1873 / 119 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 20 May 1873 18:00:01 GMT) scan diff

enthalten. Die Steuervergütung wird nur gewährt, wenn min- destens 687/19 Liter auf einmal und zwar in Flaschen oder Glä- sern von einerlei Größe ausgeführt werden. Die Größe der Flaschen und Gläser ist probeweise zu ermitteln. Die Ausfuhr- vergütung wird unter Annahme eines Alkoholgehalts von 50 Prozent bewilligt, wenn bei der Anmeldung versichert wird, daß der Spiritus (eau de cologne u. \. w.) mindestens diese Alkoholstärke besize und eine der Steuerverwaltung freistehende Probeermittelung kein geringeres Ergebniß liefert. Will der Fabrikant die Ausfuhrvergütung nach dem wirklihen Alkohol- gehalte in Anspruch nehmen, fo is bei der Anmeldung hierauf besondes anzutragen und findet dann stets eine probeweise Fest- ftellung der Alkoholstärke ftatt.

Der Reichstag nahm im ferneren Verlaufe seiner ge- ftrigen Sizung den Bericht der Delegirten zu der Kommisfion für Errichtung eines Reichstagshauses entgegen. Ihr Antrag ging dahin, daß der Reichstag den Grund und Boden des Kroll- hen Etablissements am Königsplagze hierselbst nebst den ihm angrenzenden Terrain als die geeignetste Stelle für die Errich- tung des Reichstagsgebäudes ansicht, und die Erwartung aus- \pricht, daß die verbündeten Regierungen in einen Nachtragsetat für das Iahr 1873 eine dem wirklichen Werthe des Objektes entsprechende Summe für die Erwerbung desselben aufnehmen

werden. Hierzu hatte Abg. v. Unruh (Magdeburg) folgendes Amen- dement E „Der Reichstag behält fich aber seine definitive Entschließung über die Erwerbung dieses Plaßes bis nah Eingang einer amt- lichen Vorlage über den mit dem preußischen Fiskus zu vereinba- renden Preis vor.“

Nach längerer Diskussion wurde sowohl der Kommissions- antrag, wie das Amendement von Unruh verworfen, und in namentliher Abstimmung mit 152 gegen 87 Stimmen folgender Antrag der Abgg. von Denzin und Schleiden angenommen:

„Der Reichstag wolle beschließen, zu erklären, daß derselbe den Grund und Boden des Krollschen Etablissements am Königsplaßz Hierselbst nebst dem angrenzenden Terrain als die geeignete Stelle für Errichtung des Reichstagsgebäudes nicht anfieht und die Kom- mission beauftragt, noch vor Schluß des Reichstags den einen oder den andern Vorschlag zu machen, dabei dem Terrain hinter dem Kriegs-Ministerium und dem Herrenhause, sowie dem Terrain der Universität ihre besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden und zu_unter- suchen, in welcher Weise die diesem Plan entgegenstehenden Schwie- rigkeiten zu beseitigen find.“

Hiérauf vertagte fich das Haus um 45 Uhr bis heute 104 Uhr.

In der heutigen (36.) Sihung des Reichstages waren am Tische des Bundesraths die Staats-Minister Delbrü, von Kaméke und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundes- rath anwesend. Das Haus trat sofort in die dritte Berathung des Geseßentwurfes wegen Gewährung von Geldmitteln zur Umgestaltung und Ausrüstung der Reichs festungen aus\chließ- lih derjenigen in Elsaß-Lothringen ein, und wurde der Entwurf nach kurzer Debatte in der Fassung der zweiten Lefung ange- nommen. Zweiter Gegenstand der Tagesordnung war folgender, von den Abgg. Dr. Tellkampf, von Unruh (Magdeburg), Dr. Braun (Gera), Augspurg und Dr. Kapp vorgelegter An- trag, betreffend die Vorlage eines Gesehes über das Ban k- wesen: „Der Reichstag wolle beschließen: den Herrn“ Reichskanzler auf- Zzufordern, in Vemkhbeit E Artikel 4, Nr. 3 und 4 der Reichs- ‘verfassung und in Verfolg des Gesetzes vom 27. März 1870, betref- fend die fernere Ausgabe von Banknoten, baldmöglichst ein Geseb Îber das Bankwesen vorzulegen, dur welches die Cirkulation nicht -mit Metall gedecker Noten regulirt und begrenzt, über die Befug- miß zur Ausgale vollgedeckter Noten Belang, getroffen und die Frage, ob und unter welchen Bedingungen eine Reichsbank errichtet

den soll, entschieden wird." E e belt Aba, Dr. Tellfkampf den Antrag motivirt hatte,

gab der Bundes-Kommissar Geheimer Ober-Regierungs-Rath Pr. Michaelis die Erklärung ab, daß die Reichsregierung, von der Nothwendigkeit eines solchen Geseßes überzeugt, sih der Aus- arbeitung eines bezüglichen Entwurfes unterzogen habe, welchen sie in der Lage sein würde, dem Reichstage in seiner nächsten Session vorzulegen. Nach längerer Diskussion, welche sich namentlich um die Frage der Errichtung einer Reichs- bank bewegte, wurde der Antrag mit sehr erheblicher Mehrheit angenommen. Der Antrag der Abgeordneten Petersen, Dr. Völk und Genossen auf baldmöglihste Vorlegung eines Ge- \ezentwurfs über den Schuzgz der Fabrik- und Waaren - zeichen wurde, obwohl der Bundes-Kommissar Geh. Regierungs- Rath Weymann erklärte, der Bundesrath \ehe die Nothwendigkeit eines solchen Gesezes nicht ein, angenommen. Hierauf vertagte sh das Haus um 14 Uhr und beraumte die nächste Sizung auf Freitag 2 Uhr an.

In der heutigen (36.) Sihung des Herrenhauses? welcher der Präsident des Königlichen Staats-Ministeriums, Graf von Roon, und mehrere Kommissarien der Königlichen Staatsregierung beiwohnten, und welche durch den Präsidenten Grafen Dtto zu Stolberg-Wernigerode um 107 Uhr eröffnet wurde, wurde zunächst die Petition des Pfarrer Brzoska zu

Osterode erledigt, welcher V, / M a) daß die Gestellung von Naturalfuhren zu den Lokalschul-

revisionen aufgehoben und “den Lokal- und Kreis-Schulinspektoren eine entsprechende Entschädigung für die auf eigene Kosten auszu- führenden Revisionsreisen aus der Staatskasse zugesprochen werde;

und Kreis-Schulinspektoren als unmittelbaren Staatsbeamten ein angemessenes Gehalt aus der Staatskasse be-

willigt werde. Der Berichterstatter Graf von der Schul enburg-An-

gern stellte Namens der Kommission den Antrag: die Petition der Königlichen Staatsregierung als Material bei Erlaß des Unterrichtsgesebes, resp. zur sonstigen Erwägung zu überweisen.

Hierauf verlas der Präsident des Königlichen Staats-Mini- steriums, Graf von Roon, folgende Allerhöchste Botschaft:

Allerhöchste Ermächtigung. Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c.

haben auf Grund des Artikels 77 der Verfassungs - Urkunde vom 31. Januar 1850 den Präsidenten Unseres Staats - Mini- steriums Grafen von Roon beauftragt, die gegenwärtige Sitzung der beiden Häuser des Landtages Unserer Monarchie am 20. d. M. in Unserem Namen zu \{chließen. Wir fordern demnach beide Häuser des Landtages hierdurh àuf, zu diesem Zwecke an dem gedahten Tage um 2 Uhr Nachmittags in Un- serem Residenzshlo}se zu Berlin zusammenzutreten.

Gegeben Berlin, den 19. Mai 1873.

Wilhelm. / Graf v. Roon.

Demnächst seßte das Haus die unterbrochene Berathung der Petitionen fort. Eine Petition der Bürgermeister des Land- preises Eupen, um Aufbesserung ihrer Lage, beantragte der Be-

b) daß den Lokal-

Verfügung d und des Kultus - Ministeriums vom 19. April 1873, betreffend die Revision der Kirchspiel-Schulkassen durch Organe des Kirchen- patrons, beantragte die Kommisfion auch Uebérgang zur Tages- ordnung, das Haus beschloß jedo, diese Petition der Königlichen Staatsregierung zur Berüsichtigung zu überweisen.

Herrenhauses- (in der gestrigen Nummer d. Bl.) if ergänzen, daß nah der eventuellen Annahme der einzelnen Pa- ragraphen des Gesetzentwurfs, betreffend die Betheiligung der Staatsbeamten bei - der Verwaltung von Erwerbsgesellfchaften, in der definitiven Abstimmung der ganze Entwurf abgelehnt und die in Nr. 2 der Kommisfions-Anträge enthaltene Resolu- tion angenommen worden ist.

rihterstatter Herr von Voß Namens der Kommission, ebenfalls wie frühere Petitionen gleichlautenden Snhalts der Königlichen Staatsregierung zur Benußung bei der bevorstehenden Umar- beitung der rheinishen Gemeinde-Ordnung zu überweisen.

Hr. Dr. Schulze berihtet über fünf Petitionen des Karl Ellermeyer zu Heringen, welche betreffen: a. eine Reklamation gegen Exekutiv-Maßregeln der Verwaltungs-Behörden betreffend ; b. um anderweitige Regulirung des auf seiner Mühlenbesißung ruhenden Auszugs; c. Beschwerde gegen eine Entscheidung der Verwaltungs-Behörden, (nicht verständlich); d. Reklamation gegen eine vom Kreislandrath verfügte Exekutiv-Maßregel, und e. wegen Erhebung einer Stempelgebühr für eine abweisende Be-

scheidung,” und auf seinen Antrag beschloß das Haus, über diese

fünf Petitionen zur Tagesordnung überzugehen. Gleihfalls durch Uebergang zur Tagesordnung wurden die

Petitionen von Heyse in Buczkowo, des Assistenten Kühn und

des Justiz-Ra In Betr

Mattern in Glogau erledigt. der Petition des Pfarrers Herz um Remedur der Regierung zu Königsberg vom 15. Oktober 1872

Dagegen wurde eine Petition des Magistrats zu Springe

und eine Petition des Tischlermeister Haake in Quedlinburg durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt.

Herr Mever berichtete Namens der Iustiz-Kommission über

die Petition des Vorstandes des landwirthschaftlichen Vereins zu Demmin, welche beantragte :

Das Herrenhaus wolle dahin wirkcn, daß im Wege der Gesehß- gebung 1) der §. 408 ff. A. L.-R. Th. I. Tit. 5. auf das Ber- hältniß zwischen dem Besißer eines Landguts oder einer anderen Acker- oder Forstwirthschaft und solchen Dienstleuten, welche gegen Gewährung einer Wohnung in dem ihm gehörigen oder auf dem Gute befindlihen Gebäuden, und gegen “einen im Voraus be- stimmten Lohn behufs der Bewirthschaftung angenommen sind, für nicht anwendbar, und 2) die Polizeibehörden für befugt und verpflichtet exklärt werden, sich der _vorlâu- figen Entscheidung und Streitigkeiten, welhe mit den ad 1 gedachten Personen über die aus dem Vertrage entstehenden Verbindlichkeiten während des Dienstes, über die Weigerung der Herrschaft, die Arbeiter anzunehmen und zu behalten, über die Wei- gerung der Arbeiter, den Dienst anzutreten oder darin zu verbleiben, oder über verweigertes Abzichen und Entlassen entstehen, zu unter- ziehen und folhe zur Ausführung zu bringen.“

Der Antrag der Kommission ging dahin, die Petition der

Königlichen Staatsregierung zu überweisen. Graf zur Lippe stellte hierauf den Antrag: in dem Sitzungssaale des Hauses die beiden Büsten der verstorbenen Präsidenten Graf Eberhard zu Stolberg-Wernigerode und Prinz zu Hohenlohe-Ingelfingen aufzustellen. beauftragte das führung desselben Sorge zu regung des ältesten Mitgliedes, Herrn v. Frankenberg - Lud- wigsdorff, dem Präsidenten für die Leitung der Verhandlungen den Dank aus. für den Ausdruck dieser Gefinnung, lihe Geschäftsübersiht über die4 Thätigkeit des Hauses in der verflossenen einem *drtihraligen welchës die Versammlung begeistert einstimmte.

Das Haus trat diesem Antrage bei, Gesammt - Präsidium für die Aus-

tragen und \prach auf An- Der Präsident Graf Otto zu Stolberg dankte fnüpfte hieran die üb-

Session und \{chloß um 1 Uhr die Sitzung mit Hoh auf Se. Majestät den König, in

Der S{chluß tes Berichts über die qefteite Si an des in zu

In der heutigen (80.) Sizung des Hauses der Ab- geordneten war am Ministertish der Minister des Innern Graf zu Eulenburg anwesend. Derselbe verlas die im Bericht über das Herrenhaus abgedruckte Allerhöchste Botschaft.

Hierauf gab Präsident v. Forckenbeck eine statistische Ueber- sicht über die Thätigkeit des Hauses in der verflossenen Session und forderte dasselbe auf, zum Zeichen der Treue und Ergeben- heit fih mit ihm zu einem dreifahen Hoh auf Se. Majestät den Deutschen Kaiser und König von Preußen zu vereinigen. Das Haus stimmte mit Begeisterung in den Ruf ein. Sodann gab der Abgeordnete v. Bonin dem Präsi- denten und dem gesammten Bureau für ihre auf- opfernde und umsichtige Thätigkeit in der verflossenen, durch die Länge ihrer Dauer und die Wichtigkeit der berathenen Ge- seze so bedeutungsvollen Session den Dank des Hauses zu er- fennen, und erhob fich die Versammlung zum Ausdruck dieses Dankes von ihren Sizen. Nachdem darauf noch Präsident v. Forckenbeck dem Bureau und dem Hause für die Unterstüßung, die ihm in der Führung des Präsidiums zu Theil geworden, gedanft hatte, wurde die Sizung um 105 Uhr geschlofsen.

Am 826. d. M,, Nachmittags 4 Uhr, findet aus Anlaß der an diesem Tage auf dem Tempelhofer Felde stattfindenden großen Frühjahrs-Parade im Weißen Saale des König- lichen Schlo}ses hierselb ein großes Diner statt.

Morgen Vormittag findet auf dem Exerzierplaß westlich der Tempelhofer Chaussee die Besichtigung der kombinirten Garde - Infanterie - Brigade (Kaiser Franz Garde-Greznadier-Regi- ment Nr. 2 und Garde-Füsilier-Regiment) durh Se. Majestät den Kaiser und König statt.

Das soeben veröffentlichte 3. Heft des von der kriegs- geschihtlihen Abtheilung des Großen Generalstabes redigir- ten Werks: Der deut\ch-französische Krieg 1870 bis 71, stellt die beiden gleichzeitigen Eröffnungsshlachten von Wörth und Spicheren dar. Die Shlußbetrahtung ent- hält das allgemein Wichtige über dieselben, harafterisirt jede einzelie und vergleicht sie kurz und treffend mit einander. Die Schlaht von Wörth gliedert sich einfah und in größere Abschnitte als die von Spicheren. Unter den Episoden und deren Schilderungen sind zu nennen: die Vernichtung der Kürassier- Brigade Michel bei Wörth und der Tod des Generals von Francçois bei Spicheren. Zum ersten Mal sind auch Holzschnitte im Text angewandt, um Stellung und Bewegung der Truppen in den einzelnen Momenten der Schlacht darzustellen. Außerdem find zwei große Karten beigegeben.

Der zum Kommandanten der Festung Königsteiu er- nannte General-Major von Leonhardi, bisher Commandeur der Königlih Sächsishen 3. Infanterie-Brigade Nr. 47, ist zur Abstattung persönlicher Meldungen von Zwickau hier eingetroffen ; desgleihen der General - Lieutenant z. D. von Wittich, bisher Commandeur der 31. Division von Siede bei Müncheberg.

In Folge von Berichten der Strafanstalts-Direktoren, nach welchen zu den Strümpfen für die weiblihen Gefange- nen, die in dem Normaletat vom 20. Ianuar v. I. zugelassene Sa Berns von 330 Gramm wollenen resp. 250 Gramm baumwollenen Garns in feiner Gestalt erreiht, vielmehr nirgend der Saß von 250 Gramm wollenem und 200 Gramm baumwollenem Garn ‘überschritten wird, hat der Minister des Innern den Normaletat, dessen höhere Säße auf der Voraus- seßung beruhten, daß flimatishe- Verhältnisse und provinzielle Gewohnheiten hier und da zur Verwendung besonders starken Garns resp. zur Anfertigung außergewöhnlih langer und fest- gestrickter Strümpfe nöthigen, dahin abgeändert, daß zur Anfer- tigung der Strümpfe für weibliche Gefangene höchstens 250 Gramm wollenen resp. 200 Gramm baumwollenen Garns ver- wendet werden dürfen.

Die fällige Englishe Post aus London, vom 18. d. M. früh über Cöln, ist ausgeblieben.

Posen, 19. Mai. Der Ober-Präsident Günther traf gestern früh gegen 5 Uhr mit Familie auf dem Oberschlesischen Bahnhofe hier ein, um dauernd seinen Wohnsiß in Posen zu he Zum Empfange war “der Polizei-Direktor Staudy: an- wesend.

Bayern. München, 18. Mai. Prinz Leopold und Prinzessin Gisela haben fih auf Einladung der Herzogin Marimilian heute Vormittag zu einem erstmaligen Besuche nah Possenhofen begeben.

. Das neue Landtagswahl-Gesetz, welhes dem im Herbste zusammentretenden Landtag vorgelegt werden wird, ift nun im Entwurfe vollendet. Dasselbe beruht auf dem direkten Wahlsystem.

Sachsen. Dresden, 19. Mai. Der König hat nun- mehr die beabsichtigte Reise zum Gebrauch der Kur nah Bad Ems angetreten und für die Dauer der Abwesenheit den Kron- prinzen als Stellvertreter für die Regierungsgeschäfte bestellt. Se. Majestät traf gestern Abend gegen 6 Uhr von Pillnis, wo die Verabschiedung von der Königlichen Familie stattgefunden hatte, hier ein und reiste zunächst bis Leipzig. In Leipzig hat der König im Palais übernahtet und heute Morgen von dort die Reise nah Ems fortgeseht, so daß die Ankunft daselbst, nah einem kurzen Aufenthalte in Marburg: (wo das Diner stattfinden und die Kirche besichtigt werden soll) in den heutigen \pätern Abendstunden erfolgen wird. Im hiesigen Leipziger Bahnhofe waren gestern bei der Abreise des Königs der Minister* des Kö- niglichen. Hauses Staats-Minister a. D. Frhr. v. Falkenstein, der Hausmarschall Graf Vißthum v. Ekstädt, der Vertreter des be- urlaubten Ministers des: Innern, Geh. Rath. Körner, sowie mehrere andere Hof- und Staatsbeamte anwesend. In der Be- gleitung Sr. Majestät befinden sfich der General-Adjutant Ge- neral-Lieutenant v. Thielau, der Geh. Legations-Rath v. Waß- dorf und der Königliche Leibarzt Medizinal-Rath Pr. Fiedler. Leßterer wird jedoch hon in einigen Tagen hierher zurücktehren, während der Aufenthalt des Königs in Ems etwa 4 Wochen dauern dürfte.

Vom Gesetz- wnd Verordnungsblatt is das 7. Stück vom Iahre 1873 in der Ausgabe begriffen. Dasselbe ent- hält u. A. ein Gese vom 15. April d. I., die Ausführung des Strafgeseßbuchs für das Devtsche Reich betreffend, vom 15. Mai 1871; ein Geseh vom 20. April d. I., die Bestrafung des von Nichtkaufleuten begangenen betrüglihen und einfachen Bankrotts betreffend ; und das Forststrafgefez vom 30. April d. I..

Der Protektor der sähsischen Militärvereine, der General-Feldmarshall Kronprinz von Sachsen, erläßt an die Mitglieder von Sachsens Vereinen chemaliger Militärs in deren Vereins-Organ „Der Kamerad““ eine Aufforderung, fich der von der Redaktion genannten Blattes, im Verein mit Männern, welche sich warm für das Militärwesen interessfiren, angestrebten Centralisation anzuschließen und die zur Berathung der Central- Statuten und Konstituirung des \ächsischen Militär-Vereins- Verbandes einzuberufende Deputirten-Verfsammlung, welche vor- aussihtlich hier in Dresden abgehalten werden wird, möglichst zahlreih zu beschifen. Dasselbe Blatt bringt einen ähnlichen Aufruf an die \sächsishen Militär-Bereine, unterzeichnet vou dem aus der Mitte des obenerwähnten Komites gewählten „Direkto- riums behufs Centralisation von Sachsens Militär-Vereinen.“

Hessen. Darmstadt, 16. Mai. Der Finanzaus- \chuß der Zweiten Kammer hat, dem „Fr. I.“ zufolge, bean- tragt, die garantirten Staatszushüsse zu Privateisenbahnunter- nehmungen mit 1,400,000 Fl. zu genehmigen, jedoch in der Erwartung, daß die Regierung über die Feststellung des Bau- kapitals der oberhessishen Eisenbahnen und die Reinerträge der- selben den Ständen so bald als thunlich Mittheilung machen und die Ratifikation der Zuschüsse bis nah Prüfung dieser Be- rechnung vorbehalten werde.

17. Mai. Der Synodal-Aus\chuß hat den Be- riht über die künftige Verfassung der evangelischen Kirche been- det und in ‘erster Lesung angenommen. Der Bericht ist einer engeren Redaktionskommission überwiesen, um den Text endgül- tig festzustellen. Am 24. Juni wird dann der Synodal-Aus- \chuß wieder zusammentreten, um die zweite Lesung des Be- rihts, der die Gesezvorlage, wenn au viele Anträge auf Ab- änderungen vorliegen, doh im Wesentlichen gutheißt, vorzuneh- men. Die Synode selbsi wird vor Herbst voraussichtlich nicht tagen. Dagegen werden die beiden Kammern Anfangs Iuni wegen der weiter erforderlichen Prorogation des Finanzgeseßes wieder zusammentreten.

Sachsen-Altenburg. Altenburg, 17. Mai. Die soeben erschienene 63. Fortseßung der Einnahme und Ausgabe bei der Landesversichherungs-Kasse des Herzogthums vom Jahre ' 1872, weist für den 1. Juli v. I. cinen Bestand der Hauptversicherungssumme von 41,259,175 Thlr. nach. Seit dem 1. Juli 1871 stieg diese Summe um 1,126,800 Thlr. An Brandentschädigungen wurden im Laufe d. I. 1872 im Ganzen 41,710 Thlr. bezahlt; außerdem verblieben am Schlusse Des Iahres noch 10,301 Thlr. zu bezahlen. Abzüglih dieser leß- teren Summe hatte die Kasse noch einen Bestand von 99,431 Thlr. für Bedeckung ferneren Aufwandes.

Anhalt. Dessau, 17. Mai. Die Prinzessin Louise (Tochter des verstorbenen Prinzen Georg, Oheims des Herzogs) wird heute zu einem längeren Besuche der Herzogin von Sachsen- Altenburg von hier abreisen.

Neuß. Gera, 18. Mai. Gestern kehrte die Fürstin nah T Ae Aufenthalt in Karlsruhe, über Dresden und Leipzig hierher zurü.

Schweiz. Bern, 18. Mai. (W. T. B.) Der Bun- | desrath hat heute die Berathung über die Revision' der

Bundesverfassung wieder aufgenommen. , Ferner hat der- elbe den Protest der Regierung des Kantons Wallis gegen die

“Versteigerung der Ligne d'Italie für unzulässig erklärt

und beschlossen, seine Verfügung aufrecht zu erhalten.

Niederlande. Haag, 19. Mai. (W. T. B.) Die Erfte Kammer genehmigte in ihrer heutigen Sizung mehrere, bereits von der Zweiten Kammer angenommene Vorlagen, worun- ter die Verträge mit Belgien (über Kapitalisirung der veräußer- lichen Rente, über Benußung holländiihen Territoriums bei dem Bau der Eisenbahn von Antwerpen nach Gladbach und über Aufhebung des von Belgien auf holländische Spirituosen gelegten Zollzushlage®), sowie die Gesezentwürfe über Amorti- firung von 9,800,000 Fl. Staatsschulden und über die zeit- weilige Beschränkung der Ausprägung gemünzten Geldes.

Großbritannien und Jrlaud. London, 16. Mai. Die Königin verließ gestern in Begleitung der Prinzessin Beatrice und ihres gesammten Hofftaates Windsor, und trat die Reise nah Balmoral, ihrem schottischen Landsiße, an, von wo Ihre Majestät am 17. Juni zum Empfange des Schahs von ‘Persien zurückehrt.

Der Botschafter der Pforte, Musurus Pascha, gab gestern im trischen Botschaftshotel dem König und der Kö- nigin der Belgier zu Ehren ein großes Konzert, welchem außer den belgischen Majestäten der Herzog von Edinburgh, die Herzogin von Cambridge, Prinz Christian von Schleswig-Hol- stein, das diplomatische Corps und ‘viele Mitglieder der hohen Aristokratie anwohuten.

_— Der König und die Königin der Belgier haben heute London verlassen und über Brighton, Hastings und Dover ‘die Rückreise nah Brüssel angetreten. Die Prinzessin von Wales, der Herzog von Edinburgh und Prinz Teck gaben Ihren Ma- jestäten das Geleit bis zum Bahnhofe.

Frankreich. Paris, '20. Mai. (W. T. B.) Dem gestern in der Nationalversammlung eingebrahten Geseßentwurfe über die Organisation der öffentlihen Gewalten ist ein Ex- posé beigefügt, welches eine Entwicklung der Motive der Vorlage enthält. Dasselbe weist darauf hin, daß die Republik die geseßliche Form der Regierung sei, der indessen ihr provisorischer Charaëtter und die Lücken ihrer Organisation nit hinrèichende Stärke Und Festigkeit gäben, um die wachsende Beunruhigung der Gemüther zu beseitigen, den Parteigeist zu entmuthigen und die dreisten Anmaßungen desselben zu bemeistern. Der crste Gegenstand, mit dem si die Vorlage beschäftige, fei deshalb die Herstellung einer regelmäßigen republikanischen Regierung. Die Republik sei gegenwärtig die natürliche und nothwendige Regierungs- form; nach ihrer Organisirung werde die Regierung energisch die Ordnung und die konservative Republik vertheidigen. Der allgemeine Gedanke, welcher dem Geseßentwurfe zu Grunde liege, ohne in demselben förmlich proklamirt zu werden, sei die positive Organisation der republikanishen Regierung. Nach dem Ent- wurfe sollten eine Kammer und ein Senat errichtet werden, die beide aus dem allgemeinen Stimmrecht hervorzugehen hätten, die Senatoren seien indessen nur aus gewissen Kategorien der Staatsangehörigen zu wählen, namentlih aus ehemaligen Mit- gliedern der gesezgebenden Versammlungen. Aus jedem De- partement sollten 3 Senatoren und der Senat überhaupt auf 10 Jahre gewählt werden, jedo alle 2 Iahre einetheilweise Grneue- rung def’elben stattfinden. Was die Wahlen zur Deputirtenkammer angehe, sei dieAbstimmung nachListen abgeschasftund anstatt dessen die Wahl nah Arrondifsements eingeführt, deren jedes einen Ab- geordneten zu ernennen habe. Dem Senat \ci- das Recht beige- legt, auf Antrag des Präsidenten der Republik die Kammer aufzulösen. Der Präsident der Republik selbst solle durch cine besondere Versammlung (den Prâäsidentschaftskongreß) gewählt werden, der aus den beiden vereinigten Kammern und aus De- legirten der Generalräthe bestehe, deren jeder 3 ernenne. Die Wahl des Präsidenten geschehe ebenso wie diejenige der Kammer auf 5 Iahre. Das Erxposé \chließt mit den Worten, daß ver- möge dieser Einrichtungen die Republik ihren fonservativen Charakter bewahren könne, und fo lange sie konservativ bleibe, aber nit länger, werde sie von Dauer fein.

Versailles, 19. Mai. (W. T. B.) Die National- versammlung hat heute ihre Sizungen wieder aufgenommen. Nachdem die Äbtheilungen durch Ausloosung gebildet waren, brachie der Präsident der Versammlung, Buffet, folgende von 160 Mitgliedern der Rechten und des rechten Centrums unter- \hriebene Interpellation zur Verlesung :

„Die Unterzeichneten beabsichtigen, in der Ueberzeugung, daß der Ernst der Situation an der Spiße der öffentlihen Angelegenheiten ein Kabinet verlangt, dessen festes Zusammenhalten das Land zu be- ruhigen im Stande if, an die Regierung über die Modifikation des Ministcriums eine Anfrag? zu richten und sie darauf hinzuweisen, daß innerhalb derselben durchaus eine entschieden konservative Politik zur Geltung kommen müsse. Die Unterzeichneten beantragen, daß ihre Interpellation am Freitage zur Verhandlung komme."

Nach Verlesung der Interpellation stellte der Justiz-Minister Dufaure den Antrag, den Tag für die Diskussion erst morgen festzustellen, damit die Regierung vorher über diese Frage in Berathung treten könne. Der Herzog von Broglie erklärte sich Namens dex Antragsteller mit der Vertagung auf morgen ein- verstanden und wurde dieselbe von der Versammlung darauf gleichfalls angenommen. Der Justiz - Minister legte sodann die Geseßentwürfe über die Organisation der Staatsgewalt und die Errichtung einer Zweiten Kammer auf den Tisch des Hauses nie- der, deren Verlesung von der Linken beantragt wurde, während sich die Rechte dem widerseßte. Nach einer Abstimmung, deren Resultat zweifelhaft blieb, entschied der Präsident, daß die Ma- jorität der Versammlung die beantragte Vorlesung der Gesehß- entwürfe abgelehnt habe. Der Deputirte Peyrat brachte \chließ- lih, unter Protest gegen die Verlegung der konstitutionellen Ge- seßentwürfe den Antrag ein, die Versammlung möge, in Anbe- traht dessen, daß ihr eine konstituirende Gewalt nit zustehe, innerhalb 14 Tagen einen Termin für ihre Auflösung festseßen. Die Dringlichkeit für diesen Antrag wurde mit großer Majorität e pas dit Morgen sollen die Neuwahlen des Präsidiums statt-

nden.

Italien. Rom, 15. Mai. Nach der statistischen Ueber- siht der Einnahmen des Staats\chahes in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres beliefen sich dieselben auf 404,519,086 Fr. gegen 390,214,563 Fr. des vergangenen Jahres, so daß sich also 14,304,523 Fr. zu Gunsten des “laufenden Jahres herausstellen. Die Ausgaben in den vier ersten Monaten O die in der vorjährigen Periode um 11 Millionen &rancs.

__ Nußland und Polen. St. Petersburg, 18. Mai. Einem Telegramm aus Astrachan vom 15. Mai zufolge ist der Schah von Persien am 14. Mai in der Wolgamündung und am 15. Mai in Astrachan eingetroffen.

Aus einer von der „Revalschen Zeitung“ mitgetheilten 7

übersihtlihen Zusammenstellung des Fortganges, welchen der Bauerlandverkauf in Efthland nimmt, ergiebt fih, daß von dem als Acker, Wiese, Weide und Holzung verzeichneten und auf 1,316,169 Dessätinen angegebenen Lande 29,000 Dessä- tinen in ungefähr 760 Gefinden Bauern verkauft worden sind und daß \ich seit 1871 die Bewegung im Verkauf lebhaft ge- steigert hat. Im Ganzen giebt es nah den ftatiftishen An- gaben von 1867 in Esthland 17,242 Bauerhöfe. Im Gan- zen find jezt etwa 4% Prozent des Bodens Bauern verkauft.

_ Der „Russ. Inv.“ bringt folgende weitere Nachrichten über die aus Taschkend ausmarschirten Truppen des Turke- ftanischen Expeditions-Corps:

Alle Truppentheile, welhe vom 13. bis 19. März aus Taschkend Chodshent und Ura-Tjube ausmar\chirt waren, wurden ‘am 13. dessel- ben Monats am Flusse Kly bei Dshisak fonzentriri. Z1 derselben Zeit begann der Ausmarsh der Dshisakshen Kolonne, die sih in 4 L un durch die Gegend nah Tamdy nah den Bukanbergen bege- ven follte.

Die Kasalinskishe Kolonne verließ diefe Punkte zwischen de 10. und 14. März, um nach der Maid Eb zu E T Wo fie zur Vereinigung mit der Dshisakshen Kolonne ebenfalls nah den M bestimmt R Q

ach der Vereinigung dieser Kolonnen zu einem gemeinschaftlid dem Turkestanschen Corps, sollten in Srkibai und Saimbo L R zurückgelassen werden, am ersten Ort eine Infanterie-Coimpagnie, eine Ssotnje Kosaken nit zwei {pudigen Einhörnern, am zweiten

eine Compagnie Infanterie und eine halbe Ssotnje Kosaken mit zwei :

erleichterten Geschüßen.

Zur Aufnahme der Feindseligkeiten gegen das Chanat Chiwa find vom Turkestanshen Militärbezirk beordert: 18 Compagnien Jnfan- terie, cire Compagnie Sappeure, 14 jeldgeshüße, 4 Berggeshübe und 2 Mitrailleusen, 54 Ssotnjen Kosaken und eine Rafketenbatterie ; außerdem als Belagerungsgeschüß 4 halbpudige Mörser. Am Turkez- stanschen Corps partizipiren 4700 Mann u=d 1400 Pferde.

_Die Truppen sind mit dreifachem Vorrath von Patronen, die Geschütze ebenso mit dreifahem Schießbedarf versehen. Der Ingenieur- parê ist außerdem mit vier eisernen Pontons, jeder aus zwei zu- sammengelegten Booten bestehend, versehen.

___Das Medizinalwesen des Turkestanschen Corps ift in folgender Weise organisirt: Bei den aktiven Truppen ist ein Feldlazareth mit 270 Betten und auf den Stüßpunkten in Jrkibai uud Tamdy find zeitweilige Lazarethe, jedes zu 15 Betten, eingerichtet. Alle diese Lazarethe find in ausreichender Weise mit allen nöthigen Lazareth- sachen, Medikameuten und chirurgischen Instrumenten verschen. Außerdem sind die Turkestanshen Truppen, Dank der Genehmigung Kaiserin, der hohen Patronin der Gesellschaft zur Pflege kranker und verwundeter Krieger, für die Mittel dieser Gesellschaft mit einem besonderen bedeutenden Vorrath von medizinischem und hygieinischem Zubehör versehen, mit welhem auch die Doktoren Grimm und Preobcashensfi abgereist find. Die Turkestansche Abtheilung der „Ge- sellschaft“ hat ihrerseits 1500 R. zur Errichtung eines Feldlazareths für 20 Mann angewiesen. Auf diese Weise ist das Medizinalw.sen des Corps als vollkommen befriedigend organifirt zu betrachten.

Zur Erbaltung der Gesundheit und der Kräfte der Leute auf dem weiten Marsche dur die Steppen sind die Truppen mit Thee (3 Pfund auf 100 Maun täglich) und Zucker, mit Kibitken, tragbaren Zelten und mit Filzdecken zum Unterlegen und Bedecken während des Schlafes versehen. Um das nöthige Wasser in den des Wassers entbehrenden oder nur mit s{lechtem Wasser versehenen Gegenden mitführen zu können, ist den Truppen die nöthige Zahl von Schläuchen, Holzge- fäßen und Fässern mitgegeben.

Die Instruktion, mit welcher alle Befehlshaber versehen sind, enthält sehr ausführlihe Anweisungchn behufs Schonung der Gesund- heit der Leute während d-s Marsches und in den Bivouaks, über die Erhalt'1ng der Ordnung auf dem Marsche, über das Einrücken in die Bivouaks 2c. L

Das Cocps führt Mundvo#räthe auf 25 Monate mit sih. Außer- dem sind noch Borräthe für einen Monat auf den Stüßpuilkten in Tamdy und Jrkibai aufgespeichert. # i ,

___ Zum Transport der Lasten waren gegen 8000 Kameele erforder- [ih, die von den Kirgisen des Ssyr-Darja-Gebiets gegen eine monat- liche Zahlung gemiethet worden find, Es war eine fo große Anzahl von Kameelen erforderlich, weil die Thiere alle nah dem Winter sehr \chwach waren und nicht mehr als 12 Pud tragen konnten, während ein gutes Kameel sonst 16 bis 18 Pud trägt.

Gleichzeitig mit unserem Marsche gehen die beiden Dampfer der Aralflottille „Perowski“ und „Samarkand“ mit zwei Marine-Bar- kassen nah der Mündung des Amu-Darja, um die Zugänge in das Amu-Darja-Delta gründlich zu erforschen, weshatb diefen Fahrzeugen zwei Topographen mitgegeben sind. j

19. Mai. (W. T. B.) Die von englischen Zeitungen ge- brachte Nachricht über die Einnahme von Chiwa ist unbe- gründet. :

Moskau, 19. Mai. (W. T. B.) Persien is heute Mittag hier eingetroffen.

Schweden und Norwegen. Stockholm,- 15. Mai. Der König und die Königin nahmen gestern anläßlih der Krönung die Beglückwünschungen von den Mitgliedern des Reichstages und den hiesigen Behörden, Auf Sthloß Drottingholm, 1 Meile von hier, auf der Mälarinsel Lofö, werden für den Sommeraufenthalt der König- lichen Familie Vorbereitungen getroffen. Die verwittwete Königin wird \hon am 27., Ihre Majestät mit den Prinzen zu Anfang Juni dahin abreisen. Inzwischen geht der König auf der hierher beorderten Korvette „Thor“ am 14. nah Norrland ab, und von dort weiter nah Norwegen.

Der Vorschlag des Königs, den fertigen Theil der Köping-Hult-Bahn zu 6 Millionen Rthlr. für den Staat anzu- faufen, ist von dem Staats8aus\chuss\e verworfen worden.

Dänemark. Kopenhagen, 17. Mai. Einem Te- legramm der „Hamb. NachriHten“ zufolge hat Thomsen heute wegen der Panzerschifffrage seine Demission eingereiht.

19. Mai. (W. T. B.) Der Reichstag hat den Antrag der Regierung, Norwegen den Beitritt zu der dänisch=-#\chwe- dishen Münzkonvention vorzubehalten, nunmehr definitiv angenommen.

Amterika.

Der Schah von

Auf das vor Kurzem an die „Times“ gerichtete Schreiben des“ chilenishen Konsuls in Lon- don, Mr. Weir, worin das Publikum gegen die von dem König von Araucanien emittirten Bonds gewarnt wird, hat der Finanz - Minister des Königs Orelie Antoine von Araucanien und Patagonien, A. I. de la Rosa, Comte de Rosenburg, eine Erwiderung ergehen lassen, die im Citybericht der „Times“ abgedruckt ist und in welcher die Angaben des chilenishen Konsuls als unbegründet und ungereht- fertigt erklärt werden. In diesem Briefe heißt es:

„Mr. Weir spricht von Araucanien als ob es eine Provinz Chilis und chilenisher Autorität unterthänig wäre, während er wissen muß, daß es mit Ausnahme eines sehr kleinen, an die Grenze anstoßenden Landstriches, ein Königreich unter der Herrschaft seines Souveräns, meines Gebieters Orelie Antoine ist, der wegen wich- tiger Dienste, die er den Araucaniern geleistet, von diesen zu ihrem König auserkoren und als solcher am 17. Nov ember 1868 proklamirt wurde. Araucanien ift gänzlich unabhängig von der cilenischen Re- publik und wurde so dur die Verträge von 1775 und 1793 erklärt, und wenn immer Chili eine Invasion von Argucanien versuchte, er-

entgegen.”

sitt es eine totale Niederlage. Mr. Weir glaubt, daß, weil der König von Araucanien Verkehrungen für kommerziellen Verkehr zwischen diesem Königreiche und Kaufleuten Großbritanniens getroffen hat, irgend welche feindselige Absichten gegen die cilenische Republik vorhanden sein müssen, aber darin ift er, wie in vielen anderen Beziehungen, im Irrthum. Das Projeëït ist kein feindseliges gegen die Republik von Chili, sondern ift alleinig durch des Königs Sorge für die Förderung der Wohlfahrt seiner Unterthanen veranlaßt worden, und Mr. Weir ist nun durch mich benachrichtigt, daß britische Kaufleute in Verträge mit der Regierung Sr. Majestät getreten sind, um in dieses Land große Quantitäten britischer und anderer europäischer Waaren zu im- E für welche sie Bonds des Königreichs in Zahlung genommen aben.“

Asien. Das Edikt, welches dem chinesischen Volfe die Thronbesteigung des Kaisers ankündigte, lautet nah der „Allg. Ztg.“ :

„Beifolgendes Dekret, erlassen von Jhrer Kaiserlichen Majestät der Kaiserin-Wittwe, ist vom Kaiser mit ECbrfurht in Empfang ge- nommen worden. Zwölf Jahre find verflossen, seit der Kaiser ehr- furchtsvoll die großen Staaten erbte, welche feine Vorfahren gegründet haben und er wird nun, da er das entsprechende Alter erreicht und seine Erziehung vollendet hat, am 26. d. persönlich die Regierung des Landes in die Hand nehmen. Nach dem ersten Gefühl natürlicher Befriedigung waren Wir mit tiefer Besorgniß erfüllt, als Wir er- wägten, daß Unsere geheiligten Regcnten bei ihrer respektiven Thron- besteigung stets von einem Wunsche beseelt waren, die Verordnung des Himmels zu achten und ia den Fußstapfen ihrer Vorfahren zu wandeln, zu dem Zwecke, dadurch die sorgsame Verwaltuzg der Geseße und die allge- meine Wohlfahrt des Volkes zu fördern. Wie viel nothwendiger wird dies jeßt, wo die ostlihen und die südlihen Provinzen sih von den Folgen der leßten Empörung noch nicht erholt haben, und die Ruhe in den Grenzprovinzen von Yunnan, Shenje, Kansuh und im west- lichen Theile der chinesishen Tatarei noch nicht wiederhergestellt ist, wo das Einkommen des Landes noch unzureichend ist und selbft die Zustände der Natur, sowie die der Menschen glei ungünstig sind! In der Bielfältigkeit seiner täglichen Geschäfte muß der Kaiser die ungemein ernste und wichtige Natur der Aufgabe echrfurchtsvoll im Auge haben, mit welcher der Himmel und seine Vorfahren ihn ausschließlih be- traut haben, und es wird seine Pflicht sein, die von der Zeit geehrte Uebung seiner Familie ehrfurhtsvoll fortzuseßen und unablässig nach Selbstbesserung zu streben, während er_in der Wahl der Männer uad der Verwaltung der Geschäfte ernste Erwägung anwenden und nicht Gewohnheit:n der Unthätigkeit und Sorglosigkeit nachgeben muß. Wenn die Morgenaudienzen vorüber sind, soll der Kaiser noch immer seine Aufmerksamkeit dem Studium der klassischen und der dy- nastischen Geschichte widmen, um die Ursachen der abwechselnden guten Regierung oder zu entdecken, welche seit dem hohen Alter- thum bis zum heutigen Tage in diesem Reiche der Reihe nach ge- herrscht haben. In seinen Verwaltungsplanen soll er Selbstbeschrän- fung, Fleiß und Energie beurkunden, und dies war in der That Unser Hauptziel, als Wir zuerst die Regierung übernahmen, und Wir haben auch nicht einen Augenblick diese Ricotschnur außer Acht gelassen. Jn der heutigen Morgenaudienz haben Wir den Prinzen und andern Mi- nistern Unseres Hofes die Nothwendigkeit, gerecht, loyal, einig und standhaft zu sein, ohne Furht durch ihre Handlungen fi Unpopula- rität zuzuziehen, eindringlich ans Herz gelegt, während Wir, in Be- treff der andern Beamten, die ernste Hoffnung hegen, daß sie ihre Amtspflichten getreulich erfüllen, sich unermüdlich bestreben, Mißbräuche zu unterdrücken, ihr Acußerstes thun, um den Unordnungen ein Ende zu machen und dazu beitragen, einen Zustand allgemeiner Ruhe her- zustellen, Achtet dies!"

Die Nr. 10 des „Marine-Verordnungs-Blatt" ent- hält: Dislofation der 2. Compagnie des See- Bataillons. Ein- reilhung des Lootsen-Persouals in Wilhelmshaven unter die Militär- Beamten, Verordnung betreffend die Aufbringung von Kautions- erhöhungen vonc 14. Dezember 1872. Geseb, betreffend die Verpflich- tung zum Halten der Geseßsammlung und der Amtsblätter vom 10. März 1873. Abänderung des Reglements über die Civil-Ber- sorgung und Civil-Anstellung der Militärpersonen des Heeres und der Marine. vom Feldwebel abwärts. Bestimmungen über die Verwen- dung der Uebungsmunition Sr. Maj. Kriegsschiffe und Fahrzeuge. Poftsendungen an die Lebens-Versicherungs-Anstalt für die Armee und Marine betreffend. Eiuführung neuer Lazarethscheine, Listen und Zähl- farten für den Krankendienst am Lande. Meldungen bei Gouver- neuren 2c. Betrifft den Brod-mpfang in Swinemünde im Jahre 1873. Betrifft das Liquidaticnswesen. Geseß, betreffend die Rechtsverl,ält- nisse der Reichsbeamten. Lebens-Versicherungs-Anstalt für die Armee und Marine. Dienstleistungen von Mannschaften dec Matrosen-Divi- fionen, welche das Qualifikationszeugniß zum Unterlieutenant zur See der Seewehr erlangt haben. Abänderungen zu dem Preis-Verzeichniß von den reglementsmäßigen einzelnen Seitengewehr- und Lanzentheilen beim Verkauf an die Truppen pro 1873. Betrifft Vervollständigung des Inhalts-Verzeichnisses der Schiffsbücherkisten vom 27. April 1873. Abänderung des Inhalts-Verzeichnifses der Schiffsbücherkisten. Perso- nal-Veränderttugei.

Nr. 33 des Amtsblatts der Deutshen Reihs-Po fst - verwaltung hat folgenden Inhalt: General-Verfügung: Vom 12. Mai 1873. Unzureichend frankirte Briefe aus Ostindien 2c Vom 15. Mai 1873. Nähere Bezeichnung des Schuidners bei Ueber: mittelung der auf Postmandate eiugezogenen Beträge. Vom 13. Ma, 1873. Einschrankung der Anwendung von Franko-Kontrolstempeln.

Die Nr. 11 des „Amtsblatts der Deutschen Reichs- Telegrapheu-Verwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügun- gen: Vom 2. Mai 1873. Formular zum Apparaten-Konto. Vom 3. Mai 1873. Erweiterung der Bestimmungen des §. 21 der Tele- graphen-Ordnung. Vom 12. Mai 1573. Taxirung der durch einen Apostroph getrennten Wörter. Vom 13. Mai 1873. Instradirung der Dienst-Notizen bezüglich früher übermittelter Depeschen.

‘Nr. 20 des „Justiz-Ministerial-Blatts für die Preußische Geseßgebuug und Rechtspflege“ enthält: All- gemeine Verfügung vom 8. Mai 1873, die von den Justiz-Haupt- fassen an die Hauptbuchhalterei des Königlichen Finanz-Ministeriums einzureichenden Monatsabschlüsse betreffend. Allgemcine Ver- fügung vom 15. Mai 1873, betreffend die Gewährung von Wohnungsgeldzuschüssen an die unmittelbaren Staatsbeattten. Erkenntniß des Königlichen Ober-Tribunals vom 4. April 1873, 1) Hat sich eis Strafunmündiger einer Uebelthat, welche mit zeitiger Freiheits- strafe 2c. bedroht ist, schuldig gemacht, so cann die Strafe bis auf den im Gefeße allgemein für die betreffende Siraf art bestimmten Mindest- betrag, und nicht bles bis auf den Mindestbetrag der für den be- treffenden Straffall angedrohten Sträfe hinabzehen. (Strafgefeßbuch 8. 57 Nr. 3.) 2) Hat si ein Strafunmündiger d:8 Versuchs eines PBerbrechens 2c. s{chuldig gemacht, so ist die nah den §§. 57 und 44 zu bewirkende zweifache Strafreduktion in der Weise vorzunehmen, daß zunächst nah §. 57 die Strafe bemessen wird, welche den Straf- unmündigen wegen des voilendeten Verbrechens getrosfen haben würde, und daß dann die so gefundene Strafe nach Anleitung des §. 44 er- mäßigt wird. (Strafgeseßbuch §§. 44, 57 Nr. 3.)

Die neueste Entscheidung des Neichs-Ober-Handels- gerichts inm Leipzig betrifft: Auslegung cines Privilegiums. Eigen- thum und Nußung der öffentlichen Straßen. Schuß aus einer Kon- zession. (Stadt Berlin. c/a. Imperial -Kontinental - Gasafsociation.)

Die Nr. 10 des „Central-Blattder Abgaben-, Gewerb e- und Handels-Geseßgebung und Verwaltung in den Kö- niglih preußishen Staaten“ hat folgenden Inhalt: Cirkular- Verfügung des Königlichen Finanz-Ministeriums, Berichtigungen des amtlichen Waarenverzeichnisses betreffend, vom 15. März 1873. Cirkular-Verfügung des Königlichen Finanz-Ministeriums, die Errich- tung einer Steuerexpedition auf dem Bahnÿofe zu Rittershausen bei Elberfeld betreffend, vom 16. März 1873. Bekanntmachung des

Königlichen Finanz-Ministeriums, die Befugniß der Steuerrezeptur in