1920 / 166 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 28 Jul 1920 18:00:01 GMT) scan diff

unächst denken an die möglichen Verbesserungen der ber uli Hen Um: Und ferner daran, daß den Berschiebungen der Kohle ein Cnde gemacht wird. Wir verlangen nit nur die Sozialisierung des Bergbaus, sondern die Sozialisierung ganz allgemein. Der Sozialis- mus wird es sein, der leßten Endes den Vertrag von Versailles revi- diert, Wir können der Regierung auch jeßt unser Vertrauen nit anéspreden. Das Eraebnis ven Spaa will ich weder rühmen noch verdammen, aber ih mißbillige die Art, wie man in Spaa militärische e Ee Oen fuchte. Wir wissen, unsere Regierung keine Poli reibt, die dem Sozialis

Siege verhilft. (Beifall bei, den U. Soz.) E da

Neichêminister des Aeußern Dr. Simons : Meine Damen und Herren! Als ih vor kurzom aus den Beratungen des parlamentarisden Auêschusses für auswärtige Angelegenheiten herausging, sagte der Herr Wbgeordnete Hue, mit dem ih mich in Sipaa schr gut verstanden habe, lachend zu mir: Nehmen Sie sih in aht, Herr Simons, daß Sie nicht noch einmal der Außenminister der Unabhängigen werden! (Heiterkeit.) Sollte das jemals mein Ehrgeiz gewesen sein, so bin ih bitter ent- ust; denn Herr Dr, Breitscheid hat cben den Trennungéstrih wischen seiner unabhängigen Gesinnung und der meinigen, die er als sehr abhängig bezeihnet hat, außerordentli \charf gezogen. Das würde mich aber niht veranlaßt haben, jeßt zu sprechen, wenn er nit dazu übergegangen wäre, sonstige Behauptungen aufzustellen, die ih nicht einen Augenblick unwidersprochen ins Land hinausgehen lassen kann. Sr hat versucht, einen Gegensayß zu lonstruieren zwischen dem Reichs tanzler und mir bezüglich der Stellungnahme zum Bolschewismus, als ein Miitel, in Sipaa Erfolge zu erzielen. Jch hatte gestern gesagt, daß ih deshalb das Wort „Bolschewismus“ nicht in den Mund genommen habe, weil ich fest überzeugt war, dadurch nur das tiefste Mißtrauen bei den Alliicrten hervorzurufen. Nun sagt Herr Breitsckeid, daß der Herr Neichsfanzler doh von Bolschewismus gesprochen habe. Das ist eine Veränderung der Sachlage. Der Herr Neichskanzler hat in einem anderen Zusammenhange von Bolshewismus gesprochen, er hat nänrlich darauf hingewiesen, daß wir unsere Truppenzahl nicht zu stark herab- seßen dürfen, um gegenüber dem Bolschewismus den nötigen Wider- sdand leisten zu können. (Zuruf bei den U. Soz.: Na also!) Das ist aber nicht der Boschew:smus als Prinzip, sondern als Waffenmacht, die sih unseren Grenzen nähert. (Lacken bei den U. Soz.) Da bin ih ganz derselben Meinung wie der Herr Neichskanzler und werde Ihnen das nather noch sagen. (Zuruf bei den U. Soz.: Nückzug Nr. 2!)

Zum zweiten hat Herr Breitscheid gesagt oder wenigstens an- gedeutet id habe nit gehört, daß er das positiv behauptet hat, er hat damit nur dialektis gearbeitet —, daß in Spaa gewisses Material, das durch militäriscke Kreise in bezug auf die Niederwerfung revolutio- närer Bestrebungen in Deutschland zusammengebracht sei, der Entente zur Kenntnis gegeben worden wäre, um unsere Stellung zu verbessern. (Zuruf bei den U. Soz.: Unsere Ansicht ist nicht zur Kenntnis gegeben! Die Ansichien des Ne:chsministers haben sih darauf gestüßt!)) So,

das ist etwas anderes. Jch wollte nur konstatieren, daß weder von dem |

Herrn Neichskanzler noch von mir noch von dem Neichswehrminister irgend etwas über die inneren Verhälinisse Deutschlands, das nicht vor die Augen der Gegner gehörte, ausgehändigt worden ist. (Zurufe wan dea U. Soz. Glocke des Präsidenten.)

Dann hat Herr Breitscheid. sich tes längeren darüber aus8gelassen, daß die politischen Ansichten, die ih gestern vor dem Hause zu ver- treten die Ghre hatte, durchweg nit geteilt würden abgeschen von anderen Nessorts auch im auswärtigen Amte, und er hat auf gewisse

Besen auszukehren wären. Jch komme erst seit wenigen Wochen in das |

2012 Amt, und ih bin deshalb nicht in der Lage, jeden einzelnen An- gestellten näher zu kennen; aber daë weiß i, daß jeder, der dort an- gestellt ist, seinen Dienst nach seiner besten Ueberzeugung tut, um dem Wohle des Neiches zu dienen. Wenn ih finden werde, daß von einer Fnstanz eine andere Politik getrieben wird als diejenige, die ih für richtig halte (Zuruf von den U. Soz.: Danr sind Sie draußen! Große Heiterkeit) Abwarten! dann wird der Wille, der sih mir entacgenseßt, entweder gebrochen oder dann bin ih nicht mehr da.

|

|_ich kann bezüglih einiger dieser Nachrichten folger.des sagen:

| seiner Naëbarn überrannt wird. | mächtig sind wir nicht, daß wir nit noch um uns scklagen Tonnmien, | wenn man sih erfreckt, unsere Neutralität anzutasben. (Leblbafte Zu-

| gezogen werden, ohne daß man will!

cuf die Möglichkeit der Information der französishen Regierung hin-

gewiesen, aub im dem Sinne, daß eine aenauere Kenntnis der Tat-

sacen oin besseres Vertrauen wis{en den dot {lel mebr oder

Le auf ein Zusammenlcben angewiesenen Nachbarn bervorvrufen 1e.

Herr Breitscheid ist dann auf die Frage ter Neutralität oin- gegangen und hat mir dabei im allgemeinen sein Einverstäntmis mit meinen allgemeinen tatiädTiben uno - internationalredtliden Auf- fassungen mtgeteilt. (Zurufe von den U. Soz.) Ib bin überzeugt, daß sein Beifall mir insofern aut bekommt, als es der Beifall eimu:s Mannes ist, der die Frage studiert hat. Ob es sib da um einen Uncb-

| hängigen oder um einen Deulsckmationalen handelt, madt meiner | Ansicht nach darin keimen Unterschied. | Zhnen!) Ja, für mib. (Heiterkeit und Zurufe bei don U. Soz.) | objektiv für international unrichtig halte und daher bestrebt bin, das | Die Neutralität oder wie man auf öôsterreihißch sagt, die Neitralität | ut aber mcht eine Sake, die man durdführen fann. wenn man feine | Truppen hat. Deswegen verstehe ih hit recht, weéhalb Herr Breit, | Unreht, das ib getan und eingesehen habe, in der s{leunigsten, aber auch in der würdigsten Art und Weise, die ih finden konnte, gut-

(Zuruf von den U. Soz.: Bei

| scheid es verurteisi, daß wir aur Wahrung unserer Noutralität Truppen | in Ostpreußen so zu dislozieren suchen, wie es für den Sc{uß der | Grenze nolwendig ist. Das ist ein einfades vilichtmäkiges Gebot ter ¡ Stampfer mein. daß die Newtrolit&t uns der unsere Ohnanacht auf- | Deulsden Demokraten.) | gezwungen wäre, Nein, meine Damen und Herren, gerade ein ohn- |

| mchtiger Staat kann nit neutral sein, weil er von dem mä&tigsten | (Sehr richtig! rets.) So oln

Stunde, und es ist ein großer Jrrbum, wenn der Hex Abgeordnete

stimaarng rets. Zurufe und Lacken bei den U. Soz.) Meine Damen und Herren! Nach der Nichtung hin is mix neulih etwas höchst Merkwürdiges passiert. Ein sehr erfahrener

| Mann, der aus Nußland kam, der einer neutralen Macht angehört,

aber die russishen Verhältnisse und russischen leitenden Persönlich- | leiten genau kennt, sagte mir, seiner Meinung nach bestehe eine ge- | wisse Gefahr, daß die russische Militärpartei denn es gibt auch | in Rußland eine Militärpartei, so gut wie in Polen und anderen | Ländern! (Sehc richtig! bei den Deutshnationalen) Ostpreußen _in Besiß zu nehmen trahten würde, um ein Pfand für die deutsche | Neutralität zu haben, weil Deutschland zu s{chwach wäre, sie in Ost- preußen zu s{üßen.

Das läßt doch tief bliden! Jh habe dem Herrn gesagt: haben Sie Beziehungen zu den leitenden Männern Rußlands, so sagen Sie ihnen, ich warnte sie; sie würden eine Nuß

fein, daß Deutschland an der Seite der Entente und an der Seite Polens in den Krieg gegen Rußland ziehen würde. (Zurufe und

| Unruhe bei den U. Soz.) Dann käme das, was ich unter allen Um-

ständen vermeiden möchte, daß Deutschland das SwWlachtfeld für diesen fürchterlichen Kampf bilden würde. (Zuruf von den U. Soz.: Da redet das Volk hoffentlich noch mit!) Man kann in den Krieg (Zustimmung.) Es sind genug Pulverfässer in Deutschland, in die ein Funke hineinspringen kann.

(Zuruf von den U. Soz.: Da müssen Sie mal selber gehen!) j

Selber in den Krieg gehen? (Zuruf von den U. Soz.: Jhre Freunde! Unruhe.)

Ich habe in bezug auf die Neutralität noch einiges zu sazen. Gerade weil ich so außerordentlich eifrig dafür zu wachen suche, daß

| nähere Erläuterung als ein direkter Angriff gegen ein Mitglied des Kabinetts aufgefaßt werden konnte, dem ih selbst angehöre. . Gin

folher Angriff wäre unkollegial und politish zu verurteilen gewefen.

Jch habe mich deswegen für verpflichtet gefühlt, diesen Angriff

ribtigzustellen als einen, der gar nit gegen die Neihä&wvehrverrcal- tung gegangen ist. Das habe ih getan, und zwar in denselben Worten, die ih vor einigen Tagen gegenüber der französisGen Bot- schaft durch rihtige Darstellung des Reglements und des Vorgangs gewählt habe. Jch habe genau so gut der französischen Botschaft gegenüber wie heute vor Jhnen die Eigentümlihkeit unserer mili- tärishen Bewaffnung und unseres militärishen Verhaltens klar- gestellt. Jch habe der französishen Botschaft gegenüber wie au heute und gestern vor Ihnen gesagt, daß ih dieses Verkbaltien

Reglement abzuändern. Meine Damen und Herren, es ist stets mein Bestreben gewe“en,

zumachen (Bravo! bei den Deutschen Demckraten), und ich glaube niht, daß Sie mir vonwerfen können, daß ih heute nicht sckleu-ig und daß ich heute nicht würdig gehandelt habe. (Beifall bei den

Jch muß dann noch einmal zurückommen auf den Vorwurf, der mir hon im parlamentarischen Aus\chuß gemaht worden 1st, ih hätte gegenüber der Entente die deutschen Verhältnisse dadurch bloß gestellt, daß ih die Entente aufgefordert hätte, uns gegenüber so vor-

_ zugehen, wie das deulshe Heer 1871 gegenüber der Kommune. Es3 | hat mir vollkommen ferngelegen, und ih muß das hier vor dem Hause

nochmals betonen, irgend etwas zu sagen, was darauf hinausliefe, dié Machimittel der Entente anzurufen zur Nieder/&lagung innerer Revolten. Jch habe nur gesagt, nahdem mir Lloyd George in etwas lebhaftem Ton vorgeworfen hatte, daß die französishe Regierung uns gezeigt häite, wie man Rebellionen niederwürfe, dann möchten doch die alliierten Regierungen uns gegenüber denselben Standpunkt ein- nehmen, wie die deuts%e Regierung damals gegenüber der fran- zösischen, nämli ihr die Truppen zur Verfügung lassen, die die Ye- gierung nôtig hätte, um felbst mit der Revolte fertig zu werden. (Sehr richtig! bei der Deutshen Vollspartei.) Das ist alles, was ih gesagt habe, unt daran balte ich fest.

Denn, meine Damen und Herren, ich muß doch eins sagen, und das hängt mit der Entwaffnungsfrage sehr nahe zusammen. Eine

, finden, die sehr hart zu beißen wäre (Bravo!), und der Erfolg würde Regierung, die es zuläßt, daß dauernd große Teile der Bevölkerung

in der Lage sind, wcnn sie Unzufriedenheiten mib der Regierung haben, gegen sie mit Waffengewalt vorzugehen, is nicht wert, an der Spitze des Staates zu bleiben. (Sehr richtig! bei der Deutschen Vglks- partei und bei den Deulshen Demokraten.) Deswegen is és die verfluhte Pflicht und Schuldigkoit einer Regierung, die etwas auf sich hält und die glaubt, daß sie mit Recht im Amt ift, daß sie alles versucht, um einem ¡jolden Zustand der Dinge abguhelf.n, (Bravo!)

Jch habe gesagt: diese Gewaltanwendung von Nichkregierung3 seite mag kommen, von wem sie wolle, ih werde immer tie Re-

| gierung dabin beraten, auch aus Gründen der auswärtigen Politik,

daß sie die in ihrer Hand befindlichen Waffen zur Niedershlagung folher Gewaltanwendung mit aller Kraft und allem Nachdruck führt.

Fnstanzen des auswärtigen Amts hingewiesen, die mit dem eisernen | Eu unserer Neutralität niht herausgeschreckt und herausgelistet | (Sehr gut! bei den Deutschen Demokraten und bei der Deutschen

werdon, verfolge ih alle Nachrichten, die über neutralitätswidrige Volkspartei i Lai ial N , « | B . ruf von den Unabhä Sozialdemokraten: Vorfälle in Deutschland umlaufen, mit der größten Sorgfalt, und | Ga Bua aber L Nab len Agra aus bin S gang dla

: güglic Heute vormittag ist die amtlihe Bestätigung eingegangen, daß der in Marburg angehaltene Polenzug Kriegsmaterial (Hört! hört!) Die interalliierte Eisenbahnkommission in Wiesbaden

hat gestern nachmittag gegen die Festhaltung des Zuges Protest ein-

; gelegt und gebeten, daß der Zug ohne Verzögerung seine Fahrt

| fortseßt.

Glauben Sie doch nicht, deß das mir ein besonders ängstlicher oder 7 und Herren, steht die Neutralitätserklärung früheren Verträgen,

Besoranis erregender Gedanke wäre; denn ih habe mih wahrhaftig

nicht nah dem Amte gedrängt, es hat sogar große Mühe gekostet, mich zu veranlassen, das Amt zu übernehmen. Wo ih aber einmal darin bèn das verspreche ih Ihnen, meine Damen und Herren da werde ich, solange ih es verwalte, es so verwalten, daß ih über die Hand- lungen, die darin vorgenommen werden, Rechenschaft ablegen kann. (Bravo! rets. Zurufe von den U. Soz.)

Es ist dunn weiter von Herrn Broitsckeid ic kanm es nur so euren cine Denungiation meiner Person gegenüber der Entbenie auSacipueden werden. Er hat acsagt, ih hätte ian parlamentariscken Aus\&uß erklärt, innerbalb eds Monaten würde die Welt sich drehen und würde die Entente uns die Möglichkeit geben, mit einem großen Seer tracndwelce Taten zu tum. (Wikerspruch bei den U. Soz.) Darauf bam es ungcfälhr hinaus. (Zuruf von den U. Soga.): In sed;s Monaten winde sie zu einem anderen Urteil kommen!) Also die Entente würde zu einom anderen Urteil über unsere militävisdhe Wehifkoaft kommen. (Zustimmung bei den U. Soz.) Jch habe meiner Evarnerung nach die Reden im parlamentarischen AuSschuß habe id mir weder vorher noch nachher aufgeshrieben gesagt und tedenfalls meiner Gesinnuna nach nur sagen wollen: ob die Schwiovig- Ferten, die 1ms die augenbliMiche Eniwaffnumg ter Bevölkerung und die augenblicklide Reduktion unferes Heeres machen, nah fechs Monaten noch so uf uns lasten werden, wie es iekt der Fall ist, können wir nit wissen. Jch habe gesaat, ich sei überzcuat, daß sich bis dahin die Verbältnisse so acändert baben werden, daß die Entente mit umn3 in @nom andern Verbäiltms als dem des schärfsten Mißtrauens umd des \ckärfsten Unterdrückungêwillens \sdehen wird. Das ü}st das, was ich habe sagen wollen, und diesem Ziel streben alle meine Be- miibungén zu. Dann hat der Herr Breitscheid einiaes übor die Worte acsagt, die ich dem französisben Gesandten in München aewidmet habe, und dabei ift ihm der Irrtum unterlaufen, den er aus dem unkorri- gierten sbewographisden Protofoll sofort reftifiaieren Pamn, daß ih

gesagt hätte, es werde jeßt in München zwischen Herrn von Kahr urd | Herrn Dard über die Aufrechterhaltung der Einwohnerwehr ver-

handelt, Nein, nein! Jch habe nur gesaat: Möaglicherweise wird geradezu die Anwesenheit eimes französisden Gesandten in München dazu führen, die aroße Spannung, die dur die Forderuna der unver- züglichen Entwaffnung der Eimwohnerwehr gerade in süddeutschen Staaten entstanden j, etwas zu lösen, da die Herren sid darüber unter- balten lönnten. Es ift doh aan wichtig, wenn cin Augenzeuge da ist, der weiß, wie in Bayern die Verhältnisse lieaen. Nickt von jet vor

rh gebenden Verhandlungen habe ich gesprochen, sondern ieh habe nur

(Hört! hört!) Wie ih schon gestern sagte, meine Damen auch dem deuts{-polnishen Wirtscaftsabkeommen vom Oktober, voran. Demgemäß ist bereits gestern abend vom Neichsverkehrs- ministerium Ampveisung* erteilt worden, den Zug nah Koblenz zurük- zuleiten. (Bravo!)

Jch habe dann noch einiges zu bemerken über Mitteilungen, die

in dem Organ der links von Herrn Breitscheid stehenden Herren und |

Damen (Heiterkeit), in der „Roten Fahne“, gestanden haben. Jn der „Noten Fahne“ vom 22. Juli Offiziere mit dem englishen General Malcolm nah Warschau ge- fahren seien, um die polnishe Kommission zu beraten. Die Nachricht war {Gon im englischen Unterhaus von Bonar Law dementiert worden. In der Tat ist an ihr, soweit deutsche Offiziere in Betracht kommen, kein wahres Wort.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch das oft ausftretende Gerücht dementieren, daß deutsche Offiziere in der bolshewistishen Armee mitkämpfen. Wie wenig dieses Gerücht den Tatsachen ent- spricht, geht daraus hervor, daß nach einem Stokholmer Telegramm der „Morning Post“ Troßki in der „Prawda“ erklärt hat, es sei kein einziger deutscher Offizier in der russishen Armee.

Es ist dann ferner noch gegen unsere neutrale Haltung von der „Roten Fahne“ auf die Tatsache aufmerksam gemacht worden, daß der bekannte Burzew in Berlim amwesend sei oder gewesen sei. Es ift selbstverständlich, daß Berlin nicht gegen rufsische Persönlichkeiten, sie mögen welcher politishen Richtung angehören wie immer, ver- {lossen gehalben werden kann, solange sich diese Persénlichkeiten nicht lästig machen. (Zurufe bei den U. Soz.) Aber ebenfalls ist es selbstverständlich, daß eine amtliche Unterstühung von politischen Be- strebungen ivgendeiner dieser Persönlichkeiten hier in Berlin nit stattfindet.

Jh mölte dann noh auf einen Umstand eingehen, den sowohl

Herr Stampfer wie Herr Breitscheid hier behandelt haben, wenn

auch in eiras .veränderter Abschattierung: das is meine Erklärung, |

gegeben habe. Herr Siampfer hat sie für einen Schwächeanfall er- |

die ih vor dem Eintritt in die Debatte heute nahmittag hier ab-

klärt, Herr Breitscheid für einen mehr oder weniger geordneten Rückzug. Ich muß mit Bedauern feststellen, daß die Seelenstimmung der beiden Herren ähnlich ist, wie die von mir bedauerte Seclenstim- mung der gesamten Berliner Bevölkerung aus Anlaß der Flaggen- frage. Meine Damen und Hexxen, ih spreche jeßt sehr ernst, ih bin der Meinung, wenn man einen Fehler begangen hat, so ist es niht beshämend, wenn man ihn eingesteht, sondern beshämend, wenn man darauf beharrt. Jh habe den Fehler beeangen, daß ich | gosiem cine Rodendart brauchie, die im Zusammenhang und ohne

wurde erwähnt, daß deutsche |

| enthalten hat.

| l i i

{ j t

: Stinnes.

Meinung. i :

Dann darf ih doh auf das zurückkommen, was Herr Breitshcid über den Sachverständigen und Reichstag8abgeordneten“ Stinnes ge- sagt hat. Hérr Stinnes is, scviel ih sehe, nicht anwesend, Jh din es ihm aber, als Leiter der technisckden Darlegungen der deut’ chen Delegation in Versailles unter Führung des Reichékanzlers shuldig, ihn hier gegen. derartige Denunziationen und Jnsinuationen in Schuß zu nehmen. (Bravo! bei der Deutschen Volkspartei.) , Jch kann das

nit anders sagen, meine Herren. Jch kann nicht glckäuben, daß meine

gestrige Node das qute Verhältnis, das ih immer zu Herrn Stinnes gehabt habe und auf das ih Wert lege, vollständig über den Haufen geworfen hal. Das glaube ih aber zu wissen, daß Herr Stinnes vieles davon besser verstanden hätte, als es von Herrn Shampfer und Herrn Breitscheid verstanten worden ist. (Sehr gut! bei der Deutschen Bolk2parlei.) Herr Stinnes ist als Sackverständiger meiner Ansicht nah in Spaa gar nit zu umgehen gewesen, denn Herr Stinnes ist der Mann, der vom Standpunkt des Unternehmers aus die sämt- lien in Betracht kommenden wirlschaftlichen Fakloren weitaus am besten §:herrsht und übersieht. Jch kenne keine Persönlicßkeit in Deutschland und ih habe in den leßten % Jahren Herrn Stinnes neben vielen anderen wirischaftliden Per'önlichkeiten in Deutschland

: Tonnen gelernt und habe kaum eine gefunten, die eine so intuitive

Veberschau über die Gesamtheit unserer wirtschaftlichen Beziehungen hatte wie Herr Stinnes. Wenn er diese seine geradezu geniale Be- gabuag auch in den Dienst seines Unternehmergewinnes stellt, so bin ih, solange es Unternehmer gibt, keinc8weas gewillt, ihm das übel- ¿unehmen. Jedenfalls weiß ich nur, daß ih kaum einen Menschen kenne, der von dem Gelde, das er verdient, so wenig hat wie Herr (Sehr richtig! bei der Deutschen Volkspart:i. Na, na! bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Denn ein Mann, der s arbeitet Tag und Naht wie er, ist mir kaum je vorgekommen, (Bravo! bei der Deutschen Volkspartei.) O6 es in Zukunft noch derartige Unternehmergewinne geb:n kann, wie sie Herr Skinnes zu immer neuen Kömbinationen deutscher Wirtschaft venvendet, das weiß ih nicht. Ob die Art und Weise, wie jeßt die Massierung des Vermögens stattfintet, vielleißt mchts anderes ist als eine Vor- frucht des weitergehenden Sozialismus8, das stelle ih dahin. Aber das kann ih Jhnen sagen: solange wir Unternehmer haben, wird man niemals an Herrn Stinnes vorübergehen können.

Wenn ich jeßt in dem Weißbuch diejenigen Teile der Rede von Herrn Stinnes nicht wiedergegeben habe, die sich nit unmitt. lbar auf sein kohlensaverständiges Gutachten bezogen,, so hat das folgen- den Grund: Jn der Einleitung zu dem Weißbuch ist dargelegt, daß wir keine amtlichen Protokolle haben. Jnfolgedessen war es auch, niht mögli, die Rede wicderzugeben, die Herr M:llerand am Nach- mittag des Tages gehalten hat, an dem Herr Stinnes seine Rede gehalten hatte. Es scheint mir aber nidt fair, daß man Angriffe,

die so stark besproGen worden sind, wörtlich wiedergibt und die Ver-

teidigung des Mannes, der angegriffen worden war, nit mit wiedergibt.

(Fortsehung in der Zweiten Beilage.)

zum Deutschen Reichs

Ir. 166.

(Fortsebuna aus der Ersten Beilage.)

E S U

Außerdem war noch folgendes zu erwägen: ich hatte von vorn- herein sowohl wegen der Rede des Herrn Stinnes wie der Rede des Herrn Hue die formelle Veraniwortung der deuisden Delegation ab- gelehnt. Wenn ih jebt die politishen Teile dieser beiden Reden ab- dructe, fo übernahm ih nahträglich dafür wieder die Verantroortung; und das konnte und durfte nit sein. DeSwegen glaube ih, 1n dieser Hinsickt auch nur nach den mir oblicgenden Pflichten gehandelt zu haben. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.)

Einer derjenigen Teile der Nede von Herrn Breits(eid, die mir innerlih am näcsten gegangen sind, waren seine heftigen Auscinander- seßungen über die Schuld am Kriege. Meine Damen und Herren! Wir sollten doch aufhören, uns hier vor dem Ausland immer wieder über die Schuld am Kriege zu zanken. (Lebhafte Zustimmung.) Wir sollten alle dazu übergehen, zu erkennen, daß es eine große inter- nctionale Schuld ist, die mit einem großen internationalen Uebel bestraft wird, die in dem Weltkrieg und in den Friedenschck{luüssen über Europa und über der Welt nah "wie vor hängt. (Sehr rihtig!) Wir sollen aber unseren Bli nit dahin r1hten, wer nun an diesem Unglück mehr oder weniger huld ist fordern wir follen unseren Bl _ck dahin richten, wie wir aus diesem Unglück so {nell als möglich wieder herauéfommen. (Bravo!) Und das, meine Damen und Herren, fönnen wir nur durch Einigkeit.

Jh habe gestern meine Rede fast auss{ließlich als Außenminister gehalten, und das war der Fehler und die Schwäche dieser Rede, die ih offen eingestehe; denn ich hatte angenommen, daß die einleitenden Worte des Herrn Neidcsftanglers und die noch zu erwartenden Worte ter technisden Minister meine Lüdke aucfüllen würden. Jeßt möchte ih aber doch die Gelegenheit berußen, um Ihnen zu sagen, wie tief mir als Deutslem die schweren Lasten gegangen sind, die die Zusaß- protokolle von Spaa ¿zu dem Friedensvertrag von Versailles dem deutschen Volke auferlegen; nicht nur den deutschen Bergarbeitern, von denen ih au gesprochen habe und die in allererster Linie zu berüdsidtigen sind, sondern z. B. auch der Gesamtheit der deutschen Jndustrie, die durch die Entziehung der Kohle ganz außerordentli {daver wird leiden müssen. Ih wünsche auh hier nochmal zu be- tcnen, wie sdwer unsere sämtlihen Sicherheitsformationen, von der NReichswehr über die SickerheilWpolizei zur E.nwohnerwehr, durch das Diktat von Spaa getroffen worden sind, wie schwer aber au unsere Gesamtivirlschaft dadur getroffen wird, daß in überslürzter Form nun wieder neue Massen von Menschen in die ohnebin {on von Urbeilslosigkeit bedrohien deutschen Bevöskerungskreise hineingeworfen Werden.

“_ und erlebt daher jept auch keine Enttäuschung. ine i

Zweite Beilage

Berlin, Mittwoch, den 28. Fuli

Dr. Höß #\ch (D. Nat): die Konferenz von SÞpaa n optim:stisden Hoffnun E nttaushung aber hat für uns die gestrige Rede des Le gebildet, die eine solhe Hoffnungslosigkeit, einn solchen Mangel an nationalem Willen bekundete, daß der Stahlhelm ganz sicher nicht als Symbol sür diese Rede anzusehen ist. Nach feinem ersten Auftreten im Aus- {uß für auswärtige Angelegenheiten und nah seiner gestrigen Rede hai sih an vielen Stellen die Empfindung aufgedrängt, daß Herr Dr. S'moné Grund nehabt hat, gemachte Fehler einzugestehen, und er_nird sid nickt wundern türsen, wenn unsererseits diese seine gestrige Rede der sckchärfsten Opposition und Ablehnung begegnet. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Herr Dr. Simons hat gestern die Solidarität des Reichskabinetis betont, aber die Art, wie sich andere Kabinettsmitglieder an anderer Stelle über Spaa ge- änßert haben, zeugt nicht gerade von Solidarität des Kabinetis. Die deutshe Delegation ging nah Spaa mit dem Auftrage, Würde und nationale Festigkeit im Auftreten zu bewahren, auf keinen Rectstitel, der Deutsckland noch zustand, zu verzihten und drittens nihis zu unterschre!ben, was nit erfüllbar sei. Auch darin waren sich die Parteien cinig, daß die D.legation verpflichtet war, alle schwebenden Fragen im Zusammenhang zur Sprache zu bringen und zur Verhand- lung zu stellen, da sonst, wenn dieser orgänishe Zusammenhang zer-

„rissen würde, das ganze Gebäude zusammenfallen müsse. Auch diesmal

,

ist Übrigens die Berickterstattung von Spaa durch das „W. T. B. ganz unglaublib gewesen. (Sehr wahr! rechts.) Der Bericht des „W. T. B.“ bekommt es fertig, von weltgeschichtlichen Fortshritten zu sprechen, die in Spaa gemacht worden seien Hier sollte der Neihs- außenminister doch entlih einmal Orènung scaffen. Jn dem uns

vorgelegien Weißtbuh feblen leider die Verhandlunasprotokolle, es

Alles dieses möchte ih betonen unt nodmals sagen, daß mir das :

Herz in Spaa sckwer gewesen ist, und daß es mir noch {wer ist bei dem Gedanken an die Durführung dessen, was wir damals unter-

{rieben haben. Aber wir können über alles das nur hinweg durch

Einickeit.

Wenn zum S{luß der Herr Abgeordnete Breitscheid gesagt hat, daß es nur eine Form der Revision des Friedens von Versailles gebe, urd das wäre der Forlschritt der revolutionären Arbeiterbewegung und der Sieg des Bolschewiémus, dann muß ih dem aufs entshiedenste widersprechen. Meine Damen und Herren! Jch habe über meine Stellung ¿zum Bolscewismus gar keinen Zweifel gelassen. Für mich ift die bolscewistische Macht eine nationale Macht wie jede andere. Solange das ru‘sische Volk tie Macht der Sowjetregierung anerkennt und sih ihr beugt, solange ist fie für mich eine Tatsace und ein Net. Aber, meine Damen und Herren, ih glaube, daß sie niht berufen ist, die Welt zu erobern, Während sie jeßt noch siegreih an ibren Grenzen vors4reitet, ist sie innelich bereits zu einem großen Tele erledigt; denn diejenigen Erscheinungen, von denen ich gestern einen außerordentli harakteristisden Zug mitzuteilen mir erlauben durfte, bedeuten doch, daß die ursprünglihen Formen der bolschervisti- sen Bewegung, die hier unter dem Begriff der Rälediktatur immer noh provagiert werden, {on dem Absterben nahelommen (Wider- spruch bei den U. Scz. Zustimmung ben den übrigen Parteien.)

Meine Damen und Herren! Jch habe heute bei einer Be- spreckung mit dem ital:enischen Bolschafter folgendes Bild gebraucht. Der Bolschewiêmus ist wie eine fressende Flamme; sie geht nach allen Richtungen vorwärts und ist von großer Gewalt. Aber sie verzehrt alles, was sie erreicht, und läßt hinter sich eine Aschenspur. Es gibt keine andere Methode, sich diosem Feuerbrand entgegenzustellen als dadur, daß man ein Gegenfeuer entzündet, wie es die Trapper auf den Prärien Amerikas machen. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Pater poccavi!) Nein, das ift eine Bemerkung von mir, die älter ist als meine gestrige Rede. Dieses Gegenfeuer bann nicht bestehen im Militariêmus, nicht in der Unterdrückung, nicht im politishen Druck irgendwel(er Ari, sondern nur in dem Entgegen- stellen einer anderen, überlegenen Idee. Diese überlegene Idee finde ih eben in dem richtig aufgefaßten Sozialismus, allerdings, meine Damen und Herren, nicht in dem Sinne, wie ihn Herr Breitscheid dem Zaune seiner Zähne entschlüpfen leß, als er sagte: Sozialismus ist die Beseitigung der Unternohmerschaft. Nein, meine Damen und Herren, Sozialismus ist die Arbeitsgemeinschaft zwischen Arbeiter- saft und Unternehmerschaft. (Lachen bei den U. Soz.) Das ist der Gedanke, unter dem ih meine imere Politik? geführt habe und meine auswärtige Politik zu führen entschlossen bin. (Lebhafter Beifall.)

Aba. Spahn (Zentr) ist bei seiner sckwachen Stimme auf der el im Zusammenhang nicht zu verstehen. M [t er dem, was die deutsche Delegation in Spao erreicht hat, seine Anerkennung, Es jei gelungen, für die Heeresverminderung eine Fr:stverlängerung zu erreichen; ebenso sei die Herabm:nderung der Forderung der Kohlenlieferung auf zwei Millionen Tonnen monatlich mmerhin relativ ein Erfolg zu nennen. Der Redner behandelt in diesem Lusammenbang au die Stellungnahme der deutschen Berg- arbeitershaft, empfiehlt eine internationale Regelung der gesamten Koblenwirtschafts rage und kommt {ließlich zu einer Erörterung der tone der L ae besonderen französishen Gesandten

bei dem bayerischen Partifularstaat.

l ¡t nah der Konferenz

fehlt auch die protefellarishe Feststellung unseres Widerspruchs agcgen die Cinmarsckfklausel und die darauf bezügl: he Aeußerung des englisden Ministers, die nur als Gespräch von Mund zu Mund über- lieferl wird. Troß der Schwierigkeiten der Regierunasbildung hätten die Vorbereitungen zur Konfexenz von Spaa deulscherseits so über- stürzt nicht zu sen brauchen. Die Einladung war bereits am 26. April

ergangen und es beißt in ihr ausdrückTich, daß von der deuisben Ne-

gierung prägise Erklärungen über alle angeführten Gegenstände der Tageéordnung, aud über die Mililärfrage erwartet würden. Was den lekteren Punkt betrifft, so ist die deuts@e Delegation nit ge- nügerd vorbereitet mah Spaa gegangen. Es ist dann gekommen, wie wir rfispen: nur kcben mwicderFelt gesagt, wir können das und das nit leisten, und s{licßlich, wir können es do leisten. Dieser Vor- gang erflärt doch bis zu einem gewissen Grade, daß die ganze Welt außerhalb Deutsckl:lands die Deutschen nit gang ernst nimmt. (Sehr qut! reis.) Während, wie auch Dr. Breitscheid zugeben mußte, die Reden von S!nnos und Hue keinen Schaden angerichvet haben, haben das die Neden der Delegierten getan, : ) unserer Delegation in der Entwaffnungéfrage der nationalen Würde? Die Frage stellen, beißt sie verneinen. (Sehr. richtig! rechts.) Die Delegation hat die Nechie Deutschlands bezüglih der Einmarsch- flaufel nid gavahrt. Der Einmarsch ist ein Rectebruch. (Schr richtig! rets.) Nachdem der Frieden ratifiziert war, E an Einmarsh als eine Verleßung des Vertrages ausges{Tosjen ein. geben. Alles andere is und bleibt NRechtsbruch. (Sehr richtig! redits.) Das deutsde Volk muß jicden Versu, in das Ruhrgebiet einzumarsckieren, als einen Völkerrebtsbruch ansehen, daher mußte die Untersck&rift untor dieses Protokoll unterbleiben. Es war doc gesagt worden, man wolle niht8 unterschreiben, was nicht erfüllt werden könnte, und die Frage der Kohlenlieferung ift als erfüllvar nicht anzusehen. Ueber die Eniwaffnung wird uns ja noch eine Geseßes- vorlage zugehen, die uns zeigt, wie sib die Negierung im einzelnen die Entwaffnung denkt. Wir glauben an die technisde Erfüllbarkeit der Entwaffnungébest mmungen schlechterdings nicht. Aub im höheren Sinne, das heißt im staaiserhalt nten Sinne, ist die Entwasff- nung unmögli. Das hätte der Entente ganz anders vorçc eführt werden müssen, als grie ist. Man kann nicht die Eniwafsnung hz

verlangen und gleichzeitig die Herabfehung der Heeresstärke. Jn

Die deut\&Gnationale Fraktion hat an | fleidung abhängig vom Willen der Entente.

anzeiger und Preußischen StaatsSanzeiger

1920

Db das ein wünsens8- werter Baan ist, das E ih Ihrem Urteil. Ob es dur di: Sozialisierung der Kohlen besscr werden wird, ist do sehr fraglu, da nah dem Hugestänt1is Scheidemanns der deutsche Sozialiömus ankerott ist, und nah den Aeußerungen des Herrn Lenin der Sozialis- nus der Ünabhängigen. Ueber die oberschlesische Koblenproduktion müssen wir verfüg:n können, sonst können wir die Kohlenlieferung nicht einhalten. Diesen Standpunkt haltea wir aufrech!. Ja der Kom- mission wird Deutschland rettungslos majorisiert werden. Sdjesien ist doch noch deutsbzs Lard. Das staatliche Hoheitsrecht muß utange- tastet bleiben. Es befremdet mi schr, daß der Außenminister in einem Augenblicke, iv dem wir uns über das_ Abstimmunesergebnis im Osten gefreut habea, bezüglih unseres Selbstbestimmungsrechts in der oberschlesishen Kohlenfrage nd Verzichtäußerungen gebraucht hat. Auch wir jiad damit einverstanden „daß der Bersuch gemacht ntrd unsere Leistungen für die Entente zu steigern, aber das ley! voraus,

Deutschland wieder zahlungsfähig und arbeii3fähig t wird. So» wohl die Wiedergutmachung wie au die Kohlensrage und die Ente waffnunasfrage kann nur in diesem Zusammenhang? behandelt werden. (Sehr rihtig! rets.) Nun hat Herr Walter Rathenau die Frage der Bes» seßung des Ruhrgebiets zum Anlaß genommen, eine glänzende Antisuse aufzuwerfen; er sagte, es handelte sih gar nit um Licferung oder Nichîo lieferung, sondern um Kohlenlicferung mit Einmarsch oder obne Ein- marsch. ch erinnere aber doch an die jeßige militärische Lage der Entente und au daran, daß sch{ließlich zur Lieferung der Urbeits- wille vorhanden sein muß. Troßdem ic. die \hwierige Lage unserer Delegation nit verkenne, meine id doch, da die geforderte Leistung unmögli D daß die Unterschrift hätte verweigert werden mussen. (Lachen lints.) er Minister meinte, es habe feinen Zek, über den Schmachfrieden zu schreien, es gelie die Eufüllung. Nein, wir

| ferdern immer wieder die Reviston deë Vertrages, aber Herr Simons

Entspricht das Verhalten | } : gewiß wie

\ceint sih mit dem Vertrage schon. abfinden zu wollen Er, spricht in einer Form, als ob man über Aus!egungen im einzelnen streiten fönne, ter Vertrag im ganzen aber unangreifbar sei. Wir firden es au pit richtig, daß er für den Terrorismus der Bolscberoislen kcin schärferes Wort fand als „Ueberspannung der Nätediktatur“. Das Lob, das

er der russischen Wiederaufbauarbeit zollte, L nit gzu. Aus welden authentishen Quellen hat er * diejes Lob ge- \bópft? Die Berichte der englischen urd ital:cnisden Arbeiier=

deputationen lauten ganz anders. Ich habe auch das Zutrauen zu der Wahrheitsliebe Ihrer Deputation (zu den Unabhängigen), d

je einen objekftiven Bericht mitbringen wird. Was angeblich geleistet ist, steht nur auf dem Papier. Wir wollen zusammenarbeiten mit dem Rußland der Zukunft, und die gehört nicht dem Bolschewismus, sondecn der wahrer Demokratie. In dem Protokoll von Spaa be- findet sich leider nicht die schriftliche Zusicherung, daß unsere in Genf zu machenden Vorschläge die Grundlage der dortigen Bera» tungen bilden sollen. Mir sind also auc in diesem Pankt noc so un- bisher. Wir haben keinen Anlaß, der Delegation, wenn es bcantragt werden sollte, ein Vertrauen8votum auszusprechen, wr müßten

! dagegen stimmen. Es berührt eigenartig, daß man den deuiscken Arbeiter

nabnt, reckt fle: Fig zu sein. Jh kann es verstehen, wenn die deutschen ard sich fragen, warum sie sih für die Enteute abschinden sollen. Die Megierung muß endlih eine planvolle vcganische Wirtschafts-

Einer Beseßung muß eine formelle Kriogssrklärung voraus- politik anbahnen. Von einem immer gedankenloser werdenden Im-

perialismus der Entente auf der einen Seite und von einem bar- bariscen asiatis&en Bol chewiêmus auf der anderen Seite sind wir bedroht. Da heißt es, alle Kraft für den Wiederaufbau „anspannen. Bekennen wir uns zu einem starken, deutscen, nationalen Machtstaat! (Lebhafter Beifall reis, Händeklaischen auf den Tribünen. Prä» sident Löbe: Beifallsbezeigungen von den Tribünen aus sind unstatthaft. Jm Wiederholunasjalke werde ih fie raumen lassen.) Reichskanzler Fehrenbah: Bei der eben gehörten Nee konnte id mid tes Eindrucks nit erwehren, daß zwar die Vorgänge von Spaa, und w9s jeßt damit im Zusammenhang steht, erörtert wärden,

| daß der Herr Redner sich aber offenbar im Datum vergriffen hat. Er

ten fritisden Zeiten, denen wir entaegengeben, fordern wir ein brauck=

Ruhe und Ord-

bares Instrument, das in der Hand der Regierun d Gegen die

nung aufrechterbält. (Zuruf: Gegen die Kappisten!)

Kappisten sowohl wie namentlih gegen Putshversuche von Links.

Der Reichsaußenmin:\ster hätte in Spaa die im Ae mit der Enlnaffnuna aud das Wort Bolsche- wismus zu erwähnen, Der französi che Ministerprästdent Millerand hat sid am 21. Juli vor seiner Kammer über das Abkommen in Spaa ausgesprocken, und man war sehr befriedigt darüber. Frank-

rei bat heute” Me 1913 89 Prozent scines Bedarfs wieder |

(Hört, hört! rechts.) Das is an sich son recht an-

Aber er hat qu furz gerechnet, indem er die Pro- dukiion tes Saargebiets nicht berücksichtigte.,, Wenn man die mit in Betracht zieht, so 1st der Bedarf an Koblen in Frank: eich gegenüber 1913 fast zu 190 Prozent gedeckt. (Hört, hört! rechts.) Demgegenüber ist der Kohlenbedarf Deutschlands ein’ cklicßlih der Produktion Vber- \Vlesicns nur zu 484 Prozent gedeckt, also noch nit ü Hälfte. Da ist es erklärli, daß Frankreich befriedigt ist, un daß wir die Haltung der Delegation entschieden mißbilligen. Die Sa- verständigen, die seit Monaten diese Frage bearbeiten, baben

erbalten. erkfenrenêtwert.

- erflä:t, daß das Höchste, was Deutschland leisten kann, 1,1 Millionen

Versprohen haben wir 2 Millionen Tonnen. Es bleibt eine Spannung von 200 000 Tonnen, die wir mit einiger Aussit auf Erfolg \ckwerlich . liefern können. Der Reichsaußen- minister sagte, er habe scinen Standpunkt in Spaa geändert, weil die Salkverständigen s{wankend geworden eten. Jm Reichswirt- Q ist erklärt worden, daß die Scwankung im Urteil der Sacbverständigen aus politishen Gründen erfolgt sei. Nun hat si der Reich8außenministexr auf den S estellt, es sfi eine M-brlicferung von 900 000 Tonnen wöglih. J bin nicht Sah» verständiger genug, um beurieilen zu können, ob tatsächlich die Heran» ziehung der Braunkohlen in dem nötigen Maße mögli ist. Nun ist gesagt worden, infolge der Schicbungen sei die Uebersicht übér das, was Deuischland leisten könne, unmöglich. Ein größeres Armuts- zeugnis kann man sih doc nit auêéstell:n. Was soll man dazu sagen,

Tonnen fei.

wenn zunädst erklärt wird, eine Million Tonnen ist das Aeußerste, was wir liefern können, und E kommi beraus Mie S auch- 2 Millionen Tonnen wohl leisten können? Daß die Mehr-

belastung ter Kohlenlieferung Deutschlands ganz ershütternde Folgen teben Wird, hrauche ih nit zu \childern. Wir hatten son im lehten Winter mit den größten Schwierigkeiten zu kämpfen, sowohl die Land- wirtschaft wie die Industrie. Sc um den Mehrbedarf der Kohlenlicferun legung unserer Jndustrie um rund 25 : at einer Zeit, wo wir gerade durch die Umkehbr der ganzen wirtschafilichen einer Prise in einer Krise der Arbeitslosigkeit steben, die dadur noch “ußerordentlid vermehrt wird. Hungern und frieren soll das deutsde Volk in diesem Winter. Die fünf Goldmark sind doch höchstens als cin Almo’en zu bezeicnen, sie betragen pro Woche unt Kopf des Nergarbeiters eien ZusHuß von nur 20 6, währ2ad der Gesamtz11s B15 über 200 4 beträgt. Al'o eine Besserung der Pra e M der Berg- arbeiter, die die \unbedinate Vorausseßung ist, tritt absolut nicht ein. Die Erfüllung dèr Koblenl:eferung in der zur Verfügung stehenden Zeit is nach unserer Aufassuna unmöglich. D r deutsche ernarbeiter von Spaa für seine Ernährung und Be-

herau8zupressen, eine Still- rozent exfordere, und das in

Energie besißen müssen,

Saverständige haben erklärt, daß es, ;

Wien nicht am 27. Juli 1920 zu sprechen, sondern eiwa am 27. Juli 1914. (Sehr richtig! im Zentrum und links, Unruhe bei den Deuts» nationalen Volkspartei.) Der ganze Krieg, das Ende des Krieges und wa3 mit dem Krieg zusammenhing, der Friede von Versailles alles war vergessen. Die Nede ist aufgebaut auf dem Gedankengang, als hätten wir es noch mit einer deutschen Mat zu tun wie in der Zeit vor dem Kriege, als wären niht dur den Frieden von Versailles man mag sih im übrigen zu ihm stellen, wie man will ganz andere Lebensbedingungen für uns geschaffen worden, fo daß: wir, was jeht auch für Genf prophezeit wird, dem Diktat siegreiher Feinde gegen- überstehen. Dieses Diktat siegreiher Feinde wird uns aber für das, was wir in Spaa zu berücksichtigen hatten, nicht guigeschrieben. Wer unsere Situation richtig erfaßt, der weiß do), daß wir nicht einfach unseren Willen durhseßen konnten. Das, was der Herr Redner aus3- geführt hat, über vie nationale Festigkeit usw., war doch aufgebaut auf dem Gedanken, ais ob wir, wenn wir einmal ein Wort gesprochen, da- bei bestehen bleiben konnten, wenn auch die Welt darüber in Trümmer ging. Solche Gedankengänge entsprecken nit der Situation, in der wir uns befinden.

Meine Damen und Herren, der Herr Redner hat in der Rede des Herrn Außenministers einen Mangel an Glauben in den Wiederauf- hau unseres Reiches und an gutem Willen, persönli zu dem Wieder- aufbau mitzuwirken, gefunden. Jh nehme doch an, meine Damen und Herren, daß Sie (nach rechts) wirklich nicht daran zweifeln, daß es einem so ernsten, für fein Vaterland so begeisterten Manne wîe dem Herrn Außenminister an dem Glauben in die deutsche Zukunft oder an dem guten Willen gewiß niht fehlt. Aber als nücterner, ehrliher Mann hat er die Verhältnisse geschildert, wie fie sind. (Lebhafte Zu- stimmung.) Er hat nichts gefärbt, er hat uns ‘die trübe Lage, in der wir ün3 nun einmal befinden, offen dargethan, Das muß man aner- kennen (erneute Zustimmung) und nicht subjektive Folgerungen daraus ziehen, die schmerzen. Jh möchte die Herren, die jeßt so kräftig an den Glauben für die deutshe Zukunft und an den Willen zu ihrem Aufbau appellieren, bitten, das do selbst recht in die Tat umzuseßen (wieder- holte lebhafte Zustimmung im Zentrum und links), in die Tat umzu-

sehen in ihrer ganzen öffentlichen Tätigkeit! (Zurufe von der Deutsch-

nationalen Volkspartei.) Wir werden dann weiterkbommen als dur diese Art von Kritik, wie sie hier an der Rede des Herrn Außen- ministers geübt werden ist. (Zurufe rechts: Sollen wir etwa ein- verstanden sein?) Nein, das verlange ih nicht! i

Die Rede des Herrn Außenministers hat in dem Herrn Vor- redner Gefühle der Trauer und Empörung ausgelöst. „Trauer“ das kann man noch hinnehmen. Aber „Empörung“ ist ein starkes Wort. Soweit die Verhandlungen in Spaa zu dieser Aeußerung Anlaß ge- geben haben, werds ih im folgenden Verlauf meiner Ausführungen

I-Z