1873 / 24 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 27 Jan 1873 18:00:01 GMT) scan diff

Kommissär unterwarf die der Bank gehörigen Papiere, sowie diejeni- gen Clement Duvernois, die sich dort befanden, einer sorgfältigen Untersuchung.

Verkehrs- Anstalten.

Berlin, 27. Januar. Der deutsche nautische Verein be- endete am 23. d. M. die Em des von dem Justiz-Rath Perels ausgearbeiteten Entwurfs einer Strandungsordnung. Scließ- ich wurde das ganze Geseß in der berathenen Fassung/ angenommen, und beschlossen, den Präsidenten des | deutschen nautischhen Vereins zu beauftragen, das Geseß dem Reichskanzler-Amt mitzutheilen. Ferner wurde von der Versammlung der Bericht der Kommission ent- gegen genommen, welche für die Revision des Statuts gewählt worden war, und der von derselben vorgeschlagene Entwurf des revidirten Statuts genehmigt. Jun Betreff des dritten ‘Punktes der Tagesordnung : internationales Seehandelsreht, berichtete der Refecent Herr Tecklenborg aus Bremen und empfahl näch eingehender Begründung die folgenden Anträge zur Annahme: „Ein internationales Seehandlungs- recht ist in höchstem Grade wünschenswerth. Das Bedürfniß macht sich insbesondere fühlbar bei den Frachtverträgen, der“ Havariegrof| e der Bodmerei und der Haftungspflicht der Rheder. Nur durch Ver- ständigung unter den betreffenden Regierungen ist das in Frage \te- hende Ziel zu erreichen. Das Reichskanzler-Amt ift zu ersuchen, das Nöthige zur Herbeiführung eines internationalen Seehandelörechts zu veranlassen. * Wegen der vorgerückten Zeit wurden die übrigen Gegen- ane von der Tagesordnung abgeseßt und um 4 Uhr die Sihung und ie Generalversammlung geslossen.

__ Bremen, 25. Januar. Im Jahre 1872 hat si, wie wir ge- fälliger Mittheilung verdanken, der Depeschenverkehr bei hiesiger Station folgendermaßen gestaltet: Aufgegen wurden 118,105 Stü Depeschen, angekommen sind 152,843 Stück Depeschen, im Durchgang wurden aufgenommen 85,370 Stück Depeschen, im Durchgang wurden weitertelegraphirt 85,370 Stück Depeschen, im Durchgang wurden übertragen oder zur Kontrolle mitgelesen 377 Stück Depeschen. Zu- sammen 442,065 Stück Depeschen. - Die Gesammt-Gebühren-Gin- nahme für die Beförderung telegraphischer Depeschen betrug 136,886 Thlr. 6 Sgr. 7 Pf.

_ Triest, 25, Januar. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Berfsa* ist heute Nachmittag 24 Uhx mit der ostindisch-chinesischen Ueberland- post aus Alexandrien hier eingetroffen.

__ New-York, 25. Januar. (W. T. B.) Der Postdampfer des baltischen Lloyd „Thorwaldsen* ist heute mit Passagieren in voller Ladung nach Havre abgegangen, maht eine Fracht von 28,000 Thlr.

Hülfeleistungen zur Linderung des durch die Sturmfluth am 12. und 13. November 1872 verursachten Nothstandes.

Berlin. Bei dem Central-Hülfsverein für die Uebershwemmten an der Ostsee sind bis zum 31. Dezember 396,025 Thlr. 20 Sgr. 3 Pf. eingegangen.

Frankfurt. Eine Darstellung lebender Bilder zum Besten der nothleidenden Bewohner der Ostseeküste findet Mittwoch, den 29. Ja- nuar, Ahends „7 Uhr statt.

Rogasen. Zum Besten der an der Ostsee Verunglückten hatten am Sonntage die Schülerinnen der ersten Klasse der evangeli schen Elementarschule eine Verloosung unter der Leitung ihrer Lehrerin Frl. Jahnz veranstaltet, deren Ertrag ziemli reihlich ausfiel. Es sind über 40 Thlr. zusammengekommen.

Winnenden, ‘Leßten Montag wurde zum Besten der Ueber- s{wemmten in Norddeutschland ein Konzert hier veranstaltet.

Hamburg. Sammlungen für die Uebershwemmten. Die bei dem hiesigen Komite bis jeßt eingegangenen Gaben für die Ueber- s{chwemmten haben gestern den E utheden von 113,100 Thlr.

erreiht. Außerdem He sofort nah der Sturmfluth Lebensmittel und

Kleider für die Nothleidenden abgesandt.

Schwetzingen. Die Sammlung zum Besten der Nothleidenden an der Ostsee ergab im hiesigen Bezirke im Ganzen die Summe von 1071 fl, da:u kommen noch aus der Gemeinde Neckarau 125 fl. 30 kr-:, welcher leßtere Betrag unmittelbar an den Vaterländischen Frauen- verein in Berlin abgeliefert wurde.

Darmstadt. Zum Besten der nothleidenden Bewohner der deutschen Ostseeküste wird von der hiesigen Turngemeinde ein Konzert veranstaltet werden.

Aus dem Wolff'\hen Telegraphen-Bureau.

Königsberg i. Pr.,, Montag 27. Januar. Das Haff ist d en und die bereits eröffnete Schiffahrt wieder ge- ofen.

Posen, Montag, 27. Januar. Der bisherige Rektor des aufgelösten Jesuitenkollegiuums in Schrimm, Graf Mycielski ift, nahdem das an das Reichskanzler-Amt gerichtete Gesuch, ihm weiteren Aufenthalt zu gestatten, abgelehnt worden, aufgefordert, nunmehr sofort die Provinz Posen zu verlassen. Gleichzeitig ist ihm amtlih eröffnet, daß er seinen ferneren Wohnsiß weder in den Provinzen Schlesien, Preußen, Westfalen, Rheinland, noch in den Residenzstädten Berlin und Potsdam nehmen dürfe.

London, Montag, 27. Januar. Dem „Reuterschen Bureau“ geht unterm gestrigen Tage ein Telegramm aus Bombay mit der Nachricht einer Zeitung in Lahore zu, wona das Fort Hissar, welhes in dem unter britischer Schußherrschaft stehenden Theile von Cabul liegt, von Sirdar Abdul-Rahman erobert und Scherbarat in Kabul von Sirdan Mohamed Isa Khan ebenfalls angegriffen worden wäre. Die in die Hand der beiden Häuptlinge gefallenen Befehlshaber dieser Pläße sollen an die russishen Truppen ausgeliefert worden sein; Abdul-Rhaman sei es darum zu thun gewesen, Nissa (Hissar?) als Stüßpunkt zu weiteren Unternehmungen gegen Turkostan und Afghanistan zu gewinnen. j

Nom, Montag, 27. Januar. Der Ausschuß der Deputirten- kammer zur Berathung des Gesezentwurfs über die religiösen Körperschaften hat zur Prüfung der die Konvertirung der geist- lichen Güter betreffenden Artikel ein besonderes Subkomite ein- geseßt und will mit dem Ministerium erst dann in weiteres Ver- nehmen treten, wenn der ihm ertheilte Auftrag erledigt resp. - seine Arbeiten vollständig beendigt find. Ueber einen neuen Handelsvertrag mit Frankreih haben der „Italie“ zufolge noch keine Verhandlungen begonnen, es soll viel- mehr erst das Ergebniß der Enquête, zu welcher die Industriellen Italiens zusammengetreten sind, abgewartet werden, au will man vor neuen Verhandlungen erst von dem Inhalte des neuen britisch- französishen Handelsvertrages und von dessen Tarifbestimmungen unterrihtet sein. Nach demselben Blatte hätten Italien und Frankreich in der Laurionfrage die guten Dienste. Desterreichs nachgesucht, da Oesterreih der griechishen Regierung einige zur Basis für die Unterhandlungen geeignete Vorschläge gemacht

habe, welche freilih von dieser mit anderen unannehmbare @ Gegenvorshlä en beantwortet worden seien. Die „Italie“ bestä- tigt dabei, daß in der Laurionangelegenheit bis jet kein Schritt zu einer endlichen Lösung geschehen fei.

Lissabon, Sonntag, 26. Januar. Die Kaiserin-Mutter s s Amalie, geborene Prinzessin von Leuthtenberg, is gestorben. E

New-York, Sonntag 26. JIanuar. Der Kontrakt wegen Begebung der neuen Anleihe soll am 26. Februar in Kraft tre- ten; dur die Bestimmungen desselben ist die Regierung gegen Verluste am Wechselcourse gesichert. Aus Mexiko wird ge- meldet, daß die Eisenbahnlinie nah Veracruz dem Verkehr über- geben ist; der Eröffnungsfeierlihkeit haben der Präsident der Re- publik und der englishe Gesandte beigewohnt.

Königliche Schausptele. Dienstag, den 28. Januar. Im Opernhause. (26. Vor-

stellung.) Die Jüdin. Große Oper in 5 Akten von Scribe...

Musik von Halévy. Ballet von Hoguet. Recha: Fr. von Vog- genhuber. Eudora: Frl. Lehmann. Eleazar: Hr. Formes. Car- dinal: Hr. Krolop. Anfang halb 7 Uhr. Mittel-Preise.

Im Schauspielhause. (27. Abonnements - Vorstellung.) Maria und Magdalena. Schauspiel in 4 Akten von Paul Lindau. Anfang halb 7 Uhr. Mittel-Preise,

Mittwoch, 27. Januar. Im Opernhause. (27. Vorstellung). Belmonte und Constanze, oder: Die Entführung aus dem Se- rail. Oper in 3 Abtheilungen. Musik von Mozart. Con- stanze: Frl. Grosfi. Blonde: Frl. Lehmann. Belmonte: Hr. Schott. Pedrillo: Hr. Woworsky. Osmin: Hr. Fricke. Anfang 7 Uhr. Mittel-Preise.

Im Schauspielhause. (28. Abonnements - Vorstellung.) Ein Schritt vom Wege! Lustspiel in 4 Akten von Ernst Wichert. Anfang halb 7 Uhr. Mittel-Preise.

Die Meldungen zum ersten Subskriptionsball am 31. d. M. sind so außerordentlich zahlreich, daß von den brieflich eingegangenen Gesuchen nur ein sehr kleiner Theil berücksihtigt werden konnte. Eine andere Beantwortung derselben als durch die A der betreffenden Einlaßkarten , liegt gänzlich außerhal der Möglichkeit, und wird gebeten, weitere Gesuche, deren jedes doch nur eine besondere Rüksihtnahme beansprucht, nit einzureichen. Ebenso kann von den Mesldun- gen um Zuschauer - Billets zum dritten Range nur ein Theil bewilligt werden und finden die nah dem 14. d. M. eingelau- fenen und etwa noch eingehenden Gesuche unter keinen Um» ständen eine Berücksichtigung.

Wiener Weltausstellung 1873.

# Im Anschluß an die Bekanntmachung der Central-Kommission

des Deutschen Reiches für die Wiener Ausstellung von 1873, die Ein-

richtung einer

„Deutschen General-Agentur für die Wiener Ausstellung von 1873“

betreffend, hat die leßtere (Alb. George, Berlin, Charlottenstraße 62, vom 1. April: Ausftellungspalast, Wien) über den Zweck und die Einrichtung des Uaternehmens ein Cirkular erlassen, dem wir Folgen- des entnehmen.

Die Einrichtungen der Agentur werden folgende sein:

Um sich, so weit dies irgend möglich , allen Ausstellern zur Ver- fügung stellen zu können, werden für die- einzelnen Gruppen fach- kundige, in dem betreffenden VFndustriezweige genau Pbewanderte Kaufleute respektive Techniker engagirt werden, welche nach Möglichkeit vertraut mit der Fabrikation resp. dem Bezuge, wie dem Absaße der Waaren, sowie den in der bezüglichen Branche im Verkehre üblichen Usançen, mit Hülfe der von den Aus- stellern zu ertheilenden Instruktionen die Garantie bieten, daß die von dex Agentur geschehenen Versyrehungen sachgemäß erfüllt und durch- geführt werden.

Die Agentur wirt, bemüht sein, hierfür nah Möglichkeit Landes- angehörige der verschiedenen deutschen Staaten ‘zu gewinnen. Diese Herren werden in den Ausstellungs-Rayons offene, für Jedermann sihtbare Bureaux erhalten und während der ganzen Dauer der Aus- stellungszeit anwesend sein.

Die Thätigkeit der Agentur wird fi Ln allein auf die Erthei- lung von Auskünften, Vermittelung von Geschäften und Anbahnung neuer Verbindungen beschränken, vielmehr wird sie auf Wunsch die sachgemäße Aufstellung der auszustellenden Waaren überwachen und der Central-Kommission gegenüber hierauf bezügliche spezielle Wünsche der Aust. ller zur Geltung bringen.

er wird fernec das spezielle Reinhalten der Waare, soweit dies nicht von der Central-Kommission bewirkt wird, übernehmen. Die ge- nannte Kommission hat befkanntlih nur das a gemeine einhalten der Gänge, Pläße, Spinden, Kasten und Tische Übernommen, während die spe ielle Sorge für Sauberkeit der Waare selbst den Ausftellern über fin bleibt,

Sie wird, wenn es gewünscht wird, um den Verkauf der aus- g Waaren bemüht sein; die nöthige Korrespondenz mit den

usstellern unterhalten, überhaupt allen Anforderungen, welche man an einen Agenten zu stellen berechtigt is, zu entsprechen suchen.

__ Ganz besonders wird sie es si angelegen sein lassen, nach An- leitung der ihr einzuhändigenden Instruktion ihre Auftraggeber der Jury gegenüber zu vertreten.

__ Nach Schluß der Ausstellung wird sie, wenn es gewünscht wird, die ordnungsmäßige Verpackung der Waaren überwachen, resp. die Auslieferung na zu ertheilender Vorschrift bewirken.

_ Für die in Obigem bezeichneten ällgemeinen Mühwaltungen, so- weit sie niht mit effektiven Auslagen verknüpft sind, für besagte Füh- rung der Korrespondenz franko gegen franko, hat ein jeder Aussteller, welcher fich dur die Agentur vertreten läßt, bei Uebergabe der Ge- äfte einen Beitrag-von 20 Mark Reichsmünze * zu den allgemeinen Kosten baar zu entrichten.

__ Für Kollektiv-Ausstellungen tritt ein ermäßigter Saß nah spe- zieller Vereinbarung ein.

Etwaige weiter nothwendige Auslagen werden, soweit nicht Ge- fahr im Verzuge, nur nach vorheriger Mittheilung an die Aussteller und Vereinbarung mit de:\selben geleistet und berechnet.

Für Vermittelung von Handelsgeshäften wird die in einer jeden Branche übliche Provifion nah Uebereinkunft berechnet und muy cheu- falls sofort baar erstattet wecden.

Ein Delcredere bei Vermittelung von Geschäften übernimmt die

Agentur nicht; sie wird stets nur nach erfolgter Genehmigung Ab- \chlüsse machen und verspricht bei Empfehlung derselben auf das Vor- sihtigfte und Gewissenhafteste zu verfahren. Die allgemeine Bewachung der ausgestellten Waaren liegt nit in der Aufgabe der Agentur, fie kann daher einé Haftbarkeit für Des Beschädigung oder Abhandenkommen derselben nicht über: nehmen.

Die Agentur vertritt nur Deutsche Aussteller.

Die Aussteller, welche ver Agentur ihre Interessen anzuvertrauen geneigt sind, werden gebeten, das nachstehende Vollmachts-Formular mit ihrer Unterschrift versehen, an die oben angegebene Adresse gelangen zu lassen.

Dem Formular wird gebeten, eine möglichst derartig ausführliche Jnstruïtion über alles auf die ausgestellte Waare Bezügliche in zwei Exemplaren beizufügen, welche der Agentur die Erreichung des vorge- steckten Zieles erleihtert: Diejenigen Herren, welche in mehreren Gruppen ausstellen, werden ersucht, für eine jede derselben eine ge- sonderte Instruktion zu ertheilen. i -

Diese muß die Angabe enthalten, ob und zu welchen Preisen die ausgestellten Gegenstände verkauft werden dürfen. Die Beifügung von Preiscouranten ist erwünscht. -

Erbeten wird in der Instruktion ebenso Angabe spezieller Wünsche hinfichtlih besonderer Beachtung bei Aufstellung der Waaren 2c. Etwaige Hinweisung auf besonders zu beachtende Momente bezüglich anzuknüpfender Verbindungen und Angabe, welche Provision für den etwaigen Abschluß von Geschäften bewilligt werden fan.

„Vollmacht! Hierdurh bevollmächtige ih Endesunterzeichneter :

„Die Deutsche Genera!l-Agentur für die Wiener Aus- stellung von 1873“

nach Maßgabe ihres mir zugegangenen Programmes zur Vertretung und Wahrnehmung meiner Interessen in Angelegenheit der Wiener Weltausstellung von 1873 für die Dauer dersclben und bis nah Ab- wickelung der auf dicselbe bezüglichen Geschäfte und verpflichte mich zur Erfüllung der mir bekannt gemachten Bedingungen.

Den Beitrag zu den allgemeinen Kosten füge ih mit 20 Mark

RNeichsmünze hierbei. G Es den ten 1873.

Name

Die Instruktionen liegen in zwei Exemplaren hier bei; oder: Die Instruktionen folgen baldigst nach.

Das kürzlich erschienene dreißigste Heft der vom Großherzoglich badischen Handels - Ministerium herausgegebenen „Beiträge zur Statistik dex innern Verwaltung des Großherzogthums Baden“ enthält die geologische Beschreibung der Umgebungen von Triberg und Donaueschingen, von BVogelgesang, Professor am Realgymnasium in Mannheim. Wie deu vorhergehenden Heften, sind auch diesem Hefte die betreffenden Sektionen der topographischen Karte des Großherzogthums beigegeben. Die Sektionen Triberg und Donaueschingen bilden einen der interessantesten Theile des Landes : „Das Quellengebiet des zweitgrößten Stromes Guropas, der Donau, umgeben von den Wiegen des Neckars und zahlreichen andern, mehr oder weniger namhaften O t des Oberrheins. Nur ein s{chmaler Schwarzwaldkamm von 3500 Meereshöhe, dessen weichen, bald sanft ans{wellenden, bald unmerklih sih einsenkenden Linien eine ur- alte Hochstraße fol! t, treunt hier die beiden großen Stromgebiete, derea äußerste Wassecfädeu nicht selten aus einem und demselben leinen Hochmoore abfließen.*

Auf der Hochebene zwischen Triberg und Villingen pflegt mau dem Wanderer ein nahe an der Straße belegen-s Haus zu zeigen, von dessen einer Dachseite der Regen rheinwärts abträufelt, während er von der andern Seite des Daches ins Donaugebiet fällt.

Í gOliben wie drüben is Schwarzwald und dennoh fühlt {own as

[uge, wo der Kamm freien Ausblick gewährt, Berschiedenheiten 1nd Gegensäße heraus, deren ganze Bedeutung der aufmerksamen Beobachtung desjenigen, der dieje Gegend durcstreift, umaëglich ent- chen kann. Gegen Westen taucht der Blick in den tiefen Schatten seil eingeschnittener Thäler; verliert fich in cinem regellosen (G.wirre kfuppiger Be-ge und koulissenartig verschobener Iöscher und verweilt endlich geru auf einer Lücke, in w*lche eine blühende Landschaft tritt, ein Ausschnitt der gesegneten Rheinthalébene, seuseit der-n ein violettex Duft die Berge des Wasgauer andeutet. Bald träge stagniren», bald eilend-n Laufes, oder über es mit Felstrümmern bedrck.e Abstürze hinabschießend, durchziehen die, aus zahllofen Fu: chen und Schluchten zusammenrinnenden Gewässer die kurzen geraden Thäler, welche sie dem Rheinthale oder cinem Sammelbecken desselben zuführen.

„Solche Romantik läßt das Quellengebiet der Donau, so weit es dem -östlichen Schwarzwalde angehört, größtentheils vermissen. Treu dem Charakter dieses Gebirgstheiles seßt es sih aus einem monotonen Wechsel waldiger Bergrücken und sanft ausgehöhlter Wie- senthäler zusammen, deren breiter, nicht selten torfiger Th- l1rund nur hin und wieder von vereinzelten niederen Felsköpfen nud Trümmer- halden eingefaßt, in schwachem, gleichmäßigen Falle die Gewässer in die beiden Hauptthäler der Vreg und Brigach abführen.“

„Ein breites, sanft gegen Osten abgedachtes Saudsteinplateau, mit dichten Waldungen und sumpfigen „Mößsjern“ bedeckt, schli-ßt den eigents- lichen Schwarzwald ab, jene dunklen, langgezogenen Lini n bildend, binter denen sich dem von Westen Kommenden der Jura, dem von Osten sich Nähernden dex Schwarzwald verb rgt. Tief schneiden die Gewässer in den Körver dieses Plateaus ein und haben einen Zuwachs an landschaftlichen Reizen hervorgerufen, durch welche diese klusen- artigen Thalpartien in angenehmer Weise gegen die ermüdende Ein- förmigkfeit der östlichen Schwarzwaldthäler abstehen, Aber auch hier ist der Thalgrund verhältnißmäßig breit und eben, die, Sohle fast gleichmäßig coneav, ohne bemerkbure S@Mhwellen oder Knice, das Ses fälle is ausgeglichen, und die Thalbildung der Hauptsache nach vollendet." ;

„Wo die beiden Hauptquellen der Donau, bei Villingen und Wolterdingen, aus deu sich bis zu ihren Thalsohlen einfenkenden Sand- steinplateau heraustreten, finden sie sich cinem Höhenzuge von kaum 200 Fuß durchschnittliher absoluter pn geg nüber, der s ‘dem Ostrande des Schwarzwaldes entlang fortzicht die aus Muschel- falk bestehende erste Stufe des hwäbishen Stufenlandes."

Am Schluß der vorstehenden, dem bezeichneten neusten Hefte dex „Beiträge“ der Hauptsache nah entnommenen Auszüge, möge die Be- merkung Plaß finden, day ie durch die geschilderte Gegend fahrende Schwarzwaldeiscnbahn, die ihrer großar'igen Bauten wegen nichk weniger, wie wegen der von ihr durchschnittenen an Naturschönheiten reichen Welt berühmt ist, ihrer Vollendung entçegensieht. Die noch unvolkendete Strecke zwischen Triberg und Villingen toll in diesem, spätestens im nächsten Jahre fahrbar sein. Die Bahn kürzt den Weg von Constauz nach Karlsruhe um drei Stunden ab,

Redaktion und Rendantur: Schwieger.

Berlin, Verlag der Expedition (Kessel). Druck: H. Heiberg.

Drei Beilagen einschließlih der Börsen-Beilage),

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staais-Anzeiger.

A 2A.

Landtagsangelegenheiten.

Berlin, 27. Januar. In der Sihung des Hauses der Abgeordneten am 25. d. M. nahm der Minister der aus- wärtigen PUPCa nee Reichskanzler Fürst v. Bis mar, in Folge der von dem Abg. Lasker gegebenen Anregung das Wort: /

Der Herr Vorredncr hat meiner Ueberzeugung nach vollkommen Ret, wenn er annimmt, daß jedes Mitglied des Staats-Ministeriums nah zwei Seiten aufzufassen ist: einmal nah der Verwaltung seines Ressorts, das zweite Mal- nach seiner politischen Anschauung als Mit- glied des Staats-Ministeriums, nah seiner Mitverantwortlichkeit für die Gesammthändlungen des-Stäats-Ministeriums, und ih kann dieser Auffassung cine Illustration durch Erwähnung der Diskussionen geben, die im Schooße des Ministeriums über die Frage stattgefunden haben, ob ‘das landwirthschaftliche Ministerium als solches überhaupt beizu- behalten sein werde oder nicht. Es hat sich dabei die Majorität des Staats- Ministeriums und ih glaube, das gesammte Staats-Miinisterium dahin age pee daß, wenn auch diejenigen Geschäfte, die bisher mit dem landwirthschaftlichen tinisterium verbunden find, einen politisch thätigen Mann nicht überall ausreichend beschäftigen, und wenn vielleicht aus dem Ca der gerechten Arbeitsvertheilung eine Verstärkung des Ressorts des landwirthschaftlichen Ministeriums wünschenswerth wäre, es doch für das Ge P von großer Wichtigkeit sei, daß Se. Majestät eine Ministerstelle vergeben könne, die unter Umständen, auch wenn sie gar kein Ressort hat, wenn ein Minister ohne Porte- feutille wäre, durch ihre pot Stellung, dur ihre Mitwirkung in den politischen Fragen, das Ministerium in seinen Arbeiten unter- stüßen könne. Ih erwähne, daß in England meines Wissens eine größere Anzahl von Ministerien ohne Ressort, die eben nur vor dem

ublikum die Mitverantwortli{hkeit für die politische Leitung der Ge- schäfte tragen, voaandes sind. j t

Es ist sogar bei uus der eigenthümliche Fall, daß der Präsident des Staats-Ministertums, obschon ihm ein größeres Gewicht der mo- ralischen Verantwortlichkeit wie jedem anderen Mitgliede ohne Zweifel zufällt, doch keinen größeren Einfluß als irgend einer seiner Kollegen auf die Gesammtleitung der Geschäfte hat, wenn er ihn nicht persön- lih sich erkämpft und gewinnt. Unser Staatsrecht verleiht thm kei- nen. Wenn ‘r diesen Einfluß gewinnen will, so ist er genöthigt, ihn durch Bitten, durch Ueberreden, durch Korrespondenzen, dur Be- {werden beim Gesammt - Kollegium, kurz und gut, durch Kämpfe zu ‘gewinnen , welche die Leistungsfähigkeit des Ein- en in schr hohem Maße in Anspruch nehmen. Die

ittel sind schwach, die Aufgabe ist groß und die Last, die zu be- wegen ist, wenn es gilt, einen anders denkenden Kollegen zu überzeu- gen, ist oft mit der Wirkung der Bitte und Ueberredung allein nicht zu bewältigen. Dieser Unistand erhöht die Wichtigkeit des Moments, welches der Herr Vorredner aceentuirte: daß in dem Staats-Ministe- rium jedes Mitglied die gleiche politishe Bedeutung als Staats- Minister in Anspruch nimmt und in der That in gleicher Weise wie der Ressort-Minister für die Gesammtleitung der Politik verantwort- e ist. Nur ist es demjenigen, der einem bestimmten Ressort nicht au- ge êrt, durhaus nicht möglih und nicht gegeben, die Thatigkeit dieses Ressorts in ihren Spezialitäten, in ihren Wirkungen so genau zu kon- troliren, 6 man sagen könnte, jeder Minister ist jederzeit für jede Hand- lung seiner Kollegen verantwortlich ; es vergehen darüber oft Jahre, ehe ein Minister sich überzeugt, daß die Thätigkeit eines seiner Kollegen Re- sultate dat für deren Gewinn er die Mitverantwortung nicht tragen Will, enn der Herr Vorrednë met Erscheinen hier” heute- dahin deutete, daß es meine Absicht gewesen set, über meine Stellung zum Staats-Ministerium nah meinèr Niederlegung des Präfidiums Aus- funft zu geben, so möchte ih das doch nicht als absolut richtig an- erkennen. Auch wenn mein Ressort noch kleiner im Budget wäre, als es jeßt ist, so würde ih es do für 1neine Pflicht gehalten haben, so e meine Gesundheit es erlaubt, persönlih zu dessen Vertretung zu erscheinen. : N j A

Was die Motive des Wechsels in der Vertheilung der Geschäfte im Staats-Ministerium betrifft, über die der Herr Vorredner eine volle Beruhigung vermißt, so erlaube ih mir ver allen Dingen fest- zustellen, daß solhe Motive im Ganzen immer einfacher liegen, als das Gerücht und die Presse gern œnnimmt. Wenn man sie einfach nimmt, wie fie liegen, so fällt die Möglichkeit, darüber eben zu schreiben und zu konjekturiren. Es ist bekannt, daß der Geschäfts- nang, der mir ablag, ein jo vielseitiger und ausgedehnter war, wie es kaum je in einem ähnlichen Verhältnisse in einem Staat von ähn- licher Größe, in einem Reiche von ähnlicher Bedeutung als das Deutsche, der Fall gewesen ist. Im Anfang der Periode der Kumulation dieser Geschäfte hielt ich es fast für unmöglich, einen Theil derselben abzutrennen, ohne das Ganze zu gefährden. Es kam dazu, daß meine Arbeitskraft eiue stär- kere war, als fie \chließlich geblieben ist. Es kam dazu, daß ich grade in dem Auswärtigen Amte, welches ih vorzugsweise als meine spezielle Aufgabe betrachte, eine Hülfe hatte, deren ih gern bei dieser Gelegen- heit gedenke, es. war der _Geheimrath Abeken, der seitdem verschieden ist. Jh habe mich nach und nach überzeugen müssen, daß es ganz unmöglich ist, diesen bedeutenden Bas der Geschäfte, der mir oblag, auch nur in_der Weise zu übersehen, daß ich Jeder- eit mich darüber entschließen fann, ob ich die Verantwortung für das Einzelne tragen will oder nicht. Gewshnlih, und in allen größern Staaten wenigstens nimmt die Aufgabe eines auswärtigen Ministers die volle Arbeitskraft cines Mannes in Anspruch, und es dürfte in keinem großen Staate den Fall geben, daß man von dem Träger der auswärtigen Geschäfte auch nur eine anhaltende und eingreifende Mitwirkung in den inneren Angelegenheiten erwartet. Die auswärtigen Geschäfte des Deutschen Reiches sind, Dank sei es unsern guten A zu allen Regierungen, im Augenblick friedliche, äber diesen Frieden nach allen Seiten hin zu wahren und zu pflegen, ist eine Aufgabe, die die Arbeit eines Mannes exfordert, Wenn ih daneben in der Stellung eines Kanzlers des. Deutschen Reiches erhebliche Aufgaben der inneren Verwaltung habe, außerdem die Verwaltung, die Verantwortung wenigstens für die Verwaltung eines Reichslandes, welches manchem Königreich an Bedeutung gleichkommt, so ist ja auch dieser Geschäftsumfang zu bestreiten, eigentlich nur möglich durch die Gege, sichere und zuverlässige Unterstüßung, die ih nah so vielen Seiten hin in diesen Dingen finde. Jn der ganzen Reichsverfassung ist es nun aber sehr viel leichter, wenn ih zu einem Punkte komme, wo es mir zweifelhaft wird, ob ih, für die Thätigkeit des hoh und ministermäßig gestellten Beamten, für den ih die Verantwortung mit zu tragen habe, diese Verantwortung ferner über- nehmen will, so kann ich im Reiche Rechenschaft und Aufklärung über die Sache fordern, N O Bericht erfordern und kann wenistens mein Veto, mein Jnhibitorium. sofort einlegen; kurz, ih bin berechtigt, im äußersten Falle zu vegen, was man so unabhängigen Charakteren gegenüber oder dem Maße von Unabhängigkeit des ele gegen- über, welches mit großer Tüchtigkeit verbunden zu fein pflegt, sebr \hwer und selten thut. Jh halte mih im Ganzen immer nur ver- antwortlih für die im großen Durchschnitt richtige Wahl der Perso- nen, nicht für Ie einzelne Handlung der Perscnen, Außerdem, wenn ih diese Verantwortung gefährdet fühle bin ich_in der Lage, bestimmt zu sagen: Dies will ich nicht, und bestimmte Forderungen zu stellen, wás einstweilen zu geschehen hat. :

___ Ganz anders und viel mühevoller ist die Aufgabe eines preu- ischen Minister-Vräsidenten, der einen hohen Chrenposten, eine große exantwortung hat Und sehr wenig Mittel, dieser Stellung/ seinen Köllegèn gegenüber irgend welhen-Nachdruck zu geben,, und wenn gegen seine Einflüsse sich - innerhalb eines Ressorts ein passiver Widerstand

Montag, deu 27. Januar

entwickelt, den die cinzelnen Beamten dieses Ministeriums unterstüßen, so habe ih darüber die Erfahrung, daß man gewissermaßen im Sande ermüdet und seine Ohnmacht erkennt. G i Wenn id mir also die Wahl stellen inußte, meinen Geschäfts kreis zu verkleinern, so konnte i darüber nach einer zehnjährigen Erfahrung nit zweifelhaft sein, daß die Stellung des preußischen Ministér-Präsidenten diejenige war, die meine Arbeitskraft fagen wir Nerven zum Arbeiten, denn zum Arbeiten gehören Nerven am meisten in Anspruch nahm. Es ist ja im Ganzen nicht die Arbeit, die den Menschen körperlich in der Friktion, in der wir in parlamentari- schen Staaten leben, aufreibt, sondern es ift das ununterbrochene Gefühl der Verantwortlichkeit für große Dinge und für Interessen, die einem am Herzen liegen wie die eigenen, aber die doch zugleich die Interessen von

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25 oder 40 Millionen sind. Wenn man geringe Und weniger würdige Dinge mit hohen vergleichen kann, so möchte ich sagen: ein verant- wortlicher Staatsmann an der Spiße eines Staates is in der Lage wie Jemand, der ettva an der Börse ununterbtöchen solhe Geschäfte macht, die weit über sein Vermögen gehen, deren Verlust er nicht decken fann, wenn er sie verliert, und bei denen außer dem direk- ten und materiellen Ve-:lust eigene Ehre und Ruf, die Wohlfahrt des ganzen Landes auf dem Spiele stehen. Das Gefühl, fortwährend handeln zu sollen in einer Weise, oder die Handlungen Anderer billigen oder mißbilligen zu sollen unter Umständen, | wo man fich sagen muß, die Billigung oder Mißbilligung kann der Ausgangspunkt, der Krystallisationspunkt einer Entwicklung sein} deren weitere oder lebte Folgen Niemand mehr beherrsht, wen dies Gefühl der fortwäh- renden, angespannten Verantwortlichkeit nicht angreift, der hat eben fein Pflichtgefühl und kein Herz für sein Land. Wer dies hat, den wird es bis zu einent aen Maße packen und verbrauchen.

Wenn ich also die Wahl getroffen habe beim Einsehen der Noth- wendigkeit, daß ih das preußi)de inister-Präfidium los sein wollte, so war es in dem Gefühl, daß in diejem Ressort die Mittel, einen Einfluß zu üben, im allergrößten Mißverhältniz mit der moralischen Verantwortlichkeit, welche die öffentliche Meinung an die Stellung eines Minister-Präsidenten knüpft, stehen, daß mir die größte Erleich- terung zu Theil wurde; denn ih glaube, weit über die Hälfte meiner Geschäfte kommen aus diesem Ressort und zugleich die ge- ringste Einbuße an Einfluß. :

Daß ih auf diesen Einfluß ganz verzichten wollte und verzichten könnte, jo lange ih die Ehre habe, Sr. Majestät des Kaisers Reichs- kanzler zu sein, daran ist ja gar nicht zu denken. Jch will glei entwieln, warum dazu eine Zusammengehöri keit zum preußischen Ministerium d a gar kein absolut notPwendiges Erforderniß sein würde. eine äußere Stellung zuni preußischen Ministe- rium fönnte noch mehr gelockert werden, als sie ist, die Gé- {äfte bleiben doch unzertrennlich. Der Reichskanzler, wenn er die Hauptbedingung seiner Aufgabe überhaupt erfüllen soll, muß der- jenige Beamte sein, auf den Se. Majestät der Kaiser das höchste Biateicten zu diesem Zwecke setzt. Hat er das Vertrauen des Kaisers, so ist doch unmöglich anzunehmen, daß Se. Majestät der König von Drälion ín dies:r Eigenschaft in seinem ‘preußischen Ministerium eine Politik gestatten werde, die dem als Reichskanzler mit dem Kai- serlichen Vertrauen beehrten Beamten die Wirksamkeit im Reich unmöglich machte. Es kann der König von Preußen und sein Ministerium „ganz unmöglih gegen die Politik des Reichskanzlers eine Stellung nehmen, es ist vielmehr eine gegebene Noth- wendigkeit, daß sie unterstüßt * wird. Man könnte ja cher noch das Erforderniß aufstellen, daß der Reichskanzler Mitglicd des Ministeriums: eities anderen bedeutanzgt: Bundesstaats sei; denn in Preußen ist der Personalzusammenhang der Königlicß Preußischer und der Kaiserlichen Krone doch ohnehin gegeben und unzertrennbar. Aber auch der Zusammenhang zwischen dem Reichskanzler und dem preußischen Minister würde dadur ja in keiner Weise gestört werden, daß der erstere vollständig aufhört, Mitglied des preußischen Mini- steriums zu sein. Wie is dann der Geschäftsbetrieb im Bundes- rathe? Die Faktoren, welche den Haupteinfluß auf die Borbereitung . der Vorlage für den Reichstag haben, sind die Ausschüsse des Bundesraths. Jn jedem dieser Ausschüffe hat, wenn Se. Majestät der Kaiser. es nicht ausdrücklich anders befiehlt, ein preußischer Minister, der betreffende Minister des preußischen Ressorts den Vorsiß, oder dieser Borfiß wird ausgeübt, durch einen der höchsten Vertrauensbeamten des Ministeriums. In der Sitzung des Bundesraths findet sih wieder das preußische Ministerinm in sei- ner Majorität zusammen und arbeitet dort und in feinen Ausschüssen unter Vorsitz des Reichskanzlers mit den übrigen Ministern. Die Bän- der, die beide Organisationen an einander befestigen, sind also viel stärker, als man äußerlich anzunehmen pflegt und als unjere deutsche Presse zu meinemErstaunen angenommen hat in der ganzen Diskussion dieser Frage. Wenn der Reichskanzler also, um ernannt zu werden und um in seinem Amte. zu bleiben, nothwendig das_ Vertrauen Sr. Majestät des Kaisers haben muß, in Folg: dessen Sr. Majestät dem Könige vôn Preußen und seinem Ministerium keine persona ingrata sein wird, so hat der Reichskanzler nach der Verfassung außerdem Mittel des Einflusses und der Macht, die die Frage, ob der Zusammenhang noth- wendig ist und durch welhe Mittel er gesuht und befördert werden kann, dem preußischen Ministerium eben so nahe, ja fast noch näher legen, wie dem Reichskanzler. Wenn der Reichskanzler fich des Ver- trauens der Mehrheit der Regierungen, die im Bundesrath vertreten sind, versichert, wenn er dabei das Bertrauen der Mehrheit des Reichstages zu ge- winnen weiz und das wird für ihu ein ebenso nothwendiges Be- dürfniß sein, da er nach det Verfassung dar Beamte ist, der den Vorsitß im Bundesrath führt und als der Vertreter der Bundesregie- rungen vorzugsweise vor dem Reichstage die Dinge zu vertreten hat wenn er diese Eigenschaften in sich vereinigt, so ist dadur eine Lage gegeben, bei der Sie viel eher sih im preußi1chen Ministerium erkundigen können: Verliert Jhr auch nicht die Fühlung mit dem Reichskanzler? als daß Sie Veranlassung haben, den Reichskanzler zu fragen: Verlierst Du auch nicht dic Unterstüßung des preußi- \chen Ministeriums? Der Reichskanzler kann ein Gewicht durch andere Elemente gewinnen, welches viel stärker ist, als die Disposition über die 17 preußischen Stimmen, und daß ihm die ent- gehen sollten, so lange er der Hauptvevtrauensmann Sr. Majestät des Kaisers ist, ist ja eigentlich kaum denkbar; auch dann, wenn er sie nicht selber führte und instruirte, so wird er doch immer in der Lage sein, Sr. Majestät dem Könige von Preußen als Stimmführender für Preußen, so lange er es bleibt, Bortrag zu halten, und wenn er es nicht mehr wäre, Sr. Majestät dem Kaiser als dessen Kanzler und Hauptvertrauensbeamter,. denn das muß er 1ein, wenn er 1emen Plaß erfüllen J Vortrag Über diefe Dinge zu halten, und es ist sehr unwahrscheinlich, daß, wenn der Reichskanzler, gegen die Neigung, eine divergirende Neigung. der preußischen 17 Stimmen bei Sr. Majestät dem Kaiser Protest einlegke, es faktisch - ausführbar sein würde, diese 17 Stimmen, - die gegen den Willen Sr. Majestät des Kaisers nicht abgegeben werden können, gegen den Willen des Reichs- fanzler es kann ja einmal vorkommen, aber nicht dauernd, das ist meiner Ansicht nah nicht mögli, abgegeben werden. Dies würde immer zu einem Wesel in der Person des Reichskanzlers oder zu cinem Wechsel in den Personen des preußischen Ministeriums führen müsfen. Jch kann deshalb nach dieser ganzen Situation die Anfrage des Herrn Vorredners dahin beantworten, daß mein Bleiben in dem jeßigen preußischen Kabinet , in der Eigenschaft als Mitglied, wenn auch nicht als Vorsißender, doch beweist, daß mein Entschluß sich nicht geändert hat, dieses. preußische Ministerium gerade in derselben Weise mit meinen Kräften zu unterstüßen, als ob ih fein Borsißender wäre, vielleicht in einer bessern, indem ih das Odium, welches der Vorsitz

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und die Einwirkung immer gelegentlih hat, niht mehr befiße. Darüber kann ih die ganz bestimmte Versicherung geben, daß das mein Wille und meine Absicht ist, nur mit etwas weniger Arbeit, als früher, und ich muß leider sagen, mit etwas wenizer unfruchtbarer Arbeit wie früher. Mein Gewicht im Ministerium wird dadurch, daß ich von den formellen Arbeiten und von der formalen Verantwortlichkeit erlöst bin, immer nah wie vor darauf basiren, ob es mir dauernd gelingt, das Ber- trauen der Mehrheit meiner Herren Kollegen mir zu bewahren und Sie können ganz gewiß darauf rechnen und darin steht mein Ent- {luß ganz fest —, daß, wenn diefer Wechsel in den Personalverhält- nissen des Ministerium? einen Wechsel in der Richtung und in einer meiner früheren Politik feindlichen Richtung bedeutet hätte, keine Macht der Welt mich hätte bewegen können, meine Antezedentien von zehn Jahren zu verleugnen und, nur etwa um auswärtiger Minister zu bleiben, diejem selben Kabinet anzugehören, und so lange ih diesem augehöre, können Sie mit Sicherheit darauf rechnen, ist das der Be- weis, daß dieser Weg, diese Richtung in der Hauptsache nicht ver- lassen wird, wenn ih mich auch um die Details zu meiner großeu Erleichterung weniger zu bekümmern haben werde. h

Was! den Etat des auswärtigen Ministeriums felbst betrifft, fo glaube ih, es würde Ihnen niht nur aus dem nationalen Gesichts- punkte erleichtert, diesen Positionen zuzustimmen, fondern es würde auch eine viel richtigere und sachligere Bezeichnung fein, wenn man den Titel dieses Ministeriums weselte und es beijpiel3weise statt „Auswärtiges Ministerium“ „Ministerium für die Reichsangelegen- heiten" nenute, oder „für die deutschen Angelegenheiten“, wie man will. Die Bearbeitung des Zusammenhanges des preußischen Staates mit dem Deutschen Reiche, der Stimmenabgebung Preußens im Deutschen Reiche ist immer wir haben bisher keinen andern Ausdruck dafür für Preußen territorial eine äußere Angelegenheit, infofern, als dies Verhältnisse berührt, die die preußischen Grenzen überschreiten. Jch fann niht anders sagen, als daß mir dieser Ausdruck ein unwillkom- mener ist und ih ihn mit einem gewissen Widerwillen gebraucht habe, weil ih gewohnheitsmäßig dafür halte, daß auswärtige Angelegen- heiten in Deutschland nie anders sein sollten, wie jenseits der deutshen Grenzen, und es wäre vielleiht nüßlih, obschon ich nit weiß, ob es aussührbar sein wird, sehr wesentlich ist es aller- dings nicht, cs ist eine Form wenn man die Rubrik, die Ueber- {rift dieses Ministeriums dahin ändern wollte, wogegen ih meiner- seits niht3 einzuwenden hätte. Es muß meines Erachtens, mag es nun der Reichskanzler sein oder ein Anderer, im preußischen Ministe- rium einen Minister geben, dessen Aufgabe es vorzugsweise ist, den Zusammenhang mit dem Reich innerhalb des preußischen Ministeriums zu fultiviren und sich von jeden Partikularismus, auch dem des Ref- jorts, frei zu halten. Diese Aufgabe, mit der nach ältem Herkommen die Instruktion der Gesandten verbunden ist, fällt augenblicklich dem prenßischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten zu, weil wir cinen andern Titel dafür niht haben und weil der augenblicklih zugleich Reichskanzler und preußischer Bevollmächtigter im Bundesrathe ist, aber auc selbst wenn diese Eigenschaften noch getrennt werden sollten, und der Reichskanzler gar nicht mehr Mitglied des preußischen Mini- steriums{bliebe, was ihn, wie ih mir vorhin zu entwickeln erlcubte seines Zusammenhanges mit Preußen wesentlich berauben, seine Stellung aber innerhalb der Deutschen Reichsgliederung wesentlich freier und annelmbarer hinstellen würde selbst wenn das geschähe, würde es immer einen Minister für die deutshen Angelegenheiten im preußi- schen Ministerium zweckmäßigerweise geben müssen, der das Ressort hat, die pen Gen Stimmen zu instruiren, mag nun diese Instruktion eine ganz selbständige, nah Befehl Sr. Majestät von dem Minister ohne Zuziehung -- seiner Kollegen ertheilt sein, wie es in allen denjenigen Fällen der Fall sein wird, wo überhaupt ein Ressort febjtändig handelt, indem der Minister die Soli- darität der übrigen Minifter nicht zu verlangen hat, oder mag er ge- nöthigt sein, wenn die Sache wichtig genug ist, wenn sie zurückgreift auf die inneren Verhältnisse Preußens, sich durh Majoritätsbeschluß seiner Kollegen in Stand zu seßen, daß er instruiren kann. Es wird immer einen solchen Minister geben müssen. Jn diesem Sinne möchte ich Sie bitten, den Etat der auswärtigen Angelegenheiten hier aufzufassen und ihn nicht als cinen partifkularistischen Ueberrest speziell preußischer Politik zu betrachten, sondern ihn als diejenige Maschinerie anzusehen, vermittelst deren Preußen _seinen Kontakt und seine Be- zielzungen mit dem Reiche nicht nur, jondern auch vor der Entschei- dung des Reiches mit den einzelnen Gliedern des Reiches zu erhalten und zu pflegen sucht. Daß ich dies, so lange ich eins diefer bedeu- tenden Aemter behalte, . ganz in der Weise und durchaus in der Rich- tung thun werde, die in früheren Jahren Ihre Billigung gehabt hat, das versichere ih hiermit nochmals ausdrücklich, uud davon wollen Sie überzeugt sein!

Auf eine Entgegnung des Abg. Dr. Virhow ergriff der Fürst von Bismarck noch einmal das Wort:

Der Herr Vorredner hat zunähst vor seinem in die Zukunft blidenden Auge sich das Gespenst eines den preußischen Staat verge- waltigenden, aber nicht preußischen Reichskanzlers aus anderen Staaten deutsher Nation gedacht. Ich glaube, dies ist eben ein Gespenst, und die Fähigkeit, es zu sehen, beruht auf einem stärker gefärbten Anfluge von Partikularismus, als ih dem Herrn Vorredner bisher zugetraut hätte. Die Frage, wie die Machtstellung zwischen dem Reiche und den einzelnen Staaten sein foll, ist eine, die s die Reichsverfassung festgestellt ist und durch die weitere geseßgebende Thätigkeit des Reiches, die Kompetenz-Erweiterungen, zu denen das Reich ermächtigt ist, mit der Zeit ihre Erledigung finden wird und kann, und sollte dabei die Befürchtung eintrete, daß die Reichsregierung so mächtig wird, daß ein so starker Staat wie Preußen, fünf Achtel des ganzen Reichs, anfängt sich vor dem üiberwiegendeli Einfluß des Reiches zu fürchten ? ich habe immer geglaubt, das wäre eins von den Idealen, denen der Herr Abgeordnete entgegenstrebt. Landsleute sind wir Deutsche doch Alle, und ih bekämpfe in diesen Dingen das Betenen der Schei- dung zwischen deuts und preußisch; der Reichskanzler, möge er nun ein Preuße oder ein Bayer sein, uns steht er nicht als Preuße oder Bayer, uns steht er nur als Deutscher gegenüber, und das Deutsche in dem Kanzler mehr und mehr zu accentuiren, dazu erachte ich eine ge- wisse Loslösung, eine Heraus\chälung des KanFdrs aus der ganzen Vegetation nöthig, die sich im preußischen amtlichen Leben nothwendig bei ihm angeseßt haben muß.

Ich glaube, daß dieser Gedanke noch weiter verfolgt werden muß, wenn wir zu einer richtigen Reichseinheit kommen wollen. Die Ein- heit der Interessen Preußens und des Reiches und der Schuß für dic Preußische Verfassung liegt in der Einheit Sc. Majestät des Kaisers und des Königs; daß beide Organismen bisher auch einen gemein- samen Minister-Präsidenten gefunden haben, das war der Anfang, as aber für die Dauer kaum festgehalten werden. Ein Reichskanzler und ein Minister-Präsident, dem die Sachen durch die Neuheit dex Zustände und durch das Entgegenkommen mehrerer Parteien, wenn nicht aller, so sehr erleichtert werden, wie mir, der so sehr den Bor- theil hat des frischen Eindrucks der Ereignisse in einer Allen willkom- menen Neubildung, wird sich auch so leicht nicht wieder finden, es wird p aa später fähigere, befjer geschulte, arxbeitsfähigere Leute geben als ih, aber fie werden nit getragen sein von der Neuheit der Gr- eignisse, und man wird ihnen mehr Schwierigkeiten machen und es wird ihnen noch schwerer gemackcht werden, einen solchen Umfang der Geschäfte zu bewältigen, wie er mir bisher obgelegen hat, wenn erx mit dem vsllen und ehrlichen Gefühl der Verantwortlichkeit die Geschäfte eingehen will, wie ih es gethan habe. Der Herx Vorredner hat mich in

einer Beztehung nicht verstanden: ih habe von Dissonanzen,- von solchen,

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