1873 / 54 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 01 Mar 1873 18:00:01 GMT) scan diff

von Pensions-Empfängern nah §8. 16, bezw. 82, des Geseßes vom N S 1871 noch zu erwartende Zugang, welcher für [es erstere Kategorie noch bis zum Mai 1576 währen wird, bedurfte daher eichfalls der Schäßung. Es liegen diesen Schäßungen übrigens die in Folge des Krieges von 1866 gemachten Erfahrungen zum Grunde, so daß dieselben einer verläßlichen Basis nicht entbeh l Diese Gesichtspunkte rechlfertigen es, wenn auf eine nit aflzú fnappe Bemessung des Kapitalfonds Bedacht genommen wird. Va die dem Invalidenfonds zuzuweisenden Kapitalmittel niht todt liegen bleiben, sondern durch zinsbare Belegung dem Verkehr zugeführt wer- den, da ferner auch etwaige Ueberschüsse den Reichsfinanzen und somit den Steuerzahlern zu guté kommen würden, so können ( esichtspunkte, die bei Bewilligung von Steuern oder Anleiben eine möglich|t knappe Bemessung der dem Lande zuzumuthenden Opfer i im vor- liegenden Falle eine gleich unbedingte Geltung nit in Anspruch

M Das Ergebniß der Untersuchungen geht dahin, daß zur Sicherung der Mittel für die aus der Kriegskosten-Entschädigung zu deckenden íInvalidenausgaben für die ganze Periode der Fälligkeit der leßteren, ünter der Vorausseßung eines bei der zinsbaren Belegung der Gelder zu erreichenden durchs{chnittlichen Zinsertrages von 3% Pro- eni jährlih, ein Kapitalfonds von rund 200 Millionen Thalern, unter der Vorauëseßung eines durchs{nittlich zu erreihenden Zinsertrages von 4 Prozent M ein Kavitalfonds von rund 187 Millionen Thalern auêrech. j j A an es in n Grade wahrsceinlich ist, daß bei der zinsbaren Belegung der Gelder des Jnvalidenfonds ein Zinsertras von, durch- scnittlich 4 Prozent jährlih auf die Dauer erreiht werden wird, fo ift im §. 1 des Entwurfs die dem Invalidenfonds zu überweisende Kapitaljumme auf 187 Millionen Thaler festgeseßt. Augenblicklich stellt sich der Zinsertrag für Geldanlagen in solchen zinstrageuden JInhaberpapieren, wie der §. 2 des Entwurfs fie für die Belegung des Snvalidenfonds in Aussicht nimmt, allerdings etwas béher. Allein abgesehen davon, daß die Anlegung einer so hohen Summe, au wenn fie mit größter Vorsicht erfolgt, auf den Zinssaß nicht ohne Einfluß sein kaun, würde es mit den Grundsäßen der Vorsicht, welhe bei Gründung einer solchen auf eine langjährige Dauer berehneten Institution beachtet werden müssen, unvereinbar sein, wenn auf die Dauer eine höhere Nerzinsung als zu 4 Prozent vorausgeseßt und der Kapitalfonds ent- sprechend vermindert werden sollte. Denn die Grundrechnung für den Invalidenfonds muß so angelegt werden, daß aus den Zinsen und Kapitalrealisationen für eine sehr lange Reihe von Jahren, gegenüber den mannigfachen Veränderungen, welche der Kapitalmarkt in einer Periode von fast zwei Menschenaltern erleiden kann, die für die In- validenausgaben erforderlichen Mittel gesichert erscheinen. Sollte der marktgängige Zinsfuß für Kapitalanlagen einer andauernden Steige- rung entgegen gehen, so würde fich dies in einem Preisrückgange der verzinslichen Jnhaberpapiere auëdrücken, und der Invalidenfonds würde aus den Zinserträgen seines Kapitals die Einbußen übertragen müfsen, welche er bei den jährlich zur Ergänzung der Zins- einnahmen bis zur Höhe des Bedarfs an Penfionen 2c. vorzunehmenden Kapitalrealijationen zu erleiden haben würde. Wird dagegen unterstellt, daß der marktgängige Zinsfuß einer andauernden Ermäßigung entgegengehe, so ist in Folge der bei dieser Unterstellung u erwartenden Zinskonversionen eine Verminderung der Zinserträge des nvalidenfonds zu erwarten, für die er fich an cinem steigenden Preite der in seinem Besiße befindlichen, der Konversion unterliegenden Papiere nicht würde erholen können. : l Bei der Feststellung der Kategorien zinstragender Schuldver- \chreibungen, L a der Ode s anzulegen ift (8. 2), find olgende Gesichtspuntte maßgebend gewejen: E T 1) möglihste Sicherheit der Kapitalanlage. Selbstverständlih Fann durch die bloße Bezeichnung der Kategorien von Schuldver- schreibungen, deren Erwerb für den Invalidenfonds zuläsfig sein jol!, nichi zuglei eine erschöpfende qualitative Abgrenzung der zur Erwer- bung geeigneten oder nicht g-eigneten Papiere erreicht werden, da Kate- gorien von Papiecen, die ihrer allgemeinen Natur nah sich zur Kapi- talanlage für den Invalidenfonds eignen, Sorten von d-r größten und olche von minderer Sicherheit umfassen. Allein ein- .ategorie des- e gänzli ausschließen, weil sie auch Papiere von geringerer Sicher- it umfaßt, erscheint unthunlich und es muß der Einsicht und dem ihtgefühle der Verwaltung überlassen bleiben, innerhalb der zuge- fene Kategorien von Papieren die Auswahl der zum Ankauf geeigneten mit Sorgfalt und Umsicht zu treffen; E 2) möglichst leihte Realisirbarkeit der Papiere. Auch in diefer Beziehung fann die kategorienweise Bezeichnung der zulässigen Papiere als ausreihend niht angesehen werden, ja es haben wegen ihrer vor- züglichen Sicherheit auch jolche Papiere zugelassen werden müssen, welche, wie die Schuldverschreibungen von Provirz-n und Kreisen, von Deich- und Meliorationsverbänden nur einen beshränkten Markt haben und daher in großem Umfange nicht leiht Absaß finden. Bei diesen Papieren kann indeß für den Invalidenfonds, der als Inhaber größerer Beträge gedaht werden muß, die leichte Verkäuflichkeit dadur erseßt werden, daß eine ree Dotirung des Amortisationsfonds jährlich einen rößeren, für das Bedürfniß ausreichenden Betrag zur Einlösung ringt. Es wird Aufgabe der Verwaltung sein, bei der Auswahl dieser Papier: namentlich auch den Umfang dex jährlihen Amortisa- tion in Betracht zu ziehen; ; ; 3) æglihste Mannigfaltigkeit der zu erwerbenden Papiere. Die Beachtung dieses Gesichtspunktes erhöht die Sicherheit der Kapital- anlage im Ganzen, da sie das etwa vorhandene Risiko vertheilt; sie erleichtert die jährlich erforderlihen Realisationen, da die Auswahl der zu realisirendeu Papiere den jeweiligen Konjunkturen des Marktes angepaßt werden kann; sie gewährt endlich die Möglichkeit, die Kapi- talanlage sowohl für den Invalidenfonds als auch für die gesammte wirthshaftlihe Entwickelung dadurch zu einer vortheilhasteren zu machen, daß sie einerseits auf die verschiedenen Klassen von zinstragen- den Papieren und andererseits auch t.rritorial angemessen vertheilt wird z 4) die Vermeidung eines komplizirten Verwaltuugsapparates. Dieser sehr beachtenswerthe Gesichtspunkt führte zur Beschränkung der Gapitalanlage auf Inhaberpapiere und {loß namentlich den Erwerb von Hypotheken aus, da für die Erwerbung und Verwaltung von B ein unverhältnißmäßig komplizirter, {wer zu kontrolireuder erwaltungsapparat mit Zweiginstituten in allen Theilen des Reichs- gebiets erforderlich gewesen sein würde. Durch die Zulafsung von Pfandhrieie, Schuldverschreibungen von Deich- und Meliorations- enossenshaften, Kreis- und Kommunal-Korporationen, wird den In- teressen des Grundbesißes in demselben Maße und innerhalb derselben Grenzen, wie den übrigen am Kapitalmarkte betheiligten Interessen Rech- uung getragen. Eine volle Gleihmäßigkeit der Capitalvertheilung kann aber überhaupt nicht durch einen staatlichen Verwaltungsapparat erzielt werden. Sie wird dadurch herbeigeführt, daß vermöge der den Verkehr beherr- schenden Naturgeseze das auf den Markt geführte Kapital von selbst fih dahin bewegt, wo der Bedarf und die Möglichkeit fruchtbarster Anlage ihm die entsprechenden Bedingungen bietet. Wenn für den Invalidenfonds Staatspapiere oder Eisenbahnprioritäten auf offfenem Markte gekauft werden, \o liegt es nicht in der Hand der Verwaltung, zu bestimmen, wohin das für den Erwerb dieser Papiere gezahlte Ca- pital fließen soll; es wird eben das Angebot disponiblen Kapitals ge- mehrt und alle fkapitalbedürftigen Interessen genießen den Vortheil dieses vermehrten Angebots. : | i Die S a P des §. 2 erscheint nöthig, um das bei der ebieterishe Bestimmung im Eingange des Paragraphen mögliche Mißverständniß auszuschließen, als jei die Verwaltung an der vörühber- gehenden Anlegung disponibler Bestände in einer anderen Weife, als in den unter Nr. 1 bis 6 bezeichneten Papieren gehindert. s Da die zinsbare Belegung des Capitalfonds eine gewisse Zeit in Anspruch uimmt und sich um so vortheilhaster gestalten wird, je be- dächtiger dabei vorgegangen werden kann, so läßt §8. 4 eine einft- weilige Fundirung eines Theils des Invalidenfonds auf den noch rück- _ ständigen Theil der Kriegskoften-Entschädigung zu. Es wird hierdurch eine ununterbrochene Verzinsung des Fonds ermöglicht. Für die Verwaltung des Invalidenfonds ijt eine besondere Be- höôrde, bestehend aus einem Vorsißenden und zwei Mitgliedern, in Aussicht genommen; der Vorsißcnde und sein Stellvertreter sollen auf

je ein Jahr von Sr. Majestät dem Kaiser ernannt, die Mitglieder und deren Stellvertreter auf denselben Zeitraum vom Bundesrath ge- wählt werden. Die Behörde sorgt unter der oberen Leitung des Reichskanzlers für die zinsbare Anlegung und für die rechtzeitige FSlüssigmachung der Kapitalien des Reichs-Invalidenfonds, sowie für dic Einziehung der Zinsen. Jhre Zusammenseßung bringt das Inter- esse der Gesammtheit und der einzelnen im Bundesrathe repräsentirten Bundesregierungen gleihmäßig zur Geltung. Die jährliche Neuwahl der Mitglieder bringt den Cinfluß_ des Bundesraths auf die Zu- sanmenseßung der Behörde zur gehührenden Geltung. Der A übt nach der Bestimmung im §. 7 im Verein mit dem Bundesrat us Le Mitglieder der Reichsshulden - Kommission eine wirksame ontrole. | Nach §. 8. des Entwurfs sollen sowohl die Kosten der Verwal- tung des Juvalidenfonds, als auch diejenigen Mehrkosten, welche den Verwaltungen der Bundes-Militär-Kontingente durch die Verwaltung der dem Invalidenfonds zur Last fallenden Pensionen und Unter- stüßungen erwachsen, aus den Mitteln des JInvalidenfonds gedeckt, be- aa grb tas erstattet werden. Von den Kosten der Verwaltung des Fonds können die beim An- und Verkauf der Papiere erwachsenden Ausgaben an Pran P Eier TT nen, da fie naturgemäß bei den Ankaufskosten und Verkaufserlösen ihre Berrechnung finden, nicht auf dem Etat erscheinen. Dieser wird vielmehr nur die Besoldungen des Vorsitzenden und der Mitglieder und des Büreau- und Kassen- personals, sowie die sahlihen Kosten der Büreau- und Kassenverwal- tung umfassen. Die Aemter des Vorsißenden und der Mitglieder wer- den als Nebenämter verwaltet werden tönnen. Die Aufstellung eines Etats bleibt vorbehalten. ; : Jedenfalls werden diese Verwaltungsausgabeu_ niht von solcher Erheblichkeit sein, daß bei Bemessung des Kapitalfonds auf dieselben Rücksicht zu chmen wäre. ; : Gleiches gilt von den bei den Kontingentsverwaltungen durch die Verwaltung der dem Jnvalidenfonds zur Last falleudeu Ausgaben er- wachsenden Mehrkostez. Ueber diejenigen Mehrkosten dieser Art, welche bei der preußischen Kontingentsverwaltung in Aussicht zu neh- men sind, ist Folgendes zu bemerken : A Die dur die Kriege der neueren Zeit, insbesondere aber dur den Feldzug von 1870,71 ganz außerordentlich gesteigerte zahl der Militär -Pensionaire, sowie die durch die neueren Ge}eße auf dem Gebiete des Invalidenwesens eingetretene Au: :hnung der für die Familien der im Kriege Gebliebenen getroffene Fürsorge haben für die Abtheilung für das Jnvalidenwesen im preußischen Kriegsministerium eine Geschüftsvermehrung zur Folge gehabt, welche fast das Dreifache des früheren Umfanges erreicht. Durch die nabe von Hülfsarbeitern allein läßt fich nach den bisher gemachten Erfahrungen ein so geordneter Geschäftsbetrieb, wie ihn die besteheaden Dienst-Instructionen und die Wichtigkeit der Sache erfordern, nit länger mit Sicherheit erreichen. Jnsbesondere ist der nah der bisherigen Organisation der Abtheilung nur etats- mäßige eine Abtheilungschef nicht mehr im Stande, neben der all- gemeinen Leitung der Geschäfte in die Details so einzudringer, daß er auch dafür die ihr: instenktionamähig zufallende Verantwortlichkeit übernehmen könnte. Es erscheint daher unerläßlich, die Abtheilung für das Invalidenwesen dergestalt anders zu organisiren, daß bei ihr unter einem Direktor zwei Abtheilungen mit einem in dem Detail selbstständigen Wirkungskreise formirt werden und dein entsprechend das Dezernenten- resp. Beamtenpersonal nach dem Bedarfe vermehrt wird. Nach dem entworfenen Organisationsplane ergiebt sich an Beamten ein Mehrbedarf von einem Departements - Direktor, einem Abtheilungschef , zwei Hülfsdezernenten, einem Expedienten , zwei Kanzleidiätarien und zwei Kanzleidienern, wogegen die Stelle eines Ministcrialrath8 vom Civil eingehen würde. Der Mehrbedarf an Besoldungen, Servis und sonstigen Emolumenten berechnet sich hier- nach auf 11,150 Thlr. jährlich. Auch hierüber wird eine Etatsvorlage

erfolgen.

Es liegt in der Kousequenz des Grundgedankens des Geseßent- wurfs, welcher die Deckung der gesammten dur den Krieg von 1870/71 hervorgerufenen Kosten des JInvalidenwesens auf die Kriegskosteu-Ent- \hädigung anweist, daß der Invalidenfonds auch die leßtbezeichneten Mehrausgaben übernimnit.

Landtagsangelegenheiten.

Berlin, 1. März. In der gestrigen Sißung des Hauses der Abgeorneten erklärte der Minister der geistlihen 2c. An- gelegenheiten Dr. Falk auf den Wunsch des Abg. Miquel über die von ihm beabsichtigte Anbahnung derSynodalverfassung:

Die erfreuliche Thatsache, daß diefes Hohe Haus bereit ist, Mit- tel zu bewilligen, um der evangelischen Kirhe zu ihrer Verfassung mitzuverhelfen, ift ja {on in den früheren Sißungen hervorgetreten.

_ Der vorläufige Antrag der Budget-Kommission, den der Herr Referent so eben begründet hat, ijt auf demselben Boden er- wachsen. Wenn der Herr Referent zunächst einen bestimmten An- trag unterlassen und an mi die Aufforderung gerichtet hat, einen Plan zu entwerfez, in welchem und nach welchem die ausge- worfene Pofition Verwendung finden solle, so ist dieses Verlangen meiner Meinung nah ein selbstverständlihes. Denn, wenn ih auch wenig wünsche, die Debatte über diese Frage in dem Hohen Hause wiederholt zu jehen, so fann ih doc bei aller sonstigen Differenz der Anschauungen dem Herrn Abgeordneten Richter (Hagen) in Bezug auf seine gestrige Rede nur dariæ beitreten, daß, wenn die Staats- regierung von dem Hoen Hause Geld verlangt, das Hohe Haus vollkommen berechtigt und verpflichtet ist zu fragen: Wozu? Wie ficht der Zweck aus, zu dem dieses Geld verwendet werden soll? Mit Rücksicht auf dasjenige, was ih mir bei einer Ver- handlung vor einigen Tagen über die gegenwärtige Sachlage anzu- führen gestattete, wird das Hohe Haus es allerdings wohl begreifen, und eine gewisse Unterstüßung diefer Meinung finde ih {hon den Worten des Herrn Referenten daß ih dabei nicht in Details ein- gehen. kann, fondern nur allgemeine grund\äßliche Gesichtspunkte zu be- rühren habe und diese nur berühren fann.

Lassen Sie mich vorweg eine Erklärung auf das Bedenken ab- geben, welches der Herr Referent vom reinen budgetmäßigen Stand- punkt ans bereits angeregt hat. Jch würde es in der That budget- mäßig nichc erklärlich finden, wie ich in der Lage sein sollte, Summen, die für Ausgaben des Jahres 1873 bewilligt waren, zu Ausgaben zu verwenden, die etwa dem Jahre 1870 oder 1869 angehören. Meine Herren, die Summe, die hier ausgeworfen ist, ist Seitens der Staats- regierung nur innerhalb der Grenzen strenger Sparsamkeit berechnet worden. Die Zwedcke, für die sie bestimmt ist, leiden niht, daß ihr durch Zahlungen auf die Vergangenheit auch nur ein Groschen ent- zogen wird. Das Einzige, was zu befürchten steht, ist eben, daß die Summe vielleiht zu knapp bemessen ist fü- die Zwecke, die in diesem Jahre damit erfüllt werden sollen.

. Nachdem ich diesen Punkt erledigt habe, lassen Sie mich an- fnüpfen an gewisse Gesichtspunkte, welche in den leßten Verhandlun- gen theils stärker, theils schwächer angedeutet worden find und die als Ziel der Entwickelung der evangelischen Kirche oder der evangelischen Kirchen im preußischen Staate bezeihneten, sämmtliche Kirchengestal- tungen im Lande zu ciner Einheit zujammenzufassen. Meine Herren! Ein derartiges Ziel ist ja sicherlich ein s{önes, und ich würde Unrecht thun, wenn i es nit zu denjenigen Zielen stellte, die auch Seitens der Staatsregiervng meiner Meinung nach zu erstreben wären. Aber, meine Herren, dieses Ziel ist, wie ich meine, nur erreihbar nah Er- füllung sehr bedeutender Vorbedingungen, Vorbedingungen, die so bedeutend find, daß man sie zunächst wohl als selbständige Ziele ha- rafkterisiren darf. Ich bin nämlich der Meinung, daß es vor allen Dingen nothwendig ift, die in den verschiedenen Landestheilen vorhan- denen kirhlihen Gestaltungen, je nach ihrer historishen Entwickelung, also ihrer Natur nah, in sich erfi zu einem verfassungsmäßigen Ab: {luß zu bringen. Wenn dieses, wie mir scheint, als das nächste sih darbietende Ziel erreicht if, dann werden wir weiter fragen: wie steht es mit der Herstellung dieser einen Kirhe? Dann mögen die Kirchen , die dann konstituirt sind, das Beste dafür nach

dieser Dns selbst thun. Wenn i diesen Standpunkt habe, so darf ih ihn wohl anwenden in Beziehung auf die verschiedenen Lan- destheile. Ih muß nämlich au vorausseßen, daß, weil auf dem Gebiete seit meinem Amitsantritt nihts ge}chehen is, wohl Fragen erhoben werden möchten von Abgeordneten einzelner Landestheile, und es wird vielleicht zur Abkürzung der Dinge dienlich sein, ‘wenn ih kurz hervorhebe, wie dort die Dinge ktiegen. 2

Am Glücklichsten in der Erreichung des von mir als das erfte hingestellten Zieles ist bisher die Provinz Hannover gewesen, ist dort allerdings eine Kirchenverfassung zum Abschluß gekommen. Indessen, meine Herren, umfaßt fie doch nicht sämmtliche evangelische Gemeinden; es ist nur die evangelisch-lutherishe Kirche, welche \ih vollständig konstituirt hat, mehr denn 120 reformirte Gemeinden ent- behren dieses Vorzuges noch in diesem Augenblicke. :

Zu der Provinz Hessen übergehend, darf ih auf die reihlihen Verhandlungen in diesem Hohen Haufe ver- weisen. Ich will kein Hehl daraus machen, daß es ursprünglich in meiner Absicht lag, die Frage der hesfishen Kirchen- verfassung wicderum vor dieses Hohe Haus zu bringen und zu diefem Zwecke dur eine andere Gestaltung der Geseßesvorlagen einige der hier erhobenen Bedenken zu beseitigen. Wenn ih diesen Plan für jebt aufgegeben habe, so lag der Grund einmal in unserer allgemeinen politischen Situation, zweitens in der Erwägung, daß ein nach harten Kämpfen erst gefundenes und aus fehr widerstreitenden Gefichtspunkten gewonnenes Votum dieses hohen Hauses und zwar in seiner jeßigen Kompo- fition vorlag; dann aber vór Allem in der Erwägung, daß es angesichts der hessishen Verhältnisse wohl dienlich sein möge, einmal eine Weile an diesen Dingen nicht zu rie werde, nachdem das Hohe Haus die Mittel für das Konsistorium bewilligt hat, mir angelegen sein lassen, mit eigenen Augen die hessishen Verhältnisse anzusehen und mich demnächst zu überzeugen, welcher Weg einzuschlagen ift.

Die Provinz Schleswig-Holstein hatte eine Synode, welche das ganze Gebiet umfaßte und hat einen Synodalentwurf durch diese Synode crhalten. Ec bedarf ebenfalls der Vorlegung an dieses Hohe Haus, und es sind ähnliche Gesichtspunkte gewesen, die mi

estimmt haben, die Vorlegung einstweilen zu unterlafsen, und zwar

um so mehr, als Uy bei Sund der Sablage in Bezug auf diefe beiden Provinzen zu der Ueberzeugung nit geführt worden bin, daß: die Durchführung dieser R gerade erheblich leiter sein werde, wie die Erledigung der hessischen Frage. 7

Es bleibt die Provinz Nasfau oder das ehemalige Herzogthum Nafsau. Man hat _ dort einen anderen Weg eingeschlagen, man hat niht mit einer Synode, die das ganze Gebiet umfaßt, an- gefangen, sondern von unten aufzubauen gesucht. Ob dies rihtig und glücklih war, namentli bei den dort bestehenden Verhältnissen, lasse ih dahingestellt scin. Jedenfalls if auch dort ein entscheidender Schritt zu thun, der in Hessen und Schleswig-Holstein vorangethan war. Jch bin nicht ganz in der Lage, übersehen zu können, ob und inwieweit mir bei S dieses Gedankens ausreichende Mittel neben den 25,000 Thaler zu Gebote stehen, und es ist deshalb nicht ausgeschlossen, daß ein allerdings nicht großer Theil dieser Gelder zu diesem Zwecke verwendet werden muß. J

, Die Hauptsumme, vielleicht die ganze Summe ist bestimmt zum weiteren Ausbau der Organisation der Kirche in sogenannten alten Provinzen des Landes. Ih nehme für diesen weiteren Ausbau als be- rechtigt denselben Gesichtspunkt in Anspruch, den ih allgemein hinge- stellt hatte und in Bezug auf die von mir speziell genannten Landes- theile bisher speziell uaihete ich meine den der historischen Ent- wicklung, und darum habe ich die Ueberzeugung, daß die Kirchenver- fassung dieser von mir zuleßt genannten Provinzen zum vorläufigen Abschluß kommen muß auf der Grundlage ihrer bisherigen Zusammenge- hörigkeit und in weiterer Ausführung, ob, wenn die Kirchenverfassung abgeschlossen ist, es dann zweckmäßig sein möge, in gewissen und viel- leiht auch in erheblichen Beziehungen diesen Zusammenhang zu lösen, ob es dam gut sein werde, etwa innerhalb territorialer Abgren- zungen in diesem großen Gebiete die vorhandenen kirchlichen Gestaltungen zu selbständigen Kirchen zu erheben. Das mag dereinst die Kirche selbst entscheiden. Ich meine, im gegenwärtigen Augenblicke würde ‘die Verfolgung eines solchen Gedankens heißen, die so dringend nothwendige vorläufige Abschließung der langjährigen Be- strebungen t mid Erlangung der Synodalverfafsung ad calendas graecas hinaus\chieben. Jch bin der Meinung und ih glaube es schuldig zu sein, niht ganz mit Stillschweigen über diesen viel erwähnten Gedanken hinwegzugehen ich bin der Meinung, daß dieser Gedanke vermöge seiner Eigenartigkeit, vermöge der genialen und energischen Ver- tretung, die er gefunden hat, wohl viel Lockendes besißt, aber mir scheint es wenigstens so, dieser Gedanke befindet sih in Widerspruch mit dec histori)hen Entwickelung der jeßigen Verhältnisse, dieser Ge- danke hat cinen Jrrthum zur Vorausebung, den Irrthum, als ob in solchen territorial abgegrenzten Bezirken die Entwicklung der kirhlihen Verhältnisse insbesondere nah der Seite der Konfessionalitat hin überall nur eine gleichartige gewesen sei, ein Jrrthum, der si damit strafen würde,“ daß in solhen Territorien nicht eine, sondern verschiedene Kircengemeinschaften, wverschie- dene Kirchengestaltungen den Anspruch auf Erhebung zu selbständigen Kirchen erheben würden. Mir scheint auch weiter, daß dieser Gedanke wohl in einzelnen Kreisen Wurzeln gefaßt hat, daß er aber noch nicht Gemeineigenthum der evangelishen Kirchengemeinde geworden ist, und er steht, so scheint mir, in Widerspru mit der Ueberzeugung derjenigen, die niht mitwirken wollen, thatsählihe Ver- hältnisse zu begründen, aus denen die Bewegung Kräfte saugen kann, die da geht auf Anfechtung der Union, und zu den Männern, die dazu nicht mitwirken wollen, gehöre ih. Meine Herren! Bei solchem Standpunkte ist es ja das nächstliegende, daß Sie denken möchten, eine Landessynode, die das Gebiet der alten Provinz umfasse, sei das zunächst zu Erstrebende und das Richtige. Jh bin auch dec Meinung, daß wir sobald als irgend möglih, und wenn anders die Gedanken und Auffassungen, von denen ih getragen bin, in diesem Jahre ihre Ausführung finden, fo ist es das nächste Jahr, welches ih für eine derartige Entwickelung in Aussicht nehme, ich glaube, daß wir sobald als S zu ciner jolchen Landessynode zu gelangen haben, denn ohne sie fommen wir zu ciner definitiven Auseinander- jeßung na meiner Ueberzeugung nicht. Aber, meine Herren, i glaube, mich nit zu irren, wenn ich annehme, daß die direkte Schaffung einer solchen Landessynode wenn sie auch vielleiht vor 20 Jahren in Erinnerung der damals kurz vorangegangenen General-Synode viel- fältig als das reht« und einzig heilende Mittel empfohlen war in- kirhlichen Kreisen irgend welcher Bedeutung jeßt große Anhänger nicht findet, wenn auch von sehr verschiedenen Standpunkten aus. Man ist in diesen Kreisen wohl allgemein dazu gekommen, dies Mittel als ein direktes, als ein solches, welches die gegebenen Verhältnisse mißach- tete, einstweilen niht mehr zu empfehlen. Jn der That, Gestaltungen, man mag von ihnen denken, was man wolle, die in 20 Jahren ins Leben gerufen find, laffen sich ich habe diefem Gedanken bei einer andern Gelegenheit in anderer Beziehung \chon Ausdruck gegeben niht wie mit einem Schwamme ohne Weiteres wegwischen; sie haben vermöge ihrer Existenz Bedeutung und Anspruch anf Berücksichtigung..

Der Gedanke ist gestern angeregt wocden, ih kenne ihn aber au sonst als einen vielfach motiv:rten, man müsse wieder von. unten anfangen, man man die Gemeinden gehörig kräftigen, und das Weitere der Zukunft überlassen. Meine Herren, ih würde nit glauben “auf den Weg eingehen zu können, ih würde meinen, daß unser dringendes Bedürfniß, zum Abschluß zu kommen, auf diese Weise wiederum nicht erfüllt werden würde, und daß bei Betretung eines fia Weges den mannigfachen Chancen der Zukunft wiederum ein olches Thor, eine folche Thür geöffnet würde, daß ih nit sagen bene f S wir nah 20 Jahren wiederum weiter wären, als wir

eute find.

Darum , meine Herren . habe ih die Ueberzeugung: es- muß die

weitere Entwilung Sngeiplotsen werden an die gegebenen Vex- -

erg es ist die erste Aufgabe, die man sich- zu stellen at, und dazu gerade werden diefe 25,000 Thlr. von Ihnen erbe- ten zu geordneten Provinzialsynoden zu gelangen, aus welcher her- aus demnächst die Landessynode erwächit. Aber, meine Herren, ih bin niht der Meinnng, daß, wenn au diese Provinzialsynoden ihre -

Wurzel haben müssen in den Kreissynoden und damit indirckt in den bestehenden Gemeindekirhenräthen, die Basis, wie sie im gegenwärtigen Augenbli besteht, diejenige ist, auf der eine gedeihlihe Konstituirung der Provinzialsynoden, eine folche, die wirflich dauernden Segen für die Entwickelung der Kir-

erfassung gewährt, geschaffen werden kann. Jch gehe davon aus, daß das Element der evangelischen Gemeinde in dieser Provinzial- synode wie überhaupt in dem Synoda!wesen einen ent)prehend kräf- tigen Ausdruck finden müsse. Es ist das meiner Meinung nach die erste und unerläßlihe Vorausfezung für eine wirklich fest zu grün- dende Kirchenverfassung, - weil dies Prinzip das evangelische Prinzip ist. Selbst Männer, die dem Synodal-Gedanken wenig Lob zollen, ihn eben nur hinuehmen, wenn “r und weil er niht zu vermeiden is, selbst die sprechen das Wort aus, die evangelishe Kirche if eine Volkskirhe, und dieser Ge- danke ist es, den meine Auffassung in andere Worte gekleidet hat. Die kräftige Vertretung Seitens der Gemeinde in einer Provinzial- Synode wird sich äußern in der Zusammenseßung der Zahlen, äuyern in der Weise, wie die Mitglieder gewählt worden sind, und wenn ih nun vorhin gesagt habe, daß sie zu wählen find aus den Kreis-Sy- noden, als den bestehenden Körpern, und wiederum hervorgehoben habe, daß diese Kreis-Synoden beruhen auf den Gemeinde-Kirchen- räthen, so werden Sie die Ueberzeugung habcn, daß ih nicht anders schließen fann, als: es muß die Aenderung mit den Gemeindekirchenräthen angefangen werden, es muß dafür ge- sorgt werden, daß in diesen Gemeindekirchenräthen das wirkliche kirh- liche Bewußtsein der Gemeinden Ausdruck findet, und meine Herren, der Modus, wie jeßt die Wahlen vollzogen werden, gicbt nach meiner Ueberzeugung diese Bürgschaft nicht. Man wird alfo daran zu gehen haben, die Gemeindekirhenräthe umzugestalten, die Kreissynode zu wählen und demnächst an die Provinzialsynode zu gchen, deren Zu- sammentritt noch in diesem Jahre stattfinden soll.

Zu den vielen wichtigen Aufgaben das ist ein Moment, wel- ches wegen seiner Wichtigkeit einzeln hervorgehoben werden darf dieser Synoden wird in Zukunft gehören, Organe herzustellen, die dann Organe der evangelischen Gemeinde sind —, welche in Gemein- \chaft mit dem s ea C wirken, die, je länger je mehr, si organisch an die kirchenregimentlichen Behörden anschließen und diese demnächst umgestalten. Aus solchen Provinzialsynoden werden die Elemente für die Gencralsynode , für die Landessynode gewonnen werden, und deren Aufgabe wird es sein, mit der höchsten Lir bo::- instanz, die augenblicklich den Namen Evangelischer Ober-Kirchenrath führt, ebenfalls diesen Umgestaltungsmodus anzubahnen und zu Ende

zu führen.

Nach Abschluß der Sache, meine Herren, bedarf es freilich des

otums des Landtages noch und zwar aus einer Reihe von Grün- 4 Es ist nicht mögli, den firchlichen Organen der alten Pro- vinzen ih habe hier die sechs alten Provinzen vor Augen nur den Wirkungskreis zu lassen, den sie haben; ich fann nit glauben, daß damit ein wahres und frishes Leben möglich ist, es bedarf dazu eines ordentlichen Rechts- und Pflichtkreises, und der wird vor Allem gewonnen werden, wenn auch die äußeren Verhältnisse, nament- lich die Vermögensangelegenheiten in die anderen Organe der Kirche übertragen würden. Das fann aber nur geschchen durch die Aende- rung der Landesgeseßgebung, denn auf der Landcsgeseßgebung beruhen u. À. die Bestimmungen Über die Vermögenêverwaltung. Ebenso be- ruhen auf ihr die Anordnungen über die Exemption gewisser Personen von der Gemeinde. Es is das aber nicht der r A es bedarf auch die fonstituirte Kirche der Möglichkeit, die Leistungen, die fie si selbst auferlegt, gehörig beitreiben zu können. Sie wissen, daß dieser Gesichtspunkt in den sogenannten hessishen Vorlagen bereits zur ausfömmlihen Geldung kam; Sie wissen, daß im vergangenen Fahre Ihnen sogar cine Vorlage gemacht wurde, die diese Verhältnisse allgemein * regelte, indem fie überall den Gemeinden die Synodalkosten auferlegte; Sie wissen, daß ih diesen Entwurf zurückgezogen habe, und ich habe diesen Entwurf zurückge- zogen namentlih, weil es nach meiner Meinung nicht möglich war, dem Staate und seincn geseßgebenden Organen zuzumuthen, mit seiner starken Hand zu helfen ins Blaue hinein und ohne Kenntniß der Faktoren, die einmal seine starke Hand in Anspruch nehmen möchten. Endlich kann die Auseinanderseßzung in Bezug auf die Vermögens- frage nur mit der konstituirten Kirhe zu Ende gebraht werden. Dieses find die Gesichtspunkte gewcsen, die mih geleitet haben, als ih die Position von 25,000 Thlrn. arf den Etat zu bringen be- antragte, das sind die Gründe, aus denen ich Sie bitte, geben Sie der Bereitwilligkeit, die Sie {hon gezeigt haben, weitere Folge und bewilligen Sie die 25,000 Thlr.

Zu Tit. 58: Zum Ankauf eines Grundstückes für das þ

Gymnafium zu Tilsit, 30,000 Thlr., beantragte die Budget- Kommission , die Petition des Abgeordneten für die Kreise Tilfit und Niederung, Behr, betreffend den Ankauf eines Grund- fiücks für das Gymnasium in Tilsit, der Königlichen Staats- regierung zur Kenntnißnahme und Erwägung zu überweisen. Nachdem der Abg. Graf Winzingerode gebeten hatte, über diese Petition zur Tagesordnung überzugehen, bis durch Bauverstän- dige konstatirt sei, daß mit dem alten Gebäude der beabsichtigte Zweck durch Umbau nit erreiht werden könnte, erklärte der Regierungs-Kommissar Geh. Regierungs-Rath Dahrenstädt: Meine Herren! Die Petition ist zur Kenntniß der Staatsregie- rung in der Budgetkommission gebraht worden und die Kommissarien haben gesagt, daß cine nochmalige Erwägung eintreten werde. Diese hat stattgefunden und auf Grund derselben muß die Staatsregierung wünschen, daß über den Antrag des Herrn Abg. Behr zur Tagesord- nung übergegangen werde. Hier im Hause selbft wurde die Aufmerk- samfeit der Staatsregierung darauf gelenkt, daß es in dem Gym- nasium in Tilfit an Licht und Luft fehlt; es war dies bei der Etats- berathung pro 1871. Es wurde darauf sofort an die Provinzialbe- hörden rescribirt und die Sache näher untersucht; es ergab fich aller- dings, daß sehr traur ge Zustände dort herrschen. Den Provinzial- und Gokalbehörden wurde aufgegeben, Vorschläge zu machen, wie dem abzuhelfen sei. Sie waren einstimmig der Ansicht, daß dies nur ge- schehen könne durch Ankauf des benahbarten Grundflücks und begrün- deten dies ausführlich unter Vorlegung der Situationspläne. Es sind demnächst über diese Vorlagen die Bauverständigen ge- hört, und namentlich auch die Abtheilung für das Bauwesen im Mi- nisterium für Handel. Diese hat sih dahin erklärt: : : Die Beilagen der gefälligen Zuschrift vom 9. huj., betref- fend die bei dem Gymnasium zu Tilsit obwaltenden Miß- stände und die zur Remedur der]elben beantragte Erwerbung des Toobe’shen Grundstücks werden Euer Excellenz mit dem ergebensten Bemerken remittirt, daß das im Bericht ent- haltene desfallsige oi v diesseits nur auf das Dringendste befürwortet werden kann. Die aus den Lokalverhältnifsen herrührenden Uebelstände müssen die Förderung des Unter- richts, wie das körperliche und sittliche Gedeihen der Schü- ler in fo hohem Grade beeinträchtigen, daß die nach den Vorverhandlungen bereits längere ;

dung zu Gunsten des Antrages lebhaft zu beklagen ist. Das war bereits im Jahre 1871. Es wurden nun Verhandlun- gen mit dem Besißer des Grundstücks angeknüpft. Da aber der Be- fißer des Grundstücks mcht einen Theil, sondern nur das ganze Grund- stück veckaufen wollte und da er auf sofortigen Abschluß des Vertrages drang, so mußte die Staatsregierung darauf eingehen, das ganze Grundstück zu acquiriren und mit dem Befißer einen notariellen Vertrag abzuschließen, wonach das Grundstück sür 30,0600 Thaler angekauft wurde. In dem Vertrage wurde die Klausel aufgenommen, daß, wenn die Pofition in den Etat pro 1873 abgelchat werden sollte von der Land-svertretung, der Vertrag nihtig würde. Meine Herren, wenn- Sie die 30,000 Thlr. bewilligen, so ist die Staatsregierung gar nicht mehr in der Lage, weitere Erwä- gungen eintreten zu lassen. Auf Grund des geschlofsenen Vertrages muß sie das qu. Grundftück übernehmen. Es mag ja besser sein, einen großen Bauplaß zu kaufen und für das Gymnasium ein s{hönes Ge-

Zeit verzögerte Entschei-“

bäude aufzuführen. Aber, meine Herren, wenn der Staat diesem Projekte näher treten würde, so würde mehr als ein Dezennium vor- Über gehen, bis der Zweck er:eiht würde, und so lange Zeit würde die Gesundheit der Lehrer und der Schüler wieder geschädigt wecden. Ich kann daher das Haus nur dringend bitten, die Position zu be- willigen und über den Antrag des Herrn Abg. Behr zur Tagesordnung überzugehen.

In der Diskussion über die Petitionen des Kreis-Physikus Dr. Friße, die-Besoldungsverhältnisse der in preußishen Staats- dienst getretenen ehemals nafauischen Medizinal-Beamten be- treffend, erklärte der Regierungs-Kommissar, Geh. Regierungs-Rath Dahren städt, nah dem Abg. Dr. Virchow:

Meine Herren! Die Staatsregierung glaubt nach wiederholter Er- wägung nicht in der Lage zu sein, den Wünschen der Herren Dr. Friße und Genoffen entgegenkommen zu können. Das Herzog- thum Nassau war früher eingetheilt in 28 Medizinalbezirke. In jedem dieser Medizinalbezirke fungirte ein Medizinal-Rath, ein Assi- Itent und ein - oder mehrere Accessisten. Für diese waren Normal- Besoldungen von 1600—2400 Gulden, von 1000—1500 Gulden und von 500—900 Gulden festgeseßt. Mit der Hälfte dieser Normal- Besoldungen waren fie angewiesen auf den Ertrag ihrer Privatpraris, für welche eine fehr niedrige Taxe galt; die andere Hälfte wurde zum Theil aus der Staatskafse, zum Theil aus der Gemeindekasse bezahlt. Die Gemeindekassen trugen resp. 700 und 359Gulden zurBesoldung ber. Die Medizinalbeamten waren verpflichtet, sich ihr Dienstpferd zu halten, für welches ihnen die Fourage aus der Staatskasse vergütet wurde; fie waren verpflichtet, die fanitätspolizeilihen und gerihtsärztlichen Funktionen und die Armenkrankenpflege unentgeltlich wahrzunehmen. Bei eintretender Dienstunfähigkeit wurden sie aus der Staatskasse pensionirt und zwar nach ihrer Normalbesoldung, und also auchß nah dem Ertrage threr Privatpraxis und dem Antheil der Gemeinde. Neben diesen beamteten Aerzten konnten von der Landesregierung frei prafktisirende Aerzte zugelassen werden. Die nafsauische] Landesregie- rung hat von diefem Rechte nur in schr beschränktem Maße, und, so viel mir bekannt, nur in sehr besuhten Badeörteru Gebrauch gemacht. Die \kizzirte Medizinalverfafsung und die niedrige Medizinaltaxe ließen für frei praftisirende Aerzte keinen Raum.

Als darauf Nassau an das Königreih Preußen kam, war, um dre Freizügigkeit der Aerzte zu ermöglichen, die nächste Sorge der Regierung, die preußishe Medizinaltaxe auch dort einzuführen. Diese hat ungefähr dreifach höhere Säße wie die nassauishe. Nachdem dies geschehen, wurde die Ausübung der ärztlichen Praxis in Naffau freigegeben, E

Demnächst wurde die Einführung der preußishen Medizinaltaxe in Ausficht genommen und in Betreff der angestellten naffauischen Beamten bestimmt : i:

1) Die in den bisherigen Medizinalbezirken ang stellten Aerzte und Thierärzte bleiben im Genuß aller ihnen na der bisherigen Me- dizinal-Verfassung zustehenden Rechte. Sie dürfen, so weit sie für ihre ärztlichen Bemühungen Gebühren beziehen, nah der durch die Allerhöchste Verordnung vom 2. Juli 1867 eingeführten neuen Tare liquidiren. Dagegen behalten fie alle ihnen vermöge ihres Amts obliegenden Verpflichtungen. Ein Aufrücken in höher dotirte Stellen findet fortan nicht statt. - 5 E

2) Den in Nr. 1 bezeichneten Aerzten und Thierärzten stel,t frei, unter Verzicht auf alle mit ihrer Anstellung verbundenéèn Rechte, wobei ihnen jedech der Anspruch auf die Reliktenversorgung erhalten bleibt, von der durck die Verfügung vom 18. Juli 1867 gewährten Freiheit der Ausübung ärztlicher Praxis Gebrauch zu machen und auf ihre Entlassung aus dem Amte anzutragen. :

Diese Verfügung wahrte hiernach gewissenhaft die wirklich be- gründeten Rechte der Medizinalbeamten und wandte ihnen noch den Bortheil zu, für ihre Bemühungen nach der neu eingeführten höheren Medizinaltaxe zu liquidiren. Das genügte aber durchaus nicht den Ansprüchen der angestellten Aerzte. Sie baten dringend an Aller- hôoster Stelle, sie zu pensioniren. Der Antrag konnte. als begründet nit anerkantht werden. Pensionirung seßt Unfähigkeit voraus, dann schien es doch über die Billigkeit zu gehen, bei der Pensionirung auch den Ertrag der Praxis in Neu zu stellen, - olglei sie zu dem (Ertrag die Praxis voll behielten. Auf det andern Seite kam es aber in Er- wägung, daß es wünschenswerth war, so schnell wie möglich die preußische Medizinalordnung einzuführen,“ daß es nothwendig war, die Amtsgemeinden von diefen ärztlichen Besoldungen zu entlasten, eine demnächst aufgestellte-Berehnung ergab, daß, falls die Pensionen um den Betrag dessen, was den nah den preußi)chen Grund}äßen an- zustellenden Medizinalbeamten zu gewähren, gekürzt würden, für die Staatskasse nur eine Mehrbelastung von 7000 Thlr. erwachsen würde, welche die Staatskasse also mehr bezahlen müßte, als wenn fie im Amte bleiben. Der Grund dafür, daß die Pensionen die Staatskasse höher belastete, als die Gehalte, lag darin, daß die Beamten mit der Goifte ihrer Besoldung auf die Praxis, mit einem Theile auf die

Hemeindekafse angewiesen waren. Diese Mehrausgabe von 7000 Thlr, schien der Staatsregierung niht zu hoch und fie legte den Beamten deshalb die Frage vor, ob fie bereit seien, auf ihre amtlichen Stellungen und- alle mit denselben verbundenen Rechte, mit Ausschluß des Anspruches auf die Reliktenbefoldung, zu verzihten, wenn ihnen nach Analogie der Verordnung vom 6. Mai 1867, Geseßz-Sammlung Seite 713, eine dem Pensionsfaß gleihkommende Entschädigungs- Rente aus der Staatskasse mit dec Maßgabe gewährt wird, daß sie sich dieselbe bei anderweiter Anstellung im Staats- dienste auf das hierbei aus der Staatskasse zu gewährende Einkommen machen lassen. Die Aerzte erklärten darauf si bereit zu einem derartigen Verzicht und stellten später Reverse darüber aus. Es ift vermieden, die Reverse ersichtlich zu macken, welche Stellungen, welche Besoldungen die Betheiligten beziehen sollten, um in keiner Weise eine anderweitige Regulirung der Gehälter der preußischen Me- dizinal-Beamten zu präjudiziren. Diefes Abkommen ist demnächst der Landesvertretung - bei Gelegenheit der Etatsberathung für 1869 vorgelegt worden und- hat die Genehmigung der Landesyertretung er- halten. Auf Grund dessen find die Entshädiçungs-Renten berechuet und den Betheiligten gewährt worden. Als demnach einer der Pcten- ten fih um ein Kreisphysikät bewarb und erhielt, so wurde beijpiels- weise feine 737 Thlr. betragende Entschädigungsrente auf Grund dieses Reverses um 200 Thlr. verkürzt, er erhält heute eine Entschädigungs- rente vou 537 Thlrn. und ein Gehalt von 200 Thlrn. Wird das Gehalt tes Kreisphyfikus nunmehr auf 300 Thlx. -erhöht, so wird der Betreffende in Zukunft 437 Thlr. Entschädigungsrente bekommen und 300 Thlr. Gehalt. Das entspriht dem dargelegten Abkommen.

Das erkennen die Petenten ausdrücklich in ihrer Petition an, in- dem fie wörtlih sagen:

werden bei einer AUe ens des Gehaltes der preußischen Physikatsärzte diese Verhältnisse nicht berücksihtigt, so werden die ausführenden Behörden, da sie fein Recht haben, der Staatskasse etwas zu vergeben, ordnungsmäßig wie unseren jeßigen Physikatsgehalt, so auch die verwilligt- Gehaltszulage pi pad jo weit es reiht, auf jene Entschädigungsrente an- weisen.

Meine Herren! Die Petenten vlaidiren daher für sich aus Bil- ligkeitsgründen, welche jedoch auch faum anzuerkennen sein möchten.

enn die Staatsregierung jeßt den Kreisphysikern in den alten Pro- vinzen aus der Staatskasse einen Gehaltsbezug von 300 Thalern giebt, so dürfte kein Grund hieraus herzuleiten sein Da nunmehr dem beispielsweise erwähnten Kreisphysikus in Naffau 37 Thaler aus der Staatskasse gewährt werden solle. Die Staatsregierung ist auch der Ansicht, n sie gar nicht berechtigt _ ist, in dieser Weise zu verfahren. Die Rechtszulä}sigkeit abges{lossener Ver- träge darf sie nicht zum Nachtheil der Staatskasse abändern. Die Ober-Rechnungskammer muß auf Grund des §, 19 ihrer Jnstruk- tion darauf halten, daß die Entschädigungsrente nur gewährt werde nach Maßgabe des abgeschlossenen Abkommens. Jch sehe gar kein Mittel, wie den Anträgen dieser Kommission stattgegeben werden fönnte, wenn man nicht den Weg der Geseßgebung betreten will; dazu scheint in der That bei der Liberalität, mit der die nassauischen

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Beamten behandelt sind, kein Grund vorzuliegen, ih möchte daher bitten, den Antrag der Kommission nicht anzunehmen.

Bei der Bcrathung Tit. 101 des Etats „Zur Heraus- gabe des Werks über die osftafiatishe Expedition 42,000 Thlr.“ nahm der Finanz-Minister Camphausen nah dem Abgeord- neten Dr. Virchow, welcher die Höhe der auf das Werk verwen- deten Kosten monirt hatte, das Wort:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat sich im Eingang seiner Rede- an den Finanz-Minister und am Schluß seiner Rede an den Kultus-Minister gewendet; da der leßtere s{chweigt, so sche ih mi genöthigt, darauf zu antw-rten. Die Auseinanderseßzung mit dem Finanz-Minister, meine Herren, würde si einfach auf folgende Punkte zu beziehen Len Es. ist lange vor meinem Amftsantritt üblich ge- wesen, die Ausgaben für diele Veröffentlichung auf das Haupt- Extraordinarium anzuweis-n, es ist hier im, Hause wohl eine Klage darüber erhoben worden, aber niemals ein auf Abstel- lung dieses Verfahrens gerichteter Antrag gestellt. Nachdem ih die Klage zum zweiten Mal vernommen hatte, habe ih dafür ge- forgt, daß die Sache auf den Etat gebracht werden möge, im Uebri- gen waren und sind die Bezichungen des Finanz-Ministers zu dieser Ausgabe völlig unverändert, nämlich so, daß sie lediglih und allein auf Anforderung anderer Ministerien geleistet worden sind.

Nun aber, meine Herren, indem ich das ausspreche, will ich darum nit etwa ausgesprochen haben, daß man diese Ausgaben nicht hätte leisten sollen, ich glaube, daß der geehrte Herr Vorredner die Bedeutung dieser Publikation doch sehr wesentlich untershäßt. Wenn Mittheilungen aus fremden, noch wenig bekannten Gegenden nach authentischer Anschauung mit vorzüglichster Treue, mit genauer Wie- dergabe defs-n, was dort wahrgenommen worden ist, gemacht werden, fo handelt ez sich allerdings um ein Werk, was au in wissenshaft- licher Beziehung einen großen und dauernden Werth haben wird. Ich glaube daher, so weit ich bei der ganzen Sache betheiligt gewesen bin, au noch heute für dieselbe vollständig einstehen zn können.

Nachdem der Miniftex der geiftlihen 2c. Angelegenheiten Dr. Falf hinzugefügt, daß mit dieser Position die Forderungen abgeshlossen sein würden und der Abg. Dr. Virchow hierauf replizirt hatte, erklärte der Finanz-Minister:

_ Meine Herren! Jch wollte zunächst darauf hinweisen, daß aller- dings zur Kenntniß des Hauses noch ein Restbetrag für diese Dinge gelangen wird. Es is nämlich, was mein Herr Kollege vielleicht nicht so genau gewußt hat, im Laufe des Jahres 1872 in der früher üblichen Weise noch ein Betrag auf das Hauvtextraordinarium über- nommen worden, der beim Etat pro 1874 seine Aufwartung machen Wird,

Was dann den Tunis betrifft, für die ethnologishen Samm- lungen Berlins mehr zu thun, so kann ich nur sagen, daß, wenn das Bedürfniß bis zu der Summe von 40,000 Thlrn. ans{wellen sollte, das immerhin noch nicht ein Betrag wäre, der mich ershrecken würde.

Ueber den Antrag des Abg. Karsten:

___ Die Königliche Stagtsregierung aufzufordern 1) eine Ermittelung Über die in der Stadt Berlin vorhandenen zum Bau der in Aussicht genommenen neuen Stagksinstitute der verschiedenen Ministerien ge- eigneten und verfügbaren Grundstücke zu veranlassen, damit nah einem einheitlihen Plane eine räumlich ¿weckmäßige Zusammenlegung für die, verwandte Zwecke verfolgendey Institute gesihert werde und 2) die Ergebnisse dieser Ermittelung tin der nächsten Session dem Ab- geordnetenha use vorzulegen,

außerte der Finanz-Minister:

Meine Herren! Jch bedaure, dem Antrage nicht zustimmen zu können, Sie vielmehr bitten zu müssen, denselben abzulehnen. Die Folge des Antrages würde meiner Ansicht nah eine viel zu weit- gehende Einmischung des Abgeordnetenhauses in die inneren Angelegen- beiten der Verwaltung e Ferner ist der Antrag deshalb gestellt, damit nit, wie angeblich, bisher in diesen Angelegenheiten völlig planlos vorgegangen werde. Man wird vielleicht bestreiten fönnen, ob man in jedem Falle dgs Richtige getroffen habe: es ist aber eine völlig unrihtige Unterstellung, wenn angenommen wird, daß den Plänen nicht eine reiflichè Erörterung zu Grunde gclegen habe. Meine Herren! Wie ist das Verhältniß im Allgemeinen? Jm Allgemeinen befindet sich jedes Resscrt im . Besiß gewisser Grundstücke, und da ist es nun eine alte, seit vielen Jahren bestchende und bereits vom Hoch- seligen Könige Friedrich Wilhelm III. getroffene Einrichtung, daß in jedem Falle, wo eine Dienstlokolität in der Stadt Berlin und selbst in den Provinzen entbehrlich wird, besonders für die Stadt Berlin die Um- frage gehalten werden muß, ob und für welhe Ressorts vielleiht An- spruch auf Verwendung eines folhen Grundstückes erhoben werden möchte. Wenn gleichzeitig mehrere größere Zwecke zu verfolgen find, so stelle ih nit entfernt in Abrede, daß es durchaus wünschenswerth fein wird, die vorzunehmenden baulichen Aenderungen nah einem um- fassenderen Plane ins Auge zu fassen. Aber, meine Herren, das wird die Verwaltung für fich zu erwägen haben, und diesen Punkt zum Gegenstande eines Rechenschaftsberihts an das Abgeordnetenhaus zu machen, das würde ih meiner Ansicht nah in keiner Weise empfehlen.

Bei Berathung des Nachtrags zum Etat „5000 Thlr. für einen Unter-Staatssekretär im Handels-Ministerium“ wies der Finanz-Minister einige Aeußerungen des Abg. Dr. Virhow wie folgt zurü:

Meine Herren! Die Staatsregierung hat von Ihnen uicht die Be- willigung einer Coadjutor-Stelle verlangt, sondern hat von Jhnen die Bewilligung eines Gehalts eines Unter-Staatssekretärs verlangt, und in der Motivirung des Antrages ist ausdrücklich darauf hingewiesen, daß, indem ein Unter - Staatssekretär für das Handels-Ministerium wiederum geschaffen wird, wie er früher bestanden hat, keine Bewilli- gung erfolgt, die über das hinausginge, was s{chon für andere Mini- sterien gebilligt worden ist.

Was dann die persönlichen Spißen gegen den hier nicht an- wesenden Herrn Handels-Minister betrifft, so würde i, glaube ih, meinem abwesenden Kollegen keinen Dienst leisten, wenn ich in eine weitläufige Darlegung des ganzen Sachverhältnisses eingehen wollte. Das, meine Herren, liegt doch wohl auf der Hand, daz, wenn An- ÊÉlagen erhoben werden gegen eine Vetwaltung, der Mann, unter dessen Führung die Verwaltung stattgefunden hat, niht in dem Augenblicke die unter seiner Leitung gestanden habenden Beamten wird im Stiche lassen wollen, und es \cheint mir daher die Erwartung keinen Augen- blick lang haben gehegt werden zu können, daß ein Antrag, wie er hier die Bewilligung gefunden hat, dazu beitragen könnte, meinen Kollegen zu bewegen, eiken Poiîten gerade in diesem Augenblicke zu verlassen.

Das „Fustiz-Ministerial-Blatt für die Preußische Geseß1ebung und Rechtspflege Nr. 9 enthält folgende Er- kenntnisse des Königlichen Ober-Tribunals vom 19. Dezember 1872: Die Anwendung des §. 264 des Strafgeseßbuchs wird auch durch Vorbeftrafungen begründet, welche wegen Theilnahme an einem Be- truge oder wegen versuchten Betruges erfolgt find. Vom 15. Januar 1873: Auch Derjenige, welcher für fremde Rechnung „am Umlaufe eines Wechsels Theil nimmt“, verwirkt die Strafe der Stempelhinter- ziehung, wenn er eine bezügliche Handlung vornimmt, ehe der Wechsel versteuert worden war. Erkenntniß des Königlichen Gerichtshofes zur Entscheidung der Kompetenz-Konflikte vom 19. Oktober 1872: Gegen die der Gisenbahn-Direktion von der Landes-Polizeibehörde zur Pflicht gemachte und von ihr ausgeführte Unterdrückung eines öffent- lichen Weges ist der Rechtsweg auf Wiederherstellung des früheren Zustandes unzulässig.

_ Die Nr. 9 des „Preußischen Handels-Archivs" hat folgenden Inhalt: Geseßgebung: Deutsches Reich: Elsaß-Lothrin- gen: Abfertigungsbefugnisse des Kaiserlichen Hauptsteueramts zu Straß- burg. Rußland: Eingangsabgabe von Cement. Frankreich : Zoll- freie Alaun, von Kakao und Zucker zur Wiederausfuhr als Choko- lade. Belgien: Gese, betreffend die Seebriefe. Statistik: Deutsches Reich: Vorläufige Uebersicht des Betrages der festgestellten