1890 / 213 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 04 Sep 1890 18:00:01 GMT) scan diff

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M 213.

Rekursentscheidungen, Bescheide und Beschlüsse des Reichs-Versicherung8amts.

(371.) Ein eteter hatte si auf Veranlaffung der Berufs- qnofsenschaft nah beendigtem Heilverfahren freiwillig einer Operation interzogen, die völlige Durhführung der ärztlißen Behandlung aber buch eigenmächtige grundlose Entfernung aus dem Krankenhause ver- ¿{lt und dadur das Maß der ihm demnächst verbliebenen E:werbs- jhigkeit in einem bestimmten, vom bebandelnden Arzte geshäßten sude beeinträhtigt. Das Reihs-Versicherungsamt hat im Anschluß j seine Entscheidung 752 („Amtliche Nachrichten des R.-V.-A.“

j) Seite 358) durch Rekursurtheil vom 2. Juni 1890 ausgesprochen,

4 der Verleßte, nachdem einmal durch die Vornahme der Operation

js Heilverfahren wieder eröffnet worden war (§8. 7 des Unfall- “rsiherung8gesehße8), verpflichtet gewesen wäre, die Durführung des- ilden im Krankenhause abzuwarten. Demgemäß wurde nah den aus \mn Entscheidungen 500 und 610 („Amtliche Nachrihten des R.- 4. 1888 Seite 196 und 333) ersichtlihen Grundsäßen bei Be- sung der Rente derjenige Theil der Erwerbsunfähigkeit außer Be-

gt gelassen, welcher nah begründeter ärztliher Schäßung auf das

Mungswidrige Verhalten des Verleßten zurückgeführt werden konnte.

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(872.) Einem verleßten Arbeiter war in der ersten Woche nah intritt des Unfalls von dem behandelnden Krankenkassenarzte ahsohlen worden, im Interesse einer mögli{st vollständigen Heilung e angeblich gefahrlose Operation an {ih vornehmen zu lsa, was der Verleßte indessen ablehnte. Als die Be- nfégenofsenschaft lange nach Beendigung des Heilverfahrens sirbon A, erhielt, entzog sie . dem Verleßten die bis hin bewilligte Rente besonders aus dem Grunde, weil anzunehmen s, daß, wenn der Verlette seiner Zeit die Operation hätte vor- hmen lassen, inzwischen eine erheblihe Erhöhung seiner Erwerbs- fihigleit eingetreten sein würde. Nachdem das Schiedsgericht die fúhere Rente wiederhergestellt hatte, hat das Reihs-Versicherungs- int mittelst Entscheidung vom 9. Juni 1890 den - Rekurs hr Berufsgenossenschaft zurückgewiesen. Die Unterwerfung unter die h Rede stehende ärztli@e Maßregel ist dem Kläger nit nach Ein- tritt der Fürsorgepfliht der Beruf8genofsenshaft von einem zuständigen

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jy einer

(mossenshaftlihen Organ abverlangt, sondern nur beiläufig vom Arzt Zeit nahe gelegt worden, als die Beklagte einen ent- sheidenden selbständigen Einfluß auf den Fortgang des Heilverfahrens ju nehmen an sh geseßlich noch nicht berechtigt war und si denselben au nicht dur etwaige Herbeiführung eines Einversiänd- nisses mit der betheiligten Krankenkasse gesichert hatte. Dabei kann e dahin gestellt bleiben, welche Folgen daraus herzuleiten sein möhten, wenn die Beklagte im Wege des Einvernehmens mit der betheiligten Krankenkasse (zu vergleihen „Amtliche Nachrichten des K-VA! 1887 Seite 55, Rekur8entsheidung 552, ebenda 1888 Ske W oben, 1889 Seite 133, Bescheid 756, ebenda Seite 361)

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\hon wind der ersten dreizehn Wochen nach dem Unfall einen vorkam Gusluß auf die Gestaltung des Heilverfahrens gewonnen und alédann din Kläger, unter Belehrung desselben über die nah- \ theiligen fn einer etwaigen Weigerung, zur Duldung der opera- | g Mafnahme deren Zulässigkeit vorausgeseßt aufgefordert ite,

(873.) Das Reichs-Versiwerung8amt hat auf den Rekurs einer

\ frufsgenosenschaft mittelst Enisheidung vom 3. Februar 1890

‘Pesprochen, daß die dem Heilzweck nicht dienliche, eher \{chädlihe handlung dur Kurpfuscher einen Ginfluß auf die Höhe der Rente t hat, wenn der Verletzte ohne vorsäßlich-gesezwidriges Verhalten, guter Absicht und seiner Einsicht entsprechend, der in manchen genden verbreiteten, wenn auch nit zu billigenden Gewohnheit lend, bei Arm- oder Beinbrüchen, Verrenkungen und ähnlihen " Milezungen die Behandlung durch cinen Kurpfuscher derjenigen dur inn approbirten Art vorzieht. Dies war auch die Meinung des Kis: Versiherungsamts bei dem Bescheide 130, „Amtliche Nach- tidten des N.-V.-A.* 1886 Seite 17 und in den Rekursentsheidungen ¡0 und 610, „Amtlihe Nachrichten des R.-V.-A.“ 1886 Seite 196 mnd 333.

(874) Ein Arbeiter, welchGer durch einen Betriesunfall einen Binbruch erlitten hatte, bra nach einiger Zeit, als der Knochen- uh zwar verheilt, das Bein jedo noch nicht wieder völlig ge- " haudsfähig geworden war, das Bein in Folge eines Falles auf inr Erde außerhalb des Betriebes von Neuem, und zwar genau n dtr alten Stelle. Nachdem es dur die ärztlichen Gutachten als slr wahrschei1.lih hingestellt worden war, daß die Shwäche und ge- tate Widerstandsfähigkeit der alten Brustelle zur Herbeiführung é neuen Bruchs wesentlich beigetragen hatte, hat das Reichs- Werunasamt durch Entscheidung vom 3. März 1890 die betheiligte WnossensGaft auch sür die Folgen des neuen Unfalls entschä- lidhtig crflärt, da der ältere Betrieb8unfall als mitwirkende lifir dessen Herbeiführung angeschen werden mußte. In dem t Gisheidung 462 („Amtliche Nachrichten des R.-V.-A.* 1888 il 83) zu Grunde liegenden Falle fehlte es an einem derartigen B Zusammenhange zwischen der früheren und der späteren ung,

(875) Aus Anlaß der Beschwerde eines zur Selbstversicherung tahflihteten Baugewerbetreibenden hat das Reichs-Versicherungsamt am H.Juni 1890 besGlossen, daß aus den allgemeinen im Wesentlichen au hir jutreffenden Gründen des Bescheides 616 („Amtlihe Nachrichten 6 R-V-A.* 1888 Seite 335) die Prämien der selbstvetsiherungs- slihtigen Gewerbetreibenden nahträglih nur für das dem laufenden dhre vorhergehende Kalenderjahr von den Versicherungsanstalten der augewerks-Berufsgenofsen\ chaften beansprucht werden dürsen. Zur

hrung dieser Frist genügt es, wenn der Vorstand bis zum 31. De- itmder des laufenden Jahres dem Gewerbetreibenden die Höhe der von ihm fir das Vorjahr“ zu zahlenden Prämie bekannt giebt und ihm dabei

lufenden Jahres werde eingestellt werden.

(875) In einem Kreise is es üblih, daß die größeren Grund- bsiher an landwirtbscaftlihe Arbeiter (sogenannte Heuerleute) auf lten Bauernstellen Wohnungen nebst etwas Acerland gegen geringe tut und mit der Verpflichtung vergeben, auf den Bauernhofe gegen j vlige Vergütung mit Handdiensten im landwirthschaftlichen Betriebe J 6 Verpächters Hülfe zu leisten. Um si einen Nebenverdienst zu l fen, arbeiten diese Heuerleute auch als landwirth|chaft- A Tagelöhner bei Anderen oder führen Baureparaturen an ndwirthschaftlihen Gebäuden ohne Gehülfen aus. Sie arbeiten wen Tagelohn, zuweilen anch gegen Akkordlohn, und, es jeden der Regel nach die Materialien von den Gebäude- anver geliefert, Die Heuerleute arbeiten durchschnittlich in gie Weise niht mehr als fünfzig Tage im Jahre. if Vebereinstimmung mit dem Vorstande der zuftändigen landwirth- iben Berufsgenossenshaft und im Ans@luy an den Bescheid Rhe gnilide Nahrichten bes R.-V-A.* 1889 Seite 194, hat das die vVersiGerungsamt unter dem 25, Juni 1890 entschieden, daß teipeuerleute bei den erwähnten Bauarbeiten der Regel nah als

ller der Gebäudebesißer anzusehen und daher gemäß §. 1 Absaß 4

öffnet, daß dieselbe in die Heberolle für das leßte Vierteljahr des -

Erste Beilage

Berlin, Donnerstag, den 4. September

des Bauunfallversiherung8gesezes bei der zuständigen landwirth\chaft- lihen Berufsgenossenschast versichert sind. Ihrer im Wesentlichen wirths{aftlich abhängigen Stellung würde es nit entsprechen, wenn man sie bei der Ausführung der Baureparaturarbeiten als selbst- ständige Gewerbetreibende und Unternehmer behandelte. Soweit sie in Tagelohn oder für Lobhnzahlungen nach Aufmaß arbeiten, _ find sie lediglich Lagelohn- oder Akkordarbeiter der Gebäudebesißer. Aber auch dann, wenn ihnen einmal eine Arbeit in Paus und Bogen aufgetragen ist, erscheint die Ge- sammtsumme des hieraus fließenden Verdienstes regelmäßig nur als ein Entgelt für die bei der eigentlihen Bauarbeit oder für deren Vorbereitung aufgewendete Arbeitszeit und Arbeitsleistung unter Eins{luß des Werth8ersaßes für das etwa ausnahmsweise von ihnen gelieferte Material. Ein Unternehmergewinn wird nicht erzielt.

Nundschan über den Getreidehandel im Monat Juli.

Die Witterung des Juli hat den Getreidehandel nicht minder Tebhaft gehalten, als die des Vormonats, denn Regen hielt an, und der nicht mehr aufzuhaltende Schnitt des Roggens wurde bei nassem Wetter begonnen , da große Güter nit über die Schnittreife hinaus warten können, und die kleineren Wirthschaften zur zeitigen Bergung der Roggenernte infolge des Strohmangels gezwungen waren; ein

roßer Theil unseres diesjährigen Roggens wurde daher feucht in die

cheune gebracht. Gegen Ende des Monats wurde die Witterung beständiger, und diejenigen Gegenden, die noch nicht ge- schnitten hatten, konnten unter besseren Bedingungen ihr Korn einholen. Das Urtheil über die Roggenernte hat {den dur die Erdrus(resultate hon festere Gestalt gewonnen, entspriht aber nicht den frohen Hoffnungen, welche man früher gehegt hatte. Die starken Werthbuntersciede, . welhe für den an den Markt kommenden neuen Roggen bezahlt werden, die zwischen 154 und 166 /#( per Tonne \chwanken, beweisen hon, wie verschiedenartig die Beschaffenheit aus- fällt. In Folge -der starken Garbenzahl if der quantitative Ertrag allerdings größer als im Vorjahre, allein es muß abgewartet werden, ob nicht dieses Plus durch die Qualitätdifferenz ausgeglichen wird. Die jedenfalls zum Theil \{chlechte Beschaffenheit des Roggens wird um so fühlbarer, als die Vorräthe alter Waare, die zur Vermishung und Verbesserung des neuen Gewächses dienen könnte, vollständig ge-

räumt sind, und dasselbe in einem nie erlebten Maße auch Betreffs

unserer russischen Roggenvorräthe der Fall ist. Später wird nun ruf- sishe Zufuhr ja nit ausbleiben, für die erste Zeit aber ist daran für Beclin und Mitteldeutschland wenig zu denken, da die Quantitäten, welche unterwegs sind, zumeist niederländischen, belgischen und skandi- navishen Häfen zushwimmen. Erschöpfung der Vorräthe alter Ernte berrscht auch in den Niederlanden und Schweden und Norwegen. Ueber die Roggenernte Rußlands liegen aus den südlichen Gouver- nements meist günstige Berichte vor, im Nordosten und anscheinend auch im Norden sind dagegen die Meinungen weniger gut, da nord- russishe Getreidefirmen sich an den Terminmärkten für spätere Termine als spekulative Käufer zeigten. G

Ueber Deutschlands Ernte in anderen Getreidearten läßt ih im Allgemeinen nur vermuthungsweise ein Urtheil fällen; immerhin ift anzunehmen, daß ähnlie Schäden wie bei Roggen weder beim Weizen, noch bei der Gerste. am allerwenigsten aber bei Hafer zu konstatiren sind. Besonders der leßtere hat von der Witterung ganz ungewöhrlih profitirt, der Stand ist dicht, die Qualität nah bis- herigen Grsiling8proben \{chwer, und die Hoffnungen {ind allgemein derart ges{wellt, daß der Konsum nur noch widerstrebend, und nur den täglichen Bedarf deckend, das alte Gewähs kauft. Auch für Weizen hat der Regen nit soviel wie beim Roggen geschadet, wenn

au Lagerkorn sehr viel vorkommen wird, die seit Ende Juli herr- sende warme Witterung aber auffallend genüßt. Untex den Ernteberichten vom Auslande interessiren zunächst die- jenigen Oesterreih-Ungarns. Nach den offiziellen Berichten sind die Erträge, welhe bei meist \{önem Wetter eingeheimst sind, troß mancher Schäden durch Lagerfruht und Rost, quantitativ und quali- tativ recht befriedigend. Was bisher allerdings an die Märkte kam, hat fkeineêwegs immer befriedigt. Recht befriedigt von seiner Ernte is diesmal Rumänien, und man rüstet sich zu einer flotten Konkurrenz gegerüber dem ungarishen und süd- russishen Handel. Die Ernte Südrußlands in Winterweizen ist quantitativ eine recht große und man {äßt sie an Menge derjenigen von 1887 und 1888 mindestens ebenbürtig, wenn auch die Qualitäten mehrfach gelitten haben. Ueber Sommerweizen dagegen lauten die Berichte weniger günstig. Im Allgemeinen lauten übrigens die russishen Grnteberihte widersprechend, sodaß ein klares Urtheil über die Ernte des gesammten Rußlands noch ausfteht. In We st- Europa ist die Wilterung erst später als in den eben genannten Lindern der Weizenernte zu Hülfe gekommen. In Frankreich hat man wegen des Regenwetters, der die schnittreife Ernte traf, die Hoffnungen wesentlih herabstimmen müssen. Inzwischen haben sich die Aussiten seit Eintritt s{önen Wetters wieder erheblich gebessert, zumal im Norden, wo der meiste Weizen überhaupt gebaut wird, die Ernte erst bevorsteht. Weniger in die Wagschale fallend für den Weltmarkt sind in Bezug auf Mehrbedarf an Weizen die Mittheilungen aus England. Für Gerste rechnet man in England wegen des Piangels an Wärme und Sonnenschein nicht au} s{chöne Farbe und feinshaliges Korn, doch hofft man bei günstigem Erntewetter auf eine esunde Malzwaare. Aus den Berichten der BereinigtenStaaten Îm erikas ift viel Günstigeres als im Vormonat nicht herauszulefen. Ein Werth ist den ziffffermäßigen Angaben über die Ernte nicht bei- zumessenz zu entnehmen is ihnen nur die Thatsache, daß Arerika eine wesentlich \{lechtere Ernte als im Vorjahre hat. Von großer Bedeutung sind die gegen Schluß des Monats eingelaufenen Hiobs- posten über die in Aussicht stehende chwache Maisernte in Folge von unzeitiger Dürre. Ein Aufhören der amerikanishen Maiszufuhr würde troß guter Haferernte nicht ohne Einfluß auf den diesfeitigen Futter- markt bleiben. Aus Indien liegt nochG ein Abscchlußberiht der dortigen Regierung über die Ernte vor, nach welchem 6 303 700 Lo. Weizen geerntet {find gegen 6/362 200 in 1888/89 und 7259 300 im Durc6shnitt der leßten fünf Jahre, sodaß gegen leßtere ein Minus von 955 400 To. konstatirt ist. j ¿

Im Getreidehandel hat für Weizen Amerika am Weltmarkt niht mehr die leitende Stellung behauptet, welche ihr gewöhnli im Monat Juli mehr noch als in anderen Monaten in früheren Jahren eigenthümlich war. Amerika hat Angesi@ts der theilweise guten südrussishen, der sehr befriedigenden ungarischen und rumänishen Ernte eine um so stärkere Konkurrenz der Exportländer

in Auésit, als auch West-Europa selbst guten Erträgen entgegensah und der verminderte Verbrau für die neue Campagne nicht unwahrscheinlich war. Dies war der Punkt,

um den si die Aufmerksamtkeit der amerikanischen Spekulation drehte. Zum Theil erklärt sich dies auch aus der unlustigen Belheiligung der sonst so wagemuthigen amerikanischen Spekulation. Wenn das Re- sultat des Monats ein mäßiger Aufschwung der amerikanischen Preise ist, so darf dics zumeist den franzöfishen ungünstigen Wetterberichten zugeschrieben werden, während die mehrfachen Klagen über die eigene Ernte erst in zweiter Reihe mitsprehen.

zum Deulschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

1890,

Die Verschiffungen betrugen von Weizen im Juli nah Europa:

E n. H EODE T. I I

Quarters. 1890 1889 aus den atlantishen Häfen nah Großbritannien 8328 000 156 000 dem Kontinent 168500 81500

aus Kalifornien und Oregon nah Großbritannien 158 000 217 000 e dem Kontinent 11000 12 000

zusammen 665 500_ 466 500 Sack

a 1890 1889

566 000 637 000

R 83500 30500

zusammen 649-500 667 500

__ Indiens Ausfuhr von Weizen betrug im Juli nach Groß-

britannien 961 000 OQuarters, nach dem europäishen Festlande

105 000 Quarters. Bisher sind die Hoffnungen, welche man bezüglich

des Exports an die leßte Ernte geknüpft hatte, troß der {ließlichen Ausfuhrsteigerung „nit ganz in Erfüllung gegangen.

Die Küstenplägze klagen über schwache Zufuhren, was der Ansicht Vorschub leistet, daß die lebtjährige Ernte wohl eher noch s{chwächer gewesen, als die offiziellen Zahlen dies ausweisen.

Rußland hat aus alter Ernte noch ziemlich große Mengen dem Auslande zur Vecfügung gestellt. Gegen- über der Furcht vor einem vielleiht möglihen Preisdruck des frishen Getreides auf die Märkte fiel die Rubelhausse wenig ins Gewicht, doch dürste dieselbe in der Zukunft sicher noh auf die Preis- gestaltung am Weltmarkt einwirken. Thatsächlid besteht für Roggen zwischen Rußland und Deutschland kein Rendementsverhältniß mehr; dieser Zusiand wird sich ändern müssen, bevor zwischen diesen beiden Ländern wieder ein regerer Verkehr entstehen kann. Die Ausfuhr Rußlands betrug in den 4 Wochen, welche mit dem 26 Juli enden: an Weizen 745 196 Quarters und an Roggen 410 515 Quarters.

In England herrschte während des Juli eine vorwiegend feste Haltung, die einerseits in ungünstigem Wetter und in Ausficht stehender Ernteverspätung, andererseits aber in stark abnehmenden Zufuhren der einheimischen Landwirthe begründet war. Dem gegen- über waren die auswärtigen Weizenankäufe zeitweise schr bedeutend, waren aber meist \chnell vergriffen, da neben dem großen eigenen Bedarf auch das Festland, besonders Frankrei, australischen und kalifornischen feinen Weizen stark kaufte. Von Mehl waren die Zufuhren nur mäßig, die englishen Müller gelangten daher wieder in bessere Position; auch Ungarn konnte neue Abs{chlüfse nah Großbritannien machen. Zum Schluß des Monats richteten sich die engli\chen Anfragen wegen Mehllieferung au nach den Niederlanden. Die Einfuhr Groß- britanniens und Jrlands betrug in den vier JuliwochWen an Weizen 5 755 046 Ctr. und an Weizenmehl 868 617 Ctr. Es s{chwammen von Weizen und Weizenmehl

Weizenmehl

nach Großbritannien nah dem Kontinent .

Anfang Juli Ende Juli

nach England . .. 2 415 000 2 165 000 nach dem Festlande . Ñ 631 000 584 000 zusammen 3046 000 2 749 000

gleichzeitig 1889 . C E 1,938: 000 2 144 000

1889 wenige C 1 E 0 L 009/000 605600 In Frankreich hat sich die schon früher konstatirte {wache Versorgung der Märkte mit einheimisGem Gewächs in einer Weise verschärft, daß die verstärkte Hülfe des Auslandes in zunehmendem Maße in Anspru genommen werden mußte. Da neue direkte An-

fäufe in den Exportländern nit rechtzeitig eintreffen Ôonnten, so wurden neben diesen in London größere Abschlüsse chwimmender, ursprünglih für Gugland bestimmter Waare gemacht, und auch von den an der englishen Küste angekommenen Dampfern ein Theil acquirirt. Die vorherige Sorglosigkeit in der Deckung cigenen Bedarfs hatte \sich auf die Erwartung eines frühzeitigen Erscheinens neuen Gewächses gestützt, und als diese getäuscht Und auch die früher so günstige Ernte- hoffnung überhaupt herabgestimmt wurde, da zeigte der französische Markt seit langer Zeit zum ersten Male wieder ‘größere Anregung. Belgien stand in seiner Tendenz unter dem Einfluß der eben ge- nannten Länder. Antwerpen hatte einen regea Bedarf des nah dort gravitirenden Gebiets zu vermitteln und dasselbe läßt sich für die Häfen der Niederlande sagen. In H Lande spielte namentlichRoggen eine bedeutende Rolle, man bewilligte daselbst Preise für die russischen Abladungen, welhe die Gebote Deutschlands wesentli übertrafen und Leßterem die Zufuhr fast ganz abschnitten. In Oesterrei ch- Ungarn hat sich bisher der Export noch nicht sonderlich entwidckelt, obwohl Wien und Pest ihre Course durch zeitweise starkes He möglichst den auswärtigen Preisverhältnissen anzupassen suhten. Yan rehnet erst darauf, wenn feinere Qualitäten, die bisher erst vereinzelt auf den Märkten erscheinen, von den Produzenten zur Anfuhr gelangen werden. Die alten Bestände sind ganz außerordentlih gering.

In Deutschland haben gleichfalls die knappen Vorräthe die Situation im Juli wesenilih verschärft, was im Geschäftsgange des Berliner Marktes deutli zum Ausdruck gelangte. Hier herrschte Weizen per Juli noch ein starkes Hausse- Interesse in kräftiger Hand vereint, während die Lieferungsverpflihtungen sich auf sehr viele Firmen vertheilten. Die Haussepartei hielt wohl auf hohe Preise, mate es im Ganzen aber der Baisse niht s{chwer, von ihr Rücckdedung zu erhalten, namentlich so lange die Möglichkeit vorlag, vom Auslande noch rechtzeitig Waare heranzuziehen. Allein die Baisse war sorgloser, als die täglich mahnende Berichterstattung ; fo kam denn per Juli die Steigerung bis 231 4, das war 30 46 über Augufitermin, und nur von dem Belieben der Empfänger hätte es abgehangen, die Forderungen noch wefentlich höher zu steigern. Zwar hatte eine sächsische Firma noch einen größeren Posten zur An- kündigung nach hier gesandt, allein zumeist war die Waare nit kontraktlih und die Absender hatten neben den Transportkosten noch die hohen Regulirungspreise zu bewilligen, Die starke Differenz zwishen Juli und August batte dem leßteren gleichfalls vermehrte Aufmerksamkeit zugelenkt, Spätere Sichten gingen mit den vorderen Monaien in der Werthsteigerung nur wenig mit, da sich die Hoffnung einer guten Weizenernte erhielt, immerhin haben sie ihren Werthstand im Juli cher etwas verbessert. s

_ Roggen z08 in vollstem Maße die Konsequenzen der Sawlage, wie sie im Juniberiht geschildert wurden. Die Knappheit der Waare hielt nit nur an, sie stieg bis zur völligen Erschöpfung der E, und die Mühlen waren niht im Stande, das nöthige Rohmateria zur Aufrechtertaltung des vollen Betriebes zu erlangen. Russische Zufuhr war sehr \chwach, inländishes Gewähs kam in alter Waare fast gar nit mehr heran und in neuer gegen Monats\{luß i O einzelt und in meist feuchter Beschaffenheit. Unter diesen Verhält- nisien war es ein Glück, daß per Juli keinerlei Interesse bestand,

die Sachlage fich noch prekärer gestaltet bâlte, is E aid: Üm so reger eniwickelte fich der Handel in anderen Terminen. Die Provinzkundschaft war

i u eil zur Ueberlegung der Gefahr gekommen, An- ais Tes taa Mi die neue Waare, die in den ersten Monaten jede Zufuhr in den Konsum _verschwinden lassen muß, und Angesichts der täglih sich mehrenden Enttäuschungen im Erdrush, per Herbst in fo außerordentli starker Weise à la bais8e engagirt zu sein; sie ging mit starken Deckungen vor, gleichzeitig aber berheiligte sich die N spekulation sehr stark à la hausse und das Resultat war eine nit

unerheblihe Steigerung der Preise.