1873 / 116 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 16 May 1873 18:00:01 GMT) scan diff

Es wird geargwohnt, daß die Geretteien Deserteure sind, und cs wer- den Zweifel bezüglich der Wcise von Kapitän Halls Tod laui. So meldet ein New-Yorker Telegramm der „Daily News“. Nachrichten, welche die Vereinigten Staaten-Regierung über die amerikanische Nord- pol-Expedition erhalten hat, bestätigen diese Angaben.

__ Einem zweiten New - Yorker Telegramm zufolge “ist die ge- rettete Mannschaft der „Polaris“ in St. Johns, Neufundland, ange- fommen. Die Mitglieder derselben berihten, daß Kapitän Hall 15 Tage nach der ersten Schlittenerpedition starb. Drei Tage vor seinem Tode rührte ihn der Schlag.

München, 12. Mai Die fortwährenden Regengüsse der leßten Woche haben die Isar so angeshwelit, daß eine Ueberschwem- mung zu fürchten ift. Bis jeßt haben die Dämme widerstanden; tele- graphische. Nachrichten aus dem Oberland melden, daß die im Hoch- gebirg liegenden Schneemassen {nell zu Thal ichmelzen und “daher noch Éöherer Wasserstand eintreten wird. Die Thalkirchener Wasser- leitung ift bereits durch das Hochwasser theilweise überschwemmt.

Landwirthschaft. Berlin, 16. Mai. Heute Vormittag wurde in dem Saale des Architektenvereins die Versammlung. der ländlichen Arbeit- geber behufs Besprechung der ländlichen Arbeiterfrage durch den Vor- sißer.den des Vereins ländlicher Arbeitgeber, Prof. Dr. v. d. Golß, er- öffnet. Unter den zahlreihen Anwesenden aller Beruféklassen waren der Minifter für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten, Graf von Königsmarck, und viele Mitglieder des Reichstages und Landtages. Nach einigen einleitenden Worten des Vorsißenden, O Dr. v. d. Golß, nahm der Regierungs-Präfident a. D., Graf Krassow, das Wort zu einem einleitenden Refcrat über die Auswanderungsfrage. In Betreff der Mittel, um die Auswanderzng zu hindern, die theils cine heimliche sei (um sich dem Militärdienst und fontrafktlichen Verbindlichkeiten zu entziehen) theils öffentlich erfolge schlug Redncr vor: cine mögli{st strenge Dane zu schaffen und die Verweigerung der Reiselegitimation an ilitärpflihtige und des Kontraktbruhs Verdächtige. Die Beseitigung der Agenten-Konzesfionen halte er für eine ofene Frage, würde jedoch einer Maßregel zu- stimmen, welce die Vermittelung der Auswanderungen an die: staat- lichen Behêrden übertrage. Das beste Mittel zur Beseitigung der Auswanderung sei die Verbesserung der Ppekuniären Lage der Arbéiter; namentlich fei dies dadurch mögli, daß man ver- suche, die - Arbeiter in kleine Grundbefißer umzuwandeln ; um dics aber zu ermöglichen, müsse der Staat die Landwirthschaft unterstüßen durch Ermäßigung der Steuern und“ Zölle auf Eisen, Salz 2c. und ähnliche zur Wirthschaft unbedingt hothwendigen Mate- rialien, sowie auf Herabseßung der Grundsteuern. An der Diskussion betheiligten fi bie zum Schluß des Blatts die Herren Bock (Mecklen- burg), Rud. Mayer, Bohm (Mecklenburg). und Knguer-Gröbers. Gewerbe und Sandel. Wien, 14. Mai. (Wien. Z.) Der Escompte und die Darle-

hen der Nationalbank haben im Laufe der leßten Wochen be- trächilich, immerhin aber in géringerem Maße zugenommen, als. nah dem Stande des Gelöimarktes erwartet werden konnte. Der erstere ist um 6.6, der Stand der leßteren um 4,6 Millionen größer gewor- den, während gleichzeitig für die Einlöfung von Grundentlaftungs- foupons cin Betrag von - 0.4 Millionen Gulden erfordèrlich wurde. Wenn diesen Mehrverwendungen-im Gesammtbetrage von 12.6 Mil- ‘Tionen Gulden nur eine Vermehrung des Notenumlaufes um §8.3 Mil- lionen Gulden undeineVerminderung desStaatsnotenbesißes um 0.25 Mil- lionen Gulden gegenübersteht, so findet die fih:ergebende Differenz von rund 4 Millionen nur zum geringsten Theile ‘ihre Erklärung in dem Hypothekar-Anweisungsgeschäfte, aus welhem 0.3 Millionen disponibel wurden, Dem weitaus größeren Theile nach ift dieselbe auf Zuflüsse zurückzuführen, welche in dem uns vorliegenden Wocbenausweile_ nicht ‘verzeichnet erscheinen, aber immerhin den Schluß gestatten, daß die Einlagen der Bank im Laufe der Woche nicht «abgenommen, fondern im Gegentheile beträhtlich zugenommen haben. Die Notenreserve, welche \sich vorige Woche einschließlich des Staatsnotenbesitßes mit 22.8 Millionen Gulden bezifferte, würde fih ohne die erfolgte Modis- fikation des §. 14 der Bankakte noch immer mit 14.2 Millionen Gul- den berechnen. *=# 28 -

15. Mai. (W. T. B.) Nach übkereinstimmenden Mel- dungen der Abendzeitungen ist die Börsenkreditbank allerdings für insolvent erklärt worden. Da die leßtere indeß ecinwendete, daß nicht sie, fondern ihr Agent Weißenberger infolvent sei, so hat der „Neuen freien Presse“ zufolge die Börsenkammer ‘der gedachten Bank eine be- stimmte bindende Erklärung abgefordert, die bis jeßt aber noch nicht eingegangen ist. Die befürchtete Insolvenzerklärung eines feit einigen Tagen mehrfach genannten großen Bankhauses ist nah der „Neuen freien Presse“ nicht eingetreten; vielmehr foll das gedachte Bankhaus dur dic Gelder, welche es auf seine Liegenschaften auf- nahm, seinen Verpflichtungen nachgekommen sein. Die Gerüchte, welche über die Kommissionsbank umliefen, haben si cbenfalls nicht bestätigt.

16.. Mai. (W. T. B.) Die Anmeldungew bei dem seit Montag fungirenden Belehnungs - Komite verringern sich von Tag zu Tag; am ersten Tage wurden 7 Millionen waren nur 5 Mislionen angemeldet, von welchen sen wurden. Der Gedanke an eine Liquidirung der kleine- xen Banken und eine demnächstige Fusionirung derselben gewinnt sihtlich mehr Boden; die eigentlichen Handelsfreise sind bis jegt ganz intaft aus der Börsenkrisis hervorgegangen, aus ihnen ist kein einziger Fall der Insolvenz bisher gemeldet. Gleich günstige Nachrichten liegen aus Pesth und Prag, wie überhaupt aus den Provinzen vor. Der Finanz - Minister hat die für die Aktien - Gesellschaften bestellten Regierungs - Kommissare aus- nahmslos angewiejen, eine Rohbilanz der ihrer Ueberwachung unter- stcllten Institute unverzüglich aufzustellen und ißm vorzulegen. Durch diese Maßregel wird beabsichtigt, die Möglichkeit cines Urtheils dar-

drei angewie-

liquidirt, . gestern |

4

über zu gewinnen, ob die Liquidirung oder Fusionirung einzeluer.Unter- nehmungen dieser Art nothwendig ist

Brüssel, 15. Mai. Die D iskont von 5 auf 5} Prozent erh öb t.

Verkehrs - Anstalten.

sen Konsul in Archangel ein Telegramm erhalten, welches mel- E daß man c-wartet, die Dwina werde binnen einer Woche offen sein. ° :

Königliche Schauspiele.

Sonnabend , 17. Mai. Opernhaus. (117. Vorstellung.) Der Wasserträger. Oper in 3 Abtheilungen.- Musik ‘von Che- rubini. Constanze: Frl. Lehmann. Armand: Hr. Woworsky. Wasserträger: Hr. Krolop. Hierauf: Solotänze und Gavotte. Anfang 7 Uhr.

Mittel-P Im Schauspielhause.

reise. (132. Abonnements - Vorftellung.) Ein Schritt vvm Wege. Anfang halb 7 Uhr.

Lustspiel in 4 Akten von Ernst Wichert. Sonntag, 18. Mai. (118. Vorstellung.)

Mittel-Preife. Opernhaus. Fidelio. Oper in 2 Abtheilungen. Musik von L. van Beethoven. Leonore: Fr. v. Voggenhuber. ‘Marzelline: Frl. Lehmann. Pizarro: Hr. Salomon. Florestan: Hr. Schott. Rocco: Hr. Fricke. Anfarig 7 Uhr. Mittel-Preise.

Im Schauspielhause. (133. Abonnements - Vorftellung.) Rosenmüller und Finke. Original - Lustspiel in 5 Akten von Dr. Carl Töpfer. Frl. v. Bünau, vom Thalia-Theater in Ham- burg: Ulrike, als Gast. Anfang 7 Uhr. Mittel-Preise.

Es wird ersucht die Meldekarten (sowohl zu den Dpern- haus-, wie zu den Schauspielhaus-Verstellungen) in den Brief- kasten des Opernhauses, welcher fich am Anbau desselben, gegen- über der Katholischen Kirehe, befindet, zu legen.

j Dieser Briefkasten ift täglih für die Vorstellungen des fol- genden Tages nur von 10 bis 12 Uhr Vormittags geöffnet.

Meldungen um Theater - Billets im Bureau - dcr General- Intendantur oder an anderen Orten werden als nicht eingegangen angesehen und finden keine Beantwortung.

Die in den Königlichen Theatern gefundenen Gegenstände fönnen von den Eigenthümern innerhalb 4 Wochen bei den Hauspolizei - Juspektoren Schewe (Opernhaus) und Hoff- meifter (Schauspielhaus) in Empfans genommen werden. Erfolgt die Zurükforderung der betreffenden Sachen in der angegebenen Frist nicht, so werden dieselben den Findern ohne Weiteres ausgehändigt.

Vorarbeiten zum Bernsteinbergbau im Samlande. s E

(Vgl. Nr. 114 vom 14. Mai 1873.)

Nach Beendigung sämmtlicher Borarbeiten konnte am 11. Juli die Bohrung selbst beginnen. - Jn den Sanden und Letten der Braun- fohlenformation, welche das Bohrloch der Berechnung entsprechend von Beginn an traf, ging ‘die Bohrung, da es auch an Wasser feineswegs

mangelte, anfänglih sehr s{huell und ungestört vorwärts und hatte man

ihon am 4. August in einer Tiefe von 22 Meter die bereits zur Bernsteinformation récnenden grünen Sande erreicht.

Die eigentliche bernsteinführende Erde erreichte der Bohrer nah zuvoriger Dursinkung einer 0,62 Meter oder fast genau 2 Fuß itarken unhaltigen Schicht derselben Érde bei 43,36 Meter oder 138 Fuß Tiefe. Die blaue Erde hält bis zu 44,84 Meter an und konnte jomit in einer ungefähr den Beobachtungen in/den nächstlic.genden Sandgräbereien entsprechenden Mächtigkeit von 1,5 Meter oder 45 Fuß festgestellt werden. Unter derselben folgt, wie E ebenfalls Vekannt, die sogenannte wilde Erde, eine von der blauen Erde weder durch Zusammenseßung, noch dur Festigkeit im Uebrigen sich unter- icheidende, vielmehr nur bernsteinlecre Erde.

In ihr, die ebenso wie die blaue Erde dem Bohrer cinen großen Widerstand entgegenseßte, wurde nur bis 45,13 Meter weiter gebohrt und dann die Bohrung eingestellt, da sie ihren Zwee in vollem Maße erreicht hatte. | /

Die Reichhaltigkeit der Schiht wurde durch 220 Gramm mit- telst des Bohres heraufgebrachten Bernsteins zur Genüge bewiesen, übertraf die gehegten Erwartungen. R

Die ganze für die eigentlihe Bohrung in Anspruch genommene Zeit betrug ca. 6 Wochen und zwar vom 11. Juli d. J. bis zum 26. 1 Bli Die auf eine größere Tiefe berechnete Bohrlochsweite maß 14 Boll.

Nach diesem äußerst günstigen Erfolge gleich der ersten Bohrung wurde noch rechtzeitig zu dem Staatshaushalts - Etat dieses Jahres von der Königlichen Regicrung der Kostenanschlag zu einem hier direkt in Angriff zu nehmenden Bergbau dem Herren Finanz-Minister ein- gereicht und sind demselben gemäß zunächst 75,000 Thlr. zu etnem jolhen in Ansaß gebracht. :

In Aussicht genommen is für denselben die Niederbringung zunächst zweier Schächte von 45 E Durchmesser, welche mit Hülfe der neuesten Fortschritte der Bohrtehnik in dieser Weite ge- bohrt werden und deren Wandungen aus eisernen Cylindern bestehen sollen. Leßtere werden, gerade wie solches mit den eisernen Röhren eines einfachen Bohrloches geschieht, miltelst Schraubenvorrichtung, der Bohrung folgend, hinabgepreßt. Selbst wenn \{limmsten Falles die Cylinder in Folge irgend eines Hindernisses nicht mehr sinken wollten, ist man bei dieser Schachtverbindung immer doch im Stande, unter luftdihtem Einsaßboden mittelst Anwendung von komprimirter Luft den Schacht in gewohnter Weise abzutcufen.

Inzwischen hatte bereits der Ober-Berghaupimann Krug von Nidda das Terrain in Augenschein genommen und die Ansatzpunkte für die zunächst zur Förderung und Saherheunng bestimmten zwei Schächte, sowie einen erforderlichen Falles demnächst abzusinkenden dritten Schacht bestimmt.

Gegenwärtig, nachdem _ seit dem Januar d. I. die Leitung der Arbeiten dem Königlichen Ober-Bergamt zu Breslau übertragen. ist, erhebt fich in dem bisher außer allem Verkehr gelegencn, oben be- zeichneten kleinen Thale bereits der mächtige Bohrthurm mit 70 Fuß langen Schwellen in dessen erstem Stock cine eiserne Schienenleitung die Bewegung der s{weren, zum Einsenken bestimmten Eisenstüe er- mögliht. Zur besseren Belastung des fogen. Preßrostes im Bohrschachte, welher 5 Meter tief und 4 Meter im Qua- drat messend, ebenfalls bereits hergestellt ist, sind “in diesen Tagen 4 Centner Roheisen in Mafseln auf Gleiwißer Hütte in Oberschlesien bestellt und denkt man erforder- lichen Falls die Last auf die enorme Höhe von 6000 Ctr. zu vermehren. Durch eine einfache aber finnreihe Weise, nämlich durch 4 in den Schachtccken, innerhalb der Eisenmasse auszusparende 8zöllige Röhren, denkt man jede si Fe Auskesselung des im nächsten Umkreise der Bohrung häufig mehr oder weniger nachsinkenden . Erdreiches “sofort

Nortycker Bohrung bereits im- vorigen Winter -dircft ancließende Bohrung wurde als die erste dieser Reihe, in der Mitte des westlichen, hohen -Samlandes, in gleicher, ca. 2 Meilen betragenden Entfernung cinerjeits von der Nord- und der Westküste, andererseits ven der Niederung des frischen Haffes, in Markehnen bei Thierenberg angeseßt, in nächster Nachbarschaft einer Stelle, wo die Berendtsche geologische, Karte zu Tage tretende Tertiärformation angiebt. Die Annahme, däß “inan auch hier die ihrer Steine halber leiht der Bohrung hinderlich werdenden Diluvialablagerungen vermeiden würde, bestätigte sih abermals vollständig. Nachdem das Bohrloch bis zu einer Tiefe von 46 Meter nur Quarzsande mit eingelagerten dünnen Lettenbänkchen der Braunkohlenfermation durchsunken hatte, fanden sich in“ der genannten Tiefe die sogenannten grünen Sande der Bernsteinformation und wurde bei 66,9 Meter die blaue oder Bernsteinerde selb ershroteu, welche bei eincr Mächtigkeit von 1 Meter 54 Gramm Bernstein innerhalb des Bohrloches ergab. Der Ertrag steht somit nicht nur absolut, sondern auch relativ demienigen bei Nortycken erheblich nach, immerhin aber berechnet sich auch hier- nach, soweit man überhaupt das Ergebniß der vom Bohrer getroffe- nen Stelle zu Grunde zu legen berechtigt ist, der Gehalt eines Kubik- meters noch auf circa 1 Pfund Bernstein, oder bei dem nun schon seit Jahren ziemlich konstanten Preise des leßteren auf ‘einen Werth von 3 Thlr. bis 3 Thlr. 10 Sgx. :

Die unter déx blauen Erde im Thierenberger Bohrloch folgende, zum Theil l leine Steinchen enthaltende wilde Erde zeigte si alêr, abweichend von bisherigen Erfahrungen noch nicht einmal 2 Meter mächtig und erreichte der Bohrer bei weiterem Vordringen zum zweiten Male die bisher nur über der blauen Erde bekannten grünen Sande, so daß Aussicht vor- handen war, auch die blaue Erde in einer zweiten Schicht im Bohr- loce anzutreffen. Jn Uebereinstimmung mit dem Handels- Minister genehmigte der Finanz - Minister daher die Fortseßung der Tiefbohrung bis zum wenigsten in die, der Bernsteinformation unterlagernde, nächstältere Formation. Als demnächst bei 80 Meter Tiefe der- Bohrèr in der That die blaue Erde zum zweiten Male faßte, war man zu den besten Hoffnungen auf einen doppelten Ertrag an dieser Stelle berechtigt, allein obgleich. sich die nicht unbedeutende Mächtigkeit des Flößes zu 1,75 Meter ergab, beschränkte sih der Ertrag des Bohrloches doch nur auf faum cine Handvoll Bernstein, so daß dieses zweite Glaukoniterdeflöß demgemäß passender der, nur dur den Mangel an Bernstein fich un- terscheidenden, wilden Erde wird zugerechnet werden müfsen. Da aber {chon bei 82 Mer wieder der gewöhnliche grüne Sand sich gezeigt hat und bis 85,75, Meter bereits durhsunken ist, bleibt von Neuem Hoffnung auf Erbohrung einer abermaligen bernsteinreichen Schicht. Porläufig ist die erste Röhrentour in der genannten, schon ansehnlichen Tiefe zum Stehen gekommen und wird fich die Fortseßung der. Ticf- r n nach Fertigstellung der zwciten engeren Röhrentour ermög- ichen laffen. i Ob toischen die dritte, auf dem sogenannten Kauster, nördlich Fishhausen und somit nahe der Königsberg-Pillauer Eisenbahn in Ausficht genommene Bohrung sogleich wird in Angriff genommen oder bis nach Vollendung der vorigen wird vershoben werden müssen, wird von der vemiäitigen Entscheidung des Königlichen Ober-Berg- amtes in Breslau abhängen. Jedenfalls werden mit Beginn der großen Shachtbohtung in Nortycken alle Kräfte am leßteren Orte vereinigt werden müssen, um das Gelingen eines Werkes sicher zu stellen, dem wir zum beften des gesammten Samlandes, zum besten auch der schr wesentlich mit ihrem Interesse dabei betheiligten Stadt Königsberg ein kräftiges Glücauf zucufen.

die Geschenke Sr. Majestät des Kaisers- zu überreichen: einen Thron, Pertrâts Sr. Majestät des Kaisers und- Königs, Ihrer Majestät der Kaiserin-Königin und Sr. Kaiserlihen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen, eine Stubuhr , eine goldene Uhr, Zünduadelgewehre , cin Fernrohr, Sammet- und Scidenstoffe. Für die Zeit bis zu seiner

Me nach Tripoli hatte er eine Forschungsreise nach dem im Nordosten des Thad-Sees gelegenen, von Europäern noh nie erreih- ten, höchst merkwürdigen Bahar el Ghazal bis Borku geplant. Bis zu deu lebten bisherigen Nachrichten, vom Januar 1871, war dazu jedoch- noch keine Ausficht gewesen, zumal zur Zeit seine gesammten Mittel aus 40 Thalern bestanden. Aus den nun eingegangenen Brie=- fen geht hervor, daß er es in 1871 dennoch möglich zu machen ge wußt hat, eine bedeutende Reise in jene Gebiete, na Canem, Egai, Bodelé bis Borku auszuführen, die 9 Monate gedauert und hoGbst interessante Ergebnisse geliefert hat, übor dic Geographie, Naturge- atte, Ethnographie und Geschichte jener Lander und ihrer Be- wohner.

__ Es war zwar bekanni, daß das Bahar el Ghazal ein mit dem Tsad-See in Verbindung stehendes -ausgedehntes fruchtbares Thal und Flußbett sei, ob Ne aber. in den See hinein münde oder um- gekehrt, ließen alle bisherigen Nachrichten und Forschungen ungewiß. Nach Dx. Nachtigals Forschungen ift es nun unzweifelhaft, daß das Wasser des Thad-Sees in das Bahar el Ghazal hineinströmt, und daß wie er annimmt fogar Borku, weit im Nordosten ge- legen, eine große tiefe Depression bikdet, die noch unter dem Niveau des Thad liegt. Das Bahar el Ghazal selbst erstreckt fich vom Thad-See nicht nördlich, wie biser angenommen, sondern nordöstlich, um nach cinem Laufe von mindestens 70 deutschen Meilen eiwa auf 16 ‘Gr. nördl. Breite, 19 Gr. östl. Länge ‘von Greenwich zu enden und weiter nordwärts gegen Borku in eine ausgedehnte Ttesselartige fruchtbare Niederung mit vielen Brunnen, das Land Bodelé, überzu- gehen. Jenseits Bodelé folgt Borku, dessen nördliche Theile rasch zu einem ausgedehnten mächtigen Gebirge ansteigen, welches Dr. Nachtigal im Sommer 1869 in seinem westlihen Theile besu tt, febr boch ge- funden uud u. A. eine Paßhöhe von nicht weniger als 7878 englische Fuß gemessen, den Höhenverhältniss.n nah also ein Alpengebirge ent- deckt hatte. Nach den Beobachtungen und Erkundigungen des Reisen- den, scheint fich dieses Gee in einem Bogen von etwa 200 deutfehen Meilen von Tibesti im Westen bis nah Darfur im Osten zu er- strecken, und mit dem Centralgebirge Marrah dieses“ Landes in Ver- bindung zu stehen. -

In Borku bis über den 18. Gr. n. Br. vordringend, war Dr. Nachtigal nur einige 30 deutsche Meilen von seinen 1869eë Reise- routen in Tibesti entfernt und die Rejultate beider ebenfo fühnen als glücklichen Reisen gewähren uns eine bahnbrecende und grundlegende Kenntniß für die östliche Hälfte der. großen Wüste Sahara.

___ Die gegenwärtigen Nachrichten des Dr. achtigal werden aus- führlich in den „Geographischeu Mittheilungen“ publizirt werden. Am 23. Februar 1872 stand Dr. Nachtigal im Begriff, eine neuz Reije nach dem südlichen Theile von Bagirmi anzutreten, von der er jedoch rasch genig zurückzukommen dachte, um, wie èr damals hoffte, Europa noch im Jahre 1872 wiede- zu ‘erreichen. Wadai {eint gegenwärtig das mähtigste e im Ost-Sudan zu sein; sein Sultan hatte fürlih das -Reih Bagirmi mit Krieg überzogen, die Hauptstadt Massena erobert und der Herrscher des Landes hatte fic in die süd- lichen, s{chwer zugäuglien, Theile desselben geflüchtet und hierher wollte Nachtigal seine neue Reise richten, mithin ein eben so kühnes Unter- nehmen wie seine bisherigen.

Dr. Nachtigal in Inner-Afrika.

Der Afrika-Reisende Dr. Nachtigal hat aus Kuka unter dem 23. Februar 1872 einen Brief an Dr. A. Petermann gesandt, welcher nun- mehr also nah 14 Monaten an ihn gelangt 7

Die Reise des Dr. Nachtigal nah dem Sudan hatte hauptfsählih den-Zweck, Geschenke Sr. Majestät des Kaisers und Königs an den Sultan von Bornu als Anerkennung für seine wiederholte freundliche Uüterstüßung deutscher Reisender, wie Barth, Overweg, Vogel, von Beurmann ‘und Rohlfs zu überbringen.

ausgleichen zu können, indem man je nach Bedürfniß losen San a O Sobald die nöthigen Vorarbeiten beendet und der eigens für, dicse Schachtbehrung konstruirte Bohrer, sowie die unter spezieller Aufsicht aufs Genaueste gearbeiteten, aus 3 Segmenten zusammen- zushraubenden Schachtcylinder von Magdeburg aus angelangt sein werden, soll Vor G IS Ende Juni oder Anfang Juli die interessante Bohrarbeit selbsi beginnen. » L Die zur Aufklärung der Lagerungêverhältnisse im übrigen Sam- lande eaen BernsteinLohrungen, welche nah einem dem König- lichen Ober-Bergamte bereits eingereihten Plane über den - ganzen Westen des Samlandes auszudehnen sein würden, sind auterdelsei s&on erheblich weiter insLand hinein gerückt. Die zweite, “ih ‘an die

' Bereits am 18. Februar 1869 verließ nach d'esem Schreiben Dr. Nahtigal Tripoli, erreichte Mursuk am 27. März, konnte aber von hier aus erst am 18. April 1870 na Kuka weiterziehen. Um die Zwischenzeit für die Wissenschaft möglichst gut auszunußen, unternahm er vom 6. Juni bis zum 8. Oktober 1869 unter den furhtbarsten Anstrengungen und Enibehrungen “eine Reise nach Tibesti in der östlichen Hälfte der Wüste Sahara, die Nachtigal“ sofort zu dem Range der kühnften und tüchtigsten Forschungsreisenden erhob; keiner seiner Vorgänger, wie: Lyon, Ritchie,- Denham, Ckapperton, Oudney, Barth, Beurmann, Duveyrier, Rohlfs, hatte in diese vielfa gefährlichen Gebiete vor- zudringen vermocht. i f :

Erst am 6. Juli 1870 war Dr. Nachtigal, in Kuka angekommen,

feierli empfangen, und hatte am 7. Juli Audienz beim Sulfan, um

Weltausstellung 1873 in Wien.

MWie die „Wien. Weltausstell.-Ztg.“ mittheilt, hat ein Beamter der Weltausstellung berechnet, daß der Weg vom Haupteingange durh sämmtliche Anlagen, Gebäulichkeiten und Gallerien hindur, sämmt- liche Auéstellungsobjekte entlang, bei Objektea, welche freistehen, um von allen Seiten besehen zu werden, den Weg um dieselb:-n herum mit eingerechnet, desgleichen die Ersteigung der Höhengallerien der Rotunde mit in Anschlag gebracht, bis wicder ans Hauptthor zurü, nit weniger als 242 Currentmeilen beträgt. Nach der Geschwindig- keit eines Lar Truppenmarsches, per Tag sechs Currznt- meilen gerechnet, ergiebt si, daß, um jedes Objekt einzeln besehen zu haben, vierzig Tage erforderlich sind.

Redaktion und Rendantur: S{wieger.

Berlin, Verlag der Expedition (Kessel). Druck: H. Heiberg.

Vier Beilagen (einf{licßlich ter Börsen-Beilage).

Nationalbank hat _ heute den /

London, 14. Mai. Das Handelsamt hat von dem briti-

zum Deutschen Reichs-Änzeig

16.

Erste Beilage

Freitag, den 16, Mai

er und Königlich Preußischen Skaals-Anzeiger.

1e753,

L Lib ini G G

T A mb

Landtags - Angelegenheiten.

Berlin, 16. Mai. In der gestrigen Sizung des Her- renhauses \prah in der Vorberathung LeE den A wurf, betreffend die Betheiligung der Staatsbeamten dei der Verwaltung von Erwerbsge;ellshaften, der Minister des Innern Graf zu Eulenburg gegen den Antrag des Herrn v. Voß, den Gesehentwurf einer Kommission zu überweisen : A

Meine Herren! Die Vorausseßung, von, der der Bein Lees ausgeht, daß die Vorlage dieses Gejeßes zunächst R pt ues die Vorgänge in Bezug auf die S hte das 6 rün geweien und in der Kommission, welche dur Allerhöchste Botschaft eingeseß worder ist, tri i Der Gedanke, ein solches Geseß vorzu- worder ist, trifft nicht zu. e Zap eb: A legen oder wenigstens die in ihm behandelte Frage zu rege n, da irt

on viel. ber. Das Staats-Ministerium war gerade m Be- pon Vie ndeE L innerhalb des Schooßes des Staats-Mini- rif, sich über diese Frage tuneryat2 E 00y Ee a tei 9teriums s{lüssig zu machen, als im Abgeordnetenhauje ein zur Lte: s derseiben bestimmter Gesetzentwurf eingebracht wurde. Damals Seelänte die Regierung, sie könne sich mit dem Wortlaute des Geseßentwurfs nicht einverstanden erklären, werde aber selbst einen Geseßentwurf vor- legen; und das ges{ah aud), ehe noch die Wer Unge I n eingeseßt und che die Frage über das Gründungswejen eine Jo oren- nende geworden war, als fie in diesem Augenblicke si darstellt. Ich halte nun die Regelung der Frage auf dem schnellsten Wege für schr erwünscht und ich glaube, day dieter schnellen Regelung au Abbruch ge than würde, wenn Sie deu Beschluß fassen, die Angelegenheit noch erst an eine Kommission zu verwei]en und dadurch wahrscheinli Das Zustandekommen des Gesetzes in die Ferne schieben. Der Standpunkt, Welcher bisher Seitens der Regierung eingenommen wurde, war der, daß die Regierung darauf hielt, daß Verwaltungsstellen bei Gesellschaften, die aux Erwerb gerichtet waren, nicht ohne Genehmigung des ere

Ressortchefs von Staatsbeamten angenommen werden fonnten. Y lein gerade dieses Belieben des einzelnen Ressortchefs und “g ih vim tigkeit der Verhältnisse, über die er zu entscheiden hatte, Aren Se Ungewißheit in die Handhabung des Grundsfaßes, der nah allen Dei- ten hin unbequem und \chädlich wirkte. Es fann ja sein, daß ein Beamter, der in eine mit einer Remuncrirung verfnüpste BVerwaltungs- telle eintritt, seine amtliche Siellung_ weniger fompromitiir!, die An- richt des Publikums weniger irre führt, als dies bei einem andern Beamten der Fall ist. Es konnte der Ressortchef fich veranlaßt sehen, în einem Falle die Genehmigung zu ertheilen, in cinem andern zu versagen. Allein im Publikum wird das nicht verstanden wer- den, es wird immer aussehen wie eine F e Begünstigung, die man dem Einen zugesteht, dem Andeun Yoren! lt. Die Gründe werden dem Publikum oder den andern Beamten nicht zugänglich sein oder nicht gegeben werden können. Das Staats-Mi- nisterium war daher im Begriffe, ganz 109 wie D. Geseßentwur| es auêdrückt, einen Staats-Ministerialbezchluß zu falen, day hierfür feinem Beamten, der eine remunerirte Stelle in der Berwaitungsmn]lanz einer auf Erwerb gerichteten Gesellshaft einnehmen w olle, die Eclaubniß dazu ertheilt werden solle, und man hat sich nuc insofern den Anträgen des Abgeordnetenhaus atfommodirt, daß man eingewilligt hat das jenige was man damals, freilich niht ohne Zweifel, glaubte im Wege eines Staats-Ministerialbeichlusses festscßen zu können, lieber im Wege der Gesegebung festzustellen, ein Weg, der der Königlichen Autorität in diesem Falle keinen Abbruch thut, der aber für die Beamtuwelt jedenfalls ein festerer und bestimmterer ist als derjenige, welchen das Staats- Ministerium früher in Ausficht genommen hatte. Ich meine, daß die ganze Frage einer besonders eingehenden (Erwägung, wie soiche in der Komnussion stattfinden joll, nicht mehr bedarf. Ich dâchte, es wäre éaum Einer im Hause, der über die Frage, ob es sür Beamte passend jei, dergleichen Stellungen einzunehmen, sich nicht schon ein Bild ge- mat bätte. Das ganze Staats-Ministerium ist der Ansicht, daß es für Beamte sich nicht paßt, eine jolhe Stellung einzunehmen und war nicht blos deshalb, weil sie felbst dadurch in eine schiefe Lage ommen, sondern vor allen Dingen au deéhalb, weil das Publikum durch die Theilnahme der Beamten an solchen Verwaltungen zu dem Jrrthum geführt wird, daß - der Staat durch das Zulassen der Be- theiligung von Beamten eine gewisje Garantie für die Solidität des aanzen Geschäfts übernehme. Sie werden sehr häufig finden, daß von Banken und Gesellschaften, die Papiere emittiren, e n großer Werth darauf gelegt wird, einen Staats - Kommissar bei ihnen attachirt zu schen. Das bloße Mitwirken eines Staats - Kommissars, seine bloye Unterschrift macht das Publikum glauben, daß das Jnstituk ein olches is, welches der Staat genau überwacht, und dessen Geschäftsführung durhaus solide 1k. Wie wenig es für Beamte zuträglich ist, neben einem Gehalt, was heutzutage noch in feiner Branche als vollständig ausreichend zu. bezeichnen ist, große Re- venuen aus solchen Nebenämterïn zu ziehen, liegt auf der Hand. Wer anderer Ansicht ist, wird bei Gelegenheit dieser Debatte dieselbe kaum aufgeben; ich glaube, die Meinungen über diesen Punkt sind jeßt überall schon festgestellt. M E

Der einzige Difsens zwischen dem Ministerium und dem Abge- ordnetenhause war der, daß das Staats-Ministerium die Ansicht hatte, daß denjenigen Beamten, welchen bereits früher die Genehmigung er- theilt war, eine solche remunerirte Stellung anzunehmen, fie jeßt nicht obne Weiteres genommen werden sollte, fondern daß fie unter dem Da- mokles\chwert des Widerrufs dieser Genehmigung fortwirken sollten. Das Abgeordnetenhaus hat ein Amendement angenommen, nach welchem au) für diejenigen Beamten, welche bereits die Genehmigung besaßen,

diese Genehmigung nurgiltig sein sollte bis zum 1. Januar nächsten Jahres, daß also von diesem Termin ab kein preußischer Beamte eine Stellung in einem Veraœaltungsrath, die mit einer Remuneration verknüpft ist, betleiden soll. Jch glaube, daß dieser Beschluß, wenn auch in eimzelncn ällen hart, dennoch 1heoreti]ch richtig ist, und hat die Regierung keine Ver- anlassung, sich der Annahme dieses Amendements speziell zu wider- seen; darüber mögen die Herren beschließen. Aber die Bitte möchte ih an Sie richten, bringen Sie diese Frage, die vollständig reif ist, jeßt zum Austrag; ich glaube, Sie werden sie nicht besser zuin Aus- trag bringen, wenn Sie fie an die Kommission verweilen, wo doch nicht weseutlich Anderes gesagt werden kann, als was Herr von Voß und i gesagt haben; ih glaube nicht, daß die Kommissionsverhaud- lung neues Licht über die Sache verbreiten wird.

In der Spezialdiskussion über den Gesehentwurf, be- treffend die Geschäfts\sprache der Behörden, Beamten und politi- \hen Körperschaften des Staates, nahm der Iustiz-Minister Dr. Leonhardt über das zu §. 1 gestellte Weversche Amendement :

Den zweiten Sab zu fassen, wie folgt: „Schriftliche Eingaben und Anträge, die nicht in deutscher Sprache abgefaßt sind, können unberücksichtigt bleiben, cder zurückgegeben werden“ e

nah dem Regierungs-Kommissar, Geheimen Ober-Justizrath Dr. v. Schelling das Wort: h s

Der Herr Vorredner hat mit Recht bemerkt, daß der Saß, wel- en er in seinem Amendement aufgenommen hat, nicht in Eiuklang steht mit dem eriten Saß im §. 1. Das ist jo richtig, daß man sagen kann: es steht der ¿weite Saß, wie er beantragt wird, im voll- ständigsten Widerspru mit dem ersten Saße. Der erste Saß geht ja grade davon aus: die deutshe Sprache sell aus\chließliche Ge- jchäftssprache scin. Der zweite Saß sagt nach dem Amendement etwas Anderes: die deutsche Sprache is nicht ausschließliche Geshäfts- sprache, denn der Herr Vorredner will ganz bestimmt andeuten und vorzugsweise, daß der Behörde auch das Recht zustehen soll, Verfü- gungen zu treffen in fremder Sprache. Daraus folgt also, daß die

| in die poluishe Sprache erfolgt ist.

| Verhältniß

deutshe Sprache nicht die aus\ließlihe Geschäftssprache fein soll. Wenn man dem ersten Saße des F. 1 Bedeutung beilegen will neben dem Amendement des Herrn General-Staatsanwalts, so wird man eben daraus {ließen müssen, daß dasjenige, was er dur sein Amendement erreichen will, niht zu errcichen ift, denn man wird sagen müssen, wenn ein Widerspruch zwischen beiden Säßen nicht vor- liegen joll, so kann es uur so heißen: das Gericht ist in der Lage, entweder zurückzugeben oder unberüdcksichtigt zu lassen. Ich möchte dringend anheim geben, daß, wenn die Herren auf den Gedanken des Herrn General-Staatsanwalts eingehen wollen, der ja wesentlich da- hin geht, daß die Behörde in der Lage sein soll, auf eine Eingabe in fremder Sprache eine Verfügung zu erlassen, dann das auszusprechen und den erften Saß des §. 1 ganz anders zu fassen. Ich glaube aber nicht, daß dazu irgend welcher Grund vorliegen kann, denn, wie ge- sagt, das Prinzip des ganzen Geseßes wäre damit vernichtet. Nach der ersten Rede des Herrn Geaeral-Staatsanwalts möchte man meinen, als wenn die Behörden, wenn eine Eingabe in fremder Sprache ein- gebracht wird, dieserhalb eine Ordnungêjtrase zuerkennen könnten, und das hätte eiwas Befremdliches. Aver die Sache liegt, wie bereits von meinem Herrn Kommissar hervorgehoben worden ist, nicht jo. Fn Privatangelegenheiten sollen Ordnungsstrafen gar nicht erkannt werden fönnen, in allen übrigen Fällen kann eine Ordnungssftrafe erkannt werden. Die Ocdnungsstrafe steht also im Ermessen der Be- hörden. Ich möchtz Jhnen anheimgeben, den Paragraphen zu belaffen wie er ist.

Nachdem der Herr v. Kleisi-Reßow sein Amendement, die Worte „und politische Körperschaften“ zu fireichen, begründet hatte, erflärte der Minister für die landmwirthschaftlihen Angele- genheiten Graf von Königsmarck: e G

Ich möchte dem Herrn v. Kleijt nicht folgen in den theoretischen Deduktionen, in denen er si ergangen hat, ih möchte nur einige praktische Fingerzeige geben, welche es sehr wünschenswerth machen, daß ex sein Amendement zurückziehe, oder daß es wenigjtens von dom Hohen Hause niht angenommen werde. es 2

* Meine Herren! Ih bin 20 Jahre lang Mitglied des Provinzial- Landtages von Posen gewesen, ebenso lange habe ich vielen Kreistagen der Provinz beigewohnt, Und ih habe niemals während der ganzen Zeit ein Mitglied dieser Korporationen gefunden, welches der deutsen Sprache nicht vollständig mächtig gewesen wäre. Aber welches .Ge- \chäftsverfahren beobachten die Herren polnischer Nationalität in die- sen Korporationen? Es hält ein Herr in fließendster deutscher Sprache eine 14stündige Rede; nachdem er vollendet hat, jagt er: Meine Her- ren, jeßt werde ich mich elbst volnisch wiederholen. Er hält demnächst wieder cine 1s¿stündige Nede, und so machen es die Herren mit wenigen Ausnahmen Alle. Nachdem die Sibung geschlossen it, wird natürlich das Protokoll in deutscher Sprache redigirt und erst gesch{lofsen, sobald eine Ueberfeßung : Es nimmt dies in der Regel »itraum von 8 bis 4 Stunden ein und die Mitglieder des Kreistages sind genöthigt, am Orte dés Kreistages zu bleiben, bis die Uebersebung gefertigt ift. werden uicht bestreiten, daß ein solches Vorgehen viel praktische Nachtheile hat, die eben hervorgehen, aus dem Mißbrauch des Privilegiums, _wel{hes der Provinz Posen dur Se. Majestät dem König ertheilt isf. Herr von Kleist hat auch viel über die Schulen gesprochen und gemeint, eShèbe doch eine zu große Zahl von Persbnen in der Provinz Posen, dié der deutschen Sprache zu wenig mächtig seien, als daß die Ausführung dieses Gefeßes nicht große Härten haben sollte. Ih möchte darauf hinweisen, daß es mit den Schulen do nit {o i{limm ijt. „Jm Jahre 1824 batten unter den eingejtellten Heerespflihtigen mehr als 50 Prozent gar keine Schulbildung genossen ; heute beträgt der Prozentsaß im Re- gierungsbezirk Bromberg 12, im Regierungsbezirk Pojen 14. Sie werden bieraus erschen, däß ein Aufschwung zum Bessern stattgefunden bat. Beiläufig erwähne ih, wird der Prozent]aß im Regierungsbezirk Marienwerder etwa 10 Prozent sein, in Oberschlesien ctwa 11 Prozent. Dagegen sticht allerdings außerordentlech ab Sachsen mit etwa F Pro- zent, Brandenburg mit 1 Prozent und Pommern miï 1 Prozent. Nun komme ih zu der Annabme, daß es in der Provinz Posen zu wenig Leute gebe, die der deutschen Sprache mächtig jeieu. Da wollen Sie in Betracht ziehen, daß etwa §00,000 Polen und 700,000 Deutsche in Pojen leben, und daß da die Deutschen keine größere Schul- bildung genießen wie die Polen, also 7 bis 8 Prozent Polen sich unter den 14 Prozent Heereépflichtigen befunden haben dürften, welche feine Schulbildung genossen Haben. Dies

mag annehmen lassen, daß etwa 64,000 Menschen in der Provinz Posen wohnen, welche der deutschen Sprache gar nicht mächtig find. Jh halte diese Zahl nicht für ganz, aber für annähernd zutreffend und ih glaube nicht, daß sie fo abschreckend hoch ist, um der Ausführung dieses Geseßes ernstlih hindernd im Wege zu stehen. Betrachten Sie aber die der deutschen Sprache nicht mächtigen Per- sonen näher, so werden Sie finden, daß, weil eben über 50 Jahre des obligatorischen deutshen Unterrichts verflossen, daß eben nur ganz alte Leute das Deutsche nicht - verstehen, und da er- wähne ich nur beiläufig, daß es unter dem zahlreichen Ppol- nisch-katholischen Klerus der Provinz Pojen überhaupt nur 26 jehr alte, meist recht ehrwürdige Priester giebt, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Die übrigen Perjonen, die diejer Sprache nicht mächtig sind, das können eben nur Leute aus den alleruntersten Bolks- ihichten sein, und die fommen mit den Behörden überhgupt nicht viel in Berührang, außer etwa mit Gensd'armen, welche alle polnisch sprechen, ferner mit dem Distrikts-Kommissar, und allenfalls mit dem Strafrichter. Es unterliegt also feinem Zweifel, daß dem Bedürfnisse dieser Personen von den Behörden auch nach Emanation des vorlie- genden Gescßzentwurfes sprachlich überall Rechnung getragen wer- den kann.

Dem Grafen Kwilecki entgegnete der Staats-Minister Graf von Königsmarck: ; ¡

Ich möchte dem Herrn Vorredner nur erwidern, daß, wenn er gesagt hat, die. Bevölkerungslisten wären falsch oder die Zahlen, die ih angegeben hätte, seien fals, weil man als Polen nur diejenigen aufführte, die ledigli polnish sprächen und als Deutsche aile die- jenigen, die auch deuts verständen ih ihm versichern kann, dc P mir positiv bekanut ist, daß er, obgleich ex vorzüglich gut deut) spricht, doch als Pole in den Bevölkerungélisten aufgeführt worden ist.

Ich möchte demnächst noch_ auf eimen Punkt aufmerksam machen. Der Herr Graf sagt, es sei auf den Kreistagen durchaus nothwendig, daß au polnisch gesprochen werde, weil es viele Leute gebe, die nicht deuts verständen. Nach Emanation des zur Berathung vorliegenden Geseße3 wird auf den Kreistagen, wic anch gegenwärtig, ein Dol- metscher statuirt sein für alle diejenigen Mitglieder, die nicht deuts verstehen. Das ganze Geseß ist faftisch nux gegen den Mißbrauch, der mit dem Sprachenprivilegio getrieben ist, gerichtet, namentlich gegen diejenigen Herren, webhe wirklich deuts fönnen, aber nicht deutsch können wollen.

Der demHerrenhause vorgelegteEntwurf eines Gesetzes, betreffend das Expropriationsverfahren in den durch das Gesetz vom 24. Dezember 1866 mit der preußishen Monarchie vereinigten vormals bayerischen Landestheilen, lautet: -

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König vvn Preußen 2c. verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monar-

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Einziger Paragraph. An die Stelle des Artikels 18 des in den vormals Bayerischen G .bietstheilen gültigen Geseßez vom 17. November 1837 über die Zwangsabtretung von Grundeigenthum für öfentlihe Zwecke tritt folgende Bestimmung: E Ll Die Bezirksregierung entscheidet über die Abkretungsfrage gemäß Artikel 1, 2, 3 in erster, Unser Staats-Ministerium in zweiter und leßter Instanz. Die Berufung gegen die Entscheidung erster Instanz ist binnen 14 Tagen vom Tage der Beka intmachung der Entscheidung ab bei der Bezirksregierung einzulegen. U-kundlich 2A. Im Hause der Abgeordneieun leitete der Handels- Minister Dr. v. Achenbach die Diskussion über den Geseß- entwurf, betr. die Aufnahme einer Anleihe von 120 Millionen Thalern zur Erweiterung, Vervollständigung und bessere Aus- rüstung des Staatzeisenbahnneßes wie folgt cin: Meine Herren! Nachdem ich durch Allerhöchsten Erlaß vom vcr- gestrigen Tage zum Handels-Minister ernannt worden bin, gestattet mix wohl das Hohe Haus, daß ih de Debatte über den vorliegen- den Gejseßzentwurf-mit einigen Bemerkungen einleite, welche vielleicht hier und da über den Rahmen hinausgehen, den der Hr. Präsident focben der Diskussion gestcck hat. Jh darf dies um so mehr erwarten, als ich weder an der Entstehung dieses Gesebes, no6 an den Kommissionsverhandlungen des Hohen Hauses selbst Theil zu nehmen Gelegenheit gehabt habe. Allerdings gehe i, wenn ih hier das Wort ergreife, von der Vorausseßung aus, daß das Hohe Haus in dem gegenwärtigen Augenblicke nicht von mir ver- langt, daß ih ein förmlihes Programm der Regierungspolitik über das Eisenbahnwesen entwickele. Diese Vorausseßung erscheint mir aus dem Grunde schcu berechtigt, weil bekanntlich durch eine Aller- bödste Ordre, welhe vom Februar diefes Jahres datirt, eine Kom- mission niedergeseßt worden 1st, welche sih nit blos mit dem Miß- ständen unseres Eisenbahnwesens beschäftigen foll, sondern welche auch beauftragt ist, Vorschläge zu unterbreiten, wie den cntdeckten Mißständen Abhülfe verschafst werden kann. Die Kommission vecdankt bekanntlich wesentlich den Debatten in diefem Haufe ihre Entstehung. Sie ist gebildet unfer Mitwirkung dieses Hohen Hauses, und kch glaube daher, es würde eine Mizachtung des Hohen Hauses sein, wenn Seitens der Königlichen Staatsregierung im gegenwärtigen Augenblicke ein Pregramm über diejenigen Grundsäße vor dem Lande ausgesprochen würde, welce in Zukunft befolgt werden sollen. Jch glaube, das Haus hat den Anspruch darauf, daß die Königliche Staatsregierung ihrerjeits zunähft die Resultate jener Kommission abwartet, diejelben in reiflihe Erwägung nimmt uud alsdann thre Entschlüfse vor das Land bringt und, wie ih hoffe, ihre Entschlüsse nicht blos in Worten, sondern in der Gestalt von Gescßentwürfen an die Landesvertretung gelangen läßt. Bei dieser Lage der Sache kann ih mi darauf beschränfen, zu erklären, daß, was mi anbetrifft, ich ein eifriger Förderer der Jdee sein würde, daß bei unjerem Eiienbahnkonzessionswesen das Ermeffen eines einzelnen Mannes ausgeschlossen werde. :

Fch stehe auf dem Standyunkt, daß ich darin nicht blos einen wesentlichen Schuß der Interessen des Landes erkennen würde, jondern, was auf der anderen Seite ebenso s{chwer wiegt, daß ich darin einen weientlichen Schirm und Schuß des Rufes desjenigen Mannes er- blickte, welcher berufen ist, diese Stellnug, welche ih gegenwärtig be- fleide, wahrzunehmen. Jh würde also diese Grundsäße für meinen Theil au anrufen, um mi selbst zu schüßen.

Zweitens würde auch ih eifrig alle Bestrebungen fördern, welche darauf gerichtet sind, die Staats-Eisenbahnen mit gleichem Lichte und gleichem Schatten zu behandeln, wie die Privai-Eisenvahnenz ih wünsche die gleiche Aufsicht über alle nah denselben Grundsäßen.

Sie dürfen ferner von mix erwarten, daß meine Bestrebungen, was das Gebiet des Afktienwesens anbetrifst, nur dahin gehen können, daß die Geseße im vollen Sinne tes Wortes erfüllt werden.

Diese Erwägungen stehen allerdings mit der Vorlage, welche uns heute beschäftigt, nur in einem entfernteren Zusammenhange ; in einem näheren Zu'ammenhange erscheint dagegen die Frage, wie sich unser Eisenbahnwesen in dem folgenden Punkte in Zukunft gestalten werde, ob nämlih der Privat - Eisenbahnbau oder Staats - Gisenbahnbau und Betrieb herrschen, ob das eine System das andere erseßen soll. Es ist bekannt, daß. diese Frage gerade im gegenwärtigen Augenblicke die Geister lebhaft entflammt; man sichch hüben und drüben tüchtige Fechter, die mit aller Energie den einen oder anderen Grundsaß vertreten. Wir wissen Ale, daß für das System der Privateisenvahnen angeführt zu werden pflegt, daß der Staat nicht in der Lage sei, Gewerbe zu betreiben, und daß der Eisenbahnbetrieb mehr oder weniger unter dem Gesichts- punkte des Gewerbebetriebes aufgefaßt werden müsse. Wir wissen, daß auf Seiten der Anhänger des Privateisenbahnbaues und des Privateisenbahnbetriebes der Grundsaß in den Vordergrund gestellt wird, daß gewissermaßen die Quelle aller Verbesserungen die Kon- furrenz sei. Wir E, daß darguf hingewiesen wird, daß Staats- unterneh mungen im Ganzen genommen [stets theurer zur Ausführung kommen, daß der Betrieb von Staatsunternehmungen in der Regel theurec ist, als derjenige von Privatunternehmungen. Endlich ist es bekannt, und es hat dieser Gesichtspunkt bereits au in auswärtigen Parlamenten Ausdruck gefunden, daß man îin dem ausschließlichen Staats-Eisenbahnbetriebe eine Gefahr in politischer Beziehung erkennt, indem man auf das Heer von Beamten hinweist, welches die Re- gierung durch alle Landestheile befehligt, indem man davor warnf, ih in größerem Maßstabe geschäftlichen Mißerfolgen , die auf diejem Gebiet nicht ausbleiben würdea, auszu]eßen. E

Auf der andern Seite stehen die Verfechter des Staatseisenbahn- baus, welche behaupten, es handle sich nit um einen Gewerbebetrie i: fondern um öffentlihe Wege; _nicht darum sei és zu thun, die Eisen- bahnen zum Gegenstand der Spekulation zu machen, sondern: sie zu Dienern des Berkchrs herzustellen. Es wird darauf hingewiesen, daß das Prinzip der Konkurrenz heut zu Lage bangquerott gegangen fei; man verweist auf die stattfindenden Koalitionen, man erinnert an die Fusionen, den Verfechtern jener andern Ausicht gegenüber, welche politische Miß- erfolge weissagen, wenn der Staat den Eisenvahnbetrieb übernimmt, weist man auf die sozialen Uebelstände hin, welche die Ausdehnung des Afkftienwesens auf dem Eisenbahngebiet bereits in unjerm Lande herbeigeführt hat. Und wenn eines Theils die Konkurrenz niht für genügend erachtet wird, um ausreihend heilsame Zustände auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens herbeizuführen, so wird daran erinnert, wie die Konkurrenz auf der andern Seite auch nicht dahin habe führen können, daß einheitlihe Grundsäße bezüglih des Betriebs und der Ausrü1tung der Eisenbahnen hergestellt wordén jeien. j

Meine Herren! Wie die Verhältnisse bei uns in Deutschland und speziell in Preußen liegen, glaube ih troß diejer Gründe und Gegengründe, find wir nicht einfach vor die Alternative gestellt, ob Privatbahn, ob Staatsbahn. Wir sehen, daß ein sehr bedeutendes und erhebliches Kapital in den Privateisenbahnen angelegt worden ift, wir wissen, daß ungefähr § aller Gisenbahnen sich in den Händen von Privatgesellschaften befinden. Jede Regierung und jede Landesvertre- tung, fie mag eine Zusammenseßung haben, welche fie wolle, ist bei diejen faktischen Verhältnissen genöthigt, mit den gegebenen Verhält- niffen zu rechuen. Wäre allerdings die Sache so, daß wir tabula rasa hätten, so glaube ich, wie ich die Stimmung der Menschen heut zu Tage beurtheile, daß eine entschiedene Neigung dahingehen E der Staat das Eisenbahnwesen übernehmen möchte. Wäre die Sache

cie, was folgt

Ferner so, daß wir in der Vergangenheit Einrichtungen geschaffen