1873 / 128 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 31 May 1873 18:00:01 GMT) scan diff

werden mußte, erfolgt die Vergütung nah den Durchschnittspreifen, welche zur Zeit der Lieferung în dem Marktorte des Lieferungsver- bandes bestanden, zu defsen Bezirke die Gemeinde gehört.“

Endlih wurde der J: 35 gestrihen. “Außerdem wurden noch zwei Äbänderungen beschlossen, mit denen Präsident Del- brück durchaus einverstanden war. Jn §. 4 wurde auf den Antrag des Abg. Grumbrecht der Schlußsay:

„In Städten, welche unmittelbar! einer Landes- oder Provin- zialregierung unterstellt find, werden der Regel nah die Requisitio- nen direkt an den Stadtvorstand gerichtet,“

so gefaßt : h S |

„In den Städten, welche einen eigenen Kreis bilden, oder welche da, wo Kreisverbände nicht bestehen, nah der leßten Volkszählung mindestens 25,006 Seelen haben, werden u. \. w.“

Ebenso wurde in §. 34 auf den Antrag des Abg. Lasker eine redaktionelle Aenderung ohne sahlihe Bedeutung beschlossen. Die Abstimmung über das Geseß im Ganzen wird in der näh- ften Sißung (Mittwoch 12 Uhr) erfolgen. ÿ

Bis zum 10. Mai. d. I; waren in den Münzstätten des Deutschen Reichs in Zwanzigmarkstücken 512,605,700 Mark und in Zehnmarkstücken 126,662,630 Mark ausgeprägt worden. In der Woche vom 11. bis 17. Mai sind ferner geprägt in Zwanzigmarkstücken: in Berlin 4,055,580 Mark, in Hannover 2,075,480 Mark, in Frankfurt a. M. 3,205,720 Mark, in München 1,586,300 Mark, in Dresden 617,740 Mark, in Karlsruhe 438,620 Mark und in Darmstadt 375,840 Mark. Die Gesammt-Ausprägung stellt sich daher bis 17. Mai d. Is. auf 651,623,610 Mark, wovon 524,960,980 Mark in Zwanzig- an und 126,662,630 Mark in Zehnmarkstücken be- tehen.

Der Handels-Minister Dr. Ahenbacch hat seit- vergan- genem Mittwoh seine Amtswohnung im Dienstgebäude des Handels-Ministeriums, Wilhelmstraße Nr. 79, bezogen.

Der neuernannte Präsident der Sechandlung Bitter hat vor einigen Tagen dieses Amt angetreten und die Geschäfte als Unter-Staatssekretär im Ministerium des Innern abgegeben.

Der General-Lieutenant von Stülpnagel, komman- dirender General des XIII. (Königlih Württembergischen) Armee- Corps, hat fich nach Stuttgart zurückbegeben.

“— Der General-Lieutenant zur Disposition von Krosigk, zuleßt Commandeur der 22. Kavallerie-Brigade, is zur Ab- stattung persönlicher Meldungen von Cassel“ hier angekommen.

Bayern. München , 26. Mai. Prinz Adalbert wird mit Gemahlin am 29. d. M. Abends von seiner italienischen Reise hierher zurückehren.

—._Der Minister des Innern, v. Pfeufer, is vorgestern Abeud von Wien hierher zurückgekehrt, wird sedoh sein Porte- feuille nicht übernehmen, sondern sich heute auf einige Wochen nah Bad Kreuth begeben.

Die Einberufung der Delegirten zum Ober- Medizinal-Aus\{chuß ist für den 7. Juli d. Js. festgeseßt. Die Gegenstände, welche der Berathung dieses Kollegiums unterstellt werden sollen, beziehen fih 1) auf Revision der Me- dizinaltaxe, 2) der Leichenshau, 3) der Jmpfverordnung, 4) auf Errichtung von Orts-Gesundheitsräthen (Sanitätskomis- sionen).

Sachsen. Leipzig, 29. Mai. Der Kronprinz traf heute Morgen 7 Uhr, von einem Adjutanten begleitet, mit dem Schnellzug von Dresden hier ein, frühstückte im Königszimmer des Dresdener Bahnhofes und reiste mit Extrapost zunächst nah Pegau. Se. Königliche Hoheit inspizirt die în den Städten Pegau, Borna, Laufigk, Gaithain, Grimma 2. liegenden Kaval- lerié- und Artillerie-Abtheilungen, wird heute in Borna über- nachten und morgen von Grimma aus die Reise mit der Bahn weiter fortseßen,

Hessen. Darmstadt, 30. Mai. Der Großherzog ist gestern Nachmittag im erwünshten Wohlsein von Friedberg hier eingtroffen.

Der Prinz und die Prinzessin Ludwig sind, ‘wie die „Darmst. Ztg.“ meldet, durch einen jähen, \{merzlichen Verlust in tiefe Trauer versezt. Der jüngste Prinz Friedrich Wilhelm, geboren am 7. Oktober 1870, is heute in Folge eines Falles aus dem Fenster nah 5 Stunden sanft verschieden. Nah Ansicht der Aerzte is ein Blutaustritt in das Gehirn die un- mittelbare Todesursache gewesen; eine Erscheinung, die bei der zu Blutungen neigenden Konstitution des Prinzen fehr erleichtert worden ift. i

Die Großherzogliche Regierung hat eine Vorlage an die Zweite Kammer der Stände gelangen lassen, in welcher als Staatsbeitrag zu den Kosten für Erhöhung und Verstärkun des Ginsheimer Rheindammes die Summe von 25,000 f

in Anspruch genommen wird.

Sachsen-Altenburg. Altenburg, 30. Mai. Heute früh 7 Uhr reiste die Gr oßherzogin-Mutter von Mecklen- burg-Schwerin von hier wieder ab.

Sachsen-Coburg-Gotha. Gotha, 29. Mai. Der Spezial-Landtag lehnte heut zunächst die Ueberlassung der Ver- waltung hiesiger Leihanstalt an die hiesige Stadt ab. rial machte der Staats-Minister von Seebach folgende Eröffnung: In dem Dekret, mit welchem der Entwurf des Etats vorgelegt worden, sei die Deckung des Defizits in der Einnahme durh Einführung einer Erbschaftssteuer in Ausficht genommen wor- den. Inzwischen aber habe \sich aus den Verhandlungen des Bundesraths mit ziemlicher Sicherheit herausgestellt, daß von der französischen Kriegsentschädigung ein ansehnlicher Theil auf die Staaten des Norddeutschen Bundes entfallen und der dem Land davon zukommende Betrag der Art sein werde, daß von seinem Zinsabwurf jenes Defizit {hon gedeck und mithin von einer Erhöhung der Steuern deshalb Abstand genommen 1wer- den könne. Bei Berathung des Kapitel 1V. der Einnahmen aus den Aktivzinsen sei deshalb durch eine Erhöhung des ley- teren die Bilanciruug des Etats wiederherzustellen. -

Hierauf wurde berathen, ob auf die Berathung des vorge- legten Gesehentwurfs wegen Organisation der Bezirksbehörden im Bereiche der Justiz, der Verwaltung und des Finanzwesens eingegangen werden folle. Beschlossen wurde ein Eingehen auf die Berathung des Geseßentwurfs selbst, sowie zur Zeit auf die- jenige des damit verwandten Gesegentwurfs über das Verfahren in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit abzulehnen,

der Staatsregierung dagegen einen Fonds von 1500 Thlr. t

Verfügung zu stellen, um im Justizdienst Protokollführer ohne wissenschaftlihe juristishe Vorbildung zur Entlastung der für die rihterlihen Funktionen befähigten Beamten von ihren vielen bisherigen mechanishen Geschäften anstellen zu können.

: Export nah dem Auslande die Fabrikate aus Gold und Silber

Desterreich-Ungarn. Wien, 29. Mai. Der Kaiser hat heute Mittags den Erbgroßherzog Friedrih Franz und den Herzog Paul Friedrich von Mecklenburg-Schwerin cmpfangen.

Der König der Belgier verläßt Wien am 3. Juni, der Erbgroßherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach heute Abends.

Der Großherzog von Mecklenburg soll am 10. Juni in Wien ankommen. :

___Zu Ehren des Großherzogs von Sahsen-Weimar- Eisenach veranstaltete gestern der Erste Obersthofmeister Prinz Hohenlohe eine Soirée, welcher Se. Königliche Hoheit mit dem Erbgroßherzog Karl August, der Pergog und die Herzogin von Ratibor, der Herzog von Ujest 2c. beiwohnten.

Großbritannien und Frlaud. London, 29. Mai. Der Marquis von Ripon hat sich noch Balmoral bege- ben, um am Königlichen Hoflager als dienstthuender Minister zu fungiren.

Frankreich. Paris, 28. Mai. Das „Journal officiel“ enthält Folgendes : :

Mehrere Blätter haben gemeldet, daß der Präsident der Republik Donnerstag in S von Versailles empfangen werde. Diese Meldung i} unrichtig. Der Marschall Mac Mahon hat das Hotel der Rue de Gravelle noch nicht verlassen. Sobald er in der Prä- sidentschaft eingerichtet sein wird, wird er seine offiziellen Empfangs- tage anzeigen. /

Der Präsident der Republik Mac Mahon hat an den General Ducerot folgende Depesche gerichtet :

_ Nach dem unwiderruflihen Rütritt des Herrn Thiers und dem Beschlusse der Nationalversammlung habe ih das Präsidium der Re- publik aunehmen zu sollen geglaubt. Jch rechne durchaus auf Ihren Patriotismus und auf unsere alte Freundschaft und bin gewiß, daß Sie die Ordnung aufrecht erhalten werden, wenn sie gestört werden sollte. Der General Ducrot hat geantwortet :

Sie haben Recht, auf meinen Patriotismus und meine unbe- dingte Hingebung für Ihre Person und für die Sache, welche Sie vertreten, zu zählen. Jch bin mit Leib und Seele auf Jhrer Seite, und. ich stehe Ihnen für das VIII. Armee-Corps ein.

29, Mai. Heute wurde der von de Rainneville im Namen der Kommission, die mit der Prüfung der Handlungen der Regierung der nationalen Verthei- digung betraut is, verfaßte Bericht vertheilt. Dieser Bericht führt aus, daß das Kaiserreih Krieg geführt habe, ohne militärisch oder diplomatisch darauf vorbereitet gewesen zu sein, daß die Männer vom 4. September nicht verstanden, besser zu handeln als das Kaiserreih, und \{chließt mit der Ansicht, daß Frankrei seine Hoffnung auf eine \shnelle Rückkehr zu den alten Bedingungen der europäischen Politik und auf den Sieg der Ideen und der Prinzipien des Uebergewichtes seßen müsse, welcher den Frieden zwischen den verschiedenen Racen und den verschiedenen Stämmen herstellen könne.

30. Mai. Die Abendblätter suchen die Ansicht zu wi- derlegen, daß das Kabinet Broglie das Obsiegen der kleri- falen Tendenzen bedeute. Die Journale versihern, daß die Ver- änderung des Ministeriums einen Wechsel in ‘der auswärtigen Politik Frankreichs jedenfalls niht zur Folge haben werde. Dem „Messager de Paris“ zufolge würde der Herzog von Broglie unverzüglih ein Cirkular an die diplomatishen Vertreter Frankreihs im Auslande abgehen lassen, und ‘as im Wesenit- lichen gleihlautende Instruktionen wie der frühere Minister des Auswärtigen ertheilen, Das Cirkular werde betonen, daß, da der Präsident Thiers. aus Veranlaffung einer Frage der inneren Politik zurückgetreten fei, durhaus kein Grund vorliege, eine von der bisherigen abweichende Haltung in der äußeren Politik einzunehmen. Dex ‘französische Botschafter in Madrid, Mar- quis von Bouillé, hat, wie verlautet, um seine Entlassung nachgesucht. / .

31. Mai, (W. T. B.) Der Präsident der Re- publik Marschall Mac Mahon beabsichtigt, dem Verneh- men nah, das Ober-Kommando über die Armee von Versailles eingehen zu lassen, der General Ladmirault bleibt Gouverneur von Paris und Befehlshaber der Pariser Truppen, während die übrigen Corps der Armee von Versailles direkt unter dem Kriegs- Minister stehen. Das Gerücht, daß der Prozeß gegen den Mar- \chall Bazaine eingestellt werden solle, entbehrt der Begründung ; das Kriegsgericht über den Marschall Bazaine wird schon in nächster Zeit zusammentreten. Versailles, 30. Mai. (W. T. B.) Die National- versammlung nahm in ihrer heutigen Sißung die Vorlage, betreffend die Wiederaufrihtung der Vendôme-Säule an und beschloß die zweite Lesung des Antrages Tirard, wonah für den

ohne Beschränkung auf einen bestimmten Feingehalt angefertigt werden dürfen. Die Versammlung vertagte sich darauf des Pfingstfestes wegen bis zum Donnerstag nächster Woche. i

Spanien. Die amtliche Zeitung veröffentlicht ein Dekret, wonacy in Zukunft keine Adelstitel mehr verliehen werden sollen und der Gebrauch derselben. in den Civilstands-Registern und öffentlichen Dokumenten, wenn auch nicht im Privatleben, ver- boten wird. Auch werden die Adeligen der Verpflihtung ent- hoben, die Genehmigung des Staats-Oberhauptes zur Verehe- lihung einzuholen.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 29. Mai. Der Großfürst Konstantin Nikolajewitsch ist am 26. d. M. von hier nah Nikolajeff abgereist.

Der „R.-A.“ theilt folgenden Befehl des General- Adjutanten von Kauffmann k. vom 15. April aus dem Bivouak von Aristanbel-kuduk mit: - :

„Der Béfehlshäbér der Kasalinskischen Kolonne, Oberst Golow; hat mir gemeldet, daß der Marsch der ihm anvertrauten Kolonne von

asalinsk und Perowsk bis Irkibai vollkommen glücklich von Statten gegangen ist, die Detachements von Kasalinsk und Perowsk sich in der genannten Gegend. vereinigt haben und bei der Kasalinskischen Kolonne im Ganzen fünf Kranke gewesen find.

Gleichzeitig damit hat mir Oberst Golow ( 25. März von Sr. Königlichen Hoheit dem - Großfürsten Nikolai Konstantinowitsch eingereichten Rapport übersandt. Sr Hoheit war die Wahl des Ortes in der Gegend Irkibai für ein Fort mit einer Besaßung von 280 Mann und 2 Geschüßen, mit Räumlichkeiten für Leute, Pferde und Proviant- und Fourage- vorräthe und die Tracirung des Werkes übertragen worden. Unter der A des S und der Leitung des Lieutenants v. Niédermüllér vom Turkestanscchen Sappeurbataillon haben Arbeiter vom 8. Turkestanschen Cn von der 3. Ssotnja des Oren- burger Kosakenheeres und der Bergdivision das Ausheben des Grabens und die Aufshüttung der Brustwehr in 24 Arbeitsstunden vollendet. Am 2%. März, dem Tage des Festes von Mariä-Verkündigung, wurde das Fort armirt und auf demselben die russische Llag e aufgehißt: j;

[uf Ersuchen Sr. Kaiserlichen Hoheit des Großfürsten ikolai Konstantinowitsh hat das neue Fort in Irkibai zum Andenken an

den ihm am

Indem ih dies den Trupp: n des Turkefta nschen M|litärbezick3 mittheile, ist es mir eine angenehme Pflicht, dem Obersten Golow für die gute Führung der Kolonne von Kasalinsk nah Jrkibai, Sr. Kaisferlihen Hoheit dem Großfürsten Nikolai Konstantinowitsch und dem Lieutenant v. Niedermüller für eifrigen Dienst und die \chnelle Erbauung des Forts meine Dankbarkeit auszudrücken. Jch danke auh allen Abtheilungs-Commandeuren und Offizieren der Rasalinskischen Kolonne; den Mannschaften suge ih meinen \{önen Dank.“

Der Schah von Persien hat, wie die „St. Pet. Ztg.“ mittheilt, der Großfürstin Cesarewua den Damenorden Churchid (Sonne) an aprifosenfarbenem Bande mit grünem Rande verliehen. Dieser Orden besteht aus einem Stern mit Strahlen in Brillanten; in der Mitte befindet sih ein Kreis mit dem Bilde der Sonne. Derselbe ist vom Schah Naffireddin besonders für Damen aus regierenden Häusern gestiftet und wurde bis jeßt nur der Mutter des Schahs verliehen.

Odessa, 26. Mai. Der Großfürst Michael Nifo- lajewitsch und die Großfürstin Olga Feodorowna find mit der Großfürstin Anastassia Michailowna am 17. Mai Nachmittags in Odessa eingetroffen und begaben sich sofort auf den Marinedampfer „Kasbek“. Am 18. Mai um

9 Uhr Morgens fuhren ihre Hoheiten nah Poti ab.

Dänemark. Kopenhagen, 28. Mai. Die Prinzessin Augusta, Schwester der Königin von Dänemark, welche \ih nah dem Tode ihres Gemahls, des Barons Blixen-Finecke, in Baden-Baden aufgehalten hat, if gestern in Dallund eingetroffen. Nah einem kurzen Aufenthalt daselbst begiebt die Prinzessin \ih nach ihrer Villa Helsingör.

Zum Ober-Befehlshaber der Truppen, welche in diesem Jahre nah dem Uebungslager bei Hald in Jütland fommandirt werden sollen, is General Neergaard ernannt worden. Die beiden Lager-Brigaden sollen unter Führung der Obersten Baudiß und Stricker stehen; als Chef des Lager- divisions-Stabes is Oberst Fog angestellt.

Amerika. Wie aus New-York gemeldet wird, helfen diejenigen Modoc-Indianer, die sih den Vereinigten Staaten- Behörden ergeben haben, den Truppen in der Verfolgung von Kapitän Iack und seiner übrig gebliebenen Begleiter.

- Die Unruhen in Louisiana sind nunmehr beendigt, nahdem \ich die Bundesregierung der Kelloggshen Behörden kräftig angenommen hat. In St. Martinsville isst die Ruhe wieder hergestellt; auch blieben daselbst zwei Compagnien Bundes- truppen als Garnison zurück. Der Bundes-Marschall hat zehn Personen in St. Martinsville, darunter den Oberst de Blanc, wegen ungeseßlicher Handlungen verhaftet, und wurden dieselben unter Esforte nah New-Orleans gebracht, um daselbst vor den Bundes-Kommissar zur Untersuhung gebraht zu werden. In New-Orleans selb herrsht wieder Ruhe.

Die amerikfani\sch-britische Kommission hat sich am 10. Mai in Washington vertagt und tritt am 3. Juni in Newport wieder zusammen. Bisher hat die Kommission 357 An- sprüche erledigt, es liegen daher noch 140 zur Untersuhung vor. In San Francisco kam am 14. Mai der britische Dampfer „Antonio“ von China mit einer vollen Ladung und 600 inesishen Passagieren an. Er ist der Pionierdampfer einer neuen britishen Dampferlinie zwishen San Francisco und China.

Boston, 30. Mai. (W. T. B.) Eine große Feuers- brunfst pat die Washingtonstraße, die Boylestonstraße und die Efexstraße zerstört; von öffentlihen Gebäuden is duch das Globe-Theater mit abgebrannt. Der verursahte Shaden ift außerordentlih groß.

Aus Mexiko meldet die neueste westindishe Post: „Die von der französishen Regierung kürzlih gegen Mexiko erhobenen Ansprüche, für den französishen Bürgern und deren Eigenthum vor der Okkupation des Landes dur den Kaiser Maximilian verursahten Schaden, sind von der Regierung des Präsidenten Lerdo in feindseligem Sinne aufgenommen worden. Der Prä- sident erklärt, daß, wenn Ausländer wie Eingeborene behandelt werden, sie kein Recht haben, andere Privilegien zu veriangen; auch gebe es keinen Raum für diplonatishe Einmischung in die inneren Angelegenheiten Mexikos, falls die Ausländer nicht be- weisen können, daß ihnen von den Tribunalen des Landes Ge- rechtigkeit verweigert wurde. .

Wie ein mecxikanishes Blatt mittheilt, hat der Kongreß der Republik in seiner Sizung vom 18. April erklärt, "Daß fich Benito Iuarez, der verstorbene Präsident, wohl verdient um das Land gemacht habe. Ferner hat der Kongreß bestimmt, daß am Geburtstage von Juarez, am 21. März, die nationale Flagge auf allen öffentlihen Gebäuden entfaltet werden soll, und daß am 18. Juni, seinem Todestage, die Flaggen als Zeichen der Trauer auf Halbmast gesteckt werden sollen. Der Präsident wird ermächtigt, 50,000 Dollars für ein Monument zum Andenken an Jua- rez auszuseßen und ferner 10,000 Dollars zur Herstellung einer Gruft für die Ueberreste von Iuarez und seiner Gattin zu bewilligen. Eine JIahrespension von 3000 Dollars soll jeder der unverhei- ratheten Töchter des JIuarez während ihres ledigen Standes ge- zahlt werden, und dieselbe soll Herrn Benito Juarez bis zu fei- nem 25. Lebensjahre gezahlt werden. Jedes der sieben Kinder des JIuarez soll, wenn es sich in dürftigen Umständen befindet, dieselbe Pension genießen. Die unverheiratheten Töchter sfollen nah ihrer Verheirathung nur 1500 Dollars erhalten, welcher Betrag sofort den verheiratheten Töchtern fowie dem Sohne des Juarez nach seinem 25. Lebensjahre gezahlt werden wird. Eine Prämie von 2000 Dollars is für Denjenigen ausgeseßt, der die beste Biographie von Júüarez reibt.

Das Londoner Komite der Besißer von mexikanischen Bonds hat von seinem Agenten in Mexiko folgende Mitthei- lung vom 1. d. exhalten: i /

„Die Kongreßausschüsse haben den Kammern noch nicht ihren Bericht behändigt, obwohl gestern der dafür anberaumte leßte Tag war; er wird indeß wahrscheinlih, wie ih bereits mitgetheilt habe, in irgend einer Autorisation der Exekutive, sich mit den Gläubigern auseinanderzuseßen, resultiren, und somit mag die Lösung der Frage noch für einige Zeit vertagt werden. Sennor Lerdo (der Präsident)

eint bis jeßt unentschlossen zu sein, irgend eine neue Anleihe zu kon- frahicen oder thatsächlich irgend etwas zu thun, was den status quo ändert.“

Nachrichten zufolge, welhe der Dampfer „Garonne“ aus Brasilien gebracht hat, stellt sfich das der Deputirtenkammer vorge- legte Budget pro 1874 zu 1875 wie folgt: Die Einnahmen belaufen A auf 104 Milliarden Reis, während die Ausgaben 101,484,792,000 Reis betragen. Die Einnahmen weisen somit einen Uebershuß von 2,515,208,000 Reis nah. Eine Revo- lution ist in der Provinz Entre.Rios der argentinischen Republik ausgebrochen ; wie verlautet, haben Lopez und Jourdan, welche an der Spigze der Insurgenten stehen, die Städte Guale- guahu, Victoria und Colon genommen. Die Regierung hat die

den Tag, an welchem die russische Flagge auf demselben aufgehißt worden, -den Namen Be B CIR erhalten.

Nationalgarden zur UnterdrückEung des Aufstandes aufgeboten.

Asien. Der „New-York Herald“ veröffentlicht einige inter- essante Einzelheiten über Athin und die Atchinesen aus der Feder eines Europäers, der früher erster Rathgeber oder Premier- Minister des Sultans war. Der Sultan is. ein Mann von großem Reichthum. Er erbte ein glänzendes Vermögen von seinen Ahnherren, die es durch Handel mit der Südküste von Indien erwarben. Er if ein Mann von 53 Jahren, Pngehr 5 Fuß 6 Zoll hoh, sehr weiß für einen Malaien, mit intelli- gentem Gesicht. Die Ober-Commandeure der Atchinesen dienten in der british-indishen Armee als Zubahdars. Den Kern der atcinesishen Armee bilden gegenwärtig die Sidituys , ein sehr wirksames Corps von einigen Hundert Anhängern des Islam. Im Nothfalle kann ein Heer von 10,000 Mann gesammelt wer- den, die zwar nur mit alten Musketen bewaffnet , aber gewohnt find, fich des Mittels, die Schneiden ihrer Schwerter zu vergiften, zu bedienen,

Afrika. Kairo, 18. Mai. Die Abreise des Vize- Königs nah Konstantinopel wird heute oder morgen stattfinden. Der Aufenthalt in Konstantinopel dürfte sh bis Mitte Iuni hinausziehen, venn in Wien wird derselbe am 20. JIuni erwartet und wird in Folge Einladung des Kaisers von Oesterreich in der Hofburg wohnen. Nah dem Wiener Aufenthalte wird, nah den bis jeßt getroffenen Dispositionen, der Vize-König auf ärzt- lihe Verordnung eine mehrwöchentlihe Kur in Vichy brauchen. In der vergangenen Woche hat sih der jährlih wiederkehrende Umzug der Ministerien von Kairo nah Alexandrien vollzogen; inzwischen sind sämmtliche von dem Umzug getroffenen Admini- \trationen ungefähr 14 Tage geschloffen.

Aus Ma s\sana liegen vom 17. April folgende Nachrichten über die Vorgänge in AÄbessinien vor. Fürst Kassa, jeßt Kaiser Johannes, ist ohne Shwertstreih in Gondar eingezogen, und hat \o das alte abessinische Kaiserthum wiederhergestellt, wona alle Könige von Amhara und Tigre gestrebt hätten, ohne mehr erreihen zu können, als das Land durch unaufhörliche Kriege zu verwüsten. Bekanntlich ließ Kassa nah seinem Sieg über Gobazie, König von Amhara, sih zum Kaiser proklamiren, und ernannte den Dedschas Woronya zum tributpflichtigen Radsh von Amhara. Kaum war aber Kassa nah Adua zurück- gekehrt, so suchte sih Woronya unabhängig zu machen. Kassa unterwarf sich aber Amhara von neuem, besezte Gondar ohne Widerstand, und Woronya erschien am Hoflager dés Kaisers, um- Verzeihung zu erbitten. Diese wurde ihm zu Theil; wenige Tage darauf aber entfloh er, und ftellte sich wieder an die Spibe seiner Truppen. In einer bedeutenden Schlaht ward er ver- wundet, und seine Truppen zerstreuten sich. Kassa nahm ihn neuerdings zu Gnaden auf, und gegenwärtig soll Kafsa's Herr- \haft in ganz- Abessinien anerkannt sein.

Neichstagsangelegenheiten.

Berlin, 31. Mai. In der gestrigen Sihung des R eichs - tags nahm bei der dritten Berathung des Geseßzes über die Kriegsleistungen der Präsident des Reichskanzler-Amts, E Delbrück, in der General-Diskussion das

ort:

Meine Hecren! Die verbündeten Regierungen haben den Ent- wurf des Kriegsleistungsgeseßes, wie es aus der zweiten Berathun hervorgegangen ift, einer eingehenden Erwägung unterzogen. J glaube, Sie werden, wie Sie in früheren Fällen hon gethan haben, mir im Interesse der Vereinfachung der ferneren Berathung gestatten, jebt gleich, obgleih nur die Generaldiskussion eröffnet- ist, Jhuen die uicht in die Generaldiskussion gehörige Erklärung mitzutheilen, welche ih auf Grund der von den verbündeten Regierungen bei der Erwägung der Sache gesalten Beschlüsse abzugeben haben.

_Die verbündeten Regiernngen haben mit Ueberwindung nicht wenig zahlreicher und erheblkher Bedenken, sich entschließen können, dem Entwurf, wie er aus der zweiten Berathung hervorgegangen ist, zuzu- stimmen unter zwei Vorausfeßungen. Die einc ist die, welche in dem Amendement der Herr Abgeordnete für Sagan und Weblar auf Nr. 147 der Drucksachen zu §. 9 ausgedrückt ist, und geht dahin, daß die unter Nr. Il. des §. 9 der zweiten Lesung vorgeschene Vergütung für das Quartier auf Märschen und Kantonnirungen wegfällt. Bereits bei der zweiten Lesung sind von hier aus die Motive ausführlich ent- wickelt worden, aus welchen sowohl in militärisch-techni\ch{er Beziehung, wenn ich mich so ausdrücken darf, als auch aus finanziellen Gründen e nicht annehmlich erscheint für Märsche und Kantonementsquartiere die unter Nr. 2 vorgesehene Vergütung zu gewähren. Ich darf daran erinnern, daß überzeugend dargelegt ist; ïivte es in sehr zahlreichen Fällen unmöglich sein wird, die zur Be- gründung eines Vergütungsan}spruches erforderlichen Anerkenntnisse aus- usprechen, daß es ferner an jeder Möglichkeit fehlt, das, was wirklich an Vergütung zu leisten fein werde, richtig zu greifen. Es ist darauf hingewiesen worden, daß es in zahlreihen Fällen sich in der That um gar keine Vergütung handeln kann, weil Nichts geleistet ist, was für denjenigen, der es geleistet hat, irgend einen in Geld anzuschlagenden Werth hat. Es ijt ferner darauf hingewiesen worden, daß, wo- auch ein jolher Werth würde angenommen werden können, derselbe in seiner Höhe ganz ungemein verschiezen ist. Es ist eudlich Gewicht darauf gelegt worden, daß dur die Bestimmungen, wie Sie dieselben in zweiter Lesung angenommen haben, dem Reiche sehr er- hebliche mit den Leistungen, die in Anspruch genommen sind, außer Verhältniß stehende Lasten aufgebürdet werden - würden. Auch nah wiederholter Erwägung haben die verbündeten Regierungen fih Übereinftimmend nur von Neuem von der Nichtigkeit der damals hier geltend gemachten Gründe überzeugen können, und ih habe daher dringend zu befürworten, daß Sie im Interesse des Zustandekommens des Geseßes den /agraphen in der vorhin bezeichneten Gasfung an- nehmen. Zu 8. 9 hat au h) der Herr Abgeordnete für Cannstadt ein Amendement gestellt, was nicht gedruckt vorliegt. “Jch kann über die- 1es Amendement im Namen der verbündeten Regierungen nicht reden, glaube aber, daß die Annahme dieses Amendements u die Entschlie- hungen der verbündeten Régierungen keinen Einfluß ausüben wird.

B Ein zweiter Punkt, den ih als entscheidend zu bezeichnen habe, 'etrifft den §. 11. Auch hier ist die Ansicht der verbündeten Regie- rungen ausgedrüdckt in dem von den vorhin erwähnten Herren Antrag- flelery gestellten Am-ndement zu diesem Paragraphen. Die verbün- eten Regierungen, meine Herren, kommen den in der zweiten Lesung gefaßten Beschlüssen dahin entgegen, daß fie, abweichend von der ur- pprtnglichen Vorlage, anerkennen, daß, wenn eine Gemeinde Fourage E beschaffen müssen durch Ankauf, ihr alsdann nit die Vergütung nach den für Sn bestimmten, sondern ua höheren Säßen zu gewähren ift. ie haben aber geglaubt, daß die Bestimmung, Fe sie der §. 11 der zweiten Lesung giebt, dahin führen würde, wv eine ungerechtfertigte Weise die Preise, die zu vergüten sein ug a in die Höhe geshraubt werden, indem die Höhe der Vergütung s ba em nahweislich zur Beschaffung nöthig cavesaten Aufwände Os gemacht’ ist. Ein folcher Nahweis ist über das, was bezahlt N tis ist, unschwer zu führen, wenn auch in der That die Zahlung in der Höhe erfolgte, als fie der Nahhweis angiebt. Aus diesem CUEs müssen die verbündeten Regierungen einen entscheidenden Werth d rauf legen, daß an Stelle dieses Nachweises-im einzelnen Falle der wicwshniltliche Preis des Marktortes des Lieferungsbezirks tritt. Es 7 p dies ein im Ganzen vollfommen richtiger, zweifelsfreier, von

en Diskussionen befreiter Ausdryck des wirklichen Preises sein. bei f ch habe ferner den a auszusprechen, daß der Reichstag { der dritten Lesung sih entschließen möge, auf dén von ‘ihm ange-

ih den Ausdruck brauchen darf, unschuldig, als ec zu feiner Verwirk- lichung einen legislativen Akt vorausfeßt, bei welchem die verschiedenen

aktoren der Geseßgebung mitwirken müssen, daß er also für künflige

älle der Entschließung weder des Bundesraths noch des Reichstags prâsudizirt. Es ist das rihtig. Auf der andern Seite aber wird niht zu übersehen sein, daß dieser Paragraph aufgefaßt werden wird als eine Zusage, an deren Erfüllung die ge]eßgebenden Faktoren gebunden sein werden. Jh brauche nicht darauf hinzuweisen, daß Fälle eintreten können, wo die Erfüllung einer solchen, wenn au ganz unbestimmten Zusage ganz unmögli sein wicd, und wenn folche Fälle ins Auge zu fassen find, fo ift es, wie ih glaube, richtiger, die Zusage zu unterlassen. Die geseßgebenden Faktoren des Reiches haben, ohne daß irgend eine folche Bestimmung bisher be- ständ, im Jahre 1871 sofert ein Geseh vereinbart, welches einen The.l der hier gedahten Bestimmungen deckt und erfüllt. Jch glaube fie werden in Zukunft unter ähnlihen Verhältnissen und wenn die Mittel dazu vorhanden sind, keinen Aúñstand nehmen, gerade wieder fo zu verfahren, wie sie im Jahre 1871 verfahren haben. Ich glaube aber, daß es nicht richtig ist, durch eine Bestimmung in dieser Allgemein- heit Hoffnungen und Erwartungen zu erregen, deren Erfüllung man nicht garantiren kann.

Ich erlaube mir endlich noch eine Bemerkung zu §. 34. Der S. 34 hat in seiner Tendenz nicht das mindeste Bedenken. Es ist in- dessen zweifelhaft, wie eine in diesem Paragraphen enthaltene Bestim- mung gedacht ist und künftig zu verstehen fein wird. Jch kann mich nicht anders deutlih machen, als wenn ich um die Erlaubniß bitte, den §. 34, wie er beschlossen ist, noch einmal vorzulesen, ec heißt :

__ Bis zu anderweiter geseßliher Regelung gelten in Bezug auf die Zulässigkeit des Rehtsweges und den Gerichtsstand für Klagen aus Ansprüchen, welche wider das Reich auf Grund dieses Geseßes erhoben werden, dieselben Vorschriften, welche für den Bundesstaat, in dessenGebiet diese Ansprüche zu erfüllen sind, oder in dessen Gebiet die zur Bertretung des Reichs be- rufene höchste Reihsbehörde ihren Siß hat, maßgebend sein würden, wenn die nämlichen Ansprüche gegen ihn zu richten wären.

Die Bedenken, welche ich geltend zu machen habe, knüpfen ih an die in diesem Paragraphen gestellte Alternative, es jollen die Vor- schriften gelten, welche bestehen für den Bundesstaat, entweder in dessen Gebiet die zur Vertretung des Reichs berufene-höchste Reichsbehörde ihren Siß hat, aber in dessen Gebiet die Ansprüche zu erfüllen sind. Handelte es fih um einen einzelnen Staat, so würde diese Alternative zu irgend einem Bedenken unzweifelzaft keinen Anlaß geben können. Jn- dessen ist nicht zu übersehen, daß der §. 34 keineswegs allein über das Forum bestimmt, fondern daß die Bestimmung des Forums zugleich sehr wesentliche materiell-prozeisualische Folgen hat, nämlich die Frage entscheidet, ob der Rechtsweg zulässig ist oder uicht. Jch bin nicht unterrichtet über die Frage, wie in den einzelnen Bundesstaaten, uac) deren bestehenden Geseßgebung Ansprüche aus dem vorlicgenden N zu behandeln sein würden, ob hier und da der Rechtsweg aus- geschlossen, beschränkt ist oder niht. Jch kann indessen nicht bestreiten, daß solhe Divergenzen vorhanden find, und in diesein Falle hat die Alternative, welche hier gestellt ist, eine weit über die bloße Frage des Forums hinausgehende Bedeutung, deun nach meiner Auffassung würde die zur Vertretung des Reiches berufene höchste SeiGsLeh sds in der That kaum eine andere sein können, als der Reichskanzler. Es würde also mit anderen Worten heißen: es kann geklagt werden, entweder in dem Forum, wo die Ansprüche zu erfüllen sind, oder in Berlin; und weiter mit andern Worten, die Frage, ob der Nechts- weg zulässig ist, und in welchem Umfange, das ist je nah der Wahl des Klägers zu entscheiden nach preußishem Recht oder nah seinem Landesreht. Jh bin zweifelhaft, ob das die tg bei diesem Be- ae gewesen ist; unbedenklih würde, wie, glaube ich klar vorliegt, die Konsequenz nicht sein. Ich bin nicht in der Lage, cinen Antrag hier stellen zu können. Jch würde aber einen großen Werth darauf legen, wenn aus der Diskussion im Hause eine Klarstellung dieser Frage und eventuell eine redaktionelle Aenderung hervorginge.

In der Spezialdiskussion äußerte der Präsident Delbrü über das Amendement des Abg. Grumbrecht zu §. 4:

Bevo ih auf das .Amendêment - des Herru Abgeordneten für

Harburg selbst eingehe, möchte ih bitten, mir eine allgemeine Bemer- kung zu- gestatten. Es ist der wicderholt hetonie Wunsch des Hauses gewesen, daß die verbündeten Regierungen - sich und das Haus in die Lage seßen möchten, bei der dritten Lesung eines Gefeßes bestimmt zu wissen, wie man gegenseitig steht. Jch glaube, daß dies ein durchaus berechtigter Wunsch ist, und wir sind unsererseits bemüht gewesen, ihm soweit nachzukommen, wie es irgend ging. Aber, meine Herren, dieser Wunsch ist absolut unausführbar, wenn am Morgen der dritten Be- rathung eine lange Reihe von Amendements gebracht wird, von denen es positiv unmöglich gewesen ist, daß fie in gemeinschaftliche Bera- thung haben genommen werden fönnen. ___ Jh muß hier von vornherein im Allgemeinen ih würde mir später eine Ausnahme vorbehalten bemerken, daß Sie die verbün- deen Regierungen in eine Lage seben, die von dea leßteren nicht accep- tirt werden kann, wenn in solcher Weise in der dritten Lesung Amende- ments gestellt und vielleicht angenommen werden, die nicht haben er- wogen werden können, und die nachher die verbündeten Regierungen vor die Alternative stellen, ein an sih wüynshenswerthes eseß abzu- lehnen, oder ein nach ihrer Ueberzeugung unannehmbare Bestimmung anzunelzmen.

Nachdem ich dies im Allgemeinen vorausgeschickt habe, will ih anerkennen, daß in Beziehung auf das jeßt hier vorliegende Amende- ment des Herrn Abgeordneten für Harburg die Sache insofern nicht ganz so liegt, wie ih es eben bezeichnet habe, weil er bei der zweiten Lesung auf diesen Punkt hingewiesen hat. Jch kann im Namen der verbündeten Regierungen allerdings nicht sprechen, ih glaube aber, daß die Annahme des von ihm in zweiter Linie vorgeschlagenen und wenn ih ihn richtig verstanden habe, allein aufrecht erhaltenen Antrages de Geseßentwurfe im Bundesrath keine Shwierigkeciten bereiten würde.

Auf eine Replik des Abg. Grumbrecht entgegnete der Prä- E

Jch habe diesen Vorwur®f auf das Allerentschiedenste zurückzuweisen. Es ijt für den Bundesrath keine fo einfahe Sache gezwesen, fich über die große Zahl der Abänderungen s{chlüssig zu machen, die das £aus in der zweiten Betathung angenommen hat. Wir sind nicht in der Lage zusammenzukommen, den Entwurf vorzunehmen, die einzelnen Paragraphen durhzugehen und Beschlüsse zu fassen; wir müssen und das ist eine Pflicht der einzelnen Bevollmächtigten ' gegen ihre Regierungen über solche Dinge das Gutachten der Aus\{hüsse hören, die mit der Vorberathung der Sache betraut gewesen find. So ist es auch in diesem Falle geschehen, es hat vorgestern die Ausshußberathuns stattgefunden, gestern die Plenarberathung; eine raschere Erledigung der Sache war nicht zulässig.

Dem Präsidenten des Reichstags is rücksihtlich der Aufhebung der Abgabe von Salz folgendes Schreiben zuge-

gangen: j Berlin, den 24. Mai 1873.

Der vom Reichstage in der Sißung vom 3, Juni 1872 gefaßte, durch Ew. Hochwohlgeboren geehrtes Schreiben vom 19. C6 ven Monats mir mitgetheilte Beschluß wegen Aufhebung der Abgabe vom Salze ist von dem Bundesrathe einer ernstlichen Erwägung unter- zogen wurden. Es hat sich dabei eine Uebereivstimmung der Ansichten dahin ergeben, daß der Frage von der Aufhebung jener Abgabe nur in dem Falle näher zu treten sei, daß es gelinge, in anderweitigen Steuern einen Ersaß für den dadur veranlaßten Ausfall, in den Einnahrn1en zu erlangen. Es ist demgemäß eine Kommission niedergeseßt worden, welche die Aufgabe erhielt, über die im Falle der Aufhebung der Salz- abgabe éinzuführenden neuen Reichssteuern Vorschläge zu machen. Die Kommission hat nah Beendi ung ihrer Arbeiten als Surrögate für die Salzabgabe eine Weschtliche- rhöhung der inneren Abgäbe sowie des Zolles vom Tabak ünd eine Besteuerung der Schlüßscheiñe, Lom-

Fenommenen §. 35 der Vorlage in zweiter Lesung zu verzichten. Es it man kann das einwenden dieser §8. 3 infélea R

bard-Darlehne und inländischen und ausländischen Werthpapiere vor-

geshlag-n, und, zugleih Entwürfe der über d‘ese Gegenstände zu er- lafsenden Gefebe vorgelegt. : E :

_ Die von dec Kommission unterm 26. Februar und 22. März d. J. erstatteten Berichte haben die aufgeworfene Frage mit erschöpfender Gründlichkeit und Sachkunde erörtert, und sind völlig geeignet, eine sichere Grundlage für die Beurtheilung derselben zu bilden. Dieselben werden daher in den Anlagen mitgetheilt.

__ Der Bundesrath hat na eingehender Prüfung der von der Kom- mission gemachten Vorlagen die ganze Angelegenheit in Berathung geo ;

Indem indeß die verbündeten Regierungen theils die vorgeschla- genen Steuern niht fär geeignet erachteten, civen Ersaß für die Salzabgabe zu bilden, theils wenigstens zur Zeit die Einbringung einer auf Einführung derselben gerihteten Vorlage nicht für rathjam hiel- ten, befinden sie sih_ jeßt nicht in der Lage, dem Reich3tag2 wegen eines Ersaßes der E alzabgabe durch andere Reichssteuern Vorschläge zu- machen.

Ew. Hochwohlgeboren ersuche ih ergebenst, dem Reichstage hier- von Kenntniß zu geben.

Der Reichskanzler. e von Bismarck.

An den Präsidenten des Reichstages, Herrn Dr. Simson, Hoch-

wohlgeboren. |

Die Nr. 21 des Central-Blatt für das Deutsche Reich“ hat folgenden Inhalt: Allgemeine Verwaltungsfachen: Mit- theilungen über den Stand der Rinderpest. Statistik: Uebersicht der Erkrankungen und Todesfälle an den Pocken in mehreren deutschen Staaten nah Angaben aus der Zeit von 1850 bis 1871 und einigen anderen Jahren. Münzwesen: Notiz über * die Ausprägung von Reichs - Goldmünzen. Konsulat-Wesen: Bekanntmachuagen, be- treffend Ernennung eines Vize-Konsuls und Erequatur-Ertheilungen. Zoll- und Steuer-Wesen: Nachweisung der Einnahmen an Zöllen und gemeinschaftlihen Steuern im Deutschen Reiche, sowie der Ein- nahmen der Reich3post- und der Reichstelegraphen-Verwaltung für die Zeit vom 1. Januar bis zum Schlusse des Monats März 1873; Be- kanntmachung, betreffend Einziehung der Uebergangsstelle in Zell und Errichtung einer solchen in Edesheim.

___Nr. 44 der Annalen der Landwirthschaft in den Königlich Preußischen Staaten hat folgenden Inhalt: Aus dem Thôâtigkeitsberichte der agrikultur-chemishen Versuchsstation zu Halle a./S. Eine neue Beobachtung über die Lebensweisz der Dr-ht- würmer. Von Dr. Kalender. Literatur: Bericht der vom mecklen- burgischen patriotischen Vereine ernannten Kommission zur Berathung über die Verhältnisse der ländlichen Arbeiterklassen, über Auswvande- rung und Arbeitermangel in Mecklenburg-Schwerin 1873. 101 S. 8°, Von Professor Dr. Baumstark. Vermischtes: Maßregeln zur Unterdrückung der Lungénseuche. Versammlung von Torfbruchbesißern zu Königsberg i./Pr. Sißung der Königlichen s{chwedischen Landbau- Akademie am 21, April. Berichtigung. E

Kunst und Wissenschaft.

Berlin, 31. Mai. Jn dem gestrigen 10. Orgel-Vortra Des Organisten Otto Dienel, dem lebten in dieser Jahreszeit, tin u. A. zum Vortrag: Präludium“ und fünfstimmige Fuge (F-moll) ein Choralvorspiel, ein Pastorale (gespielt von Franz) und eine Arie für Violine und Orgel von Sebastian Bach, Recitativ und Arie aus dem Oratorium „Josua“ von Händel und ein Quartett aus dem 121 Pfalm, komponirt von Dienel.

Das so eben in der Buchhandlung von Ferd. Beyer, vor- mals Th. Theile zu Königsberg erschienene 3. Heft des 10. Bandes der „Altpreußishen Monatsschrift“ (der Neuen Preußischen Provinzialblätter vierte Folge), herausgegeben von Rudolf Reicke und Ernst Wichert enthält : Abhandlungen: Die Biogravhen des Nikfolaus Kopernikus. Ein Gedenkblatt zur. vierten Säkularfeier seines Ge- burtstages. Von Zrojciar Dr. F. Hipler. Die Niederung bet Marienwerder. Eine historish-chorographishe Untersuchung mit be- sonderer Rücksicht auf Weichselburg und Zantir. Von De: M. Töphen Kritiken und Referate: J. Emler, Regesta diplomatica nec non epistolaria Bohemiae et Moraviae, Von M. P. F. Ueberwegz System of Logic and History of Logical Doctrines, Von E. A. 2 Sißung des anthropologischen Vereins zu Danzig. Altercthumê- gesellschaft Prussia 1873. Mittheilungen und Änhang: Aus nord- deu:shen Minoriten-Klöstern. Mitgetheilt von M. Perlbah. Ur- kundenfund (19). Von demselben. Weitere Münzfunde in Frauen- burg. Von W. Nachträge zu dem Aufsatze „Vor hundert Jahren“. Bon F. Strehlke. Amkbkra oder Bernstein. Von demselben. Notiz über F. W. Bessel. Von demselben. Die Becher von Herrengrund, Bon Röbert Schück. Kieselkehmen. Von F. Hoppe. Geschenke für die Provinzial-Sammlung der Königlichen vhysif.- öfonom. Gesellschaft zu Königsberg. Von Dr. G. Berendt. Universitäts-Chronif 1873. Lyceum Hosianum in Braunsberg 1872 (Nachtrag). Periodische Literatur 1872/73. Nachrichten. Die Stoa Kantiana, Anzeigen. Berichtigungen. ;

__ Straßburg, 29. Mai. Der Ober-Präsident hat die ¡Aufstellung a der Kunstdenkmäler des Landes in Anregung ge- zracht, L

Wien, 27. Mai. Das Programni für die feierliche Si der Kaiserlichen Akademie der Wi n B atten aa 30. Mo ist folgendes: Der Kurator Erzherzog Rainer eröffnet die Sizßung mit einer Ansprache. Der General - Sekretär, Kaiferlih Königlicher Hof- Go Ritter v. Sthrötter, erstattet Bericht über die Wirksamkeit der Gefammt-Akademie und der mathematish-naturwissenshaftlihen Klasse

| ce, in derselben seit 15. Juni 1872 vor sih gegangenen Veränderungen. Dec Sekretär der philosophis- historishen Klasse, R 'gierungs-Rath Vahlen, erstattet Bericht über die Wirksamkeit dieser Klasse und über die während des gedachten Zeitraumes in derselben vorgegangenen Veränderungen, Das wirkliche Mitglied der Akademie, Professor Alphons Huber, hält einen Vortrag über „Rudolph von Habsburg vor feiner Thronbesteigung“.

Paris, 27. Mai. Das Mitglied -der französisGen Akadeini Lebrun, ist gestern im Alter von §8 Jahren B Rdlge etnes Schlu flusses gestorben. Derselbe war unter Louis - Philipp Direktor der Königlichzn Druckerei und später Pair von Frankreich. Das Kaiser-

im DRr i ois Jahre, sowie über die

reich ernannte ihn 1853 zum Senator und zum Großz-Offizier der

Ghrenlegien.

: Landwirthschaft. . Kirchheim, 27, Mai. Am 26. und 27. d. M. tagte hier die 25. Wanderversammlung württembergischer Landwirthe.

ss A und Handel.

rieg, 30. Mai. An dem am 29, d. M, bierfelbst abaebakl- tenen Wollmarkt“ wurden ca. 150 Centnér olle ‘von M I besißern zum Verkauf gebracht, von welcher 133 Centner verkauft worden sind. Der niedrigste Preis stellte sich pro Centuer auf 48 Thaler, während der höchste Preis 56 Thaler betrug.

Verkehrs- Anstalten.

Nr. 42 der Zeitung des Vereins Deutscher Eisén- bahn-Verwaltungen hat folgenden: Jnhalt: Das Betriebs- Reglement für die Eisenbahnen des Vereins Deutscher Eisenbähn-Ver- waltungen. Vereinsgebiet. Pommer] e: Centralbahn (Stand-des Unter- nehmens). Telegraphenwesen. Fortschritte. iu der Telegxaphie. - Mis- cellen. Eisenbahn-Kalender. Beilage: ercinbarungen der Russischen Eifenbahnverwalungen in Betreff des direkten Passagier-, Gepäck- Und Güterverkehrs, von Herrn Ingenieur Askenasy in Odessa. Offizielle Mittheilungen über Eifenbahn-Einnahmen im Moitat April 1873. Offizielle und Privat-Anzeigen.

Bres lgu, 30, Mai. In der heute abgehaltenen General - Ver- sammlung der Rechte Oderu ferbahn wurden die Direktionsanträge, betreffend Vermehrung der Zahl der Direktoren um zwei, um erneute

Ermächtigung zur Geldbeschaffung für früher genehmigte Linien und