1873 / 98 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 24 Apr 1873 18:00:01 GMT) scan diff

Im weiteren Verlauf der Agen Sizung des 7 Herrenhauses, \sprahen in der Generaldiskussion über den Gesezentwurf, betreffend die Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer, noh die Herren Hasselbach, v. Voß, Gobbin und v. Kleist-Rezow. Auch der Finanz-Minister Camphausen, sowie der Regierungs-Kommissar, Geheime Ober-Finanz-Rath Burghart, griffen in die Diskussion ein. (S. unter Landtags- angelegenheiten.) Ein von dem Herrn v. Voß gestellter Antrag, welcher einen vollständigen Gesehentwurf enthielt, wurde von diesem vor Eintritt in die Spezial-Diskussion zurückgezogen. Zu S. 1, welcher lautet: j

„In allen mahl- und s{lachtsteucrpflichtigen Städten wird von dem 1. Januar 1874 an die Mahl- und S(hlachtsteuer aufgehoben und die Klassensteuer eingeführt.“

beantragte Herr v. Kemniß: Im §. 1 statt: „von dem 1. Januar 1874“ zu seßen: „von dem 1. Januar 1875“; während Herr Selke hierzu folgenden Antrag stellte: :

„In allen mahl- und \chlatsteuerpflihtigen Städten wird von dem 1. Januar 1877 an die Mahl- und Schlachtsteucr aufgehoben und die Klassensteuer eingeführt. Durch Gemeindebeschluß kann in jeder mahl- und \{chlachtsteuerpflichtigen Stadt auch ein früherer Ter- min für die Steuerumwandlung festgeseßt werden. Ein solcher Gemeindebeschluß bedarf jedoch der Zustimmung der Minister des Junern und der Finanzen, j è

Von Herrn Hasselbach wurde noch der Antrag hinzugefügt, daß es den Kommunen gestattet sei, auch früher als am 1. Ja- nuar 1875 die Aufhebung des Gesehes eintreten zu lassen. An der Diskussion betheiligten sich außer dem Referenten die Herren von Kemniß, Hasselbah, Selke, Gobbin und Hobrecht. Bei der Abstimmung wurde der Antrag Selke verworfen und die Anträge Kemniy und Hasselbah angenommen. Ferner wurde das Prinzip des Kemnißschen Antrages für das ganze Geseh angenommen. Die §§. 2—4 und 6 nah den Beschlüssen des

auses der Abgeordneten und der §. 5 mit einer geringen Ab- änderung des Herrn Hasselbah genehmigt, über welche in der nächsten Sizung nochmals abgestimmt werden soll, wo auch die Schlußabstimmung über das ganze Gesez vorgenommen wer- den wird. :

Das Haus verivarf hierauf das vom Hause der Abgeord- neten auf Antrag des Abg. Bernards angenommene Geseß, be- treffend die Aufhebung der Kalender- und Zeitungssem- pelsteuer, nahdem zuvor die Herren Dr. Baumstark, Pr. Tell- kampf und Dr. Becker (Dortmund) sih für und die Herren Freiherr von Manteuffel (Crossen), Graf Krassow, Graf rühl und von Kleist-Reßzow sih gegen die Annahme des Gesetzes aus-

esprochen hatten.

h Es olgte demnächst der mündlihe Bericht der Budget- Kommission über die allgemeine Rechnung über den Staats- haushalt des Jahres 1868. Der Berichterstatter, Graf von der Shulenburg-Angern, beantragte Namens der Kom- mission: Das Herrenhaus wolle beschließen: A

1. Nachstehende Etats-Ueberschreitungen bei dem Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, Kapitel 60, und zwar: a, Titel 2. 2000 Thlr. und 1301 Thlr. 7 Sgr., þ. Titel 4. 1298 Thlr. 3 Sgr. 8 Pf., e. Titel 8. 1260 Thlr. 18 Sgr. 7 Pf., d. Titel 11. 10,000 Thlr. und 4207 Thlr. 22 Sgr. 8 Pf. nachträglih zu genehmigen. IL. Die Entlastung der Königlichen Staatsregierung in Bezug auf die allgemeine Rechnung des Jahres 1868, sowie in Bezug auf die Verwaltung des Staatsschaßes für dasselbe Jahr, aus-

usprechen. j ' | A Haus trat dem Antrage ohne jede Diskussion bei.

Der auf der Tagesordnung stehende mündlihe Bericht der Agrar-Kommission über die Petition des Matthes Kuballa aus Kranowiß wurde wegen Abwesenheit des Referenten von der Tages- ordnung abgeseßt und über die Petition des Dber-Stabs-Apothe- kers Kleist in Stettin auf Antrag des Referenten Hrn. v. Le Coq zur Tagesordnung übergegangen. Dann wurde die Sihung um 41/4 Uhr geschlo}sen.

In der heutigen (25.) Sizung des Herrenhauses, welhe vom Präsidenten Grafen Otto zu Stolberg-Wernigerode um 104 Uhr eröffnet wurde und der der Präsident des Staats- Ministeriums Graf von Roon, der Minister der auswärtigen Ange- heiten Fürst von Bismarck, sowie die Staats-Minister Camp- ‘hausen, Dr. Leonhardt, Dr. Falk und Graf Königsmarck, sowie mehrere Kommissare der Staatsregierung beiwohnten, wurde zu- nächst nochmals in die Diskussion über den Geseßentwurf, be- treffend die Aufhebung der Mahl- und Schlachtsteuer ein- getreten. Nachdem sich Hr. von Kleist-Reßow gegen, Hr. Hassel- bah für die Vorlage erklärt und der Finanz-Minister Camp- hausen gleichfalls in die Diskussion eingegriffen hatte, wurde der Gesezentwurf in der gestern beshlossenen Fassung mit der von Hrn. Becker (Halberstadt) beantragten Resolution angenommen.

Demnächst trat das Haus in die Vorberathung über den Geseyentwurf, betreffend die Vorbildung und Anstellung der Geistlihen. Der Präsident theilt dem Hause zunächst mit, daß von dem Grafen Landsberg Protest gegen die neuer- dings vom Hause beshlo}sene Behandlung der Vorlage erhoben sei, und fügte dieser Mittheilung hinzu, daß er diesen Protest für unbegründet halte; er werde demselben daher keine Folge geben. Hierauf trat das Haus in die Gene- raldiskussion der Vorlage. Bei derselben sprachen bis zum Schlusse des Blattes die Herren von Wißleben, Freiherr von Manteuffel (Crossen), Graf Skorzewski, von Gruner und Graf Krassow gegen, Graf zu Münster, vom Rath “und Gobbin für die Vorlage. Auch der Minister für die geistlichen, Unter- rihts- 2c. Angelegenheiten nahm in der Diskussion das Wort.

Se. Majestät der Kaiser und König haben dem Komite, welches sich die Aufgabe gestellt hat, zum Gedächtniß Wilhelms von Oranien ein Monument in Gestalt eines auf der Ruine zu Dillenburg, Regierungsbezirk Wiesbaden, zu erbauenden Schloßthurmes, zu errihten, einen Beitrag von 3000 Thlr. zu- sichern zu lassen geruht.

In Folge einer Verfügung vom 27. Juli 1871 is die früher ae Einziehung der von 1750 bis incl. 1816 auf freien Stempeln geprägten preußischen Thaler eingestellt worden. Es is beshlossen worden, diese Maßregel jeßt wieder zur Ausführung zu bringen und in r auf die von 1817 bis incl. 1822 im Ringe geprägten preußischen Thaler auszudehnen, welche auf der einen Seite das Brustbild in Uniform und auf der anderen Seite den Adler auf Trophäen zeigen und nah diesen Merkmalen ebenfalls unshwer herauszufinden sind.

Beide Sorten sind von den Spezialkassen an die Regierungs- Hauptkassen abzuführen, von Leßteren aber einstweilen bis auf weitere Bestimmung, beide Sorten abgesondert, zu afserviren.

Hannover, 23. April. Der Ober-Präsident Graf zu Eu- lenburg if heute Naht, von Berlin kommend, hier wieder eingetroffen. :

Frankfurt a. M., 283. April. (W. T. B.) Die

ments kehren heute um 3 Uhr nah Mainz zurück, die beiden Bataillone ‘as Homburg und Wiesbaden verbleiben vorläufig noch hier. 21 81% R R

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„Bayern. München, 22. April. In Betreff der Hof feste zu Ehren des Prinzen und der Prinzessin Leo- pold meldet die „Alg. Ztg.“, daß das Banket mit großem Cere- moniell am 30. d. M. im Festsaalbau der Residenz und, ih demselben anschließend, am Abend Festvorstellung im Königlichen Hoftheater, théâtre paré, stattfindet, und daß am 2. Mai Abends ein Hofkonzert{wird abgehalten werden:

Prinz Luitpold wird mit der Prinzessin The- rese und dem Prinzen Arnulf morgen Nachts aus Wien wieder hier eintreffen, der Prinz und die Prinzessin Ludwig aber, welche sich zunähst zum Besuche ihrer Familie nah Gmunden begaben, werden wohl ers Ende der Woche hierher zurück- kehren.

Aus dem Königlichen Abschied für den Landrath von Oberfranken geht hervor, daß eine Revision des Landraths- gesezes vom 28. Mai 1852 in Ausficht genommen ist, denn es soll hierbei der Antrag: „eine zeitgemäße Erhöhung der Reise- und Taggebühren der Mitglieder des Landraths baldthunlichft herbeizuführen,“ in Erwägung gezogen werden. Nach dem der- maligen Geseß betragen die Diäten der Landräthe drei Gulden täglih.

Der oberste Schulrath, von dessen 8 Mitgliedern bekanntlih sechs ihren ständigen Wohnsiß in München haben, versammelt si, - wie die „Allg. Ztg.“ mittheilt, wie bisher, in jeder Woche mindestens einmal an einem hierfür ein für- allemal festgeseßten Tag unter dem Vorsiß des Unterrichts-Ministers, zur Erledigung der ihm verordnungsmäßig zugewiesenen Ge- schäftsgegenstände, sodaß es also einer speziellen Einberufung niht bedarf. Zu den kurz vor Oftern abgehaltenen besonders wichtigen Schulraths\sizungen, welche eine Dauer von fast zwei Wochen in Anspruch nahmen, waren auch die beiden auswärts wohnenden Mitglieder -des Kollegiums einberufen, und solche Plenarsizungen des obersten Schulrathes, welche die betreffende Korrespondenz aus\{ließlich im Auge gehabt zu haben scheint, werden im Laufe des Iahres noch öfter, vermuthlich auch im August oder September, \sih wiederholen.

Sachsen. Dresden, 23. April. Der Kronprinz, welcher im Iahre 1828 geboren wurde, feiert heute sein Ge- burtsfest, der Prinz Georg seinen Namenstag. Bei Ihren Kö- niglihen Majestäten findet zu Ehren des Tages _in Wachwiß Nachmittags Familientafel statt. S D: 6 titd

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Braunschweig, 23. April. Die Landesvexrsammlung

ist mittelst höchsten Reskripts auf den 6. Mai zusammenberufen «i Ag E M 8 R N id Lt R S

7 gli ar R Gra t È fis ch utt eil Mit d iei L) B R Ey L ZLA IWoLDEen. L L E L E A Lud 2B Hiti7 BL U. Li N: V D s R R Ln

Sachsen - Coburg - Gotha. Gotha, 22. April. Die Geseßsammlung für das Herzogthum Gotha veröffentliht eine Verordnung, die Abhaltung der Feuerschau außerhalb der Städte Gotha, Ohrdruf und Waltershausen betreffend,

4. April 1873. 21 08 05 10 E E R 2A Waldeck. Arolsen, 22. April. Das Reg.-Bl. öffentliht eine Bekanntmachung des Landes-Direktors, nach wel- cher öfterreichishe und ungarishe Silbergulden bei den öffent-

[lichen Kassen nicht mehr in ahlung angenommen werden.

Lippe. Die Nr. 3 der: „Gesehßsammlung für das Fürsten- thum Lippe“ enthält die nachstehende Verordnung:

„Von Gottes Gnaden Wir Paul Friedrich Emil Leopold U. st. w. verordnen hiermit auf Grund des §. 3 des Geseßes vom 3. Dezember 1867, vorbehaltlich der nachträglichen Genehmigung des Landtags, was folgt: §. 1. Den Elementaxlehrern des Landes werden für das laufende Jahr Theuerungszulagen bewilligt, welche in pierteljährigen Raten an die Lehrer, deren Gehalt 400 Thlx. jährlich nicht übersteigt, aus den Lokalschulkassen auszuzahlen sind. §. 2. Für cinen Neben- lehrer beträgt die Zulage 20 Thlr., für eiven Hauptlehrer auf dem Lande 40 Thlr. und für einen Hauptlehrer in der Stadt 50 Thlr. L 3. Zulagen, welche einzelne Schulgemeinden ihren Lehrern bewilligt ava sind dabei in Anrechnung zu bringen. §. 4. Diejenigen Schul-

gemeinden, welche zur Bestreitung ihrer O Ne auf die Er-

hebung von Steuern angewiesen find, haben die für dieje Theuerungs- klart erforderlichen Gelder zur Hälfte nach dem Grundsteuerfuße und zur anderen Hälfte nah dem Klassensteuerfuße aufzubriugen. Detmold, 10. April 18738. : Leopold, Fürst zur Lippe. v. Flottwell.

Lauenburg. Raßzeburg, 22. April. Das Herzogthum Lauenburg hat jeßt zwei Budgets, weil das Land in zwei Ver- waltungen getrennt is: in die Staats-Verwaltung, die unter Leitung des Landrathes, und die ständische, die unter Leitung des Landschafts-Kollegiums steht. Das Staats-Budget \{hließt mit 173,000 Thlr., das ständische mit 262,800 Thlr. ab, beide gleichen fich aus ohne Ueber- und Untershuß, obwohl beim stän- dischen ein Uebershuß von 4307 Thlr. sich herausstellt, denn diese Summe is zur Ausgleihuug am Schlusse für mögliche, nit zu bestimmende Ausgaben ausgeworfen; zusammen beträgt also Einnahme und Ausgabe 435,500 Thlr.

DHesterreich-Ungarn. Wien, 23. April. Die gesammte fonsolidirte Staats \{chuld der im Reichsrath vertretenen Kö- nigreiche und Länder betrug Ende Dezember 1872 2,589,093,241G., 18,866,947 G. mehr als Ende 1871. Die \{hwebende Schuld betrug Ende 1872 41,667,350 G., 2,736,117 G. weniger als Ende 1871, die Gesammtishuld (mit Hinzurehnung von 14,114,682 G. Entshädigungsrenten in Kapital veranschlagt) 2,644,875,274 G., 16,126,217 G. mehr als Ende 1871.

Die gemeinsame \{chwebende Schuld betrug Ende 1872 375,991,886 G., 868,627 G. weniger als Ende 1871.

Die Prinzen Luitpold, Arnulf und Ludwig, und die Prinzessinnen Marie und Therese von Bayern sind heute nah München zurück gereist; der Kaiser und Erzherzog Älbrehzt gaben denselben das Geleit nah dem Bahnhofe.

u Herrenhaus nahm gestern das Geseß, betreffend die Eisenbahnen Rakonig-Pilsen, Falkenau-Grasliy und Donau- Oderkanal, an. Bezüglich der Aufhebung des Legalisirungs- zwanges wurde nah längerer Debatte der Kommissionsantrag angenommen. Der Gesegentwurf, betreffend die Staatsvorschüsse für Joachimsthal wurde dem Finanzaus\chusse zugewiesen. Im Herrenhause wurde heut die Berathung sämmtlicher bisher noch nit erledigter Gesezentwürfe zu Ende geführt.

beiden gestern hier eingetroffenen Bataillone des 87. Regi-

In der heutigen e des Abgeordnetenhauses nahm der neuernannte Minister Ziemialkowski zum ersten Male

auf der Ministerbank Plaß; das Haus nahm die Wahl der

Delegirten für Galizien vor und erledigte auch die übrigen

Punkte der Tagesordnung. In seiner Schlußrede gab der Prä- sident Hopfen eine Uebersicht über die Thätigkeit des Reichs- rathes, wies auf das künftige aus direkten Wahlen hervorgehende Abgeordnetenhaus hin, welches die parlamentarischen Rechte im Namen des Gesammtreiches und für dasselbe ausüben werde und \chloß mit dem Ausdrucke treuer Anhänglichkeit und Dankbarkeit für den Kaiser, dem ein dreifahes Hoh ausgebraht wurde.

In der ungarischen Delegation beantwortete gestern der Sektionsrath Mercey die Interpellation Währmauns dahin, daß die gemeinsamen Aktiven ein ungetheiltes Eigenthum beider Staatsgebiete bilden und nicht in das Reichsbudget gehören, da- her die Verwaltung derselben niht dem Reihs-Finanz-Minister obliegt.

24. April. (W. T. B.) Der Reichsrath is} soeben vom Kaiser mit folgender Thronrede geshlössen worden :

„Geehrte Herren von beiden Häusern des Reichsrathes! Als ih Sie bei dem Beginne Jhrer verfassungsmäßigen Thätigkeit um meinen Thron versammelte, verkündigte ih Ihnen die großen und umfassenden Aufgaben, zu deren Erfüllung ich meine Regierung und Sie berufen hatte. Mit Befriedigung vermag ih es am Schlusse is Thätigkeit auszusprechen, daß die Mehrzahl dieser Aufgaben durch hr einträchtiges Zusammenwirken mit meiner Regierung eine glückliche Löïung gefunden hat. Mittels Jhrer patriotischen Mitw irkung ift es gelungen, durch unmittelbare Bildung der Reich8vertretung in einer den gegebenen Verhältnissen sih anschließenden Weise dem Reichsrathe die erforder- lihe Unabhängigkeit zu verleihen und daducch unbeschadet der Selbst- ständigkeit der Länder die Einheit des Reiches zum entsprechenden Ausdrucke zu bringen. Auf diesem Boden mögen \ih nun alle Volksstämme und Partein versammeln, um im Geiste der Versöhnung und in edlem Wetteifer an der Größe und Ehre des Gesammtvaterlaudes und an der gedeih- lichen Fortbildung des verfassungsmäßigen Lebens mit vereinten Kräften zu arbeiten. Meine Hoffnungen und Wünsche verbinden sih mit den Ihren, daß dieses Werk Oesterreih zum dauernden Heile und Segen gereichen möge. Die Bemühungen, dem Königreiche Ga- lizien eine. mit der Einheit und Macht des Gesammt- staates verträglihe Erweiterung der Autonomie einzuräumen, haben nicht zu dem angestrebten Ziele geführt. Jn der Berufung eines dem Lande Galizien angehörenden Mitgliedes in den Rath der Krone wird jedoch dieses Königreich einen Beweis fortdauernder Fürsorge cr- kennen. Auf dem Gebiete der Justiz - Geseßgebung find durch Jhre eifrige Mitwirkung wichtige Resultate erzielt worden. Nach jahre- langer Arbeit ist es gelungen, die Reform des Strafverfahrens zum Abschlusse zu bringen und dabei dem Geschworenengerichte unter Wahrung des ihm durh das Staatsgrundgeseß zugewie]senen Wirkungskreises eine seinen Fortbestand verbürgende Einrichtung zu geben. Durch eine Reihe anderer Geseße werden lang empfundene Bedürfnisse auf dem Gebiete der Rechtspflege befriedigt. Jn voller Würdigung der Be- deutung der Hochschulen für die Pflege der Wissenschaft, haben Sie bei Einrichtung der Universitätsbehörden sowie der Organisation der Hochschuleu für Technik und Bodenkultur ihre Zustimmung dazu er- theilt. Mit patriotischem Sinne haben ie die Hebung der Wehrkraft der Monarchie sowie die Ausbildung und Ent- wickelung der Landwehr gefördert. Ein großer Theil Jhrer Thätigkeit war der Pflege det volkswirthschaftlichen und Verkehrsinter- essen gewidmet. Insbesondere sind durch Ihre Mitwirkung Mittel und Wege geschaffen worden, um neue Schienenverbindungen herzu- stellen und alle Länder des Reiches der Wohlthat dieses Verkehrsmit- tels theilhaftig werden zu lassen. Durch eine Reihe internationaler Verträge hat der Post-, Telegraphen- und Handelsverkehr mit dem Aus- lande eine wesentliche Förderung erfahren. Der Aufschwung des volkswirth- schaftlichen Lebens und die stelige Zunahme des Staatskredites geben gegründete Hoffnung auf die baldige und vollständige Regelung des Staatshaushalts. Die zur Dcs der pekuniären Lage des Beamtenstandes erforderlichen Mittel haben Sie im reichlichen Maße gewährt und mit wiederholter Bereitwilligkeit für die Vermehrung der Einkünfte der niederen Geistlichkeit Sorge getragen. Mit dankbarem Herzen gedenke ih der Theilnahme, womit Sie in angestammter Treue und Anhänglichkeit die \{chmerz- lichen und freudigen Ereignisse in meixem Hause begleitet haben. Nur wenige Tage trennen uns noch von dem großartigen Schauspiele der Enfaltung aller Kräfte und Bestrebungen der Industrie und Kul- tur. Jhrer Unterstüßung ist es zu danken, daß Oesterreich im fried- lichen Wettstreite aller Kulturvölker der Erde eine würdige Stätte zu bereiten vermochte, unter günstigen Verhältnissen tritt das große Unternehmen ins Leben: der Friede Europas ist unge- trübt und Oesterreih nah allen Richtungen hin in erfreulichem Auf- {wung begriffen. Mit dem frohen Ausblicke auf die gesicherte und gedeillihe Fortentwickelung unseres theuren Vaterlandes und mit dem erneuerten Ausdruck meines Kaiserlichen Dankes und Wohlwollens erkläre ih die Session des Reichsrathes geschlossen, und entlasse Sie in ihre Heimath.

Pesth, 22. April. Graf Zichy ist zum ungarischen Obetst- Truchseß, Graf Miko zum ungarishen Oberst-Mundschenk, Graf Almassy zum ungarischen Ober-Thürsteher ernannt worden.

Niederlande. Haag, 23. April. (W. T. B) Der Staats- regierung is, wie von gut unterrihteter Seite gemeldet wird, keinerlei Nachriht zugegangen, durch welche das gestrige Lon- doner Telegramm aus Penang bestätigt würde. Wie der „Staatscourant“ bereits am 20. und 21. d. anzeigte, wurde Padang zur Militärstation ausersehen, von welcher aus zwei Dampfer die Verbindung mit Atchin unterhalten sollten, und dürfte dieser Umstand zu- der Nachriht von dem Rückzug der Truppen nach Padang und zu den anderen daraus gezogenen Vermuthungen Veranlassung gegeben haben.

Das Hauptkomite des niederländischen rothen Kreu- zes hat dem Beschlusse des Vereinskomites in Rotterdam, dem Centralkomite in Batavia eine Summe von 10,000 Gulden für die verwundeten Militärs bei der Expedition nah Atchin zu übersenden, Genehmigung ertheilt.

Velgien. Brüssel, 23. April. (W. T. B.) Die Repräsentantenkammer nahm heute den Geseßentwurf, betreffend 7die Aufnahme einer Anleihe von 240 Millionen mit 74: gegen 10 Stimmen an.

Großbritannien und Jrlaud. London, 22. April. Der Prinz von Wales is gestern von Sandringham in Marl- borough-House eingetroffen. Am Donnerstag, den 24. d., begiebt fich der Prinz über Brüssel und Stuttgart nah Wien, um der “Eröffnung der dortigen internationalen Ausstellung beizuwohnen. Prinz Arthur tritt am gedachten Tage ebenfalls die Reise nach Wien an. |

Die Korporation der City von London beab- sichtigt, den Schah von Persien während seines Besuches in der Hauptstadt ein Bankett in der Guildhall zu geben.

Géneral Mohsin Khan, der frühere persishe Gesandte in London, hat fich, wie dem „Reuterschen Bureau“ gemeldet wird, am 22. d. von Paris nach Konstantinopel auf seinen neuen Posten als Botschafter des Shahs von Persien bei der Pforte begeben.

Aus Toronto in Canada werden unterm 21. d. einige ministerielle Veränderungen gemeldet. Herr Joseph Howe hat auf seinen Siy im Kabinet als Staatssekretär für die

Provinzen resignirt, und wird zum Nachfolger des General-Lieu-

tenants Sir C. H. Doyle als Gouverneur von Neuschottland Herr M'Donald, der Abgeordnete für Neu- ] Pro- vinzen werden. Die Regierung der Prinz Edward-Insel hat

ernannt werden.

\ottland, wird an Stelle Howe's Staatssekretär für die

ihre Funktionen niedergelegt.

Frankreich. Paris, 22. April. Der General-Sekretär

des Rhone-Departements ist nah Paris berufen worden. __— Heute versammelte sich das Vertheidigungs-Ko- mite unter dem Vorsize des Präsidenten Thiers im Elysée. Gegenstand der Besprehung waren die Befestigungen von Paris. 24. April. (W. T. B.) Gambetta hat am Dienstag Abend in Menil-Montant eine Ansprache an die Wähler der radikalen Partei gerichtet. Er erinnerte zunächst daran, daß er in seiner zu Bordeaux gehaltenen Rede empfohlen habe, die frühere \ystematishe und kampfbereite Opposition aufzugeben und anstatt deren eine legale und konstitutionelle Haltung an- zunehmen. Gambetta betonte dann, daß seine Partei \eit 1871 stets diese gemäßigte und weise Politik innegehalten und der Regierung des Präsidenten Thiers ihre Unterstüßung geliehen habe, ohne welhe jene fih nicht würde haben balten können. Auch ferner müsse die Partei die Regierung unterstüßen, da diese die Republik repräsentire, durh welche allein die Wieder- herstellung Frankreihs bewerkstelligt werden könne. Nach eini- gen Bemerkungen gegen die gemäßigten Republikaner, welche augenblicklih die Kandidatur Rémusats aufreht erhalten, hob Gambetta hervor, daß das Land die drei großen von demselben begehrten Reformen, nämlih die Einführung des unentgeltlichen und obligatorischen Unterrichts durch weltlihe Lehrer, die Re- form des Heeres und die Umänderung des gesammten Abgaben- systems bisher noch niht habe erlangen können. Er wies end- lih auf seine Grenobler Rede über das Herannahen neuer ge- sellshaftliher Entwickelungen hin und sprach \chließlich über die gegenwärtige glänzende Entfaltung der Demokratie seine Befrie- digung aus. /

Spanien. Madrid, 23. April. (W. T. B.) Die Permanenz-Kommission der Nationalversammlung und das ‘Ministerium sind zu einer Sizung versammelt. Man hofft auf eine Einigung. Das Sigzungslokal i von einer Menge Neugieriger umgeben. Die Stadt is vollkommen ruhig die Läden sind geöffnet. Die wichtigsten Punkte find von der Nationalgarde beseßt. Der General - Kapitän von Madrid, Pavia, hat seine Entlassung genommen.

Ein Telegramm aus Perpignan vom 23. April meldet das Gerücht, daß der General-Kapiätn von Katalonien, Velarde, seine Entlassung zu geben gedenke, weil von der Regierung seine gane Strenge gegen die Insubordination der Truppen gemiß- illigt werde.

Îtalien. Rom, 20. April. Der Voranschlag der Staatsausgaben für das Jahr 1874 if auf 1,283,926,188 Fres. berechnet, nämlih 724,251,912 Fres. für das Finanz-Ministerium: Verzinfung der Staats\huld, Garan- tien und Dotationen, 16,980,000 Fres. Kirchendomäne und Re- servefonds, 96,159,993 Fres. Verwaltungskosten, 171,622,237 &res. Kriegs-Ministerium, 124,228,469 Frcs. Oeffentliche Arbeiten, 50,370,764 Frcs. Ministerium des Innern, 35,649,995 Fres. Marine-Ministerium, 29,955,342 Frcs. Justiz-Ministerium, 20,246,963 Fres. Yan Unterricht, 8,792,788 Fres. Handel, Gewerbe und Ackerbau und 5,733,500 Frecs. Ministerium des Aeußern.

Der Kriegs-Minister betreibt die Reorganisations- arbeiten mit allem Eifer, damit seine Pläne sofort ausgeführt werden können, wenn fie die Genehmigung des Senats und die Sanktion des Königs erhalten haben. Die Resultate der Ver- besserungen sollen noch in den diesjährigen großen Manövern beobachtet werden welche die Uebungen in den Instruktionslagern beschließen werden.

Der russishe Admiral Bontak off ist am Bord einer Korvette in Neapel angekommen und sofort nah Sorrent 1eiter- gereist. Ein russishes Geshwader, welches für das Mittelmeer bestimmt is, wird ihm bald nachfolgen.

Der General-Sekretär des Ministers für Handel, Ge- werbe und Ackerbau, Com. Lezatti is gestern nah Florenz gereist, um mit dem dortigen General-Steuer-Direktor über den Zolltarif zu verhandeln und Stoff für die Unterhandlungen über den neuen Handelsvertrag mit Frankreih zu sammeln.

24. April. \ (W. T. B.) Ueber die Reise des Königs nach Wien sind, wie die „Opinione“ meldet, bisher keine de- finitiven Bestimmungen getroffen ; doch gilt als feststehend, daß, wenn die Reise nah Wien zur Ausführung käme, der König auch noch Berlin besuchen würde.

Neapel, 23. April. (W. T. B.) Eine ruffishe Korvette ist von hier nah Ragusa ausgelaufen, um den Fürsten von Montenegro abzuholen, welcher der russischen Kaiserin in Sorrent einen Besuh zu machen gedenkt.

Griechenland. Athen, 12. April. In der Kammer sind die Debatten über die Verifikation der Wahlen, die vor 9 Tagen eröffnet wurden, gestern beendigt worden. Dieselben waren sehr lebhaft und einige Male sogar ftürmish. Durch die Wahlen, welche für nihtig erklärt wurden, verliert die Regie- rung 13 Stimmen, und da sie im Anfange 86 gegen 93 hatte, beläuft sih ihre jeßige Stärke auf 73 gegen 93 Stimmen. Da die Regierung die Mehrheit niht hat, der König ih aber von seinem Ministerinm nit trennen will, ift die Kammer dur ein in der heutigen Sizung verlesenes Dekret auf 40 Tage vertagt worden.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 23. April. Am nähsten Donnerstag wird hier die feierlihe Einweihung einer neuen katholishen Metropolitankirche stattfinden.

Amerika. New-York, 23. April. (W. T. B.) Sei- tens der Modoc-Indianer wurde am Sonntag ein Angriff auf Munitionstransporte gemacht; die Truppen der Vereinigten Staaten erlitten dabei einen Verlust von einem Mann, die Modoc-Indianer wurden \chließlich durh Geschüßfeuer zurück- gewiesen. Die Regierung hat eine Untersuhung über die bei der Geschäftsführung der Kommissare für die Wiener Weslt- ausstellun vorgekommenen Unregelinäßigkeiten angeordnet. Nah Berihten aus Havanna is ein Dekret erlassen worden, wodurch die der Regierung anhänglich gesinnten Ehefrauen der- jenigen Insurgenten, deren Güter eingezogen sind, wieder in den Besiß dieser Güter gesegt werden.

___— New-Yorker Zeitungen veröffentlihen Nachrichten aus gra nna, welche die daselbst erfolgte Ankunft des neuen General-Kapitäns Pultain melden. Die Bevölkerung empfing ihn mit tiefem Schweigen. In seiner Proklamation fordert der General-Kapitän die Soldaten, die Bevölkerung und die Frei- willigen auf, eine energische und - entshlossene Anstrengung zur

Frère Sklaverei in Muscat und Macula unterzeichnet. Einem Wiener Telegramm der „Daily News“ óu-

folge hat Persien gegen das Dekret, welches Perser mit otto- mannischen Unterthanen assimilirt, Protest eingelegt und gedroht, die diplomatishen Beziehungen mit der Pforte zu suspendiren, falls leßtere ihre Entscheidung aufrechthält. __— Wie der „Köln. Ztg.“ aus Hongkong geschrieben wird, hat der junge Kaiser von China, Tung thi, am 23. v. M. die Reichsregierung selbständig übernommen. Die Kai- serzeitung macht bekannt, daß nach diesem Tage nur eine Karte von denen abzugeben sei, welche Audienz beim Kaiser haben, während bisher deren drei abgegeben werden mußten: eine für den Kaiser, eine für des Kaisers Mutter und eine für die ver- wittwete Kaiserin. Die chinesishen Kriegs\cife. zogen ihren Slaggenshmuck auf ; die Bevölkerung verhielt sich überall giem- lih theilnahmtos.] 5 724: * E É Afrika. Nachrichten vom Cap der guten Hoffnung melden, daß in der Capstadt eine Bewegung zu Gunsten einer Universität für die Kolonien begonnen hat. Das Projekt findet den Beisall der verschiedenen wissenschaftlihen Körper- \chaften in der Kolonie. Nah in London am 24. April eingegangenen telegraphi- hen Mittheilungen aus Alexandrien und Khartoum be- finden sh Samuel Baker und seine Gemahlin bei Fa- tookra in Sicherheit.

_ Nr. 33 der „Annalen der Landwirthschaft in den König- lich Preußichen Staaten“ hai folgenden Inhalt. Preußen: Er- laß des Finanz-Ministers, betreffend die Zeitdauer der akademischen Fachstudien für Forstbeamte des Staates. Verzeichniß der im

ahre 1873 behufs des Remonte-Ankaufs anberaumten Märkte. Die Kanalbauten zur Wiesenbewässerung auf den jütländischen Haiden. Deutsch von W. Finn. Genexalversammlung des deutschen Fischerei- vereins am 7. April 1873. Ueber einen neuen Apparat zum Speisen der Dreschtrommel von Dampfdreschmaschinen. Aus dem Herzogthume An- halt. Literatur: Prof. Dr. Karl Birnbaums Georgika. Studien zur Entwielungsgeschichte des Schafes. Von M. von Neidshüß. Beson- dere Beilage zum „Deutschen Reichs-Anzeiger.“ Vermischtes: Mit- theilungen aus dem ersten Bande des Census of Canada. Vereins- ver]ammlungen. Marktbericht. Biehpreise. Stärkepreise,

Die neueste Entscheidung des Reihs-Ober-Han- delsgerichts in A betrifft Lotteriegewinn: Berechtigung, keine Verpflichtnng zum Weiterspielen in der folgenden Klasse. Bestinm- mungen des Plans cessiren bei anderweiten Vereinbarungen. Reten- tionsreht des Collecteurs bei Nichtsendung der Einlegegelder, aber darum noch kein Recht, einseitig vom Vertrage abzugehen ohne zuvorige Friftgewährung nah Art. 356 des H.-G.-B. Der Collecteur handelt arglistig, wenn er sih in die Lage verseßt, das Resultat der Ziehung abzuwarten und je nahdein vom Vertrage abzugehen oder ihn zu halten. Dessen Anzeigepflicht vom Resultat der Ziehung.

Statistische Nachrichten.

Die Zusammenstellungen , welche die Vorsteher der Stettiner Kaufmannschaft auf. Grund der von der dortigen Packhofsbuchhalterei gelieferten Notizen über die im Jahre 1872 in Stettin seewärts ein- resp. vön den ausgegangenen Waaren weisen bei: der Einfuhr von 140 Positionen bei 88 eine Mchr-, bei 52 eine Minder- cinfuhr gegen das Jahr 1871 an. Am erheblihsten war die Mehr- einfuhr bei Roh- und Brucheisen 557,089 Ctr., groben geshmiedeten Eisenwaaren 241,017 Ctr., Weizen 223,699 N.-Schffl., Roggeu 1,992,085 N.-Schffl., Schmalz 119,372 Ctr., Steinen 121,800 Ctr., Mauer- und Dachziegeln 150,050 Ctr. Die Mindereinfuhr war am bedeutendsten bei Gerste, Hül)enfrüchten und Mais 120,634 N.-Schffl., und bei Steinkohlen und Koks 1,487,275 Ctr. Bei der Ausfuhr er- gaben von 127 Positionen 85 eine Mehr- und 42 eine Minderausfuhr. Am stärksten war die Mehrausfuhr von Gyps und anderen Erden 217,123 Ctr. und Kartoffeln (324,236 Ctr. Ausfuhr) ; Minderausfuhr ergaben besonders: Weizen 698,784 N.-Schffl.,, Roggen 137,218 N.- Schffl., Gerste 217,633 N.-Schffl., Hafer 101,281 N.-Schffl., Raps und Rübsen 131,873 Ctr., Kraftmehl und Mühlenfabrikate 117,518 Ctr. Unter zollamtlicher Kontrolle gingen im Jahre 1872 2672 Schiffe, 314 weniger, als im Jahre 1871 cin; 2194 Schiffe, 43 mehr als im Jahre 1871, liefen aus.

Bremen, 22. April. Das Jahrbuch für die amtliche Statistik, betreffend den Schiffahrts- und Waarenverkehr Bremens im Jahre 1872, ist so ebeu erschienen. Die Tabellen illustrircn den großartigen Aufshwung, welchen Bremens Handel und Schiff- fahrt im vorigen Jahre genommen hat. Der Werth der Gesammt- Einfuhr Bremens war im vorigen Jahre 496,197,211 Mk, ca. 30 Mill. Mk. mehr als im Vorjahre. Der Werth der Gesammtausfuhr war 471,168,197 Mk, ca. 50 Mill, Mk. mehr als im Vorjahre. Die Schifffahrtsbewegung bezeichnen folgende Daten: Es kamen 3638 Seeschiffe mit einer Ladungsfähigkeit von 567,764 Lasten à 2000 Kilo an. Es gingen ab 3568 Seeschiffe mit 543,937 Last.

Kunst und Wissenschaft.

Berlin, 24. April. Am 19. d. M. wurde hier im Bibliothek- lokal der Gesellschaft für Erdkunde die Afrikanishe Gesell- \chaft gegründet dur die geographischen Vereine Deutschlands, von denen Leipzig, Dresden, Halle, Hamburg, München dur Delegirte vertreten waren.

_ Köln, 16. April. Das Metropolitan - Domcapitek hat behufs Beschaffung eines Gesammtplanes für die Ausstattung des inneren Domes eine beschränkte Konkurrenz ausgeschrieben und sieben in der kirchlichen Baukunst bewährte Meiste ür Betheiligung eingeladen. Die Gegenstände der Konkurrenz find folgende: 1) Ein Plan zu einem neuen Hochaltar; 2) Pläne zu einem erzbis{hsöf- lichen Throne von Holz an der Evangelienscite und zu Sedilien für das Hochamt, ‘ebenfalls von Holz, dem Thron gegenüber an der Epistelseite. 3) Pläne zu einem Chorabschluß zwischen den Pfeilern, welche den Dies von der Kreuzvierung trennen, in Form eines Lett- ners. Der Chorabschluß muß möglichst durhsichtigt sein und nament- lih den Andächtigen, welche im Kirchenschiffe fi befinden, den freien Blick auf den Hochaltar und die dort vorgenommenen feierlichen Funk- tionen gestatten; 4) Pläne zu Beichtstühlen für die Chorkapellen und das Kirchenschiff ; 9) Einen Plan zu einer E an der Stelle und in der Höhe der jeßigen. An der Konkurrenz haben vier Architekten Theil genommen, deren Entwürfe in einem Saale der erzbishöflichen Wohnung ausgestellt find.

_ In Göttingen tagte vom 16.—18, April die erste Ver- sammlung deutscher Mathematiker. Außer den zahlreichen Theilnehmern, welche aus allen Theilen Deutschlands \ih eingefunden hatten, war eine Anzahl von hervorragenden auswärtigen Gelehrten aus Dänemark, Ungarn 2c. erschienen, um ihr lebhaftes Interesse an der ul en Wissenschaft zu bekunden. In einer unter dem Vorsißze des Professor Stern abgehaltenen Sißung, welche dur eine Ansprache von Professor Brill eröffnet wurde, beschloß man, die nächste Ver- ammlung in einer süddeuts{ën Stadt, und zwar zu Ostern 1875, in Würzburg abzuhalten.

München, 21. April. In Folge des Ablebens des Frhrn.

Unterdrückung des Aufstandes zu machen. Er kündigte an, daß

jene Insurgenten, die sich ergeben, mit offenen Armen empfangen werden würden, daß er aber unaufhötlich gegen Iene kämpfen werde, welche dabei beharren, die” Feindseligkeiten fortzusezen. F

Afien. Bombay, 23. April. (W. T. B.) Sir Bartle hat Verträge wegen gänzlicher Ab\ chaffung der

Leitung der Geschäfte des Präsidiums der Akademie einstweilen übernommen. Der io Des Professor Dr. J. Berchtold prertetoft, ift zum ordentlichen Professor des Kirchenrechts und der

eutschen Reichs- und Rechtsgeschichte an der Universität München er- nannt worden.

Laut telegraphisher Nahricht aus Stuttgart ist dort gestern der Schriftsteller Wolfgang Menzel im Alter vou 74 Fahr ge-. storben. Derselbe war am 21. Juni 1798 zu Waldenburg in Schlesien geboren, machte die Befreiungskriege mit und ließ fich im Jahre 1825 als Fritischer Mitarbeiter des Cotta’schen „Morgenblattes" in Stutt- gart nieder. Hier arbeitete er in den Jahren 1825—1848 uud 1852— 1869 am „Literaturblatt“ und gab außerdem „Die Deutsche Lit ratur“ heraus, dessen polemischer Theil heftige Angriffe hervorrief; später folgte sein literar-historishes Werk: „Deutsche Dichtung von der ältesten bis auf die neuefte Zeit“ (3 Bde. Stuttgart 1858 —1859). Von seinen hervorragenderen historischen Werken sind zu erwähnen zu- nächst seine „Geschichte der Deutschen“ (5. Aufl. 1855, 5 Bôde.); ferner: „Geschihte Europas von 1789—1815“ (2. Aufl. 1866), „Ge- \hihte der leßten 40 Jahre“ (3. Aufl. 1854), „Die leßten 120 Fahre der Weltgeschichte von 1740—1860“ (1860, 6 Bde.), Fortseßung 1860 bis 1866 (1869, 2 Bde.), 1866—1870 (1871), „Allgemeine Weltge- schichte“ (1862—1863, 12 Bde.), „Der Deutsche Krieg 1866“ (1867). Als Dichter hat sich Menzel durch die beiden geist- und phantasiereichen Märchen „Rübezahl“ und „Naruzissus“ fowie dur den Roman „Furore“ bekannt gemacht. __ Darmstadt, 22. April. Die „Darmst. Ztg.“ erklärt die Nach- riht, wona der Direktor des Großherzoglichen Hoftheaters Hofrath Dr. Wer ther Entlafsung gefordert hätte, für erfunden. Herr Werther erfreue sich nach wie vor des Allerhöchsten Wohlwollens.

Wien, 21. April. Jn der Nacht vom 19. auf den 20. April starb hier der ehemalige Professor der Staatswissenschaften ‘und Hof- rath beim Obersten Rechnungshof, Philipp von Escheric.

L London, 22. April. Am 20. d. starb hier Dr. H. Benon Jones, ein berühmter Arzt und Chemiker. Als Biographist Fara- days und Herausgeber mehrerer wifsenschaftlicher Werke hat er si auch um die Literatur verdient gemacht.

Paris, den 18. April, Gestern verstarben in Paris ber Dichter Albert Glatigny im Alter von 34 Jahren und e als Verfasser von See-Romanen in weiteren Kreisen bekannte Schriftsteller Fu l- gence Gérard im Alter von-63 Jahren und vor einigen Tagen der Schauspieler Lafont.

_, _— Auf einem Felde bei Concordia, im Venetianischen, Pegon Aaboiter, Muzlich beim Sandausgraben auf eine heidnische : egräbnißstätte, welche der größten Beachtung werth is. Bis jevt sind ungefähr fünfzig Urnen aus Bruchstein aufgedeckt, und aus en auf den selben befindlichen Inschriften geht hervor, daß ihr Ur- sprung bis in's erste, höchstens zweite Jahrhundert christliher Zeit- rechnung zurückreicht. Jw weiteren Verfolg der Ausgrabungen fand man auch, wie es scheint, den Anfang der Umfassungsmauern und eine Schneckenstiege vor, die wohl den Eingang zur Begräbnißstätte gebil- det haben mag, welche eine Oberfläche von etwa zwei Feldruthen ein- nimmt. Auf vielen der blosgelegten Urnen, deren Länge zwischen 1,90 bis 2 Meter beträgt, finden sich auffallend \{öne Sculpturen. Be- sonders bemerkenswerth ist, daß sie, mit Ausnahme des Deckels, aus einem einzigen großen Steinblocke geschnitten find.

__ Kopenhagen, 20. April. „Dagbladet“ zufolge hielt das Ko- mite der „nordischen Industie- und Kunstausstellung in Ko penhagen 1872" im Gebäude des Industrievereins seine letzte Sißung, in welcher u. A. mitgetheilt wurde, daß die Einnahmen fi im Ganzen auf 247,314 Rdl., die Ausgaben dagegen auf 168,129 Rdl. arbe haben; der sich ergebende Uebershuß fällt dem Jndustrie-

erein zu.

St. Petersburg, 23. April. Seit drei Tagen ift anhaltender S-hne efall[, i

Landwirthschaft.

Der äftsführende Ausshuß des Deutschen Vereins ländlicher Arbeitgeber ladet die ländlichen Arbeitgeber Deutsch- lands, sowie alle anderen Männer, welche ein berufsmäßiges oder per- sönliches Interefse für die ländliche Arbeiterfrage haben, namentli also auch die Landgeistlichen, zu der am 16. und 17. Mai 1873 statt- E Generalversammlung des deutschen Vereins ländlicher Arbeit- geber ein.

Die Versammlung wird in Berlin im Saale des Architekten- vereins (Wilhelmsftraße 118) abgehalten und Freitag, den 16. Mai l Vormittags 11 Uhr, eröffnet werden. Auf der Tagesordnung der- selben befinden sich folgende Gegenstände: 1) Definitive Konstituirung des Vereins. 2) Die Auswanderungsfrage, 83) Die Schulfrage. 4) Die Lohnarten im landwirthschaftlihen Gewerbe. Als Referenten werden fungiren: Für die Auswanderunugsfrage: Herr Re ierungs- Präsident a. D. Graf von Krafsow, Mitglied des Dérrehbauies, Für die Schulfrage: Herr Gutsbefiter Ferd. Knauer-Gröbers, Mitglied des deutschen Landwirthschafts-Rathes und des preuß. Land-s-Oeko- nomie-Kollegiums. Für die Lohnarten *m landw. Gewerbe: Herr E Gust. Richter-Tharand, Mitglied des deutschen Landwirth- chafts-Rathes.

Danzig, 22. April. Die Lungensecuche unter dem Rindvieh in Sobbowtiß is ungeachtet der Impfung des Viehbestandes noch nit als erloschen anzusehen. Die Königliche Regierung hat für den Ort Sobbowiß daher eine sanitätspolizeilihe Verordnung erlassen, um eine weitere Verbreitung zu verhüten.

Die Königl. Regierung veröffentliht jeßt den Erlaß der Minister für Pei Gewerbe und öffentliche Arbeiten und für die an E )aftlichen Angelegenheiten, wonach genehmigt wird, daß die Abhaltung des Wollmarkts in Elbing fortan eingestellt, dagegen am 22. und 23. Juni zunächst in den Jahren 1873, 74 und 75 in der. Stadt Oft erode ein Wollmarkt abgehalten werde.

Gewerbe und Handel.

Die Nummern 14, 15 und 16 der Zeitschrift „Kunst und Gewerbe", Wochenschrift zur Förderung deutscher Kunst und Industrie, haben folgenden Inhalt: :

Nr. 14. Barock, Rococo und Zopf, von A. von Zahn. Mün- hen: Nachbildungen einer Bene Vase. Nürnberg: Baye- rishes Gewerbemuseum. Wien: Glasspinnerei. Erklärung zur Beilage (Gefäße). Aus dem Buchhandel. Für die Werkstatt, Notizen, Anzeigen. » L Nr. 15. Barock, Rococo und Zopf, von A. v. Zahn (Schluß). Nürnberg: Aus dem Germanischen Museum. Berlin: Die Fa- brikation yon Bronzewaaren. —- Wien: Die Vereinigten Staateu Nordàmerikas auf der Weltausstellung. Erklärung zur Beilage (Aufgemalte Altarnischenwand-Bekleidung). Aus dem Buchhandel 2c.

Nr. 16. Die Vorbildersammlung des Bayerischen Gewerbe- Museums zu Nürnberg, von Dr. C. Stegmann. Berlin, Ausftel- lung der Königlichen Staatsdr#uckerei. München: Der Kunstgewerbe- Verein. Nürnberg: Das Hans-Sachs-Denkmal. Coburg: Die keranishe Musterausstellung. Wien: Spanien auf der Weltausstel- lung. Erklärung zur Beilage (Jnitialen aus römischen Urkunden). Aus dem Buchhandel 2c. \

Der Berlinex Bankverein arbeitete seit dem 31. Oktober & mit dem volleingezahlten Grundkapital von 6 Millionen Thlr. Die Bank rief im Jahre 1872 den Bankverein in Hamburg und in Breslau die Schlesische Vereinsbank ins Leben und betheiligte sich bei der Gründung anderer Banken. Die Gesammtumsäßte des Jahres 1872 beliefen E auf 1,540,487,183 Thlr. Hiervon waren Kassen-Umsaß im Eingang 118,301,786 Thlr., im Ausgang 117,296,565 Tÿlr., Bestand am 31. Dezember 1872 1,005,221 Thlr. Konto-Korrentumsaß im Debet

v. Liebig hat Professor Dr. v. Prantl, der Sekretär der philo- \sophisch-philologishen Klasse der Akademie der Wissenschaften, die

262,325,207 Thlr., im Kredit 261,263,019 Thlr., blieb Saldo der Debitoren am 31. Dezemberz1872 1,062,188 Thlr. Report, Effekten