstr. Gold im Betrage von 1,670,000 Lstr. wurde auch nach Portugal] exportirt. Die Silber- ‘einfuhr in das Vereinigte Königreih in 1872 belief fih auf 11,167,467 Lftr. d. i. 5,359,855 Ltr. weniger als in 1871. Die Einfuhr aus dén Vereinigten Staaten zeigte, obwohl fie ich über 43 Millionen be- lief, eine Abnahme von einer Millicn. Die Einfuhr aus Südamerika, nämlich 2,700,000 Lstr., stellte sich um 600,000 Lstr. geringer als in 1871; und die Einfuhr aus China, die in 1871 mehr als drei Mil- lionen betrug, fiel in 1872 auf eine blos nominelle Summe herab. Die Silberausfuhr in 1872 belief fich in 1872 auf 10,586,945 Litr., oder nahezu 24 Millionen weniger als in 1871. Die Edelmetällausfuhr nah Indien überstieg 5 Millionen Lstr, d. i. nahezu das Doppélte des Betrages in 1871, aber die Nachfrage auf den Kontinent von Euroya zeigte etne sehr beträchtlihe Abnahme. Die Gesammteinfuhr von Gold und Silber in das Vereinigte Königreich in 1872 betrug demnach 29,505,319 Lstr., d. i. 8,635,008 Lstr. weniger als in 1871, und die Totalausfuhr 30,335,861 Lstr. oder 3,424,810 Lstr. weniger als in 1871.

Kopenhagen, ‘22. Januar. Die „Ministerialtidende“ enthält eine Uebersicht über die im vorigen Jahre auf den dänischen Staats- Telegraphenlinien beförderten Telegramme. Dänemarks eigene Korrespondenz betrug im vorigen Jahre 216,769 gegen 197,544 im’ vorhergehenden Jahre und die Transit-Korrespondenz 129,881 gegen

113,584 ‘in 1871. Kunft und Wissenschaft.

Das Schulblatt für die Provinz Brandenburg, herauêgegeben vom Geheimen Regierungs-Rath a. D. Bormann und den Konsistorial-Räthen Reichhelm und Hobnhorst (Berlin, Wiegandt und Grieben),“ 38. Jahrg., 1. und 2. Heft (Januar und Februar 1873), hat folgenden Jnhalt: Die Bedeutung der heiligen Schrift für das Volksleben und der biblishe Geschichts-Unterricht von Bren- nekam. Einige Gedanken über den Auffaß: „Die Lehrèr-Seminare und ihre Aufgaben.“ Mechanisch oder geijtreih, von G. K. 120. Sendschreiben an Lehrer und Lehrerinnen, von K. Bormann. Verordnungen Königlicher Behörden: Allgemeine Bestimmungen des Königlich preußischen Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medi- zinal-Angelegenßeilen vom“ 15. Oftober 1872, betreffend das Volks- \chul-, Präparanden- und Seminarwesen.

Das 10. Heft des 8. Bds. der von Dr. Ascherson, Dr. .Berg- mann und Dr. Bratuscheck (Berlin, Henschel) herausgegebenen Phi- losoybishen Monatshefte enthält zunächst eine Abhandlung von Dr. Cr. Hermann „zur Kritik der Hegelihen Logik“, sodann Rezensionen von 4 philojophischen Schriften, hierauf eine Biblio- graphie, d. i. ein alphabetisch geordnetes Verzeichniß der bis zum 30. November 1872 erschienenen philosophischen, theologischen und pädagogischen Schriften, endlih ein Verzeichniß der philofophischen Vorlesungen des Winterjsemesters 1872—1873, von Dr. Ascherson.

Das Januarheft der „Neuen Militärischen Bl ät- ter* von G. von Glasenapp enthält jolgende größere Aufsätze: Das Jahr 1872. Senning und Duhan, zwei Lehrer Friedrichs des Großen. Der Deutsche Kriegerbund. Kurzer Rückblick auf die fran- zösische Armee seit 1871. Das englische Feldgeshüß. Die Märsche der franzsfis{en Armee vou Wörth bis Chalons und von Rheims bis Sedan. (Mit 2 Karten.) Kavalleristishe Ansichten. Beitrag zur Organisation der weiblihen Krankenpflege iu den Lazarethen und Krankenhäusern. Studien zur neuen Infanterie-Taktik. h

Freiburg, 21. Januar“ Da die zur Ausführung des Sieg es- Denkmals nöthigen Mittel durch die im Lande veranstalteten Sammlungen, die Beiträge vieler Gemeinden, die in Geshüßmetall bestehenden fürstlichen Gaben des D Kaisers und unseres Großherzogs, sowie dur den von einer nzahl hiesiger Einwohner geleistete erziht auf die Einquartierungsgelder - (etwa 15,000 f.) nun vollständig gedeckt find, und einshließlich der Zinsen eine Höhe von 80,000 fl. erreihen werden, so wurde vorgestern im Einverständ- niß mit den übrigen Gemeinden der Vertrag- mit "dem Bildhauer Professor Moest in Karlsruhe definitiv abgeschlossen. Derselbe gewährt ur Vollendung des Denkmals eine Frist von 3 Jahren. Ueber den Ort der Aufstellung ist noch kein Beschluß gefaßt. *

Straßburg, 22. Januar. Der bekannte Dante-Forscher, Prof. Witte in ane: hat feine gesammten Dante-Sammlungen an die hiesige Universitäts-Bibliothek käuflich überlassen und si nur ausbedungen, fie noch auf Lebenszeit in Besiß behalten zu dürfen.

Die städtischen Behörden in Krakau haben beschlossen, niht blos zwei Dèputirte nah Thorn zu entsenden, sondern auch eine be-