1873 / 93 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 18 Apr 1873 18:00:01 GMT) scan diff

\chäftlihe Behandlung der Vorlagen, betreffend den Entwurf eines Reichs-Militärgeseßes, die Fahr- und Frachtkosten für Benußung der Eisenbahnen in Frankreich durch die deutshe Armee, die Ent- werthung der Wechselstempel-Marken und eines Antrags Preu- ßens, betreffend den Zollaus\{chluß des Terrains für den Quai- bau bei Altona, Beschluß gefaßt war, wurden Aus\chußberichte erstattet über a) den Etat der Verwaltung des Reichsheeres für 1874, b. die Kosten der Verwaltung der Kaiserlihen Marine, c. den Etat des Auswärtigen Amts für 1874 nebs dem Nah- trage zum Etat für 1873, d. die Vorlagen wegen Erbauung eines deutshen Krankenhauses in Konstantinopel, e. den Etat der Einnahmen an Zöllen für 1874 nebst dem Nachtrage zum Etat für 1873, f. den Etat der Reihs-Postverwaltung für 1874, g. den Beschluß des Reichstags wegen Aufstellung eines Orga- nisationsplanes zur Vermehrung der Telegraphen-Verbindungen. Endlih wurden mehrere Eingaben vorgelegt. Pfe Suite is Él Si Die vereinigten Aus\chüsse des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen und für Rehnungswesen, sowie der Aus\huß für Zoll- und Steuerwesen hielten heute Sizungen.

t 2 Sv Wurf DC- S4 Pn a Ta ‘KED _ Der Bundesrath hat in seiner Sißzung7vom 28. Fe- bruar d. I. sich mit einem Vorschlage Preußens einverstanden erklärt, nah welchem fortan die in den einzelnen Bundesstaaten rechtsgültig ausgestellten Gesindebücher in dein gesammten Reichsgebiete zur Eintragung von Dienstzeugnissen | fortbenußt werden dürfen.

Die Sitzungen der von dem Bundesrath berufenen Ko m- mission zur Berathung des Entwurfes einer deut- \hen Strafprozeß - Ordnung wurden gestern im Reichs- fanzler-Amt durch den Präsidenten des leßteren, Staats-Minister Delbrück, eröffnet. Wie bereits früher mitgetheilt worden, be- steht die Kommission aus folgenden Mitgliedern: dem Königlich preußischen Präsidenten, Wirklihen Geheimen Ober-Iustiz-Rath Dr. Friedberg, dem Königlich preußishen Geheimen Ober-JIustiz- Rath und vortragenden Rath im Justiz-Ministerium Dr. Förster, dem Königlih preußischen Appellationsgerihts-Vize-Präsidenten, Geheimen Ober-Justiz-Rath Mager, dem Königlich preußischen ordentlichen Professor der Rechte, Staats-Rath Dr. Zachariä, dem Königlich preußischen Rechts-Anwalt, Justiz-Rath Wiener, dem Kö- niglih bayerishen Appellationsgerihts-Rath und Referenten im Staats-Ministerium der Justiz Dr. Staudinger, dem Königlich sächsi- \hen General-Staats-Anwalt Dr. Schwarze, dem Königlich württem- bergishen Ober-Tribunals-Rath von Binder, dem Großherzog- lih badishen Ministerial-Rath Dr. Bingner, dem Großherzog- lih hessishen Ober-Appellationsgerihts-Rath Dr. Zentgraf und dem hamburgishen Ober-Staatsawalt Dr. Mittielstädt. Als Schriftführer der Kommission fungiren der Königlich preußische Appellationsgerihts-Rath Löwe und der Königlih preußische Kreisrichter Polenz.

Staats-Minister Delbrück begrüßte die Kommission Namens des zur Zeit von Berlin . abwesenden Herrn Reichskanzlers und \prah, unter Hinweis auf den geseßgeberischen Vorgang bei dem Zustandekommen des Strafgeseßbuchs die Hoffnung aus, daß es auch der jet zusammentretenden Kommission gelingen werde, ihre Arbeiten derart zu fördern, daß auch diese von einem gleich raschen Erfolge begleitet sein würden. Der Minister ersuchte \o- dann den Präsidenten Dr. Friedberg, welher von dem Fürsten Reichskanzler in Gemäßheit des Bundesraths-Beshlusses vom 13. März d. I. zum Vorsißenden der Kommission ernannt wor- Nachdem dies geschehen

den ift, die Berathungen zu eröffnen. war, brachte der Vorsißzende auf Grund der ihm dur jenen Beschluß beigelegten Befugniß den Präsidenten Mager zum Be- richterstatter in Vorschlag, womit die Kommission sih einstimmig

einverstanden erklärte. Hierauf wurden die hinsihtlich des Ge- \chäftsganges zu beobachtenden Grundsäße vereinbart und dem- nächst alsbald in die Berathung des Entwurfs selbs ein- getreten.

Des Königs Majestät haben mittelst Allerhöchsten Er- lasses vom 17. d.- Mts. genehmigt, daß die bei der städtischen Polizei-Verwaltung in Halle angestellten, zum Tragen von Epauletts, berehtigten Exekutiv-Beamten, statt der Epauletts, Achselstücke von goldenen Tressen auf karmoisinrothem Tuche, und zwar die Polizei-Inspektoren mit einem in Form zweier Sterne links vom Adler anzubringenden besonderen Abzeichen, tragen dürfen, sowie, daß allen übrigen ftädtischen Polizei-Ver- waltungen, welche eine gleihe Erlaubniß zur Aenderung in der Uniformirung ihrer Exekutiv-Beamten nach\uchen, solche ertheilt werde.

Se. Hoheit der Herzog Elimar vonOldenburg, Major und etatsmäßiger Stabsoffizier im 1. Garde-Dragoner- Regiment, is von Oldenburg hierher zurückgekehrt, wohin fih derselbe mit Urlaub auf kurze Zeit begeben hatte.

Der General-Major von der Armee von Barby is zum Commandeur der 27. Infanterie-Brigade und aus diesem An- laß zur Abstattung persönlicher Meldungen hierselb| eingetroffen.

Zu den Vermählungsfeierlihkeiten Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Albrecht sind Deputationen der 20. Di- vision, deren Commandeur Se. Königliche Hoheit if, einge- troffen.

Der Minister des Innern hat \ich in einem Spezialfall damit einverstanden erklärt, daß die noch nicht-ausgehändig-

ten Ueberverdienstgelder eines Gefängnißgefangenen

zur Strafanstaltskasse vereinnahmt werden, wenn der betreffende Gefangene gleich nah seiner Entlassung aus dem Strafgesäng- nisse sich abermals eines Verbrechens \{chuldig macht. :

Bayern. München, 15. April. Der in den Pensions- ftand getretene General v. Stephan hat das Kommando der ersten Armee-Division heute niedergelegt und dasselbe ift von dem Brigadier General-Major v. Dietl interimistisch übernommen worden. Der Commandeur des 1. Ulanen-Regiments, Oberst Moriz Graf v. Ysenburg-Philippseich is, feiner aus Gesundheitsrücksfichten gestellten Bitte entsprehend, mit Pension verabschiedet worden.

Der oberste Schulrath wird im August oder Sep- tember wieder zusammentreten und fih dann mit der Berathung einer Gymnasial-Schulordnung beschäftigen.

Der Justiz-Minister Pr. v. Fäustle wird fich erst in einigen Wochen wieder nah Berlin begeben, dagegen der Finanz- Minister Berr bereits nächsten Freitag, späteftens Sonnabend, dorthin abreisen. :

17. April. (W. T. B.) Die von einem hiesigen Blatte gebrachte Nachricht, daß der Kriegs-Minister Prankh nah Wien gereist sei, entbehrt der Begründung. Derselbe hat fih auf seine Villa bei Salzburg begeben, von wo er {hon nach einigen Tagen hierher zurückehren wird.

Sachsen. Dresden, 17. April. Unter Theilnahme des Kronprinzen und des Prinzen Georg hat heute Vormit-

tag 9 Uhr die Beerdigung des am 14. d. M. verstorbenen Generals der Infanterie und Staats-Ministers a. D. Bernhard v. Rabgenhorf} mit militärischen Ehren auf dem alten Neu- städter Gottesacker stattgefunden. Als Leichenparade waren un- ter dem Kommando des General-Majors v. Carlowiß ausge- rückt: 2 Bataillone Infanterie (vom 2. Grenadier-Regiment Nr. 101 „Kaiser Wilhelm, König von Preußen“), 3 Escadrons vom Gardereiter-Regiment und 9 Geschüße des Feldar- tillerie - Regiments und hatten beim Gottesacker Auffstel - lung genommen, während die Generalität und die Offiziere der Garnison vollzählig innerhalb desselben anwesend waren, um an der Begräbnißfeier Theil zu nehmen. Im Trauerzuge befan- den sich außer den Königlichen Prinzen der Ober-Stallmeister und der diensthabende General-Adjutant des Königs, General- Lieutenant von Thielau-Rüssing und General-Major Krug von Nidda, der Ober-Hofmeister der Königin Marie, Maximilian von Minckwigt, die Staats-Minister General der Kavallerie von Fa- brice und von Nostiz-Wallwiß, der Minister des Königlichen Hauses, Staats-Minister a. D. Freiherr von Falkenstein, der Stadt-Kommandant General-Lieutenant Freiherr von Hausen, die gesammte Generalität und das Offizier-Corps, hohe Civil- Staatsdiener, sowie der Ober-Bürgermeister Pfotenhauer und mehrere Privatpersonen. i a 4 I

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¿¿ Vaden. Mannheim, 17. April. (W. T. B.) Bei den in vergangener Nacht hier ftatigehabten Unruhen erfolgte ein Ein- schreiten des Militärs ers dann, als bereits drei große Bier- brauereien zerstört waren und das Einschreiten der Polizei gegen die Tumultuanten, welche das Zerstörungswerk an der vierten Brauerei begannen, sih ohnmächtig erwies. Es wird für heute Abend eine Fortseßzung der Unruhen befürchtet und sind deshalb die geeigneten Vorkehrungen dagegen getroffen worden. Eine eus heute anberaumte Volksversammlung wurde von der Polizei verboten.

Sachsen - Altenburg. Altenburg, 17. April. Nach einer Mittheilung der „Alt. Ztg.“ ist die Landschaft des Herzogthums auf den 28. d. M. zu einer kurzen Diät behufs Erledigung einiger dringlihen Vorlagen einberufen worden.

In der unzweideutigsten Weise giebt sich in Stadt und Land die allgemeine Theilnahme an der bevorstehenden Ver- mählung Ihrer Hoheit der Prinzessin Marie und die Liebe und Anhänglihhkeit an unser Fürstenhaus kund. Aus allen Theilen des Landes und aus den verschiedensten Ständen der Bevölkerung werden der scheidenden Fürstentochter Beweise aufrichtiger Verehrung und treuer Anhänglichkeit an den Tag gelegt. In seltenem Festschmuck aber prangte die Stadt am vorgestrigen Tage, an welchem die Bauernschast des Oftkreises dem Durchlauchtigsten Brautpaare ihre Huldigung darbrachte durch das Bauernaufreiten und Ueberreihung eines Ge- \henkes. Se. Königlihe Hoheit Prinz Albrecht von Preußen traf Mittags 12 Uhr hier ein und wurde von Sr. Ho- heit dem Herzog am Bahnhof empfangen. Der für diesen Tag angekündigte seltene Festzug des Bauernaufreitens hatte eine un- absehbare Zahl Fremder niht nur aus der nähsten Umgebung, sondern auch aus der Ferne, vielfach mit eigens dazu arrangir- ten Extrazügen \{chon vom frühen Morgen an aus allen Rich- tungen ae Lun Alle Theilnehmer am Zuge.waren in der Nätionaltracht unserer weit und breit als Landwirthe rühmlichst bekannten Altenburger Bauern gekleidet; die Männer erschienen sämmtilich zu Pferd, in - Kappen, d. h. langen, \{chwarzen Röôcken mit aufgeshlägenem grünen Futter, begleitet von zwei gleihfalls berittenen Musikhören, das eîne Trom- peterhor in Weißen, d, h. langen weißen Tuchröcken ohne Taille und mit engen Aermeln, dem alterthümlihen Fest- kleid der Bauern, das andere in Spensern, d. h. Sturzen, meist dunkelgrünen Jacken, alle in den bekannten weiten, bis an die Knie reichenden, \{hwarzen Lederhosen, hohen Stiefeln und klei- nen runden Filzhüten. Die Mädchen fuhren in s\tattlihen offe- nen Wagen, denn Frauen nehmen an solhen Aufzügen nicht Theil, und waren sämmtlih mit dem sogenannten Hormt, dem nationalen Kopfpuyß der Jungfrauen bei Hochzeiten und Gevatter- haften geschmüdckt. Das Hormt ist ein cylinderförmiger, etwa 20 Centimeter hoher Hut , ohne Krempe, der meist mit rothem Sammet überzogen und mit Bändern, Blumen und lose hängenden filbernen, stark vergoldeten Blät- tern geziert ist; leßtere haben die Größe und Form fkleiner Kirschlätter, geben durch das Aneinandershlagen einen Silber-

* klang und besonders im Sonnenschein einen blendenden Glanz.

Die kräftigen Pferde und zahlreihen Wagen der Hormtjung- frauen waren mit Blumen, die durchgehends stattlichen Reit- pferde mit Bändern, Blumen und Federn reih aufgepußt. Der ganze lange Zug bot einen ebenso glänzenden als festlih heiteren Anblick dar; über den Markt bewegte er sih durch die Kopf an Kopf mit Zuschauern* beseßten Straßen und Pläße der Stadt unter den fröhlihen Weisen der Musik nach dem Herzoglihen Residenzshloß. Er wurde von drei Reitern, dem Kreishauptmann , dessen Leitung die Veranstaltung und Ordnung des Aufzuges überlassen war, und zwei Adjutanten eröffnet; hierauf folgte die aus vier Vertretern des Bauernstandes bestehende Deputation in offenen Wagen, be- gleitet von zwei Adjutanten, und weiter auf einem mit Tannen- reisern und Emblemen der Landwirthschaft reich ges{chmüdckten Wagen das für das Durchlauchtigste Brautpaar zum Hochzeits- geshenk bestimmte, von einem Berliner Künstler gefertigte Oel- gemälde, eine Altenburger Bauernhochzeit darstellend; hieran {loß \sich die Deputation der Hormtjungfrauen in offenem Wagen. Die zweite Abtheilung des Zugs eröffnete ein Zugführer mit zwei Adjutanten und das erste Musikhor in Weiß, diesem folgte der Fahnenträger mit \{chwarz- gelber Fahne mit Begleitung und dann der Wagenzug der Hormtjungfrauen. Die dritte Abtheilung bestand aus zwei Reiterzügen von zusammen gegen 150 Mann ; voraus ritt das zweite Musikhor in Spensern, \o- dann vor jedem der beiden Reiterzüge Zugführer mit Adjutan- ten und Fahnenträger. vor den Fenstern des Goldfaales, von welchem aus die Höchsten Herrschaften den Festzug in. Augenschein nahmen, während die Deputation und sämmtlihe Hormtjungfrauen sich in den großen Saal begaben, wo dann die Uebergabe des Geschenks unter entsprehender Anrede an das Durchlauchtigste Braut- paar erfolgte. Indessen spielten die Musikhöre, \ich abwechselnd, im Schloßhofe. Nah einem dreimaligen Hoch auf Se. Königlihe Hoheit den Prinzen Albrecht verließ der Zug das Herzoglihe Schloß. Den hierauf im Saale des Preußischen Hofs stattfindenden Festball der Bauern beehrten die Höchsten Herrschaften mit Ihrer Gegenwart und unterhielten Sich in der huldvollsten Weise mit Vielen der Anwesenden.

Abends war bei dichtgefülltem Hause Festvorstellung im Ben Hoftheater, eingeleitet durch einen Prolog aus be- währter dramatischer Feder.

Im Schloßhof bildeten die Reiter Front |.

x Siaen 8 Uhr reiste Se. Königliche Hoheit wieder nah Ber-= in zurü.

Gestern Abend 8 Uhr fand Cour im großen Saale des Herzoglichen Residenzshlosses statt.

Elsaß-Lothringen. Straßburg, 17. April. (W.T. B.) Die Beigeordneten Goguel, Hüber und Weyer. haben es ab- gelehnt, von dem dur sie mitunterzeihneten Proteste gegen die Amtsentsegung des Bürgermeisters Lauth und die kommissa- rishe Verwaltung des Bürgermeister-Amtes dur den Polizei Direktor Back zurückzutreten und darüber eine \{riftlihe oder auch protokollarishe Erklärung abzugeben und find deshalb heute vom Amte suspendirt worden.

Desterreich-Ungarn. Wien, 17. April. (W. T. B.) Der Finanzaus\{chuß der Reichsraths-Delegation hat nah längerer Debatte heute die Vorlage der Regierung über die Regulirung der Gehalte der gemeinschaftlihen Beamten und Diener angenommen. :

Schweiz. Bern, 17. April. (W. T. B.) Die frei sinnigen Katholiken der Kantone Baselstadt, Baselland, Solothurn, Bern und Aargau werden dur öffentlichen Aufruf für Sonntag den 20. d. M. zu einer Volksversamm- lung nach Arlesheim im Kanton Baselland eingeladen, in welcher über die zur Abwehr von “Uebergriffen der römischen Kurie zu treffenden Maßregeln berathen werden foll.

Großbritannien und Jrland. London, 16. April. Großbritanniens Staats3-Einnahmen vom 1. bis 12. April betrugen laut amtlihem Ausweise 2,300,273 Pfd. St. gegen 2,893,923 Pfd. St. in der entsprehenden Periode des Vorjahres, und die Ausgaben im gleihen Zeitraume 6,591,801 Pfd. St., von denen 54 Million Pfd. St. für die Zahlung der Zinsen der Staats\huld verwendet wurden. Die Bilanz des Schazamtes in der Bank von England belief fich am 12. d. M. auf 6,307,630 Pfd. St.

Frankreich. Paris, 16. April. -Héute fand das Leichenbegängniß des Deputirten Dorian statt, der Minister der öffentlihen Bauten unter der Regierung der na- tionalen Vertheidigung war. Die Leidtragenden hatten ih, un- gefähr 1500 an der Zahl, um 4 Uhr an dem Sterbehause Rue de la Victoire versammelt. Unter denselben bemerkte man den Unterrichts-Minister Jules Simon, den Deputirten Baze (den Quästor der Nationalversammlung), Arago, Gambetta, Carnot, Scheurer-Kästner, Carricu, Pelletan, Gent, Louis Blanc, Du- pont de Bufsac, Martin-Bernard, Peyrat und Andere, eine große Anzahl Gemeinderäthe, Victor Hugo, Ränc, Spuller (den Vertrauten von Gambetta) und eine große Anzahl don Shrift- stellern und Journalisten.

Der spanische Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Castelar, hat an den Präsidenten der Republik ein Beglü ck- wünschungs\chreiben zu seinem Geburtstage gerichtet. Er \priht darin seine Wünsche für die Erhaltung des Präsidenten, für das Wohlergehen Frankreichs und ‘die Befestizung der Rc- publik aus, uud fügt hinzu, daß diese Wünsche niht nur die der spanischen Regierung, sondern des ganzen spanischen Volkes seien.

„La Patrie“ schreibt: Herr Ozenne wird \sich ganz be-

- immt nah Wien begeben, wo er Herrn Teisserenc de Bort

während der Ausstellung treffen wird. Er \oll neue Basen zur

Revision des öôsterreihisch-französischen Handelsver-

trages mitbringen. |

Die Proklamation, welche die gemäßigten Republi- kaner zu Gunsten de Rémusats an die Wähler richten, lautet:

„Wir stehen am Vorabend einer Wahl, welche die ernstesten golgen haben fann.- Alle haben das Recht, Alle haben die Pflicht, ihre Ansicht über das kund zu geben, was das Beste der Republik erheischt. Zwei Kandidaturen stehen sich gegenüber: die des Herrn von Rémusat, die des Herrn Barodet. Lyon war heimgesucht wurden und mit -ihm die Sache der Gemeinde-Inftitutionen. Jn Paris tauhte der Gedanke auf, der Schwesterstadt, der zweiten Hauptstadt eto einen Beweis der Sympathie zu geben und zugleich die

urückforderung der Gemeindefreiheiten zu bekräftigen. Die Pariser Wähler waren zusammenberufen woxden, die von Lyon nicht. Man {lug vor, in Paris den Maire von Lyon zu wählen. Seitdem änderte sich die Lage. Alle erledigten Wahlkollegien wurden zusammen- berufen, das von Lyon wie alle übrigen. Ihre Erwählten, vierzchn neue Volksvertreter, werden “in der Versammlung die Stimmen der öffentlichen Meinung vernehmen lassen. Herr von Rémusat hat seine Kandidatur nicht allein ‘auf der Befestigung der Republik aufgerichtet, sondern auh auf der speziellen und höchsten Frage, von welcher alle andern abhangen: auf der Unverleßlichkeit des allgemeinen Stimm- rechts. Alle begreifen die Tragweite einer solchen Bekräftigung in dem Munde des Ministers, welcher der geschickte und patriotische Mit- arbeiter des Präsidenten der Republik bei dem großen Werke der Be- freiung des Territoriums war. Die moralische Wirkung der Pariser Kundgebung zu Gunsten Lyons ist erreiht; Lyon hat nicht mehr nö- thig, daß man in seinem Namen spricht; das Wort ist ihm zurück- gegeben; es wird wissen, wen es zu beauftragen hat, um für es zu sprechen. Die Sprache unserer Gegner muß uns ‘darüber aufflärcn, was wir zu thun haben. Die der Republik feindlih gesinnten Blätter wünschen um jeden Preis die Niederlage des Herrn v. Rémusat. Seine Niederlage würde der Reaktion in der Versammlung eine schr große und sehr gefährliche Kraft verleihen; sein Sieg sichert das all- gemeine Stimmrecht und stärkt die Regierung auf dem republikani- chen Wege. Das Wohl der Republik ist flar dargelegt, die Wahl des Herrn v. Rémusat ist nothwendig.“

Dieser Aufruf ist unterschrieben von den republikanischen Deputirten Arago, Carnot, Duclerc, JIournault, Jozon, O. de Lafayette, Labélonge, Lamy, Langlois, Lenoël, Henri Martin, Paul Morin, Noel Parfait, Tirard, Warnier und Turquet, o wie von mehreren republikanish gefinnten Pariser Gemeinderäthen und ehemaligen Maires.

In der”neuen großen Oper is vor Kurzem ein Bazar zu Gunsten der Waisen aus dem leßten Kriege eröffnet worden. Etwa 50 Damen, unter denen die Gemahlin des Präsidenten, fungiren als Blumen- und Loosverkäuferinnen.

17. April. Der Ertrag der indirekten Steuern und Zölle in den ersten vier Monaten des Iahres 1872 über- steigt, gutem Vernehmen nah, den voranshlagmäßigen Betrag, welcher dafür im Budget eingestellt worden war. Die Nahh- rihten von bevorstehenden Veränderungen im Ministe- rium werden als unbegründet bezeichnet.

Spanien. Eine der „Agence Havas“ vom 17. April zugegangene, von carlistisher Seite kommende Depesche meldet, daß Dorregaray die Stadt Onate nah einer kurzen Be- rennung eingenommen habe.

Italien. Rom, 13. April. Wie „Fanfulla* berichtet, hat das Kriegs-Ministerium beschlossen, die neue Manö- vrirmethode, welhe von einèm Elitebataillon in leßter Zeit vor den Thoren Roms erprobt worden i}, für die Infanterie anzunehmen. Sie is von dem Komite für die Linien-Infan-

terie vorgeshlagen worden und zuerst in Turin auf ebenem Ah später vor den Thoren Roms auf unebenem probirt worden.

17. April. (W. T. B.) Der Papst- hütet, wie die „Agenzia Stefani meldet, andauernd das Bett. Die behandelnden Aerzte hatten gewünscht, daß derselbe das Bett verlassen möge, damit die Abnahme der Kräfte nicht dadur gefördert werde ; der Papst hat aber diesem Verlangen noch keine Folge gegeben. ___ Ein weiteres Telegramm meldet: Jm Befinden des Papstes ist im Laufe des Tages eine Besserung nit eingetreten. Der „Fanfulla“ zufolge ift gestern ein Kurier von hier abgegangen, welcher den deutshen Bischöfen für den Fall des Ablebens des Papstes nähere Instruktionen überbringt.

Der französische Botschafter, Graf Bourgoin g, und der General du Temple sind, wie der „ODs/servatore Romano“ meldet, heute von dem Papst in Privataudienz empfangen worden.

Florenz, 17. April. (W. T. B.) - In der Streitfrage zwischen der Regierung von Tunis und der Gesellschaft für die italienishe Landwirthschaft, in welher im Oktober vorigen Jahres die Regierung von Tunis, unter Frei- spredung von dem Ersaze jedes indirekten Schadens, zur Schadloshaltung wegen aller materiellen Schäden verurtheilt und die Quantifizirung der leßteren vorbehalten worden war, tritt morgen das eingeseßte Schiedsgericht zur Feststellung dieser Schadens jóhe zusammen. Die tunesisherseits eingeseßten Schiedsridter wollen dem Vernehmen nah beantragen, daß den Berathungen Über die Höhe der Entschädigungsforderung eine Augenscheinseinnahme und Verhandlung des Schiedsgerichts an Ort und Stelle vorausgehe.

Türkei. Konstantinopel, 17. April. (W. T. B.) Der General-Gouverneur von Rustschuk Hamdi Pascha is zum Finanz-Minister ernannt worden. Dem „Levant Herald“ ist wegen eines Artikels über den Kabinetswechsel cine Verwar - nung ertheilt worden.

Belgrad, 17. April. (W. T. B.) Zivojin Bl aznavac, der Neffe des verstorbenen Konseil-Präsidenten Blaznavac, is zum Präfekten von Belgrad ernannt worden.

| Nußland und Polen. St. Petersburg, 16. April. Die Gesuche einiger Provinzial-Landtage um Befreiung der- jenigen Bauern, welche den Kursus einer Elementar-Volks\chule beendigt haben, von der Körperstrafe, find, wie der „Golos“ meldet, von dem Minister-Komite, als ein niht zur Kompetenz der Landtage gehöriges Gebiet berührend, zurückgewiesen worden.

In einem Befehl an die Truppen der Garde und des St. Petersburger Militärbezirks wird mitgetheilt, daß in diesem Jahre an der Lagerübung bei Krassnoje - Ss\elo die Garde, die Lehrtruppen und die 37. Infanterie-Division mit ihrer Artillerie theilnehmen werden. Die 22. Infanterie-Divisfion wird im Lager von Krafsnoje-Sselo während der zweiten Hälfte des Sommers zusammengezogen werden.

Die kaukasi\sche Ruderflotte im Schwarzen Meere, welche die ununterbrochene Verbindung zwischen den kaukasischen Küstenpunkten des Schwarzen Meeres zu unterhalten hat und in die Noworossiiskifche und Ssuchumsche Abtheilung zerfällt, besteht augenblicklich aus 8 türkischen Barkassen, 27 Felucken und 4 Marine-Barkassen.

Schweden und Norwegen. Stockhólm, 12. April.

Die Prinzessin Eugenie i von ihrem Leiden noch immer nicht wiederhergestellt. Ea: Beide Kammern des Reichstages billigten in der Debatte über die Ausgaben unter dem achten Haupttitel (Kultus und öffentlicher Unterricht), welche am 8. in der Ersten und am 9. in der Zweiten Kammer beendigt wurde, U. A. zwei Vor- schläge des Königs, von denen der eine die Bewilligung von 190,000 Rthlr. zur Aufführung eines Hauses für die musikalische Akademie, welhe von dem vorigen Reichstage abgelehnt war, und der andere die Erhöhung der Besoldung des Volks\chul- lehrer betraf, \so daß jeder examinirte Volks\chullehrer, welcher an 8 Monaten im Jahre Unterricht ertheilt, mindestens ein Ein- kommen von jährlich 500 Rthlr. außer Wohnung mit Gar- ten, Feuerung und Viehfutter erhält, und daß dazu der Staat, wo solches nothwendig ist, mit höchstens 300 Rthlrn. beitragen soll. Nah der Mittheilung des Kultus - Mini- sters waren bei dem König von über 2000 Volks\chullehrern Petitionen um Gehaltserhöhungen eingegangen. Der Königliche Vorschlag wurde von der Zweiten Kammer ohne die geringste Bemerkung bewilligt, feitens der Ersten nach einer ziemlich lan- gen Debatte und nur mit der Mehrheit von 33 Stimmen gegen 29, Es mag hier angeführt werden, daß am Ende des Jahres 1871 in ganz Schweden vorhanden waren: 10 höhere, von aka- demisch gebildeten Lehrern geleitete, 2540 feste und 1145- ambu- latorishe Volks\hulen, zu denen noch 3833 vorbereitende oder Kleinschulen. Examinirte, in Seminarien gebildete Lehrer sind nur bei festen Volksschulen angestellt.

Drei andere Königliche Vorschläge, nämlih die Bewilligung von 3000 Thlr. zu einer neuen medizinischen Adjunktur nebft Amanuensisamt bei der Klinik in Lund, 17,000 Rthlr. zu der Erweiterung der Veterinäre in Skara und 634,000 zu Neu- bauten für die Veterinäre in Stockcholm wurden von der Ersten Kammer angenommen, von der zweiten aber abgelehnt. Die bei- den ersteren werden der Gegenstand einer gemeinschaftlihen Ab- stimmung werden, der dritte aber dürfte für den jegzigen Reichs- tag als verfallen anzusehen sein, indem keine Kammer einen be- stimmten Anschlag bewilligt hat. 2 *

Amerika. Per Kabel wird dem Londoner „Burcau Reuter“ aus New-York vom 15. d. M. gemeldet: Nachrichten aus Kuba melden, daß O'Kelly, der Korrespondent des „New- York Herald“ fi ‘außer unverzüglicher Gefahr befindet. Der Inhalt des an seiner Person gefundenen, von dem Insurgenten- Präsidenten Cespedes an Mr. Bennett gerichteten Briefes, wegen defsen O'Kelly als Spion arretirt wurde, is völlig harm- loser Natur. O'Kelly schreibt aus Kuba, daß die Kubaner ihre absolute Unabhängigkeit fordern und willens find, {ih dieselbe zu erkaufen, falls die Regierung der Vereinigten Staaten die Garantie für die Zahlung übernimmt.

Afrika. Nachrichten vom Kap der guten Hoffnung melden, daß 100 Meilen von der Kapstadt entfernt ein neues Goldfeld entdeckt worden ist.

_ Nr. 16 des Justiz-Ministerial-Bliattes für die Preu-

ifche Geseßgebuug und Rechtspflege, herausgegeben im Bureau des Justiz-Ministeriums, enthält folgende Erkenntnisse des Königlichen Ober- ribunals: Vom 30. Januar 1873: Der Vermiether eines Hauses hat nicht das Recht, eine vermiethete Wohnung zum Zweck einer detnnächstigen Wiedervermiethung an einen Anderen nach Belieben zu betrcten; er verwirft, wcun er gegen den Willen des Miethers cindringt, die Strafe des Strafgese buchs, 8. 123; Vom 21. Februar 1873: Das „Unterkommen“, welches ein Hülfsbedürftiger

sih zu verschaffen verpflichtet is, umfaßt nicht blos die Wohnung, sondern auch die nothwendige Nahrung und Verpflegung. Ferner ein Erkenntniß des Königlichen Gerichtsbofes zur Entscheidung der Kompetenz-Konflikte vom 19. Oktober 1872, betreffend die Frage, inwiefern über die Verpflichtung / zur Zahlung von Rückständen der auf einem Gute haftenden Kreischaussee - Beiträge, welche von einem ]pâteren Besißer eingezogen worden, der Rechtsweg zulässig ist.

Die Nr. 8 des „Marine-Verordnungs-Blatt“ enthält: Gewährung der Dienstalter- und Seefahr-Zulagen. Vollstrecku:1g der gegen Perfonen des Soldatenstandes festgeseßten Strafen in denjenigen Fällen, in welchen zugleich auf Entfernung aus dem Heere oder der Marine, oder auf Dienstentlassung erkannt, oder das militärische Dienstverhältniß aus einem anderen Grunde aufgelöt worden ift, durch die bürgerlichen Behörden. Die event. Gewährung der See- funktionszulage an das auszubildende Maschinen-Personal betreffend. Den Abschluß von Proviant-Lieferungs-Verträgen durch die Stations- IÖntendanturen betreffend. Einreichung der jährlichen Nachweisungen von den bei der Marine-Bevölkerung vorkommenden Geburten, Trauungen und Sterbefällen. Kohlenbeschaffung im Auslande be- treffend. Die Ursachen des Unbrauchbarwerdèns der Kaffeemühlen Selfate Sr. Majestät Schiffe betreffend. Firniß. Bezeichnung der w/elfaller.

Das „Beiheft zum Marine-Verordnungs-Blatt“ Nr. 4 enhâlt: Ueber die Ausführung von Segel-Manövern, Ueber Küsten-Batterien. Das Kruppsche 302 cm.-Geshüß Nr. 1 und der mit demselben im Februar d. F. ausgeführte Dauerversuch. Das Schießen auf See. Literarische Umschau.

__ Die Nr. 16 des „Preußischen Handels-Archivs" hat folgenden Inhalt: Gesegebung: Deutsches Reich: Elsaß-Lothringen : Geseß, die Weinsteuer betreffend, vom 20. März 1873. Dänemark : Aufhebung des Einfuhrverbots von Rindvich aus Großbritannien. -— Belgien: Zollfreie Wiedereinfuhr von Waaren, die im Veredelungs- verkehr ausgeführt worden sind. Argentinishe Republik: Tarifgeseß vom 7. Oktober 1872. Statistik: Schweden und Norwegen: Han- delsbewegung 2c. auf der Insel Gotland im Jahre 1872. Jahres- bericht des Konsulats in Norrköping für das Jahr 1872. Ruß- land: Handelsbewegung von Reval im Jahre 1872. Jahresbericht des Konsulats zu Wiborg für 1872. Spanien: Jahresbericht des Konsulats zu Matanzas für 1872. Jahresbericht des Konsulats zu Barcelona für 1872. Vereinigte Staaten von Nordamerika: Jahresbericht des General-Konsulats zu New-York für 1872. Chile: Uebersicht über den Handel Chiles im Jahre 1871. Hayti: Jahresbericht des Konsulats zu Port au Prince für 1872. Mit- theilungen: Rio de Janeiro. ;

Die neuesten Entscheidungen des Reichs-Ober- Handelsgerichts in Leipzig betreffen: Auslegung eines foge- nannten Besserungsscheins. (Jrrelevanz früheren Verzichts auf die Forderung. „Courtage“ cines Pfuschmaklers [Börsen-Kommissionärs] in Hinsicht zu Differenzverlusten.) Begriffsbestimmung der Ge- legenheitsgesellschaft und der stillen Gesellschaft. Rechtliche Verschie- denheit zwischen diesen beiden uncigentlichen Handelsgefellschaften. Verzug in der Uebergabe (nach preußischem Rechte). (Es steht gleich, ob der Schaden durch Verschlechterung der Sache oder durch Sinken ihres Verkaufswerths entstanden ist. Bestimmungen über das Dar- lehen sind nit auf den Leihvertrag ausdehnbar. Abweichung wegen des Zufalls vom römischen Recht. Nicht die bloße Möglichkeit, son- dern die Absicht des Verkaufs entscheidet, wenn auch für den Beweis der leßteren keine strengen Anforderungen zu stellen sind, vielmehr diese Absicht für den kaufmännischen Verkehr bei einer Hanudelswaare als Regel anzunehmen ist.)

Statistische Nachrichten.

_ „Hannover, 17. April. Der Stand der Blatternepidemie hat” sich in der Zeit vom 1. bis incl. 15. d. M. wiederum erhöht ; es erkrankten in der Stadt 36, in Linden 17, zusammen 53 Personen, während in der leßten Hälfte des Monais März nur 37 Erkrankungs- fälle vorkamen. f

_… Von der Zeitschrift des Königlich bayerischen sta- tistishen Bureau, redigirt von dessen Vorstand Dr. Georg Mayr, vierter Jahrgang, 1872, München, 1872, Kommissionsverlag von E. A. Fleischmanns Hof-, Buch- und Kunsthandlung, ist das Heft Nr. 4 (Oktober Dezember) erschienen. Dasselbe hat folgenden Inhalt: Statistishe Nachweisungen über das Armenwesen in Bayern für das Aale 1870, von Dr, G. Mayr. Bewegung der Bevölkerung des

önigreihs Bayern im lebten Vierteljahre des Kalenderjahres 1870 und im Kalenderjahre 1871 mit Rückblicken auf die Ergebnisse der Vorjahre, von Dr, G. Mayr. Hauptzusammenstellung der Anzahl der vorhandenen Bierbrauereien, Branntweinbrennereien, Essigfabriken, Essigsiedereien und sonstigen Anstalten für Fabrikation von Spirituo- sen, dann Malzfabriken und Mühlen, deren Produktion und des Wer- thes der betreffenden Produkte während des Jahres 1871 in den Re- gierungsbezirken diesseits des Rheins, zusammengestellt im Königlichen Staats-Ministerium der Finanzen. Die YI11I. Versammlung des internationalen statistischen Kongresses in St. Petersburg vom 19. bis 30. August 1872, von Dr, G. Mayr. Definitive Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1871 in Bayern. I. Uebersicht des Flächeninhalts, der Wohnhäuser, Haushaltungen und ortsanwe- senden Bevölkerung der einzelnen Regierungbbezirke und des König- reiches. IL. Die Bevölkerung der einzelnen Verwaltungsdistrikte, un- terschieden nach Geschlecht und Staatsangeÿhörigkeit, mit Beifügung des Flächeninhalts, der Zahl der Wohnhänser und Haushaltungen, sowie der aktiven Militärpersonen. TII1. Die Bevölkerung der einzel- nen Verwaltungsdistrikte, ausgeschieden nach Geschleht und Religion. IV. Die Bevölkerung der einzelnen Gerichtssprengel nah Geschlecht, S angehgngtelt und Religion, V. Die Bevölkerung sämmtlicher Slcadre.

Kunst und Wissenschaft.

_ Berlin, 18. April. Gestern früh kurz nach 5 Uhr enistand auf eine bisher niht ermitteltte-Art in dem auf dem Grundstüe Münzstraße 10 belegenen Königlichen Gieß hause Feuer, welches das Gebâlk einer sogenannten Dammgrube zerstörte. Die allarmirte Feuerwehr köshte den Brand in kurzer Zeit. Ein sehr {wer zu er- seßender Schaden ist dadur entstanden, daß die auf dem Gebälk ruhende Form eines Theiles der für die Sieges säule bestimmten Victoria (ein Theil des unteren Gewandes) in die Dammgrube hinabgestürzt und zertrümmert ist. Die Vollendung der fast fertigen Statue wird hierdurch jedenfalls bedeutend verzögert werden.

_— Am 12, April starb in Göttingen der Professor in der juristishen Fakultät Geheimer Justiz-Rath Dr. W. Francke.

München, 16. April. Das heutige Bulletin über das Befinden des Königlichen Geheimen Raths Freiherrn v. Liebig- lautet: „Die Nacht unruhig, aber heute Morgens kein Fieber, im _ Uebrigen sehr s{chwach. Das Phantasiren dauert fort.“ Se. Majestät der König, die Königin-Mutter und die Höchsten und Hohen Herrschaften lassen fich täglih nach dem Befinden des Gelehrten erkundigen, dessen Krank- heit in allen Kreisen die innigste Theilnahme erregt.

Dresden, 13. April. Gestern Nachmittags starb hier der ehe- malige Direktor des Königlichen historischen Museums, Karl Con-

stantin Kraufkling.

_ Leipzig, 16. April. Der zahlreich aus München, Magdeburg, Berlin, Dresden, Leipzig, Cöln, Breslau, Hamburg, Jena, auch, aus Amerika, Schweden und Rúüßland besuchte deutsche Musikertag hat in den Sißungen vom 13., 14. und 15. April unter dem Vorsiß des Prof. Alsleben u. A. die Frage erörtert: „Ju welcher Form er- \heint das Eingreifen des Staates bei der öffentlichen Musikpflege

wünschenswerth, bezüglich nothwendig?“ und die Versammlung nach

längerer Debatte” folgenden Antrag des Dr. Gille (Jena) angenommen:

Der deutsche Musikertag ersucht den Reickstag, bei der zuständigen 2 Tee die Errichtung einer deutschen Universität für Musik zu be- antragen.“

Rosto ck, 15. April. Gestern starb Hierselbst der Professor Fcanz erdinand Schulze, bekannt als tüchtiger Chemiker.

Weimar, 17. April. Am Geburtstage Shakespeare's, 23. April, Morgens 11 Uhr, wird die deutshe Shakesyeare-Gesell- \chaft hier im großen Stadthaussaale ihre diesjährige General- Versammlung abhalten. Auf der Tagesordnung stehen die üblichen Punkte: Jahresbericht, Rechnungsablage, (Ertheilung der Decharge, Wahl von 4 Vorstandsmitgliedern (§8. 4 der Statuten), Bestimmung des Orts der nächsten General-Versammlung, Monita, Anträge 2c. der Mitglieder. Damit jedoch die General-Versammlung der Gesellschaft eine ihrer Bedeutung und ihrem Streben entsprechende literarische An- regung nicht blos ihren Mitgliedern, sondern auch den größeren Kreisen des Publikums biet, ist auf die Tagesordnung ein öffentlicher Vor- trag des trefflihen Bearbeiters Shakespeare's, Freiherr von Vinee, über „Shakespeare und Garrick* geseßt.

__Bern, 13. April. Am 10. d. M., Abends na 8 Uhr, wurde, wie die „Alpenrosen“ berichten, in Bern ein leiter Erdstoß ver- spürt, welcher auch in Aarberg und Kirchendorf und an andern Orten wahrgenommen wurde. Die Zeit wird übereinstimmend auf halb 9 Uhr Abends angegeben. In Aarberg spürte man den Stoß 1—2 Sekunden lang in der Richtung von SO. nach NW ; in Kirch- dorf ging er mit einem einzigen fräftigen Stoß von S. nach N. vorbei und ließ im Körper das Gefühl eines elektrischen Stromes zurück. Auch aus anderen Gegenden des Kantons Bern und aus Freiburg und Neuveville sind Nach-ichten eingegangen. Das „Genfer Journal“ vermuthet: es möchte das verheerende Erbeben von San Salvador, welches am 11. d. telegraphisch gemeldet wurde, am gleichen Tage stattgefunden haben. Aus Freiburg berichtet der „Con- fédéré“, daß der Stoß, von Norden nah Süden kommend, in zwei horizontalen Schwingungen bestand von einem starken vertikglen Stoß begleitet war und 5—6 Sekunden dauerte.

Gewerbe und Handel.

Der Jahresbericht des Berliner Bankvereins enthält fol- gende Angaben: Während der achtmonaitlihen Periode, die der vorige Be- richt besprach, arbeitete die Bank mit cinem eingezahlten Kapital von 2,400,000 Thalern. Hierzu kamen ultimo Juli 1872: 1,200,000 Thlr. durch eingerufene 20 prozentige Einzahlung; die restlichen 40 4 von 2,400,000 Thlr. wurden zum 31. Oktober 1272 eingefordert. Mit diesen Kapitalien wurde 1m Debet und Kredit ein Gesammtumsaß von 1,540,487,183 Thlr. erzielt, so daß auf den Tag 4,279,131 Thlr. durcchs\chnittlich entfallen. Der Reingewinn erreichte inclusive des Vor- trags von 1871 die Höhe von 997,870 Thlr. nah Abzug sämmtlicher Unkosten. Hiervon find zu bestreiten: statutenmäßige 9% p. a. an die Af- tionäre mit 170,000 Thlr. ; von den restlichen 827,870 Thlr. gehen5 % an d:a Reservefonds und je 10% an den Aufsichtsrath und die Direktion 2c., 10 daz 623,411 Thlr. zur Verfügung der Generalversammlung blieben und nah dem Vorschlag der Direktion nachstehende Verwendung fan- den: Der Reservefonds wurde mit ferneren Thlr. 150,000 dotirt, 25,000 Thlr. sind zur Stiftung eines Beamten-Pensionsfonds und 448,411 Thlr. als 13% ige Superdividende zur Vertheilung an die Af- tionäre bestimmt worden; 6411 Thlr. wurden auf neue Rechnung vorgetragen,

Hannover, 17. April. (W. T. B.) In der heutigen Gen e- ralversammlung der Aktionäre der „Gewerblihen Bau- bank“ wurde der Jahresbericht vorgetragen, welcher sehr befriedigte. Die seitherigen Mitglieder des Verwaltungsrathes wurden bei der alôdann vorgenommenen Neuwahl wiedergewählt.

Dem Vernehmen nah ist der Rheinisch-Westfälische Lloyd in der Lage, troß des für die Mehrzahl der Sade

ficherungêgesellschaften ungünstigen Jahres 1872, für das abgelaufene

Jahr eine Dividende von 12% zu vertheilen. Die Rbeni\{- Westfälische Rückversicherungs- Aktien-Gesellschaft ied, wie wir hören, 6% Dividende geben.

Wiencr-Neustadt, 16. April. Das Militär ift gestern Abend aus der Fabrik abgezogen. Heute früh sind sämmtliche Schmiede cr- schienen, alle Schmiedefeuer _ sind in Thätigkeit, der Strike ist ganz beendigt, alle Fabriks-Abtheilungen sind voll beschäftigt.

Verkehrs- Anstalten.

s Aus\ch{chl. priv. Kaiser - Ferdinands - Nordbahn. (80 Meilen.) Einnahmen- vor der buchhalterischen Richtigstellung. Vom 1. Januar bis 31. März 1872: 5,268,234 fl., 1873: 9,343,096 il. daher mehr 74,862 fl. ; vom 1. bis 10. April 1872: 569,554 1 l 1873: 945,286 fffl., daher weniger 24,268 fl.; zusammen 1872: 9,897,788 fl., 1873: 5,888,382 fl., daher mehr 50,594 fl.

En Mährisch-schlesi\{che Nordbahn. (18,8 Meilen.) Vom

2. Januar bis 31. März 1872: 251,396 fl., 1873: 251,263 fl, daher weniger 133 fl.; vom 1. bis 10. April 1872: 29,887 fl. 1873: 30,478 fl., daher mehr 591 fl.; zusammen 1872: 281,283 fl., 1873: 281,741 fl, daher mehr 458 fs.

New-York, 17. April. Der Hamburger Postdampfer „Sarxo nia“ ist heute Morgen 4 Uhr" hier eingetroffen. E

Aus dem Wolff’\chen Telegraphen-Bureau.

München, Freitag, 18. April. Im Befinden des Frei- herrn von Liebig ist eine Besserung nicht eingetreten; es macht sich im Gegentheile eine Abnahme der Kräfte bemerkbar.

Mannheim, Freitag, 18. April. Der gestrige Tag ist ohne weitere Störung der Ruhe verlaufen. Die Straßen waren zwar von einer großen auf- und abwogenden Menschenmenge gefüllt; aber zahlreiche Militärpatrouillen, welchedie Straßen durh- zogen, hielten die Ordnung aufrecht und eine plöglih entstandene größere Feuersbrunst gab der allgemein herrshenden Aufregung eine andere Rihtung. Fernere Störungen der Ruhe stehen vor= aussichtlich nicht zu besorgen, da die Brauereibesißer den Preis- aufshlag auf das Bier herabgeseßt haben.

Straßburg, Freitag, 18. April. Dem kommissarischen Gemeindevorsteher Back is der Regierungs - Affsessor Freiherr v. Reichlin als Hülfsarbeiter beigegeben worden.

Wien, Freitag, 18. April. Der zu Ehren der Vermäh- lungsfeier der Erzherzogin Gisela von der Stadt Wien veran= staltete Festball hat gestern Abend stattgefunden. Die Glieder des Kaiserlichen Hauses, die hier anwesenden Fürstlichkeiten und zahlreihe Mitglieder des diplomatischen Corps haben an dem- selben Theil genommen. Der Kaiser und die Kaiserin erschienen gegen 104 Uhr und wurden von den Anwesenden mit lebhaften Hochrufen empfangen.

London, Freitag, 18. April. Nach einer telegraphischen A des „Daily Telegraph® aus Singapore vom 17., gelang es den Niederländern zwei Forts der Atchinesen zu neh= men; der Angriff auf das Hauptfort mißlang indessen und endete mit einer Schlappe der Angreifer. Der Kampf war sehr heftig und hat viele Opfer gekostet. General Kohler is gefallen. Der Gesammtverlust der Niederländer beträgt über hundert Mann,

Perpignan, Freitag, 18. April. Nah Meldungen aus Puycerda vom 17. d. haben sih die dortige Geistlichkeit und die Mitglieder der religiösen Korporationen nach Frankreich geflüchtet. Der Oberst Cabrinety war am Morgen abmarschirt und an \ei= ner Stelle eine Abtheilung Regierungstruppen von 2500 Mann und 100 Pferden unter dem Befehl des Obersten Solo von Lerida als Besaßung eingetroffen.

Rom, Freitag, 18. April. Die von Paris aus verbreiteten Gerüchte über die angebli beabfichtigte Auszahlung der Coupons der italienishen Rente in Papier und die Einführung einer

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