1873 / 95 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 21 Apr 1873 18:00:01 GMT) scan diff

ezogen hat. Eine gemeinsame aus zehn Prinzipalen und zehn Ge- hül en bestehende Delegirtenversammlung wird zur Vereinbarung über den Tarif am 1. Mai in Leipzig zusammentreten.

Der in Leipzig zusamm-ngetretene deuts chle Shuhmacher- tag faßte am 15. d. M. den Beschluß, „daß für gute Arbeit ein Nettogewinn von 333 pCt. festzuseßen ift“; ferner beschloß die Ver- sammlun „einstimmig die Einführung des Metermaßes als einheit- lihes Maß im Schuhmachergewerbe und genehmigte den Autrag: die Einführung allgemeiner gewerblicher Schubgemeinschaften ift aller Orten zu empfehlen. T und Zweck des Allgemeinen Deutschen Schuhmacher-Vereines bestcht nach dem Statut in Folgendem: „Der Verein umfa die in Deutschland und Oesterreich bestehenden Lofal- vereine und Verbände. Zweck desselben ist, die speziellen Fah-Ange- legenheiten und Interessen seiner Mitglieder, sowie gemeinnüßige Ziele derselben zu befördern, bezichentlich zu vertreten *“

, Wiener Neustadt, 18. April. Gestern Nachmittags wurden die früheren Wortführer im Striffe_in der Lokomotivfabrif bedroht und mißhandelt. Es wurden Polizei und Militär requirirt und 18 (rcebirenne Schmiede , verhaftet. Hiemit war die Ruhe wieder her- gestellt.

j Verkehrs- Anstalten.

__ München, 18. April. Nach dem soeben veröffentlichten Jahres- bericht der Königlichen Generai-Direktion der Verkehrsanstalten haben die bayerischen Staatsbahnen im Jahre 1871 eine Rente von 4,60 reue abgeworfen.

(Stuttgart, 19, April (W. T. B.) bischen Merkur“ über das Resultat der kürzlih stattgehabten Bera- thung mehrerer Eisenbahn-Verwaltungen betreffs des neuen Som- merfahrplanes gemahten Mittheilungen ist u. A. vom 1. k. M. die Einrichtung eines Schnellzugs zwischen Marfeille, Genf, Zürich, Friedrichéhafen beabfihtigt, welcher 11} Uhr Mittags in Genf ab- gehen, 9 Uhr Abends in Zürich eintreffen und die Reisenden mittelst Dampfboots 11 Uhr Abends nach Friedrihshafen weiter führen würde. Vom 1. Juli ab soll dann ab Friedrichshafen dur einen um 12 Uhr Nats abgehenden Schnellzug ein direkter Weiterans{luß herbeigeführt werden. ;

Aus dem Wolff'\schen Telegraphen-Bureau.

Karlsruhe, Montag, 21. April. Es bestätigt sh, daß Gustav zu Putliß zum Generaldirektor des Hoftheaters ernannt ift. ; Die Vorstellung des Personals hat bereits heute stattge- funden.

Nach den vom „Schwä-“

Arlesheim, Sonntag, 20. April. Die Regierung hat sh, um der Seitens der Ultramontanen beabsichtigten Störung der heute hier stattfindenden Versammlung der Altkatholiken vorzubeugen, genöthigt gesehen, 300 Mann Infanterie aufzubie- ten und hierher zu dirigiren. (#2 F eifoia RA - __ Arlesheim, Sonntag, 20. April, Abends. Bei der heu- tigen Versammlung der Altkatholiken waren 6000 Personen als Theilnehmer gegenwärtig. Die Ultramontanen versuchten die Verhandlungen zu ftören und dieselben sogleih nah Eröffnung der Versammlung seitens des Präsidenten Fürspreher Feigen- winter durch Pfeifen und Lärmen zu unterbrechen, so daß der Regierungs-Präfident Adame sich veranlaßt sah, bei Fortsezung der Störungen mit dem Einschreiten des Militärs zu drohen. wodurch die Ruhe einstweilen hergestellt wurde. Iecker von Solo- thurn und Augustin Keller von Aarau hielten darauf, von öfteren lebhaften Aeußerungen des Beifalls begleitet, Anreden an die Versammlung. Als die Ultramontanen von Neuem die Redner zu unterbrechen versuhten, wurden vom Militär die Rädelsführer verhaftel. Die beantragten Resolutionen wurden sodann von der Versammlung mit Einstimmigkeit angenommen. __ London, Montag, 21. April. „Times kündigt wiederholt die Erhöhung des Diskonts auf 5 Prozent als nahe bevor- stehend an. Das Gerücht von der Ermordung Samuel Bakers entbehrt der Begründung.

London, Montag, 21. April. Der französishe Botschaf- ter am hiesigen Hofe, Graf von Harcourt, ist nah Paris abge- reist. Von Plymouth wird gemeldet, daß das Panzer\chiff „Sriedrih Karl“ und die Korvette „Vineta*® vom deutschen Ge- \chwader nach Wilhelmshafen abgegangen find; die Korvette „Gazelle“ folgt morgen ebenfalls dahin, während die „Elisabeth“ vorläufig in Plymouth bleibt.

Rom, Montag, 21. April. Das Ministerium is, der |

„Liberta“ zufolge, geneigt, die Anträge der Kommission zur

Vorberathung des Gesezentwurfs über die religiösen Körper- |

haften im Prinzip anzunehmen; wird indessen einige Abände- rungen des Entwurfs vorschlagen.

Rom, Montag, 21. April. Der Papst hat gestern den Prinzen Alfred von England und die Kardinäle empfangen, welche ihm ihre Glückwünsche zu seiner Wiedergenesung aus- \sprahen. Die Ernennung des Herrn von Keudell zum Ge-

-

sandten des Deutschen Reichs am italienischen Hofe ist heute der nigs zur

Regierung offiziell notifizirt. Die Reise des Köni Wiener Ausftellung kann, den Aeußerungen mehrerer Journale zufolge, als gewiß betrahtet werden. Vom 15. k. M. ab wird ein zweiter direkter internationaler Eisenbahnzug zwischen Frankreih und Italien eingerihtet werden.

New-York, Sonntag, 20. April. Der Postdampfer des baltishen Lloyd „Franklin“ is heute nah 13tägiger Fahrt von Havre glücklich hier eingetroffen.

Teheran, Sonnabend, 19. April. Der Schah verließ heute die Hauptftadt, um fich nach Europa zu begeben. Die Abreise erfolgte unter großem E ‘und \ympathischen Kund- gebungen der Bevölkerung. Während der Abwesenheit des Schah wird die hiefige Garnison auf eine Stärke von 12,000 Mann gebraht werden. Der Schah begiebt fich zuerst nah Kand, wo un De Großvezir erwartet. Die Abreise von Kand erfolgt am

. Mai.

Königliche Schauspieïe.

Dienstag, 22. April. Opernhaus. (95. Vorftellung.) Flick und Flock. Komisches Zauber-Ballet in 3 Akten ier 6 Bildern S Taglioni. Musik von Hertel. Anfang 7 Uhr. Mittel-

reise.

Im Schauspielhause. (108. Abonnements - Vorstellung.) Zum ersten Male: Gleih und Gleich. Dramatishes Sprich- wort in 2 Akten von Moriß Hartmann. Hierauf: Die age-

s

| stolzen. Lustspiel in 3 Akten von Iffland. (Leßtes G

der Fr. Niemann-Raabe.) Anfang halb 7 Uhr. Mittel-Preise.

Mittwoh, 23. April. Opernhaus. (96. Vorstellung.) Lohengrin. Romantische Oper in 3 Akten von R. Wagner. Elsa: Fr. v. Voggenhuber. Ortrud: Frl. Brandt. Lohengrin:

| Sr. Niemann (leßtes Auftreten desselben por seinem Urlaube).

Telramund: Hr. Bez. König Heinrih: Hr. Frie. halb 7 Uhr. Hohe Preise. art he

Im Schauspielhause. (109. Abonnements-Vorstellung.) Der leßte Brief. Lustspiel in 3 Akten, nach dem Franzöfischen frei bearbeitet von Th. Gaßmann. Anfang 7 Uhr. Mittelpreise.

Anfang

Königliches Schauspielhaus. Shakespeares Schauspiel „Heinrih V.*“, welhes am Sonn-

abend zur erften Aufführung kam, erschien zuerst im Jahre 1600 | im Druck unter dem Titel: „Die Chronik-Geschihte (the Chro- |

nicle History) von Seinrich dem Fünften. Mit der Schlahht zu

Agincourt in Frankreich, zusammen mit dem Fähndrih Pistol. | | des Macmorris gab

Wie es zu verschiedenen Malen gespielt worden von des höchst ehrenwerthen Lord - Kanzlers Dienern.“ Die die Jahre 1415 bis 1420 dex englishen Geschichte.

den dritten Königsdramas „Heinrih IV.* 2. Theil: Was wettet ihr? wir tragen nun noch heuer Das Bürgerschwert und angeborne Feuer Na Frankreich hin.

und das Gelübde des Prinzen Heinz am Sterbelager seines |

Vaters, die „angestammte Ehre“ mit „nicht gemeiner Müh verfehten“ zu wollen, gehen hier in Erfüllung. Im Iahre 1415,

zwei Jahre nach seiner Thronbesteigung, erklärte Heinrich an |

Frankrei den Krieg, nah der von Shakespeare gewählten Verfion in Folge einer {weren persönlichen Beleidigung: Der Dauphin höhnt den jugendlihen König durch Uebersendung einer Tonne mit Federbällen. Aber König Heinrich V. hat den wilden, tollen Heinz, wie ihn Shakespeare im Heinrih IV. \cil- dert, ganz abgestreift. Seinen Königlihen Zorn erfahren in aller Härte die mit feindlihem Golde befiohenen Verschworenen, Graf Cambridge, Lord Scroop und Sir Grey, die einen Mord- anshlag gegen ihn geplant. Das „Heil des Reichs“ niht „Rache für fih selbst“ ift für Heinrich entsheidend, wenn er fie dem Gesez überliefert, und darin zeigt fih seine wahrhaft Königliche Gefinnung. Die drei leßten Akte spielen darauf auf französi-

{hem Boden und schildern die Ginnahme der Stadt Harfleur | (17. August 1415) durch die Engländer und darauf den Sieg | Heinrichs bei Azineourt (25. Oft. 1415) bis zum Frieden von |

Troyes im Jahre 1420. Die dazwischen liegende Rückkehr des Königs nach England, die Friedensvermittelung durch Kaiser Sigismund und die zweite Landung Heinrichs bei Harfleur im Jahre 1418 bleibt dagegen für die Handlung unbenugtt ‘und wird nur von dem Chorus am Anfang des 5. Aktes erwähnt. Die geschichtlihen Vorgänge giebt der Dichter in großen Umrifsen, soweit fie sich dramatisch verwerthen lassen, also außer der bereits oben s\fizzirten Expofition eine Reihe von Lager- \cenen vor Harfleur und auf dem Felde von Azincourt, deren glänzenden Mittelpunkt die fiegreihe ritterlihe Geftalt König Heinrihs gegenüber der prahlerishen Unfähigkeit seiner Gegner

bildet. Das Stück hat sonach ein aus\cließlich nationales, pa- | 2

triotishes Interesse, in weit höherem Grade als irgend ein anderes aus dem Historiencyklus. Der daraus resultirende Mangel an jedem dramatischen Kanflikt scheint den Dichter ver- anlaßt zu, haben, der patriotishen Tendenz dur einen Chorus

zu Anfang jeden Akts Ausdruck zu geben. Die Aftergebilde |

eines Nym Bardolph uud Pistol, sowie die alten Haudegen Damen, theils langsam und beinahe unmerkli, theil3 ruckwcise mit

Fluellen, Macmorris und JIamy, die Phrasenhelden im feindlichen Lager; alle bilden nur den Hintergrund, auf welchem fich die ideale Figur Heinrih Ÿ. um fo leuchtender ab- hebt. In dieser Beziehung if es zu beklagen, daß die im Uebri- gen geschickdte Dechelhäuser {he Bearbeitung die originellen Scenen der Wette des Königs mit dem Soldaten Williams hat fallen laffen, wo eine nicht unwesentlihe Lüdke in der Gesammt- Charakteristik des Helden entstanden ift. Was die Sprache be- trifft, so hat Shakespeare durch die gegen das Prinzip der Gleichartigkeit der Bühnensprache verftoßende Anwendung des Franzöfishen im Dialog der von ihm an anderen Stellen hart gegeißelten Neigung seiner Zeit hier Rechnung getragen. Es würde daher die Streihung der Sprachunterrihts-Scene zwischen Katharina und Alice im dritien Akt Seitens des Bearbeiters ungleich willkommener gewesen sein. __ Aus der großen Reihe der Rollen des Schauspiels if zu- nâhst die Leiftung des Herrn Ludwig als Heinri V. zu er- en. Der Künfiler war in den Momenten ruhiger Majeftä diesmal bedeutender als im Ausbruche jugendlichen, leiden- \haftlichen Feuers, das ihn sprahlich zu einem Zuviel verführt. Ihm zur Seite standen Herr Kahle als Herzog von Exeter, Oheim des Königs, und Herr Berndal, als Erzbischof von Canterbury, die in würdigem Ernste die älteren Berather des ju- gc Monarhen carakterifirten. Wünzer suchte offen- dem beginnenden Wahnsinn, von we der hiftorishe Köhig Karl VI. von Frankreich \päter befallen worden, bei der Dar-

tenden Tieffinn zur Erscheinung brachte.

andlung umfaßt | Die Worte | des Prinzen Iohann am Schluß des unmittelbar vorhergehen- | 5 | rina des Frl. Keßler mit Auszeichnung zu erwähnen. | vortrefflichen Zusammenwirken dieser Künstlerinnen, sowie des Frl. | Wiehler als Alice mit Hrn. Ludwig in der bekannten Scene | der Liebeswerbung im leßten Aït wurde reiher wohlverdienter

wortreichen Dauphin Louis gab Herr Karlowa, den Herzog von Burgund Herr Goriz. Unter den komischen Figuren hatten \ih der von Herrn Hiltl vortreflich dargeftellte Pistol und der Trunkenbold Nym des Herrn v. Hoxar des meisten Bei- falls zu erfreuen, aber auch Herr Krause als Fluellen wurde durch Hervorruf ausgezeihnet. Die kleine Rolle i Herr Oberländer mit bewährter Meisterschaft, den französishen Soldaten mit gutem Humor Hr. Dehnicke, den Bursh Frl. Golmick. Von den Damenrollen is Fr. Breitbah als Königin, besonders aber die Prinzessin Katha- Dem

Beifall zu Theil. Die Inscenirung des Werks hatte mit anerkanntem Geschick Hr. Direktor Hein besorgi.

Professor Helmholtz über die Physik des festen Erdkörpers.

Professor Helmholß hielt am 16. März in Barmen einen Vortrag über „die Physik des festen Erdkörpers“, dessen Inhalt wir nah einem Berichte der „Elberfsver Zeitung“ nachstehend mittheilen :

Der Voriragende ging bei seiner Betrachtung von der Frage aus: Was wissen wir von dem Kern der Erde, soweit uns derselbe zugäng- li ist ? Zugänglich ift uns freilich nur eine relativ sehr dünne, óber- flähliche Schicht; denn Bohrlöcher sind ins Innere nur bis 2000 Fuß getrieben worden, d. h. nur /15000 des Erdhalbmefsers (das erste die- jer Art wurde bei Rehme in Westfalen eingetrieben). In Bezug auf die mechanische Beschaffenheit des Erdinnern find:t man in solchen Bohrlöcern dieselben Thatsachen, die man {on vorher an Felswän- den, Durchstichen, Steinbrüchen u. #. w. beobachtet hatte, daß näm- lich diese oberflächlihe Schicht meistentheils aus fedimentären d. h. geschichteten Gesteinen bestcht, welhe offenbar wäsjerigen Ursprunges

| find. Dafür sprechen die Regelmäßigkeit der Schichtung und der

Einschluß organischer Reste. Die Leßteren sind von großer Wichtigkeit für die Herstellung der geologischen Geschichte der Erde geworden, wobei freilich der Zeitraum für jede einzelne Epoche vollständig unbekannt ist. Nur soviel läßt sih sagen, daß er auserordentlih groß ist, und daß eine Menge verfhiedener Bildungen auf einander folgte, daß also die Urgeschichte der Erde eine ganz enorme Zeit einnehmen muß. Die sedimentären Schichten haben aber die Horizontale Lage, in der fie ab- gefeßt wurden, vielfach geändert; sie find zerrissen, ge}enft oder gehoben worden. An gehobenen Schichten haben sich dann hie und da jüngere horizontal angelegt. Dadurch wird es mögli, für einzelne Erhebun- en auch die Epochen der Erhebung anzugeben und cine Chronologie für die Bildung der Gebirge aufzustellen, wobei man findet, daß die

| gegenwärtig größten und höchsten auch die jüngsten sind.

Die- geologishe Geschichte zeigt fo, daß ein fortdauernder Wechsel von faft unzähligen Hebungen und Senkungen stattgefunden hat. Man hat si dieselben früher als die Folgen großer Revolutionen auf der Erdoberfläche vorgestellt ; neuere Untersuchungen dagegen haben nach-

ewiesen, daß folhe Hebungen und Senkungen au jeßt noch vor-

größeren oder geringeren Erdershütterungen verbunden, was Redner an zahlr:ihen Beispielen vorführt. Mit der gewöhnlihen Vorstellung, daß die Erde das absolut Fefte sei, sicht es also übel aus. Die Er: klärung für die Hebungen und Senkungen ist s{chon längst gesucht worden in der höheren Temperatur des Erdinnern. Man hat bei Bergwerken und Bohrlöchern gefunden, daß die Temperatur na der Tiefe zu stetig zunimmt und zwar bei je 30—95' um C. Wenn diese Temperaturzunahme in gleicher Weise fortgeht, so muß in einer Tiefe von 4 Meilen lebhaftes Rothglüheu ftattfinden und in der von 64 Meilen der Basalt s{melzen. Daß in der Tiefe wirklich höhere Temperaturen vorkommen, zeigen die warmen Quellen und die vulka- nischen Erscheinungen. O _ Daraus hat man num den Schluß gezogen, daß die Erde we- sentlich bestche aus einem Kern von ge]chmolzenen Gesteinen, welcher von einer 4—6 Meilen dicken, erhärteten und festen Rinde umgeben sei; dann wäre die Erde eine relativ dünne Blase (denn 4 Meilen gegen 855 bis zum Mittelpunkt ist keine große Tiefe), die mit einer feuerflüsfigen Masse gefüllt wäre. Unter solhen Umständen ersien es begreiflich, da dieie dünne Schicht sich Heben und senken könne; nur bot es für die Anshauung Schwierigkeiten, daß ein 4 Meilen dickes Gewölbe aufgebaut aus Gefteinen, welche mindestens die Festig- keit wie unsere Bausteine haben, erhebliche Biegungen und Verziehun- gen erleiden follte. Da mußte man ih die Frage stellen, wie fest die Erd? eigentlich sei, und ob fie wirklih denjenigen Kräften, welche E zu verbiegen ftreben, auch widerstehen kaun. Diese Frage hat . Thompson (in Glasgow) mit E der Theorie der elastischen Körper zu beantworten gesucht und er fand, daß die Kräfte, welche die Geftalt der Erde zu verändern und umzuformen fstrebcn,

fiellung dieser Rolle Auódruck zu geben, i er hit fis Til: die Anziehungen der Some und des Mondes auf verschiedene Den übermüthigen !

Theile der Erde find. Zunächst kommt hier in Betracht die Prcäzession, die Beobachtung, daß die verlängerte Erdachse (die jeßt auf den

Polarstern zeigt) nit auf einen konstanten Punkt trifft, sondern fich anr Himmelsgewölbe in einem fleinen Kreise herumbewegt, zu dessen Durchlaufung sie 25— 26,000 Jahre braucht. Aus dieser Präzessions- bewegung hatte hon Hopkins den Schluß gezogen, daß die Erde keine hohle Blase sein könne, fondern sehr fest sein müfse, um der hier wirkenden Kraft, welche die Aequatorialebene immer mehr der Sonne zuzuwenden strebt, den nöthigen Widerstand zu leisten. Noch ent- seidendere Resultate geben die Untersuchungen über Ebbe und Fluth; dieselben zeigen, daß die Nachgiebigkeit der Erde unter Einwirkung der flutherregenden Kraft der Sonne und des Mondes nit größer, sondern eher noch kleiner ist als die einer soliden Gußstahlfugel von dem Durchmesser unserer Erde.

__ Aus den Vorgängen der Präzession wie der Sithbewequng geht also hervor, daß der Erdförper einen sehr hohen Grad von Festigkeit haben muß, den eine bloße hohle Blase bei weitem nit zeigen fönnte, jo groß, daß fogar die festesten unserer Materialien kaum zureichen, diese Mlt B erttlgen, (

__Zu diesen Ueberlegungen tritt ergänzend hinzu die mechanische Wärmetheorie, welche die Wärme nit als oie Sto, sondern als eine Bewegung der kleinsten Theile (Moleküle) betrachtet. Eipe ihrer Folgerungen ift die, daß der Schmelzpunkt der verschie- denen Körper durch Druck verändert werden muß, wobei sich die Körper verschieden verhalten. Das Wasser z. B.- dehnt fich aus, wenn es gefriert ; beim Uebergang aus dem festen in den flüssigen Aggregat- zustand wird es fich also zusammenziehen. Die meisten anderen Körper dagegen dehnen fih aus, wenn sie {melzen und ziehen sich zusammen, wenn fie fest werden. Hierher - ehört z. B. Wallrath; dessen Schmelzpunkt wird bei einem Druck von 100 Atmesphären {hon um 35° C. vermindert. Der Druck im Innern der Erde aber. ist noch ungeheuer viel höher. Fragen wir nun, wie die ursprünglich glühend- flüssige Erde erstarrte, so konnte fie sih wie das Wasser verhalten, und dann wären die eben feft gewordenen Schlacken auf der Oberfläche geshwommen und hätten endli eine dünne Decke gebildet. Hier kämen wir also wieder auf eine dünne Decke und diese Hypothese wird des- halb verworfen werden müssen. Verhält sich dagegen die Erde, wie die meisten anderen Körper was füc den Basalt von Professor Bischof direkt nachgewiesen wurde so sanken die festea Schlacken ein, fühlten allmählich die tieferen Schichten ab, und eine feste Erde wurde fo von innen heraus aufgebaut.

__ So lange nun die Erde flüssig war, konnte die Temperatur zwi- schen dem tiefen Kern und der Oberfläche sih leiht sowohl dur Lei- tung als auch durch Bewegung der flüssigen Masse ausgleichen; fo bald aber die Masse starr wurde, war der Austaush nur noch durch Leitung möglih und wurde dadur viel langsamer; denn das Leitungs- Vermögen der Erde ist ein kleines. Thompson hat nun unter Zu- grundelegung der für das Leitungsvermögen der Erde gefundenen Zah- len berehnet, daß seit der ersten Erkaltung an der Oberfläche, bei der Schmelztemperatur der Gesteine (2000), bis jeßt 242 Millionen Jahre vergangen sein müssen. Es ift das eine kolossale, aber immer eine endliche Zeit. Die Wärmemenge, welche gegenwärtig noch aus der Tiefe herauffommt, ist eine verhältnißmäßig so unbe- deutende, daß fie auf das Klima feinen Einfluy mehr hat (die im Laufe eines Jahres in das Weltall entweihende Wärme- menge reicht nur hin, eine Eisschicht vou 3 Cm. Dicke zu s{melzen). Immerhin verliert dadurch das Erdinnere noch immer an Wärme; dadur kühlen fich die inneren Schichten noch fortwährend ab und- shrumpfen zusammen, während die äußeren Schichten ihre Tempera- turausgleichung und damit ihr Volumen und thren Dichtigkeitégrad s{on jeit Millionen Jahren erreiht haben. Der Mantel also, der erst paßte, wird d die Zusammenziehung des Erdkerns zu weit; er muß fich an den allmählich s{chwindenden Kern anshmiegen, indem er Falten wirft, durch Biegung oder Brechung. Die Falten aber wer- den Gebirge und die Zwishenräume zwischen den Falten Thäler, und wenn die Gebirge durch atmospärishe Einflüsse zerstört werden, so werden immer neue Gebirge sich erheben. ie Art des Anschmiegens kann eine sehr verschiedene sein. Auf solche Weise aber würde es ih erÉlären, daß in der That fortdauernde V und Senkungen der Erdoberfläche eintreten. mußten. Es scheint das ein gefährlicher S zu sein, daß wir auf einer verhältnißmäßig rachgiebigen

ale über einem rothglühenden Kerné fißen. Aber wäre die Erd- oberflähhe dauernd in Ruhe gekommen, so würde das Wasser an den Gebirgen zehren, fie zerstören und Alles in den Meeresgrund \{leppen, und die Erde wäre dann entweder ganz mit Wasser bedeckt oder eine große schlammige Ebene. Der gegenwärtige Zustand bringt allerdings

manchmal Gefahr durch Erdbeben und ee b Ausbrüche; im - rhe

Großen und Ganzen aber wird er immer neue | ungen gegeuiter der Zerstörung schaffen. Es werden Gebirge da sein, welche die Wolken sammeln, an denen die Wafsecniedersläge bilden, und die so den Zu- stand der Erdoberfläche erhalten, welchen ‘wir für unser Leben und für das det Thiere nothwendig erachten. So hängen au hier die wohlthätigsten Folgen von den scheinbar furchtbarsten Verhältnissen ab, und man muß Eins gegen das Andere abwägen.

Redaftion und Rendantur: Schwieger. Berlin, Verlag der Expedition (Kessel). Druck: H. Heiberg- Drei Beilagen (eins{ließlich der Börsen-Beilage).

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

6 95.

Dentsches Neich. Bekanntmachung, betreffend die frühere Lebensvetficherungs-Gesellshaft „Albert“

: in London.

Der Unterzeichnete hat Seitens der offiziellen Liquidatoren der obengedahten Gesellschaft die Mittheilung erhalten, daß eine erheblihe Anzahl deutscher Versicherter ihre Ansprüche an die Konkursmasse bisher nicht angemeldet haben. Insbesondere gilt dies von den Inhabern der auf dem nachfolgenden Verzeichnisse aufgeführten Policen, denen, weil ihr jeziger Wohnort nicht be- fannt is, eine Aufforderung zur Anmeldung niht behändigt werden konnte.

Um denselben ihre Rehte zu wahren, hat der Schiedsrichter

bereit gefunden, einen neuen, lehten Präklufiv-Termin auf den 12. Mai d. I. anzuberaumen.

Alle diejenigen, welche auf Grund der aufgeführten Policen Ansprüche zu erheben gedenken, werden daher aufgefordert, fi regeln entweder an die offiziellen Liquidatoren hier, 3, West- minster Chambers, Victoria Street, S. W. oder an den Unter- zeichneten zu wenden, um das erforderlihe Anmeldungsformular in Empfang zu nehmen.

London, den 17. April 1873.

Der S s Deutschen Reiches. ilfe.

: Verzeichniß. Police Nr. 22,671 | Albert 22,471 | Medical 20,379 | Albert 20,383 é 17,281 : 21,960 | Medical 13,674 13,675 5,019 5,454 19,593 1,247 17,000 21,707 17,136 26,306 17,184 20,950 20,469 « 20,476 A. Flißmann Nr. 29,422

« 20,248

20,280 2,674/75

22,675

1,476

5,567

21,875

21,876

22,454

17,981

18,004 ä # I;

18,431 |. Medical Police Nr.

26,617 r Ee

28,732 | Albert

5,969 Í

5,966

22,597

23,050

20,117

20,351

20,444 22,678/9

Police Nr. 22,672 7,673 17,701 20,215 22,616 7,116 T7467 12,875 20,427 21,050 20,296 21,025 15,424 7,635 26,324 20,210 20,250 20,292 20,954 21,388 21,536 22,673 22,67T6/7 20,255 20,363 2,389 21,339 18,343/5 26,602 p n y 21,042 Mebicál* . è SASL Albert Police E. Stadthlander S. Schüler

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18/293 | Albert MIW.

Nichtamtliches. Desterreih:Ungarn. Wien, 19. April. Die „Wiener Ztg.“ veröffentlicht folgendes Handschreiben des Kaisers an den Minister-Präfidenten Fürsten Adolf Auersperg: Lieber Fürst Auersperg! i E Die innige, in Frend und Leid bewahrte Theilnahme Meiner ge- trcuen Völker an den Geschicken Meines Hauses ist bei dem freudigen Anlasse der Vermählung Meiner geliebten Tochter, der Erzherzogin Gisela, wieder in ebenso zahlreichen als glänzenden Kundgebun en zu Tage getreten. Aus allen Theilen des Reiches und aus allen Kreisen der Bevölkerung, von beiden Häusern des Reichsrathes, von den Landes- vertretungen, Gemeiuden, Korporationen, Vereinen und einzelnen Personen find Mir die herzlichsten Glückwünsche dargebracht und die Verficherungen der treuesten Anhänglichkeit ernenert worden. Die finnigen und werthvollen Huldigungsgaben, die der Erzherzogin überreicht wurden, wird fie als ein theures Andeuken an die Heimath bewahren. In wahrhaft groß- artiger Weise ift der Armen mit Schenkungen und Widmungen aller Art, der Taubstummen und der Blinden, der zarten, erziehungsbe- dürftigen Jugend und der mittellosen Bräute gedaht worden und eine eihe von Stiftungen, deren erbetene. Benennung nach dem Narneñ Meiner geliebten Tochter Jch gerne gestattc, wird das Andenken ihrer Vermählung mit fortlaufenden Wohlthaten verewigen und so einen eudentag Meines Hauses zu einem Tage des Segens für kommende Jeshlehter erheben, Mit Men Herzen spreche Jh für all diese Liebe und Treue hiermit Allen und Sedem Meinen Dank und Meine vollste Anerkennung aus und beauftrage Sie, dies zur allge- meinen Kenntniß zz bringen. Wien, am 18. April 1873.

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Franz Josef.

Am 17. d. M. fand der zur Feier der Vermählung der Erzherzogin Gisela von der Stadt Wien veranstaltete Festball tet L über 4000 geladene Gäfte aus allen Ständen waren an- wesend. -

Gestern war Théàtre paré, wobei der Sommernahts- traum“ mit der Musik von Mendelssohn aufgeführt wurde; der Kaiserlihe Hof war vollständig anwesend. Die Vorstellung endete nah 10 Uhr. Nah dem zweiten Akte war der Cercle im Verbi ndungsgange.

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Montag, den 21. April

Heute fand im Ceremoniensfaale der Hofburg ein Gala- diner ftatt, welhem außer der gesammten Kaiferlihen Familie die bayerishen Gäste, die österreichischen und die hier anwesenden ungarishen Minifter, die Präfidenten und Vizepräfidenten der Delegationen, sowie die Präfidenten des Reichsrathes untd des Reichstages beiwohnten.

Im Herr enhause theilte der Präfident Fürft Karlos Auersberg gestern mit, daß er dem feierlihen Renunziationsakte der Erzherzogin Gisela als Zeuge beigewohnt habe. Das Herrenhans nahm dié Gesegentwürfe, betreffs der Eisenbahnen Divazza-Pola und Spalato-Knin, dann den Gesehentwurf über die zeitweise Einstellung der Wirksamkeit der Geshwornengerichte in der Fassung des Abgeordnetenhauses mit der nothwendigen Zweidrittelmajorität an, stimmte ferner ohne Debatte den vom Abgeordnetenhause ai der Strafprozeßordnung sammt dem Ein- führungsgeseße vorgenommenen Aenderungen zu und nahm das Geseß über die Exckution auf die Bezüge aus Arbeits- oder Dienstverhältnifsen en bloc an.

Heute nahm das Herrenhaus einen Gesezentwurf über die Geschäftsordnung des Reichsraths mit dem Amendement Schmerlings an, daß au für jene Abgeordneten eine Neuwahl ehalten habe, welche die Angelobung nur unter gewissen Vorbehalten ablegen wollen, und daß einmal abgelehnte Geseß- entwürfe oder Anträge in der laufenden Session niht mehr zur Ver- handlung kommen dürfen. Die Geseßentwürfe betreffs des Baues der Eisenbahnen Wien-Radkersburg-Steirishe Grenze und Knittel- feld-Rohitsch-kroatishe Grenze wurden unverändert angenommen.

In der heutigen Sißung der ungarischen Delega- tion rihtete der Abg. Eber eine Anfrage an den Minister der Auswärtigen Angelegenheiten, Grafen Andrafsy, über den Stand der Verhandlungen betreffs der Eisenbahnanshlüfse mit der Tür- fei und Rumänien. Hiérauf erwiderte Graf Andraf}sy, daß mit der Türkei bereits prinzipiell eine vollständige Einigung erzielt sei, mit Serbien seien die Verhandlungen neuerdings wieder auf- genommen worden und was Rumänien betreffe, fo sei Ausficht vorhanden, daß eine Verständigung mit demselben erzielt werde. Im Weiteren betonte Graf Andrafsy, daß die friedlichen Beziehungen, welche er bei seinem Amtsantritte {hon vorgefun- den habe, auch gegenwärtig fortdauerten. Ferner nahm als Ver- treter der Regierung Merey das Wort und befürwortete auf das Wärmfsfte die Ti B der gemeinsamen Beamten. Hier- auf wurden sämmilihe Budgetposten des Ministeriums des Aeußeren gemäß den Ausshußanträgen angenommen, dagegen der Nachtragskredit zur Regulirung der Beamtengehalte ent- \prehend den Aus\chußanträgen abgelehnt.

Der Budgetausschuß der Delegation. des Reichsraths setzte heute die Debatte über das Extraordinarium des Kriegsbudgets fort und nahm zumeist die Anträge des Be- rihterstatiers auf Streichung gewisser Positionen an, obgleich der Kriegs-Minister Kuhn sehr lebhaft fük die Bewilligung sprach; * in einigen Fällen wurdên jedoch Vermittlungsanträge angenommen. : u ite

420. April, Abends. (W. T. B.) Die Vermäh - lungsfeierlihkeit der Erzherzogin Gisela mit dem Prinzen Leopold von Bayern hat heute Mittag 12 Uhr nah dem bekannten Ceremoniell stattgefunden. Nachmittags 4 Uhr sind die Hohen Neuvermählten nach Salzburg abgereist.

Frankreich. Paris, 18. Aptil. In den Lagern von Chalons, Avor und Valbonne follen demnächst Hospitäler errichtet werden. Dasjenige von Chalons soll nah . amerikani: \chem Muster eingerichtét werden. Statt eines Vierecks um einen Mittelhof, wird man ein kreuzförmiges Gebäude errichten mit Gärten zwischen den Flügeln zur Benußung: für die Genesenden. Die Lokale für cirurgishe Operationen werden nicht im Haupt- gebäude sein, sondern in von denselben getrennten kleinen Ge- bäuden. Man wird in jedem Flügel. ein Lesezimmer einrichten, \so wie Studirsäle für die Reconvalescenten und leichteren Kranken. Für die Militärschulen ift die Summe, von 5,555,700 Fr. auf das Budget gebraht worden, es if das eine Vermehrung um etwa 543,000 Fr. Dieser Zuschuß if bestimmt zur Einrichtung eines Reitkurses im Prytanée militaire, zur Verbesserung des Gehaltes der Lehrer an diesem Prytaneum, zur Errichtung einer Normalschieß\shule und einer Normalschule für Turnen und Schwimm:n und zur Vermehrung der Zahl der Schüler der Generalstabs\chule und der Kavallerie- und Ingenieurschulen.

In Toulon, Breft uud Cherbourg werden neue gepanzerte Korveiten ausgerüstet, um an den spanishen Küsten zu kreuzen.

Der „Soir“‘ meldet, daß der von der Gemahlin des Präsi- denten geleitete Bazar „zum Besten der Waisen aus dem Kriege“ 140,000 Frs. ergeben habe.

19. April. (W. T. B.) In der heutigen Sißuug der .Permanenz-Kommission erklärte der Minister Goulard, daß die Regierung keinerlei Mittheilungen zu machen habe; da auch Seitens der Mitglieder der Kommisfion Niemand das Wort verlangte, so wurde die Sißzung ohne Weiteres aufgehoben.

In einer heute Abcnd stattgehabten konservativen Ver- sammlung wurde eine Resolution angenommen, daß es die Pflicht eines jeden Konservativen sei, bei der bevorstehenden Ersaßwahl eines Deputirten für die Nationalversammlung weder für Barodet noch für Rémufat zu stimmen.

Die Ernennung eines neuen Präfekten von Lyon ist von der Regierung bis nah den für den 11. Mai cr. ausgeschrie- benen Ersaßwahlen für die Nationalversammlung verschoben worden. Der Deputirte Le Royer hat den ihm von der

Regierung gemachten Antrag, als außerordentliher Kommissar

der Republik nah Lyon zu gehen, abgelehnt. Der vormalige Präfekt Cantonnet hat seinen Aufenthalt in Nièvre genom- men ; eine Besprechung zwishen ihm und dem Minister des Innern hat bisher nit stattgefunden. / .

29. April. (W. T. B.) In der gestrigen Sizung des Komites der Konservativen unter Allou, erklärte Rémusat, seine Kandidatur sei vor Allem eine Kandidatur der Orditung, der Freiheit und der Versöhnung. Ein Brief des früheren Präfekten von Straßburg, Valentin, befürwortetdie Kandidatur Rewusats. Mehrere Zeitungen betrahten die gestern im Saale Herz stattgehabte Versammlung von Wählern als einen Beweis für die Vereinigung der Bonapartisten und der Le-

gitimiften.

J wurde wiedergewählt.

18783.

Statiftische Nachrichten.

Von den Beiträgen zur Statistik des Königreichs Bayern, herausgegeben vom Königlichen statistischen Burean (Mün- cen 1873, Druck von J. Gotteswinter und Mösfl in München) ift das XXYTL. Heft ersicnen. Dasselbe enthält die Statistik der bayerischen Sparkassen (für das Jahr 1869), bearbeitet von Dr. Georg Mayr, Vorstand des Königlich statistishen Bureau. Nach demselben betrugen in Bayern im Jahre 1869 (verglichen mit 1843) die Zahl der Sparkaffen 260, die Einlagen 28,949,279 fl. (19,192,768 fl}, die Zahl der Einlagen 279,872 (129,155), die Einzahlungen im Jahre 1869 6,511,695 fl, die RückÆzahlungen 5,738,142 fl., der Reinertrag 244,551 f. Von dem gesammten Vermögen waren 19,048,280 fl. in Hypotheken, 11,517,925 fl. in anderer Weise angelegt. Im Jahre 1843 kamen anf den Kovf der Bevölkerung 4,3 fl., im Jahre 1869 6 fl. Spareinlagen. Die meisten Spareinlangen hatte im Jahre 1869 der Regierungsbezirk Mittelfranken (13,1 fl. pro Kopf), die wenigsten Oberfranken (2;6 fl. yro Kopf) und die Pfalz (2 fl. pro Kopf).

| Kunst und Wissenschaft. Von der im Verlage von Fr. Kortkampf, Bucthandlüng für Staatswissenschaften und Geschichte (Berlin 1873) erscheinenden Sainmlung Preußische Geseße is das 9. und 11. Heft erschie- nen. Das 9. Heft enthält die preußische Grundbuch- und Hvyvothekengeseße vom 5. Mai 1872 nebft Ausführungsverfü- gungen in zweiter vervollftändigter Auflage. Die im Texte des Ge-- jeßes iu Bezug genommezen Paragraphen anderer Gesetze sind iu Axn- mertungen abgedruckÆ. Ein Sachregister Heft 11 hat denselben Jn- halt, enthält aber außerdem noch-eine Einleitung in das preußische Grundbuch- und Hypothekenreht vom Kreisgerichts - Direktor Werner and Noten von demtielben Verfasser.

Der Gruandbuchführer von J. Scheele, der in gleihem Ver- lage erschienen ift, enthält als Leitfaden zum praftishen Gebrauehe, eine Belehrung über den Jnhalt der Geseße und Formulare von Kauf- verträgen, Auflassungsanträgen u. dergl.

Landwirthschaft.

Frankfurt a. d. O., 16. April. Das „Amtsblatt® veröffentlicht folgende Aufforderung zum Bestellen von Aalen, Schleien und Karpfen. Dur eiue im v. J. veröffentlichte und vielfach im Bezirke vertheilte Denkschrift über die Fischerei in den Gewässern der Domänen- und Forstverwaltung wurde darauf hingewiesen, daß bei dem Betriebe der Fischerei häufig: noch die nöthige Pflege und eine auf nachaltigen Ertrag berehneté rationelle Methode fehle. Unter den Fingerziigen, welche zur Erkenntniß und Abhülfe des Uebelstandes angegeben wur- den, befand fich die Mahnung, von den Gewässern niht nur Ernd- ten zu verlangen, fondern auch_ zu säen, nämlich den Gewässern zeitweise frischen und geeigneten Saamen zuzuführen. Es darf wie- derbolt werden, daß der rationelle Fishzüchter feine Seen —, von diesen ist vorzugsweise die Rede —, niht ohne Weiteres mit Fischen aller Gattungen vollfüllen wird; sondern daß er auf den Vorrath von Nahrungsstoffen, auf die Beschaffenheit derselben und des Wassers Rücksicht zu nehmen, und eine gewisse Methode anzuwenden, alfo ent- „weder Raubfische (Seelahse oder Seeforellen, Heht, Zander, Barsch, Welse) oder Fciedensfische (Aale, Karpfen, Schleien, Bleie, Barben, Krauschen) zu kultiviren habe, was nicht auss{ließt, daß in dem ri tigen Verhältuiß-. und namentli, wenu es an Nahrung für die Raubfiiche fehlt, mit den leßteren auch zugleich Friedensfische als Futterfische eingejeßt werden können. Vorzugsweise ift auf die Kultur des Aals aufmerk- fam gemaht worden, welcher jeßt in den Gewässern des Regierungs- Bzzirks nur sparsam vertreten und doch so leicht zu pflegen ist. Um bierauf gerichtete Bestrebungen zu erleihtern, haben wir Anstalten getroffen, deß in diesem Frühjahr und zwar im Monat Mai ein Transport / junger, zur Einseßung geeigneter Aale, Karpfen und Schleien zum Verkanf gelangt und zwar zu folgenden Preisen: Aale 3—500 Stü auf den Centner à 20 bis 22 Thlr., Schleien im Alter von 14 bis 2 Jahren. 16 bis- -20 Thlr. pro ‘Cènfner, Karpfen in qleiGem Alter 5 bis 6 Thlr. pro Schock. Bleie und Zander können nur im Winter geliefert werden. Für den angegebenen Preis werden die Fische frei bis Cüftrin ev. bis Frankfurt befördért, von wo sie an bestimmten von uns dur das Amtsblatt bekanut zu machenden Tagen von dem Besteller abzuholen sein würden. Wir richten an alle Fischzüchter die Aufforderung, mög- list bald, spätestens bis zum 1. Mai d. J. Bestellungen bei uns anzu- melden und dabei etwaige Wünsche für künftige Sendungen auszusprechen. Von dem Umfange dersclben wird es abhäugen, ob tolche Tran3porte fortgeseßt werden sollen oder nicht. Frankfurt a. O., den 15. April 1873. Königliche Regierung. Frhr. v. Nordenfly t.

Im Regierungsbezirk Merseburg find die Saaten sebr gut durch den Winter gekommen und berechtigen zu den besten Hoff- nungen. Die Frühjahrsbestellung hat allgemein frühzeitig begonnen werden können, so daß die Aussichten für die Ernte sehr günstig find. In Folge dessen sind die Getreide- und Zuckerpreise weichender Tendenz, wogegen die Sleischpreije noch immer im Sieigen find.

Gewerbe nund Handel.

Weimar, 17. April. In der heutigen Generalversammlung der Aktionäre der Weimarischen Bank fand, nachdem auf die Ver- lesung des gedruckten Geshäftsberihts pro 1872 verzihtet wurde, die Wahl für die ausscheidenden Verwaltungsrathsmitglieder, die Herren Rittergutsbesißer Hagenbruch, Baron R. von Erlanger und Kommer- ien-Rath Stürcke statt. Die beiden zuerst Genannten, welche dem Be altungêrathe seit Gründung der Bank angehörten, hatten eine Neuwahl abgelehnt. An ihre Stelle wurden die Herren Franz Men- delsfohn und Hermann Böhlau gewählt, Herr Kommerzien-Rath Stürcke Ein bei dem Verwaltungsrathe cingebrachter Antrag, die Thâtigkeit der Bank äu auf Bodenkreditgeschäfte aus- udehnen, wurde im Hinblick auf die Eigenschaften der Bank -als Notenbank von Seiten des Vorfißenden als unaunehmbar bezeichnet.

Dem Geschäftsbericht der Direktion der Oldenburgischen Spar- und Leihbank entnehmen-wir, daß das Institut seit 13845 in Gestalt einer offenen Handelsgefellshaft und scit dem 2. Januar 1872 als Aktien-Gesellschaft besteht. Die in 1872 gewonnenen Re- sultate ergeben fih aus nachfolgenden Zahlen: Der Gesammtumsaß in 1872 betrug 43,300,106 Thlr. gegen 27,884,970 Thlr. in 1871. Die Einnahmen an Zinsen und Provisionen betragen in 1872 Brutto 63,000 Thlr. also nabezu 16% des Aktienkapitals; der Gewinn auf dem Effekten-Konto stellt fich Brutto auf ‘38,000 Thlr. alfo auf 91% des Aktienkapitals. Der Reingewinn beträgt nah Abzug aller Ünkfosten und Gründungésspesen 80,639 Thlr. und ermöglicht die Vertheilung einer Dividende von 17%. Die Direktion {lug der Generalverjammlung cine Vermehrung des Aktienkapitals vor, die in- zwischen genchmigt worden ist. S

Wien, 18. April. Die „Wiener Ztg.“ veröffentliht die Kund- machung des Kaiserlich Königlichen Statthalters in Nieder-Oesterreich vom 3. April d. J., betreffend die Abänderung einiger Bestimmungen der Fiaker- und Einspännerordnung vom 10. November 1872, aus Anlaß der Wiener Weltausstellung und für die Dauer derselben.

London, 17. April. Einem Ausweise der Herren Bazin u. Co*

| über den Suezkanal-Ver kehr in. 1872 zufolge ist zu entuehmen,

daß die Zahl der Schiffe, welhe den Kanal pasfirten, sich auf 1081 gegen 761 in 1871 belief. Der Tonnengehalt der Schiffe betrug 1,082,091 Tons gegen 698,802. Von diesem Tonnengehalt kamen auf die bere Slagge 812,809 Tons gegen 506,397 in 1871. Unter den anderen Nationalitäten führte Frankreich den Reigen mit 102,207 Tons, uud zunächst kam Desterreich mit 46,898 Tons. Die türkische Flagge bedeckte im Ganzen 23,778 Tons.