1873 / 56 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 04 Mar 1873 18:00:01 GMT) scan diff

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Wien, Dienftag, 4. März. Laut offizieller Bekannt- machung is| die Superdividende der Kreditanstalt für das abge- laufene Jahr auf 22 Fl. festgesezt. Dem Reservefonds wurden 600,000 Fl. überwiesen.

Bukareft, Montag, 3. März. Der Senat hat mit 31 ge- gen 7 Stimmen das Geseg über die Besteuerung des Spiritus in Uebereinstimmung mit dem Entwurfe der Deputirtenkammer angenommen. Die Deputirtenkammer if in die Berathung der Vorlage über den Anschluß der rumänischen an die österreichi- \hen Eisenbahnen eingetreten.

Zur Geschichte des Droshkenwesens in Berlin *). L

Die Einführung von Fiakern in Bexlin gehört zu den leßten Regierungshandlungen Königs Friedrich Wilhelm L, der die Anregung bierzu durch den Kammerherrn v. Pöllniß erhalten zu haben eint. Der König beabsichtigte, eine Fiakerzunft zu organisiren und ließ äuf seine Kosten 14 Probewagen, sogenannte Schimmerwagen, verfertigen. Sie waren viersißig, hingen in Riemen, hatten platte Decken und ganze Thüren, in denselben und vorne fleine Fenster. Der Kasten war olivenfarbig, das Gestell roth angestrihen; inwendig war der Wagen mit grauem Tuch ausgeschlagen, äußerlih im Obertheil mit Leder bekleidet und mit gelben Leisten und Nägeln verziert. Unter dem hohen Bock befand si ein großes Magazin. Am 21. Dezember 1739 wurde das Publikum von der neuen Einrichtung durch die Zei- tungen amtlich in Kenntniß geseßt, da aber die Schimmer- wagen noch nit fertig waren, so sollten die Fuhrleute an den defignir- ten 5 Haltepläßen in der Stadt vorläufig mit ihren Miethskutschen auffähren. Der Tarif war bei Tourfahrten auf 4 Groschen Cour. innerhalb des Walles, außerhalb desselben auf 6 Groschen, bei Zeit- fahrten auf 8 Groschen für dic erste Stunde und auf 6 Groschen für jede folgende festgejeßt.- Am 24. Dezember 1739, Morgens 73 Uhr, standen die 15 Fiaker dem Publikum bereit, welhes jedoch von der ihm Seitens des Kênigs gebotenen Bequemlichkeit wenig Gebrauch machte, denn die Einnahmen beliefen sich am ersten Tage für jeden Wagen nur auf 12 Groschen bis 1 Thaler 6 Groschen, am 30. De- zember 1739 auf 8 GSroshem bis 1 Thaler 8 Groschen. Jn Folge dessen wurde auf Antrag der Fiakerhalter am 4. Januar 1740 die Vermiethung von Wagen zum Gebrauch innerhalb der Stadt fertan nur den Fuhrleuten von Profession und den Gastwirthen ge- stattet, den Sattlern aber und allen anderen Fuhrwerkbefißeru ver- boten. Auch wurde versuht, das Publikum dur eine theilweise Er- mäßigung des Tarifs, der als geringsten Saß jedoch 4 Groschen bei- behielt, dem neuen Unternehmen geneigter zu machen. Am 16. Ja- nuar 1740 wurde die privilegirte Fiakergesellschaft förmlich begründet, aber auf 15 bis 16 Fiaker beschränft und mit der entsprechenden Zahl der Besitzer geschlossen. Die Wagen mußten von Morgens 6 bis Abends 10 Uhr, im Wintec von 7 bis 10 Uhr auf dem angewiesenen Plate halten; bei Vecmeidung einer Strafe von 1 Thlr. für jeden Kontraventionsfall. Die Kutscher trugen keine Uniform und waren nur dur eine rothe Kokarde am Hute kenntlich. Einem Wagenkom- missarius, dessen Gehalt von 150 Thlr. die Gesellschaft aufbringen mußte, lag die Kontrole über die Fiaker ob; zum Direktor der Ge- fellihaft wurde mittelst Kabinets-Ordre vom 22. Januar 1740 der Geheime Rath und Stadt-Präsident von Neuendorf ernannt. Die Berliner Fuhrleute drängien sih zur Fiakergesellshaft, aber täuschten si dabei in ihren Erwartungen. Der Dienst war für die Pferde, deren mebrere bald, fielen, zu anstrengend, und mehr Pferde zu alten, gestattete die geringe Einnahme niht. Die Fiakerbesißer hielten des- halb die Dienststunden nicht inne, verweigerten dem Kommissarius das Gehalt und brahten den Stadt-Präsidenten, der auch von den übrigen Fuhrleuten mit Klagen über die Fiaker bestürmt wurde, in eine verzweiflungsvolle Lage. Jndessen befserten fich die Ver- hôltnifse der Fiakerge}ellshaft, vielleicht dadur, daß fie auch Spazier- fahrten außerbalb der Landwehren übernahmen, in den Jahren 1741, 1742 und 1743 so, daß sich die Zahl der Fiaker von 15 auf 20 ver- mehrte. Der neue Stadtpräsfident v. Kircheisen erwarb sich um das

iaferwesen große Verdienste; er hob die bis dahin bestandene Reihe- B auf und gestattete Jedem, einen beliebigen Wagen aus der Reihe u nehmen ; er verlängerte die Haltezeit für den Sommer bis 11 Uhr Abends. Die Einrichtung war in Berlin allmählich ¡VeN so beliebt geworden, daß im Jahre 1769 bereits 36 Fiaker aufgestellt waren, erhielt sich aber nicht lange auf dieser Höhe. Die Konkurrenz der zahl- reih gewordenen Fuhrleute wirkte ebenso nahtheilig ein wie die zu- nehmende Rohheit der Fiakerkutscer. Die bemittelten Fuhrleute schieden aus der Gesellschaft, in welcher nur Verkommenezurückblieben, die die Fiaker au zur Beförderung von Kranken nah den öffentlihen Krankenhäu- sern, ja von Missethätern nah dem Richtplaß hergaben. Im Jahre 1784 waren nur noch 7 Fiaker vorhanden, die von keinem Berliner sondern nur von Fremden benußt wurden. Ein im Jahre 1784 ge- machter Sins das ganze Fiaker-Unternehmen an den Meistbietenden zu verpachten, hatte keinen Erfolg und wurde nicht wieder erneuert, weil das Polizei-Direktorium das Wiederaufleben der halb vergessenen Real der Fiaker befürchtete. Ebenso wenig ließen sich die 111

erlinec Fuhrleute im Jahre 1785 bewegen, in der Gesammtheit die Fiaker zu übernehmen. Man überließ diese {ließlich ihrem Schick- jale, und die Folge war, daß im Jahre 1794 auch der lebte Fiaker einging. Für die Reorganisation dieser Einrichtung sprah weder das Bedürfniß, noch erschien dieselbe dem Polizei - Direktorium im Jnter- esse der Moral wünschenswerth, Berlin blieb deshalb bis zum Jahre 1815 ohne öffentliches Fuhrwefen.

Die amtliche Statistik in Bayern.

Der Vorstand des ftatistishen Bureaus in Müinchen, Ministe- rialrath, Professor Dr. Georg Mayr hat an die 8. Versammlung des internationalen statistiscen Kongresses in St. Petersburg einen Bericht über die amtlihe Statistik in Bayern erftattei. Wir ent- nehmen demselben die nachfolgenden Angaben. :

Wes zunächst die Organisation der Statistik betrifft, so ist in Bayern durch Königliche Entschließung vom 29. Januar 1869 ur Begründung einer sämmtlihe Verwaltungszweige umfassenden

andesstatiftik eine statistische Centralkommission ins Leben gerufen worden, welche gegenwärtig dem Staats-Ministerium des Jn- nern, Abtheilung für Landwirthschaft, Gewerbe und Handel unterstellt ist. Ordentliche Mitglieder derselben find ein vom Könige ernannter

orsißender, je ein Vertreter sämmtlicher Staats-Minist-rien und der Vorstand des statistischen Bureaus, während ihr als außerordentliche Mitglieder Männer, die sich in der Wissenschaft oder in volkswirth- schaftlichen Beschäftigungen Hervorgethan haben, elgegeben werden können. Die Kommission hat die Befugniß, zu ihren Verhandlungen Fachmänner beizuziehen oder deren Gutachten zu erholen.

Als ausführendes Organ ist der Kommisfion das statistische Bureau in geshäftlicher Beziehung untergeordnet, dessen statistish- technische Thätigkeit sich indeß nicht auf sämmtliche Zweige des Staats- lebens erstreck, da z. B. die justizstatistishen Nachweise von dem Staats - Minifterium der Justiz und die nie der Verkehr8an- stalten von der General - Direktion der leßteren zusammengestellt und veröffentliht werden. Jedoch finden au diejenigen Erhebungen, welche nicht im statistishen Bureau selbst verärbeitet werden, in des- sen veriodishen Veröffentlihungen gelegentlihe Berüsichtigung. Eine erwähnenêwerthe Erweiterung hat die Organisation des Bureaus durch die am 30. i 1871 erfolgte Errichtung eines mit demselben verbundenen statistischen Lehrkurses erfahren, ne zur Förde- rung des Studiums der Statistik und der praktischen bildung der damit beschäftigten Verwaltungsorgane E E. _¿

Besondere statistische Organe in den einzelnen Provinzen bestehen in Bayern n Insoweit nicht das centralisirte Verfahren der statistiich-tehnishen Ausbeutung des Urmaterials durch das statistische

*) Nah dem Aufsaß des Regierungs-Assessor Dr. Tietcrici in der Zeitschrift des Königl. preuß. statistishen Bureaus. Jahrg. 1865.

Königliche Schauspiele.

Mittwoch, den 5. März. Opernhaus. Keine Vorstellung. Sechste Sinfonie-Soirée der Königlichen Kapelle.

Ju Schauspielhause. (63. - Abonnements - Vorstellung.) Maria und Magdalena. Schauspiel in 4 Akten von Paul Lin- dau. Anfang halb 7 Uhr. Mittel-Preise.

Donnerstag, den 6. März. Im Opernhause. (54. Vor- ftellung.) Fidelio. Oper in 2 Abtheilungen. Musik von L. van Beethoven. Leonore: Fr. von Voggenhuber. Marzelline: Frl. Lehmann. Florestan: Hr. Niemann. Pizarro: Hr. Salomon. Rocco: Hr. Fricke. Fernando: Hr. Bez. Anfang 7 Uhr. Mittel-Preise.

Bureau selbst gewählt wird, haben “die Organe der inneren Verwal- tung (Kreisregierungen, Distrikts-Verwaltungsbehörden, Gemeinden) nicht nur die Sammlung, sondern au die erfte Ausbeutung des Rin Materials vorzunehmen. i; e as die Entwickelung der zinzelnen Zweige der Sta- tistifk in Bayecn betrifft, so ist zunächst zu bemerken, daß die tovo- graphiswen Arbeiten von dem Ge Bureau getrennt find. Die

artirung des Landes ist durch die Kataster-Kommisfion aus- geführt worden und find die einzelnen Meßtischblätter, welche sih auf eine Flähe von nur 1600 bayerishe Tagwerk (545 Hektare) er- strecken, um wenige Kreuzer verkäuflich. Diese Karten bilden zugleich die Grundlage für den großen vom Generalstabe herausgegebenen topographischen Atlas des Königreichs in 112 Blättern. Jm Jahre 1867 ist vom topographishen Bureau des Generalstabes auch eine Karte von Südwest-Deutschland mit Theilen angrenzender Länder in 25 Blättern (1 : 250,000) herausgegeben worden. x

Für die geognostische Erforschung des Landes und die karto-

graphische Darstellung ihrer Ergebnisse ist in neuester Zeit dur die auf Staatskosten vorgenommenen Untersuhungen des "Ober-Berg- Raths, Professors Dr. Gümpel Herverragendes geleistet worden. Im Jahre 1861 erschien die „Geognostische Beschreibung des Bayerischen Alpengebirges und seines Vorlandes mit 5 Blättern, einer geognosti- schen Karte des Königreihs Bayern 2c.“ und im Jahre 1868 die eGeognosftische Beschreibung des ostbayerishen Gremgevirges oder des bayerischen und oberpfälzer Waldgebirges mit 5 Blättern 1c.“ Von dem Ministerial-Forstbureau in München ist schon früher eine Karte der Forste G : 100,000) hergestellt und in Steindruck ver- öffentliht worden, auf welcher für jedes Amt die Kulturart und der Kulturplan auf das Genaueste eingetragen ist.

_Systematishe meteorologishe Beobachtungen werden

theils an den Landes-Univerfitäten (in München an der Sternwarte zu Bogenhausen), theils an den einzelnen von der Staats-Forstverwaltung eingerichteten Stationen vorgenommen. E Das von Ortschaftenverzeichnissen hat man in Bayern seit lange gearbeitet, theils bei Gelegenheit größerer statistisher Erhebungen, deren Gliederung nah einzelnen Ortschaften gefordert wurde, theils bei besonderen Revisionen der Ortschaftenkataster selbst. Das in den berichtigten Ortschaftenkacastern des Jahres 1865 im. statistishen Bureau gejammelte Material gelangte zur Veröffent- lichung in dem „topographisch-statistischen Hgndbuche des Königreichs Bayern, nebst alphabetishem Ortslexifon, bearbeitet von Ober-Lieute- nant J. Heyberger, Hauptmann Christian Schmitt und Hauptmaun von Wachter, München 1867“. - Die Volk3zählung von 1871 hat An- laß zu erneuerter Berichtigung der Ortschaftenverzeichnisse gegeben, welche um fo gründlither durchgeführt werden wird, als na undes- rath3beschluß bis zum Jahre 1875 in allen deutshen Staaten Verzeich- nisse der Gemeinden veröffentlicht werden sollen, in welchen bei jeder Ge- meinde die zugehörigen geographisch besonders benannten Wohnpläße ange- geben und in ort8übliherWeise (Stadt, FleckŒen, Dorf, Weiler 2c.) bezeichnet sind, aus denen ferner für jede Gemeinde und, foweit thunlich, ‘jeden Wohnplaß der Verwaltungsbezirk, sowie die Einwohnerzahl zu ent- nehmen und welchen ein alphabetisches Register beigegeben ift. Ver- zeichnisse der politishen Gemeinden find vom statistishen Bureau in den Jahren 1863 und 1869 durch den Druck veröffentlicht, leßteres enthält alle einzelnen Gemeinden mit Angabe des Bevölkerungsstandes im Jahre 1867 und mit Ausscheidung nach Familien, Geschlecht und Religionsverhältnissen, geordiet nach Kreisen, Verwaltungsdistrikten u.\.w. (XXI. Heft der Beiträge zur Statistik des Königreihs Bayern). Der Statistik der größeren Städte des Landes ist durch Veröffent- lichungen in der Zeitschrift des statistishen Bureaus in einzelnen Punkten Rechnung getragen worten, da fich eine besondere Lokalstatistik T Mr n Städte bisher in ausgedehnterer Weise noch nicht ent- widckelt hat.

__Die Ermittelung der Bevölkerung geschieht in Bayern wie in allen E: Staaten durch besondere, periodisch wiederkeh- rende Zählungen, für welhe vor dem Jahre 1834 die maßgebenden Bestimmungen aus\{ließlich durch die bayerishe Staatsverwaltung getroffen wurder, während nach dieser Zeit für dieselben in einer Reihe wesentliher Punkte die Gleihmäßigkeit der Durchführung in den Staaten des deutschen Zollvereins durch Vereinbarungen unter den Bereinsstaaten gesichert worden ist. DieAeßte Zählung'vom Jahre 1871 ist auf Grund der vom Bundesrathe erlassenen Bestimmungen erfolgt und soll die Ausbeutung: der Zählungslisten auf eine ganze Reihe für die Landesstatistik wihtiger Punkte erstreckt werden. Die Statistik der Bewegung der Bevölkerung wird zur Zeit in Bayern noch nicht nach dem System der centralifirten Verarbeitung des Urmaterials aufgestellt. Den äußeren Behörden liegt die erste stätistiiche Aus- beutung des Urmaterials aus den Kirchenbüchern und Civilstands- registern in die vorgeschriebenen Konzentrationstabellen ob und nur leßtere e an das statistisÇle Bureau. Aehnlich wird für die Zwedcke der Statistik der Tecdesursahen das in den Todtenscheinen enthaltene Material zunächst durch die amtlichen Aerzte statistisch aus- gebeutet. Wenngleich die medizinische Statistik zum Theil in den Nachweisen über die Bewegung der Bevölkerung enthalten ift, ss wird dieselbe auch gefördert durch die von den amtlichen Aerzten zu liefernden Jahresberichte, deren wesentlicher Jnhalt jährli in einem e Generalberihte über die Sanitätsverwaltung im Königreich Bayern“ zusammengefaßt wird. Ueber größere Epidemien erscheinen gesonderte amtliche Berichte mit statistishen Beigaben. Schäßbare Beiträge zur Statistik der physischen Beschaffenheit der Bevölkerung sind die durch die Militärbehörden gelieferten Nachweise über die Ergebnisse des Ersaßzgeschäfts nebst den Ausweisen über die dabei körperlich unter- suchten Wehrpflichtigen. Ueber - Taubstumme, Blinde und Jrre, #\o- wie über Irrenanstalten finden gleichfalls Erhebungen statt.

Gebäudezählungen find wiederholt in -den Jahren 1840, 1852, 1867 und 1871 vorgenommen. Nachweise über die Besi ßver- hältnisse an Grund und Boden haben bei den größeren land- wirthschaftlichen Erhebungen von 1853 und 1863 Plaß ge den, in- dem dort sowohl für das landwirthschaftlich benußte Areal, wie für die Waldungen hierauf bezügliche Unterscheidungen aufgenommen find.

Die landwirthschaftliche Statistik hat in Bauen sowohl bezüglih der Erhebungen über Anbau und Ernte, als in Betreff der Viehzählungen seit Langem éine besondere Berücksichtigung gefunden. Schon bei dec Erhebung im Jahre 1810 war die Ausdehnung der Hauptkulturarten und die Ertragsgröße der ails lan Pflanzengat- tungen berüdcksihtigt worden. An diese Erhebungen reihten fich odann die’ Aufnahmen von 1812, 1833 und 1839. Eine vollständige Gliede- rung bieten die beiden teueren Omen über „Anbau und Ertrag, Besißverhältnisse und Stückelung des Bodens, dann Lohn der Land- bauarbeiter nach dem Stande und der Ernte der Jahre 1853 und

863." Außer diesen umfassenden Erhebungen finden seit längerer Zeit jährlihe Schäßungen der Ernteerträgnisse dur die Organe des land- wirthshaftlihen Vereins statt. Die Eufolge der Gesehe über die Bodenkultur (BVewässerungen, Entwäfserungen, Ablösung des Wei- derehts, Zusammenlegungen von Grund ten) d im Sahre 1870 statistish festgestellt worden und ist das Ergebniß dieser Erhebung im XX1Y. Hefte der Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern ver- ffentliht worden. A

__ Bei den Erhebungen über die Produktion der Bergwerke, Hütten und Salinen, welche im Zollverein {on seit einer Reihe von Jahren nach gemeinsamen Grundsäßen vorgenommen worden ist, find in Bayern besonders in den Jahren 1869 und 1870 manche

Im Schauspielhause. (64. Abonnements-Vorstellung.)- Donna Diana. Lustspiel in 4 Abtheilungen, nach dem Spanischen des Don Augustin Moreto von West. Anfang ‘halb 7 Uhr. Mittel-

se; Die in den Königlichen Z gefundenen Gegen E S E O Í G Bude auspolizei-Inspektoren ewe (Opernhaus) u ister (Schauspielhaus) in Empfang genommen werden. Erfolgt die

Zurückforderung der betreffenden Sachen in der angegebenen Frist Däne P werden dieselben den Findern ohne Weiteres ausge- ä 4 j

Punkte besonders berücksichtigt worden, die in dem gemeinsamen For- mular sich_nicht vorfanden. è

Die Statistik der Industrie wurde in Bayern bereits bei deu Erhebungen des Jahres 1810 berücksihtigt und damals eine Ta- belle der Manufakturen und Fabriken, sowie eine Tabelle der Künstler und Handwerker aufgestellt. Die beiden neueren gewerbestatistishen Erhebungen von 1847 und 1861 find äuf Grund von Vereinbarungen unter den Zollvereinsstaaten zur Dur{führung gelangt, welche si in- deß nur auf Darlegung des Standes der Gewerbe beschränken, wäh- rend die Bewegung im Gewerbsbetriebe niht berücksichtigt wird. Als Ergänzung der Gewerbestatistik werden deshalb in Bayern seit dem Jahre 1870 für alle einzelnen Arten der stehenden Gewerbe gs die Anmeldungen und Niederlegungen nachgewiesen und überdies die für den Gewerbebetziek im Umherzichen und den Hausirhandel er- theilten Erlaubniß- und Hausirscheine statistisch verzeichnet.

Zur Statistik der Preise liefert die bayerische Statistik namhafte Beiträge. In der Zeitschrift des statistischen Bureaus werden fortlaufend die Vexrkaufsmengen und Preise der einzelnen Ge- treidegattungen auf sämmtlichen bayerishen Schrannen veröffentlicht. Außerdem werden für eine namhafte Zahl von Orten gleichfalls fort- laufend die Preise verschiedener Viktualien mitgetheilt.

Ueber die Sparkassen sind bis zum Jahre 1869 raris@e Nachweisungen in den Tabellen über das Armenwesen geliefert worden. Seitdem ist eine L Bit Sparkafsenstatistik angeordnet, bei welcher insbesondere folgende Punkte berücksihtigt werden: Fahr der Errich- tung der Kasse, Einlage, Zahl der Einleger, räumlicher Bezirk der Sparkasse, Verzinsuñg der Einlagen, Einnahmen und Ausgaben, Rein- ertrag und dessen Verwendung, Stand des Sparkassenvermögens, An- lage desselben, Anlage des H Apeis U. s. w. ; ;

Die Straßenstatist ik erstreckt sich in Baycrn auf die Staats- und Distriktsstraßen, für welhe Nachweisungen über Länge und Unter- baltungsfosteu vorliegen. Von Seiten der General - Direktion der Königlichen Verkehrsanstalten und den Direktionen der Privatbahnen werden Jahresberichte veröffentlicht, welche vielfa statistishe Notizen in Betreff der Eisenbahnen enthalten. Die Statistik der S chi ‘- fahrt beschränkte sih bisher auf die Nahweisungen über den Verkehr auf dem Donau-Main-Kanal und dem Bodensee bei Lindau, sowie über den Verkehr auf dem Main bei Würzburg Und Schweinfurt. Seit 1872 hat die Statistik des Verkehrs auf den. Wasserstraßen, nachdem diejelbe in die Reichsstatistik einbezogen worden ist, eine nam- hafte Erweiterung erfahren. Statistische Notizen über die Erfolge des Flußbaues finden sich in der Zeitschrift des statistishen Bureau (Jahrg. 1869, S. 20 ff.). Die Statistik des Post- und Tele- graphenverkehrs ist in den jährlih herausgegebenen Nachweisun- g ini den Betrieb der Königlich baycrischen Verkehrsanstalten enthalten.

Ueber das Immobiliar-Feuerversiherung8wesen liegen umfassende und rei gegliederte statistisch: Nachweisungen vor, deren Beschaffung dadurch wesentlich erleihtert war, daß in Bayern das Recht der Versicherung von Immobilien gegen Feuersgefahr und zwei vom Staate geleiteten und mit Monopolcharakter versehenen Anstalten zusteht. Im Anschlusse hieran ist eine laufende Statistik der Mo- biliar-Feuerversiherung auf Grund der von den einzelnen Ber Aa zu liefernden Nachweise in Angriff genommen worden.

Was das Armenwesen betrifft, so enthält {on die Grhebung vom Jahre 1810 eine Tabelle über sämmtliche Armenanstalten, welche ge- sonderte Nahweisungen über die Armen, die, ohne in Armenhäusern aufgenommen zu sein, von Almosen leben, und über die in Beschäfti-

ungshäusern, Spitälern und Wittwenhäusern, Waisen- und B häuern untergebrachten Armen giebt. Seit 1836 sind jährliche Er-

ebungen über den Stand des Armenwesens angeordnet, welche im Wesentlichen bis zum Jahre 1870 unverändert blieben, eitdem aber aus Anlaß der mit dem 1. Juli 1869 in Kraft getretenen neuen , Armengefeßgebung cine wesentlihe Bereicherung erfahren haben.

Eine jährlicbe unmittelbar au di* Gegenwart ne Sta- tistik des gesaïnmten Unterrichts wurde in Bayern bis au diz neueste Zeit vermißt. Nur nah längeren Zwischenräumen veröf- fentlichte das statiftishe Bur:au Nachweisungen über die „Anstalten für Wissenschaft, Kunst, Unterricht und Erziehung" im V. und XVTI. Hefte der Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern. Jm Jahre

1870 wurde eine Reform der bayerish n Unterrichtsftatistik angebahnt, -- durch welche dieser Zweig der Statistik in folgende Hauptabtheilun-

gén zerlegt wurde: 1) Umfassend- Gescmmitstatistik des Unterrichts auf Grund ein- Fe nah längeren Zwischenräumen anzuordnender Erhe- ungen, ck 0 E 2) Jährliche Uebersicht der wichtigeren statistishen Ergebnisse im Gebiete des Unterrichtswesen - :

Die nächste umfassende Gesammtstatistik des Unterrichts wird nach d:m Stande von 1872 erhoben werden (vergl. Zeitschrift des statistishen Burau Jahrg. 1872, S. 79.). .

Die Statistik der Civilrechtspflege beshränkt s{ch im Ge- biete diesseits des Rheins auf einige wenige Notizen, welche jährli dur die Zeitschrift des statistischen Bureau zur Veröffentlichung ge- langen. Ueber die Civilrehtspflege in der Pfalz liegen umfassende Nachweise vor (vergl. Zeitschrift Jahrg. 1869. S. 91 ff.). Eine voll- ständige Ausbildung hat dagegen die Statistik der Strafrechts- pflege erfahren und find deren Ergebnisse wehselnd durch das Periee ureau und durch das Staats-Ministerium der Justiz zur

eröffentlichung gelangt. Am reihhaltigsten ist die Kriminalstatistik für die vier Jahre 1862/63 bis 1865/66 durch das statistische Bureau im XIX. Hefte der Beiträge 2c. veröffentliht worden. Ebenso ist in der Zeitschrift (Jahrg. 1871. S. 1 ff.) eine aus den Akien des Staats- Ministerium des Innern geshöpf}te Arbeit. über die bayerischen Straf- und Polzeianstalten während der Periode vom 1. Oktober 1863 bis 31. Dezember 1868 enthalten. L

Zu statistischen Zwecken angeordnete Erhebungen über die Armee stehen, abgesehen von den: Nahweisungen über das Ersaßgeschäft und von der Verluststatistik für den deutsch-französischen Krieg (vergl. Zeit- chrift Jahrg. 1872 S. 28. ff.) dem statistishen Bureau nicht zur

erfügung. Auch mit der Statistik der Staatsfinanzen ift dasselbe nit beschäftigt; Ms gelangen durch die den Kammern vorgelegten Bldgetentwürfe und Rehnungsnahweisungen umfassende sta- tistishe Notizen hierüber zur Veröffentlichung.

Auch die politishe Statistik hat in den Arbeiten des stastitischen Bureau Berücksichtigung gefunden. Im Jahrgang 1869 der Zeitschrift abet Ly : Beiträge gur Statistik der Urwahlen, sowie der Wahlen

er Abgeordneten zur bayerischen Kammer vom 12. bez. 20. Mai - 1869 mit Rücksicht auf dte Tee der Wahlen zum Zollparlamente (10. Februar 1868)“, und im Jahrg. 1870: „Statistische Nahweisun-

en über die Wahlen der Abgeordneten zum bayerischen Landtag vom

ovember 1869 mit Rückblicken auf die Wahlen vom Mai 1869,* Der Jahrg.-1871 enthält die „Statistik der Wahlen zum Deutschen Reichstage vom Jahre 1871 in Bayern.“

Redaktion und Rendantur: Schwieger.

Berlin, Verlag der Expedition (Kessel). Druck: H. Heiberg. Drei Beilagen (einshließlich der Börsen-Beilage).

zum Deutschen Reichs-Anz

2 5G.

Landtags- Angelegenheiten.

Berlin, 5. März. In der gestrigen Sißung des Hauses der Abgeordneten ergriff in der Diskussion über den Geseß- entwurf, betreffend die Abänderung des Geseßes vom 1. Mai 1851, betreffend die Einführung einer Klassen- und klassi- fizirten Einkommensteuer, der Finanz-Minifter Camp - hausen nah dem Abg. von Benda das Wort:

Meine Herren! Jh muß heute meine Auseinanderseßungen damit beginnen, daß ih der Kommission und insbesondere dem Herrn Bericht-

atter meinen Dank ausdrücke für die eingehende Berathung des Gesetzentwurfs, für die sorgfältige Prüfung der Einwirkung der ver-

‘schiedenen Bestimmungen diejes: Geseßentwursfes auf das praktische Leben.

Jch habe gerade in diejer Kommission den Vorzug erkannt, den das par- lamentarische Leben der Regierung gewährt, den Vorzug, daß Männer aus der Nation heraus, in der Mitte des praktischen Lebens stehend, die Regierung auf-manches aufmerksam machen können, was auch beim besten Willen dem Auge entgehen mag. Jch beklage wi deshalb in keiner Hinsicht über die lange Dauer der Berathung in der Kommis- fion, ih glaube, daß sie auch naher für das Werk sih schr förder- jam erweisen wird. - j Nun, meine Herren, konzentriren sih die Fragen, die überhaupt gegenwärtig noch ins Auge zu fassen sind, eigentlich auf sehr wenige Eee Es ist * bekannt, daß die Regicrung ihrerseits von dem unsche geleitet wurde, die Grenze für die Heranziehung des steuer- pflichtigen Einkommens nicht zu niedrig zu greifen. Jch habe bei der ersten Berathung, ih weiß nicht, ob dieses Gegenstandes oder des Staatshaushalts-Etats, bereits ausgesprochen, daß, wenn wir die Ueberzeugung gewinnen könnten, die Grenzlinie lasse fich füglich höher zichen, dann in der That ein lebhafter Wunsch der Regierung zur Er- füllung gelangen werde. Wir haben aber dann in der Kommission die Wahrnehmung gemacht, daß eigentlich von allen Seiten der entschiedenste Werth darauf gelegt worden ist, Über die einmal vorgeshlagene Grenze nicht hinauszugehen, und daß die weiter gehende Erleichterung, die man wünschen mochte, hauptsächlich darin zu erstreben sei, daß die Stufen für die Ein- ihäßung, namentlich in den beiden untersten Stufen, erheblich erweitert werden möchten. Das liegt ja auf der Hand uud is au von mir in der Kommission anerkannt worden, daß in der That die Einschäßung in den unern Stufen wesentliß erleichtert wird, wenn das Spatium de3 steuerpflihtigen Einkommens selbst einen größeren Umfang errxciht. Nach den Wahrnehmungen, die ih in der Kommisfion gemacht habe, nah den Versicherungen, die ertheilt wurdez, daß die Kommissionêmitglieder sich in manchen Punkten leihsam als die Mandatare größerer Vereinigungen betrachteten, abe ich annehmen müssen, daß die Skala, wie sie namentlich für die beiden unteren Stufen vorgeschlagen worden, auf einem Kompro- miß der entgegenstehenden Meinungen beruhte, und ih habe daher geglaubt, diese Vorschläge nit bekämpfen zu sollen, namentlich von dem Augenblicke ab. niht, wo mit der ganzen Frage die Frage der Kontingentirung in Zusammenhang gebracht wor- den ist. Was nun die Kontingentirung betrifft, so muß ih dem - Herrn Berichierstatter vollständig zustimmen, daß -es in der That die matœiellen Schwierigkeiten für die Lösung der vorliegenden Frage wegen der Skala gewesen find, die mit einer gewissen Naturnothwendigkeit zu dieser Bestimmung geführt haben. Ein politisches Bedenken in Bezug auf die Kontingenticung hat die Siaatsregtierung nicht anzuerkennen vermoht. Sie wissen, welche Stellung wir zu der Frage wegen der Quotisirung der Steuern ein- nehmen. Jch habe mih zu wiederholten Malen darüber auêge- sprochen, daß ih mich auf den Standpunkt der Verfassung stelle und daß ih mi nicht ermächtigt halte, den Rechten der Krone in dieser Beziehung irgend Etwas zu vergeben. An dieser Ansicht habe i fest- gehalten und werde ih festhalten. Der Meinung, daß dur die Annahme des Geseßvorschlages in der prtl wie die Kommission ihn beliebt hat, nah der einen oder andern Richtung hin präjudizirt würde, könnte ih mich nicht anschließen. Wie der leßte Herr Redner {on angedeutct hat und wie es ja in der Natur der Sache liegt, an Be- strebungen, das Steuerbewilligungsrecht der Landesvertretung ausge- dehnt zu sehen, wird es mit und ohne dieses Geseß nit fehlen. Wir werden also darauf gefaßt sein müssen, daß auch in Zukunft solche Bestrebungen hervortreten. Daß ihnen aber durch diejes Geseß ein besonderer Vorschub gewährt werden würde, daß gegenwärtig gleihsam der erste Schritt nach der Richtung hin gethan werden würde, das, meine Herren, mußich bestreiten. Die Frage der Kontingentirung gewisser Steuern ist ja unserm Steuersystem durhäus nicht fremd. Vorhin hat einer der Herren Redner darauf hingewiesen, wie es mit der Klassensteuer der Rheinprovinz gehalten worden wäre. Meine Herren, es ist gar niht nöthig, so weit zu gehen. Jst denn nicht dic Grundsteuer heute eine Tontingentirte Steuer? Jst dem nicht die Gebäudesteuer mit Ausnahme des Umstandes, daß nach einer gewissen Periode eine Re- vision durh das Geseß angeordnet ist, ebenfalls eine kontingentirte Steuer? Und steht es irgendwie mit diesen Verhältnissen in Widerspruch, wenn ausgesprochen wird: wir wollen nun in Zukunft die Klassensteuer ebenfalls kontingentiren und feststellen, wir wollen davon ausgehen, daß die steigenden Erträge der Steuern dazu benußt werden sollen, um unte” den Steuerpflichtigen eine Ermäßigung der Steuer eintreten lassen zu können? Meine Herren, ih vermag in dieser Hinsicht nicht irgend- wie anzuerkennen, daß der Geseßesvorschlag uns in eine andere Bahn triebe und treiben müßte. j Nun gber, meine Herren, so lange wie der eine Theil sagt: Die Schäßung ist viel zu hoch, - der andere Theil sagt: die Schäßung ift viel zu niedrig, und beide Theikte sagen: wir stimmen darin überein, daß wir den Steuererlaß innerhalb gewisser Grenzen halten wollen, dann kommt man do eigentlich in der uatürlichsten Weise zu dem Schlusse: „nun gut, wir wollen die Erfahrung darüber entscheiden lassen, wie sich der Steuerertrag auf Grundlage einer neuen Skala herausstellen wird, aber eins wollen wir von vornherein feststellen: Der Staat joll foviel bekommen und dem Lande soll soviel erlassen werden. Damit is eigentlih das ganze System dieser Kontingen- tirung E h E Me y ; f Wenn t also glaube, daß auch die Herren, die der konservativen Richtung angehören, völlig unbedenklih der Kontingentirung zustimmen können, so glaube ih auf allen Seiten des Hauses den guten Willen ju nden, der in der Kommission in der wohlthätigsten Weise sich ethâtigt hat, daß endlich dem Lande die in Aussiht genommene teuerreform zu Theil werde. j; u Meine Herren! Es ist darauf hingewiesen worden, daß ih die ebershüsse in der S allzusehr anhäuften, und es ift aus- sprochen worden, daß die Ucbershüsse selbst der Zunahme entgegen- gehen möchten. So sanguinisch find nun meine Erwartungen doch nicht; wir dürfen nicht N „wenn wir stets frisch vor Augen aven, daß das vorige Jähr einen Uebershuß von Millionen evaler geliefert hat ih sage, wir dürfen nit vergessen, daß wir s Jahr, in dem wir {eßt stehen, mit Mehrausgaben zum Betrage on mehr als 12 Millionen Thaler belastet haben, und daß also die de wartung, daß nun die- Uebershüsse crescendo gehen würden, O sicherlih eine etwas u sanguinishe sein würde, Bat aber die Raum die Verpflichtung anerkannt at, nicht blos für die Befriedigung so vieler Bedürfnisse zu sorgen, le bisher entwcder gar nicht ‘oder in färgliherer Weise haben bedacht L den können, sondern daß sie auch die Verpflihtung anerkannt hat, beds Lande, wenn irgend S Steuererleihterungen zu gewähren, afür hat sie schon im vorigen Jahre {a den Beweis geliefert. Es hat

Erste Beilage

Dienstag, den 4. März

E an der Regierung gelegen, daß die Uebershüsse des Jahres 1872 nicht um den Steuererlaß, den wir son im vorigen Jahre vorgeschlagen hatten, fih verringert hatten, und es wird anch heute nit an der Re- gierung liegen, daß durch ein folch unverändertes Festhalten an der bisherigen Steuergeseßgebung die Uebershüsse für das Jahr 1874 fich höher herausstellen möchten, als wie es zu wünschen sein könnte. Die Regierung nimmt überhaupt in dieser Angelegenheit die Stellung ein, daß für fie die Annahme der Reform den Ausgangspunkt für ihre weiteren Entschließungen bildet.

__ Jh“ kamn Sie deshalb nur bitten, ohne Zögern möglich{st ein- stimmig den vorliegenden Geseßentwurf in der Hauptsache anzunehmen, auf Detailfragen werde ih später noch zurückommen.

Nah dem Abg. von Donat nahm der Finanz-Minister nochmals das Wort:

Meine Herren! Auf dieser Seite des Hauses (rechts) ist von allen Redúern, die gesprochen haben, versichert worden, sie wollten sehr gern dem Steuerlaffe zustimmen; sie trügen dagegen Bedenken auf die Kontingentirung einzugehen. Nun, meine Herren, wenn man si auf den Standpunkt ftellt, daß man die Staatsgewalt möglichst kräftigen will ich meinerseits ehe auf diesem Standpunkte würde man dann niht, wenn man die Dinge auf die Spitze treiben will, dazu fommen fönnen, daß man eigentliGh niemals auf irgend eine Steuer, die man erheben: - kann, verzihten dürfte? Würde man dann nicht auch zu dem Resultàte gelangen können: auch wenn die Regierung uns einen Steuererlaß anbietet und wenn sie uns erklärt, die Verhältnisse haben uns in die Lage gebracht, daß wir mit einem geringeren Steuerauffommen die Geschäfte des Staats bestrei- ten können, so würde doc zu fagen sein: nein, aus Prinzip mußt du diese Steucr fort erheben? L

So weit wird denn doch, wenn dies klar und deutlich ausgespro- chen wird, kaum irgend Jemand gehen wollen wenigstens dann nicht, wenn er bald seinen Wählern gegenübertritt. Wie ist nun die Stellung der Regierung zur Frage der Kontingentirung gewesen ?

Da haben wix nun zwei Steuern, die eine nennen wir Klassen- steuer und die andere klajsifizirte Einkommensteuer. Bei der klassi- fizirten Einkommensteuer haben wir seit Jahren die Erfahrung ge- macht, da5 sie in bedeutendem Umfange zunimmt; wir haben die Erfahrung gemacht, daß sie seit einigen Jahren um mehr als 5 Pro- zent durchschnittlich zugenommen hat; die Zunahme im Jahre 1871 hat sich sogar auf 8,4 Prozent belaufen, die Zunahme in der Veranlagung für das Jahr 1873 ist noch eine außer- ordentli viel größere gewesen, sie beläuft fich auf mehr als 15 Prozent. Nun, meine Herren, als wir di-ser Steuer gegenüber standen und die Frage entstand: wollen wir diese Steuer kontingentireu lassen, da hat der Finanz-Minister sehr hart- näig gesagt: nein, das wollen wir nicht thun, er hat schr hartnäckig im Interesse der Staatsgewalt darauf bestanden, daß diese Steuer in dem Verhältnisse stehen bleibt, in dem fie bestanden hat, und zwar, meine Herren, wesentlich aus dem Grunde: wir gehen in unserem Lande einer bedeutenden Entwickelung entgegen, wir können felbst für die ganze Weit nicht übersehen, wie fich die Geldverhältnisse, oder vielmehr wie fih das Geld im Vethältniß zu dem Preise der Waaren gestalten wird und es würde eine sehr bedenkliche Prozedur sein, in dieser Beziehung auf eine Fixirung einzugehen. Nun haben wir daneben eine andere Steuer gehabt, die Klassensteuer, von der wir wissen, daß sie im Ganzen pro Jahr um 1 Prozent zugenommen hat, wenn wir auf das leßte De- zehnium zurückgehen, die Klassensteuer, von der wir wissen, daß sie bei der Veranlagung vom Jahre 1873, troßdem daß im Jahre 1872 un- gewöhnlich günstige Verhältnisse stattfanden, daß im Jahre 1872, was namentlich von großer Bedeutung ift, die Erhöhung von Be- amtengehältern und auch bei sehr vielen Schichten der Bevölkerung die Erhöhung des Einkommens stattgefunden hat, daß da die Zu- nahme doch nur um einen sehr mäßigen Betrag erfolgt ist. Dieser Klassensteuer gegenüber trat nun die Regierung mit einem Reform - Vorschlage hervor, “und es sind hier auß von den Herren auf diefer Seite O _solche Skalen in Vorschlag ge- bracht worden, daß wir die Besorgniß hegen würden, statt der 24 bis 3 Millionen, die wir erlassen wollen, würde es sich um einen Steuer- erlaß von 4—5 Millionen handeln. Meine Herren! Wenn wir nach Ihrem Vorschlage 5 Millionen erlassen wollten, dann würde die Staatsverwaltung dauernd mehr beschwert werden nach dieser Richtung hin, als durch den Vorschlag, den sie gemacht hat, das ist unbestreit- bar, und ih bin der Ansicht, daß die Herren die Einwendungen noch einmal genau sich überlegen möchten, die fie gegen den Steuervorschlag erhoben haben, denn dieje Einwendungen find in der That nicht stich- haltig. Hätte die Regierung vortreten können und sagen, wir haben ein vollständig zuverlässiges Material, wir können mit Bestimmtheit dafür einstehen, daß, wenn die Skala so und so gegriffen wird, dann wird die Aenderung einen so und so hohen Ausfall an Steuer herbei- führen, meine Herren, wenn wir eine solche Position gehabt oder uns hâtten {afen können, dann würden wir wahrscheinlich dabei be- harrt sein, daß wir lieber die Kontingentirung zu vermeiden] wünschten.

Aber, meine Herren, eine solche Position hatten wir nicht und haben wir nit, alle-die Berehnungen, die aufgestellt find, können niemals vollständig zutreffend sein. Es wird die große Frage zu lösen jein, wenn dieses Steue geled in's Leben geführt wird: in welcher

eise die Einschäßzungs - Kommissionen bei der Arbitrirung des Ein- kommens zu Werke gehen werden. Wenn ich Ihnen meine persönliche Ueberzeugung von der Sache darlegen soll, so kann ih nur aussprechen, daß, sofern die Kommissionen völlig rihtig und korrekt dasjenige was im Sinne des Geseßes als Einkommen zu behandeln ist, au wirklich zur Steuer veranlagen , dann ein Ausfall gegen die arbitrirte Summe wohl nicht entstehen wird, denn das wirkliche Ein- kommen in diesen Schichten der Bevölkerung ist ein sehr ansehnliches. Sollte nun dieses Rejultat eintreten oder sollte eine bedeutende, eine über alle Erwartung hinausgehende Ermäßigung eintreten, dann würde es ja der Geseßgebung in Zukunft unbenommen sein, Aecnde- rungen eintreten zu lassen. I will daraus auch kein Hchl machen, daß die Staatsregierung {on heute wünscht, sie hätte Erleichterungen in dieser Hinsicht in noch ausgedehnterem Umfange eintreten lassen Eônnen, als geschehen ist. Meine Herren, die Klassensteuer ist bei uns eine Ergänzungssteuer und bei der Klassensteuer ist der Druck auf die untersten Schichten der Bevölkerung ein größerer gewesen, als wie bei einer veränderten günstigeren Finanzlage meiner Ansicht nah zu billigen wäre, und wenn die Zukunft zeigen sollte, daß bei einer Steuer nah dieser Skala unerwartet große Erträge eingehen, fo würde ich von vorn herein der Ansicht sein, daß wir daraus den Anlaß entnehmen, in den untern Stufen noch höhere Erleichterungen eintreten zu lassen, als heute der Fall ift.

Indessen, meine Herren, das ist eine Sorge der Zukunft. J habe gegenwärtig nur noch einmal das Wort ergreifen wollen, um in der That meine Verwunderung darüber aus8zudrücken, daß vom fee Standpunkte aus die hier vorgeshlagene Kontingentirung er Klassensteuer so große Bedenken erregt hat; ic bin überzeugt, daß sie bei näherer Prüfung vershwinden müssen.

Auf verschiedene Bemerkungen des Abg. von Gottberg ent- gegnete der Finanz-Minister:

Meine Herren! Es ist arm schwierigsten zu argumentiren, wenn der Gegner den Saß, den man ausgesprochen hat, \ ief trifft; man ift dann immerwähcend genöthigt, auf lange Auseinan Cen ein- zugehen, was er von den Aeußerungen, die gemacht worden waren, richtig aufgefaßt hat, was niht. Jch glaube, ich würde das Haus ermüden, wenn ih mich darauf einlassen wollte; ich bitte Sie daher

eiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

1878.

nur, haben Sie die Freundlihfeit 7; den stenographishen Be- richt feiner Zeit naczulesen, so werden Sie sehen, daß alle Anführungen, die mir der Herr Abgeordnete von Gottberg in den Mund gelegt hat, niht zutrafen. Ja, meine Herren, was ge man denn z. B. dazu fagen, wenn der Herr Abgeordnete von Gottberg behauptet, ih hätte nunmehr bestätigt, daß die Nachweisun- gen unrichtig gewesen wären, die in Bezug auf die Schwierigkeit der

inziehung aufgestellt worden sind. Stehen denn die in irgend einen Zusammenhange damit, wenn heute besprochen worden ist, in wie weit es möglich wäre, durch Berechnung im Voraus festzustellen, wie die künftige Veranlagung si herausstellen wird, steht das in irgend einem Zusammenhange, au nur in einem entfernten? Jch sage, nein. Und jo steht es mit den anderen Anführungen ebenfalls, ich will aber Jhre Zeit nicht damit aufhalten, sie noch durchzusprechen.

Der folgende Gesezentwurf, betreffend die Ausführung des Vorbehalts bezüglih der Graf- \haften Wernigerode und Stolberg im §. 181 der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 if gestern dem Präsidenten des Hauses der Abgeordneten übersandt worden:

__ Vir Wilhelm 2c. verordnen zur Ausführung des Vorbehalts

in 8. 181 der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 (Ges:ß8-Samml.

1872, S. 661) wegen der, im standesherrlichen Besiße der Grafen zw

Stolberg-Wernigerode, Stolberg-Stolberg und Stolberg-Roßla befind-

lichey Grafschaften Wernigerode und Stolberg, nebst Heringen und

S ms Zustimmung beider Häuser des Landtags der Monarchie, as folgt:

F. 1. In der Grafschaft Wernigerode, sowie in den Grafschaften Stolberg-Stolberg mit dem vormaligen Amte Hering:n und Stolberg- Roßla mit dem ehemaligen Amte Kelbra, tritt die Kreisordnung vonx 13. Dezember 1872, unter Fortfall des §. 181 derselben, mit uach- stehenden besonderen Maßgaben und Aenderungen in Kraft.

§. 2. (Zu §8. 56—58 der Kreisordnung.) Die in den 88. 56, 57, 98 der Kreisordnung dem Ober-Präsidenten beigelegten Befugnisse zur Ernennung der Amtsvorsteher und deren Stellvertreter, sowie zur Be- stellung kommissarisher Amtsvorsteher werden in den gräflich Stol- bergshen Gebieten (§. 1) von den standesherrlihen Besißern derselben, dem Grafen zu Stolberg-Wernigerode, beziehentliß dem Grafen zu Stolberg-Stolberg und dem Grafen zu Stolberg-Roßla ausgeübt.

Die Ausübung erfolgt im Eiuverständnisse mit dem Ober-Präfi- denten, vorbehaltlich der Entscheidung des Ministers des Innern für den Fall des nit zu erzielenden Einvernehmens.

§. 3. (Zu §§. 74—78.) Im Kreise Wernigercde wird der Land- rath von dem Grafen zu Stolberg-Wernigerode, als standesherrlichem Ser der Grafschaft Wernigerode, ernannt und vom Könige be- stätigt.

__ Die Kreisversammlung ift zu Vorschlägen gemäß §. 74 der Kreis- ordnung befugt.

__ S. 4. Hinsichts der behufs Stellvertretung des Landraths zu wählenden Kreis-Deputirten findet im Kreise Wernigerode der S. 75 der Kreisordnung mit der Maßgabe Anwendung, daß der Ober - Prä- sident die Bestätigung der Gewählten nicht ohne Zustimmung des Grafen zu Stolberg-Wernigerode zu ertheilen hat, im Falle der nicht zu erzielenden Verständigung aber der Minister des Innern entsceidef.

F. 5. Die Landräthe der betreffenden Kreise, zu welchen die im S. 1 bezeichneten gräflihen Gebiete gehören, haben au innerhalb diefer Gebiete alle diejenigen Befugnisse und Obliegenheiten, welche nach der Kreisordnung und den font bestehenden Vorschriften den Königlichen Landräthen in der Provinz Sasen beiwohnen.

8. 6. (Zu §S. 69—72.) Durch besondere Uebereinkommen mit der Staatsbehörde haben die Grafen (§. 2) \sich verbindlich gemacht, zu den Gesammtktkfosten der künftigen Amtsbezirks-Verwaltung in ihren standesherrlichen Gebieten gewisse nach Betrag und sonstigen Mc- dalitäten in den betreffenden Abkommen näher bestimmte Präzivual- Beiträge zu listen. Diese Beiträge find von der Kreisversammlung des belreffenden Kreises auf die einzelnen daran Theil nehmenden Amtsbezirke zu vertheilen.

(Zu §8. 74—76.) In dem mit dem Grafen zu Stolberg-Wer- nigerode geschlofsenen Uebereinkommen ist zugleih die Bestreituug der Kosten der landräthlichen Verwaltung zwischen dem Staate und dem Grafen besonders geregelt.

S. 7. (Zu §. 97 Nr. 5). Das Recht der Betheiligung dur Stellvertreter an der Wahl der von den Wahlverbänden der größeren Grundbifißer zu wählenden Kreistags-Abgeordneten steht in“ derselben Weise, wie den Mitgliedern regierender Häuser, den Grafen (§8. 2) in denjenigen Kreisen zu, welchen ihre standesherrlich-:n Gebiete (8. 1} angehören. t ___§. 8. (Zu §. 199). Alle über die Bestimmungen dieses Gesetzes hinausgehenden polizeilichen und sonstigen Verwaltungs-Gerechtsame, welche den Grafen zu Stolberg-Wernigerode, bezichentlih den Grafen zu Stolberg-Stolberg und Stolberg-Roßla, und deren Behörden inner= halb der im §. 1 bezeichncien ftandesherrlichen Gebiete seither zuge- standen haben, werden, foweit fie mit de: Bestimmungen der Kreis=- ordnung vom 13. Dezembcr 1872 nicht verträglih sind, aufgehoben.

Gegeben 2.

Die Kommission des Hauses der Abgeordneten hat den von den Abgeordneten Elsner von Gronow und Ritckert beantragten Entwurf eines Gesezes, betreffend die Aufhebung der Mahl- und Shlachtsteuer in folgender Fassung an- genommen :

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. verordnen mit Zustimmung beider Häuser des Landtages für den Um- fang der Monarchie, was folgt:

§. 1. Jn allen mahl- und s{chlachtsteuerpflichtigen Städten wird von dem 1. Januar 1874 an die Mahl- und Schlachtsteuer aufge- hoben und die Klassensteuer eingeführt. i

8. 2. Die Swlachtsteuer kann in bi:her maht- und s{hlatsteuer- pflihtigen Städten vom 1. Januar 1874 ab als Gemeindesteuer fort- erhoben werden, wenn die Lage des ftädtischen Haushalts es erfordert und die örtiichen Verhältnisse dazu geeignet befunden werden. - Die desfallsigen Me G die zur Ausführung derselben zu crlassen- den örtlichen Schlachtsteuer-Regulative, und die zum Zwecke der Er- hebung und Verwaltung der Schlachtsteuer durch städtishe Behörden und Beamte zu treffenden Einrichtungen unterliegen der Genehmigung der Minister des Innern und der Finanzen.

Die Gemeinde-Beschlüsse bedürfen von 3 zu 3 Jahren der Er-

neuerung dergestalt, daß gegen den überein#immenden Beschluß der städtischen Vertretung und des Magistrats (in der Rheinprovinz des Bürgermeisters) eine Forterhebung der Schlachtsteuer unzulässig ift. i Umfaßt der bei der betreffenden Stadt bestehende Mahl- und Schlachtsteuer-Bezirk andere Ortschaften, oder Theile von andern Ort- schaften, und wird deren Ausfchließung durch anderweite Regelung des E s io zulässig befunden, so ist solchen Ort- haften nach Verhältniß ihres Beitrages zu dem Ertrage der Schlacht- teuer ein entsprehender Antheil des e zu gewähren, dessen Höhe dur Vereinbarung bestimmt, andernfalls aber von den gedachten Ministern vorbehaltlich des Rechtsweges festgestellt wird.

__Dem Landtage ist in der nächsten Sesfion ein Verzeichniß der- jenigen Städte vorzulegen, in denen die Schlachtsteuer als Gemeinde- steuer forterhoben wird. Nach dem Ablaufe von je 3 Jahren soll das Bedürfniß des Fortbestandes der Gemeinde-Schlachtsteuer aufs Neue geprüft werden. Ueber das Resultat der jedesmaligen Prüfung und