1873 / 48 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 22 Feb 1873 18:00:01 GMT) scan diff

IX. Aus\{uß für Elsaß-Lothringen. Preußen: Der Sia iste i brück. Bayern: Der Staats-Minister von Pfrekschner, in dessen Behinderung: der Gesandte, Staatsrath Freiherr Pergler von Perglas. Sachsen: Der Gesandte, Geheime Rath von Koenneriß, in dessen Behinderung: der Geheime Justiz-Rath Held. Württemberg: Der Gejandte, Staatsrath Freiherr von Sp itßemberg. Baden: Der Wirkliche Geheime Rath von Freydorf, in dessen Behinderung: der Gesandte, Geheime Legations-Rath Freiherr von Türkheim. Mecklenburg-Schwerin: Der Staats-Minister von Büs- low. Braunschweig: Der Geheime Rath von Liebe.

Stellvertreter: Hessen: Der Ministerial-Rath Dr. Neidhardt. Lübeck: Der Minister-Resident Dr. Krüger.

Aus\chuß für die Verfassung: Preußen: . Der Staats-Minister Delbrück. Bayern: Der Staats-Minister von Pfretschner, in dessen Behinderung: der Staats-Minister Dr. von Faeuftle. Sachsen: Der Staats-Minister Freiherr von Friesen, in dessen Behinderung: der Gesandte Geheimer Rath von Koennerig. Württemberg: Der Justiz-Minister von Mittnacht, in dessen Behinderung: der Ministerial-Rath Heß. Baden: Der Wirkliche Geheime Rath von Freydorf in dessen Behinderung: der Gesandte, Geheime Legations-Ra Freiherr von Tür ckheim. Oldenburg: Der Staats-Minister von Rössing, in dessen Behinderung: der Geheime Ministe- rial-Rath Selkmann. Be Der Staats- «Minifter Freiherr von Krof1gf.

D D Le für die Geshäfts-Drdnung: Preußen: ‘Der Staats-Minister Delbrück. Bayern: Der Staats-Mi- nister Dr. von Faeusftle, in dessen Behinderung: der Gesandte ‘Staatsrath Freiherr Pergler von Pergl as. Württemberg: Der Iustiz - Minister von Mittnacht, in dessen Behinderung: der Ministerial-Rath Heß. Hessen: Der Staats - Minister Hofmann. Großherzogthum Sachsen: Der Geheime Staatsrath Dr. Stichling, in dessen Behinderung: der Ge- heime Finanz-Rath Dr. Heerwart. Sachsen-Altenburg: Der Staats-Minister von Gerstenberg-Zech. Schwarz- burg-Rudolstadt: Der Staats-Minister vo n Bertrab. —— Jm weiteren Verlauf der gestrigen Sißung des Herren- hauses machte der Präsident Mittheilung von der vor der Plenarsitzung erfolgten Wahl von je 4 Mitgliedern für die Vorberathung der Gesetzentwürfe über die Vorbildung und An- stellung der Geistlichen, über die firchliche Disciplinargewalt, die damit zusammenhängenden Geseßteêsvorlagen und die dazu eingegangenen Petitionen. Es waren gewählt die Herren Graf Krafsow, Herzog von Ratibor, Graf Brühl, Herzog von Croy, Gobbin, v. Grunert, Frhr. v. Landsberg-Vehlen, Graf York von Wartenburg, v. Kröcher, v. Plöß, vom Rath, v. Kleist-Reßow, Graf v. d. Sculenburg-Beetendorf, Graf zur Lippe,“ Graf Münster, Dr. Tellkampf, Wever, Dr. v. Holleben, Sulzer, v. Voß. Der Präsident theilte mit, daß die Kommission beschloffen habe, sfich noch nicht zu konstituiren, sondern zunächst von den auswärtigen nicht anwesenden Mitgliedern Nachricht einzufordern, ob fie die Wahl annehmen. Hierüber entspann ch eine längere Diskussion, da Herr von Bernuth dies als eine Vershleppung der Angelegenheit ansah und den Antrag stellte, sofort die Konstituirung der Kommission vorzunehmen. Da der Präsident jedoch, als der Geschäftsordnung gemäß er- achtete, daß er die Konstituirung der Kommission veranlaffe, \o

zog Herr von Bernuth seinen Antrag wieder zurück. 5 Es folgte der mündlihe Bericht der X. Kommisfion über

den Gesezentwurf, betreffend das Grun dbuhwesen und die

Verpfändung ! von Seeschiffen in Neu-Vorpommern UnD R, Die Kommission hatte folgende Anträge gestellt:

a. den Eingang des §. 18 folgendermaßen zu fassen: Geseßliche Hvvothefen gewähren in Beziehung auf Grundstücke und deren Zu- ebêr, soweit soldes nach §. 30 des Geseßes über den Eigenthums- erwerb vom 5. Mai 1872 und na §. 15 des gegenwartigen Gefeßes den eingetragenen Gläubigern haftet, nur u. }. w. wie nach der Kom-

issionsvorlage; i E z :

men e 18 folgenden zweiten Absaß beizufügen: Jn Bezie- hung auf das bewegliche Vermögen giebt die geseßliche Hypothek nur ein Vorre{t im Konkurse. Das geseßliche Psandrecht des Vermiethers an den eingebrahten Sachen des Miethers bleibt unberührt, hinter 8 18 folgenden neuen Paragraphen anzunehmen. |

8. 18a. Geseßlie und vertragsmäßige Hypotheken, welche bei dem Inkrafitreten dieses Geseßes an dem beweglichen Zubehör eines Grundstücks (S. 18) bestehen, müssen bis zum 1. Juli 1874 eingetra- gen werden, widrigenfalls fie Dritten gegenüber eine Wirkung haben.

Nah einer kurzen Diskusfion, an der fih die Herren Malm- ros (als Referent), Graf Krafsow, Ur. Dernburg und der Re- gierungs-Kommissar Geheimer Ober-Iustiz-Rath Dr. Förster be- theiligten, wurden die Anträge der Kommission angenommen, und dann um Uhr die Sizung geshlofsen.

Jn der heutigen 13. Sißung des Herrenhauses, welcher der Justiz-Minifter Dr. Leonhardt, sowie mehrere Re- gierungs-Kommissarien beiwohnten und die der Präsident Graf Otto zu Stolberg-Wernigerode um 1 Uhr 20 Minuten eröss- nete, theilte der leßtere zunächst mit, daß Graf NReveutlow-Farve gestorben ift; das Haus erhob fich, das Andenken des Ver- storbenen ehrend. - Die Kommission zur Vorberathung der kirchenpolitishen Geseße hat sich konstituirt, und den Grafen zu Münster zum Vorsißzenden, Herr Dr. Sulzer zu dessen Stell- vertreter, Herrn Gobbin zum Schriftführer und den Grafen Sulenburg-Beeßzendorf zu dessen Stellvertreter ernannt. Nach diesen Mittheilungen trat das Haus in die Tagesordnung, deren erfter Gegenstand der mündliche Bericht der X. Kommission über den Gesehentwurf, betreffend das Grundbuhwes\ en und die Verpfändung von Seeschiffen in der Provinz Schleswig-

ol stein war, die ersten 15 Paragraphen der Vorlage wurden ohne Diskussion genehmigt. Als Wow beantragte die Kom- misfion folgenden Paragraph einzu iedene...

Den Hypothekengläubigern steht \rei, unter Einreichung der alten Hyvothekenurkunden die Ausfertigung von Hypothekenhriefen in Ge- máßbheit des §. 122 der Grundbuchordnung vom 9. Mai 1872 zu be- antragen. Diese Ausfertigung erfolgt kostenfrei, wenn der Antrag iu- nerbalb ses Monaten von Anlegung des Grundbuchblattes oder Ar- fifels ab gestellt ift. : : s

Der Regierungs-Kommissar, Geheime Justiz-Rath Dr. r- Ker, erflârie fih gegen diesen Paragraphen, während der Refe- rent Herr Malmros die Annahme desselben befürwortete. :

Be der Abstimmung wurde der Kommissionsantrag mit geringer Majorität, hierauf die §8. 16 bis 44 ohne jede Dis- Éffion nab den Anträgen der Kommission angenommen. Für &. 45 beantragte die Kommission folgende Fafsung:

Düe Verhautlungen, welche zur Feststellung der innerhalb der Aui@lrfriit angemeldeten oder der Anmeldung nicht bedürfenden Rewte an Srurtitäden und Schiffen (S. 43) erfolgen, find stempel- und foftenfzei. Die nach §. 5 des Koîtentarifs der Grundbuh-Ord- ming vom 1. Mai 1872 zu entrichtenden Kosten bleiben in 1o weit mer Arc, 2s solde bei der Eintragung des Rechts zuglei für

Die Regierungs - Kommissare Geh. Ober - Iustiz - Rath Dr, Förster und Ober-Gerichts-Rath Rüdorf sprachen fich gegen den leßten Sah dieser Fassung aus, während der Referent Herr Maliros den Antrag der Kommission vertheidigte. Ein Antrag des Herrn v. Dechend, die Fassung der Kommission abzulehnen und die Regierungs - Vorlage wieder herzustellen, wurde abge- lehnt und der vorliegende Antrag und \ch{ließlich das ganze Ge- seß nah den Anträgen der Kommisfion bei Schluß des Blattes genehmigt. :

Aus der gestrigen Sißung des Hauses der Abge- ordneten ist noch nachzutragen, daß der §. 52 des Entwurfes eines Gesezes über die Amtsverbände der Hohenzollernschen Lande zu einer- namentlihen Abstimmung Anlaß gab. Die Regierungs - Vorlage hatte in diesem Paragraphen, welcher von der Provinzialvertretung Hohenzollerns handelt, beantragt, den Fürsten von Hohenzollern, von Fürstenberg und von Thurn und Taxis je cine Stimme einzuräumen. Dagegen wollte der Abg. Evelt nur dem Fürsten von Hohenzollern eine Stimme einräumen, der Abg. von Lattorff den 3 Fürsten zusammen 9 Stimmen. Der Antrag von Lattorf} wurde \{ließlich mit

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134 gegen 125 Stimmen angenommen. #2 - La In der heutigen (48.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welher am Ministertische der Staats-Minister Graf Eulenburg und mehrere Regierungs-Kommissarien beiwohn- ten, theilte der Präsident von Forckenbeck mit, daß vom Minister der landwirthschaftlichen Angelegenheiten ein Gesezentwurf über die Organisation der General - Kommisfionen für die Provin- zen Posen, Pommern und Brandenburg eingegangen A Darauf wurde der Entwurf eines Gesezes, betreffend die Auf- hebung beziehungsweise Ermäßigung gewisser Stempel-Abgaben, in dritter Lesung mit einem Amendement des Abg. Dr. Bähr (Cassel), welches die Stempel-Abgabe auch für die im §. 8 Nr. 2-des Geseßes vom 5. Mai 1872 gedachten Löschungs- Anträge aufhebt, angencimnmen. Es folgte die dritte Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Dotation der _Provinzial- Verbände. Fast ohne jede Diskussion wurde diese Vorlage nah den Beschlüssen der zweiten Lesung angenommen.

In dritter Berathung wurde dann nochmals vom Hause beshlossen, den Nachweis der Verwendung der 2,494,492 Thlr., welhe zur Gewährung von Beihülfen an Angehörige der Reserve und Landwehr durch das Reichsgeseß vom 22. Iuni 1871 bereit gestellt worden, für geführt zu erah- ten. Der Entwurf eines Gesezes, betreffend die den Ange- hörigen der Reserve und Landwehr geleisteten Beihülfen pasfirte die dritte Lesung. Der Abg. Rikert beantragte, die Regierungs- vorlage, welche die Fonds, die sich dur Rücckzahlung bilden, an die Provinzialverbände verweist, wieder herzustellen unter Ver- werfung der Beschlüsse der zweiten Berathung, welche diese Fonds den Kreisen zuweisen wollen. Für diesen Antrag erklärte fich der Abg. v. Saucken-Tarputschen, während sih die Abgg. v. Rauchhaupt und v. Gottberg dagegen erklärten. Der Ministér des Innern Graf zu Eulenburg spra sich dahin aus, daß Seitens der Regierung möglihste Schonung beim Einfordern intendirt sei, aber immerhin solle das Prin- zip bleiben, daß der Staat nur seine Hülfe, also nur Darlehne und nicht Schenkungen gewähre. Nun meine er, daß die Kreise zu leiht in die Lage kommen, mit einander zu konfurriren, um recht viel wegzuschenken, was von den Pro- vinzialbehörden nit zu befürchten sei, weil fie eben den Inter- essenten nicht so nahe stünden. Der Antrag des Abg. Rickert wurde abgelehnt und der Entwurf unverändert nah den Be- \{chlü}en der zweiten Lesung angenommen. Beim Schluß des Berichtes ging das Haus zur zweiten Berathung des Geseß- entwurfes, betreffend die Erbschaftsfteuer, über.

Bis zum 1. Februar d. I. waren in den Münzstätten des Deutshen Reihs in Zwanzigmarkstücken 345,174,220 Mark und in Zehnmarkfstücken 114,078,070 Mark ausgeprägt worden. In der Woche vom 2. bis 8. Februar sind ferner ge- prägt in Zwanzigmarkstücken: in Berlin 4,515,620 Mark und in München 248,500 Mark; ferner in Zehnmarkftücken: in Han- nover 993,990 Mark, in Frankfurt a. M. 1,888,010 Mark, in München 569,630 Mark, in Dresden 296,380 Mark, in Stutt- gart 285,540 Mark, in Karlsruhe 250,940 Mark und in Darm- stadt 448,900 Mark. i s Die Gesammtausprägung ftellt fich daher bis 8. Februar d. I. auf 468,749,800 Mark, wovon 349,938,340 Mark in Zwanzig- markstücken und 118,811,460 Mark in Zehnmarkstücken bestehen.

-— Auf eine Seitens der Ober-Rehnungskammer gegebene Anregung hat das Stats-Ministerum nah eingehender Prü- fung die Nothwendigkeit oder Billigkeit, in Betreff der Gehalts- bezüge der im Mobilmachungsfalle bei der mobilen Armee Ver- wendung findenden Militärbeamten, welche gleichzeitig ein Nebeneinkommen aus cinem Civilamte beziehen, besondere Fest- sekungen zu treffen, nicht anzuerkennen vermocht. E

Insbesondere hat eine analoge Anwendunÿg| des Staats-Mini- fterial-Beschlusses vom 22. Januar 1831 nicht für begründet erachtet werden können, da der gedahte Beschluß lediglich von der Regu- lirung des Diensteinkommens der zur mobilen Armee einberufenen Civil- Beamten handelt; für eine Ausdehnung aller Benefizien der Civilbeatuten auf die Militärbeamten es aber auch an der Vorausseßung pöllig gleichartiger Berufsverhältnisse gebricht.

Der Militärbeamte gehört seinem Berufe nah dauernd der Armee an und hat in Folge dessen, also seiner speziellen Dienst- pflicht, jederzeit die Mobilmahung zu gewärtigen. Die Berlei- hung des Nebenamtes hat daher von Hause aus einen prekäreren Charakter und liegt der Verleihung eines solchen an einen Mi- litärbeamten immer die selbstverständlihe Vorausseßung zum Grunde, daß und so lange sein Hauptamt ihm die Verwaltung des Nebenamtes überhaupt gestattet.

Der General-Major von Bernhardi, Commandeur der 10. Kavallerie-Brigade, is mit Urlaub vón Posen hier an- gekommen.

Dem Füsilier-Bataillon 2. Garde-Regiments zu Fuß if von Sr. Majeftät zum Andenken an die Shlaht von St. Privat ein filberner Ring verliehen worden; die Anlegung d elben an den Schaft der Fahne hat heut Vormittag im Exerzierhause des Regiments stattgefunden.

Durch Allerhöchste Ordre vom 29. Januar d. I. ift bei der Westfälishen Deputation für das Heimathswesen zu Münster in Stelle des ausscheidenden Appellationsgerihts- Direktors Koh das Verwaltungs-Mitglied der Deputation und seitheriger stellvertretender Vorsißender, Regierungs - Rath Hüger zum Vorsißenden, so wie der bisherige Stellvertreter des richter- lihen Mitgliedes, Appellationsgerihts-Rath Wesemann, zum richterlichen Mitgliede, und der Appellationsgerihts-Rath Dr. Plate zum Stellverter des richterlihen Mitgliedes ernanni

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. Bayern. München, 20. Februar. Der König erwiderte gestern Abend den Besuch, welhen ihm Prinz Luitpold gestern Morgens abgestattet hatte, und empfing hierauf den Königlichen Staats-Minifter von Pfeufer in Audienz. Die „AUg. Ztg.“ nimmt an, daß u. A. auch die Frage der Verwaltungsrefórm Gegenftand der Besprehung war. s

Würzburg, 13. Februar. Der hiesige Stadtmagistrat hat einem alten Herkommen folgend, alljährlih auch in diesem Jahre wieder aus Anlaß des Iahre3swechsels dem König ein Geschenk von 100 Goldgulden nah München gesandt. Dieser Loyalitätsmanifestation ist nunmehr durch einèê Entschließung des Königlichen Staats-Ministeriums der Finanzen insofern ein Ende gemacht worden als in Folge dieser Entschließung „laut der Bestimmung des §. 10 des Reihsmünzgeseßes“ diese Würz- burger Goldgulden in Zukunft niht mehr geprägt werden dürfen.

Württemberg. Stutigart, 20. Februar. Das heute ausgegebene Bulletin über das Befinden der Königin= Mutter lautet:

„Die größere Hälfte des gestrigen Tages verlief günstig, sämmt- liche Krankheitserscheinungen traten zurück; gegen Abend stellten \ichG Beerigungen ein, welche beinahe die ganze Nacht hindurch in sehr qualvoller Weise andauerten. Dr. Gärtner.“

Baden. Karlsruhe, 20. Februar. Der Landgraf Frie d- rich von Hessen, sowie die Erbprinzessin von Monaco find heute Abend in Karlsruhe eingetroffen und haben im Groß- herzoglihen Schlosse Wohnung genommen.

Sessen. Darmstadt, 20. Februar. Die Zweite Kam- mer begann heute die Berathung über den ihr vorgelegten Entwurf einer neuen landfständischen Geschäftsordnung und er- ledigte die Artikel 1—32. Prinzipielle Meinungsverscieden- heiten zwischen Regierung und Kammer traten im Verlaufe der Verhandlung nicht zu Tage; der Entwurf, bei welchem die Ge- schäftsordnung des Deutschen Reichstages vorwiegend berück- sichtigt ist, fand vielmehr in seinen wejentlichen Punkten keine Beanstandung, während die mehr formellen und redaktionellen, vom Ausschusse vorgeschlagenen Aenderungen die Billigung der Regierung fanden. Dagegen gaben die von der Gültigkeit und Prüfung der Wahlen handelnden Artikel 7 und 8 Anlaß zu Debatten. Nach dem Entwurfe (Art. 7) sollte die Kammer zum Zwecke vorläufiger Prüfung der Legitimationen der ein- zelnen Abgeordneten in fünf Abtheilungen geschieden werden. Diese Abtheilungen hätten nach Artikel 8 gegenseitig ihre Legitimation zu prüfen. Im Falle von Wahlanfechtungen und Einsprachen entscheidet die Kammer. Für diese Bestimmung hatten sich im Aus\shufse die Abgg. Dumont und Buff ausge= sprochen, die Mehrheit aber hatte sich für ihren Strich entschieden und wollte niht blos die angefohtenen Wahlen, fondern alle Wahlen Seitens der Kammer einer Prüfung unterzogen wissen. Die Kammer entschied sich gegen 9 Stimmen für die Leßteren. Abgelehnt gegen 9 Stimmen wurde ein Antrag des Abg. Dumont zu Art. 15, demzufolge jede Kammer auf Vorschlag ihres Bureaus in Uebereinstimmung mit der Regierung ihre Ausgabebedürfnisse festzuseßen haben würde. Bei Art. 17 wurde eine der badi- schen Geschäftsordnung nachgebildete Alinea abgelehnt, inhalt- lih welcher nur die Verhandlungen über Geseßentwürfe nah stenographischen Aufzeihnungen in das Protokoll aufgenommen werden follen, Disfusfionen in anderen Fällen dagegen erst dann, wenn cs die Kammer beschließen würde. In Folge ciniger vom Ministerialrath Hallwahs vorgebrahter Einwen= dungen wurde dagegen die Stelle des Ausshußantrages ge- ändert, lautend: „die ftenographischen Aufzeihnungen bilden einen Anhang des Protokolls“ und ftatt dessen auf Antrag des Abg. Meh geseßt, fie bilden einen Theil des gedruckten Protokolls. Morgen foll die Berathung über die Geschäftsord- nung ihren Abschluß finden.

Die Antwort des Großherzoglichen Ministeriums der Iustiz auf die Interpellation des Abg. Stüber, (verlesen in der Sißung der Zweiten Kammer vom 19. d. M.) lautet:

Der Unterzeichnete beehrt sfih auf die ihm mittelst Schreibens vom 20. d. M. mitgetheilte Interpellation des Herrn Abg. Stüber Folgendes ergebenst zu erwidern:

Ad 1. Das Großherzoglih: Ministerium der Justiz bält es für angemessen und zulässig, die Kompetenz der Bezirksstrafgerichte durch Verweisung einiger Vergehen von geringerer Strafbarkeit an die Land- gerichte zu beschränken, und ist mit der Vorbereitung eines diese Kom- petenzbeschränkung der Bezirksstrafgericßte bezweckenden Gesehentwurfs bereits beschäftigt.

Ad 2. Wenn auch nichi verkannt werden kann, daß erhebliche Gründe sich dafür anführen lassen, deut Verleßten bci den Anirags- Bergehen, tnsbesondere bei Beleidigungen mehr Rechte einzuräumen, als dies nah der Strafprozeßordnung, Artikel 424, geschehen ift, so dürfte es doch in jeßiger Zeit, in welcher durch eine bereits im Ent- wurf vorliegende Strafprozeßordnung das Verfahren in Strafsachen im ganzen Deutschen Reich einheitlich geregelt werden foll, fih nit empfehlen, in dieser Beziehung eine geseßliche Aenderung eintreten zu lassen, um fo weniger, als ducch eine folche Aenderung und insbesou- dere durch die von deur Herrn Jüterpellanten gewünschte Einräumung eines selbständigen Beschwerderehts an den Ankläger die Grund- prinzivien unserer Strafprozeßordnung verleßt werden würden.

Eine Abhülfe des gefühlten Bedürfnisses wird aber dadur er- zielt werden können, daß die Beamten der Staatéanwaltschaft an- gewiesen werden, auf Verlangen der Verleßt-zn (Ankläger) gegen die ihnen bekannt zu machenden Einstellungsbelchlüffe und Freisprechunigen der Gerichte die zulässigen Beschwerden oder Rechtêmittel zeitig anzu- zeigen und zu verfolgen oder, wenn sie das Verlangen des Verleßten für unbegründet Halten, die Entscheidung des Ober-Staatsanwalts und, sofern der Verleßte au mit diefer nicht einverstanden ift, des Großberzoglihen Ministeriums der Justiz zu veranlassen.

Das Großherzoglihe Minifterium der Justiz beabsichtigt, in dieser Richtung eine Instruktion an die Gerichte und Beamten der Staatsanwaltschaft zu erlassen und glaubt, daß dadurch den Inter- essen der Verleßten, so weit bei dem jcßigen Stand der Gesetzgebung thunlich, Rechnung getragen sein wird.

Darmstadt, am 31. Januar 1873. s : Kempff.

(Fr. I.) Der Entwurf eines neuen Schulgeseßes liegt nunmehr dem Gesammt-Ministerium zur Berathung vor und dürfte in aller Kürze den Kammern zugehen. Darüber, ob das von der Regierung zugesagte Kirhengeseÿ s{chon in Kürze zur Vorlage kommen, oder erft in der im nächsten Herbste stattfindenden Landtagsseffion der Kammer unterbreitet werden wird, ist die Regierung zu einem Entschlusse noch nit gelangt.

Elsaß-Lothringen. Mez, 18. Febr¿ar. Am 22. d. M. wird zu Vionville die feierlihe Einweihung des Denkmals für die Gefallenen des 3. Brandenburgishen Infanterie-Regiments Nr. 20 stattfinden. Zur Theilnahme an dieser Feier wird bereits am 21. eine stärkere Deputation dieses Regiments von Bar le Duc aus hier eintreffen.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 20. Februar. Der Prinz Luitpold von Bayern is} von hier nah München zurück-

pie Tuiftige Deliruns antrihtet worden find. Die Bestimmungen des S. 11 de Tarife fintex fine Anwendung.

worden.

gekehrt.

- Mit Allerhöchster Entschließung vom 20. v. M. ift die - Erhöhung des Friedens standes bei den Compagnien der 4. und 5. Feld-Bataillone der Linien-Infanterie und bei den Re- serve-Compagnien der Jäger-Truppe um je zwei Zugsführer und vierzig Infanteristen , beziehungsweise Jäger, genehmigt worden. Bezüglich des successiven Ueberganges von dem gegenwärtigen 3 a t erhöhten Friedensstand werden feinerzeit Spezialweisungen nachfolgen.

Pesth, 20. Februar. Heute Vormittags wurde in der Ofner Festungs - Pfarrkirhe ein feierlihes Requiem für die Kaiserin Carolina Augusta abgehalten, an welchem die Abgeord- neten Theil uahmen.

Jm Unterhause interpellirte Demeter Bonis den Justiz-Minister, ob er den Entwurf cines Expropriationsgesetes für Provinzstädte vorlegen wolle. Der Minifter Pauler aut- wortete, daß das hauptfstädtische Erpropriationsgeseß theilweise auf die Provinzstädte werde ausgedehnt werden. Hierauf wird die Spezialdebatte über das Kommunikations-Budget fortgeseßt und beendet. Morgen beginnt die engere Generaldebatte über das Budget des Handels-Ministeriums.

Der „Pester Lloyd“ meldet: Gestern hat eine Besprehung in dex Entrepots-Angelegenheit beim Handels - Minister

statigefunden. Der Minister machte Mittheilungen über die bis- her von der Regierung eingeleiteten Studien und erklärte zu- glei, daß das Ministerium geneigt sei, etwa drei Millionen auf Adaptirung der Pläve zu verwenden und, sobald die Grund- prinzipien festgestellt find, das Nähere wegen der dein Unter- nehmen zu gewährenden Begünstigungen zu vereinbaren. Auf eine Anfrage bemerkt der Minister, daß ein Theil der Entrepots und Dos am Soroksarer Arm, der andere in der Nähe des Zollamtes angelegt werden soll. Einfstimmig und energisch pro- testirten die anwesenden Kaufleute gegen diesen Plan. Der Mi- nister nahm die Bedenken zur Kenntniß.

Schweiz. Bern, 21. Februar. (W. T. B.) Ven 53 Geistlihen des Kantons Solothurn if unter Nennung ihrer Namen die (Erklärung abgegeben worden, daß fie den Bischof Cugenius Lachat allein als den re{chtmäßigen Bischof von Basel anzuerkennen, in allen kirchlichen Angelegenheiten nur auf scine Stimme zu hören vermöchten, den amtlichen Ver-

kehr mit demselben daher niht abbrechen und alle seine kirh-

lichen Erlasse auch ferner öffentlih verkünden würden.

Großbritannien und Jrland. London, 20. Fe- bruar. In Marlborough-House fand gestern ein großes Diner statt, bei welhem außer dem Herzog von Edinburgh, der dänische Gesandte, der Herzog von St. Albans, Graf Maffei, der Premier-Minister Gladstone, der Lordkanzler und mehrere andere Kabinets-Minister nebs ihren Gemahlinnen die Gäste des Prinzen und der Prinzessin von Wales maren.

Das Armee-Budget für das laufende Finanzjahr wurde gestern der Oeffentlichkeit übergeben. Der Nettobetrag desselben beläuft sich auf 13,231,400 Lftr. oder 408,000 Lftr. weniger als die im vorigen Jahre verlangte Summe. Die Ge- sammtzahl der Mannschaften beträgt nun 128,968, d. h. 4681 weniger als im vorigen Jahre. Die ansehnlihe Reduktion des Etats vertheilt ih ziemlich gleih über die verschiedenen Departe- ments des Heeres. Mit einer Erhöhung figuriren der Gottes- dienst, die militärische Rechtspflege, das Löhne- und Kontroll- Etablissement, die Armeeverwaltung und Proviant, Fourage, Kohlen und Transportunkosten. Dem Vernehmen nach wird das Unterhausmitglied W. Fowler in der Komiteberathung über die Armee-Etats einen Antrag auf Reduktion des Heeres um 10,000

Mann ftellen.

21. Februar. (W. T. B.) Das Befinden des Grafen Bernstorff ift unverändert. Der Prinz von Wales hat dem Botschafter gestern einen Besuch abgestattet.

Im Oberhause ftellte heute Lord sHoughton den Antrag, die Regierung möge die diplomatishe Korrespondenz mit Frankrei vorlegen, Pbetreffend das an die englishen Unter- thanen ergangene Verbot, die Dekorations-Medaille für die Pariser Weltausstellung von 1855 anzunchmen, und verlangte zu wissen, ob gelegentlich der bevorstehenden Weltausstellung in Wien die Annahme auswärtiger Dekorationen erlaubt sei. Earl Granville sprach fich der Interpellation gegenüber für Auf- rechterhaltung des seit Jahrhunderten bestehenden Geseßes aus, daß fein Engländer ohne formelle Erlaubniß seines Souveräns eine auswärtige Dekoration tragen dürfe, worauf Lord Hough- ton feinen Antrag zurückzog.

In der heutigen Unterhausfißung erklärte auf eine Anfrage Seymours Mr. Grant Duff (Mitglied des Departements für Indien), daß der Kriegs-Minister nächstens eine Karte von Mittel-Asien veröffentlihen werde. Von der Landschaft Badak- \han liege fein Theil am rechten Ufer des Oxus; bezüglich des an diesem Ufer belegenen Theils von Wackhan könne mit Be- stimmtheit niht angegeben werden, ob dasselbe als zum Gebiete von Shir Ali Chan gehörig zu betraten sei, dessen Grenze sonst der Oxus sei. Fowler interpellirte die Regierung über die angebliche Abtretung des Gebiets au der Delagoa-Bai Sei- tens Portugals. Der Unter-Staatssekretär für die Kolonien, Mr. Hugesfon, beantwortete die Interpellation dahin, daß es wünschenswerth erscheinen müsse, die Position Englands an der Delagoa-Bai nicht aufzugeben. Mit Rücksicht auf die Möglich- keit einer Konföderation der südafrikanishen Kolonien sei es von Wichtigkeit, daß keine andere Großmacht dort festen Fuß fasse. Es sei übrigens formell dementirt, daß Deutschland beabsichtigt abe, den von Portugal beanspruhten Gebietstheil der Delagoa-

ai anzukaufen. Ein von der Regierung befürworteter Antrag Mundella’s, eine Kommission zur Untersuhung der Ursachen der Kohlentheuerung zu ernennen, wurde angenonnmen.

Frankreich. Paris, 19. Februar. Der Kriegsminister hat unter dem 14. Februar an alle Corpsbefehlshaber folgendes Rund\chreiben erlassen: S E j

“Die Angriffe, welche sich Militärs, wenn sie allein find, zu jeder Zeit von Seiten der Ordnungsfeinde ausgeseßt sehen, haben fich seit einigen Monaten an verschiedenen Punkten unseres Landes dermaßen gehäuft, daß es_meine Pflicht ist, Ihnen die Verhaltungslinie zu be- zeichnen, die Sie den unter Jhren Befehlen stehenden Truppen für tolhe Fälle obne Bedenken einzuschärfen haben. Wer sich gegen die Armee vergreift, will sich gegen das Gefeß vergreifen, dessen Wächter und Vertheidiger die Armee“ auf allen Stufen ihrer Hierarchie ist ; mehr als je ist es aber nothwendig, daß das Geseß das Feld be- haupte, Sie werden also gefälligst den Militärs aller Waffen, welche unter Ihrem Commando stehen, in Erinnerung bringen, daß die Uniferm, welche sie zu tragen die Ehre haben, ihnen nicht blos die Fn auferlegt, überall das Beispiel einer guten Aufführung, des

nftands und der Achtung vor der Obrigkeit zu geben, „fondern ihnen auch ein Recht einräumt, von Allcn respectirt zu werden. Sie follen aljo unter Beobachtung der möglihsten Mäßigung keinen Anstand nehmen, von ihren Waffen Gebrauch zu machen, wenn sie angegriffen werden, und jedenfalls alle Personen, die sie besh1mpfen , ergreifen und nach dem nächsten Pesten führen. Jch bin gewiß, daß der Bei-

ftand der gerichtlichen und Verwaltungsbehörden Ihnen nit fehlen wird, um einem Zustande gründlich ein Ende zu machen, welchen nit larger fortdauern zu lassen im Interesse aller guten Bürger liegt. Ich bitte Sie, dieses Rundschreiben mittelst Tagesbefchßls zur Kenntniß Zhrer Truppen zu bringen und mir den Empfang desselben zu be- s\cheinigen. Empfangen Sie u. s. w. Geueral de Cif j ey.

21. Februar. (W. T. B.) Der Präsident Thiers hat gestern den deutshen Botschafter, Grafen von Arnim, und den Botschafter Spaniens, Olozaga, empfangen und ift, nahdem e ect Elysee übernachtet, heute Mittag nah Versailles zurück-

ekehrt.

Der Bruch zwischen der Rechten und dem

rechten Centrum ist wie die „Agence Havas“ meldet ein noch entschiedenerer geworden. Die „Union“ beschuldigt heute den Herzog von Broglie und den Herzog von Audiffret- Pasquier, einen Pakt mit dem Präsidenten der Republik abge- {losen und in Verfolgung persönlicher ehrgeiziger Zwecke für die Minderung des Ansehens und der Macht der Nationalver- sammlung gestimmt zu haben. E Versaill es, 21. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Sizung der Nationalversammlung trug der Herzog von Broglie den von ihm verfaßten Bericht vor, welcher reih is an Lobeserhebungen über den Präsidenten der Republik. Er erklärte, daß der zweite Antrag des Justiz-Ministers Dufaure die Rechte und die Würde der Nationalversammlung vollständig wahre und {loß mit der Versicherung, daß der Geseßentwurf kein anderes Ziel habe als dasjenige, einem Einverständnisse die Weihe zu geben, welches zu erzielen zwar viel Mühe erforderte, dessen segensreihe Folgen aber gewiß sehr hoh anzushlagen sein wer- den. Die beiden Centren begleiteten den Bericht mit Beifalls- rufen; die Rechte und die Linke verhielten sich \{chweigend. Hervé de Saisy von der Rechten wurde wegen verleßender Aeußerungen über die Dreißiger-Kommission zur Ordnung gerufen. Die Na- tionalversammlung beshloß, am Montag, Dienstag, Mittwoch die Sißung auszusehen und die Berathung des Broglie’ schen Berichts am Donnerstag vorzunehmen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 18. Februar. Der Finanz-Aus\chuß bringt die Herabsezung des ersten Haupttitels im Budget mit 100,000 Rdl. \{chw. in Vorschlag. In Betreff der 800,000 Rdl., welche von diesem Haupttitel der Hofhaushaltung zufallen, wird vorgeschlagen, daß die Summe bei Lebzeiten des Königs unverändert bleiben soll.

Am Montag lag im [norwegishen Storthing der Vorschlag zu einer motivirten Tagesordnung vor, welchen der Präsident I. Sverdrup, zufolge eines in einer- Partei-Ver-

war die Absicht gewesen, der Tagesosdnung sofort bei Einbrin- gung Anerkennung zu vershaffen, aber die ministerielle Mino- rität verlangte mit Bestimmtheit einen Aufschub, der auch be- willigt wurde. Die Verhandlungen in der Montagssfizung wa- ren ziemlich eingehend und {lossen damit, daß das Stort- hing mit 66 Stimmen gegen 42 einen von Ketil Moßfeldt und Sverdrup eingebrahten Vorschlag annahm, wodur die Tages- ordnung die folgende Form crhielt:

„Das Storthing, nach dessen Dafürhalten die Stellung der An- gelegenheiten, wodur die Adresse von 1872 hervorgerufen wurde, in keinerlei wesentlihen Beziehung durch den vom Staatêrathe hierüber eingereichten Antrag verändert worden ift, geht zur nächsten Sache der Tagesordnung über.“ /

__ Am Freitag beschloß das Storthing in einer Versammlung bei geschlossenen Thüren die vor Kurzem in Christiania ange- kommene Königin zu begrüßen, und dieses geschah Sonnabend durch eine Deputation, deren Wortführer der Advokat: Kildal war. :

Heute Abend beabsichtigten dic Korporationen der norwegi- schen Hauptstadt dem König und der Königin ihre Huldi- gungen durch einen Faelzug darzubringen.

Dänemark. Kopenhagen, 19. Februar. Der König und die Königin veranstalteten gestern für das Komite zur Unterstüßung der dur die Sturmfluth bes{hädigten Bewohner eine Soirée in den festlich geschmüdcktèn Sälen des Schlosses Chriftiansborg. Sowohl der König, die Königin, als au das Kronprinzlihe Paar und Prinzessin Thyra 2c. nahmen an dem darauf folgenden Balle Theil.

Gestern wurde durch den Minister des Innern im Fol- kething ein neues wichtiges Geseß, betreffend eine persönliche Kommunesteuer, eingebraht. Danach follen die Kommunen ihre nöthigen Mittel, \foweit fie nicht durch Grundbesitz 2c. eingehen, fich vom 1. April 1874 durch eine persönliche Einkommensteuer verschaffen. Die Gewerbesteuer fällt, wo sie noch bestcht, weg. In Kopenhagen besteht {hon ein \olhes Einkommensfteuergeseß, welhes durch den Entwurf nur ergänzt und verbessert wird. Eine spezielle Besteuerung von Vermögen wird, als nicht rath- sam, aufgegeben. Wo der Steuerpflichtige Familienvater ist, wird für jede Person, die er zu versorgen hat, von der Gefammt- summe des Einkommens resp. 30 Rdl. in den Städten und 20 auf dem Lande abgezogen.

Ameerika. New-York, 21. Februur. (W. T. B.). Es herrscht hier ein heftiges, mit Regen und orkanartigem Sturm verbundenes Unwetter, wodurch der Verkehr fast gänzlich ge- hemmt wird.

Washington, 20. Februar. (W. T. B.) Die Unter- suchungskommission des Repräsentantenhauses über den Bau der Union-Pacific-Bahn hat ihren Bericht erstat- tet. Der Bericht bezeihnet das Verfahren der früheren Vermwal- tung dieser Bahn als ein betrügerishes und empfiehlt einen Pro- zeß gegen die Gesellschaft einzuleiten Zwecks Wiedererstattung der ungeseßliher Weise an den Crèdit-mobilier gezahlten Summen.

Havanna, 20. Februar. (W. T. B.) In der Stadt

herrs{cht vollkommene Ruhe. Die „Tribuna“, ein neues Journal, spricht fih für die Republik aus und" räth den Aufständischen, von der weiteren Kriegführung abzustehen und fih der Republik anzuschließen, da fie sich sons die Republikaner zu Feinden machen würden. Aus Südamerika liegen per Dampfer „Lusitana“ folgende Nachrichten vor: Der chilenishe Kongreß wurde am 31. Dezember geschlossen. Die Streitfrage zwischen Chili und Bolivia is freund\chaftlih beigelegt worden. Wie aus Rio de Janeiro unterm 2. Februar gemeldet wird, haben die Minister für auswärtige Angelegenheiten und Ackerbau refignirt, und sind deren Portefeuilles anderweitig begeben worden. Wie verlautet, tehrt Penedo nah London zurück. Das gelbe Fieber verursacht täglih 17 Todesfälle.

Asien. Aus Calcutta wird der „Times®? unterm 19. d. telegraphirt: Es herrscht hier große Befriedigung bezüglih der E (Sen Grenze, wie dieselbe in Fürst Gortshakofs De- peshe vom 31. Januar festgestellt wurde. Cabul ist wegen

der Grenze von Seistan besorgt. Den persishen Eingriffen

sammlung von der volfsliberalen Majorität des Thinges gefaß- | ten Beschlusses in der vorigen Woche eingebraht hatte. Es |

in Belutschistan if ein Ziel gesezt worden. Ein Hand-ls- vertrag mit Russish-Asien wird gewünsht. Der Gesandte aus Kashgar i| mit Herrn Forsyth in Calcutta eingetroffen.

Australien. Aus Honolulu traf die Barke „D. C. Marray“ am 4. Februar in San Franzisko ein und brachte die Nachricht, daß das Parlament der Sandwichs - Inseln die Wahl des Prinzen Lunalilo zum König des hawaischen Reiches sank- tionirt hat. Die Krönung desselben hat am 5. Ianuar stattge- funden. Das Ministerium des neuen Königs besteht fast aus lauter Amerikanern. Der Finanz-Minister Robert Sterling ift ein Sal, Náchdem König Lunalilo den Amtseid geleistet hatte, hielt er eine Rede, im Laufe welher er nah einem Lobe auf feinen Vorgänger sagte :

eDiese Nation bietet das interessantcste Beispiel in der Geschichte von herzlihem Zusammenwirken eingeborener und ausländischer Racen in der Handhabung fein r Regierung dar, und bsch{ft glückliber Weise eristirt auch in allen Beziehungen des Lebens daselbst ein Gefühl, das Jeder gute Mensch zu fördern \ih bestreben wird. Meine Regierung beginnt unter günstigen Auspicien. Unsere B.zichungen zu auswärtigen Regierungen sind die freundschaftlichsten, und ih bin überzeugt, die- selben werden so fortdauern, wenn wir unsere Pflicht im Einftlange mit den unter Nationen anerkannten Principien der Geredßtigkeit und Artigkeit erfüllen. Im Inlande Herrs{en Frieden und vernünftige Wohlfahrt, die zu fördern mein ernstester Wunsch sein wird. Die Inseln find weit höherer Entwickelung, als sie je besaßen, fähig. Sie haben Fähigkeit genug, um ein Königreich zu bilden, w-lcches die Ach- tung anderer Nationen gewinnen, sowie einer weit zahlreiheren Ve- völferung größeren Comfort und Glückfeligkeit gewäbren wird. Wir find dur die Natur glücklicherweise auf die große Mecresstraße der Nationen gestellt. Der Handel aller Flaggen sollte dur die Sicher- heit unserer Rheden, unsere Abundanz an Vrobukten und liberalen Geseßen, und die Regulationen unserer Häfen hierher gezogen werden. Jede künftige Geseßgebung, welche den gehörigen Schuß und de Sörderung unserer commcrziellen Beziehungen im Auge hat, joll meinex herzlichen Zustimmung begegnen E | __ Das Leichenbegängniß des verstorbenen Königs gab zu einer imposanten militärischen und bürgerlichen Feier Anlaß, an welcher sich die eingeborene wie ausländishe Bevölkerung be- theiligte. Bischof Wilbis leitete die religiöse Feier, welche mit Salutshüssen und einem Requiem-Marsch \chloß.

Die Nr. 7 tes „Central-Blatt für das Deutsche Reich“ hat folgenden Inhalt: Müazwesen: Notiz über die Ausprä- gung von Reichs-Goldmünzen. Zoll- und Stcuerwesen: Befugnisse des Neben-Zollamtes T. zu Kattowitz und des Unter-Steueramts Wald- heim. Konsulatêwesen: Ernennvng 2. Marine und Sciffahrt: Mittheilungen über Herausgabe der Amtlichen Liste der Schiffe 2: ; desgl. über Vermessungsbehörden im Regierungsbezirke Schlesw:g. Militärwesen: Fortjeßzung des Verzeichnisses der höheren Lehranstalten, welche zum einjährig freiwilligen Militärdienst beretigt sind.

Die Nr. 8 des „Preußischen Handels-Archivs* hat fol- genden Inhalt: Gefeß gebung: Schwedcn Norwegen und Dä=1-- marf: Skandinavishe Münzkonvention. Niederlande: Errichtung eines Zollamtes in der Provinz Obervyssel. Rußland: Aufhebung des Einfuhrverbots von Schweinen 2c. Oesterreich: Er- richtung einer hauptamtlichen Erxpositur im Bahnhofe der österreichischen Nordwestbahn in Wien. Errichtung einer hauptamtlichen Erxposfitur im Bahnhofe der Franz Josefsbahn zu Budweis. Umwandlung der Expositur des Hauptzollamtes Rum- burg zu Aloisburg in ein Nebenzollamt Il. Klasse. Errichtung einer Erpofitur des Hauptzollamtes zu Prag im Bahnhofe der Turnau- Kralup-Prager Bahn zu Prag. Chile: Dekret, bet -effend die Nie- derlage verschiedener Artikel. Statistik: Deutsches Reich: Bremen: Statistische Uebersicht über Bremens Handel und Schiffahrt im Fahre 1871 (Schluß). Württemberg: Jahresberichte der Handels- und Gewerbekammern in Württemberg für das Jahr 1871 (Fortseßzung). Desterreih: Stand der privilegirten Oesterreichischen Nationallank am 31. Dezember -1872. Rußland: Jahreskeriht des Konsulats zu Berdiausk für 1872. Großbritannien: Jahresbericht des Kon- sulats zu Gibraltar für 1872. Mittheilungen: Danzig. Brom- berg. Landsberg a. W. Glogau. Magdeburg. Frankfurt a. M. Biele- feld. Céln.

Die Nr. 16 der Annalen der Landwirthschaft in den Königlich Preußischen Staaten hat folgenden Fuhalt: Preu- ßen: Erkenntniß des Königlichen Gerichtshofes zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte vom 11, Januar c. Die Fortschritte in der Meierei- wirthschaft in Dänemark während der leßten drei Jahre. Vortrag, gehalten von Th. Segelcke. Die zweite Verfammlung des deutschen Landwirthschaftsrathes. Aus der ordentlichen Sißung des Central- Kollegiums der verbündeten landwirthschaftlihen Vercine Schlesiens. Zur Knochenbrüchigkeit des Rindviehes. Aus der Provinz Peeußzen. Aus dem Regierungsbezirke Frankfurt. Vermischtes: Franfreihs Ge- treideernte 1872. Einführung eines Dampfpfluges in Westfalen. Er- gänzung der Mittheilung über eine neue Krankheit der Buchen. Ueber eine eigenthümliche Entartung der Kartoffel. Versammlung der Vor- steher-der agrikulturchemischen Versuchsstationen Jtaliens zu Rom am 20., 24. und 22. Januar. Sißung dec Königlich \{chwedischen Land- bau-Afademie am 20. Januar.

__ Vereinsthätigkeit. ie Gesammtsumme der Liste VII. der für Wilhelmsstiftung für deutsche Invaliden Gaben beträgt 4481 Thlr. 11 Sgr. 6 Pf.

Kunst und Wissenschaft.

Stuttgart, 18. Februar. Dem ordentlichen Professor Dr. Merx an der philosophischen Fakultät der Universität Tübingen ist die nachgesuchte Dienstentlassung bewilligt worden.

__ Freiburg, 19. Februar. Hofrath und Professor Dr, Werber ist gestern in einem Alter von 76 Jahren gestorben.

_ Straßburg, 14. Februar. (A. A. Z) Die biefige Univer- sitäts- und Landesbibliothek ist in der leßten Zeit dur reiche Gaben wiederum vermehrt worden. JhreMajestät die Deutsche Kaiserin stiftete ein Prachtwerk, Se. Majestät der Kaiser von Ruß- land, den von Tischendorf herausgegebenen Codex Sinaiticus. Etn architektonisches Prachtwerk verdankt die Anstalt dem Fürsten von Súrstenberg. Der Ernst Arnoldsche Kunstverlag in Dresden ließ die bei ihm einzeln erschienenen Kupferstiche für die Kaiserliche Bibliothek i Fnd eigens in einen Band vereinigen, nachdem er diesem werthvollen Geschenke bereits mehrere für die Kunstgeschichte wichtige Werfe hatte vorangehen lassen. Die Zabl der Manuskripte wurde dur den Antiquar Fidelis Butsch in Augsburg wesentlich vermehrt; derselbe übergab auch einen werthvollen Holztafeldruck. Sämmtliche deutsche Staaten senden ihre amtlichen Veröffentlichungen. Auch bel- gische Ministerien haben ihre Publikationen, sowie die ihnen unter- geordneter Behörden zur Verfügung gestellt. Der Bibliothekar van der Hägen in Gent ‘hat bibliographische, literaturgeschihtlihe vnd historische Werke geschenkt. Das italienishe und das englische Ko- mite seßen ihre Sammlungen immer noch in erfreulicher Weise fort. Das nordamerikanische Komite shickte 9, das in Madrid 3 Kisten mit Büchern. Braumüller in Wien fügte seinen früheren kostbaren Geschenken die von Sickel herausgegebenen Monumenta graphica hinzu. Deutsche Verleger, die entweder* ihren ganzen Verlag oder eine Auswahl daraus anbotên, find neuerdings wieder in beträchtliher An- zah: zu nennen, so Ernst Mohr in Heidelberg, Grunow ‘in Leipzig, Sinsterlin in München, Maute in Jena, das Bibliographishe Jnsti- tut in Hildburghaufen u. A.; F. A. Brockhaus in Leipzig theilte allein 1199 Bände mit.

London, 19. Februar. Dur einen Beichluß des Senats ter Londoner Universität wird Griechi nicht länger als kompulsorisch

D die Kaiser- eingegangenen