1873 / 30 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 01 Feb 1873 18:00:01 GMT) scan diff

er Prinz Albrecht, welcher in der Pause zwischen den beiden Umgängen in eine der Prosceniumslogen zur Linken getreten war, sührte Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Carl, Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Marie und Se. Königliche Hoheit der Prinz Adalbert Fhre Königliche Hoheit die Prinzessin Elisabeth. ; Während des dann folgenden Tanzes verweilten Se. Ma- jestät der Kaiser und König no längere Zeit im Opernhause; Allerhöchstdieselben traten in die Logen des diplomatischen Corps und geruhten an einzelne hervorragende Persönlihkeiten einige Worte zu rihten; auch Se. Königliche Hoheit der Prinz Fried- rich Carl und Se. Hoheit der Herzog Wilhelm von Mecklen- burg verweiten längere Zeit im Ballsaale selbft. 24 Ihre Majestät die Kaiserin - Königin und die Königlichen Prinzessinnen zogen \ich in der zwölften Stunde zurück, während Se. Majestät der Kaiser und König mit Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzen dem Ballfest bis nah 1 Uhr beiwohnten Der Schluß des Balles fand um 2 Uhr statt.

Die vereinigten Aus\chüsse des Bundesraths für das Landheer und die Festungen und für Rehnungswesen und der Ausschuß für Rechnungswesen hielten heute Sizungen.

Im weiteren Verlauf der gestrigen Sißung des Hauses der Abgeordneten nahm nach dem Abg. Dr. Petri der Minister der geistlihen Angelegenheiten Dr. Falk das Wort, um den Standpunkt der Staatsregierung gegenüber dem Vorschlage der Kommission und den gestellten Amendements zu präzisiren. (S. unter Landtagsangelegenheiten). Darauf wurde der Art. 15 in der Fassung der Kommisfion unter Ablehnung sämmtlicher Amendements in namentliher Abstimmung mit 262 gegen 117 Stimmen angenommen. Gegen die Fassung der Kommission nahmen zu Art. 18 nur noch die Abgg. Duncker und Dr. Reichens- perger (Coblenz) das Wort, indem der Erstere für sein Amen- dement eintrat, der Leßtere auf die Generaldebatte znrückgriff. Nach einem kurzen Resumé des Ref. Abg. Dr. Gneist wurde auch Art. 18 in der Fassung der Kommission in namentlicher Abstimmung mit 225 gegen 114 Stimmen angenommen, und damit die zweite Berathung der Verfassungsänderung beendigt. Die Sizung {loß um 5 Uhr. Nächste Sizung Dienstag 11 Uhr.

Se. Majestät der Kaiser und König haben be- stimmt, daß auf die im Nebenetat des Großen General- stabes befindlichen resp. dahin verseßt werdenden Offiziere bei nahgewiesener Jnvalidität bezüglich des Ansprubs auf die geseßliche Penfionserhöhung die Bestimmungen der Allerhöchsten Ordre vom 4. Juli 1872 die direkt aus den Feldtruppen zur Land-Gensd'armerie 2c. verseßten-Dffiziere betrefsend ebenfalls in Anwendung zu bringen sind.

Der Königlich württembergishe General v. Spißem- berg, welcher als Vertreter seiner Regierung den Beisezungs- feierlihkeiten Ihrer Kaiserlihen Hoheit der Großfürstin Helene von Rußland in St. Petersburg beiwohnte, ift mit seinem Adjutanten auf der Durchreise von dort nach Stuttgart hier eingetroffen und im Hotel Royal abgestiegen.

Die Erleichterungen, welche sih aus den von der ober- sten Postbehörde mit einer Anzahl von Deutschen Lebens- versicherungs- Anstalten abgeschlossenen Verträgen für die Beamten der Reichs-Postverwaltung ergeben, haben eine erfreu- lihe Zunahme in der Betheiligung der Postbeamten an der Lebensversicherung zur Folge gehabt. Nach den in Nr. 5 des Postamtsblattes veröffentlihten Uebersichten beläuft \{ch dex Bestand der seit 1867 durch die Vermittelung der Postbehörden abgeschloffenen Lebensversicherungen von Postbeamten gegen- wärtig auf 3526 Versicherungen mit einer Gesammtverficherungs- summe von 2,439,290 Thlr. und 59,900 Fl.

Bayern. München, 30. Januar. Der König wird den neuernannten Gesandten des Königs von Schweden und Nor- wegen, Grafen v. Piper, morgen Nachmittag in feierlicher Audienz empfangen und defsen Beglaubigungs\chreiben entgegen- nehmen.

/ —- Am 26. d. M. fand die feierlihe Konstituirung des ueuen Ober-Medizinalaus\chus#ses durch den Minister des Innern, v. Pfeuffer, statt. Nachdem derselbe in einer längeren Sitzung die Entwickelung des bayerischen Medizinalwesens be- \sprochen hatte, {ritt das Kollegium zur Wahl der Vorstand- haft. Ober-Medizinalrath und Professor Dr. M. v. Pettenkoffer wurde zum 1. Vorstand, Professor und Direktor Dr. J. Lind- wurm zum Vorstand-Stellvertreter gewählt.

Sachsen. Dresden, 31. Ianuar. Die Erste Kam- mer seßte heute die Berathung des Steuerreformenentwurfs ihrer Finanzdeputation fort. Bei Unterabschnitt C.: „Von der Ge- werbesteuer“, §. 10 (Gegenstand der Gewerbesteuer) und 88. 11 flg. (Berehnung des fteuerpflichtigen Durchschnittsertrags von Handel und Gewerbe) machte Bürgermeister Müller Bedenken gegen die Möglichkeit geltend, bei der Großindustrie überhaupt nah den von der Deputation aufgestellten Grundsäßen eine Abshäßzung des Durchschnittsertrags vorzunehmen. Sie wurden vom Referenten und dem Handelskammer-Präsidenten Rülke bekämpft. Die 88. 10 und 11, leßterer mit einer vom Finanz - Minister Freiherrn von Friesen vor- geshlagenen redaktionellen Aenderung wurden \{ließlich angenommen. Dagegen wurde §. 12, welcher fich theils auf die Besteuerung der inländishen Versiherungs- gesellschaften auf Gegenseitigkeit bezieht, theils den Vor- \{chuß- und Konsumvereinen und ähnlichen Genofsenschaften für ihren Geschäftsbetrieb Befreiung von- der Steuerpflicht einräumt und zu dem im Laufe der Debatte mehrere Amendements gestellt wurden, \chließlich ganz abgelehnt. Bei §. 14, welcher von der Berechnung des fsteuerpflihtigen Ertrags der Erwerbsthätigkeit der Aktiengesellschaften handelt, konstatirte Handelskammer -Prä- sident Rülke, daß derselbe seiner Ansicht ad eine Doppelbesteue- rung involvire, was vom Referenten bestritten wurde. Die

13, 14, 15 wurden angenommen. §. 16 (Berechnung Des steuerpflihtigen persbnlijen Verdienstes), nach welchem u. A. der der Gewerbesteuer unterliegende Durchschnittsertrag dann, wenn der Gesammterwerb, welhen der Beitrags- pflihtige aus sämmtlihen der Ertragsfteuer unterliegenden Erwerbsquellen bezieht, weniger als 100 Thlr. beträgt, steuer- frei bleibt und bis zu 449 Thlr. niht vel, sondern nur nah einer von 0,25 bis zu 0,9 anfteigenden Skala in Ansaß gebracht werden foll, eine Bestimmung, welche von dem Geheimen Finanz- Rath von Nosftiz-Wallwiß und dem Referenten, ebenso wie §. 17, als eine „große, den kleinen Gewerbtreibenden und Beamten ge- machte Konzession hervorgehoben wurde, an welcher der kleine Grundbesiß nicht partizipire, wurde mit einem Amendement des Grafen Rex angenommen, wonach bei der Berechnung des

steuerpflihtigen Ertrags aus Amt, Betrieb von Kunst und Wis- senschaft, Lohnarbeit, nicht, wie die Deputation vorschlägt, der Gehalt oder der Verdienst des leßten Iahres, sondern der Ge- halt oder Verdienst nach dem Durchschnitt der drei leßten Jahre maßgebend sein solle, angenommen. Bei Unterabschnitt D „Ver- theilungsmaßstab für die drei Gattungen der Ertragssteuer“, wurde §. 17 (gemeinsame Bestimmungen für die drei Gattungen der Ertragsfteuer), wonach der steuerpflichtige Durchschnittsertrag der verschiedenen Erwerbsquellen ohne Rücksicht auf Schuld- zinsen in Steuereinheiten auszudrücken ift, deren je eine auf den Thaler des Durchschnittsertrags aus dem Grundbesiße, Zins- und Rentengenufse, und auf 1 Thlr. 10 Ngr. des Durchschnitts- erirags aus allen andern Erwerbsquellen gelegt werden joll, mit einem Amendement des Bürgermeisters Dr. Koch angenom- men, wonach bei festen Gehalten und Pensionen eine Steuer- einheit erst auf je 1 Thlr. 20 Ngr. des Durchschnitts- ertrags zu seßen ist. Bei dem von der Einkommensteuer han- delnden dritten Hauptabschnitte wurde die Berathung auf die morgeude Sißung vertagt.

Dem Geheimen Justiz-Rath beim Justiz - Ministerium, Thiemann, und dem ersten Vize-Präsidenten beim Ober- Appellationsgerihte, Dr. Eduard Siebenhaar, ist die nach- gesuchte Versezung in den Ruhestand bewilligt worden.

Württemberg. Stuttgart, 29. Januar. Die Zweite Kammer beharrte in ihrer gestrigen Sißung bezüglich des Eisen- bahngeseßes wegen der Bahn von Stuttgart über Böblingen nah Freudenstadt und der Murrthal-Bahn bei ihren früheren, von der Ersten Kammer abgeänderten Beschlüssen. Beide Bah- nen sollen für Rechnung des Staates ausgeführt und nicht, wie die Kammer gewollt, allenfalls auch in Privathände gegeben werden können. Auch in Betreff der Karlsruhe-Eppinger Bahn und deren Anschluß von Eppingen auf Heilbronn blieb die Kam- mer bei ihrem früheren Beschluffe.

Die württembergische Staatsschulden-Zahlungs- fasse hatte im Etatsjahr 1870/71 32,249,706 Fl. Einnahmen (inkl 607,139 Fl. Reste) und 219,247,226 Fl. Ausgaben (inkl. 188,692,070 Reste), unter den leßten 189,303,120 Fl. zur Ka- pitalientilgung (davon 187,189,620 Fk. Rest).

Die Staatsschuld belief sich am 30. Juni 1870 auf 171,401,820 Fl. - Dazu kamen im Jahre 1870/71 18,760,700 Fl. neue Anlehen, wodur sich die Staatsschuld auf 190,162,520 Fl. erhöhte. Davon wurden im Jahre 1870/71 eingelöst 2,268,400 Fl., so daß fich der Passivstand am 30. Juni 1871 auf 187,894,120 Fl., also 16,492,300 Fl. höher stellte, als das Fahr zuvor. Unter der Staats\{huld befanden sich 4,400,000 Fl. unverzinsliche Kafsenscheine und 3,000,000 Fl. unverzinsliches Papiergeld.

Baden. Karlsruhe, 30. Januar. Der Großherzog hat fich heute Vormittag gegen 8 Uhr wieder ins Murgthal begeben, um dort zu jagen. Se. Königliche Hoheit wird mit den ein- geladenen Gästen auf Schloß Eberstein übernahten und morgen Abend nach Karlsruhe zurückehren.

Hessen. Darmstadt, 30. Januar. Das Ministerium des Innern hat eine Vorlage wegen Erhöhung des Staats- beitrags für den Landesgewerbverein um 7000 fl. an die Zweite Kammer der Stände gelangen lassen. Es heißt darin:

„In dem Entwurf des Staatsbudgets für die Iahre 1873—75

find unter der Rubrik IX. 3. §8. „Zur Verbesserung des Gewerbe- wesens“ 7000 fl. mehr wie bisher vorgesehen worden, weil das dringende Bedürfniß vorliegt, die Mittel des Landesgewerbver- eins ansehnlih zu vermehrten, um demselben eine den Zeitver- hältnissen entsprehende Wirksamkeit zu ermöglichen.

Anhalt. Dessaú, 24. Januar. Im hiefigen Landtag fam dieser Tage die kirhliche Frage zur Verhandlung. Das Ministerium hatte in Verbindung mit einem Geseßentwurfe wegen Aufgebung der Stolgebühren eine Dotation der evangelischen Kirche aus Staatsmitteln mit jährlich 15,000 Thlr. gefordert. Im- Bernburger Landestheile besteht. eine Pfarrbesoldungskafe, welche wesentlih dadur erhalten wird, daß von den Einkünften reicherer Pfründen Abzüge gemacht werden. Diese Pfarrbesol- dungskafse gewährt den ärmeren Pfründen Zulagen. Mit jener Dotation follte nun die Pfarrbesoldungskasse auf das ganze Land ausgedehnt werden. Dagegen hatte sih eine lebhafte Oppo- fitiox im Lande erhoben, die aus sehr verschiedenen Elementen zusammengeseßt war. Der Landtag forderte deshalb eine andere Kirchenverfassung. Nur eine kirhlihe Synode könne die Frage mit freier Zustimmung der Gemeinden lôsen. Um dem augen- blicklihen Nothstand abzuhelfen, s{chlug die Kommission eine Ver- willigung von 5000 Thlr. für das Jahr vor, zur direkten Auf- besserung gewisser geringer Gehalte. Der Landtag trat diesem Antrage bei, nachdem Minister von Larisch die Forderung einer kfirhlihen Vertretung für berehtigt anerkannt hatte. Der Geseß- entwurf wegen Aufhebung der Stolgebühren, wurde von der Re- gierung! zurückgezogen.

Lübeck, 28. Januar. In zwei außerordentlichen Abend- sfißungen von je dreistündiger Dauer hat der Bürgeraus\chuß seine gutahtlihe Berathung und Beschlußnahme über den An- trag wegen Erhöhung der Senatskompetenz und der Beamten- gehalte zu Ende geführt. Die Vorschläge der gemeinsamen Kom- mission find dabei hinsihtlich der Höhe nirgends beanstandet, für die minder hohen Gehalte if sogar hie und da noh eine weitere Erhöhung beantragt und vom Bürgeraus\chu}se gutacht- lich empfohlen worden. Der Senat verstellt in seinem Propo- sitionsdekrete nur diejenigen Vorschläge, welhe der Kom- missionsberiht hinsfihtlih der Beamtengehalte macht zur Mitgenehmigung der Bürgerschaft, indem er es hinsichtlich der vorgeshlagenen Erhöhung der Senatskompetenz der Bürgerschaft überläßt, ihm einen Antrag entgegen zu' bringen. Der Bürgeraus\chuß ertlärte sib mit überwiegender Majorität dem Kommissionsvorshlage entsprehend, für ein den gelehrten Senatoren zu bewilligendes Honorar von 7500 M.-B., lehnte es dagegen ab, eine Erhöhung des lediglih als ein Ehrenfold zu betrachtenden Gehaltes der kaufmännishen Senatoren von 2000 M.-B. auf 3000 M.B. zu befürworten. Die Vorlage des Antrages an die Bürgerschaft dürfte nun in kurzer Zeit er- folgen, damit die Gehaltsauszahlung im Osterqguartal hon nah den erhöhten Ansägzen vor fih gehen kann, denn der Senatsan- trag geht auch dahin, daß die höheren Gehalte vom 1. Januar d. I. an gerechnet werden sollen.

_ Samburg, 30. Januar. In der gestrigen Sihung der Bürgerschaft wurde die Berathung des Aus\hußberihts über den Bericht der gemischten Kommission, betr. Revision der Ver- fassung, fortgesezt. Die sämmtlihen zu dem die Zusammen- sezung der Bürgerschaft behandelnden Art. 50 gestellten Anträge wurden nah mehr als zweistündiger Debatte abgelehnt.

__ Desterreich - Ungarn. Wien, 31. Januar. Der Finanzaus\chufß verhandelte gestern die Anträge des Suhb-

fomites, betreffend die Beamtengehalte, Der Minister-Präsident und der Finanz-Minister traten für die Bestimmung der Regle- rungsvorlage ein, wonach die Feststellung des Ranges im Ver- ordnungswege stattzufinden hat. Der Minister-Präfident erklärte diesbezüglich, die Regierung werde bemüht sein, diese Bestim- mung wegen ihrer Wichtigkeit in beiden Häusern des Reichs- rathes durhzubringen und müßte sih, wenn fie dieselbe nit durhbringen sollte, die Erwägung vorbehalten, was mit der Vorlage weiters zu geschehen hätte. Der Minister-Präfident wies auf die maßlosen Agitationen hin, welche er vom Stand- punkte der Autorilät, wie im Interesse des Beamtenstandes als unstatthaft bezeihnete. Nach längerer Debatte wurde das Sub- fomite autorifirt, bei seinen weiteren Arbeiten nah dem Grund- saße vorzugehen, daß bei der Rangirung der Beamten, die feit 1867 durch Gesetze feftgestellten Bestimmungen auch künstighin nur im legislativen Wege abgeändert werden können, und wurde der Antrag Brestels genehmigt, wonach bei der Rangseintheilung der status quo beizubehalten ift.

Prag, 31. Januar. Dras „Prager Abendbl \hreibt: Mehrfache Anzeichen lassen keinem Zweifel darüber Raum, daß die jüngst in der „Politik“ enthaltene Aufforderung, das Verbot des. für den 2. Februar bei Zizkov beabsichtigten Tabors nicht zu befolgen und an diesem Tage eine Demonstration in Szene zu seßen, auf fruchtbaren Boden gefallen is und daß man von gewisser Seite in der That einen Konflikt mit der Polizei pro- voziren will. Zur Beruhigung aller Wohldenkender und Ord- nungsliebender find wir in der Lage, mitzutheilen, daß für diese Eventualität die geeigneten Sicherheitsmaßregeln getroffen find, und daß, wie wir vernehmen, {hon vor dem für das Meeting in Ausficht genommenen Zeitpunkte die Verlegung einer ent- sprechenden Militärmacht nah Zizkov und Umgebung in Aus- sicht genommen ist. Es liegt in der Hand der Vertretung der Weinberg-Gemeinde, diese Maßregel durch cine entsprechende Hal- tung von der Gemeinde abzuwenden.

Pesth, 30. Januar. Im Oberhause wurde das Geseh Über den Postvertrag mit Deutschland publizirt und der Kolg- nisten-Geseßentwurf auf die Tagesordnung der Mittwoch statt- findenden Sitzung gestellt.

31. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sißung des Unterhauses wurde ein Antrag der äußersten Linken auf Ablehnung des Budgets verworfen und der Bericht des Finanz- Ausschusses mit 318 gegen 32 Stimmen als Grundlage der Spezialdebatte angenommen.

Niederlande. Haag, 26. Januar. In Amsterdam haben angesehene Bürger ein Komite gebildet, welches einen „Volksverein“ unter der Devise: „Treue dem Könige (Konings- gezindheid) und Vaterlandsliebe“ errichten soll. Es ist beab- sichtigt, durch diesen Verein in der Hauptstadt Amsterdam ein glänzendes Fest im Mai des nächsten Jahres zur Feier der fünfundzwanzigjährigen Regierung des Königs Wilhelm Ul. zu veranstalten. Auh im Haag und in den übrigen größeren Städten des Landes wird die Bildung von Vereinen zu dem nämlichen Zwecke vorbereitet.

Belgien, Brüssel, 31. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Sizung der Deputirtenkammer machte der Finanz- Minister Malou die Mittheilung, daß die Staatsregierung die Rechte der Gesellschaft des „Grand Luxembourg“ und alle damit zusammenhängenden weiteren Eisenbahn-Konzessionen und zwar vom 1. Januar ab wieder erworben habe. Nach dem Vertrage habe der Staat cine Rente von 22 Frcs. per Aktie zu gewähren, könne aber den Aktionären eine Kapitalzahlung von 550 Fres. per Aktie offeriren. Die fälligen halbjährigen Zinsen seien mit 10 Fres. per Aktie zahlbar.

Großbritannien und Jrland. London, 30. Januar. Die Königin wird auf Osborne am 5. Februar ein Conseil abhalten.

Der Prinz und die Prinzessin von Wales fkeh- ren am 5. d. zur Saison nah London zurück.

In der Downing-Street fand gestern eine Kabinets- berathung statt, bei der sämmtliche Minister zugegen waren. Am Abend gab der Premier-Minister Gladstone den Ministern ein Kabinetsdiner.

In Prussia House fand geftern Abend ein diplomati- \ches Diner statt, bei welhem der franzöfishe Botschafter Graf d'Harcourt, dessen Gemahlin und Tochter, die Gesandten Schwe- dens, Italiens und der Niederlande nebft ihren Gemahlinnen, der österreihishe Geschäftsträger, Freiherr von Erlanger, und mehrere Mitglieder der britischen Aristokratie, die Gäste des deutschen Botschafters und der Gräfin Bernstorff waren.

Ein Telegramm aus Bombay vom 29. ds. meldet, daß in den Bezirken von Domravulte starker Regen gefallen ift, der den BaumwolUplantagen erheblihen Schaden zugefügt und den Verkehr auf den Landstraßen gehemmt hat.

Frankreich. Paris, 30. Januar. Der Minister des Aeußern hat von der Kammer einen außerordentlihen Kredit von ungefähr 300,000 Frs. verlangt. Derselbe vertheilt sih folgendermaßen: 1) Für die Kosten der Grenzabsteckung der neuen nordöstlichen Grenze Frankreihs 110,500 Frs.; 2) für die Ge- sandtschaft im Deutschen Hauptquartier in Frankreich 62,000 Frs. ; 3) für die Straßburger Kommission 28,000 Frs. ; 4) Entschädi- gung für eine gewisse Anzahl der Beamten des Ministeriums des Acußern für ihren Aufenthalt in der proviforishen Haupt- ftadt Versailles 92,427 Frs.

Der „Rhin * ist am Montag Abend nah Neu-Cale- donien abgegangen. Derselbe hat 420 Galeerensträflinge an Bord, unter welchen \fih einige politishe Sträflinge, wie der be- kannte Marine-Offizier Lullier, befinden.

Die Zahl der Personen, welhe in Paris als der Be- theiligung an der Internationale verdähtig verhaftet wur- den, beträgt bis jeßt ungefähr 130.

Versailles, 31. Januar. (W. T. B.) Die National- versammlung sehte heute ihre Berathung über die Lieferungs- geschäfte für die Vogesen-Armee fort. Der Berichterstatter von Segur entwickelte die Ansichten der für diese Angelegenheit nie- dergeseßzten Kommission und empfahl die Beschlüsse derselben zur Annahme. Der Deputirte Ferouillat vertheidigte in längerer Ausführung die von den Lyoner Stadtbehörden getroffenen Maß- nahmen. Morgen soll die Diskussion weiter fortgeseßt werden.

Spauien. Madrid, 26. Januar. Die- heutige „Gaceta“ veröffentlicht ein Königliches Dekret, welches den Marine- Minister autorisirt, den Cortes einen Geseßentwurf hinsichtlich der Organisirung einer Flotte vorzulegen, welche den doppel- ten Zweck hätte, die Küsten in Kriegszeiten zu vertheidigen und in Friedenszeiten dem Schmuggel zu wehren. Diese Flotte würde drei Kategorien von Schiffen umfassen, und zwar würde die erste Kategorie 42 Dáampfschaluppen von 30 Pferdekraft, die zweite 26 Dampfboote, jedes von 60 Pferdekraft, und die dritte Kategorie nur Schraubendampfer von 250 Pferdekraft zählen.

Die Kosten für die Herstellung dieser Flotte würden ungefähr 17 Millionen Francs betragen.

Italien. Rom, 28. Januar. Das amtliche Blatt pu- blizirt ein Dekret, das den Bau von drei neuen Thurmpanzer- schiffen, einem Kanonenboot erster und vier Kanonenbooten zweiter Klasse mit Schraube verfügt.

An den beiden Deichbrüchen des Po bei San Bene- detto und Revere ward vorgestern mit je 1274 und 2920 Per- sonen gearbeitet. Das Wasser is in stetigem Sinken begriffen.

An dzr von der Turiner „Gazzetta di Popolo“ erôff- neten Subskription für ein Mentana-Denkmal haben \ich 61 Deputirte der Linken unter Uebersendung eines zustimmenden Schreibens mit 806 Lire betheiligt.

Am 25. d. M. legten Amerikaner und Engländer pro- testantischer Konfession den Grundstein zur protestantischen St. Paulskirhe. Unter den Anwesenden befand fih der amerika- nische Gesandte am italienishen Hofe, Marsch.

Türkei. Konstantinopel, 30. Januar. (A. B.) Die zur Untersuhung des bulgarish-griechischen Konflikts ernannten Regierungs-Kommissare haben heute an Bord eines ófterreichishen Dampfers die Reise nach Varna angetreten. Telegraphische Berichte aus Jerusalem melden, daß die offizielle Investitur des - neuen griehishen Patriarhen mit großer Pracht stattgefunden hat.

Nufßland und Polen. St. Petersburg, 30. Ia- nuar. Für die Reise Sr. Majestät des Shahs von Per- sien übex das Kaspishe Meer wird der Kriegsdampfer „Nasr- Eddin-Schah“ von 160 Pferdekräften und mit fünf Kanonen in einer Weise ausgerüstet, wie sie für einen orientalischen Mon- archen geeignet ist. Dieser Dampfer wird wahrscheinlih durch den Kriegsdampfer „Ural“ (100 Pferdekräfte und 4 Geschütze) estortirt werden.

Dem „Gol.“ wird mitgetheilt, daß das Komite zur Ab- fassung eines Projekts der persônlichen Ableistung der Militär - pflicht in Finnland unter Anderem die Bildung einer be- ftimmten Anzahl von Schüßenbataillonen aus Personen aller Stände projektirt hat.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 27. Januar. Der türkische Gesandte am russishen Hofe in St. Petersburg, Rustem-Bey if| in Stockholm angekommen, um dem König die Glückwünsche des Sultans in Anlaß der Thronbesteigung zu überbringen. Er kam in Begleitung des Legations-Sekretärs Morel-Effendi und des Majors Osman-Effendi an und sollte, dem „Dag. Nyheter“ zufolge, feierlich vom Hotel Rydberg nah dem Schlosse, wo eine aus 100 Grenadieren der Leibgarde be- ftehende Ehrenwache aufgestellt, abgeholt werden. Heute empfing der König den Gesandten in besonderer Audienz.

Der portugiesishe Gesandte am hiesigen Hofe, Vicomte de Soto Major, überreichte dein Könige vorgestern die für den 14jährigen Kronprinzen Oscar Gustav bestimmten Jnsignien des portugiesishen Thurm- und Schwert-Ordens.

Für die mit Tode abgegangene Kaiserin von Brasilien, Amalia Augusta Eugenia, Herzogin von Braganza, geborene Prinzessin von Leuchtenberg und Schwester der verwittweten Königin-Mutter von Schweden is} eine mit dem heutigen Tage beginnende drei Wochen dauernde Hoftrau er angeordnet worden.

Dänemark. Kopenhagen, 29. Ianuar. Das Folke?- thing verhandelte vorgestern über das von der Linken einge- brachte Geset, betreffend die Besoldung der Prediger.

Nach den beim Ministerium des Innern eingezogenen Berichten aus Grönland ist das Wetter daselbst im Han- delsjahre 1871—72, gleihwie im vorhergehenden Iahre im Gan- zen genommen, außergewöhnlih milde gewesen. Der Sommer 1871 war überall auf Grönland sehr heiß. Der Seehundfang war gering, dagegen gab aber der Dorschfañg eine gute Aus- beute. Die Daunen-Produktion war etwas geringer als im vo- rigen Jahre. Der Gesundheitszustand der Bevölkerung hat unter dem unruhigen Wetter gelitten, namentlih in den bei der Disko- bucht liegenden Distrikten, wo eine Krankheit herrschte, welche \sih durch Hautaffektionen verschiedener Art bemerkbar machte. Die Anzahl der Eingebornen war am Schlufse des Jahres 1871: 4463 Männer, 5082 Frauen, zusammen 9543 oder 70 weniger als in 1870.

Amerika. New-York, 31. Januar. (W. T. B.) Ueber die aufftändishen Bewegungen unter den Modok-Indianern im Oregongebiete wird hierher gemeldet, daß leßtere zu Unter- handlungen mit den Behörden der Vereinigten Staaten ge- neigt find. i

Die Regierungen von Chili und Bolivia haben den Präsidenten von Peru zum Schiedsrichter in allen zwischen ihnen s{chwebenden Fragen ernannt.

Nr. 3 des Armee-Verordnungsblatts hat folgenden Inhalt: Verordnung betreffend die Aufbringung von Kautionserhé!&ngen. Vom 14. Dezember 1872. Ansprüche der Offiziere der Ncöenetats des Großen Generalstabes auf Pensionserßöhung. Urlaubs-Ertheilung an -Offizicre, Unteroffiziere und Gemeine. Abänderung der Vor- {rift im §. 154 3. der Militär-Ersaßz-Instruktion vom 26. März 1868. —- Theilnahme von Stabs-Offizieren des Garde - Corps am diesjährigen Departements-Ersaß-Geschäft. Die Theilnahme der in etaismäßigen Stellen bei den Landwehr-Bezirks-Kommandos reak- tivirten pensionirten oder zur Dispcsition gestellten Offiziere an dem Offizier-Unterstüßungs-Fonds. Formation einer Königlich bayerischen Eisenbahn-Compagnie. Verseßung der Reservc-Offiziere des Eisen-

bahn-Bataillons zur Landwehr. Rüfssendung von Dienstsiegeln und Dienststempeln. Abänderung resp. Vervollständigung der in der

Beilage zu Nr. 7 des Armec-Verordnungsblatts pro 1868 publizirten Zusammenstellung der für die Kommandirungen 2. zum Lehr-Infan-

terie-Bataillon maßgebenden Bestimmungen. Nachweisung der im 4. Duartal 1872 vorgefommenen Veränderungen im Bestande der Kaiserlich dentshen Telcgraphen-Stationen. Anstellung von ein-

lährig freiwilligen Pharmazeuten bei den Garnison-Lazarethen im Be- reiche des XIV, Armee-Corps. Bekleidung und Ausrüstung der zu den Unteroffizier-Schulen zu kommandirenden Unter offiziere und Offi- zierburshen. Bestimmungen über die gebührenfreie Beförderung telegraphis{er Depeschen. Recherche nah dem Verbleib vermißter Mannschaften des Mecklenburgischen Grenadier-Regiments Nx. 89, Berichtigung der Bezeichnung der Rations-Komvetenz in nachbenannten Verpflegungs-Ctats pro 1873. Woblthätigkeit.

Nr.'4 des „Centralblatkes für das Deutsche Reih“ hat folgenden JInhait : Fel Maß - und Gewichtswesen. Sustizwesen. Zoll- und Stenerwesen. Konfulätwesen. Personal-Ver- anderungen, Titel- und Ordens-Verleihungen.

._— Nr. 10 der „Annalen der Landwirthschaft in den Königlich Men ee Staaten" hat folgenden Inhalt: Deutsch- land: Ucberfichten über“ die Produktion und Bestcuerung, sowie über die Ein- und Ausfuhr von Tabak im Deutschen Zollgebiete für die

eit vom 1. Juli 1871 bis 30. Juni 1872. Aus einem Berichte übor den Weinbau in Ungarn vom Jahre 1868 und 1869, sowie auch vom Jahre 1870 bis 1872 vom Konsul des Deutschen Reiches zu Pesth.

Kleine Mittheilungen aus der landwirthschaftlichen Versuchsstation zu Münster. Von J. König und J. Kiesow. Ueber Zuckerrüben- Kulturversuche in Kanada. Literatur. Vereins- Versammlungen.

d Statistische Nachrichten.

_In der Taubstummen - Anstalt zu Aachen waren im Laufe des Jahres 1872 46 Zöglinge, 25 Knaben und 21 Mädchen. Es traten 3 Knaben und 2 Mädchen aus der Anstalt; 1 Mädchen starb.

Stuttgart, 30. Januar. Die Königliche Kunstschule hier- felbst zählt zur Zeit 84 Besucher, nämli 58 ordentliche und 26 Hospitanten, 58 Württemberger und 26 Nichtwürttemberger, 64 Schüler und 20 Schülerinnen (worunter 12 ordentlihe und 8 Hospitantinnen). Von den 26 Nichtwürttembergern gehören an: Baden 6, Ham- burg 2, Preußen und Braunschweig je 1, Oesterreich 1, der Schweiz 4, England 3, Frankreich 1, Amerika 7. Ihrer Berufsart nach sind unter den gegenwärtigen Besuchern der Kunstschule: 16 Bildhauer, 34 Maler, 4 Dekorationsmaler, 6 Zeichner, 1 Kupferstecher, 1 Xylo- graph, 3 Lithographen, 1 Porzellanmaler, 4 Architekten, 2 Photo- graphen, 12 Dilettanten. Die angegebene Frequenz von 84 Zöglingen Ubertrifft die des vorjährigen Wintersemesters (79) um 5, diz des ver- flofsenen Sommer]emesters (76) um 8; ebenso steht die Zahl der Aus- länder gegenüber von den beiden leßten Semestern diesmal höher um je 9.s :

_St. Petersburg, 30. Januar. Das tecnishe Eisenbahn- Inspektions-Komite meldet im „Reg.-Anz.,“ daß fich in den Tagen vom 23. bis 26. Januar 15 Unfälle auf den Eisenbahnen ereignet haben, von denen 13 durh die Verschüttung der Bahnen durch Schneeftürme verurjaht worden find, und welche größtentheils nur mehr oder minder bedeutende Verspätungen der Züge (um 1 bis 224 Stunden) zur Folge g:habt haben.

: Kunst und Wissenschaft. _ Berlin, 1. Februar. Gestern starb hier der Professor Dr. F. Scnafkenburg, Lehrer an der Kriegs-Akademie und am Königli- en Lehrerinnen-Seminar.

München, 30. Januar. Jm Königl. Residenztheater ge- langte gestern ein neues Lustspiel: „Vom Regen in die Traufe“, von 8. C. Schubert nah Calderon bearbeitet, zur erstmaligen Aufführung und ward vom Publikum sehr beifällig aufgenommen. E

Straßburg, 30. Januar. Der Bau des hiesigen Stadt- theaters nimmt ret erfreulihen Fortgang und soll die Vollendung desselben Ende Februar c. definitiv stattfinden. Die Unterlage der Bühne sowie deren Seiten und Oberbau-Anlagey sind fertig und es fehlt hier wie im Zuschauerraum nur noch die äußere Bekleidung.

Rom, 26. Januar. Nach dem Beispiel von Turin nnd Florenz hat man sich auch_ hier mit der Bildung eines philologischen Vereins zum Studium der neuern Sprachen beschäftigt. Nach den Weihnachtstagen wurde die Subskription eröffnet, und fan- den sich sofort so viele Unterschriften, daß am 20. Januar die Kurse für deutsche, franzöfische und englische Sprache in dem Universitäts- gebäude eröffnet werden konnten. Die dcutshe Klasse, welche Pro- fessor Carl Fiedler leitet, besuchen beinahe 100 Zuhörer, die Hälfte scolari, vie andere uditori, d. h. solche, die nur zuhören; unter letzte- rcn befinden sich Professoren der Universität, Deputirte, Künstler, Studenten, Kaufleute und Handwerker, kurz Vertreter aller Klassen der Gefellschaft.

Unter dem Titel „Codex Cavensis Diplomaticus nunc pPpri- mum in lucem editus cic,“ erscheinen die Urkunden vom Ende des 8. bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts, welche im Archive der Be- nediktinerabtei zur heiligsten Dreifaltigkeit von Cava dei Terreni auf- bewahrt werden, herausgegeben von Dr. Michele Morcaldi und zwei andern . Benediktinern des genannten Klosters. Die Dokumente sind interessant, namentlich als Quelle für die vergleichenden Studien des öffentlichen Rêchts, der Gewohnheiten und Gebräuch2z, des Ackerbaues und des Handels zu jener Zeit. Das Werk wird 7 bis 8 Bände in 4 von jc 400 Seiten umfassen und mit chronologischen Verzeichnissen, Bokabularien 2c. ausgestattet sein. :

Kövpenhagen, 29. Januar. Der langjährige Direktor des Ko penhagener Volkstheaters, Kammer-Rath Lange, ist nach Mittheilung der „Berl. Tid.“ heute Vormittag nah längerer Kränklichkeit in cinem Alter von 58 Jahren gestorben.

/ Gewerbe und Handel.

___ München, 28. Januar. Die technishen und chemischen Unter- suchungen, welche in Betreff des vor kurzer Zeit aufgefundenen St ein- kohlenflößes bei Murnau angestellt wurden, konstatiren, dem „N. K." zufolge, nicht nur eine große Mächtigkeit des Flößzes, sondern auch eine fast \{wefelfreie Kohle, fo daß sofort der Bergbau be- \chlofsen und bald darauf begonnen wurde. Jeßt ijt das Unternehmen bereits in vollster Entwickelung und regstem Betrieb, ein Tiefschacht von über 200 Fuß ift eingetrieben, eine Dampfmaschine arbeitet an der Hebung, Hochbauten entstanden an einem früher ganz êden Plate.

Ans dem bereits orwähnten Bericht der Handelskammer über Hamburgs Handel im Jahre 1872 heben wir in Betreff des Verkehrs der cinzelnen wichtigeren Waaren-Axtikel Folgendes hervor: Das Geschäft in Baumwolle hat troß mannigfacer un- günstiger Unistände, denen der Artikel im Laufe des vergangenen Jah- res ausgeseßt war, im Allgemeinen an Lebhaftigkeit und Ausdehnung demjenigen von 1871 nicht nacgestanden. Die Zufuhren betrugen 281,270 Ball. gegen 230,398 B. in 1871, u. a. von Nordamerika 42,674 B. (1871: 27,479 B.), Südamerika 67,867 B. (1871: 28,395 B,), Westindien 25,341 B. (1871: 36,489 B.), England 123,051 B. (1871: 126,767 B.), Frankreich 9468 B. (1871: 579 B.), Bremea 9378 B. (1871: 7248 B.). Hiervon transitirten 171,203 B. gegen 135,301 B. in 41871, während die Umsäße 111,839 B. be- tragen haben. Von Kakao wurden 40,256 Säcke gegen 38,636 S. in 1871 zugeführt; das Geschäft in diesem Arti- fel gewinnt in Hamburg immer mebr Ausdehnung. Die Ein- fuh» von Kaffee umfaßte 107,8 Millionen Pfd, gegen 128,5 Mill. Pfd. in 1871, die Ausfuhr und der Verbrauch Gaus 112,8 Mill. Pfd. gegen 124,5 Mill. Pfd. in 1871. In Folge der geringen Ernte von 1871 und der vermehrten Prosperität aller industriellcn und landwirth- \c{afilihen Geschäfte, sowie dur die große Flüssigkeit des Kapitals haben si die Preise dieses Artikels zu einer Höhe gesteigert, wie man solche in sonst normalen Zeiten-niht gekannt. Die Erwartungen, welche man Anfang 1872 von dem Geschäft in Farbewaaren hegte, find nicht vollständig in Erfüllung gegangen. Größere Zufuhren, als der Bedarf erforderte, in Ausficht stchende große Ernten, veranlaßten rückgängige Preise einiger Hauptartikel. Für Mandeln war das verflossene Jahr ein ungünstiges und belief ih die Einfubr auf 2,540,000 Pfd. gegen 3,910,060 Pfd. in 1871. Befriedigender war der Absaß in Rosinen, wovon 151,500 Kisten gegen 126,700 Kisten in 1871 eingingen. Die Einfuhr vcn Korinthen umfaßte nur 2 Mil- lionen Pfd. gegen 5 Mislliouen Pfd. in 1871. Der Handel in Getreide war während des ganzen Jahres ein s{chleppeitder; und im September und Oktober fand ein leidlihes Versandtgeschäft, nament- lih in Weizen, nah Großbritannien statt. In Hanf. war das Geschäft wenig belangreich; die Zufuhren beliefen sich auf 4819 Ballen, gegen 5631 Ballen in 1871. Der Verkehr in Harz war, befon- ders in der Mitte des Jahres ein reger, weil sih die Nachfrage für den Konsum bedeutend steigerte und die Spekulation ihre Aufmerk- samkeit diesem Artikel zuwandte. Die Einfuhr von amerikanishem Hanz betrug 92,054 Fässer (1871 : 65,810 Fässer), von frgnzösischem 8470 Fäffer (1871 : 7426 Fässer). Das Geschäft in inländischen Häuten war ein recht befriedigendes. Für überseeische Wildhäute ge- winnt der Hamburger Markt immer größere Bedeutung. Der Im- port an solchen (990,000 Stück und 11,131 Ballen) erreichte eine noch nichi dagewesene Höhe und übersteigt deu vorjährigen um ca. 40%. Die Zufuhren von Heringen stellten sih auf 94,000 To. gegen 101,700 To. in 1871. Durch starken Absaß nach dem Westen Deutschlands, gefördert durch die billigen Kartoffelpreise, wurden höhere Preise erzielt und steht, da wenige Zufuhren zu erwarten find, eine weitere Steigerung derselben bevor. Die Einfuhr von Honig

betrug 1,700,000 Pfund gegen 1,570,000 Pfd. in 1571. Hörner wurden bedeutend mehr als in den vorhergehenden Jahren eingeführt und fanden zu steigenden P-eisen Absaß; die Zufuhr betcug 808,000 Stück gegen 500,400 St. in 1871. Jn Metatlen fänd ein äußerst lebhaftes Geschäft statt. Die große Geschäftsthätigkeit in allen Branchen mußte den Konsum bedeutend steigern, während die Produktion, durch die Arbeiter - Agitationen und gekürzte Arbeitszeiten behindert, nicht in dem Maße fortihreiten konnte, wie der größere Verbrauch cs wünschenswerth erscheinen ließ. In Nußhölzern ist in Folge enormer Zufuhren ein großer Umsaß erzielt worden; es giugen ein: Cedern zu Cigarrenkisten 485,700/109 Kbm. (1871: 322,500!/; 6 Kbm.), Jacaranda 3,937,000P?d.) (1871: 3,118,800 Pfd.), Mahagoni 704,000!/,069 Kubikmeter. (1871: (1871: 133,300, Kubikmeter) 314,600'/,54 Kubikmeter), Nußbaum 609,900'/109 Kubikmeter). Von Oel waren die Zufuhren durchgängig niedriger, als in 1871; sie betrugen: Leinöl 17,470 Faß (1871: 16,670 F.), Palmöl 6389 F. (1871: 7388 F.), Cofkosnußöl 4121 F. (1871: 4273 F.), Olivenöl 5,450,000 Pfd. (1871: 6,400,000 Pfd.), Petroleum 185,161 Barr. und 4380 Kist. (1871: 265,703 Barr. und 9266 Kist.). Jn Reis hat das Ge- schäft einen außergewöhnlichen Umfang nicht erreicht, da Anregungen, die nachhaltig günstig auf den Artikel hätten influiren können, fehlten. Der Totalimport stellt sich auf 267,410 Säcke gegen 303,000 Sädcke in 1871. Das Geschäft in Salpeter hat eine bedeutende Aus- dehnung gewonnen , namentlich am Schlusse des Jahres, da verlautete , t: die Regierung in Peru den Artikel mit einem Ausfuhrzoll zu belegen resy. zu monopolisiren beabsichtige. Ob diese Gerüchte zur Wahrheit werden, kaun erst die nächste Zeit lehren. Von Chili-Salpeter wurden 368,511 Säcke gegen 240,230 S. in 1871 eingeführt. Der Import von Steinkohlen, welcher 1872 464,000 Last betrug, hat fich gegen 1871 um 47,000 L. vermin- dert, veranlaßt durch wiederholte Strikes in den englishen Gruben und eine bedeutendere Bedarfsfrage für die englischen Fabriken. Das Geschäft in Tabak hat sich gehoben und zeigt fich für 1872 nicht nur eine erhebliche Zunahme der Importation, sondern auch des Absaßes, so daß die Vorräthe, welche fich auf das neue Jahr über- tragen, in den meisten Sorten noch unbedeutender find, als die schon sehr geringen am Schlusse des J. 1871. Luch die direkte Zufuhr von Thee ist im Zunehmen begriffen und wird wesentlich unter- ssttüßt durch den erleihterten , seit Eröffnung des Suez - Kanals

mehr und mehr durch Dampfschiffe vermittelten Verkehr mit China; eingeführt wurden 46,916 Kisten Thee gegen 43,724 Kisten in 1571. Der Import von Wolle belief sich

auf 82,143 Ballen, darunter 25,068 B. vom Inlande, 46,833 B. von und via England. Der direïte Import beïttand hauptächlih in Cay- wollen, während derselbe in Buenos-Ayres-Wollen nur unerheblicch war. Die Zufuhr von Zucker betrug 83 Millionen Pfund, darunter 43 Millionen Pfd. Rübenzucker aus dem Zollverein und Oesterreich (19371: 133 Millionen Pfd., davon 99 Millionen Pfd. Rübenzucker). Die Roh-Zuckerpreiss find gegen Ende des Jahres nicht unerheblich zurück- gegangen. Die am Jahress{lusse vorhandenen Bestände beliefen sich auf ca. 54 Millionen Pfd. j

London, 1. Februar. (W. T. B.) Die gegen die hiesigen G as- arbeiter erkannte Gefängnitzstrafe von einem Jaßre ist vom Mini- ster des Innern, Bruce, auf vier Monate herabgeseßt.

Kopenhagen, 30. Januar. Die hiesige Nationalbank hat beschlossen, den Diskont für Reichsmünzwechsel von 421 bis 5% auf 4 bis 47 % von morgen ab herabzuseßen. 4

_Verkehrs- Anstalten.

Nr. 11. der „Zeitung des Vereins Deutscher Eisen- bahn-Verwaltungen“ hat folgenden Jnkhalt: Die außerordentliche General-Versammlung des Vereins Deutscher Eifcubahn-Verwaltungen, Kommissions-Bericht über die Einführung einer übcreinstimmenden Güter-Klafsifikation im Vereine Deutscher Cifenbahn-Verwaltungen. Mittheilungen über Eisenbahnen 2c. /

Stettin, 30. Januar. Die außerordent!ihe Generalver- sammlung der Aktionäre der Berlin-Stettiner Eiscubahn- gesellschaft, welche heute hier stattfand, beschäftigte sich zunächst mit dem mit der Augermünde-Schwedter Eisenbahngesellschaft wegen zeitweiser Ueberlassung'*des Betriebes und der Untechaitung der Anger- münde-Schwedter Eisenbahn geschlossenen Vertrage. Dem darüber vorgetragenen Bericht des Direktoriums zufolge wird von der Anger- münde-Schwedter Eisenbahngesellschaft die Fortseßung der im Bau begriffenen Strecke in der Richtung von Pyriß auf Stargard ange- strebt. Die Vollendung des Baues der Bahn Angermünde-Schwedt bezw. die Eröffnung des Betriebes steht für den September d. J. in Aus- sicht. Nach dem zwischen den beiderseitigen Gesellschaftvorständen getroffenen Ucbereinkommen übernimmt die Berlin-Stettiner Eisen- bahngesellschaft die, Transportverwaltung und die für die Transyrot- verwaltung erforderliche Unterhaltung der Eisenbahn von Anger- münde nah Schwedt. Die Angermünde - Schwedter Eisenbahn- Gesellschaft überträgt alle ihre diesfälligen Rechte und Verpflichtungen an die Berlin-Stettiner Gesellschaft. Die leßtere erhebt die Gejammt- Einnahme der zu übernehmenden Bahnftrecke. Von dieser Brutto- Einnahme erhält die Angermünde-Schwedter Eisenbahn-Gesellschaft 33% Prozent, die Berlin-Stettiner für die ihr erwachsenden Betriebs- und Untexrhaltungskosten 66 Prozent der Brutto-Einnahme. Die Dauer des Vertrages ist vorläufig auf 4 Jahre festgeseßt. Tritt nicht ein Jahr vor Ablauf der Kontraktsperiode Seitens einer der fontra- hirenden Gesellschaften eine Kündigung ein, so gilt der Vertrag auf fernere 4 Jahre und wird so weiter immer von vier zu vier Jahren stillschweigend verlängert. Dieses Uebereinkommen, welches noch ver- ichiedene von uns übergangene Nebenbestimmungen enthält, hat die Zustimmung des Verwaltungsrathes der Berlin-Stettiner Eisenbahn- Gesellschaft, fowie auch die Billigung des Handels-Ministers bereits gefunden und auch die heutige Verjammlung erklärte sih mit 575 gegen 2 Stimmen damit einverstanden, daß ein folcher Vertrag abge- 1chlossen werde. In der außerordentlichen General-Versammlung vom 22, April v. J. wurde auf den Antrag cincs Aktionärs beschlossen, die Bestimmungen der Nachtrags - Statuten vom 5. Mai 1862 dahin abzuändern, daß vom 1. Januar 1872 ab 1) zu Ar- tifel IL, c. die jährlihe Remuneration der vier unbesoldeten Mitglieder des Direktoriums von 500 Thlrn. auf 1000 Thlr. erhöht, 2) zu Artikel V. die Beschränkung der dem Verwaltungêrath bewilligten Tantieme von 4% des Reingewinns auf ein Maximum von 4000 Thlr. aufgehoben werde. Dieser Beschluß ist Seitens des Handels-Ministers in formeller Bezichung insofern bemängelt word°n, als der Gegenstand der Verhandlung nicht in der durch Artikel 238 des Handelsgeseßbuches vorgeschriebenen Weise in der Einladung zur außerordentlichen Generalversammlung am 22. April v. J. angekün- digt worden. Es war deshalb eine Erneuerung des Beschlusses erfor- derlih, welche heute mit 524 gegen 30 Stimmen erfolgte. Schließ- lich ermächtigte die Versammlung die Mitglieder des Direktoriums und des Verwaltungsraths auf Grund der in der heutigen General- versammluug gefaßten Beschlüsse, das erfocderlihe Nachtragsstatut zu entwerfen und rechtêverbindlich für die Gesellschaft festzustellen und zu vollziehen.

Heidelberg, 28. Januar. Das Projekt ist aufgetauht, eine der Rigibahn ähnliche Eisenbahn nach dem Schlosse, der Molken- kur, dem Kaiserstußle und dem Kohlhofé anzulegen.

Altenburg, 30. Januar. Die „Alt. Ztg.“ erklärt berihtigend, daß weder an der Gera-Weimarer Bahnlinie, noch an der Saalbabn in der Umgebung von Jena ein Spatenstich bis zur Stunde hat aus- gehoben werden fönnen.

Bremen, 31. Januar. Die landespolizeilihe Abnahme der Eisenbahnstrecke Uelzen-Langwedel wird zum 1. März d. I. und die Inbetriebseßung diejer Bahnlinie unmittelbar darau? erfol- gen. Das Personal für den Betrieb der Bahn wird am 20. Febrnar d. J. in Dienst treten. *

London, 31. Januar. (W. T. B.) „Lloyds Liste* s{reibt, daß der Dampfer „Murillo“ in Cadiz eingetroffen ist. Es ift nun-

mehr positiv festgestellt, daß der „Murillo“ das Fahrzeug ist, welches das Auswandererschif „Northfleet“ niedergeranut hat.

dg