1873 / 97 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 23 Apr 1873 18:00:01 GMT) scan diff

ditive der Gesandschaft überreihte. Dieselbe wurde demnächst zur Königlichen Galatafel auf dem Schlosse eingeladen.

Amerika. Washington, 19. April. General Emory telegraphirt an das Staatsdepartement, dáß in Louisiana ein Konflikt zwischen den Fraktionen Kellog und M'Enery aus- zubrehen droht. Der oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten hat die Landschenkung von 8,600,000 Acrés an die Texas- und Pacific-Eisenbahn bestätigt und 700,000 für die Amortisation dér Texas El Pafo Bonds bei Seite gesezßt. General Fremont ift von allen Verpflichtungen erlöft.

Per Kabel wird aus New-York unterm 21. d. M. gemeldet: Berichte aus San Salvador melden, daß das Erdbeben bis zum 19. März dauerte. Zu gleicher Zeit fand eine Eruption des Vulkans Igzalov statt. Die Offiziere der eng- lishen Dampfschaluppe „Reindeer“ haben den Dank der Regie-1 rung und des amerikanischen Gesandten erhalten“ für den Bei- ftand, den fie bei der Gelegenheit leisteten. Die Regierung hat beshlofsen, die Stadt an derselben Stelle wieder aufzubauen.

Der bevollmächtigte Minister der Republik Costa Rica in London, Sennor Saenz, dementirt die Nachricht, daß die Regierung dieser Republik die Zahlung der Zinsen und des Amortisationsfonds der 6 proz. Anleihe von 1871 absichtlih ver- zôgert, und bemerkt, es sei wohl bekannt, daß die National-Bank von Costa Rica von der Regierung Monat um Monat die zur Einlösung solcher Zinsen und zur Amortisation nothwendigen Gelder erhalten habe, und daß, wenn dieselben nihl prompt ein- gingen, dies allein der Schwierigkeit, Wechsel auf London zu finden, zuzuschreiben sei. Sennor Saenz fügt hinzu: „Die Re- gierung von Costa Rica ift selbst| in weniger glücklichen Zeiten, als den jegzigen, ihren Verpflihtungen gewissenhaft nahgekom- men, und nun, da \sih die Hülfsquellen des Landes in einer so erstaunlichen Weise vermehrt haben, if fie in einer bessern Lage als je, ihre Verpflihtungen zu erfüllen, und sie wird dieselben ohne jeden Zweifel erfüllen.“

Afien. Der Schah von Persien hat, wie ein Tele- gramm des Reutershen Bureaus - aus Teheran meldet, am 19. d. seine Hauptstadt verlassen und die Reise nah Europa an- getreten. Die Abreise Sr. Majestät, die als ein Ereigniß von großer Bedeutung in der Geschichte des Landes betrachtet wird, geschah mit großer Feierlichkeit und unter herzlichen Kundgebun- gen Seitens der Bevölkerung. Der gesammte Hofstaat, die Prin- zen der Königl. Familie, die Spißen der Civil- und Militär- behörden und die Mitglieder des diplomatishen Corps begleiteten den Schah außerhalb der Stadt zu den Rennen, die am gedah- ten Tage abgehalten wurden, um Sr. Majestät Abreise einen festlihen Charakter beizulegen. Ungefähr 80,000 Menschen waren zugegen. Nah dem Dejeuner ertheilte der Schah dem diplomatishen Corps eine Abschiedsaudienz, in welcher er ihm Eintracht und einmüthiges Handeln mit den persischen Behörden empfahl. Se. Majestät begab sich alsdann nach Kand, einem zwei Meilen von der Hauptstadt gelegenen Orte, unter den Hurrahs von 12,000 Mann Truppen, die während des Schahs Abwesenheit die Garnison von Teheran für die Sicherheit der Hauptstadt bilden sollen. Der Schah wird acht Tage in Kand

Königliches Schauspielhaus.

In der ersten Aufführung des „dramatishen Sprichworts“ „Gleih- und Gleich“ von Moriÿ Hartmann, welcher Ifflands Lustspiel, „die Hagestolzen“ folgte, beschloß gestern Fr. Niemann- Raabe ihr Gastspiel an der Königlihen Bühne. Was die Novität betrifft, so hat der Verfasser die Bezeihnung dem fran- zösishen Genre der Proverbes entlehnt, wilde als leihte Salon- plaudereien zunähst dem Zweck Der Unterhaltung Rechnung tragen. Wenn durch den anspruchslosen Titel die geringe Handlung gedeck werden mag, so durfte dieselbe doch nicht auf zwei Akte ausgcdehnt werden. Die wohlwollende Aufnahme, welhe dem kleinen Werk zu Theil wurde, ift daher fast aus\{ließlih dem Verdienste der Hauptdarstellerin- nen, Frau Frieb-Blumauer und Frau Niemann-Raabe, aber au den Trägern der anderen Rollen zuzuschreiben. Die erstere Künstlerin erregte als Gräfin Valeria gleih beim erften Auftreten anhaltende Heiterkeit dur ihr orientali\ ches Kostüm und die der gelehrten Dame in den Mund gelegten arhäologischenDiskurse. Ihrer 17jährigen Tochter Hypsipyle, eigentlich Mathilde, von Frau Niemann-Raabe mit Anmuth und Natürlichkeit dargestellt, wird, in vollständiger Abgeschiedenheit von der Welt, durch den Baron von Walden (Hr. Karlowa) nach den Absichten der Mutter eine ebenso gelehrte Bildung zu Theil. Ihre erste Neigung zu Walden wendet sich bald nah Ankunft seines Freundes, Lieutenant Georg von Secking, (Hr. von Hoxar) mit Leidenschaft diesem zu, der denn auch dur eine arhäâolo- gishe Erklärung über den Gebrauch der Steigbügel bei den Alten den anfänglichen Widerwillen der Mutter überwindet. Beide, die „gleih und gleih“ sih so zufällig zusammengefunden haben, erhalten den mütterlihen Segen. Von den Darstellern wurde der Gast und Frau Frieb-Blumauer gerufen.

In den „Hagestolzen“, welche den Schluß des Abends bil- deten, verabschiedete sich darauf Frau Niemann-Raabe von dem hiesigen Publikum in der Rolle der Margarethe, welche als eine vorzügliche Leistung dieser Künstlerin, sih eines gleichen Beifalls zu erfreuen hatte, wie bei ihrem ersten Auftreten gelegentlih des nun abgelaufenen Gastspiels. Neben ihr wurden namentli die Leistungen des Herrn Berndal als Sb Reinhold und der Frau Breitbah als Schwester desselben vom Publikum wohlwollend aufgenommen.

Der Vorstellung wohnte Ihre Königliche Hoheit die Prin- zesfin Carl bei.

Deutsches Gewerbe-Museum.

In der gestern Abend abgehaltenen ordentlichen Generalverjamm- lung der Mitglieder des deutschen Gewerbe-Museums erstät- tete der Direktor Grunow den Verwaltungsbericht pro 1872, dem wir Nachstehendes entnehmen: Die Thätigkeit des Museums im abgelau- fenen Jahre war eine recht zufriedenstellende, was namentli der Staatssubvention von 8000 Thlrn, dem Zuschuß der Stadt Berlin von 5000 Thlrn., vor allem aber dem fortdauernden Interesse Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzesfin zu danken ist. Die Zahl der ständigen Mitglieder ift auf 116 gewahsen mit einem Jahresbeitrage von 1784 Thlrn. , aussließlich der niedergelegten An- theilsscheine im Betrage von 2000 Thlrn. ; außerdem hat der Zueig- verein Magdeburg der Kasse 160 Thlr. gee und an Miethen für Vorlesungen gingen 300 Thlr. ein. Die Einnahmen aus dem Unter- richt bezifferten fich auf 2100 Tbhlr.; es wurden dazu im Ganzen 2100 Kartcn ausgegcben, wovon 229 an Schülerinnen, für welche die beiden Frauenklafsen für Ornamentik und Kompofition um zwei Klassen, für Blumenzeichnen und Malen, vermehrt werden mußten. Die Zahl der als Schüler eingeschriebenen Handwerkêmeister 1 auf 12, der Prozentsaß der Freikarten, der vom Letteverein ausgegebenen Frei- karten auf 9 geftiegen. Auéschließlih der ungünstigsten Sommermonate nahmen an jedem Abend durchschnittlich 15 Schüler am Unterricht theil,

verweilen, um den Großvezier zu erwarten, der in der Stadt bleibt, um die den Behörden zurückzulassenden Instruktionen zu vervollständigen. Die Abreise von Kand direkt nah Europa wird am 1. Mai erfolgen.

Australien. Aus Melbourne vom 18. d. M. wird dem.

Reutershen Büreau telegraphirt: „Das franzöfishe Transport- \hifff „Orne“ ift mit ned Neu-Caledonien bestimmten kommunisti- schen Gefangenen angekommen. Es hat 419 Skorbutkranke an Bord und der Proviant iff nahezu ausgegangen. Gleichzeitig langte auch das Schiff „Mardus“ aus n an. Während der Reise waren an Bord 32 Todesfälle eingetreten uud der Kapitän hatte sich, wahrscheinlih aus Verzweiflung darüber, das Leben genommen.“ :

Nr. 11. des Yrmee-Verordnungs-Blatts enthält die Verordnung über die Organisation des Sanitäts-Korps vom 6. Fe- bruar 1873, nebst Ausführungs-Bestimmungen.

Kunft und Wissenschaft.

München, 21. April, Das Handschreiben welches der König an die A von Liebig gerichtet hat, wird der „Allg. Ztg.“ im nachstehenden Wortlaute mitgetheilt : 5

„Frau Geheimräthin Freifrau v. Liebig! Es ift ein Bedürfniß Meines Herzens Ihnen durch - gegenwärtige Zeilen die tiefe Trauer fund zu geben in welche Mich das Hinscheiden Ihres Gemahles, des Geheimrathes Justus Frhrn. v. Liebig verseßt hat. Seit vielen Jahren fonnte die Hauptstadt Meines Landes sich mit Stolz die Heimath des Verewigten nennen; hier war der Mittelpunkt seines reichen Schaffens und unvergänglih wie sein Name bleibt die mächtige An- regung, welche er auf weite Kreise der Bevölkerung zu üben wußte. Deshalb wird der Verlust des großen Forschers so sehr er die ganze Welt trifft, nirgends \{merzlicher empfunden werden als in München und Bayern. Empfangen Sie auch von Meiner Seite die Versiche- rung, daß Ich an Ihrem herbeu Leide. den wärmsten Antheil nehme, der ih mit besonderer Werthshäßung bleibe Ihr“ 2c.

Leipzig, 21. April. Gestern war hier der Ausschuß des Deut- schen Journalistentages vcreinigt, um wegen der diesjährigen Versammlung des leßteren Bestimmung zu treffen. Es ward nach der „D. A. Z.“ beschlossen, den Journalistentag diesmal nach Hamburg auf die Tage vom 17. bis 19. August zu berufen (Vorverfammlung am 16. August Abends); auf die Tagesordnung aber zu seßen: das U R das Annoncenwesen, endlich die von Mitgliedern angemeldeten, bezießentlih noch anzumeldenden Anträge.

Karlsruhe, 21. April. Der neu ernannte General-Direktor des großherzoglichen Hoftheaters, Gustav Gans, Edler zu Putliß, wurde heute Vormittag durch den Ober-Regisseur Fisher dem Ge- sammtperjonal vorgestellt. Jn einfaher Rede begrüßte derselbe die Versammlung, indem er namentlich hervorhob, wie s ihm zu beson- derer Ehre gercihe, ein Nachfolger Eduard Devrients zu werden, welcher dem Kunst-Institute weithin cinen so hohen Ruf geschaffen

habe. Verkehrs - Anstalten. Plymouth, 22. April. (W. T. B) Der Hamburger Dampfer „Holsatia“ ist heute hier eingetroffen.

Aus dem Wolff'\hen Telegraphen-Bureau. Frankfurt a. M., Mittwoch, 23. April, Vormittags 11 Uhr. Die Nacht verlief vollständig ruhig. Die von den benachbarten

Die vom Februar bis Juli veranstaltete Schülerausftellung legte ven den Leistungen des Museums Zeugniß ab. Die Sammlung, für welche Dr. Julius Lesfing als Direktor gewonnen, ist durch Ankauf von 354 Nummern zum P.eise von 1291 Thaler, mehr noch durch 444 Geschenke im Werthe von ca. 5700 Thaler vermehrt worden ; unter den Geschenkgebern ist neben der Kaiserin u. A. auch der preu- ßishe Ministerresident Brandt in Chbökuhama zu- nennen. Die Sammlungen wurden von 2000 Perfonen mit einem Eintrittsgelde von 200 Thaler besichtigt. “Für die ‘Bibliothek wurden 809 Thaler verwendet. Für verkaufte Gipsabgüsse gingen 981 Thaler, der Werth d r vorhandenen Modelle ist auf etwa 1200 Thaler zu schäßen. Das Museum veranstaltete im vorigen Jahre drei Wanderversammlungen in Magdeburg, Hanau und Kassel und die große Industrieausstellung im Zeughause hierselbst, welch leßtere von 61,000 Personen mit einem Eintrittsgelde von 9000 Thalern, und, einer Einnahme aus den Kata- sogen mit 1000 Thalern besucht wurde; einscließlich des Zuschusses des Staates von 20,000 Thalern und der Siadt Berlin mit 5000 Thalern blieb nach Abzug der Unkosten von 28,000 Thalern ein Uebershuß von 7000 Thalern, über dessen Verwendung die Vir- handlungen mit dem Handelsminister noch s{chweben. Die Gesammtausgaben des Gewerbemuseums im vorigen Jahre beziffen sich auf 18593 Thalcr, die Gesammteinnahmen auf 21,937 Thlë., fo daß ein Bestand von 3344 Thlr. verbleibt. Nach Dcchargirung der Rechnungen stimmte die Ver})ammlung einigen vorgeschlagenen Aenderungen der Saßungen zu, welche sich auf das vom Staate zu erbauende neue Gewerbemuseum, auf dem Grund- stüde der Porzellanmanufaktur in der Königgräßerstraße, beziehen. Bis zur Vollendung des Neubaues sind zwei ehemalige Betriebsge- bäude der Porzellanmanufaktur zur Disposition gestellt, die gegenwärtig zweckentsprechend restaurirt werden. Bei der statutenmäßigen Er- gänzungswahl des Vorstandes wurden die ausscheidenden Mitglieder, Prof. Gropius, Direktor March, Ober-Bürgermeister Hobreht und Kommerzienrath Vollgold wiedergewählt, an Stelle des E des Reichskanzler-Amts, Staats-Ministers Dellbrück, der Minifterial- Direktor Mofer ernannt.

Berliner Gesellschaft für Erdkunde.

Bei Gelegenheit der 45jährigen Stiftungsfeier der Berliner Ge- sellschaft für Erdkunde, bekanntlich der ältesten in Deutschland, hielt am 20. d. M. in Arnim's Hotel der zeitige Direktor der Gefellschaft, Pvof, Dr. Bastian, die Festrede. Ausgehend von der Umgestaltung des historischen Deutschlands seit dem leßten Stiftungsfeste vor fünf Jahren, wies derselbe nach, wie in unserm deutschen Vaterlande das Streben der verschiedenen qrograpy oes Gesellschaften ein immer höheres geworden, und doß in den leßten Monaten deren Zahl um zwei vermehrt sei. Vor Allem käme es denselben auf syste- matische Durcbildung der Geographie in Harmonie mit den Welt- interessen an. Sodann ging der Redner zu einem Rückblick auf die Vergangenheit Über. Was zunächst Australien betrifft, so war dieses Länd im leßten Lustrum der Ent- deckungen besonders bedürftig und bedarf noch immer einer großen Arbeit. Doch s{on jeßt regt sich dort überall neues Leben und ein Streben nach höherer Civilisation: der Telegroph hat bereits Eingang gefunden, Poly-, Mikro- und Milanefien haben viel von fich reden gemächt, wenn ha noch nicht überall eine nationale Kolonie daselbst gegründet ist. Jun Nordamerika gelt die Civilisation rüstig vorwärts; Metalladern werden in Menge “angeslagen und die vielen Eisenbahnneße geftalten das Land zu einem ganz neuen. Nur stehen die ethishen Elemente noch unvermittelt da. _ In Südamerika, auf dessen Gewässern seither die Dampf- \{chiffahrt ein großer Aufschwung für das Land war, hat die Eisen- bahn gleichfalls Eingang gefunden und erschließt das Innere dieses Erdtheils in erhöhterem Maße. Hinsichtlich A) iens hat zunächst die Geographie Palästina's E Kieperts Reise feitens der Berliner Ge- sellschaft große Bereicherungen erfahren. In Cypern und Südarabien schreitet die Alterthumskunde durch Ausgrabungen stetig fort. EinNämliches bietet der übrige Ländercomplex Äsiens bis gen China. Ueberall ift in groß- artiger Natur Neues geschaffen und mit Recht kann gefagt werden, daß die asiatischen Forschungen einen neuen Zeitraum, eine neue Phase der Welt und Erdgeschichte erschließen. Afrika blieb uns seither

Garnisonen herangezogenen Militärverstärkungen wurden bei den Bürgern gegen Mitternacht einquartiert. Aus dem Börsengebäude und von den öffentlihen Pläßen if das Militär urückgezogen worden. Die Stadt trägt jeßt wieder ihr gewöhnliches Gepräge.

Wien, Mittwoch, 23. April. Der ferbische Ministerpräfi- dent Risftics ift, wie die „Neue freie Presse" heute meldet, in Begleitung des Staatsraths Milvikovic gestern hier eingetroffen. Der Zweck seiner Reise soll darin bestehen, eine Lösung der \er- bischen Eisenbahnfrage herbeizuführen. Die Verhandlungen darüber zwischen den beiden \erbischen Staatsbeamten und dem Minister für die auswärtigen Angelegenheiten Andrassy sollen bereits heute beginnen, um durch die Vermittelung der öster- reichishen Regierung bei der Pforte den Anschluß der türkischen Bahnlinie an die serbishen Bahnen zu ermöglichen.

London, Mittwoch, 23. April. Der Großfürst-Thronfolger von Rußland und dessen Gemahlin werden in der Mitte des Monats Mai zu einem Besuche am hiesigen Hofe erwartet.

Paris, Dienstag, 22. April. Nachrichten zufolge, welche der hiefigen spanischen Gesandtshafi aus Madrid zugegangen find, soll fich Marschall Serrano in Folge von Differenzen, welche betreffs der Artilleriefrage entstanden, von der Regierung offen losgesagt und an die Spize einer, von allen und jeden Thronprätendenten unabhängigen, neuen konservativ-republika- nischen Ordnungspartei gestellt, bis auf Weiieres auch Madrid rerlassen haben. /

New-York, Dienstag, 22. April. Die Modoc - Indianer haben fich südlich von ihrer früheren Stellung in Höhlen ver- \chanzt; die Unionstruppen bereiteten fich nah den zuleßt ein- gegangenen Nachrihten zum Angriffe vor. In Lavabad fielen 12 Modoc-Indianer, darunter 11 todt, in die Hände der Trup- pen; ob auch die Modoc-Indianer Gefangene gemaht haben, steht noch nit fest. Die Ansiedler verlassen die Gegend.

Königliche Schauspicie.

Donnerstag, 24. April. Opernhaus. (97. Vorstellung.) Auf Hohes Begehren: Aladin, oder: Die Wunderlampe. Großes Zauber-Ballet in 3 Akten von Hoguet. Mufik von Gährich. Anfang 7 Uhr. Mittel-Preife. i

Im Schauspielhause. (110. Abonnements - Vorstellung.) Der Kaufmann von Venedig. Schauspiel in 5 Abtheilungen von Shakespeare. Anfang halb 7 Uhr. Mittel-Preise.

Freitag, 25. April. Opernhaus. (98. Vorstellung.) Hamlet. Große Oper in 5 Akten und 7 Tableaux, nah Shakespeare, von Miel Carré und Iules Barbier. Deutsch von Langhans. Musik von Ambroise Thomas. Ballet von Taglioni. Königin: Frl. Brandt. Ophelia: Frl. Grosfi. König: Hr. Salomon. Hamlet: Hr. Beh. Laërtes: Hr. Schott. Geist: Hr. Frie. (Lettes Auftreten des Frl. Grossi und des Hrn. Bez vor ihrem Urlaube). Anfang halb 7 Uhr. Mittel Preise.

Im Schauspielhause. (111. Abonnements-Vorstellung.) Das Stiftungsfest. Schwank in 3 Akten von G. v. Moser. Vor- her: Am Clavier. Lustspiel in 1 Aufzug nah dem Franzöfi- fchen bearbeitet von M. A. Grandjean. Anfang halb 7 Uhr, Mittel-Preise.

zumeist verschloffen. Nirgends aber als ‘gerade dort ist in jüngster Zeit Großartigeres geleistet worden. Dr. Schweinßurth darf hier in erster Linie genannt werden, und die. ihm zu Theil gewordenen Zinsen der Ritterstiftung haben sich durch seine Entdeckungen segenbringend er- wiesen. Außer ihm arbeiten ununterbrochen Livingstone, Petermann und Fritsch. Die großen Besorgnisse, die Dr. Nachtigall's Ver- fchwinden wachrief, sind jeßt durch mittelbare Kunde wenig- stens in Etwas aufgeklärt und gehoben worden. Afrika uns immer völliger zu ershließen, dieses war in der leßten Zeit die Aufgabe der Berliner Gesellshaft, und ihr Aufruf zum Zu- jammentritt der übrigen geegraphishen Gefellschaften für Afrika ift von größtem Erfolge gewesen und hat gezeigt, wie in ailen Ständen für diesen Zielpunkt das Interefse ein gleih regés ift und es dauernd bleiben wird, wie denn auch Allechöchsten Ortes gerade dies Unter- nehmen begünstigt wird. Afrikas Entdeckung zu vollenden, heißt ein nationales Werk thun, ein Werk verricten, was noch keiner Genera- tion geglückt ist. 5

An diesen Vortrag \chloß \fich die Proklamirung der auswärtigen Mitglieder und die Ernennung Prof. Dr. Devé's * zum immerwähren- den Ebrenpräsidenten. Die Toaste leiteten Prof. Dr. Bastian mit einem begeisternden Trinkspruche auf Sr. Majestät den Kaiser und König und das Königliche Haus und General-Lieutenant v. Troschke auf die Stifter der Gesellschaft ein. Dem Feste wohnten über 200 Personen bei. s j

Hanauer Bezirksverein für Hessishe Geschichte.

Unseren Mittheilungen über die hiftorischen Vereine lassen wir auch den nachstehenden Bericht über die Jahresversamm- lung des Hanauer Bezirksvereins für hessishe Geschichte und Landeékunde folgen. Am 3. März d. J. hatte der Vorstand des genannten Vereins im Sißungssaale eine Auswahl der bei Rückingen in dem wiederholt erwähnten. Grabfelde aufgefun- denen Alterthümer, anschaulich nach Grabstätten geordnet, auch für das größere Publikum ausgestell. Jn Anknüpfung an diese Schaustellung gab nach Erstattung der geschäftlichen Be- richte und Wahl des neuen Borftandes im Festvortrag Gymnafiallehrer Dr. Duncker eine in das 18. Jahrhundert zurüdckgreifende Geschichte der Ausgrabungen römischer Alterthümer, eine Entwickel:ug des Systems der römishen Geènzwehren namentlich für Hanau's Um- gegend und eine Erläuterung der daraus sih ergebenden Werthschäßung der gemachten Funde. Da über die Bedeutung der den Grabftätten gewöhnlich zugehörenden einzelnen Gegenstände uuter den Facgelehrten ziemliche Uebereinstimmung herrscht, wurde eine Aufklärung nament- lich noch über den vorhandenen Nägelbefund und deshalb ein eigens pom Bericht des Vereinsvorstandes über die Rütinger [usgrabungen in Ausficht gestellt. Reallehrer Dr. Kellner ver- wahrte fich sodann gegen einige von dem Recensenten seiner Untersuchung über die Ortênamen Hanau'ss im Lterarischen Gentralklatt, Dr. Förstemann in Dresden, erhobene Einwände gegcn Aufstellungen, welche eben Förstemanns Schriften von ihm cent- nommen seien. Sodann gab Dr. Kellner noch Andeutungen über die Ableitung des Flußnamens Main, welche ausführlicher in dem Bei- blatt der Hanauer Ztg. Nr. 69 (Blätter für Vergangenheit und Gegenwart) mitgetheilt find. Der Sitzung. folgte ein Festmahl, bei welchem den ersten Trinkspruch der Vereins-Vorsißende Pfarrer Rull- mann von Kesselstadt Sx. Majestät dem Kaiser und Könige widnîete. Zum Geburtstage des Kaisers (22. März) find an den beiden hiesigen böberen Schulen auch Festvorträge über Abschnitte aus der preußischn Geschichte K worden von Dr. Kellner in der Realschule Il: O. über das Wirken des großen Kurfürsten und Königs Fricdrich Wil- helm I. für Handel und Gaverbe; im Gymnasium von Dr. Wolf über Markgraf Gero von E BRL E das Verhältniß des neuen

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deutschen Kaiserthums zu dem alten Königthum.

Redaktion nund Rendantur: Schwieger.

Berlin, Verlag der Expedition (Kessel). Druck: H. Heiberg. Drei Beilagen , (emschlicßlich der Börsen-Beilage).

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Erse Beilage

zum Deulschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Siaais-Anzeiger.

V 97.

Reichstags - Angelegenheiten.

Berlin, 23. April. In der gestrigen Sizung des Reichs- gc erklärte der Bundeskommifsar, Geheimer Ober-Regierungs- ¿4 Dr. Michaelis, in der Diskussion über das Münzgeseß

jachtlih des Antrages, auch das Zweimarkstück 2c. einzu-

len, nah dem Abg. Erhard: Die Diskussion, meine Herren, hat eine einzige Frage bebaudelt : ¡die Lücke zwischen dem Ein- und Zehumarkstück auszufüllen ift ;

Beist meiner Meinung nah dasjenige, worüber in diesem Augen-

2 die Meinungen auseinandergehen. J möchte damit beginuen, zu konftatiren, daß eine Einigung chen dem Bundeêrathe und dem Reichstage über diese Frage, alio

" Ee die Ausfüllung der Lüce zwischen dem Ein- und Zehumarkstüdcke,

n fesem Jahre eine absolute Nothwendigkeit nicht ift. Vor der d nnd immerhin auf eine lange Zeit, innerhalb deren der Bundes- i und der Reichstag fich nech fernerhin mehrfach seheu werden, ift jg Lücke ausgefüllt, durch die bestehenden Thalermünzen, die bis ai na der Absicht des Gesetzentwurfs ncch in Umlauf bleiben èm. Es würde also, falls uber keine der für die Auëfällung dieser de vorgeschlagenen Müuzen eine Eiuigung ftattfände, das Gefeß G unzweifelhaft zur Ausführung kommen können. Iun tritt mir der Herr Abgeordnete für Mainz mit dem Einwande entgegen: i Sie die Like lassen, fo verewigeu Sie deu Thaker. Diese möchte ih noch mit kurzen Worten berühren. J glaube, meine Herren, der Rcichêtag wirkt bereiis so lange i dan Bundeêregierungen zu)ammen, daß i wobl die Hoffnung 1 Tarn, daß ex, wenn die Bundesregierungen ciu Geseh vorlegen, on auég-han könne, daß es ihnen us Ernst mit dessen Ansfüh- xz sei. Es find mir gvar in der Presse Stimmen begegnet: das zje Geseß sei bleßer Dunst, mau wolle bles den Thaler bchalten. Ja, meine Herren, wenn wan den Thaler beibehalten wollte, daun hte man das Geseß nicht vorzulegen. Wollten Sie aber die Ge- hebung so einrichten, daß derartige Einwendungen entkräftet werden, u meine Herren, würden Sie Geseße geben, mit denen weder Sie, das Volk zufrieden sein würden. Es ift in der erften Diskussion thiedentlich hervorgeheben , worden, cs bestände eine Teudenz, R auszuruhen auf diesem Geseße und die Thaler ihren Weg ten zu ‘lassen, nun, meine Herren, ih habe die Ehre gehabt n die Gründe vorzuführen, ans denen bisher mit der Einziehung I Pilbermüuzen in größerem Maßstabe nicht vorgegangen werden ne. Gegenwärtig liegt {on die Sachlage insofern anders, als i: Ums über das künftige Münzgeseß in einer Verhandlung befindeu, wie ja allseitig gehofft wird, zu cinem Ergebniß führen wird. zu ciner darüber zwischen dem Herrn Reichskanzler und dem preu- jétn Herrn Finanz-Minifter erziclten Verständigung ist im gegen- igen Augenblick entweder bereits an die »reußischen Kassen Weisung ergangen, oder sie wird in wenigen Tagen crgehen, daß nst diejenigen Thaler, welche vor dem Jahre 1822 ausgeprägt ten find, angehalten werden, um sie zur Einziehung zu bringen. ¿sind diese Thaler ausgewählt, weil bei ihnen zweierlei zusammen- Erstens haben sie nicht diejenige Zusammenseßung des Silbers, ibe fie unmittelbar zur Umprägung qualifizirt, fie haben nicht den gehalt voa °/0, müssen also affimirt werden; und zweitens, wenn iffinirt werden müssen, so werden diese Thaler, welche außer dem ier noch Gold enthalten, bei der Affinirnug nicht noch Kosten fjorrufey, jendern es wird statt dessen noch ein Ueberschuß über die milirungsfosten eintreten. Neben dieser Einziehung der älteren aler geht, wie ich Ihnen bereits früher mitgetheilt Habe, die Ein- hung der groben Silbermünzen des Guldensystems ihren Weg, und wird zunächst däs Material für die unmittelbare Ümprägung der jerigen in neue Silbermünzen bieten. [Der Herr Abgeordnete für Mainz findet bereits zwischen dem j: und dem Fünfmarkstück eine Lücke, die ihn zu allerlei Ver- hungen darüber veranlaßt hat, weshalb man wehl zu dem Fünf- rfftück gefommen fei. Jch glaube, meine Herren, das Fünfmark- È liegt, wenn man einmal ausgeht von dem Marksvstem und dem Gimalsystem, jo nahe, daß es nicht künstlicher Erklärungen über Gründe bedarf, aus welchen man gerade zu dem Füufmarkstück ommen ist. Die Lüce zwischen dem Ein- und Füufmark- É ist durchaus nicht ohne Beispiel iz der bizherigen Praxis. Jch sen erwähnt und wiederhele, daß wir in Preußen ¿-Thaler- fe seit langer Zeit niht mehr ansprägen und in unserem gegen- irtig geltenden Münzjsystem eine Lücke ¿zwischen den !/s- !/;-Thaler- j en haben, die uns bisher nit als zu groß vorgekommen ift. Wenn wir nun zunächst von dem Fünsmarkftück ausgehen, so die Frage gestellt, soll es in Gold oder in Silber auêgeprägt wer- ;, eder soll man, wie es in Frankreih der Fall ist, geldene und Verne Fünfmarkstücke ausprägen? Was zunächst das geldene Fünf- rtück angeht, fo ist das allerdings in Erwägung gefkom- n, indessen sprachen doch schr gewichtige Gründe gegen jelbe Ich wikl zunächst hervorheben, daß der Antrag ter in er Beziehung gestellt ift, bei seiner Durchführuag wesentliche niche Schwierigkeiten bieten wid; das goldene Fünf-Markstück itde etwa 2 Tausendtheile des Kilogrammes, also 2 Gramm wie- ;z uun ist-in dem Gescß wegen Ausprägung von Goldmünzen vor- dricben, daß die Toleranz 24 */0s des Gigengewichtes des Stückes gt, es würde sih aljo bei der Feststellung der Genauigkeit des fwihtes um eine Toleranz von 5 Viilligramm handeln. Das ift so kleiner Gewichtsbetrag, daß es sehr s{chwer wird, diese sehr } begrenzten Bestimuzungen so unmitteibar au auf die Fünf-Mark- e anzuwenden. Ferner, meine Herren, ift es nothwendig, bei den ldmünzen, damit die Abnußung des Randes erkannt werden Éönne, i Rand mit ciner Inschrift oder Verzierung zu erprägen Schon dem Zehn-Maristück hat es Schwicrigkeiten gefunden; diese Ver- ing des Randeé in einer Weise berzustellen, daß die Ausprägung pt Mängeln unt&lag und dem Stü nicht anderweitige Nachtheile Bezug auf den Fand erwochfen. Das Fünfmarkstück ist nun noch lentlich kleiner, ud es würde meixer Ansicht nach {wer halten, e andere Verzierug des Randes anzuwenden, : als einen gereiften ind. Sebald Si aber diesem kleinen Stücke, welches in feiner dye dem Zwanzighfennigftück ziemlih nahe stehen wird, cinen ge- sten Rand geben ,| ist die im Plan liegende Unterscheidung der lver- von den Godmünzen dadurch nämli, daß die Silber- nzen einen gereistà Rand tragen, daß man also, wenn man einé nze in die Hand lekemuit, jofort mit dem Fingeruagel erkennen n, eb man eine Gbld- oder Silbermünze hat so ist diefe Unter- eidung in Bezug af das ne argtilógn niht dur{chführbar. Was andere Seite, die Tostspieligkeit der Ausprägung angeht, so hat Herr Abgeordnete [ür E die bezüglichen Kosten für 50 Mil- \nen Mark guf jährli) 25,000 Mark berechnet, indem er cine Ersparniß seßt für dic Zehnmarktücke, an dereu Stelle die Fünfmarkstü&e treten. h glaube mit Unrcht; das Fünfmarkstück tritt nicht ein in den tchr, der sih mit Jhnmarkstücken bcfaßt, sondern es ist für einen nz anderen Verkehr beftimmt und muy eher neben das silberne infmarkstück gestellt )erden. Es würden also die 25,000 Mark orlid für die Erhaltkg der Vollwichtigkeit von 50 Millionen Mark Fünfmarkftücken vollin rechnen sein, und es würden dazu kommen Ausprägungskoften, welche bei dicsem kleinen Stücke auf etwa Pro mille zu berechne1 find, so daß eine jährlihe Ausaabe von 000 Mark zu registrèn wäre. Nun. ift es zwar im jetzigen Augen- ite wer, finanzielle ¿edenen zu erhebcn, aber, meine Herren, ich ube bei „der Begindung des Münzsystems nicht Lles an Gegenwart, sondern in eine weit aussehende Zukunft zu denken,

Saar

1878.

Mittwoch, den 23. April

%

wo finanzielle Bedenken doeh shwerer ins Gewicht fallen können als gegenwärtig.

_ Gegen das Fünfmarkstück aus Silber ist gcltend gemacht, daß es sehr unbequem fei. Meine Herren! das ijt eine durchaus relative Eigenschaft. Sie wissen, in der Art, wie die wohlhabenden Klassen sich tragen, wie dieselbeu ihre Geldbörieu einrichten, hat fich, nament- lih in Felge des vielfachen Umlauf3 des Papiergeldes, eine Gewohn- heit herausgebildet, die zur Felge hat, daÿ schwere Silberstücke eiue gewisse Unbequemlichkeit bieten. Aber wir Eb bei diefer Münze nit die Bedürfniffe und Gewohuheiten der wohlhabenden Klafsen ins Auge zu fassen, scndern sie ist recht eigentli eine Münze, die in den Arbciterkreijen circulirt. Da steht der feiusühligen Hand des Wobl- habenden die schwielige Hand des Arbeiters gegenüber, welcher ein so klei- nes Stück außerordentlich leicht entfällt da steht der enganshließenden feinen Kleidung der wchlhabenden Klassen die Kleidung des Arbeiters gegenüber, die für gröbere Silbermünzen reichlich Raum hat, da stebt dem immer in guten Stand gehaltcnen Portemonnaie der Wobllæbenden gegenüber die Börse des armen Mannes, ‘die nicht immer so gut im Stande erhalten ist, das sie nit so kleine Münzen leiht herauslasjen könnte; Sie \chaffen in goldenen Fünfmarkftücken Münzen für die Arbeiterklassen, welche dieje s&wer zu handhaben versteben, und deren sie leiht verlustig gehen. Jedenfalls möchte ich Shnen 1aihen, das Fünfmarkitück aus Silber niht außer Augen zu sassen, damit Sie eine geeignete Münze grade für diese Klafse schaffen.

Ich komme nun zu dem Vorschlage, ein Zwcimarkftück zu prägen. Jh bin dem Herrn Abgeordneten für Mainz fehr dankbar für die Ausführung - gegen den Antrag, diese Münze in das System aufzunehmen, und ih bin fast in Ver- legexheit, seinen gründlichen und lebendig vorgetragenen Motiven noch etwas hinzuzufügen. Meine Herren, bedenken Sie Eiues: bei der Be- rathung über die Ausprägung der Geldmürzon hat zur Diskusfion geftanden die Wahl zwischen dem österreihishen Gulden als Einheit und der Mark, und mit sehr großer Majorität hat dicses Haus die Entscheidung getroffen zu Gunsten der Mark, und es ift dabei ganz sicher sebr entschecidend der Gedanke gewesen, daß eine Einheit zu scaffen sei, von wclHer man voll?ommen ficher sein könne, daß fie Überall durgeführt werde in den Köpfen, Rechnungen und Gewohn- heiten der Menschen, damit es zur Wahrheit werde, daß man in Nord und Süd überal nach einer und derselben Münze rehncn werde. Der Gulden ift uns sowobl im Norden als im Süden bekannt und vertraut, und mau kann nicht leugnen, daß es gewiß Manchem bei dem Uebergange von dem gegenwärtigen zu dem zukünftigen“ System vertrauter sein würde, zum Gulden\ystem überzugehen und einem alten Bekannten zu begegnen. Die Gefahr ift nur, daß mit dem Gnlden andere Begriffe verbunden werden, als nach dem Gesche damit verbunden sein sollen, nämli daß der Begriff der Silberwährung und eines andern Fußes mit dem Gulden in Verbindung bleite, während wir cine Goldwaäh- rung einführen. Das war damals ein entscheidender Grund. Schen Sie ih die Münzcn, wie sie in dem Entwurfe projektirt sizd, und wie sie sich unter Hinzufügung des Zweimarkstücks ausnehmen, an, so baben Sic zwei Systeme neben einander . mit decimaler Gliederung. Das eine fängt an mit dem Zwanzigmarkftück und hat als zehnten Theil das Zweimarkstück und dieses wieder als Zehntel das Zwanzig- vfennigstück; das zweite beginnt mit dem Zehmnarkstück, welches als Zehntel das Einmarkstück hat, welches sich wieder in zehn Zebn- Pfenuigstüke theilt. Das Volk, wclches nit bles s{riftlich und im Kopfe rechnet, sondern seine Rehnumg ¡chr gern mit Münzen aus- zuführen liebt, hat also zur Auswahl e Münzsyfteine, wo- es mit dem eincn den Begriff des Guldensystems, und mit dem andern den Begriff des Markiystems verbindet. Welches von diesen beiden Systemcn in diejem oder jenem Distrikte des Reicles die Oberhand gewinnen werde, das ‘haben Sie, das hat die Gescbgebung nicht in der Haud. O daß Sie ein volles decimal getheiltes Guldenjystem herstellen, führen Sie die Gefahr berbei, daß das System, welches bei Erlaß des Gescßes über die Auépräguug von Reichsgeldmünzen beabsichtigt wurde, nicht überall durgefübrt wird, daß die Einheit des Mün:- und Rechnungssystems, die man begründen wellte, nicht errcicht wird, weil sehr vicle Kreise, denen der Gulden vertrauter ist als die Mark, nun in ihrem täg- lichen Verk-hr na Gulden, statt nach Mark, ihre Preise zu bezeich- nen und mittin auch zu renen pflcgan. Der andere Zweck des Ge- seßes, der durch die Einfügung des Zweimarkstücks gefährdet werden würde, ist - die Durchführung der Geoldwährung. Die Mögkichkeit auch, die Goldwährung durchzufübren und arfrecht zu erhalt.n, berußt cinzig und allein darauf, daß wir feste Hand auf unseren Silber- umlauf haben, daß wir die Möglichkeit haben, unseren eigenen Sil- berumlauf ausschließlich zu erhalten und fremde Silbermünzen aus- zuschließenz denn sobald wir fremde Silbermünzen leicht zulassen, befom- men wir ganz ohne Zweifel an Stelle der Goldwährung_ praftisch die Doppelwährung, die ja von der Mehrheit dieses Hauses bereits mebrfach perhorrescirt worden ist; wir bekommen statt eines eigenen Münziystems ein gemischtes. Es ist zwar gesagt worden, man sch{lic: den ö6sterreichishen Gulden am besten dadur aus, daß man ihm einen Konkurrenten schaffe in dem

aus; dem erstens faun nah dem vorgeschlagenen Syftem nur eine bestimmte Summe von Silbermünzen im Ganzen ausgeprägt werden, und die Ausprägung muß fi{, wenn man nicht Gefahren für unser Münzsystem herbeiführen will, immer in solhen Grenzen halten, daß cin leiter Mangel an Silbermünzen bestehen bleibt. Das ist erfah- rungêmäßig nothwendig bei der Ausprägung von Scheidemünzey; das

münzen ausprägt. Prägt man wirklich nah dem vollen Begehr aus, der an die- Münze berantritt, so gefährdet man die Solidität des Münzumlaufs und die Goldwähßrung. Wellen Sie also die Goldwäh- rung durchführen, so muß stets cin leiser Mangel an Silbermünzen bestehen, jo bleibt also stets das Thor ofen für die konkurrirenden ausländishen Silbermünzen naßesteßenden Werthes das zweite Thor, mwelchese Sie ihnen éffnen, ist der Vortheil den ihre Einführung gewährt. Und da kin ih in der That erstaunt, einen so geschäftskundigen Mann wie den Herrn Abgeordneten für den Mansfelder Seekreis, noch in der Vorstellung befangen zu sehen, daß es fih bei der Substituirung des Oesterreishen Gulden für das Zweimarkstück um die Subîstituirung einer Silbermünze handle, welche einen reellen Werth von 20 Sget. bat, während das Zweimarkstück, an dessen Stelle der Gulden tréten solle, nur einen Werth von 18 Sgr. habe. Meine Herren, das Zwanzigmarkstück des vorliegenden Gesehes hat einen Werth von so vielem Golde, wie der fünste Theil eines Zehnmarkstücks beträgt, und das Eiumarkstück ist so viel Geld werth, wie der zehnte Theil des Zehnmärkstücks beträgt. “Sinkt der Preis des Silbers am Londoner Markt ein weuig niedriger wie gegenwärtig, fo wird es vortheilhafter, Sillerin Wie ausprägen zu lassen und die ausgeprägten Guldensiücke als Zweimarkstücke in den deutschen Ver- fehr zu bringen, weil man für die Zweimarkstücke hier so viel Gold einwechseln kann, daß man mit dem Golde das erforderlihe Silber mit Vortheil kaufen kann. Die Ein- und Zweimarkstücke sind nicht Silber, fie sind nach unserm Geseße Gold nur in so geringer Quau- tität, daß cs sich als Münze nicht darstellen läßt. Um also unsern Silber- umlauf in den Grenzen cines Scheîöderaünzumlaufs halten zu können, müssen wir die Macht haben, die fremden SilLermünzen fernzuhalten. Der Entivurf, wie er vortiegt, nimmt für dcn Bundeêrath die hiczu erforderlichen Befugnisse in Anspru. Der Bundesrath soll die Be-

fngniß haben und es ift biêher, wenigstens in den Verhandlungen

Zweimarkstück. Meine Herren, dadur schließen Sie eine Konkurrenz nicht -

gilt namentli für die Silbermünzen, jo lange man fie als Scheide- .

der freien Kommission, ein Widerspruch gegen diese Bestimmung nicht hervorgetreten die fremden Silbermünzen - zu verbieten. Nun, meine Herren, sucen Sie sich einmal klar zu machen, wie es möglich sein soll, fremde Silbermünzen durch ein Verbot fern zu halten, wenn wir eine Silbermünze einführen, für welche die fremde fich ibrem Werihe nach unmittelbar fubstituiren läßt. Wie wird derjenige, welcher eine folhe Münze in Zahlung giebt, sie unterscheiden, wenn nur das Gepräge einen Unterschied bifkdet? Wenn die Münzen in einer Rolle find, fell er sie aufmachen und sih über- zeugen, daß die Relle keine verbotenen Silbermünzen enthält? Wie kann man eine Strafe überhaupt androhen dafür, daß jemand das Gepräge nicht genau angefehen hat? Wenn das Zweimark}stück in un- serm Münzfystem nicht eriftirt und es giebt jemand cin Guldenstück für zwei Mark in den Verkehr, so weiß er, er hat eine Münze iu den Verkehr gegeben, die als einheimische nicht existirt; wenn er aber einen. öjsterrreischcn Gulben als Zweimarkstück in den Verkehr giebt, während wir ein Zwermarkstück haben, so hat er nur den Adler darauf nicht genau angejchen, solcher Gleichheit der iu- uad auslandischen Münzen gegenüber ist das Verbot des ausländischen nicht dur{chzuführen. Ich glaube, wenn Sie das Zweimarkstück annehmen, so wird der Artikel, welcher von dem Verbot fremder Sibermünzen handelt und ferner dec Artikel, welcher dem Reiche die Verpflichtung auferlegt, Reichsfilbermünzen gegen Reichsgoldmünzen umzutauschen, undur{füßrbar. Sie maden aljo die beiden Artikel, welche am we- semlichsten den Schuß der Goldwährung enthalien, welhzn das Gesetz beabsichtigt, durch eine solche Münze illusorisch. Jch möchte Sie also dringend bitten, niht Jhren Beschluß ven 1871 dadurch theilweise wie- der rück-gängig zu machen, daß Sie eine Münze in das System einführen, welche die Reinheit und Einheit unscres Münzsystems gefährdet. Jch bitte Sie ferner dringend, bei Jhrer Beschlußnahme über das Geseß der sehr schwierigen Aufgabe der Aufrechterhaltung und Dur- führung der reinen Goldwährnung, der Aufrechterhaltung dec Mark als

überall herrschenden Münz- und Rechnungscinheit, endlich der festen

Herrschaft der Geseßgebuag und Verwaltung über das System der Scheidemünzen, nicht eine unüberstciglihe Schwierigkeit durch Ein- führung ciner jo gefahrvellen Münze zu bereiten.

Nach dem Abgeordneten v. Varnbüler erklärte der Präz sident des Reichskanzler-Amts Staats-Minister Delbrü:

Meine Herren! Jh habe nicht die Absicht gehabt, in diefer schon fo grünZlih durchgesprochenen Frage noch das Wert zu ergreifen. Indessen, gegenüber den Ausführungen des Herrn Verredners, welche durch seine anerkannte Autorität gestüßt sind, Halte ih es doch für nothwendig, nocch einige Worte zu sagen, um mich auf das Entschie- denste gegen das Zweimarkftü&ck auszusprechen. Der Herr Vorredner hat mir in einer gewiffen Beziehung die Argumentatien nicht {wer gemachr. Jnadem er davon ausging, daß man den Gewohnheiten des Volkes Rechnung tragen, daß man dafür forgen müsse, eine Münze zu haben, mit der die Ucberjeßung aus dem bestehenden “in das neue Münzsystem leiht werde, eine Münze zu haben, die gerade von diefem Gesichtäpunkte aus zur Ausgleichung dienen fönnte, bat ér meines Erachtens das beste Argument für die Richtigkeit der Auffassung ge- geben, die mein Herr Nachbar Ihnen vorhin entwickelt hat, für die Nichtigkeit der Auffassung nämlich, daß mit Annahme des Zweimark- stüccks zwei verschiedene Währungen in Deutschland geschaffen würden.

Ich verfkenne durchaus niht das Gewicht der Gründe, die dafür sprechen, dem Voike den Uebergang von dem alten zum neuen System nab Thunlichfeit zu exleichtern, das liegt uns gewißz Allen ganz nah, aber dominirend über Allem muß die Rücksicht stehen, daß wir dem Volke ein System schaffen, und wenn das auch mit größeren Schwie- rigkeiten verbunden sein würde als das Schaffen von zwei Systemen.

Meine Herren! Als es sich um die Einführung der Maß- und Gewichtsordnung handelte, da waren wir uns recht wohl bewußt, daß mit dem cinen Federzuge, wodurch der Metec eingefübrt wurde, die Eile nicht fofort aus der Welt geschafft werden würde. Aber wir haben doch daraus nit den Grund hergeleitet, um eiwa eine neue Elle zu machen. Ganz dasselbe, was wir damals vermieden haben, schlägt der Herr- Vorredner uns jcßt vor. Wir würden auf diesem Wege ganz nothwendig, eben weil ich zugeben muß, daß grade in Norddeutshland das Zweimarkstück als Gulden dem Volke eine fehr ansprechende Münze ist, grade darum würden wir dazu kommen, virtuell den Beschluß ven 1871 aufzuheben, um nit blos aufzuheben, sondern ihn zu vers{lechtern. Jh will mit Ihnen diéfutiren, das Gefeß von 1871 zu ändern, und an Stelle der Mark den Gulden zu seßen. Dafür, es ift ja das unverkenibar, lassen sich eine ganze Menge von Gründen anführen, aber nur Eins von Beiden, cniweder deú Gulden oder die Marf, aber nicht beide neben cinander. Der Herr Vorredner ist nech auf das Verhältniß des öfter- reihishen Guldens eingegangen. Jh Habe das Bedürfniß vor allen Dingen auch vou meiner Seite zu bestätigen, was der Herr Abgeord- nete für Mainz in Beziehung auf diefe Frage im Eingange seiner Erörterung gesagt hat. Mir liegt es vielleicht noch viel ferner als ibm, durch eine Maßregel, die dem Eindringen des österreichischen Guldens entgegenwirkt, irgend eines zu thun, was irgendwie auch nur mißdeutet werden könnte als Mangel an Sympathie und Freuud- haft. Aber, meine Herren, die Thatsache können wir dcch nicht iguoriren, und da glaube ich dem Herrn Vorredner noch eins bemerken zu müssen. Handelte es sich blos darum, daß österreichische Gulden na Deutschland gekommen waren aus dem einfachen Ecunde, weil Oesterreich die Papier-Cirkulation hat, jo läge die Sache anders. So liegt die Sache aber nicht. Es wird jeßt speknlationsweise ge- prägt. Anders verhält es sih mit dem „Thaler. Jch kaun nach einer offiziellen Mittheilung anführen, daß Thaler in Oefterreih überhaupt nicht mehr geprägt werden weder für Privatrehnung noch für Staals- rechnung, der Thaler hat mit dem Aufhêren der Münzkonvention auf- gehört, ferner cine österreichische Münze zu fein, er wird nit chr geprägt. Also diese Gefahr brauH:n wir niht mehr zu besürchtez, die stet niht bevot.

Fch wiederhole also, meine Herren, im“ Interesse der Einheit unseres Systems, im Interessc der Durführung einer wirklich ein- heitlichen deutschen Währung stimmen Sie gegen das Zweimarkstfick.

Landtags- Angelegenheiten.

Berlin, 23. April. In der gestrigen Sikung des Herre n- hauses sprach in der General-Diskussion über den Gesezent- wurf, wegen Äbänderung des Geseßes vom 1. Mai 1851, be- treffend die Einführung einer - Klassen- und klasfifizirten Ein- kfommenftieuer Herr von Kleist-Reßow gegen das Gefeß. Der Finanz-Minister Camphausen entgegnete hierauf :

Der Herr Vorredner hat seinen Vortrag begonnen mit cincx gc- \chihtlicen Einleitung über die Schickfale früherer Gesclentwürfe im Hauje der Abgeordneten. Er hat dabei gesprochen von zwei Geseß- entwürfcn, die im Herbste des Jahres 1871 im Abgeordnetenhause eingebraht, und daß beide verworfen worden seien. Schen diese erste Anmahme beruht auf einem vollständigen Jrrthum. Im Jahre 1871 find nicht zwei von einander unabhängige Entwürfe eingebracht wor- den, sondern ein Entwurf, der zwei von cinander abweichende Materien behandelte und bei dessen Berathung sich herausgestellt hat, daß die Gegner der cinen Maßnahme in Koalition mit den Gegnera einer

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