1873 / 131 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 05 Jun 1873 18:00:01 GMT) scan diff

seits nur eine Bahn-Telegraphen-Station vorhanden ift, telegra- phisch verbunden und die Verbindungsleitung in gewöhnlicher Weise zur Auswechselung und Zuführung telegraphisher De- peschen benußt werden. 3) ad §. 8d. In dem vorstehend sub 2 gedachten Falle können auf der Verbindungsleitung au solche Depeschen befördert werden, welhe bei der Reichs-Telegraphen- Station aufgegeben und an die Bahn-Telegraphen-Station gerichtet find et vice versa. Von der nah dem gewöhnlichen Tarif zu erhebenden Gebühr erhält die zuführende Station die sub d. des

8 erwähnte Zuführungsgebühr, den Rest die übernehmende

tation. 4) ad §. 8g. Wenn eine Eisenbahn-Telegraphen- Station von dem Orte, zu welchem dieselbe gehört, über eine Viertelmeile entfernt is und sich an demselben Orte zuglei eine Reichs-Telegraphen-Station befindet, so erfolgt die Zustellung der bei der Ban-Telecraphen-Station eingehenden, am Orte ver- bleibenden Depeshen entweder durch die Reichs-Telegraphen- Station, welcher die Depeschen in der im §. 7 des Reglements vorgeschriebenen Weise zugeführt werden können, oder gebühren- frei durh die Bahn-Telegraphen-Station. Diejenigen Eisenbahn- Vermaltungen, welche dem Reglement etwa nicht beitreten sollten, werden seiner Zeit namhaft gemacht werden.

Der unter dem Protektorat Sr. Kaiserlihen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen stehende Deutsche Hülfsvereinfürdie dur Sturmfluth Heimgesuchten an der Oftseeküste hielt gestern Abend im Sißungssaale der Budget-Kommission des Hauses der Abgeordneten seine Gene- ralversammlung ab, mit welcher der Verein zuglei seine dies- malige Wirksamkeit beendete. Der Vorsißende des geschäftsfüh- renden Aus\chusses, Staats-Minister a. D. von Bonin, eröffnete die Verhandlungen mit einem Rüblick auf die Entstehung und Wirksamkeit des Vereins. Auf den Kassenbericht übergehend, betonte derselbe, daß der Verein sein Hauptaugenmerk darauf richtete, die Verunglückten möglihs bald wieder erwerbs- fähig zu machen, während er die Ersezung der Grundfstücks- \häden dem Staate überlassen zu müssen glaubte. Nach sorg- fältiger Prüfung aller eingezogenen Erkundigungen konnte der Gesammtschaden, welche unbemittelte Personen an Ge- bäuden, Grundstücken, Vieh, Fischereigeräthschaften und sonstigen Vermögensobjekten erlitten haben, auf 1,497,000 Thlr. normirt werden, worauf der Verein 853,880 Thlr. erstattete. Davon erhielten: Schleswig-Holstein 343,269 Thlr. , das Fürstenthum Lübeck 7738 Thlr., das Gebiet der freien Stadt Lübeck 1431 Thlr., Mecklenburg 102,255 Thlr., Neuvorpommern und Rügen 378,739 Thlr., Usedom - Wollin und Anklam 12,061 Thlr., Hinterpommern 524 Thlr., die Provinz Preußen 7589 Thlr., die Nordseeküste außerdem 274 Thlr., zusammen 853,880 Thlr., wozu noh die Verwaltungskosten mit 3274 Thlr. kommen, fo

daß die Gesammtausgabe auf 857,154 Thlr. sich beziffert. Die.

Gesammtsumme der Einnahmen schließt ebenfalls mit 857,154 Thlr. ab, wobei 853,319 Thlr. auf die Liebesgaben und 3839 Thlr. auf Zinserträgnisse fallen. Innerhalb Preußens wurden aufgebracht 433,817 Thlr., darunter die Rheinlande mit 106,730 Thlr, Berlin und die Provinz Brandenburg mit 70,007 Thlr., Westfalen mit 59,219 Thlr., Schlesien mit 55,603 Thlr., Hannover mit 51,140 Thlr. 2c. ; ‘das übrige Deutschland spen- dete 351,029 Thlr., die Deutshen außerhalb Deutschlands 69,001 Thlx. E S :

Nachdem Sich Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz, Höchstwelher gegen Schluß der Versammlung ein- trat und den. Vorsiß übernahm, eingehend nach den Prin- zipien der Vertheilung und nah den Garantien dafür erkundigt, daß die wirklih: Bedürftigen nicht zu Gunsten von gewerbs- mäßigen Bittftellern benachtheiligt werden, beauftragte die Ver2 sammlung die Stadträthe Magnus und Friedeberg, denen der Rechnungs-Rath Kleinschmidt als rechnungsmäßiger Beistand zu- gegeben wurde, mit der Revision und Dechargirung der Rech- nungen Namens des geschäftsführenden Ausschusses. Etwa noch eingehende Beiträge sollen durch den Geheimen Ober-Regierungs- Rath Wulfshein direkt zur Vertheilung gelangen. Nachdem Dr. Friedenthal den Bericht des Vorsißenden dahin ergänzt, daß der Vaterländishe Frauenverein zur Unterstüßung der Dftsee- Nothleidenden ca. 120,000 Thlr. baar und etwa 80,000 Thlr., in Naturalien eingenommen und bis auf einen Restbe- trag von ppt. 17,000 Thlr. zur Vertheilung gebracht, {prach Herr von Bonin Sr. Kaiserlihen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen den Dank des Vereins aus für die Uebernahme des Protektorats, ohne welche das zufriedenstéllende Resultat niemals erreiht worden wäre, wie aus vielen die Gaben beglei- tenden Zuschriften hervorgehe. Se. Kaiserliche Hoheit drückte Seine Genugthuung über den überaus günstigen Abshluß aus. Dem Verein gebühre das Verdienst, die erste Noth gelindert zu haben, und dafür \prehe er nochmals Seinen innigsten Dank aus. Der bayerische Reichstags-Abgeordnete Dr. Völk brachte Sr. Kaiserlihen und Königlichen Hoheit den Dank der Süd- deutschen für die Uebernahme des Protektorats dar. Gleichzeitig drückte Dr. Völk dem Vorstande wie dem Aus\{huß die Aner- kennung der Versammlung für die Geschäftsführung aus. Nachdem Se. Kaiferlihe und Königliche Hoheit Sih noch län- gere Zeit mit den einzelnen anwesenden Herren unterhalten, \chloß die Versammlung gegen 7# Uhr.

Der Gefängnißverein der Provinz Branden- burg wird am Dienstag, den 10. Juni c., von 10 Uhr ab im evan- gelishen Vereinshause hierselbst, Oranienstraße 106, seine dies- jährige Generalversammlung halten. Die Tagesordnung ist, wie folgt, festgestellt: 1) Eröffnung der Versammlung und Bericht über das abgelaufene Vereinsjahr von dem Vorfißenden, Pastor Ragotky. 2) Ueber vorläufige Entlassung nah Art. 23 des Strafgeseßbuches für das Deutsche Reih. Referat vom Direktor Wirth am neuen Strafgefängniß Plözensee. 3) Wie man ent- lassene Strafgefangene unterstüßen sol? Referat vom Pastor Schröter am Zellengefängniß hierselbst. 4) Wahl zur Ergän- zung des Vorstandes.

Das Deutsche Gewerbe-Museum befindet sih jeßt in der Königgrägerstraße 120.

Der von Hamburg um 9 Uhr 35 Minuten Abends fahrplanmäßig hier ankommende Schnellzug is am 3. d. M. um 2 Stunden 18 Minuten verspätet hier eingetroffen, weil zwischen Boizenburg und Büchen ein Wagen des Zuges entgleiste. Verleßungen von Personen sind niht vorgekommen.

Cöln, 4. Juni. Soeben is} Dr. Joseph Hubert Reinkens, Professor in Breslau, von den Geistlichen und Delegirten sämmt- licher altkatholishen Gemeinden und Vereine in Deutschland ngegu einstimmig zum deutshen Missionsbischof gewählt. Der- selbe hat, wie die „Cölnische Zeitung“ meldet, die Wahl ange- nommen.

Bayern. München, 3. Juni. General-Kommandos hierselbsst| vom 27. Mai d. I., welche dem Magistrat in Landshut mitgetheilt wurde und wohl allgemein ergangen ift, ‘darf ein Ausrüccken der Truppen bei Frohn- C E odér sonstigen kirhlihen Feierlihkeiten nur me E stattfinden, wenn der König an denselben Theil nehmen wird.

Regensburg, 3. Juni. Der König der Belgier wird heute Abends 10 Uhr auf seiner Rückreise von Wien mit- telst Extrazuges hier eintreffen und im „goldenen Kreuz“ Nacht- quartier nehmen. Der König gedenkt am folgenden Tag in hie- figer Stadt zu verweilen und Abends seine Reise über Nürnberg fortzusetzen. i

Württemberg. Stuttgart, 1. Juni. Der komman- dirende General, General-Lieutenant v. Stülpnagel, ist heute von seinem Urlaub hierher zurückgekehrt.

Desterreich : Ungarn. Wien, 3. Juni. Das Reichsgesezblatt veröffentliht u. A.: Das Geseß vom 7. Mai 1873 in Betreff der Bedingungen und Zugeständ- niffse“ einer Lokomotiveisenbahn a. von Rakoniÿ über JIechnißz an einen Punkt der privilegirten Pilsen-Priesener Bahn; þ. von Falkenau an die böhmish - sähsishe Grenze bei Grasliß; die Verordnung des Handels-Ministeriuums vom 7. Mai 1873 über die Vorbedingungen der Zulassung von Bewerbern um Schiffer- patente für die Führung von Dampfschiffen auf der Donau zu der vorgeschriebenen Prüfung; die Verordnung der Ministerien der Finanzen und des Handels vom 20. Mai 1873, betreffend die Durchführung des Geseßes vom 30. März 1873 wegen zoll- freier Behandlung der zum Bau und zur Ausrüstung von Schiffen erforderlihen Gegenständez- das Geseh vom 21. Mai 1873 in Betreff der den Erwerbs- und Wirthschaftsgenossen- schaften zukommenden Begünstigungen in Ansehung der Stem- pel- und der unmittelbaren Gebühren; das Gese vom 2. Mai 1873, betreffend die Verwerthung des Fleisches und der Häute von bei Rinderpestgefahr geshlahteten gesunden Thieren; die Verordnung der Minister des Innern, des Handels und des Ackerbaues vom 14. Mai 1873 zum Vollzuge des Geseßes vom 2. Mai 1873, betreffend die Verwerthung des Fleisches und der Häute von bei Rinderpestgefahr geshlahteten gesunden Thieren ; das Geseß vom 4. Mai 1873, betreffend die Organisation der technischen Hochschule (des technischen Institutes) in Brünn.

4. Juni. Zu Ehren des Kaisers von Rußland fand heute eine große Parade statt, an welcher 38 Bataillone und 18 Escadrons mit 88 Geschüßen Theil nahmen. Die öster- reichischen e N die Erzherzöge und die anwesenden Fürst- lihen Gäste wohnten der Parade bei. Der Großfürst-Thronfol- ger und der' Großfürst Wladimir waren in österreichisher Uni- form, der Kronprinz Rudolf trug das Band des russischen St. Andreas-Ordens. Die Hohen Gäste wurden ebenso wie ver Kaiser und der Kronprinz von dem zahlreich versammelten Publikum mit lebhaften Kundgebungen empfangen. Der Kaiser Alexander traf zuleßt ein und nahm, von den Zurufen der Volksmenge empfangen, an der Seite des Kaisers von Oester- reih den Truppen die Parade ab, wobei die Musik die russische Nationalhymne spielte. Die Kaiserin, die Gemahlin des Groß- fürßten:Thronfolgers und die Erzherzoginnen wohnten der Pa- rade in offenen Equipagen bei.

Bei dem darauf in der Hofburg veranstalteten Gal a- diner brachte der Kaiser „pon Deésterreih folgenden Toast aus: „Auf das Wohl unseres lieben Gastes, meines theuern Freundes, Sr. Majestät des Kaisers yon Rußland, er lebe hoh!“ Der Kaiser von Rußland erwiderte ‘mit folgendem Toast: „Auf das Wohl Sr. Majestät des Kaisers von Oesterreih nebs meinem herzlihstem Danke für seine lieben Worte, und auf das Wohl Ihrer Majestät der Kaiserin !“

Abends fand im Sthloßtheater in Schönbrunn eine Festvorstellung statt, welher der Kaiser Alexander, der Großfürst-Thronfolger und dessen Gemahlin, der Großfürst Wla- dimir, die säwmtlichen hier anwesenden Fürstlihen Gäste und die Mitglieder der Kaiserlihen Familie beiwohnten. Nach der Vor- stellung wurde der Schloßgarten durch elektrisches Licht beleuchtet und ein Feuerwerk abgebrannt. Das Fest endete nah 11 Uhr. Gestern sind die Mitglieder des Ministeriums vom Groß- fürsten-Thronfolger und dessen Gemahlin empfangen worden. Graf Andrafsy Faüe gestern eine längere Audienz bei dem Kaiser von Rußland. E

5. Juni. (W. T. B.) Der Kaiser von Rußland und die Großfürsten dejeunirten gestern bei dem deutshen Botschafter General von Schweiniß, bei welchem sie zwei Stunden verweilten. Abends wohnten die hohen Gäste der Festvorstellung im Opern- hause bei, worauf sie sich zu der beim Fürsten Hohenlohe ver- anstalteten Ballsoirée begaben. Der Großfürst-Thronfolger und die Kaiserin eröffneten den: Ball. j

Eine außerordentliche Gesandtschaft des Kai- sers von Japan is heute hier eingetroffen.

Pesth, 3. Juni. Gestern wurde der Juristentag eröffnet.

Schweiz. Bern, 4. Juni. (W. T. B.) Alle Nach- rihten über die bereits beshlofsene Neubesezung des hiesigen französishen Gesandtschaftspostens sind noch als ver- früht zu betrachten, da gutem Vernehmen nah von Neuem Schritte gethan find, um den bisherigen fränzösischen Gesandten A zu der Zurücknahme seiner eingereichten Demission zu

ewegen.

Der Bundesrath hat die erste Berathung des Pro- gramms für die Bundesrevision heute ebeendet, die zweite wird erft beginnen, nahdem auf Grundlage desselben eine Bud- getberathung vorgenommen ift.

Der in Olten tagende Arbeiterkongreß nahm die in Zürich erscheinende Zeitung „Tagwacht“ zu seinem Bundes- organ an und erklärte Genf zum Sitze des Bundeskomites, Die Regierung des Kanton Tessin hat, wie hierher gemeldet wird, beshlossen, den Priester Luigi Arnobäldi wegen gesehwidriger Beziehungen zu inländishen und ausländischen Geistlihen des Landes zu verweisen.

Zwischen der \chweizerischen Eidgenossenschaft und' Frankreich sind, betreffend die Demission von Thiers als Präsident der Republik. und , die Ernennung Mac Mahons zu seinem Nachfolger, nahstehende Noten ausgetausht worden:

_ Paris, 26. Mai 1873. An den Grafen de la Londe, Geschäftsträger Frankreichs in Bern.

Mein Herr! In ihrer Sißung vom 24. d. M. hat die National- versammlung, die Vertreterin der National-Souveränetät, die Demission des Herrn Thiers entgegengenommen und das Amt und die Würde des Präsidenten der Republik dem Marschall Mac Mahon, Herzog von

Nach einer Ordre des -

Magenta anvertraut. Ich beeile mich, Jhnen dien feierlichen Aft zur Keuntniß zu bringen und Sie einzuladen, der Regierung, bei der Sie akkreditirt sind, denselben mitzutheilen. Vom Wunsche durch- drungen, die guten Beziehungen A Frankreih und den fremden Mächten sich immer mehr entwickeln zu sehen, ist die Regierung, wie fie verkündet hat, entschlossen, den inneren Frieden und die Grundsäße, auf welchen die Gesellschaft beruht, aufrecht zu erhalten. Ich ersuche Sie, im Ramen der französischen Republik den Wünschen, welche ihre Regierung für die- Befestigung der guten Beziehungen zwischen Frank- reih und der Schweiz hegt, sowie ihrer festen Absicht, mit allen ihren Kräften zur Erhaltung des allgemeinen Friedens beizutragen, Ausdruck

zu geben. / j de Broglie.

E j Bern, 30. Mai 1873.

An Herrn Dr. Kern, Minister der s{chweizerischen Eidgenossenschaft. Der Geschäftsträger Frankreihs, Graf de la Londe, hat dem Ren der Eidgenossenschaft eine Depesche des Herzogs von roglie, des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten gee, welche dem Bundesrathe die Ernennung des Marschalls Mac Mahon offiziell zur pen bringt. Der Bundesrath beauftragt Sie, dem Marschall Mac Mahon die Wünsche, welche er für das Glück Frank- reis und für die Entwickelung seiner republikanischen Institutionen fortwährend hegt, auszusprehen. Die Eidgenossenschaft is glücklih Über die Versicherung, Ls die französische Regierung der Schweiz die Pr IGa und dav Wohlwollen bewahrt, von welcher Frankreich ihr o oft Beweise gegeben hat. Der Bundesrath seinerseits wird ih bemühen, die Beziehungen, welche beide Länder vereinigen, zu erhalten und noch weiter zu befestigen, Indem wir Sie hiermit zum Organe unserer Gefühle machen, Herr Minister, wünschen wir, daß Sie auch den Wünschen Ausdruck geben, welche der Bundesrath für die Person des erlauhten Chefs hegt, in dessen Hände die französische National-

versammlung die Erekutivgewalt gelegt hat.

Im Namen des Bundesraths: Der Bundespräsident Cérésole, der Kanzler Schieß.

Niederlande. Haag, 28. Mai. Der „Staatscourant* meldet, daß die Regierung \chriftlihe Berihte aus Atschin em- pfangen hat, die bis zum 26. März reihen und die früheren telegraphischen Mittheilungen bestätigen.

Am 22. März waren die Kriegsschiffe „Citadel van Antwerpen“, auf welchem fich der Regierungs-Kommissar befand, „de Marnix“, „Cochom“ und „Sial“ vor Atschin vor Anker gegangen. Ein Dol- metscher, der auch schon früher zu gleichem Dienst ernannt worden war, ward in einer inländischen Prauw, die man Tags zuvor in See angetroffen und in Dienst genommen hatte, ans Land geschickt, da man bei der erfihtlih feindlichen Stimmuug der Altchinesea feinen Euro- pâäer zu senden wagte. Man sal, wie sich am Ufer eine immer größere Menge von Bewasffneten sammelte, die den Eingang des Flusses und einige Schanzen beseßte und in aller Eile Erdwerke. aufwarf. Jnner- halb der geseßten Frist von 24 Stunden antwortete der Sultan auf den ihm gesandten Bricf des Regierungs-Kommifsars. Ohne auf die Beschwerden der Niederländer einzugehen, {rieb der Sultan, er wünsche erst die Antwort des Groß-Sultans der Türkei abzu- warten, an den er sih gewandt habe. Auf ein zweites dro- hendes Schreiben àntwortete der Sultan nochmals innerhalb 24 Stunden, beschwerte sich aber nur wiederholt, daß die niederlän- dische Regierung die von ihm dem Gouverneur von Riow vor dessen ange- meldetem Besuch abgeforderte Frist vou ‘fechs Monaten nicht eingehalen habe. Zu gleicher Zeit mit dem Regierungsschreiben an den Sultan wurden von zwei hochgestellten Jnländern, die fich bei dem Regie- rungs-Kommissar befanden, Briefe an einen der vornehmsten Häupt- linge gesandt, worin ihm gerathen wurde, zu friedlichen Verhandlungen an Bord zu kommen und die altschinesische Regiernng zu solchem vermit- telnden Schritte zu bewegen. Dieser aber entschuldigte sih mit Krankheit und warnte zugleich. Darauf wurde dann am 26. März die Kriegs- erflârung an den Sultan gesandt, und als man onnehmen konnte, daß dieselbe ihm zu Händen gekommew sei, mit den Feindseligkeiten begonnen. Der Dolmetscher hatte berichtet, daß ein Distrikt sehr feindlich gesonnen sei, in einem zweiten sei man getheilter Meinung, während der Häuptling eines dritten geneigt sei, sich den Niederlän- dern zu unterwerfen. ,

4. Juni. (W. T. B.) Wie aus zuverlässiger Quelle

verlautet, hat fih der Justiz-Minister auf den formellen Wunsch -des Königs entschlossen, auf- seiner Demission nicht zu bestehen und bleibt in Folge dessen das ganze Ministerium im Amte. __ Amsterdam, 4. Juni. (W. T. B.) Nach einem hier eingetroffenen Telegramm aus Penang hat ein niederländisches Kriegs\cif auf drei unter britisher Flagge segelnde Fahrzeuge geschossen, die für Atchin bestimmte Waaren an Bord führten. Der Bevollmächtigte des Sultans hat in Folge dessen bei dem Gouverneur von Penang Beschwerde geführt; über den Bescheid, den derselbe erhalten, verlautet indeß noch nichts.

Belgien. Brüssel, 4. Iuni. (W. T. B.) Die Re- gierung beabsichtigt den Gesezentwurf, betreffend die Vermeh- rung der militärishen Chargen. in der Voraussicht der Nichtgenehmigung desselben Seitens der Kammer zurückzuzichen und dürfte dies dem Bureau „Havas-Bullier-Reuter, zufolge den Rücktritt des Kriegs-Ministers, vielleiht auch die Demission des ganzen Kabinets zur Folge haben.

_ Großbritannien und Jrland. London, 3. Juni. Beim Empfang des Schahs2 von Persien werden im Hafen von Dover 20 Kriegsschifse zugegen sein. Der Schah wird fich an Bord der Admiralitäts-Yacht „Vigilant“, eines der schnellsten Schiffe der britishen Marine, die ihm während seines Besuches in England zur Disposition gestellt werden wird, nah England einschiffen. Der „Pall Mall Gazette“ zufolge wird der Schah auch Orford besuchen.

Prinz Oskar von Schweden is zum Besuch des hiesigen Hofes in London eingetroffen.

—. Einem New-Yorker Telegramm zufolge starb am 1. d. M. Joseph Howe, der neuernannte Gouverneur von Neuschottland.

Frankreich. Paris, 3. Iuni. Die Proklamation des Präsidenten der Republik an die Armee lautet nah dem „Journal Officiel“/:

Soldaten! Indem die *iationalversammlung aus Euren Reihen den Präsidenten der Republik wählte, gab fie einen Beweis von dem Vertrauen, welches sie in Eure Loyalität, Euren Patriotismus und Eure Energie seßt, în unserem Lande die Ordnung und die Achtung vor dem Geseß aufrehtzuerhalten. Jch habe dea General de Lad- ztirault, dem Ihr auf allen Schlachtfeldern, wo Ihr gekämpft habt, begegnet seid, berufen, um mich im Kommando der Armee von Ver- sailles zu vertreten. Jhr werdet, was Jhr stets waret, der Devise treu bleiben, welche die Tapfersten unter Eu auf ihrer Brust tra- gen: Berin und Vaterland, Tapferkeit und Disziplin."

NPerfailles, 26. Mai 1873.

i Der Präsident der Republik: Marschall de Mac Mahon, Herzog von Magenta.

Dem früheren Kriegs-Minister, General de Cissey, ist die „Médaille militaire“ verliehen worden, die an höhere Offiziere nur dann verliehen wird, wenn fie sih besonders ausgezeichnet haben. Der Bericht, der diesem Dekret vorangeht, lautet :

Z 7 Paris, 30. Mai 1873.

Herr Präsident! Nachdem der Herr General von Cissey, mein Vorgänger, während des Krieges“ gegen Deutschland in edler Weise

-er das

seine Pflicht an der Spiße seiner Division gethan, befehligte er während der Jnsurrektion der Kommune ein Armeecorps und trug durch seine Energie und seine geshickten militärischen Dispositionen mächtig zum Triumphe der Ordnung bei. Nach diesen harten Heimsuchungen nahm riegs - Ministerium unter den \{wierigsten Verhältnissen an und seine Vaterlandsliebe \hrecke nicht vor der shweren Aufgabe zurück, welche ihm die A der Armee auferlegen mußte. Solche dem Lande und der Armee geleisteten Dienste {einen mir eine Ausnahme - Belohnung zu verdienen und ich habe die Ehre, Wonen vorzuschlagen, dem General von Cisscy in Ausführung des efrets vom 13. Juni 1852 die Militär-Medaille zu verleihen. Der Kriegs-Minister General du Barail.

Das Circular des Ministers des Innern an die

Präfekten lautet : ; Versailles, 1. Juni 1873.

ch sagte Ihnen in meiner Depesche vom 25. Mai: „Keine Zweideutigkeit darf den Charakter der Beschlüsse der Nationalver- sammlung, nah denen sich die Regierung gewissenhaft richten wird, \chwächen. Nichts ist in den Institutionen Frankreichs geändert. Der Präsident der Republik übt die Gewalt unter dem nämlichen Titel und kraft der nämlichen Gefseße aus, wie sein Vorgänger.“ ODiefe von mir in der ersten Stunde an Sie abzesandte Erklärung hatte zum Zweck, die Bedingungen strenger Geseßlichkeit hervorzuheben, unter welchen die Uebergabe der Regierung vor sih gegangen ist. Jn der That tritt zum ersten Male eine ganze Regierung einer neuen Regierung den Platz ab, ohne daß die Sicherheit in Gefahr gebracht würde; das Land blieb ruhig; die Beamten versahen ihre Funk- tionen mit Regelmäßigkeit; die Arbeit wurde ruhig fortgeseßt; der Kredit erhob sich und das Vertrauen der benahbarten Na- tionen wurde nicht erschüttert. Dieses seltene Beispiel enthält für die Zukunft beruhigende Anzeichen und lehrt uns, daß die Freiheit, wie auch die Regierungsform sein mag, aufhört, eine Gefahr zu sein sobald sie durch die absolute Achtung vor dem Geseß niedergehalten wird. Die Regicrung gewährt Ihnen, Herr Präfekt, ihr Vertrauen. Meine Instruktionen werden Ihnen nicht fehlen; zögern Sie nicht, Sich nach denselben zu rihten, und meine Verantwortlichkeit wird immer die Jhrige decken. Was die Versammlung vor Allem von der von ihr eingeseßten Regierung erwartet, ist ein von dem nämlichen Gedanken inspirirtes und mit Festigkeit geleitetes Verwaltungspersonal, welches si offen an die Spiße der Kon}ervativen stellt. Die Verwal- tung muß in allen ihren Abstufungen die getreue Vertreterin jener „Po- litique réparatrice“ fein, welche allein das grausam heimgesuchte Land fräftigen kann. Zögern Sie daher nicht, laut zu sagen, auf welcher Seite JIhreSympathien und unsere Aufforderungen find ; berufen Siezux Einheit alle guten Bürger; mögen sie sich durch die genaue Ausübung der Pflichten des Sffentlichen Lebens stärken; nur dur dieses feste Auf- treten und durch die entschlossene Aufrechterhalturg aller konservativen s ien fönnen wir in Frankrei eine wahre Regierungsmajorität jerstellen, Treten Sie sofort in beständige Verbindung mit der von Ihnen verwalteten Bevölkerung; die Klarheit Jhrer Haltung wird hinreichen, um Ihren moralischen Muth zu erheben, die anarchischen Tendenzen zu entmuthigen und überall die Achtung vor der National- versammlung und dem Geseß zu sichern. Mögen alle die, welche das Land unter der Präfidentschaft des berühmten, von den Inhabern der nationalen Souveränetät gewählten Marschalls reorganisiren wollen, \{ließlich erfahren, daß man sie ents{lossen unterstüßen und verthei- digen wird. Genehmigen Sie 2c.

Der Minister des Innern, Beul é.

Seit einigen Tagen befindet \sich der Bericht des Herrn Leon Riant über die Enquete, welche die Nationalversammlung hinsichtlih des gegenwärtig vorhandenen Kriegsmaterials an- geordnet hatte, in den Händen der Deputirten. Ueber den Stand des Materials bei Ausbruch des Krieges 1870 enthält derselbe folgende Ziffern:

Am 1. Juli 1870 bestand das Material aus 10,111 Kanonen, 7323 Laffetten, 17,854 Proßwagen, 9387 Muanitionswagen, 3,350,000 Gewéhren, worunter 1,053,000 Chassepots, 358,000 Tabatiere- und 1,400,000 Pistongewehre. Davon fielen in die Hände des Feindes 7234 Kanonen, 665,327 Chassepots und 500,000 Gewehre der älteren Modelle. Es verblieben in runden Ziffern: 3009 Kanonen, 8000 , Proßwagen, 2000 Munitionswagen, 350,000 Chasse- pots und 1,000,000 ältere Gewehre. Unter der Regierung vom 4, September wurden dann neu hergestellt oder ereaS in über 4000 Kanonen, 3000_Proßwagen, 700,000 Chassepots und 938,885 andere Gewehre (Sauvaire, Remington, Peabody, Sharp, Joshyre, Warner, Enfield, Snider).“ Zum Schlusse wird dann ein enauer Voranschlag zur Ausrüstung einer Armee von 1,200,000 Män fir 45 Tage aufgestellt. Derselbe verlangt für Lebensmittel aller Art die Summe von 43,188,842 Franken, für Hospitäler 14,289,063 Fr., Bekleidung 385,845,000 Fr., Lagerzeug 18,450,000 Fr., Fuhrwesen 11,014,925 Fr. , Pferde 147,162,400 Fr., Geschirr 12,748,736 Fr., Fouragen 28,800,000 Fr., Artillerie der Festungen, das Feld mit Ein- \{chluß der Munitionen 367,462,902 Fr., Feldmaterial 1,560,000 Fr. : also im Ganzen die Summe von 1,030,461,868 Fr.

Die Armee - Kommission der National- Versammlung hat sih der „Köln. Ztg.“ zufolge dahin ge- einigt, die Einführung der Civilversorgung für ausgediente Mi- litärs zu befürworten. Und zwar sollen zunächst 2400 passende Stellen für Leute aus dem Unteroffizierstande reservirt werden.

Die große Revue, welche der Präsident der Reé- publik über die Paris-Versailler Armee zu halten die Absicht hat, soll am nächsten Sonntag in aht Tagen nicht in Paris, fondern auf der Ebene von Satory bei Versailles stattfinden.

Spanien. Madrid, 1. Juni. Die Wahlen des vor- läufigen parlamentarischen Bureaus sind föderaliftish ausgefallen. Zum Präsidenten der Kammer wurde mit 140 Stimmen Orense, Marquis von Albaida gewählt; zu Vize- Präsidenten Palanca, Cervera, Pedregal und Diaz Quintero, die alle vier der Regierungspartei angehören. Zu Sekretären wur- den gewählt: Soler y Pla, Bartolome, Santa Maria, Lopez

Die „Diskussion“ meldet: Nach dem Entwurfe, welchen der Kriegs-Minister den konstituirenden Cortes vorlegen wird, soll die Armee aus 80,000 Mann bestehen, wovon 55,000 auf die Infanterie, 10,000 Mann auf die Kavallerie, 9300 auf die Artillerie, 3300 auf die Genietruppe, der Rest auf andere Corps entfallen würde. Die Infanterie wird 40 Regimenter zu 2 Bataillonen zählen, ferner 20 Bataillone Jäger, ein Bataillon der canarishen Inseln und das Regiment Fijo de Ceuta. Die Artillerie wird aus 4 Regimentern zu Fuß, 5 Regimentern zu Pferde und 2 Regimentern Bergartillerie bestehen. Die Kaval-

- Vasquez und Perez Rubio.

lerie wird 20 Regimenter zu 4 Schwadronen zählen, ferner

1 Schwadron von Galizien, eine andere von Mallorca und zwei Remonteanstalten.

Italien. Rom, 4. JIuni. (W. T. B.) Der Protest derx Ordensgenerale gegen die Klostergeseße ist von 82 Ge- neralen und Generalanwälten unterzeihnet und an den König, an den Präsidenten des Ministerraths und an beide Kammer- Präsidenten gerichtet.

Der Minister - Präsident Lanza is nah Frosinone ab- gereist. Der König hat den General Dezza ebendahin gesandt, um Nachrichten über das Befinden Ratazzi's zu erhalten.

Frosinone, 4. Juni. (W. T. B.) Der Zustand Ra- tazzi's ift äußerst bedenklih geworden und ist eine bedeutende Abnahme der Kräfte eingetreten. Mehrere Deputirte und No-

tabilitäten kamen persönlich hierter; um ihre Theilnahme zu be- zeigen.

A LNußland und Polen. St. Peters burg, 3. Juni. Die am 30. Mai von Kronstadt nach Kopenha gen ausgelaufene Dampf-Yacht „Standart“, mit den Gr oßfür sten Nikolaus und Georg an Bord, wird bis Kopenhagen von der Panzer- fregatte „Shewastopol“ begleitet. In Kopenhagen angelangt, wird der „Standart“ die Ankunft des Großfürsten Thronfolgers und seiner Gemahlin erwarten, um dieselben dann in Begleitung der Fregatte „Rjurik“ nach England hinüberzuführen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 30. Mai. Der König wird am 15. Iuni seine Reise nah Norwegen an- treten.

Das norwegische Storthing hat ‘am 28. d. M. mit 74 Stimmen gegen 36 den Vorshlag wegen Aufhebung des Statthalterpostens angenommen. Diese Bestimmung führt mehrere Veränderungen mit sich; unter Anderem is genehmigt worden, anstatt des erwähnten Postens einen Staats-Minister- posten zu errihten, \o daß fortan zwei norwegische Staats-Mi- nister fungiren werden.

Nachdem das Münzgeseß vom Odelsthing nah einem gemischten System zwischen dem jeßigen norwegishen und dem neuen dânish-\{chwedishen, angenommen worden war, ift es zur Verhandlung im Lagthing gekommen. Dieses Thing hat

jedoch auf Vorschlag eines der Landrepräsentanten I. Velde, mit 15 Stimmen gegen 13 eine nihcht unwesentlihe Veränderung genehmigt, indem dasselbe den Paragraphen, welcher die Aus- münzung von 5,8 und 1 Dere-Stücken in Bronze vorschreibt, verworfen hat, und mit dieser Veränderung ist das Geseß an das Odelsthing zurückgesandt worden.

Ameríiïa. Ein Reutersches Telegramm aus Washing- ton vom 3. d. meldet: „Der Modoc-Krieg it zu Ende. Kapitän Iack und seine Gefährten wurden am Sonntag ohne Widerstand gefangen genommen und die ganze Bande hat sih nun bedingungslos ergeben.“

Wie ein amerikanisches Telegramm der „Times“ meldet, hat auh die Fehde zwischen den zwei rivalifirenden Gouverneuren in Louisiana ihr Ende gefunden. M'Enery hat eine Adresse erlassen, in welcher er sagt, daß, nachdem der Präsident ent- \chlofsen sei, Kellogg mit Militärgewalt zu unterstüßen, er feiner Partei den Rath ertheile, keinen weiteren Widerstand zu leisten, sondern bis zum Zusammentritt des Kongresses im Dezember zu warteu.

Dem üblichen Monatsausweise des Schaßsekretärs zu- folge hat sich die öffentlihe Schuld der Vereinigten Staaten, während des Monats Mai um 3,525,282 Dollars vermindert, und belief sich am 1. Juni auf 2,149,963,873 Doll. Der Kassenbesiand im Schaßamte umfaßte zu dieser Zeit 75,988,000 Doll. in kflingender Münze und 6,065,000 Doll. in

Papiergeld.

«— Am 5. Mai vollzog der Kaiser von Brasilien, wie die „H. N.“ melden, den Schluß der ersten und die Eröff- nung der zweiten Session des gegenwärtigen Reichspar- laments mit folgender Thronrede:

„Erlauchte und sehr edle Herren Vertreter der Nation! Noch einmal spreche ih Jhnen meinen tiefgefühlten Dank aus für die Be- zeugungen Ihres mir so tröstlichen Beileids über den Verlust meiner theuren Stiefmutter, Ihrer Majestät der Königin-Wittwe, Herzogin von Braganza, welche am 26. Januar in Gott entshlief. Dank der göttlichen Vorsehung hatte die Epidemie, ele in mehreren unserer Küstenstädte. zum Ausbruch kam, einen verhältnißmäßig weniger bösartigen Verlauf und geht überall mit dem Ein- tritt der neuen Jahreszeit ibrem Erlöschen entgegen. Sehr hülf- reich erwies sich während ihrer die Wohlthätigkeit der ceinhei- mischen wie der fremden Bevölkerung. Krankheiten verschiedenen Charakters und beträchtlihe Ueberschwemmungen haben einzelne Ge- genden heimgesucht; immerhin sind ihre Verheerungen niht so s{chwer, wie fie in jüngsten Zeiten andere Länder aus verwandten Ursachen er- fahren haben. Die Regierung und ihre Organe in den Provinzen haben die Pflichten, die Geseß und Humanität in solchen Fällen vor- schreiben, erfüllt und hat ihren raschen Hülfeleistungen überall der rege Beistand der Privaten sich angeschlossen, wie er in Brasilien nie- mals vermißt wird. Unverändert sind die guten Beziehungen des Kaiserreichs zu den übrigen Staaten, und die Regierung legt den höchsten Werth darauf, durch eine gerechte und wohlwollende Politik diese Bezie- hungen immer enger zu knüpfen. Ausgewechselt wurden die Natifikationen der Auslieferungsverträge mit Portugal, Großbritannien und Italien und einer Post-Konvention mit der Republik Peru. Die öffent- liche Ruhe des Landes hat nirgends eine Störung erlitten. Es bleibt bei alledem zu beklagen, daß sie in den entlegenen und wenig bevöl- ferten Gegenden des Reiches, wo der Einfluß des Geseßes dem Ber- brechen zu begegnen zu schwach ist, noch des ausreichhenden Schutzes entbehrt. Eine radikale Heilung dieses Uebels hängt vor Allem von besseren Kommunikationen und solchen Maßnahmen ab, welche geeignet find, die Moral der Bevölkerungen dieser Gegenden zu heben. Es ist dies nicht das Werk Eines Tages; jedenfalls is es nothwendig, diesen Aufgaben die möglichste Paus zu widmen.

Der Abschluß des Staatshaushalts des Jahres 1871/72 und die bisherigen Ergebnisse des laufenden Finanzjahres bestätigen die frü- heren Voraussichten bezüglich der Zunahme der Reichseinnahmen. Diese günstige Lage wird gestatten, daß wir fortfahren, die Last der Steuerpflichtigen zu vermindern, freilich nur, indem wir nicht außer Acht lafsen, daß die Bedürfnisse des Landes immer neue Ausgaben erheishen und aus dem leßten Kriege uns {were Verpflichtungen überkommen sind. : i

Die Solderhöhung, welche Sie dem Heere und der Flotte bewil- tigt haben, war ein Aft der Gerechtigkeit. Nicht minder verdienten die übrigen Staatsbeamten-Klassen, welche durckch, die jüngste Geseß- gebung berü jihtigt wurden, die Wohlthat, welche Sie ihnen erwiesen haben. Jedenfalls gilt es in unserer Verwaltung den Grundsaß fest- zuhalten: Weniger zahlreiche, dafür aber besser besoldete und streng zur Erfüllung ihrer Pflicht angehaltene Beamte. /

Der Volksunterricht und die Verbreitung der nothwendigen Kennt- nisse in den verschiedenen Klassen der Gesell|haft bedürfen eines ver- vollkommneten Planes, der “ihnen vorgelegt werden wird. Jn dem Streben, sie so zu fördern, wie es das Ziel des steten Bemühens der Regierung, bezweckt derselbe einerseits den zu Gebote stehenden finan- ziellen Mitteln die möglich ausgiebigste Verwendung zu geben und an- dererseits die verdienstvollen Anstrengungen immer mehr zu ermuthigen, welche allerseits den Zielen höherer Bolksbildung f zuwenden, eine Bewegung, welche ich mit der größten Genugthuung betrachte und welche unsern Mitbürgern zu hoher Ehre gereiht.

Die immer mächtiger sih entfaltenden wirthschaftlichen Interessen Brasiliens verlangen behufs ihrer rascheren und wirksameren Förde- rung vor Allem den Gewinn tüchtiger Arbeitskräfte, die Vervoll- fommnung des gewerblichen Unterrichts und Straßen und Telegraphen. Von der vereinten Anwendung dieser Mittel hängt es ohne Zweifel ab, daß unsere Hauptindustrie sich in den Stand geseßt sehe, ohne Nachtheil und Abbruch zu erleiden, die Veränderungen durchzuführen, we‘che der Fortschritt der Zeit in ihrem Betriebe Gle Die Opfer, welche wir zu diesem Zwecke bringen, mit der Weisheit, welhe Ihre Beschlüsse so sehr auszeichnet, werden ihren reihlihen Ersaß finden in dem Gedeihen der Bevölkerung und dem Wachsthum des allge- meinen Reichthumes.

Gegenstand der Prüfung ist die Weiterführung der Eisenbahnen ven Pernambuco, Bahia und S. Paulo. Gleichzeitig schreitet die Verlängerung des Schienenweges fort, welcher die Provinzen Rio de Janeiro und Minas Geraes in der Richtung nach dem S. Francisco hin durhschneidet. Verschiedene andere Unternehmungen, theils sind Privaten, theils von den Provinzen ausgehend, zu dem Zweck von Anschlusses an diese großen Hauptlinien unsers Eifenbahmystems des ohne die Reichéfinanzen zu belasten, kontrahirt worden.

Sowohl die geographische Lage,“ als die Wichtigkeit der Pro- duktion und des Handels der Provinz Rio Grande do Sol verlangen, daß die Reichsgewalten sie in dem Bemühen unterstüßen, sowohl ihrer Sicherheit als der Entfaltung ihrer materiellen Hülfsquellen Vor- sub zu leisten dur eine die Entfernungen zwischen der Küste und der Grenze von Uruguay abkürzende Eisenbahn. Gleiche Bauten find durch das Gebiet der benachbarten Staaten nach den an den Grenzen liegenden Ortschaften hin im Gange und gilt es, den beider- seitigen Interessen gleihmäßig auch von unserer Seite die entsprechende Förderung Tg Í

__ Der Gejellschaft des transatlantishen Kabels, welcher Brasilien mit Europa verbinden soll, wurde die früher an andere Unternehmer vergeben gewesene Konzession zur Herstellung eines submarinen Tele- graphen zwischen dem Norden und Süden des Reichs mit solchen Modifikationen übertragen, welche ‘die Ausführung dieses wichtigen Unternehmens in möglichst kurzer Zeit sicherzustellen geneigt sind.

Zu Ihrer Entscheidung stehen zwei Entwürfe von allgemein an- erkannter Wichtigkeit, die Jhnen neuerdings im Namen der Regierung vorgelegt wurden, die Reform der Nationalgarde und unsers Wahl- systems betreffend, ebenso wie mehrere andere aus Jhrer eigenen er- leuchteten Jnitiative hervorgegangene. Unter den leßteren hebe ih als besonders wichtig diejenigen hervor, welche sih auf die Beförderungen in der Marine, das Gerichtswesen zweiter Instanz und die Bildung einer neuen Provinz bezichen. Ich hoffe, daß Sie diesen bedeutsamen Aufgaben Ihre besondere Aufmerksamkeit zuwenden und dieselben von Ihrer Weisheit die den gegenwärtigen Verhältnissen Brasiliens ange- messenste Lösung erfahren werden. :

Die Errichtung einer neuen Provinz, welche die fruchtbaren Ufer- gegenden des St. Francisco umfaßt, schafft einen Mittelpunkt des Fortschritts für diesc ausgedehnte und reiche Zone des Reiches, welche bisher der Einflüsse und Segnungen der Civilisation zum großen Theile fih beraubt gesehen hat.

Die Nationalgarde von der s{weren Last zu befreien, welche sie

so lange in bemerkenswerther Hingebung getragen hat, indem für die Bedürfnisse der Polizeiverwaltung anderweitig Sorge getragen wird, ist eine Maßnahme, welche gleichmäßig dem Interesse der öffentlichen Ordnung, wie der Freiheit der einzelnen Stcatsbürger dient. ____ Der Zweck der D eon ist, die erste Bedingung unseres Ver- fassungslebens ficher zu stellen, die Unverfälschtheit des Ausdrucks des Volkswillens, ein Gegenstand, würdig der unablässigsten Bestrebungen einer freicn Nation, welche ihre vornehmste Kraft aus der öffentlichen Meinung und der Geltung des Gesetzes {öpft.

Erlauchte und sehr würdige Herren Vertreter der Nation! Mit dem alten vollen Vertrauen in Jhren erle1:chteten Patriotismus und mit der unerschütterlichen Zuversicht in die große Zukunft Brasiliens richte ih diese Worte an Sie von dem Thron herab, dessen Pflichten ih mit der ganzen Liebe, die ih unserm Vaterlande zolle, nachzu- kommen bestrebt bin.

_ Ich schließe die erste und eröffne die zweite Session der gegen- wärtigen Legislaturperiode.

Asien. Von China und Japan überbrachte der am 15. Mai in San Franzisko eingetroffene Dampfer „Japan“ folgende Nachrihten: In Hongkong fand am 22. März eine furhtbare Feuersbrunst statt, durch welche 5000 Personen hei- mathsl[os wurden. Die Telegraphenlinie nah Amoy wird von cinesishen Beamten untersuht. Die Mitglieder der „Affembly“ in Coran find nach Peking gegangen, um dem Kaiser als Vasallen zu huldigen. In Ofaka (Iapan) fand am 12. März ein Erdbeben und am 29. März eine Feuersbrunst ftatt, bei welcher viele Menschen ihr Leben verloren. Die in Horura ein- gekerkerten eingeborenen Christen wurden in- Freiheit geseßt. In den Provinzen Ietsißen und Preescho haben die Bauern revol- tirt, weil die Regierung zu milde gegen die Christen verfährt; man glaubt jedoch, daß die Insurrektion baldigst beendigt sein wird. Sieben der' Insurgenten wurden bereits hingerichtet.

Neichstags- Angelegenheiten.

Berlin, 5. Iuni. Das dem Reichstag vorgelegte Ges ct, betreffend den Antheil des ehemaligen Norddeut- \chen Bundes an der französishen Kriegskofsten- entschädigung, hat folgenden Wortlaut:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen 2. _

verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nah erfolgter Zustim- mung des Bundesrathes und des Reichstages, was folgt: __ Artikel 1. Aus dem nach Artikel VI. des Geseßzes, betreffend die französische Kriegskostenentshädigung, vom 8. Juli 1872 (R. G. Bl. S. 289 f.) dem ehemaligen Norddeutschen Bunde zufallenden Antheile * find die in der Anlage A. aufgeführten Ausgaben für Vervollständi- gung der Magazin-, Garnison- und Lazaretheinrihtungen, sowie der artilleristisch-technischen Anstalten im Gesammtbetrage von 13,241,000 Thlrn. zu bestreiten.

Bon diesem Betrage werden dem Reichskanzler für das

Jahr 1878 C TOIS V0! She, | 1874. 5998000

zur Verfügung gestellt. Die später zu verwendenden Beträge sind in die Reichshaushalts-Etats der betreffenden Jahre aufzunehmen.

Artikel 2. Der Restbestand, welcher von dem im Artikel 1 ge- dachten Antheile des Norddeutschen Bundes nah Abzug

1) der gesammten durch die Kriegführung wider Frankreich dem ehemaligen Norddeutschen Bunde erwachsenen Ausgaben, . foweit die- selben niht nach den Bestimmungen in Artikel V. des gedachten Ge- seßes zu erseßen oder aus anderen in Folge des Krieges entstandenen Einnahmen gedeckt sind, :

2) der in dem anliegenden Uebershlage B. nachgewiesenen Aus-

gaben für die Wiederherstellnng der vollen Kriegsbereitschast der Kontin- gente des ehemaligen Norddeutschen Bundes, Badens und Südhessens, und der damit - verbundenen Bauten und Beschaffungen, soweit sie nit Baden und Südhessen zur Last fallen, 3) endlih der durch den Reichshaushalts-Etat oder besondere Geseße, bez. durch Artikel 1 des gegenwärtigen Geseßes auf den An- theil des ehemaligen Norddeutschen Bundes an der Kriegskostenent- schädigung bereits angewiesenen, bez. noch anzuweisenden Ausgaben verbleibt, wird unter die Bundesstaaten nah dem Maßstabe vertheilt; welcher in dem durch das Geseß vom 13. Juni 1869 (B. G. Bl. S. 211) festgestellten Haushalts-Etat des Norddeutschen Bundes für “t D 1870 der Vertheilung der Matrikularbeiträge zu Grunde gelegt ist.

Urkundlich 2c.

Gegeben 2e.

Der am 25. Mai unterzeichnete zweite Additional- vertrag zu dem Poftvertrag zwischen dem Noëddeut- \chen Bunde und Schweden vom 23./24. Februar 1869 ne Ra der Bundesrath demselben seine Zustimmung er- theilt hat, dem Reichstage mit folgender Denkschrift zur verfassung Beschlußnahme vorgelegt worden:

Im Gefolge des deuts{ch-französischen Postvertrages waren u. A. auh mit Schweden Unterhandlungen zur Erleichterung des deutsch- O: Postverkehrs und zur Einführung der neuen Grundsäße B T den Pofttransit und über das Abrechnungswesen eingeleitet

orden.