1873 / 28 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 30 Jan 1873 18:00:01 GMT) scan diff

die übertriebene Strènge der Detlgrationspfliht dés Entwurfs erklärte fich der Redner, und endli rügte er, daß derselbe den {wer empfundenen Uebelstand des Nichtabzugs der Bete für alle Grundbesizer bei der Ertragssteuer fortbestehen lasse, sodaß die Ungleichheit zwischen den einzelnen Grundbesigzern, die Hauptklage derselben, nicht beseitigt werde. Geh. Finanz-Rath von Nostiß-Wallwig erkannte die unabweisbare Nothwendigkeit der’ Reform um \o mehr an, als er die finanzielle Zukunft Sach- sens nicht in o günstigem Lichte ansehen könne, wie es ge- wöhnlih geschehe. Er erklärte fich mit dem Prinzipe der Depu- tation: Ertragsfteuer mit supplementarer Einkommensteuer, ein- verstanden, hob aber die großen Schwierigkeiten, auf welche die Ausführungen stoßen, die große Unzufriedenheit, welche fie im Lande hervorrufen werde, hervor: denn die bisherigen Steuern hätten niht blos den Vorzug, eingelebt zu fein, es habe au die Weise ihrer Veranlagung die Steuerpflichtigen sehr wenig belästigt. Den Entwurf zum Geseß zu erheben, hielt der Red- ner für bedenklich, besser, fich über die Grundzüge zu einigen und die Regierung zu ersuchen, dem nächsten Landtage eine neue Vorlage zu machen. Handelskammer - Präsident Rülke be- tonte namentlih die Nothwendigkeit, endlih etwas zu Stande zu bringen; man müsse daher durchaus den Standpunkt der Nega- tion verlassen, einzelne Bedenken opfern, damit endlich Etwas geshaffen werde, was zur Einführung ins Volk reif sei. Seiler bezeichnete es als die Tendenz des Entwurfs, die neu erwahsenen Mächte des Großkapitals und der Großindustrie der theilweisen Steuerfreiheit, die sie ih unter der Herrschaft der bisherigen Steuergesetgebung zu sichern ge- wußt, zu entkleiden. Nachdem der Referent seinen Entwurf ge- gen die Ausstellungen Pr. Kochs und Martini s vertheidigt, na- mentlich aber den Gedanken bekämpft hatte, sih von Neuem nur über allgemeine Prinzipien s{hlüssig zu machen, unter denen sich erfahrungsmäßig die divergirend|sten Ansichten vereinigen ließen, um sofort, wenn es die Ausführung im Detail gelte, wieder nach allen Richtungen auseinanderzugehen, ergri} der Finanz-Minister Freiherr von Friesen das Wort. Er sprach seine Befriedigung darüber aus, daß die Deputation mit der Regie- rung sich iu dem Gedanken begegnet habe, die Frage dur ein Kompromiß zum Abschluß zu bringen. Der Entwurf der De- putation trage vollständig den Charakter des Kompro- misses. Als die Vorzüge, die denselben vom Standpünkte der Regierung aus empsehlen, hob der Minister hervor, daß er die bestehenden Steuern nicht vollständig aufhebe, sondern ver- bessere, indem er sie auf möglichst rationelle Grundsäße zurück-= führe; daß er einen gleichen Maßstab für die Vertheilung der Steuern darbiete; daß er den streitigen Punkt des Schuldenab- zugs ausgleihe, indem er, wie es die Natur des Kompromisses sei, die Sache mitten durhschneide; daß er an die Stelle der Progression das \{on in der Regierungsvorlage enthaltene rich- tige Prinzip der Regression sebe; daß er EaL Gelegenheit gebe, einmal mit der Einkommensteuer einen Versuch zu machen, und zwar in nicht absolut bindender Weise. Nach Beendigung der allgemeinen Debatte beschloß die Kammer, den Deputationsent- wurf als Grundlage ihrer Berathung und Abstimmung zu be- nuten, in die Spezialberathung jedoch ers morgen einzutreten.

Ein Artikel des heutigen „Dresdener Journals“ führt aus, daß das Schulgeseßz in Gemäßheit der Be- stimmungen der kVerfassung publizirt werden müsse. Denn nach dem Inhalt der Verfassungsurkunde sei zur Verwerfung einer Geseßesvorlage eine Majorität von zwei Dritteln der Stim, men einer Kammer erforderli; gegen das Schulgesey aber habe die zweite Kammer nicht mit einer Majorität von zwei Dritteln, sondern, wenigstens in den Hauptpunkten der Vorlage, nur mit einer Mehrheit von 4 Stimmen ihr Votum abgegeben. Das Schulgeseß sei also nicht verworfen, sondern angenommen und die Staatsregeerung niht nur berechtigt, sondern auch verfas- \sungsmäßig verpflichtet, dasselbe zu publiziren. Wenn dagegen ein Theil der Presse als angeblich konstitutionellen Brauch die Auflôöfung der Kammer verlange, \o sei dem entgegenzustellen, daß die Verfassung niht dur Gebräuche modifizirt werden könne, sondern vielmehr die konstitutionellen Gebräuche fich nah der Verfassung rihten müßten. Bei dem Schulgeseß handle es fh übrigens in der Hauptsahe um Erhal‘ung bewährter ZU- stände, nicht um Einführung neuer Prinzipien. Die einzige wesentliche Differenz sei die von der Zweiten Kammer verlangte konfessionell indifferente Gemeindeschule, faft alle „anderen Ab- weihungen seien nur Konsequenzen dieser Hauptdifferenz; aber gerade in diesem Hauptpunkte werde durch die Gesegesvorlage Nichts geändert, der bisherige Zustand vielmehr aufrecht er- halten.

Württemberg. „St. A. f. W.“ meldet: Se. Majestät der König haben die erfreuliche Nachricht er- het d daß die Durhhlauchtigste Gemahlin Sr. Königlichen Ho-

Stuttgaut, 27. Ianuar. Der heutige

eit des Herzogs Philipp von Württemberg, geborene Erz- erzogin von Oesterreich, am 14. d. M. zu Meran in Tirol von einem Sohne glülih entbunden worden is, welcher in der Taufe die Namen Robert Maria Clemens Philipp Iosef er- halten hat.

98. Januar. (Fr. I.) Gestern erledigte die Kammer der-Standesherren die beiden Geseßentwürfe über die Auf- hebung der Vorrechte des Fiskus, nachdem darüber Uebereinstim- mung zwischen beiden Kammern erzielt ist, in der Endabstim- mung mit allen Stimmen. Ebenso wurde der Gesetzentwurf über die Todeserklärung der in dem Feldzuge von 1870/71 ver- mißten Militärpersonen wie im anderen Hause und in der End- abstimmung mit allen Stimmen angenommen. Heute begann die Berathung über das Steuerreform-Geseg und wird einige

Tage in Änspruch nehmen.

Baden. Karlsruhe, 27. Januar. Das heutige Gesehes- und Verordnungsblatt Nr. 3 enthält Verordnungen und Bekanntmachungen: 1) des Ministeriums des Großherzog- lihen] Hauses, der Iustiz und des Auswärtigen: die Kosten des Verhafts in den Kreis- und Amtsgefängnissen betreffend ; das Diensteinkommen der Gefangenwärter betreffend; die Gebühren für Verhaftungen und Begleitung Verhafteter be- treffend; die Kommandozulagen “der Gend'armen in Strafsachen betreffend; die Bezahlung der Telegraphen-Gebühren in Straf= sachen betreffend; die Aufnahme von Beurkundungen des bürgerlichen Standes der Ausländer betreffend. 2) Des Mini- steriums.des Innern: die unfrankirte Absendung portopflichtiger Dienstsachen mittels der Post betreffend.

Hessen. Darmstadt, 29. Ianuar. Das gestern aus- gegebene Großherzoglihe Regierungsblatt Nr. 4 enthält eine Bekanntmachung des Großh. Ministeriums des Großherz. Hauses und des Aeußern und des Kriegs-Ministeriums, die Erle- digung der Abwielungsgeschäfte der Großherzoglichen Militärver- waltung betreffend. Dieselbe lautet:

Mit Bezug auf die einschlägigen Bestimmungen der Militär- Konvention d. d. 13. Juni 1871 (Regierungsblatt Nr. 32), der Ver- ordnung vom 23. Dezember 1871, die in Folge der Militärkonvention d. d. 13. Suni 1871 in der Organisation der Militärbehörden ein- tretenden Verändërungen betreffend (Regierungsblatt Nr. 43), sowie der Verordnung vom 30. Januar 1872, die Ausführung der Militärkonventioen vom 13. Juni 1871 betreffend (Regie- rungsblatt- Nr. 6), wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebraht, daß zufolge Allerhöchster Entschließung Sr. König- lichen Hoheit des Großherzogs vom 11. l. M., mit dem 1. Februar l. J. das Großherzogliche Kriegs-Ministerium die ihm bisher noch verbliebene Thätigkeit einstellen wird. Die aus der Zeit bis Ende 1871 herrührenden Geschäste, deren Erledigung dem Großherzoglichen Kriegs-Ministerium nach den oben- erwähnten Bestimmungen noh oblag, gehen, soweit sie bis 1. Februar [. J. nicht zu Ende geführt sein werden, zufolge derselben Uns A auf eine, dem Großherzoglichen Ministerium des roßherzoglichen Hauses und des Aeußern -unterstellte, aus dem Großherzoglichen Ober-Rechnungs- Rath Heß als Vorsißenden und dem Großherzoglichen JIntendäntur- Rath i. P. Dauber als Mitglied bestehende Kommission über, welche die DAeiGnuns „Kommission zur Abwickelung der Großherzoglich hessischen Militär-Verwaltungs-Angelegenheiten“ führen wird.

Meekllenburg. Schwerin, 29. Januar. Heute begeht der Großherzoglihe Hof den Geburtstag der Großher- zogin, welche an diesem Tage das dreiundzwanzigste Lebensjahr vollendet. Die Stadt Schwerin bezeugte ihre herzliche Betheili- gung an der Feier des Tages dur den reichen Flaggenshmuck ihrer Häuser. Der Hoffestlichkeiten wegen if laut Bekannt- machung des Hofmarschall-Amts vom gestrigen Datum die Hof- trauer bis zum Ende dieses Monats abgelegt. Heute früh ertönte die Festreveille. Die vereinigten Militär-Musikcorps zogen vom Arsenal -nach dem Schlosse und brachten Ihrer Königlichen Hoheit eine Morgenmusik.

Die „Meckl. Anz.“ veröffentlihen unter dem 24. d. M.

einen Artikel, bezüglih der durch den Landtags-Abschied erfolgten

Vertagung der Verhandlungen über die proponirten Abän- derungen der Landes-Verfassung, in welhem es heißt:

Nathdem die Regierungen für jwernigia ecachtet hatten, die Ver- handlungen bei ihrer nah den Weihnachts- und Neujahrfesttagen statt- gehabten Wiederaufnahme zunächst auf den finanziellen Bheil der Bor- lagen zu beschränken, hat bekanntlich eine Annäherung verschiedener Meinungen insofern stattgefunden, als das gewöhnlich als „Budget- Forderung" bezeichnete Verlangen der Landschaft, daß cine Konkurrenz der Stände bei der Feststellung der Einnahmen und Ausgaben des Staatshaushalts stattfinde, von einigen einflußreichen Mitgliedern der Ritterschaft, freilich aus abweichenden Motiven, nämlich als nothwen- dige Konsequenz der Trennung des fürstlichen Hausguts von dem der Staatsverwaltung überwiesenen Domanium, lebhaft unterstüßt worden ist. Diesem Verlangen ist die leßte Regierungsvorlage (vom 13. Januar) in noch höherem Maße, als bereits in den früheren Vorlagen gescheyen war, entgegengekommen, und wenngleich dieses wei- tere Entgegekommei aus der Mitte der Landtagsversammlung, und zwar von den verschiedensten Standpuukten aus, lebhafte Anerkennung gefunden hat, so ist doch in der betreffenden Kommission „sowohl von rittershaftlicher wie von landschaftlicher Seite die Bitte ausgesprochen, daß die Verhandlung zur Zeit nicht vielmehr erst auf dem nächsten Landtage weiter geführt würde, und zwar weil die Zeit zu kurz fei für die folgenshweren Verhandlungen, welche einer gründ- lichen Erörterungen bedürften, das Landeswohl werde nicht geför- dert werden, wenn die Verhandlungen unter dem Drucke der Ermü- dung fortgeführt würden“ (Registratur vom 13. d. M. über die Ver- handlungen der Kommission mit den Kommisfarien).

Bei der mündlichen Erörterung dieser Registratur in der Plenar- sißung vom 4. d. M. is} insbesondere noch aus der Mitte der Land- schaft auf den Drang der Geschäfte des nahe bevorstehenden Antoni- Termins hingewiesen, und {ließlich folgender Beschluß géfaßt worden: „Nachdem von den Menecie verordneten Schwerinschen Herren Landtags-Kommissarien uf die mitgetheilten Befe beider Stände aufs Neue Vorschläge zur Beseitigung der ständishen Bedenken vor- gelegt worden sind, können Stände, welche die landesväterliche Absicht, eine Einigung zwischen Landesherrn und Ständen, zunächst über das Finanzkapitel, herbeizuführen, dankbarlichst anerkennen, darin nur eine erneute Aufforderung finden, auf das von allen Theilen gleichmäßig erwünschte Ziel einer Verständigung mit gleichem Eifer wie bisher hinzuarbeiten. Je ernstlicher aber Stände dieje Aufgabe auffassen, um so dringender muß der Wunsch in ihnen rege sein, daß zur gründ- lichen Würdigung und Prüfung der landesherrlihen Vorlage ihnen ausreihlihe Zeit gewährt werde. i E

Ritter- und Landschaft wolle daher unter Bezugnahme auf die von Mitgliedern der Kommission in der Konferenz mit den Herren Kommissarien am gestrigen Tage mündlich entwickelten und in der über die dabei gepflogenen Berathungen aufgenommenen Registratur wiedergegebenen Gründe, welche zur Förderung einer Verstän- digung über die dritte Allerh. Landtags-Proposition die Aus]ebung der Verhandlung wünscheuswerth erscheinen lassen, an beide Allerdurhlauchtigste Landesherren die unterthänigste Bitte um Vertagung der weiteren Berathung bis zum nächsten Landtage richten 2c.

Es hat: also über die leßte Modifikation der landesherrlichen Borlagen und über die. Frage, inwiefern etwa dädurch die bisherigen ständischen Bedenken gehoben sind, eine Berathung der Landtagsver- sammlung noch gar me stattgefunden, und wenn bei diefer Sachlage die Landesherren dem Wunsche der Stände nah Vertagung der Ver- handlungen im Hinblick - auf den allerdings nahe bevorstehenden Antoni-Termin nachgeg-ben haben, so kann von einer Hoffnungslosig- feit der weiteren Verhandlungen gewiß um so weniger die Rede sein, nachdem der ernstlihe Wunsch nah. einer Verständigung über den Gegenstand der Verhandlungen von beiden Seiten einen jo lebhaften Ausdruck gefunden hat. R O i

Welcher Grad von Wahrscheinlichkeit für den Oen der wei- teren Verhandlungen in Anspruch zu nehmen ist, darüber mögen die Ansichten verschieden sein: die Ginen werden hoffen, was die Anderen fürchten, auch mag hier und da das Urtheil nicht ganz unbeeinflußt sein von dem, was man wünscht. Aber für alle Fälle wird es nüß- lich sein, bei Beurtheilung der weiteren Phasen unserer Verfassungs- Angelegenheit die im Vorstehenden angeführten Thatsachen nicht aus dem Auge zu verlieren.

Bremen, 29. Ianuar. In der heutigen Sizung der Bürg er- \haft, welcher Dr. Meinerhhagen präsidirte, kam das Verkoppe- lungsgeseß zur Berathung und wurde mit einigen von der suri- stischen Kommisfion vorgeschlagenen, zum Theil redaktionellen Ab- änderungs-Anträgen, genehmigt.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 29. Januar. Das „Reichs- Geseßblatt“ und die „Wien. 3.“ publiziren den Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag zwischen der österreichish-unga- rishen Monarchie und dem Königreiche Siam vom 8. Mai 1871. Abgeschlossen zu Bangkok am 17. Mai 1869, von Sr. Kaiser- lihen und Königlichen Apostolishen Majestät ratifizirt zu Wien anm 8. Mai 1871 und in den beiderseitigen Ratifikationen aus- gewechselt zu Bangkok am 30. April 1872.

Der große Ministerrath, der am Sonntag unter dem Vorsize des Kaisers stattfand und dem der gemeinsame Kriegs- Minister Freiherr v. Kuhn, so wie das ganze ungarische Mini- sterium und F.-M.-L. v. Mollinaky beiwohnten, währte von 10 Uhr Vormittags bis halb drei Uhr Nachmittags, und wurde dann, nachdem sich Se. Majestät zurückgezogen hatte, bis 5 Uhr weiter fortgeseßt. In demselben wurde, wie wir der „Prag. Ztg.“ entnehmen, endgiltig sestgesezt, was mit dem Erlös für die Grenz-

wälder zu geschehen habe und wurde mit der Ausführung der

Bestimmungen F.-M.-L. Mollinary betraut.

Die verwittwete Kaiserin Karolina Augusta, geb. Prinzessin von Bayern, is \eit mehreren Tagen an einem gastrish - biliösen Fieber erkrankt, welches bis jeßt einen mäßig intensiven Verlauf genommen hat. Z

Im Abgeordnetenhause brachte die Regierung ge- stern folgende Vorlagen ein: Gesezentwurf, betreffend die zollfreie Behandlung der zum Baue und Ausrüstung von Schif- fen erforderlihen Gegenstände; Geseßentwurf über die Ver- äußerung von unbeweglihem Staatseigenthum (Baugrunde in der Nähe des Molo del Sale in Triest); eine Nachtragskredits- forderung für das Ministerium für Kultus und Unterricht; eine Ergänzungskreditforderung von 25,000 fl. für den Titel: „Finanz- Landes-, Finanz-Bezirksdirektion, Finanzinspektoren und Gebüh- renbemessungsämter in Galizien“, eine Nachtragskreditfordérung von 80,000 fl. zum Präliminare der Salzerzeugung für das Jahr - 1873; Gesezéntwurf , betreffend die Organisation der tehnischen Hochschule’ in Brünn.

Hierauf wurde zur Tagesordnung übergegangen und die Regierungsvorlage, betreffend die Geseßentwürfe: a. über das Mahnverfahren, b. über das Bagatellverfahren und c. womit für Civilstreitsahen die Einschränkung der Gerichtsbarkeit der Bezirksgerichte verfügt wird, einem aus dem ganzen Hause zu wählenden Ausschusse von neun Mitgliedern zugewiesen, dessen Wahl \päter stattfand.

Der Gesezentwurf über Verwerthung des Fleisches und der Häute von bei Rinderpestgefahr geshlahteten gesunden Thieren wurde einem aus den Abtheilungen zu wählenden Aus\husse zur Vorberathung übergeben.

Es folgte nunmehr der pit. des A be- treffend den Central-Rechnungsabshluß über den Staatshaushalt für das Jahr 1871.

Abg. Dr. Brestel verlas den diesbezüglihen Bericht, und wurde folgender Antrag des Ausschusses ohne Debatte ange- nommen.

Das Hohe Abgeordnetenhaus wolle beschließen: |

1) Der Centralrechnungsabs{chluß über den Staatshaushalt der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder für das Jahr 1871, welcher als Gesammterfolg Der reellen Staatsausgaben des Jahres 1871 bei den ordentlichen Ausgaben eine Summe von 294,359,290 l, bei den außerordentlichen Ausgaben eine Summe von 48,689,046 fl. und bei den Ausgaben für Rechnung von auf den Voranschlag des Jahres 1871 üLertragenen Kreditresten des Jahres 1870 2,597,084 fl., zusammen also ein Gesammterforderniß von 345,645,431 fl., dann als Gesammterfolg der reellen Staatseinnahmen und zwar: an ordentli- hen Einnahmen- 327,816,995 fl., an außerordentlichen Einnahmen 98,479,989 fl., zusammen 356,296,984 fl., fomit einen Uebershuß von 10,651,553 fl. nahweist, wird genehmigt und der Regierung diesfalls das Absolutorium im verfassungsmäßigen Wege ertheilt. 2) Das Ministerium wird aufgefordert, in Hinkunft mit jedem Rechnungs- abschlusse einen Nachweis über den Werth der am Schlusse des Jah- res vorhanden gewesenen Bestände der Tabakverwaltung: Rohstoffe, Halb- und Ganzfabrikate, zum Kostenpreise berechnet, vorzulegen. #

Schweiz. Bern, 29. Ianuar. Der Bundesrath hat die auf die Ligne d'Italie bezüglihe Note der französischen Regierung dahin beantwortet, daß durch die getroffenen Maß- regeln sämmtliche in Frage kommende Interessen bestmöglichst ge- {ütt seien: die betressenden Bundesbeschlüffe müßten jedoch unter jeder Bedingung ausgeführt werden. Auf die italienishe Note erwiderte der Bundesrath, daß gedachte Bunudesbeschlüsse die von der Gesellschaft der Ligne d'Italie gegenüber der italienishen Re- gierung eingegangenen Verpflichtungen selbstverständlih unbe- rührt ließen.

Solothurn, 29. Januar. (W. T. B.) Die hier tagende Didzesankonferenz des Bisthums Basel nahm in ihrer heutigen Sißzung mit fünf gegen zwei Stimmen (Zug und Luzern) die bekannten Anträge der Regierung des Kantons Bern an, darunter auch den auf Amtsentsezung des Bischofs von Basel. Die Konferenz wird das Resultat ihrer Berathungen dur eine Proklamation zur Kenntniß des Volkes bringen.

Niederlande. Haag, 24. Januar. Die Erste Kammer der Generalstaaten hat ihre Arbeiten von neuem eingestellt. Vorher aber erledigte fie sämmtliche bis dahin noh nicht rati- ficirte Abschnitte der 1873er Etatsvorlage, und zwar die des Inneren, der Marine, der Finanzen, der Kolonien und des Kriegs. Die Annahme derselben erfolgte entweder mit Stimmen- einhelligkeit oder mit geringer Opposition. Die Bevölkerung Amsterdams beabsichtigt im Monat Mai nähften Jahres den 25. Jahrestag des Regierungsantritts des regierenden Landesherrn festlich zu begehen.

Großbritannien und Jrland. London, 27. Januar. Zur Unterstüßung der Schiffbrüchigen der „Northfleet“ und der Hinterbliebenen der Ertrunkenen hat si hier ein einflußreiches Hülfskomite gebildet, an dessen Spize der Lordmayor der

Stadt steht.

Éiner Meldung aus Dublin zufolge wird der Prozeß gegen die an den Wahlumtrieében in Galway betheiligt ge- wesenen katholischen Priester und Laien am nächsten Sonnabend, den 1. Februar, seinen Anfang nehmen.

Heute fand hier die jährlihe Generalversammlung der Gouverneure des deut\chen Hospitals in Dalston statt. Aus dem vom Ehrensekretär der Anstalt, Pastor Wallbaum, verlesenen Rechenschaftsbericht erhellt, daß das abgelaufene Jahr ein sehr günstiges für das Hospital war. Die Gesammteinnahmen be- liefen sich auf 7,262 Lstr., die Ausgaben auf 6,225 Lstr. Die Zahl der Patienten, die während des Jahres im Hospital be- handelt wurden, betrug 1,129, und die der Außen-Patienten, d. h. Solcher, denen ärztliher Rath und Medizin unentgeltlih außer- halb der Anstalt verabreicht wurde, 15,805. Außerdem wurden 2,403 Personen zahnärztlih behandelt. Die Mehrzahl der Außen- Patienten ' waren Engländer. ( allein, ihre zahlreihen Patienten ärztlich zu behandelt, sondern versuchte auch, die Lage der ärmeren Kranken zu bessern und Brodlosen zur Beschäftigung zu verhelfen.

Frankreich. Paris, 28. Ianuar. „Avenir national“ meldet: „Außer dein Lager von Avor, welches in Kurzem voll- ständig eingerichtet sein wird, und dem von Chalons, an dessen Instandsezung rüstig gearbeitet wird, beabsichtigt der Kriegs-Mi- nister, noch zwei andere ausgedehnte Lager in der as von Marseille und von Lyon zu errichten. Der Kriegs-Minister trifft a seine Anstalten, daß Frankreih nächsten April vier große Armeen von 100- bis 110,000 Mann zum mindesten zur Verfügung- habe. des Centrums heißen.

Iede würde aus drei Corps bestehen und

jedes Corps aus drei Divisionen Infanterie und einer Diviston

Kavallerie.“ Dem „Stephanois“ zufolge herrsht in der Waffen- fabrik von St. Etienne in Folge von bedeutenden Bestellungen des Staates eine große Thätigkeit. Man fabrizirt im Augen-

Japan hat der König

Die Anstalt begnügte fih nicht

Sie würden Ost-, West- und Süd-Armee /

blie hauptsählih Karabiner für die Kavallerie, System Chassepot. Die Zahl der täglih verfertigten Stücke beträgt 600 bis 650, und man hofft, die Zahl bald bis auf 700 zu bringen.

Die großen Frühjahrs-Manö ver der Paris-Versailler Armee beginnen {hon dieser Tage.

29. Januar. (W. T. BZ Der Prozeß des Prinzen Napoleon wider den vormaiigen Minister des Junern, Le- franc, ist heute zur Verhandlung gekommen. Lefranc übernahm die volle Verantwortlichkeit für. die Ausweisung des Prinzen, indem er seine Untergebenen außer Verantwortlichkeit seßte. Der Generalprokurator war ‘derselben Ansicht. Die Angelegen- heit wurde hieraüf auf vierzehn Tage vertagt. -

Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten, de Re- musat, hat dem Handels - Minister die Bildung einer inter- nationalen Kommission vorgeschlagen, zusammengeseßt aus Delegirten der Vertragsmächte von 1860, um dadurch. künftige kommerzielle Unterhandlungen zu crleichtern.

De Remusat und Lord Lyons haben, der Agence Havas“ zufolge, heute das Protokoll bezüglich der Regelung der Tarife des Handelsvertrages mit Großbritannien unter- zeichnet. Dasselbe wird, nachdem es der Nationalversammlung unterbreitet worden, von dem Präsidenten der Republik ratifizirt werden.

Italien. Rom, 26. Ianuar. Wie das „Iournal de Rome“ berichtet, wird nächstens Mirza-Malcom-Nas i- mulmulk Khan, der außerordentliche Gesandte und bevoll- mächtigte Minister des Schah von Persien in Rom eintreffen, um die Ankunft seines Herrn vorzubereiten.

Von den drei vom Kriegs-Minister dekretirten Al p enj ä g er- Kompagnien wird die eine ihr Hauptquartier in Bormio, die andere in Varese und die dritte in Tireno haben.

Aus der von dem Finanz-Minister Sella der Kammer vorgelegten Shahßabrehnung für 1872 geht hervor, daß im Jahre 1872 an Steuern, Zöllen, Gefällen u. \. w. eingenommen wurden Lire 1,296,598,880, während im Jahre 1871 die Ein- nahmen Lire 1,193,548,034 betragen hatten, was also einen Uebershuß von Lire 103,058,845 für 1872 ergiebt. Die einzelnen Mehrerträge fallen auf die Grundsteuer (235 Millionen), Ein- kommensteuer (44 Mill.), Geschäftssteuer (19 Mill.), Mahlsteuer (14 Mill.), Zölle (65 Mill.) u. f. w. Dagegen sind Ausfälle zu verzeihnen in den außerordentlihen Einnahmen (484 Mill.), in Lotto (9 Mill.), im Ofktroi (3 Mill. u. #. w. Die Ausgaben betrugen in dem abgelaufenen Jahre Lire 1,366,984,648, van welchen 931 Millionen auf das Finanz-Ministerium, 505 auf das Innere, 161x auf die Armee, 31è auf die Marine u \. w. fommen.

29. Januar. (W. T. B.) Die von mehreren Journalen gemeldete Nachricht, daß der Pap den italienischen Bischöfen gestattet hábe bei der italienischen Regierung das Exequatur nachzusuchen, wird von dem „Observatore Romano“ als unbe- gründet bezeichnet.

Einer Mittheilung des „Giornale di Roma“ zufolge wird die Subkommission der] Deputirtenkammer den Be- riht über den Geseßentwurf bezüglih der religiösen Körperschaften demnächst vollenden und dürfte derselbe noch vor den Karnevalsferien der Kammer vorgelegt werden.

Schweden und Norwegeu. Stockholm, 25. Januar. Die Reise des Königs und der Königin von hier nah Chri- \tiania, wo fich Ihre Majestäten etwa 3 Monate aufhalten wer- den, soll, wié von Chriftiania berichtet wird, am 31. mit Extra- zug und die Ankunft in Christiania am 1. Februar stattfinden.

Zum \{chwedis{ch-norwegischen Ministerresidenten in am 28. Dezember den Königl. nieder- E Ministerresidenten daselbst, W. F. H. von Weckherlin, verordnet.

Amerika. New-York, 29. Januar. Die Subskripy- tion auf die neue Anleihe von 300 Millionen Dollars wird wahrscheinlich am 4. Februar eröffnet werden. Jm Westen ist die Kälte bis auf 20 Grad (Fahrenheit) gestiegen. Nach eingetroffenen Nachrichten aus Honolulu ist der den Vereinigten Staaten zugeneigte Prinz Lunalilo durch allgemeine Volksabitimmung zum König der Sandwich - Juseln gewählt. Die Bestätigung der Wahl durch die geseßgebende Versammlung wird mit Sicherheit erwartet.

Statistische Nachrichten.

__Im Jahre 1872 sind inBremen 3638 Seeschiffe von 567,764 Last. (zu 4000 Pfund) eingelaufen gegen 3237 Schiffe und 577,342 Last im Jahre 1871. Von denselben waren beladen 3543 Sch. von 546,547 L. (1871: 3098 Sch. von 560,300 L.), während die übrigen in Ballast oder leer eingingen. Auf die einzelnen Stationen vertheilen Be diese Schiffe der Hauptsache nach folgendermaßen: Deutsche Schiffe

741 von 426,035 L. (1871: 2324 von 392,192 L.), großbritannische 397 von 82,258 L. (1871: 470 von 104,740 L.), niederländische 312 von 17,343 L. (1871: 207 von 14,794 L.), italienische 27 von 9714 L. (1871: 4 von 1013 L.), norwegische 45 von §794 L. (1871: 64 von 13,975 L), s{wedische 37 von 6875 L. (1871: 39 von 6420 L.) nordamerifanische 6 von 4812 L. (1871: 47 von 25,712 L), russiche 9 von 2462 L, (1871: 16 von 7061 L.), spanische 15 von 2160 L. (1871: 8 von 1238L.), belgische 12 von 2100L. (1871: 19 von 3695 L.), dänische 21 vou 1944 L. (1871: 24 von 3330 L.), französische 8 von 1409 L. (1871: 8 von 1527 L.), österreichishe 3 von 820 L. (1871: 2 von 632 L.). Von Europa kamen 3122 Sch. von 255,640 L. (1871: 2616 von 239,763 L.), von den Vereinigten Staaten 294 Sch. von 232,318 L. (1871: 336 von 252,449 L.), von dem übrigen Nordamcrifka 5 Sch. von 453 L. (1871: 2 von 322 L.), von Mittelamerika 21 Sch. von 5634 L, (1871: 29 von 6537 L), von Südamerika 68 Sch. von 28,789 L. (1871: 103 von 23,337 L), von Westindien 39 Sch. von 6823 L, (1871: 45 von 6676 L.), von Afrika 13 Sch. von 2491 L, (1871: 18 von 2920 L.), von Asien 77 Sch. von 35,293 L. (1871: 85 von 44,483 L), von den Sandwichinseln 1 Sch. von 323 L. (1871: 3 von 855 L.). - Von dem Verkehr der europäischen Häfen entfallen u. ä. auf: Preußen 1244 Sch. von 28,244 L. (1871: 696 von 18,182 L), Oldenburg 96 Sch: von 1869 L, (1871: 96 von 2082 L), Niederlande 110 Sch. von 9232 L. (1871: 109 von 9713 L), Belgien 27 Sch. von 5880 L. (1871: 21 von 4331 L.), Ham- burg 239 Sh. von 16,327 L. (1871: 184 von 10,967 L.), Schweden 94 Sth. von 6639 L. (1871: 62 von 4191 L), Norwegen 239 Sh. von 15,396 L. (1871: 202 von 12,309 L.), Rußland 120 Sch. von 18,195 L. (1871: 184 Sch. von 24,6697 L), Großbritannien und Irland 688 S. von 138,756 L. (1871: 734 von 135,035 L.), Frank- reih 21 S. von 3267 L. (1871: 32 von 6468 L.), Spanien 19 Sch. von-3039 L. (1871: 13 von 1926 L.), Portugal 14 Sch. von 1676 L. (1871: 13 von 1474 L). i

Ausgelaufen sind von Bremen im Jahre 1872: 3568 Sch. von 543,937 L (1871: 3241 von 559,028 L.), darunter mit Ladung 2070 Sch. von 402,367 L. (1871: 1910 von 258,470 L.). Es waren hiervon bestimmt nach: Europa 3204 Sch. von 289,007 L. (1871: 92875 von 311,966 L.), den Vereinigten Staaten 243 Sh. von 912,092 L. (1871: 230 von 202,883 L), dem übrigen Nordamerika 12 Schiffe von 3882 L. (1871: 10 von 2857 L.), Mittelamerika 2 Schiffe von 719 L. (1871: 7 von 1237 L), Südamerifa 36 Sch. von 21,893 L. (1871: 38 von 19,221 L.),

Westindien 39 S. von 6317 L. (1871: 50 von 8406 L.), Afrika 9 Sch. von 1262 L. (1871: 11 von 1464 L), Asien 20 Sch. von 7956 L. (1871: 17 von 10,034 L.), den Sandwichsinseln 3 Sch. von 209 L. (1871: 3 von 960 L.). Bei dem Verkehr, welcher nah euro- päischen Häfen stattgefunden hat, kommen ‘namentlich in Betracht: Preuyen mit 936 Sch. von 20,352 L. (1871: 616 Sch. ‘von 15,680L.), ldenburg mit 175 Sch. von 3722 L. (1871: 101 von 1758 L,), Néederlande mit 177 S. von 9364 L. (1871: 179 von 9800 L.), Belgien mit 31 Sch. von 5837 L. (1871: 30 von 4809 L.), Ham- burg mit 386 Sch. von 23,307 L. (1871: 371 von 19,028 L.), Däne- mark mit 54 Sch. von 2531 L. (1871: 45 von 2566 L.), Schweden mit 113 Sch. von 10,808 L. (1871: 100 von 11,126 L.), Norwegen mit 236 Sch. von 16,083 L. (1871: 196 von 14,536 L.), Rußland mit 81 Sch. von 7014 L. (1871 : 137 von 13,867 L.), Großbritannien und Irland mit 802 Sch. von 182,965 L. (1871: 829 von 205,723 L.). Wie ih der Schiffsverkehr Bremens während der leßten fünf Jahre gestaltet hat, läßt nachstehende Uebersicht näher ersehen : l S4 Gingang. |_ Ausgang. ___ Sqhiffszahl. Lastenzahl.Schiffszahl. Lastenzahl. 1872 3638 567,764 3968 543,9: 1571 3237 1870 2350

577,342 | 3241 559,028 356,063 2368 349,894 186.) 3032 436,423 3176 446,953 1868 3182 423,811 | RLCT 420,678 Durchschnitt | für 1863/72 3088 472,281 | 3126 464,098 _ Die im Jahre 1872 in großbritannischen Häfen eincla- rirten Schiffe hatten einen Tonnengehalt von 17,902,783, gegen das Vorjahr 1,447,441 Tons mehr. Die Schiffe unter großbritannischer Flagge ergaben davon 12,141,269 Tons gegen 1871 891,149 Tons Zunahme, die Schiffe unter anderer Flagge 5,761,514 Tons gegen 1871 556,292 Tons Zunahme.

Der Tonnengehalt der cusgehenden Schiffe betrug 19,245,185, gegen das Vorjahr 197,730 Tons mehr, darum unter großbritannischer Jlagge 13,571,794 Tons, Zunahme 175,211 Tons, unter anderer Slagge 5,673,391 Tons, Zunahme 22,519 Tons!

Rom, 25. Januar. Im Studienjahre 186162 gab es im Königreich Jtalien 18 technische Unterrichts-Anstalten und Spezialschulen; im Jahre 1871/72 sind sie auf 66 technische Unterrichts-Anstalten mit einer oder mehreren Abtheilungen, F Berg- bau-Schulen und 25 Handel8marine-Schulen angewachsen, (die höheren Handels-, Ackerbau- und Marine-Schulen nicht eingerechnet.) Was den Besuch der technischen Unterrichts - Anstalten betrifft, so ist der- selbe innerhalb der leßten zehn Jahre von 908 auf 4857 Schüler ge-

stiegen.

__St. Petersburg, 24. Januar. Nach dem offiziellen Be- richt über den Handel Rußlands mit Asien für 1871 belief sich der allgemeine Werth der exportirten Waaren auf 8,904,026 R. (524,792 R. mehr als 1870) und der der importirten Waarzn auf 15,929,946 R. (4,580,065 R. weniger als 1870). Gold und Silber wurden im Betcage von 1,339,156 R. (337,008 R. mehr als 1870) ausgeführt und im Betrage von 252,957 R. (158,024 R. weniger als 1870) eingeführt.

_Die hauptsächlihsten Gegenstände des Erporthandels waren Wol- lenfabrikate (für 2,116,798 R.), Seide (1,763,780 R.), rohe Schaf- wolle (979,788 R.), Baumwollenfabrikate (745,719 R.), Rauchwaaren ain x R.), Getreide (633,605 R.) u. st. w.; importirt wurden jauptsächlich Thee“(für 6,322,416 R.), Baumwollenfabrikate (3,484,561 R), Früchte und Gemüje (864,859 R.), Rohbaumwolle (696,058 R.), Metallfabrikate (665,800 R.), Wollenfabrikate (491,185 R.) u. f. w. ___ Für die ver\chiedenen Lokalitäten gestaltete sich die Aus- und Ein- fuhr in folgender Weise:

1) In Transkaukasien wurden Waaren im Werthe von 4,810,167 R. (882,833 R. mehr als 1870) ausgeführt und im Werthe von 8,443,045 R. (3,018,339 R. weniger als 1870) eingeführt. Die Haupterxportartikel waren: Seide (für 1,763,780 R.), rohe Schafwolle (979,788 N.), Getreide (597,694 R.),/ *Röohbaumwolle (470,108 R.) u. f. w.; die Hauptimportartikel: Baumwollenfabrikate (3,216,408 R.), Früchte und Gemüse (712,881 R.), Metallfabrikate R R.), Wollenfabrikate (464,473 R.), Seidenfabrikate (462,302

Jeu W,

__ Auf die transfaukasischen Häfen des Schwarzen Meeres kommt ein Export im Werthe von 3,689,843 R. und ein Import im Werthe von 4,816,199 R., auf die transkaukasischen Häfen des Kaspischen Meeres eine Ausfuhr von 619,696 R. und eine Einfuhr von 1,378,396 R. und äuf die Landgrenze cin Export von 500,628 R. und ein Im- port von 2,248,456 R.

2) Der Hafen von Astrachan hat eine Ausfuhr im Werthe von 611,882 R. und eine Einfuhr im Werthe von 962,580 R.

3) Veber Kiachta und den Amur betrug der Werth der expor- tirten Waaren 3,481,977 R., wozu noch 640,100 R. in Edelmetallen famen und der Werth des Imports 6,524,321 R. (darunter Thee für 6,045,526 R.). i y

Der Werth der im Transithandel dur “‘Transkaukasfien nach Persien gegangenenen Waaren wird mit 1,348,462 R. und der nach Europa geführten mit 441,506 R. berechnet.

Hinsichtlich der Schifffahrt ist zu bemerken, daß 2208 Fahr- zeuge (1221 mit Waaren und 987 mit Ballast) angekommen und da- von 1456 (661 mit W. und 795 mit B.) in die transkaukasichen h des Schwarzen Meeres und 752 (560 mit W. und 192 mit

) in_die des Kaspischen Meeres eingelaufen find. Abgegangen sind 2196 Schiffe (1665 mit W. und 531 mit B.) und davon aus den transkaufkfasishen Häfen des Schwarzen Meeres 1500 (1072 mit W. und 428 mit B.) und 696 (593 mit W. und 103 mit B.) aus denen des Kaspischen Meeres. Unter den angekommenen Schiffen führten 952 die rusfische, 1099 die türkische, 130 die persische Flagge und 24 die anderer Nationen.

Die Zolleinnahmen haben 2,858,914 R. (260,677 R. weniger als 1870) betragen.

_Was die Staaten anbetrifft, die bei dem afiatischen Handel be- theiligr find, fo kommen von dem Werthe der exportirten Waaren 3,481,977 R. auf China, 3,469,414 R. auf die Türkei, 1,429,368 R. auf Persien, 487,376 R. auf Frankrei, 32,925 R. auf England und 2964 R. aut Chiwa. An dem Werthe der importirten Wäaren sind betheiligt: China mit 6,524,328 R., die Türkei mit 5,446,210 R.,

Persien mit 3,948,972 R., Frankreich mit 8800 R., Preußen mit

1013 R. und Chiwa mit 623 R. q)

In New-York kamen im Jahre 1872 5510 Schiffe an, darunter 902 Dampfer, 438 Vollschiffe, 1624 Barken, 1416 Briggs und 1139 Schooner. Dex Nationalität nah waren von diesen Schif- fen 2078 oder 38 Prozent nordamerikanische und 3432 oder 62 Pro- zent fremde. Unter den leßten führten die großbritannische Flagge 2117 Schiffe, also_ mehr als an nordamerikanishen Schiffen in den Hafen einliefen. Die deutsche Flagge war durh 406 Schiffe vertre- ten, darunter 147 Dampfer, eine verhältnißmäßig große Anzahl, da den Vereinigten Staaten nur 201 (Großbritannien dagegen 506) der in New-York angekommenen Dampfer angehörten. Nah Ncerwegen gehörten 315 der einlaufenden Schiffe, nah Italien 258, Oesterreich 67, Frankreich 51, Dänemark 38, Schweden 36, den Niederlanden 35, Spanien 30, Rußland 30, Portugal 16 2c.

Ueber die Goldentwerthung seit 1848 sagt der „Eco- nomist“: Die Schäßungen einzelner Nationalökonomen, zur Zeit der großen Goldentdeckungen um die Mitte dieses Jahrhunderts, waren übertrieben, sofern sie eine Jahresausbeute an Gold für den Lauf der nächsten Jahrzehnte annahmen, welche dur die Thatsachen seitdem feineswegs bestätigt worden ist, Der französische Nationalökonom Michel Chevalier \{chäßte dieselbe auf 35—42 Millionen Pfd. St. ; der englische Nationalöfonom Macculloch auf 39 Millionen Pfd. St.; in Wirklichkeit aber hat die jährliche Produktion jeßt für eine Reihe von Jahren nur etwa 20 Millionen Pfd. St. betragen, d. h. wenig mehr als Chevaliers Schäßung der jährlichen Gold-Konsumtion (ca. 18 Millionen Pfd. St.). Da hiernach die Hauptgrundlage der erwar- teten Goldentwerthung, nämlih die Goldproduktion, so bedeutend

D

hinter der Sig zurückgeblieben, so ist au die Hinfälligkeit der darauf bafirten Folgerung klar, mit anderen Worten: die Annahme m Goldentwerthung um 50 Prozent ist eine vollkommen unbe- gründete.

Kunst und Wissenschaft.

_Das Januar-Heft] der] Zeitschrift für Preußische Geschihte und Landeskunde, herausgegeben von riet Rößler, bringt zunächst eine Abhandlung vom Herausgeber unter dem Titel „Der deutsch-französische Krieg,“ worin derselbe von den allge- meinen Bedingung:-n und eigentlichen Ursachen dieses Krieges, sowie von den Bedingungen des abermaligen Sieges Deutschlands im Fall der Wiederkehr der militärischen Waffenmessung, u»d von den Zuständen Frankreihs und dem Charakter seiner Bevölkerung handelt. Darauf bespriht der Herausgeber ausführlih den Inhalt des 24. Bandes ven Leopold von Ranke's sämmtlichen Werken, in welchem sich mehrere Abhandlungen auf die preußische Geschichte beziehen. Zuleßt berichtet W. Pierson über den Jubalt eines auf der Herzoglichen Bibliothek zu Gotha befindlichen hand- schriftlichen Kollekturenbuhs Kaspar Hennenbergers. In demselben befindet sih u. A. der Bericht eines Augenzeugen über des Markgrafen Georg Friedrih : von Anspah Reise nach Warschau zur Belehnung, und nah Preußen zur Huldigung im Jahre 1578“

__ So eben ist in Breslau im Verlage von Wilh. Gottl. Korn eine Schrift unter dem Titel „Die Kassen, Buch- und Regi- #terführung der preußishen Haupt-Zoll- und Haupt- Steuerämter, sowie der denselben untergeordneten Hebestellen, her- ausgegeben von Adalb. Materne, Königl. Provinzial-Steuersekretär, erschienen. Da seit dem Jahre 1838, in welchem bekanntlich Schön- brodt ein Handbuch üher das Rechnungswesen herausgegeben hat, nur noch in Schimmelfennigs Werke über die preußischen indirekten Steu- ern v. J. 1856 cin Abdruck der damals gültigen, jeßt veral- teten Anweisung zur Rechnungslegung und Buchführung fich findet, fo hat Materne durh Herausgabe des von ihm zusammengestellten Hand- buchs über die Kassen-, Buch- und Registerführung einem in Wirk- lichkeit vorhandenen Bedürfnisse abgehelfen. Dieses Handbuch enthält außer dem Geseße, betreffend die Einrichtung und die Be- fugnifse der Königlichen Ober-Rechnungskammer eine An- weisung zur Rechnungslegung Über die indirekten Steuern für die Hauptzoll- und Hauptsteuer-Aemter, ferner eine folhe zur Kassen- und Buchführung für dieselben Aemter, sodann eine Anweisung zur Kassen- und Buchführung für dic den Hauptämtern untergeordneten Hebestellen, eine Anweisung zur Prozeß-Buchführung für die Haupt- zoll- und Hauptsteuer-Aemter, die Instruktion zur Ausführung der allmonatlih und außergewöhnlih vorzunehmenden Kassenrevisionen, eine Buch- und Registerführung aus dem Zollgeseß, eine Anleitung zur Buchführung bei der Erhebung der Getränkesteuern, eine Buch- und MRegisterführung aus dem Geseß über die Tabaksteuer und aus dem Mahl- und Schlachisteuergeseß, die Instruktion für die Steuer- behörden zur Ausführung der Verordnung vom 7. August 1846, die Besteuerung des .im Inlande erzeugten Rübenzukers betreffend, eine Anweisung das Stempel-Rechnungswesen betreffend, eine Dienst- anweisung für die Chausseegeld-Cmpofänger u. A.

_ Elbing, 27. Januar. Am 16. Februar fi det hier eine General- versammlung der Sängerveréeine Ost- und Westpreußens statt. Es joll darüber Beschluß gefaßt werden, ob das nächste Pro- vinzialsängerfest in Danzig oder in Königsberg abzuhalten sei.

München, 26. Janúar. Das Hoftheater hat vor einigen Tagen Shakespeare’s- „Sommernachtstraum“ mit der Mendelsfohnschen Mufik neu beseßt und in theilweise neuer Ausstattung, nachdem das genannte Lust)piel mehrere Jahre geruht, wieder zur Aufführung ge- braht. Das deutsche Sängerfest, welches im August d. J. hier und zwar im Glaspalast, abgehalten werden sollte, wird, wie nun bestimmt ist, für dieses Jahr unterbleiben, weil die umfassenden Reparaturen des Gebäudes längere Zeit in Anspruch nehmen. Die Abhaltung des Festes im Spätsommer des nächsten Jahres ist da- gegen in sichere Ausficht genommen.

Stockholm, 22. Januar. _ Der Verein für die Heraus- gabe von Handschriften, welche die Geschichte Skandinaviens be- treffen, hat sich in einem Schreiben an die Stadtbevollmächtigten Stockholms erboten, für einen jährlichen Anschlag von 1000 Rth. auf 6 Jahre die für die Geschichte des Mittelalters wichtigen Stockholmer Stadtbücher in 6 Bänden zu 30 Bogen zu veröffentkichen.

Kopenhagen, 24. Januar. Bei einer in der Nähe der Stadt Slagel se auf Seeland vorgenommenen Ausgrabung ist man auf das Fundament cines, allem Anscheine nach sehr alten Gebäudes gestoßen. Die Steine sind von der in Dänemark bekannten Sorte, welche den Namen „Möncßsteine“ tragen und welche gewöhnlich in Gebäuden aus dem Mittelalter angetroffen werden. Unter diesen Steinen befinden fich einige, welhe mit besonderer Sorgfalt gebrannt und mit Ornamenten versehen sind und da man auch Reste eines mit Steinfliesen belegten Fußbodens vorgefunden hat, fo steht zu vermuthen, daß das Gebäude seiner Zeit als Kirche oder Kloster benußt worden ist. Sowohl von Seite der Behörden als auch des Eigenthümers find Veranstaltungen zur Sicherung einer sorgfältigen Ausgrabung getroffen

worden. Landwirthschaft.

Berlin, 30. Januar. Wie die „Concordia“ mittheilt, fand hier am 7. d. M. eine Sißung des geschäftsführenden Aus- schusses der Berliner Konferenz ländlicher Arbeitgeber statt. In derselben wurde u. A. beschlossen, die fragliche Konferenz als förm- lichen Verein zu konstituiren. Der Vorsißende (Professor v. d. Golß) hatte zu diesem Zweck bereits einen Statuten - Entwurf ausgearbeitet, welcher nah eingehender Berathung und mit einigen Abänderungen angenommen wurde. Die Veröffentlichung desselben wird demnächst erfolgen. Der Auss{uß beschloß ferner, die nächste Generalversaumms- lung der Konferenz resp. des zu konstituirenden Vereins am 16. und 17, Mai d. J. in Berlin abzuhalten. Auf derselben foll verhandelt werden über: 1) die Auswanderungsfrage; 2) die Schulfrage; 3) die im landwirthshaftlichen Gewerbe zur Anwendung kommenden Lohn- arten (Gelblohn, Naturallöhnung, Tantième u. f. w.) Zu dieser Ge- neralversammlung sollen die ländlichen Arbeitgeber und sonstige Sach- # verständige aus ganz Deutschland eingeladen werden.

München, 25. Januar. Aus den Kreisen werden dem „Korr.- Bl. v. u. f. D.“ folgende landwirthscchaftliche Nachrichten mitgetheilt: Der Regen, welcher eine Zeit lang, 4.—11. Dezember, andauerte, hat den Saaten sehr wohlgethan, doch wenig Einfluß auf die noch sehr häufig vorkommenden Feldmäuse gehabt. Weniger gut bekam den Saaten die sehr s{öne, von Nachtfrösten begleitete Witte- rung in der leßten Woche des Monats; der Erdboden war sehr naß, und darum sprengte der Frost viele Würzelchen- und ganze Stöcke der Kornpflänzchen ab. Ueber die Mäuseplage wird aus allen Distrikten geklagt. Hier und da haben die Mäuse den Kleeäckern, Wiesen und Saaten schon scharf zugeseßt; im Mainthale bei Kißingen hat man {hon Getreidesaaten umpflügen müssen, weil fie von denselben fast gänzlich zerstört waren. Wenn nicht vor Begiun des Frühlings un- günstige Witterung, Glatteis mit Regen, eintritt, gehen wir einer großen Kalamität entgegen, es jei denn, daß in Zeiten energische und durchgreifende Maßregeln dagegen getrosfen werden. Jm Hochgebirge ershwect der Mangel an Schnee sehr den Transport der Hölzer von den Bergen herab, weil die Schlitten nicht gebraucht werden können. Aus dem Allgäu schreibt man, daß der Zentner Heu dort mit 2 fl. 12 fr. bis 2 il 94 fr. bezahlt werde; Grummet mit 3 fl. bis 3h 12 fr. Kälber werden mit 15 bis 17 fr. das Pfund lebendes Gewi bezahlt.

Stóckholm, 25. Januar. Die Schafpocken-Epidemie in Schonen hat nunmehr gänzlich aufgehört.

Gewerbe und Sandel.

Wien, 25. Januar. (W. A. C.) Vorgestern ist das Mitglied der japanischen Ausstellungs - Kommission, S exijarva Akekigs, hier eingetroffen, um seine Funktion als Kommissär der japanischen (usftellung in Wien anzutreten. /

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