„Osservaltore Romano“ veröffentlicht eine vom
M. datierte Encyclika des Papstes, welche an den
opat und das italienische Volk gerichtet ist und die Unter- drückung der katholishen Vereine und Blätter, die jüngst von der italienishen Regierung beschlossen wurde, zum Gegenstand hat. Der Papst verbreitet sih darin über die Entstehung und Noth- wendigkeit jener Vereine, deren Ziele in religiöser, moralischer, ozialer und öôkonomischer Hinsicht er klarlegt. Er erklärt, erartige Maßregeln, wie sie die italienishe Regicrung e habe, verlegten die Grundregeln von Gerechtig- __feit und Gese und beleidigten besonders den Papst, der jene friedliebenden Vereine gesegnet habe. Sie verschärften ferner den für Jtalien so nachtheiligen religiösen Zwist und beraubten es einer im Kampfe gegen Sozialismus und Anarchismus so hervorragend staatserhaltend wirkenden Kraft. Aber die Katholiken j O De Ee Nt unnunddes Rufe ruhrs, weder durch Drohungen noch durch Gewalt zu einer Aende- rung ihrer Haltung gebracht werden. Sie würden sich dem augen- blicklichen Stand der Dinge fügen, ihn jedoch nicht unter- stüßen, solange derselbe auf die Demüthigung des Papstthums hin- ziele. Der Papst erhebt gegen jene Maßregeln Einspruch, welche er für willkürlihe erklärt und wel&e die 2E des Papst- thums immer peinlicher und unerträglicher gestalteten, da ihm dadurch auch die Mittel für seine Thätigkeit in religiöser und sozialer Hinsiht genommen würden. Der Papst macht die Katholiken Jtaliens und des Auslandes auf diesen Stand der Dinge aufmerksam und ermahnt die Jtaliener, in den Grenzen der Geseßlickkeit dem Episkopat und dem Klerus treu zu bleiben.
Spanien.
Nach dem „Liberal“ hätte die Regierung die von den Vereinigten Staaten vorgeschlagenen Fried ensbedingungen nur „ad referendum“ angenommen, weil sie der Ansicht sei, daß cine Abstimmung der Kammern zur Abtretung von Gebiets- theilen erforderlih sei. Wenn der Präsident McKinley die Bedingung: der Annahme „ad referendum“ zurückweise, werde die Regierung die Cortes noch in diesem Monat einberufen. Eine neue Note McKinley's werde noch in dieser Woche in Madrid erwartet.
Anläßlih der Wiederkehr des Todestages Canovas del Castillo’s wurde gestern in Barcelona ein Trauer- gottesdienst abgehalten, welhem die Behörden und zahl- reiche: Würdenträger beiwohnten.
Portugal.
Der Präsident der Vereinigten Staaten von Brasilien Campos Salles ist, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern von Lissabon nah Rio de Janeiro abgereist.
Türkei.
Das Wiener „Telegr.-Korresp.-Bureau“/ meldet aus Kon- stantinopel, daß die Admirale in Kreta ihren Regierungen empfohlen hätten, auh die Verwaltung der Zehnten zu über- nehmen, da die Zollzushläge für die Bedürfnisse der neuen Verwaltung nicht ausreichten.
Der serbische Gesandte Novak owitsch hat ih bei der Pforte über deu jüngsten Einfall der Arnauten und Nizams in Serbien beshwert. (Siche unter Serbien.)
Serbien.
Der „Politishen Korrespondenz“ wird aus Belgrad ge- meldet, daß eine starke Arnautenbande nahe der Grenze zwishen Mutivoda und Dabischevay serbishe Feldarbeiter überfallen habe. Die serbishe Grenzwache sei zu Hilfe geeilt. Aber auch die Arnauten hätten durch 200 Stammes- genossen und 60 reguläre Nizams Beistand erhalten. Das ‘Gefeht habe drei Stunden gewährt. Auf feindlicher Seite “ri drei Nizams und zwei Arnauten gefallen. Ein gefallener Nizam sei mit seiner ganzen Ausrüstung auf ferbishem Gebiete zurücgelassen worden. Serbien habe umfassende Maßregeln getroffen, um erneute Einfälle zu verhüten.
Montenegro.
Zu Ehren des in Cetinje eingetroffenen Fürsten von Bulgarien fand, wie „W. T. B,“ meldet, gestern daselbst in der utter-:Gottes-Kathedrale ein feierlihes Tedeum ftatt. Bei dem Galadiner am Abend brachte der Fürst von Montenegro einen Trinkspruh aus, in welchem er sagte: Er empfinde doppelte Mane über den lang erwarteten Besuh des lieben Bruderfürsten nach dessen Besuche in Rußland. Montenegro und Bulgarien seien dur gemeinsame Interessen verbunden; sie möchten in Einig- keit zusammenwirken; daraufhin trinke er auf die Gesund- heit des Fürsten Ferdinand. Der Fürst von Bulgarien erwiderte: Wunsch und Pflicht hätten ihn nah Cetinje geführt zu dem heroischen Volke, mit dem Bulgarien durch nationale und historishe Bande sowie durch gemeinsame Religion ver- bunden sei. Zur Erfüllung der gemeinsamen Pflichten sei eine enge Preund gan! nöthig. Der Fürst Ferdinand trank zum Séhlu auf die Gesundheit des Fürsten Nikolaus, des Vor- palel der Freiheit und des Fortschritts auf der Balkan-
albinsel.
Amerika.
Der französishe Botschafter Cambon hat, wie „W. T. B.“ aus Washington erfährt, die Antwort der spanischen Regierung gestern Nachmittag gegen 3 Uhr erhalten. Da die betreffende Note ziemlich umfangreich ist, dürfte die Dechiffrierung derselben einige Zeit in Anspruch nehmen.
Der leßte Bericht des Generals Shafter über die
esundheitlichen Eins in der amerikanishen Armee auf Cuba Diet die Zahl der Erkrankten auf 3681, darunter 2638 Fieberkranke, an. General Shafter fügt hinzu, daß augenblicklich drei Viertel seiner Truppen vom Fieber llen seien. Die Schwere der Erkrankungen und die Langsamkeit der Genesungen seien S QIE Folge der furhtbaren Strapazen während der ersten 3 Wochen des Feld- „zuges, in denen die Truppen s{hußlos der entsezlichen Witte- rung ausgeseßt geweien seien und ununterbrochen nur von Fleisch, rot und Kaffee gelebt hätten.
Aus Valparaiso wird gemeldet, daß der argentinische
Kommissar Moreno am 5. d. M. von Buenos Aires nah aao abgereist sei, um mit dem cilenishen Kommissar Diego Barro9s-Arana behufs Einigung über die Grenz- ‘linie zu verhandeln. Der Präsident Errazuriz habe sih am 6. d. M. mit mehreren Ministern nah Coquimbo be- 0 um die Flotte vor deren Abfahrt zu den Manövern zu : igen.
Wie dem „Reuter'shen Bureau“ aus Peking vom
gestrigen Tage gemeldet wird, hat das Tsung-li-Yamen.
einen cinesishen Kommissar beauftragt, gemeinsam mit den russishen Behörden thätig zu sein, um die wangsenteignung des Landes für die russische enn in der Mandschurei durch- zuführen, deren Bewohner sih bis jeßt geweigert haben, ihren Grund und Boden zu verkaufen.
Die „Times“ erfährt aus- Hongkong vom gestrigen Lage daß der Kolonial-Sekretär in Bongrous Lockhart sich in Begleitung von sachverständigen Berathern an Bord des britischen Kanonenbootes „Plover“ nah der Mirs- Bay be-
eben habe. Der Kolonial-Sekretär solle dort als Speéezial- ommissar bei ‘der Festseßung der Grenze des Kaulung- Gebietes thätig sein.
Nr. 32 des „Centralblatts für das Deutsche Reich “, herausgegeben im Reih8amt des Innern, vom 5. August, hat folgenden Inhalt : 1) Konsulat-Wesen: Ernennung; — Exequatur-Ertheilungen. — 2) Marine und Schiffahrt: Bestimmungen über die gegenseitige Lu der Schiffsmeßbriefe in Deutshland und Rußland. — 3) Justiz Wesen: Nachweisungen der zur Vertretung des Militärfiskus bei Pfändung des Diensteinkommens von Militärpersonen berufenen Militärbehörden. — 4) Zoll- und Steuer-Wesen: Veränderungen in dem Stande oder den Befugnissen der Zoll- und Steuerstellen. — 5) Polizei- Wesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.
Nr. 25 des „ Eisenbahn-Verordnungsblatt3*, beraus- egeben im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, vom 5. August, bat folgénden Inhalt : Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten : vom 26. Juli 1898, betreffend Wohnungen und Wohngebäude für Beamte; vom 30. Juli 1898, betreffend Aenderung der Staatsbahn- Wagen-Vorschriften; vom 31. Juli 1898, betreffend Befähigung der Schiffsführer. — Nachrichten.
Statistik und Volkswirthschaft.
Die Ergebnisse der cidgenössishen Viehzählung vom 20. April 1896,
Die sämmtlihe Kantone der Schweiz umfassenden eidgenössischen Viehzählungen haben bisher nah dem Bundesgeseß vom 18. Juli 1865 alle 10 Jahre, und zwar am 21. April 1866, 1876, 1886 und am 20. April 1896 stattgefunden, während sie in Zukunft nach dem Bundesgefey, betreffend die Förderung der Landwirthschaft durch den leide vom 22. Dezember 1893, alle 5 Jahre veranstaltet werden ollen.
In der 116. Lieferung der „Schweizerischen Statistik“ werden die Ergebnisse der Zählung vom 20. April 1896 ausführlich veröffentlicht. Einbezogen in die Erhebung waren Pferde, Maulthiere, Esel, Rind- vieh, Schweine, Schafe, Ziegen und Bienenstöke. Außerdem wurden neben der Zahl der Viehbesißer nah der Art und Stärke des Viehstands (1898 zum ersten Mal) ihre Berufsverhältnisse festgestelt. Die Veröffentlihung bringt au Vergleiche mit den Ergebnissen früherer HEONagO und Hinweise auf die Ein- und Ausfuhr. Der Nutvieh- tand der landwirthshaftlihen Betriebe ist nit besonders ersichtlich gemacht, auh nit die Zahl der Na ien Zugthiere. Es ist also auch das nichtlandwirthshaftliche Vieh (Zugprerde im Ver- Pa Vieh bet Händlern, Schlächtern u. s. w.) in den Zahlen enthalten.
Pferde. Der Bestand am Zähltage war folgender : Gesammtzahl Zucht- Stuten trächtig andere der Pferde Hengste oder fäugend Pferde 1896 108 969 178 5999 102 792 1886 98 622 272 6888 99 462 1876 100 933 321 6410 94 202 1866 100 324 428 9515 90 381.
Auffallend is der Rückgang der Zuchthengste und Zuchtstuten, und es kann deshalb nicht überra]chen, wenn folgende Zahlen ein er- heblihes Anwachsen der Mehreinfuhr erkennen lassen:
Vebershuß der Einfuhr über die Ausfuhr Pferde Fohlen 6455 1221 1401 793 521 815 312
(Deutshland hat 1896 im Ganzen 3563 Pferde nah der Shweiz ausgeführt, kene von da eingeführt). Die inländishe Zucht der Schweiz reicht heute bei weitem nicht hin, auch nur die Hälfte des Landesbedarfs zu befriedigen.
Rindvieh. Im Ganzen sind gezählt worden 1896: 1 306 696; — 1886: 1212538; — 1876; 1035 856; — 1866: 993 291 Stück.
Darunter waren Sungvieb üb
y ,» Jungvieh über E 4 Sabr und Kübe s Rinder
1896 213 392 519 908 688 052 1886 183 099 289 624 663102 18391 58322 1876 138 791 241 592 592413 10324 52736 1866 130 012 247 460 053205 10302 52527
In den Jahren 1892 bis 1895, für welche verläßlihe Zahlen
vorliegen, betrug die Einfuhr Ausfuhr von D i s O B05 456 PEE lieren E 6 N Ao 2105 G Oa N T 0O6 18711 Jungvieh und Rindern. , 5763 11 505 „ Mastkälbern über 60 kg . 11912 4 695 „ Kälbern bis 60 kg, . ., 3010 9 946 (Deutschland hat 1896 aus der Schweiz eingeführt 10 429 Kühe und 4456 Stück Jungvieh bis zu 25 Jahren, ausgeführt nah dort nichts.) Die von verschiedenen Seiten vorgeshlagene „Rafsenzählung“ war abgelehnt worden, ebenso die Beantwortung der Frage nah dem Gewicht. Versuchsweise sind übrigens im Mai 1896 über das Gewicht Berichte von etwa 200 Sachverständigen aus verschiedenen Gegenden er- beten worden, deren Ergebnisse am Schluß der vorliegenden Veröffent- lihung gleihfalls mitgetheilt sind. Die Zahlen sind vielfa nur an- nähernde und vorläufig wohl ohne erheblihen Werth. Für die ganze Schweiz betrug danach das Lebendgewicht der Kühe im Durch E — Was die größeren Rindviehbestände in einer Hand betrifft, so waren (bei 215 208 Rindviebesigern im Ganzen) 183 Besiger von 51 bis bots Ode 18 von 101—150 Stück und 2 von mehr als 150 Stück vorhanden.
Schweine. Es sind gezählt worden: Zuchteber, uttershweine verwendete zur Zucht
1896 2112 54 363 1886 1499 36 551 1876 1640 30 801 1866 1544 30 228
Zuchtstiere Ochsen 22270 63074
"”
andere Gesammt- Schweine zahl 510 499 566 974 356 867 394 917 302 066 334 507 272 656 304 428,
Troß dieses starken Anwachsens des Bestandes ist der Uebershuß der Einfuhr über die er leihfalls ganz erheblih gestiegen. Er be- trug nämli im Durchschnitt jährlich :
1891—95 81 491 1876—80 64 282 1886—90 71 677 1871—75 46 169 1881—85 62 207 1866 —70 831 297 Größere Bestände in einer Land waren : 270 von 51 bis 200, 45 von 101 bis 150, 11 von mehr als 150 Stü.
Schafe und Ziegen. Die Zählungsergebnisse waren folgende: Schafe
Ziegen 1896. . 271 901 415 817 1886. 341 804 416 323 1876. 367 549
396 001 1866, 447 001 375 482
Der Einfuhrüberschuß an Schafen wurde 1891 bis 1895 mit 70 965 berechnet, während er 1866 bis 1870 ih nur auf 40 02 stellte. Bet den Ziegen hat sich im Jahrfünft 1891 bis 1895 ein Ausfuhr- übershuß von 1526 ergeben, während 1866 bis 1870 noch eine Mehr- einfuhr von 6131 zu verzeihnea war.
An größeren Schafherden waren 1896 noch vochanden 36 von 91 bis 100, 11 von 101 bis 200, 7 von mehr als 200 Stü. Von den Ziegenbesißern hatten 9009/6 niht mehr als 5 Stück, doch kamen immerhin noch 22 Ziegenherden mit mehr als 50 Stü zur Zählung.
Bienenstöcke wurden gezählt:
1896 1886 1876
254 109 207 384 177 129. Die beiden leßten Jahrfünfte wiesen eine Mehreinfuhr von 1659 und 1825 Bienenstöcken auf.
Die Frage nah den Berufsverhältnissen der Vieh- besißer war veranlaßt worden dur den der [{weizerishen Berufs- statiftik (Zählung von 1888) anhaftenden Mangel jeder Auskunft über den Nebenerwerb. Namentlih empfand man diesen Mangel bei Behandlung der agrarpolitishen Fragen der Gegenwart, da es von hoher Bedeutung war, zu wissen, inwieweit die in der Landwirthschaft thätigen Arbeitskräfte durch Nebenerwerb in den natürlihea Ruheperioden der landwirthschaftlihen Arbeit Bes- shäftigung und Verdienst finden und in den für die Landwirthschaft un- günstigen Zeitläuften übec Wasser gehalten werden köznen. Aller- dings bleibt die Auskunft, die in dieser Frage bei einer Viehzählung: gewonnen werden kann, tmmer eine unvollständige. Erst die nächste Berufszählung wird durch Stellung der Nebenerwerbsfrage dzm Mangel wirklich abhelfen.
Von fämmtlihen 1896 gezählten 287 430 Viehbesißern haben 242 523 die Landwirthschaft als ihren Beruf bezeichnet, während 44 907 einen anderen oder feinen Beruf anzugeben hatten. Von den. 242 523 viehbesißenden Landwirthen wieder bezeihneten 172 625 die Landwirthschaft als ihren einzigen Beruf, während die übrigen 69 898 neben der Landwirthschast noch einen anderen Beruf angegeben haben, und zwar bezeichneten von leßteren 26 638 die Landwirthschaft als ihren Hauptberuf, 43 260 als ihren Nebenberuf.
Zu bemerken ist noch, daß ‘der Kanton Zürich bereits 1886 und ebenso 1896 mit der eidgenössishen Viehzählung eine den Anfo rderungen der Statistik durchaus L umfassende landwirth schaft- lihe Betriebszählung verbunden hat. Die Ergebnisse von 1896. find noch nit veröffentliht. Kein anderer Kanton und eben- sowenig die Eidgenossenschaft ist im Besig einer landwirthschaftlichen Betriebsstatistik. Bern hat 1888 nur eine Besißstatistik zu gewinnen versuht und Aargau 1886 die Betriebsgrößen der Viehbesiyer nebenber \châßungsw?ise erhoben.
Zur Arbeiterbewegung.
In Frankfurt a. M. sind, wie „W. T. B.“ meldet, die Maurer in den Ausstand getreten, da die Arbeitgeber die Forderung eines Stundenlohns von 45 4 bei 10stündiger Arbeitszeit nicht be- willigt haben. i
Aus Lauenburg a. d. Elbe wird der „Magdb. Ztg.“ geschrieben: Der Ausstand dex Sciffszimmerer auf dec Werft von J. G, Hitler ist beigelegt und die Arbeit bereits seit einer Woche wieder auf- genommen worden. Die Firma zahlt jeßt einen Stundenlohn von 38 §, statt wie bisher 35 H, und stellt geeignete Hilfskräfte ein,, sowett dies *der Betrieb erforderlich macht.
Kunst und Wissenschaft.
Große Berliner Kunstausstellung 1898. VI.*) Die Wandbilder H. Prell’s für den Palazzo Caffarelli:
L. K. — Seit voriger Woche {sind im Saal 3la der Aus- stellung die großen Wandbilder dem Publikum zugänglih ges: maht, die Professor Hermann Prell im Austrage Seiner Majestät des Kaisers für den Thronsaal des deutschen Botschaftspalais in Rom in der kurzen Zeit von zwei Jahren ausgeführt hat. Es handelte sich darum, einen großen, ziemlich langgestreckten Repräsentationsraum des in italienischer Hocj- renaifsarce im sechzehnten Jabrhundert erbauten Palazzo Caffarelli: auf dem Kapitol mit einem Bildershmuck zu versehen, der nah Ab- sicht des Hohen Auftraggebers den altgermanishen Mythos vom Wechsel der Jahreszeiten schildern follte.
Da die der Thronwand gegenüberliegende Fensterseite des Saales die Entfaltung einer Breitkomposition verbot, der nordishe Mythos- auch nur drei Jahreszeiten, Frühling, Herbst und Winter kennt, er- gab fi von selbst die Haupteintheilung des Bilderkreises derart, daf; an der Thronwand der Sommer, an den beiden Shmalwänden Früh- ling und Winter dargestellt wurden, während dem Thron gegenüber oberhalb der beiden Mittelfenster die allegorishe Gestalt der Ger-- mania, flanfiert von Baldur und Erda, ihren Plat fand.
Die Malereien reihen — wie aus den ebenfalls ausgestellten Aquarell\kizzen des Gesammtinnern zu ersehen is — von der Höhe des oberen Thürfturzes bis zur braun-kassettierten Holzdecke herauf und sind durch gemalte Atlantenfizuren im Geshmack des italienishen Baro seitlich flankiert. Diese halbarchitektonishe und deshalb dem Baustil des Palastes ängepaßte Einrahmung kontrastiert auffällig mit den nordischen Sagengestalten der Bilder, die indeß dem Ort ihrer Bestimmung insofern ebenfalls angepaßt sind, als sie im wesentlichen die Formensprache der fklassishen, akademischen Kunst reden,
Inhaltlih beginnt der Cyclus mit dem Frühlingsbild der linken SGm and: da hier eine Flügelthür neben der Fensterwand ansz ebracht ift, hat der Maler die Komposition nicht zentral angelegt, Pnberni gewifsermaßen als Prolog des Ganzen über dem Thürsturz in Bronzefarbe die germanishe Sage gemalt, eine in weite Schleier gehüllte hockdende Matronengestalt, neben der der Rabe flattert,. während sie im Schoße das Haupt Mimir's, des Riesen, in dem die Edda- das „Gedächtniß“ verkörpert, hält.
Die eigentlihe Darftellung des Frühlings nimmt die beiden übrigen Drittheile dec Wand ein : Baldur, der Sonnengott, is mit seinem gleihfalls jugendlichen Genossen Skirnir zur Erde herabgestiegen und rastet am Quell eines Gletscherthals, als ihn die drei Schwanen=- jungfrauen, die auf blumiger Au im Schatten frühlingsgrüner Birken erscheinen, anflehen, ihre von den Winterriesen eangene Mutter Erde zu befreien. Diese wird rechts in den Felsklüfteu des Hintergrundes in einem Wolkenschleier sihtbar. innend lehnt der Sonnengott an seinem Roß und hört den Bitten der Jung- frauen zu — éine Grupve, die deutlih an das Vorbild antiker Kunst gemahnt. Auch die Gestalten der Schwanenjungfrauen sind über dem Modell fklassisher Körpershönheit geformt, während die / Köpfe mit ihrem gelockten WBlondhaar uxzd den rosigew Wangen wohl das germanishe Schönheitsideal versinnli sollen. Ein idyllisher, gemüthvoller Zug liegt über der ga Komposition des Vordergrundes, während im Hintergrunde matest.äütis{ die Alpenfirnen aufleuhten. Die Beschränkung auf wenige G4stalten
*) S. die Nrn. 117, 125, 146, 169 und 176 d. Bl.
* des 25 S
iebt dem Bilde Uebersich tlihkeit und Klarheit, wenn man aud die Geberdensprae im einzelnen lebendiger und deutliher wünschen möchte, damit der Beschauer des oru ten Kommentars völlig entrathen könnte, Die lichte Sarbigte t, die sich namentlich in der Birkengruppe auf der rechten Seite zu voesievoller S{önheit steigert, weckt unecinges{chränkte Bewunberung. Prell ist hier der dekorativen Seite seiner großen Aufgabe in hohem Maße gerecht geworden. Besonnen und ebenmäßig ist auch der Aufbau, der \treag an der Absicht eines linienschönen Flähenschmucks festhält. Das umfang- und figurenreihste Bild des Cyclus \tellt — als Sinnbild des Sommers — den Kampf Baldur's und der Walküren, der Wolkengöttinnen, gegen die Berg- und Winterriesen dar, jenea Kampf, in dem die Einbildungskraft der Germanen ih die majestätishe Naturersheinung des Gewitters gestaltenkräftig be- lebte. Der Sonnengott in gleißender Goldrüstung stücmt auf feurigem Roß durch diz Lüfte gegen die Bergriesen, die gigantisches Felsgestein dem sieghaften Kämpen vergebens entgegenshleudern. Die berittene Schaar der Walküren folgt auf fahlen Wolkenrossen ihrem Führer, während links im Vordergrunde auf blumiger Wiese Erda und ihre Genofsinnen den Befceier zum Kampfe anfeuern.
,_ Die Gestaltenfülle machte einen äbnlih über sihtlihen Aufbau wie im „Frühling“ unmöglich; aber geshickt bat der Maler durch die dunklen Felsmassen des Riesenheims auf der Rechten eine scharfe Be- grenzung gegeben und niht minder geshickt das farbige Gleichgewicht dur die lichte Haltung der linken Bildhälfte hergestellt. Die Figur Balour’s würde durch wuchtigere Verhältnisse noch gewinnen; obwohl sie den leuhtenden Mittelpunkt des Kampfes bildet, tritt die Aktion doch nicht fräftig genug hervor, und das Motiv des ium Schlage ausholenden Flammenshwertes wirkt etwas lahm. |Grotesfe Wildheit lebt in den Leibern der Bergriesen, deren Mutter — ganz _ rechts — in Felsenshluhten hockt. Die \charfe Zeichnung und plastishe Durchführung aller Gestalten beeinträchtigt den Eindruck des Vifionâren, Geisterhaften, das solcher Verkörperung eines elemen- taren Naturschauspiels nicht ganz fehlen durfte. Dafür entschädigen den Beschauer auch hier wieder Einzelheiten von hoher Schönheit und lyrishem Schwung, die insbesondere eine dec Begleiterinnen Erda?s, eine Mädchengestalt von lieblicher Anmuth, auszeichnen.
Die Thronwand in ihrer ganzen Breite mit einer fortlaufenden Komposition zu füllen, würde zu einem \törenden Mißverhältniß zwishen Höhe und Breite des Bildes geführt haben. Prell flankierte daher das Frühlingsbild durch zwei — wiederum plastishe Gruppen farbig andeutende — Einzelfelder: links Baldur, die befreite Erd- göttin an si ziehend, rechts Hödur mit dem todten Sonnengott zu feinen Füßen. Diese beiden plastishen Cäfuren geben der ohnehin schon weit ausgedehnten Breitkomposition des Mittelbildes festeren Halt und Zusammenshluß. Sie erinnern in Aufbau und Formen- iprabe an die bildnerishen Schöpfungen von Reinhold Begas.
Dzn Schluß des Jahreszeitenkreises bildet das Bild des Winters auf der reten Schmalwand, in die eine Orchesterloge leider störend einshneidet. Links steht auf einer Klippe am dunklen FelsgckPade Erda, umgeben von Wasserfrauen und Meergreisen ; weh- müthig blickt sie auf die anstürmenden Wogen, die die Welt wiederum in Eifesfesseln zu hlagen drohen. Rechts im Vordergrunde sißt auf
* einem Felsblock der Barde, dem die Schiksalsgöitin mit dem strahlen-
äugigen Kinde des kommenden Frühlings im Arm Begeisterung zu neuem Singen und Sagen leiht. Am fernen Horizont sinkt die Sonne blutigroth in die tiefvioletten Meecreswogen.
Landschafilih macht dieses Bild von allen den tiefsten Eindruck; die trojtlose Stimmung der versinkenden Lebensfreude ist ausgézeichnet getroffen, die grauen Fels8massen heben sich wirkungsvoll gegen die grüne Meeresbrandung ab. Entsprehend der Frühlingskomposition auf der gegenüberliegenden Wand hat Prell fch auh hier auf wenige auédrucksvolle Figuren beshränkt. Zu ernster Größe erhebt sih die Nornengestalt, die der rechten Hälfte des Bildes eine kcäftige Cäsur giebt und deren Silhouette wirkungsvoll von dem weiten Meer abstiht. Freilih wird auch hier der Beschauer ohne Grläuterung nicht ganz auskommen können. Die nordische Göôttersage, die Schöpfung eines Naturvolks, dem die Gabe bildnerischer Kunst in jenen Zeitaltern frühester Kultur durchaus versagt war, muß stets ein spröder Stoff für die Malerei bleiben, fobald diese nicht ihren Kern, die Wirkung der Naturgewalten auf das menfchlihe Gemüth, künstlerisch zu fassen fuht. Prell hat daher die landschaftlihe Schilderuna mit Necht in den Bildern des Früh- lings und Winters in den Vordergrund gestellt und damit feiner s{wierigen Aufgabe die einzige Möglichkeit starker Wirkung ab- gerungen.
Mehr in den Bahnen des Herkömmlichen bewegt sch die Allegorie auf Deutshlands Macht, die an der Fensterwand des Saales, dem Thron gegenüber ihren Play gefunden hat. Jn einer Barocknische, neben der Atlanten im Stile Giulio Romano's als D eckenträger fungieren, is der Thron für die Gestalt der Germania errichtet. Ste hält, mit Schuppenpanzer und Kaiserkrone bekleidet, das Reichs- {wert auf ihren Knien. Jhr zu Füßen haben \sich Erda und Baldur — als Bronzefiguren gedaht — niedergelassen.
Eine in Marmor gemeißelte Inschrift am Sockel dieser Malerei gicbt Aufschluß über Veranlassung und Auftraggeber des Unter- nehmens, das in der ewigen Siebenhügelstadt künden soll von der Sagenwelt des nordishen Reihs: Guilelmus IL. imperator rex majorum gloriae memor aedes Germaniae in urbe aeterna fabulis patriae ornari jussit,
Ueber den weiteren Verlauf der Verhandlungen ‘des 29. Deutschen Anthropologen-Kongresses in Braun- \chweig entnehmen wir einem Bericht des „Hann. Cour,“ Folgendes: Dr. Boas aus New York sprach am Freitag über die anthropologisbe Forshung in Amerika. Ec führte aus, daß ih in den Hauptstädten der Vereinigten Staaten Bureaux ge- bildet hätten, welhe die einzelnen Forshungsgebiete bearbeiteten; fo beshäftige sich beispielsweise das Bureau in Washington mit der Erforschung der Lebensweise und Entwickelungsgeschichte der Indianer, andere wieder mit der Sprache u. \. f. Ein Haupthinderniß für die Forschung bilde gegenwärtig der Mangel an jüngeren Arbeitskräften, doch sei Hoffnung vorhanden, daß - diesem bald abgeholfen werde. Der Redner berührte au die in Amerika betriebene physishe Anthro- pologie. — Der leyte Vortrag der zweiten wissenschaftlichen Sigzung war der des Professors Dr. J. Nanke- München, welher über bevölkerungsstatistishe Beobachtungen aus den In dianer- dörfern des Xingu sprah und auf die Schwierigkeiten hinwies, die der Arbeit des AUEO bei foldhen von der Kultur noch völlig unberührten Volks\tämmen sich entgegenstellten. — Endlich sprach dann noch Realschullehrer Lüh mann - Braunschweig über eine von ihm bearbeitete Karte der vorhistorischen Elmbefestigungen.
Am Sonnabend Vormittag wurden zunächst die Technische Hoch- \chule und das mit derselben räumlich vereinigte Bg tne Natur- historishe Museum besihtigt. Darauf begann die Schlußsizung im Wilbelms - Garten. Zuerst wurde der Rechenschaftsberiht er- stattet, dem zufolge das Vermögen der Gesellshaft 19505 4 96 „F beträgt. Alsdann wurde gemäß dem Vorschlage des General - Sekretärs Professors Dr. Ranke die Stadt Lindau am Bodensee einstimmig als Ort der nächstjährigen Versammlung gewählt, wo gleichzeitig auch die Wiener Anthropologische Gesell schaft tagen wird. Zum Ersten Vorsißenden wurde wieder der Geheime Medizinal-Rath Dr. Waldeyer, zu Beisitern wurden der Geheime Medizinal-Rath Dr. Virhow und Freiherr Dr. von Andrian-War burg
gewählt. Hierauf nahm dann Dr. Ks hl-Worms das Wort, um
über neue Gräberfelder der aNAgeTen Steinzeit bei Worms zu sprehen. Der Redner hat 1895 bei Worms ein größeres Gräberfeld entdeckt, das aus 69 unversehrten Gräbern bestand. iese boten ein reiches Material an Sfkeletten, Shmucksachen, Gefäßen und Geräthen. Cin zweites Feld entdeckte der Redner 1897 in der Nähe tunden von Worms entfernt liegenden Ortes Monsheim und ein drittes im Frühjahr 1898 bei dem 1 Stunde von Worms les liegenden Dürkheim a. Rh. Leßterer Fund
* bot eine reiche Ausbeute an k:ramishen Erzeugnissen, Hunderte
von Gefäßen, die in Verbindung mit den Wormser L ein vollständiges Bild von der Keramik der Steinzeit geben.
as Alter der Gräberfunde is auf 5000 Jahre zu shäyßen. — Nach diesem mit großem Beifall aufgenommenen Vortcaz erhieit Museums- Inspektor Grabowsky- Braunschweig das Wort zu einer Schilde- rung neuer neolithischer Fundstellen im Herzogthum Braunschweig. Die von ihm vor drei Jahren beschciebenen fünf Fundstellen haben #ch inzwishen auf mehr als hundert ver- mehrt. Die meisten Fundstellen liegen rechts von der Oker, und die Funde find dadur interessant, 7 alle Feuersteingeräthe eine rothe Farbe zeigen. Die dur die u» angreihe Spargelkultur zu Tage getöôrderten Funde mehren sih tägli, sodaß es nah wenigen Jahren möglich sein wird, eine umfangreich? Karte der neolithischen Besiedelung Braanschweigs anzufertigen. Jm Anschluß hieran hielt der Redner dann noch einen Vortrag über etnige im Thale der Lippe (Unterlauf) bei Wesel von Herrn Bankvorstznd M. Telge- Oberkßausen entdeckte neolithishe Fundstellen. — Nach einer Pause wurde_noh eine Reihe von Vorträgen gehalten, welche die Gehirn- und Schädelbildungen des Menschea 2c. zum Gegenstande hatten. — Am Abend vereinigten ih di: Theilnehmer im Stadtpark zu einem von der Stadr gegebenen Gartenfest. Die folgenden Tage waren zu 2 BAA nah dem Elm, nah Wernigerode, Rübeland sowie zu einer B-sichtigung dec megalithishen Denkmäler in der Althaldens- lebener Forst bestimmt.
Literatur.
Kataster der eingetragenen Genossenschaften im Königreih Preußen — Unterlagen zur Genossenschaftss\tatistik, bearbeitet von der Preußischen Zentral-Genossenschafts- Kasse. 662 Seiten in Großfolio- Format. Berlin 1898, Karl Heymann’s Verïag. Preis 45 (Æ — Die durh Geseh vom 31, Juli 1895 „zur Förderung des Personalkredits, insbelondere des genossenshaftlihzn Pzrsonalkredits“, begründete Zentral- Genossenschafts - Kaisse hat e3 ih seit ihrer Errichtunz an- gelegen sein lassen, als eine der wichtigsten Vor bedingungen für die planmäßige H:-bung und Wieiterentwickelung der genofsenschaftlihen Organisation im preußishen Staate auch die Genossen[chaftsstatistik thatfrästig zu fördern. Die erste Fruht ihrer dahin zielenden Be- strebungen ist dec vorliegende umfangreiche, durchweg auf amtlichen Materialien aufgebaute G'°nofsenschxftsfataster Preußens, in dem vorerst allerdings nur die gerihtlich eingetragenen Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften berücksichtigt sind. Die Grundlagen hierfür zu liefern, war auf Antrag des Präsidenten der Kasse den Gerihtsbehörden selbst durch Ministecialverfügung vom 1. Mai 1896 aufgegeben worden. Die allein über 500 Großfolioseiten füllenden Tabellen des eigent- lihen Katastertheils führen in der alphabetisch:n Folge der Land- und Amtsgerichtsbezirke im Ganzen 6598 eingetragene Genossenschaften nach Firma, Siß, Haftpflichtart und Gegenstand des Unternehmens mit ihrer Eintragsnummer im Genofsenschafröregister auf ; sie ergänzen diese Angaben durch solch: über die Höhe der Geschäftsantheile und die Zahl der Genoffen, sowie bei beschränkter Hastpfliht über die aus für jeden Antheil und die Gesammthastsumme für die
enossenschaft, ferner über die Händhabung der Revision durch gericht- lihe Neviforen oder innerhalb von Revisioneverbänden und über Zu- lassung oder Ausshluß von Genossenschaften als Genossen. Endlich lassen sie vermöge ihrer klaren, übersichtlichen Anordnung gleih- zeitig mühelos das Zahlenverhältniß der mit unbeschränkter Haftpflicht, der mit unbeschränkter Nachshußpfliht und der mit beschränkter Haftung arbeitenden Genossenschaften zu einander, fowie dasjenize der gerihtlih und der verbandsfeitig revidierten Genossenschaften innechalb jedes einzelnen Amts- und jedes Landgerichtsbezirks erkennen. Unter- schieden werden nah dem Gegenstand des Unternehmens, je für ih aufsummiert, aht Hauptgattungen : 1) Vorshuß- und Kreditvereine (auch Spar- und Darlehnskassen), 2) Robstoffoereine (au zur Beschaffung von landwirthshaftlihen Gebrauchsgegenständen, Düngemitteln 2A.), 3) Absaßgenossenschaften, 4) Magazingenosseaschaften (insbesondere Getreideverkaufsgenossenschaften), 5) Produktivgenossenschaften (ins- befondere Molkerei-, Winzergenossenshaften), 6) Konsumvereine zur Beschaffung von Lebensmitteln 2c., 7) Wohnungsgenossenschaften und 8) Genoffenschaften für sonstige Zwecke, welhe leßteren noch eine besondere Tabelle nah Geschäftszweigen klassifiziert. Die aus der Aufsummierung der Haupttabellen gewonnenen Resultate führt sodann noch eine Uebersicht der Landgerichtsbezirke allein und wieder noch einmal im Großen eine folhe der Ober- Landes8gerichtsbezirke ziffernmäßig vor Augen. Angeschlossen ift ein über 100 Seiten umfassendes Firmenregister der ge- fammten Genossenschaften, nah dem Ortsalphabet ihrer Siße ge- ordnet und unter Angabe der Verwaltungsbezirke, in welchen diese liegen. Voraufgeshickt ist ein kurzes Vorwort zur Orientierung über die Vorgeschichte des Werkes und über die gewaltige Arbeitsleistung, welche u feiner Durhführunz in verhältnißmäßig sehr knapp bemessener eit zu bewältigen war; das Vorwort schließt mit dem Versprechen, daß alsbald die Verwerthung des Katasters zu \tatistisher Einzel» bearbeitung in Angriff genommen werden und die Veröffentlichung des erften Heftes demnächst erfolgen folle.
Dasselbe ist bereits unmittelbar nah dem Hauptwerke zur Aus- gabe gelangt unter dem Titel „Mittheilungen der Preußischen Zentral - Genossenschafts - Kasse, 1. Heft: Statistische Ergebnisse des Katasters der im Königreih Preußen vorhandenen eingetragenen Genossenschäften“ (94 Folio- seiten; Beclin 1898, Karl Heymann's Verlag; Preis 5 4). Mit diesem Heft leitet die Zentral-KGenossenshafts-Kasse ein Unternehmen ein, welhes „in zwangloser Heftfolge vor allem Bearbeitungen des statistishen Materials, dann aber nah Bedarf auch noh fonstige, die Zentral - Genossenschafts - Kasse selbst oder das Genossenschaftswesen betreffende Veröffentlihungen“ zur allgemeinen Kenntniß bringen soll. Die durch „Vorbemerkungen“ erläuterten Tabellen des ersten es zeigen die in dem großen Genofsenschaftskataster aufgeführten
enossenshaften nah verschiedenen weiteren Gesichtspunkten gruppiert. Tabelle I is nur ein Wiederabdruck der im „Kataster“ enthaltenen Zusammenfassung der Endzahlen desselben nah Land- und Ober- Landesgerihtsbezirken. Tabelle IT giebt eine Uebersicht über den Stand der Genossenschaften in ihrer Vertheilung auf die Verwaltungsbezirke, Tabelle IIT ihre Vertheilung auf die Revisionsverbände, nah Unter- nehmen und Haftpflihtart getrennt, und Tabelle IV die Vertheilung auf die verschiedenen Genossenschaftszweige, nah Haftpflichtart und Revoisionsverhältniß gesondert. Angefügt is eine mehrfarbige Karte, welche das Zahlènverhältniß der Mitglieder der „eingetragenen Ge- nofsenschaften zur Gesammtbevölkerung verans{auliht.
— Annalen des Deutshen Reichs für Geseggebung, Verwaltung und Statistik. Staatswissenschaftliche Zeitschrift und Matertaltensammlung, fer Ea geen von Dr. Georg Hirth und Dr. Max von Seydel. 31. Jahrgang, Heft 3—10. München und Leipzig, Verlag von G. Hirth. Abonnementspreis vierteljährlich (3 Pefte) 4 M — Die vorliegenden Hefte enthalten eine größere An- zahl werthvoller Abhandlungen von allgemeinem Interesse, Vor allem sind zu nennen die „Vocträge aus dem ee Staatsreht“ von dem Münchener Staatsrechtslehrer Professor Max von Seydel, die Abhandlungen von Pr. jur. Gustav Bansi in Marienwerder über „Die Gebietshoheit als rein fstaatsrehtliher Begriff durh- geführt", Anita Augspurg über „Die Entstehung und Praxis der Volksvertretung tin England“, Gustav Siegel „Zur Entwickelung der Unabhängigkeit ‘der Rechtsprechung“, Assessor Dr Albreht Hoff- mann-Dreóden über „Die öffentlichrehtlihe Verjährung nah den Abgabengeseßen des Deutschen Reiches", die Aufsäße über „Die Amortisation der preußishen Staats- und Eisenbahnshuld“, „Die Verschärfung der geseßlichen Unterhaltspfliht“ von Rechtsanwalt Dr.
uld in Main „Die soziale Lage der Heimarbeiter“ von Dr. W. Muland in München, „Ein französishes Bach über die deutschen Agrarverhältnisse*" von Richard von Kaufmann, „Die Landschaften und die preußi LauP potheken-Aktien-Banken, unter besonderer Berück- sichtigung ihrer Bez ebun en zu dem ländlihen Grundbefitze in Preußen“ von Ed, Wegener, ein Vortrag über den „Streit um die Verstaat- lihung der Reichsbank“, der am 19. November v. J.--im Sozial-
wissenshaftli Verein zu München von Pcofessor Dr. Walther Log ge N E ist, und „Ein Det L Herstellung einec - vollständigeren Statistik der kommenden Reichstagswahlen“. von R. Siegfried. Im zehnten Heft endlih veröffentliht der Legationz-
Sekretär im bayerischen Staats-Ministerium des O Hauses -
und des Aeußern Dr. Josef Graßmann unter der Ueberschrift „Die Sonderstellung des bayeriihen Hzeres und das Reichs-Militärgericht“
eine Abhandlung, in welcher der Verfasser die von der herrshenden,
auch von einigen bayerischen Staatsrehtslehrern vertretenen Ansicht abweihenden Anschauungen der hayerishea Staatsregierung über die Frage der obersten militärgerichtlihen FInstanz für das Königreih Bayern wissenshaftlich zu begründen sucht. An Materialien enthalten die vorliegenden Hefte u. a den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die deutsche Flotte, nebst der Begründung und den Denk- schriften des Reiczs- Marineamts über „Die See - Interessen des Deutschen Reichs“ und „Die Ausgaben für Flotte und Landheer und ihre Stellung im Haushalt der EO Großstaaten“, ferner den Bericht über die Thätigkeit der Reichskommissare für das Aus- wanderungswesen während des Jahres 1897, den Verwaltungsbericht der Reichsbank für das Jahr 1897, und untec der Ueberschrift , Ver- band deutscher e BeHliE E find die all- gemeinen, die landwirthschaftlihen und die für Fabriken und gewerb- liche Anlagen ia Kraft befindlichèn Neg o gungen derselben, sowie deren Vorsihtsbedingungen für elektrishe Licht- und Kraft- anlagen mitgetheilt.
— Die am 4. August zur Ausgabe gelangte umfangreiche „Bismarck-Gedächtnißnummer“ der „Fllustrirten Zei- tung" enthält einen Aufsaß aus der Feder Moriß Bush's- h „Bismarck’s Wesen und Werk“. Der außerordentli reie Bilder- \{hmuck dieser Nummer VE Ie gen warte noh einmal den verewigten Fürsten, wie ihn die Meisterhand Franz von Lenbach's und der Meißel Gustav Eberleiu's aufgefaßt haben, er ¡eigt ferner den Mitbegründer des Deutschen Reichs als Knaben, Jüngling und Mann und bietet auch Jllustrationen von dem Daheim des Fürsten in Varzin und in Ras, sowie von dem Reichskanzler: Palais zu Berlin. Gute
olzshnittreproduktionen der bekannten Kunstshöpfungen Anton von Werner's und Georg Koch's leiten dann in die Tage von Sedan und aae zurück. Die Jahre nah dem Rütritt des Reichskanzlers sind esonders ausgiebig mit Illustrationen nah Originalzeihnungen und Momentaufnahmen bedacht, so die Feier des 76. und namentli des 80. Geburtstages, die Reise im Sommer 1892 nach Wien, und die Tage der Anwesenheit Seiner Maj-stät des Kaisers in Friedrihsruh im Frühjahr 1894. Auch das bekannte Bild, das den Fürsten im Kreise der Seinen zeigt, fehlt nicht. Die G-dähtnißnummer, welh2 in Anbetracht der kurzen Her- stellungsfrist als vortrefflihe Leistung der Typographie und des Illustrationsdrucks bezeichnet zu werden verdient, ist auch einzeln zum Preise von 1 M 50 9 zu beziehen, wobei noch darauf hingewiesen sei, daß diese Nummer außer 26 Großfolioseiten Jllustrationen zum Gedächtniß des Fürsten von Bismarck zwanzig Holzschnitte nah Auf- nahmen des Regierungs-Raths Dr. Bumiller enthält, mit denen eine in großen Unrissen gehaltene Skizze von Major von Wissmann?'s und Dr. Bumiller’s „Jagdzuéflug nah dem Altai“ eingeleitet wird, die den Vorläufer eines in Aussicht gestellten größeren Réisewerks darstellt. Text und JUustrationen sind ein dankenswerther Beitrag zur Kenntniß von Land und Leuten des russishen Zentral-Asiens der G 2genwart.
Bauwesen.
Das Königlih württembergishe Landes-Gewerbe- museum in Stuttgart: Hzrauszegebzn von S. Neckelmann, Architekten und Profefsor an der Königlih-n Technishen HoHschule in Stuttgart. Berlin, Verlag von Ernst Wasmuth, Markgrafen- straße 35. — Ja dieser \{chöônen Publikation giebt der Architekt des Landes - G?werbemuseums in Stuttgart eine kurz gefaßte Os dieses Prachtbaues, welche durch 24 Großfolio-Tafeln in Lichtdru nach photographishen Original-Aufnahmen erläutert ist. Diese ver- anshaulichen zunächst das Aeußere: die Hauptansiht nah der Kanzleistraße nebst Details von dieser und den Fronten nah der Schloß- und der Lindenstraße, ferner den Treppenthüren (mit einem shon dekorierten Fries von Frucht- und Blumengehängen und grotesken Masken in Sandstein nah Entwürfen von Neckelmann) sowie das PUCC: Dann folgen Aufnahmen des prächtigen Janern, sie zeigen die Vorhalle, die König Karl-Halle (vier besonders shöne Tafeln), den Eingang zur Bibliothek, diese selbst, mit ihrer ebenso splendiden wie vraktishen Einrichtung, den Japanischen Saal und endlih das obere Treppenhaus. Den [anzs punkt bildet die König Karl-Halle, welhe auf vier Tafeln dargestellt ist. Diese zur Erinnerung an die für die Entwickelung der Gewerbe in Württemberg segensreihe Regierung des verstorbenen Königs (gestorben 6. Oktober 1891) zu dessen 25jährigem Regierungs- jubiläum (1889) gestiftete Halle ruht auf 36 Marmorsäulen und 6 Pfeilern aus demselben kostbaren Material. Die künstleriihe Ausstattung wurde von den württembergischen Ständen zu diesem Jubiläum dem König geh Die von
erdinand Keller ausgeführten Wandgemälde zeigen die sämmtlichen errschergestalten des württembergischen Fürstenhauses, umgeben von
ervorragenden Sgenonen aus dem Volke und ‘in Verbindung mit
Im Mittelbilde sieht man die imponierende Gestalt des Königs Karl, aufrecht stehend und den Plan der ihm geweihten Halle in der Hand haltend;
reih belebten Gruppen idealer Huldigungszüge.
zu seinen Füßen die allegorischen Gestalten der Furchtlosigkeit und der Treue (nah dem Wappenspruch des Königshau)es). Die Treppenwangen \{chmüdcken allegorishe Bronzegruppen von Ebers lein: Das im Frieden ruhende kraftvolle Land; Reichthum und Frucht- barkeit des Landes; und von Hundrieser (Gewerbe und Handel), Mehrere Tafeln endlich zeigen die Grundrifse der beiden Obergeschosse, fowie vershiedene Querschnitte des Prahtbaus. Die Ausführung der Tafeln is musterhaft, die Ausftattung so gediegen wie alle Publikationen des Wasmuth’shen Verlages.
Land- und Forftwirthschaft.
Einen erfreulihen Anklaag bei der Bevölkerung im Kreise Siegen haben dite Bestrebungen des Winterschul - Direktors Alzer aus Elspe gefunden, welcher in der Haushaltungsshule in Neunkirchen einen Milchwirthschaftskursus geleitet hat, an dem sih achtzig Mädchen betheiligt haben.
In gleih löbliher Weise sucht dur theoretische und praktishz Anleitung Direktor Hannemann in Hagen das Verständniß für einen rationellen Gartenbaubetrieb, hawtsählih bein wziblih:n Geschlecht, zu heben. - Leider war die Betheiligunz bisher eine ch-vaÿe.
Aus dem Regierungsbezirk Koblenz wird bzrihtet: Die Entwidckelung des Weinstocks berechtigte im Fcühjahre zu gutea Ecnteaussihten. Diese sind aber dur das bald eingetretene nasse Wetter und das in Mengen auftretende Uageziefer sehr getrübt worden, sodaß gegenwärtig ein guter Weinertraz nicht mehr zu erwarten ift. Besoaders in den Kreisen Kreuznah und Cochem hat si der Sauerwurm wieder in größeren Mengen gezeigt, was zu ernster Besorgniß Anlaß giebt. Außerdem hat in dem Kreise Cochem die Peronospora viticola die Entwidelung der Wzin- tôke gebemmt; doch wird sie allgemein dur zeitiges Besprizen der
einstôcke mit Kupfeckglk(ôösung zu bekämpfen gesucht.
Grnteaussichten in der Bukowina.
Nachrichten aus e eT zufolge is der Saatenstand in der Bukowina sehr befriedigend. Die Ernte, mit Ausnahme von Mais, hat bereits begonnen und verspricht ein gutes Resultat.