1873 / 137 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 12 Jun 1873 18:00:01 GMT) scan diff

gehören. Dasselbe is durch Wahl Seitens der Nationalversamm- lung zu Stande gekommen und folgendermaßen zusammen- sept: Pi Margall, Präsident und Inneres (mit 196 Stimmen),

ftevanez, Kriegs-Minister (192 St.), Sorni, Minister der Ko- lonien (190 St.), Aurich, Marine-Minister (185 St.), Muro, Minister des Auswärtigen (187 St.), Dadico, Finanz-Minister (182 St.), Gonzales, Justiz-Minister (154 St.), Benot, Minister für öffentliche Arbeiten (161 St.). Das neue Ministerium hat fich alsbald der Nationalversammlung vorgestellt . und * erklärt, es sehe die Aufrechterhaltung der Republik und der öffentlichen Ordnung als seine Aufgabe an und sei fest entshlossen, diese Aufgabe zu lösen. Jede Insurrektion sei ein Verbrechen, wenn, wie“ jezt, die Freiheit im weite- sten Umfange herrsche. Diese Erklärung des Ministeriums wurde von der Nationalversammlung sehr beifällig aufgenommen und hat au bei der hiesigen Bevölkerung einen günstigen Eindruck gemacht. Ein gewaltthätiger Zusammenstoß in den Straßen is vermieden worden, die Gruppe von Bewaffneten, die sih in denselben gezeigt hatten, haben fich wieder zerstreut.

Pierrad is zum General-Kapitän von Madrid ernannt worden. Figueras hat uuter Aufgabe der von ihm. bisher bekleideten Posten Madrid plötzlich verlassen und sich, wie man hört, nach Eaux-bonnes begeben.

Rom, Mittwoch, 11. Juni. Die Deputirtenkammer geneh- migte in ihrer heutigen Sizung die mit Deutschland abgeshlos- sene Postkonvention. Der König hat heute den französischen Gesandten Fournier empfangen, der morgen eine Urlaubsreise antreten wird.

Königliche Schauspiele.

Freitag, den 13. Juni. Im Opernhause. (135, Vorstellung.) Die Zauberflöte. Oper in 3 Abtheilungen. Musik von Mozart. Königin der Nacht: Frl. Lehmann. Pamina : Frl. v. Bretfeld. Sarastro: Hr. Fricke. Tamino: Hr. Schott. Papageno: Hr. Schmidt. Anfang halb 7 Uhr. Mittel-Preise. Letzte Opern-Vorstellung in dieser Saison. Im Scauspielhause. (155, Abonnements - Vorstellung.)

dau. Anfang halb 7 Uhr. Mittel-Preise. Sonnabend, den 14. Juni. Opernhaus. stellung. - Im Schauspielhause. Egmont. Trauerspiel in 5 Abtheilnngen von Goethe. von L. v. Beethoven.

7 Uhr. Mittel-Preise.

Leßte Schauspiel-Vorstellung vor den Ferien.

Es wird ersucht, die Meldekarten (sowohl zu den Opern- haus-, wie zu den Schauspielhaus-Vorstellungen) in -den Brief= fasten des Opernhauses, welcher sich am Anbau desselben, gegen- über der Katholischen Kirehe, befitidet, zu legen. '

Dieser Briefkasten i} täglih für die Vorstellungen des fol- genden Tages nur von 10 bis 12 Uhr Vormittags geöffnet.

Meldungen um Theater - Billets“ im Bureau der General- Intendantur oder an anderen Orten werden als nit eingegangen angesehen und finden keine Beantwortung. è

Der Regierungsbezirk Liegnitz in gewerblicher Beziehung. *)

Nach der Tabelle über die Produktion des Bergwerks-, Hütten- und Salinenbetriebes im preußischen Staate für das Jahc 1871 be- sißt der Regierungsbezirk Liegniß im Ganzen 26 Eisenhüttenwerke, welche sich zum Theil auf den Reickthum der langsam fließenden Gewässer des Flachlandes an Rasenerzen gründen. Namentlich die Flußgebiete des Schwarzwassers, der Sprotta, des Bobers, der Tschirne, der Ochel, der Spree und der Elster, fowie ihrer Nebengewässer sind reich an Wiesenerz und besißen dessen genug, um noch manches Fahrzehnt hindurch die Hohöfen zu speisen. Da die Rajenerze cin vorzugsweise für Gußwaaren geeignetes Eisen geben, so ist auch das Eisen sämmtlicher Hütten meist für diesen Zwet verwendet worden, und zwar der Regel nach unmittelbar aus dem Hohosen, ausnahmsweise mit- telst Umshmelzung im Kupolofen. Die Produktion der Hohöfen an Guß- waaren aus Erzen betrug im jährlichen Durchschnitt für 1865/70: 151,484 Ctr. im Werthe von 519,468 Thlr., im Jahre 1871: 180,297 Ctr. im Werthe von 737,483 Thlr. Die Kupolöfen, welche haupt- \ächlich englisches und oberschlesisches Eisen verbrauchten, haben 1865/70 durchs\chnittlich 263,036 Ctr. Gußwaaren aus Roheisen im Werthe von 783,017 Thlr., im Jahre 1871: 395,059 Ctr. im Werthe von 1,207,486 Thlr. erzeugt. Die Produktion derselben ist in den leßten Fahren erheblich gestiegen, von 183,912 Ctr. und 561,637 Thlr. Werth îm Fahre 1864 auf 395,059 Ctr. und 1,207,486 Thlr. Werth in 1871. Den Gegenstand des Hohofen- und Kupolofen-Gusses bildet ziemlich Alles, was in den Bereich der gröberen Eifengußwaaren fällt, als: Geschirre, Oefen, bauiiche, landwirthschaftliche, häusliche Bedürfnisse, Maschinenstüke und ist neben dem rohen Guß die Emaille in bedeu- tender Weise vertreten. Eine ganz hervorragende Stelle behauptet hierbei die Marien-Hütte zu Koßenau, welche der Größe der Produk- tion nah, besonders von Röhren, in der ersten Reihe aller Eisengieße- reien von Deutschland steht. :

Mehrere Eisenhütten beschäftigen sich auch mit der Fabrikation von fertigen Maschinen, namentlich für Haus- und landwirthschaft- liche Zwecke, während Dampfmaschinen der Hauptgegenstand des aus-

eten Betriebes der namentlich auch-die größten Maschinen für den Berg au liefernden Wilhelmshütte zu Ndr.-Eytau sind.

Außer Verbindung mit Eisenhütten stehen die ansehnlichen Ma- scinenbauanstalten zu Görliß, Kiesky, verschiedene klcinere _Eisen- gießereien und Maschinenfabriken zu Liegniß; Goldberg, Hirschberg, Wertshüß bei Jauer u. \. w. |

Der Bergwerksbetrieb des Regierungsbezirks ist im Allge- meinen unbeträchtlich, indeß hat die Steinkohlenproduktion (hauptsäch- lich im Landeshuter Kreise) zugenommen. Während im Jahre 1864 auf 9 Gruben 537,775 Ctr. gefördert wurden, lieferten im Jahre 1870 6 Gruben mit 422 Arbeitern 1,259,638 Ctr. im Werthe von 109,704 Thlr. Im Jahre 1871 i die Produktion dieser Gruben auf 1,598,294 Ctr, deren Werth auf 146,739 Thlr. und die Arbeiterzahl auf 595 gestiegen. Auch der Braunkohlenbergbau zeigt eine nicht un- exheblihe Zunahme. Im Fahre 1864 wurden auf 31 Gruben E C: in den Kreisen Lauban, Görliß, Rothenburg, Freistadt und

rünberg)3,783,591Ctr. gefördert, im Jahre 1870 dagegen auf 29 Gruben, welche 924 Arbeiter beshäftigten, 6,751,019 Ctr. im Werthe von 274,859 Thlrn. Das Jahr 1871 weist bei einer Arbeiterzahl von 1273 Mann eine Produktion von 7,281,863 Ctrn. im Werthe von 333,157 Thlrn. nah. Der Gewinn an Eisenerzen hat sih wenig verändert; die in den Gebirgsgegenden des Regierungsbezirks belegenen Gruben lieferten 1865 617,068 Ctr. im Werthe von 65,129 Thlrn., im Durchschnitt für 1866/70 dagegen 649,619 Ctr. im Werthe von 66,534 Thlr. Im Fahre 1871 wurden auf 21 Gruben mit 298 Ar- beitern 568,476 Ctr. Cisenerze im Werthe von 61,324 Thlrn. geför- dert. Außerdem wurden im Jahre 1871 noch gefördert : * Kupfererze 70,782 Ctr. für 8147 Thlr.) und Vitriolerze (14,108 Ctr. für 7054

hlr.) Zu erwähnen find au die Steinbrüche in den Kreisen Bunz- lau und Jauer, von denen diejenigen bei Warthau (Kr. Bunzlau) besonders hervorzuheben sind. :

Die Leinwand-Fabrik ation hat in Folge rationelleren Be- triebes in den leßten Jahren einen immer steigenden Aufschwung ge- nommen. Außer mehreren Röst-, Brech- und Schwinganstalten für Flachs besißt der Regierungsbezirk verschiedene größere R nenspinnereien zu Liebau, Landeshut, Erdmannsdorf u. #. w. We- berei, Bleicherei und Appretur find gleichmäßig bemüht, die alten Leinwandmärkte zu erhalten und neue zu erobern. Man darf behaup- ten, daß in den Zeiten der größten Blüthe des fchlesischen Leinen- handels der Absaß nicht bedeutender gewesen ist, als in den leßten Pagren. Muy die Ausfuhr nah den überjeeischen Märkten, welche früher das Leinengeschäft hauptsächlih bedingte, auch noch immer ver- gleichsweise gering genannt werden, fo ist die Nachfrage des Kontinents um \o ansehnlicher. Die mechanische Weberei wird immer umfaäng- reicher betrieben, besonders im Kreise Bolkenhain, zu Erdmannsdorf und zu Landeshut; die an leßterem Orte seit einigen Jahren eingé- rihtete mechanische Weberei mit über 200 Stühlen, welche vor- zugsweise Segclleinen, Drells 2c. für Militär:wecke arbeitet, sieht jeßt wiederum einer Erweiterung entgegen. Mit derselben ist eine Maschinen- näherei verbunden, in welcher auf ca. 60 Nähmaschinen Jacken, Hosen,

emden 2c. für das Militär fertig hergestellt werden. Außerdem be- ndet sih in Landeshut eine der größten Leinenbleichereien und Appre- turen von Schlesien. Auch die Handweberei ist im Kreise Landeshut ansehnlih vertreten; Ende 1864 zählte man 3561 Leinen-Webestühle, an welchen 481 Weber selbständig. und 2557 gegen Lohn mit 1213 Webergehülfen und 1898 Spulern arbeiteten. ie Zahl der ange- fertigten Gewebe und Stücke betrug 190,072 und hat si gegen das en al in welchem nur 83,644 Stücke gefertigt wurden, mehr als oppelt. : Die Tuchfabrikation, welche ihre vornehmsten Siße zu C Grünberg, Muskau, Sagan, Neukirch (Kr. Schönau), Lieg- niß, Goldberg u. s. w. hat, erfrevt sih gleihfalls eines großen Ge- dethens. In mehreren Städten gehen neben dem G auch die Kleingewerbe einer guten Zukunft entgegen, nachdem sie in gene haftlihem Betriebe sih dera Fortschritte der neuen Zeit angeschlossen aben. Jn Grünberg findet der kleinere Gewerbtreibende für die rhaltung seiner Selbständigkeit eine wesentlihe Stübe in der soge- nannten Vereinsfabrik, welche den minder Bemittelten die Benußung der Betriebseinrihtungen der großen Fabrikindustrie ermöglicht. Es besteht dort auch eine Musterwebe- und Fabrikanten-Schul e m Erziehung junger Kräfte, die das Tuchwaarengeschäft, den An- orderungen der Zeit entsprechend, nah allen Richtungen hin mit tech-

*) Unter Benußung mehrerer im Amtsblatte der Königlichen Re- gi zu iei, für das Jahr 1865 befindlichen Abe vom

nischer Sachkunde und käufmännischem Geschick zu leiten verntögen, Die ah aller Feinspindeln für Streichgarn betrug 1864 ca. 75,000 und Tchäbßte man den Gesamintwerth- der Jahresproduktion der Tuchmanafaktur im Regierungsbezirk auf 7 bis 8 Millionen Thaler.

Neben der Tuchfabrikation hat sich auch die Jndustrie der wollenen und halbwollenen Waaren ansehnlich gestaltet. Die bedeutendste Wollenwaaren - Fabrik ist die „Schlesische Wollen- waaren-Fabrik“ ist Liegniß, welche 2000 bis 2500 Frauen und Mädchen beschäftigt und 100 Strumpfwirkerstühle aufgestellt hat. Im Jahre 1871 hat dieselbe für 220,000 Thlr. Wollwaaren fabrizirt, welhe in Deutschland, England, Frankreich, Spanien, der Türkei, Oesterreich, Nord- und Südamerika, und Australien abgeseßt, Es werden viel geknüpfte, gestrickte und gehäckelte Wollenwaaren gefertigt und leistet auch Sagan in diesen Artikeln Bedeutendes. Große Kammgarn-Spinnereien bestehen in Hirschberg und Marklissa ; Orleans- Fabrifen am leßteren Orte und in Görliß. L

Die. Baumwollen-Manufaktur, welche sich auf eine Spinnerei zu Naumburg a./B. und mechanische Webereien zu Bolken- hain und bei Marklissa beschränkt, nimmt keine sehr große Stelle ein.

/ Die Papierfabrikation gehört zu den im guten Gedeihen stehenden Gewerbszweigen. Die Kreise Hirschberg, Schönau, Sprottau, Grünberg und Rothenburg zählen namentlich große und wohleingerih- tete Papierfabriken. Mehrere Mühlen der Gebirgsgegenden liefern den Holzfaserstoff, welcher gegenwärtig als Ersaß der theuren Lumpen von nicht geringer Wichtigkeit ist. Den Werth der im Jahre 1864 gefertigten Papiere shäßte män auf 700,000 Thlr.

Für den guten Gang der Glasfabrikation spricht die {nell wachsende Ausdehnung der vorhandenen und die Anlage neuer Glas- hütten. An der Spiße. derselben steht die berühmte Josephinenhütte in Schreiberhau mit ihre Kunsterzeugnisjen; daneben folgen Tafel- und Hohlglasfabriken in den Kreisen Landeshut, Bunzlau, Sagan, Görliß u, #. w. Unter. den Produkten derselben bilden namentlich Lampenartikel, als: Glocken, Cylinder 2c. Gegenstand der Ausfuhr au außerhalb des Zollvereins. Den Werth der Jahresproduktion an Glas shäßte man 1864 auf über 5 Million Thaler.

Die Thonwaarenfäbrikation, unterstüßt durch vorzügliche Thonerden, erfreut si eines sehr \{chwungvollen Absatzes. Das braune Topfgeschirr von Bunzlau und Naumburg a. B. ist in Amerika wie in Curopa bekannt und beliebt. Feronngens ist die Fabrikation von Kunstziegeln, Röhren und Bauverzierungen in Lauban von Augustin und Bartsch Bahnhöfe, Kirchen und andere Prachtbauten, namentlich das Berliner Rathhaus legen Zeugniß hiervon ab. Da- neben verdienen Erwähnung die gleichartigen Industrien zu Ullersdorf, Bunzlau, Naumburg 0. B., Rothenburg i. L. und Glogau (hier auch von Porzellanöfen), ferner von Steinzeug in Muskau und Naum- burg a, D. Die Manufakturen von orzellan und Steingut in Frei- waldau und Tiefenfurt erhalten sich gleichfalls in lebhafter Thätigkeit. Auch dic gewöhnlichen Ziegeleien erheben ih durch Anwendung neuer Ofensysteme, Benußung von Dampfkraft und Aufstellung von Ziegel- maschinen mehr und mehr auf eine höhere Stufe der Fabrikation. In den meisten Kreisen des Bezirks wird die Ziegelfabrikation in sehr shwraghafter Weise betrieben.

Zu denjenigen Fabrikationszweigen, welchenur vereinzelt vorkommen,

A von größerer Bedeutung sind, gehören namentlich: die Manu-

aktur von Brüffeler Spißen im Kr. PiLiGberg; die Fabrik von tür- U

kischen Teppichen und Deckenstoffen in Schmiedeberg und die dortige Band-, Seidenwaaren-, Plüsch- und Chenillefabrikation; die Anferti- gund von“ Silberwaaren in Liegniß; die Tabacks- und Cigarren- abrikation in Jauer, Liegniß, Görliß 2c.; die Stockfabriken zu Görliß und die dortige Eisenbahnwagenbauanstalt, eine Anlage ersten Ranges, deren Erzeugnisse auf vielen Bahnen des ÎIn- und Auslandes vertreten sind, und welche den größten Bestellungen gewachsen ist; die Fabrikation von geschnißten 2c. Holzwaaren im Kreise Hirschberg und in Jauer; die. Wachs: und Spielwaarenfabrikation im Kreise Hirsch berg; die großen Gerbereien in Jauer und Freystadt; die Handschuh- fabrikation in Hainau; die Zündwaarenfabriken in Hermsdorf (Kreis BelverW, arhwiß, Löwenberg 2c.; die Groß-Ubrenfabrikation in

logau und Hoyerswerda; tie Uhrenfabrikation in Lähn. Für Liegniß verdient noch die Hutfabrikation Erwähnung : die bedeutendste derartige abrik von Klein u. Co. fertigte im Jahre 1871 100,000 Stück ilzhüte, welche nah“ Nord- und Süddeut)\chland, Amerika, Schweden, änemark, Oesterreich, England und dem Orient abgeseßt worden sind. Auch die Pianofortefabrikation in Liegnitz ist bedeutend. A. Seiler, dessen Justrumente auf allen Ausstellungen der Neuzeit prämiirt wurden, baute 1871 400 Flügel und Pianinos, welche nach Deutsch- land, Rußland der Schweiz, Oesterreich, Italien, Rumänien, England, Amerika und Australien gingen.

Schließlich ist noch derjenigen Gewerbsanfstalten zu gedenken, welche unmittelbar für die Verarbeitung der Erzeugnissr der einhei- mischen B Land- und Gartenwirth\{chaft bestimmt sind: der Pech- Öfen und Theerschwelereien in den Kreisen Görliß, Rothenburg und Bunzlau; der Obstweinfabriken im Kreise Hirschberg; der Champagner- Fabrikation in Grünberg; der überall verbreiteten Mahl- und Del- mühlen, Brennereien, Brauereien, der Stärke- und Rübenzuckerfabriken, leßtere in den Kreisen Jauer, Liegniß, Glogau und Freistadt vertreten. Im Kreise Glogau sind im Jahre 1871 für 110,000 Thlr. Spiritus

ebrannt und gleichzeitig in demselben Kreise 28,000 Ctr. Stärke im erthe von 150,000 Thlr. gefertigt worden. Unter den Zuckerfabriken (5) r S a TCOO L Tus die Glogauer Fabrik ein, welche im Jahre ; r. Zucker zum Werthe von 270,000 Thlr. lieferte. 7 /

Wenn im Allgemeinen der gegenwärtige Stand. der Fabrifgewerbe des Regierungsbezirks Liegniß als ein günstiger bezeichnet werden kann, so ist auch die Lage der Arbeiter dur schnittlich eine befriedigende. Die Nachfrage nah Arbeitern übersteigt in den meisten Gegenden das Angebot und in Folge dessen haben sih die Löhne wesentlih gehoben und meist eine Stufe erreicht, welche dem wirthlichen Arbeiter nicht nur ein genügendes Auskommen gewährt, sondern ihm auch gestattet, bei geshicker Und seißiger Berwérthung seiner Arbeitskraft mehr oder minder erheblihe rsparnisse zurückzulegen. Um der Fabrikbevölkerung, welche der Mehrzahl- nah von ihrem in kleine Zeitabschnitte sich zertheilenden Lohne nur Groj@in auf Groschen Ps kann, Gelegenheit zu bieten, auch die kleinste Ersparniß

fennigen und Silbergroschen sicher und als fruchtbaren Keim begin- nender Kapitalbildung zurückzulegen, sowie um den Sinn dêr Spar- L bei Dee Klasse eraus wach zu rufen, sind mit mehreren abriken des Regierungsbezirks Sammel- und Sparkassen für die Fabrikarbeiter verbunden, welche gleichzeitig den Arbeitgebern An- laß darbieten, Zeugniß davon abzulegen, . daß sie auch außerhalb der Werkstätte das Wohl ihrer Arbeiter bis in deren eigenes Haus mit

stehen u. a. bei der Flahsgarn-Maschinen-Spinnerei zu Erdmanns- dorf (Ende 1864 Bestand 11,743 Thlr, 15 Sgr. 11 Pf. für 438 Personen) , bei der Flachsgarn-Maschinen-Spinnerei in Landeshut , bei welcher seit 1845— 1864: 24,160 Thlr. eingezahlt und 19,425 Thlr. zurücgezahlt worden sind (Ende 1864 Bestand 4734 Thlr.), be ider Fabrik von J. D. Gruschwiß und Söhne in Neusalz a. O. bei Freistadt (Ende 1864 Bestand 3654 Thlr. für 620 Personen), bei der Merggarn-Spinnerei zu Luckau bei Sprottau (Ende 1864 716 Thlr. Bestand), bei der Gevers- Schmid.schen Tuch-Appretur und Walkanstalt zu Leschwiß-Posotten- dorf, Kreis Görliß (Ende 1864 Bestand 7063 Thlr. für 137 Theil- nehmer), bei der v. Deckerschen Papierfabrik zu Eichberg, Kreis Schönau (Ende 1864 Bestand 4118 Thir. für 89 Arbeiter), bei der FSörsterschen Tuchfabrik in Grünberg (Ende 1864 Bestand 6272 Thlr. in 290 Conten), bei der Maschinen-Spinnerei zu Nieder-Märzdorf bei Bolkenhain. Die Spareinlagen der leßtgenannten Kasse, welche 1854 von 194 Sparenden 3731 Thlr. 25 Sgr. (durchs{nittlich 19 Thlr. 7 Sgr. 1 Pf. auf eine Person) betrugen, beliefen fich Ende 1864 von 225 Sparenden bereits auf 12,567 Thlr. 2 Sgr. (dur{snittlich 55 Thlr. 25 Sgr. 7 Pf. auf cine Person), gewiß der beste Beweis von dem segensreichen Einfluß, welche solhe Kassen auszuüben ver- mögen.

Auch die gewerblichen Unterstüßungskaässen, welche die gegenseitige Versicherung der gewerblichen Arbeiter, d. h. der Hand- werksgesellen und Gehülfen, sowie der Fabrikarbeiter, gegen die Ge- sundheitsgefahren des menschlichen Lebens, gegen die wirths{chaftlihe Noth, welche im Gefolge von Krankheit, Gebrechlichkeit, Alters- \{chwäce und Tod nur zu oft hereinbriht, bezwecken, haben fich im Regie=- rungsbezirke Liegniß als äußerst nüßliche Anstalten erwiesen. Am Schlusse des Jahres 1870 betrug die Anzahl der gewerblichen Unter- stüßungskassen im Regierungsbezirk 335 mit zusammen 34,115 Mit- gliedern und zwar:

a, 142 Kassen für Handwerksgesellen und Gehülfen mit 11,290 Mitgliedern, welche an Beiträgen 12,117 Thlr. 19 Sgr. 6 Pf. auf- brachten, Davon wurden verausgabt 11,100 Thlr. 21 Sgr. 4 Pf. alé Krankenunterstüßung, 652 Thlr. an Hinterbliebene verstorbener Mitglieder, 246 Thlr. Invalidengelder, 270 Thlr. an Verwaltungs- kosten. Bestand war Ende 1870: 18,437 Thlr.

b. 180 Krankenkassen für Fabrikarbeiter mit 20,193 Mitgliedern, welche im Laufe des Jahres 41,123 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf. Beiträge zahlten. Davon wurden verausgabt: an Krankenunterstüßungen 39,211 Thlr., an Hinterbliebene verstorbener Mitglieder 1691 Thlr., an Invaliden-Pensionen 3589 Thlr., aa Verwaltungskosten 394 Thlr. Das gesammte Kassenvermögen belief sich am Jahres\chluß auf 63,330 Thlr

c. 6 Gemeinschäftliche Krankenkassen für Gesellen und Fabrik- arl eiter mit 1767 Mitgliedern. An Beiträgen kamen 2750 Thlr. 5 Sgr. 5 Pf. ein. Die Krankenunterstüßungen betrugen 2452 Thlr. 14 Sgr. 9 Pf., an Hinterbliebene verstorbener Mitglieder wurden 148 Th1r. gezahlt. Die Verwaltungskosten beliefen fich_ auf 83 Thlr. Der Bestand des Kassenvermögens war am Jahres\lusse 4433 Thlr, 12 Sgr. 1 Pf. f

d. 7 Jnvaliden-, Alter-, Versorgungs- und Wittwenkassen für Fabrikarbeiter mit 865 Mitgliedern, welche an Beiträgen 3356 Thlr. aufbrachten, 3142 Thlr. an Pensionen 2c. und 127 Thlr, Kranken- gelder zahlten. Die Verwaltungskosten betrugen 66 Thlr., das Kassen- vermögen am Jahres\{chluß 33,266 Thlr. 15 Sgr. 5 Pf. Außerdem waren noch 12 JInnungs-Sterbekässen mit 1058 Mitgliedern vorhanden, welche 260 Thlr. 29 Sgr. 6 Pf. Beiträge leisteten. An Sterbegeld wurden 372 Thlr. Gebt und war der Kassenbestand Ende. 1870: 5806 Thlr. 5 Sgr. 2 Pf.

Aus der Höhe der für die einzelnen Kassen in Betracht kom- menden * Ziffern läßt sih beurtheilen, von welcher Wichtigket die vorgedachten Anstalten niht nur für die Arbeiter, als Schuß und Schirm gegen die Noth menschlicher Hinfälligkeit und für die Ge- meinden als Einrichtungen vorbeugender Armenpflege sind. Abgesehen hiervon sind sie aber auch als lebendige Zeugnissé menschenfreundlicher Gemeinschaft und sittlicher Zusammengehörigkeit der Arbeiter und der Arbeitgeber, welche den einzelnen Kassen erhebliche Zuschüsse gewähren, vom höheren Standpunkte aus zu {äßen.

Schließlich ist noch zu erwähnen, daß an einigen Orten neben der allgemeinen, alle Gesellen BEUOS Krankenkasse noch besondere Unterstüßungskassen für die Gesellen einzelner Handwerke bestehen, um den leßteren eine reislichere Hülfe zu gewähren, als dies aus jener Kasse allein möglich ift.

Bäder-Statistik.

ersonen. Aachen bis 3. Juni. ._. , Pert Baden-Baden bis 2. Juni. . Baden bei Wien bis 24, Mai Burtscheid bis 3. Juni . Carlsbad bis 4, Juni Creuznach bis 5. Juni , Elmen bis 5. «Juni Ems bis 29. Mai . Elster bis 3: Juni . Gaste. c t Gleichenberg bis !, Juni . Gall in Oberösterreih . E bis 1. Juni {ch1 bis 3. Juni . : Kissingen bisl. Juni .. . . arienbad (Böhmen) bis 9. Juni. . Meran bis 22.Mai Nauheim bis 1, Juni . Oyenhausen bis 1, Juni Salzbrunn bis 6. Juni . 4 Trenchin-Tepliÿß Tepliß (Böhmen) bis 6. Juni Kurgäste P a or at v) 8 Wiesbaden bis 8. Juni . .

Redaktion und Rendantur: Schwieger.

Berlin, Verlag der Expedition (Kessel). Druck: H. Heiberg Vier Beilagen

ch. Regierungs-Rath Jacobi.

thätiger Fürsorge begleiten. Derartige Sammel- und Sparkassen be-

(einshließlich der Börsen-Beiläge).

Maria und Magdalena. Schauspiel in 4 Akten von Paul Lin- Keine Vor-

(156. Abonnements - Vorstellung). Musik Hr. Staegemann, vom Thalia - Theâter in Hamburg: Graf Egmont, als leßte Gastrolle. Anfang halb

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

Me 137.

Donnerstag, den 12. Juni

1878.

2 N

T A D

Neichstagsangelegenheiten.

Berlin, 12. Juni. In der gestrigen Sißzung des Reichs- tages erwiderte in der Diskussion über den Geseyentwurf, be- treffend die Geldmittel zur Erweiterung der Dienstlokalien des Auswärtigen Amts der Reichskanzler Fürst v. Bismarck auf eine Anfrage des Abg. Grafen Rittberg:

Nach unserer Berechnung würden

am Wilhelmsplaß hergestellt sein werden, die Miethe des

Nr. 70 a. vollständig wieder aufgeben

noch nicht abgelaufen ist, durch anderweitige Vermiethung zur Dcckung gelangen Ob und wie weit cs thunlich sein wird, die Räume des

eckerschen Hause zu ‘entbehren, das

Unterbringung der Eisenbahn-Abtheilung und anderen Einrichtungen ab, die sich noch -der Berechung entziehen. nit in der Absicht, daraus ein Definitivum zu machen.

In der zweiten Berathung des Etats der Zölle und

Verbrauchssteuern für 1874 nahm Ober-Regierungs-Rath Dr. Mi

Abg. Dr. Braun das Wort : Meine Herren!

Redners, Ihnen darzulegen, welche Erwägungen Ü

Bundesrathe in der vorigen Session,

ngeregt wurde, und in neuester Zeit infolge erneuter Anregung der via ch eine Petition, stattgefunden haben. Es handelte fich darum, daß nach Angabe der diesseitigen Eee die französi schen Zuckerraffineure eine Ausfuhrprämie dadur i bei der Entnahme des Zuckers aus den Entrepots Rohzuckter von hö- herem Gehalte zu einem für niedrigeren Gehalt berechneten Steuersaße versteuern, weil derselbe theilweise fünstlih gefärbt fei, theilweise au die Typen-Unterschiede, welche in Frankreich eingeführt sind, nicht genau dem wirklichen Zuckergehalte entsprechen. ; daß der französische Raffineur eincn niedriger, d. h. unter seinem Ge-

Frage dur

halt ver} gütigung erhalte, als

Gehalte versteuert. Der Bundesrath h } liche Feststellungen veranlaßt über den Zucker-Import im Laufe des Jahres; dieselben sind bis zum Schlusse des Jahres fortgeseßt, und es läßt sih aus diesen die Bewegung des Zuerhandels übersehen. Nit dieser muß man zusammenhalten die Entwickelun der Zuckerproduktion, “und aus einer Vergleichung beider haben fi

Ich will zunächst die Zuckerpro- duktion Ihnen vorführen. Es sind versteuert in der Campagne

vorigen

dann folgende Resultate ergeben.

1870/71 = 61,000,000 Ctr. Rüben,

folge der ungünstigen Ernte 45,000,000 Ctr. Rüben, und vom Sep- tember 1872 bis März dieses Jahres infolge der wieder S Es is also eine Minderversteuerung von Zuckerrüben in der Campagne, deren Ergebniß für das Jahr 1872 maßgebend war, gegenüber dem Vorjahre eingetreten, von 16,000,000 Wenn man nun, um überschläglich zu rechnen, 12 Ctr. Rüben auf 1 Ctr. Rohzucker rechnet, fo hat sich cine Minderproduktion ergeben von 1,333,000 Cir. Rohzucker. a ist der Bedarf des Zollgebiets in dem Jahre 1872 dadurch ge gen in das Zollgebiet aufgenommen würde.

Wenn man einen Konsum von ungefähr 10 Pfund pro Kopf der Bevölkerung rechnet, so ergiebt das einen Mehrbedarf von rund 160,000 Centner; diesen zu der Minderprodufktion gerechnet, ergiebt sich eine Neränderung der Differenz zwischen 1872 und dem Vorjahre von 1,333,000 Ctr. Plus 160,000, also um rund 1,400,000 Ctr. Die ge- sammte Einfuhr von Rohzucker und Raffinade hat im Jahre 1872

Ernte 63,000,000 Ctr. Rüben.

Ctr. Rüben.

betragen 877,000 Ctr., dagegen im

Mehrimport betrug also 666,000 Ctr. } Jahres rent sih auf 574,000 Ctx. ; im Ganzen also ist durch Mehr- einfußr und Minderausfuhr mehr für das Inland disponibel geblieben Dieses Plus, auch wenn man für die darin enthaltene Raffinade - eine Differenz hinzurechnet , dedt niht das Minus, welches hervorgerufen ist duréh die Minderproduktion und den Zugang an Consumtion : Die stattgefundene Mehreinfuhr von Zucker kann also keine Veranlassung zu Bedenken geben.

Anders liegt die Frage in Betreff des Verhältnisses, in welchem Rohzucker und Raffinade eingeführt werden. In i allerdings die Thatsache hervorgetreten, . daß ein erheblicher Mehr- import an Raffinade stattgefunden hat.

der Betrag von 1,240,000 Ctr.

Ganzen importirt im Jahre 1872

60,000 Ctr., also im Jahre 1872 circa 240,000 Ctr. mehr und es famen über c Grenze Frankreichs nach_ Deutschland 249,000 Ctr. gegen nur 14,000 Ctr. im Jahre 1871.

R A f eine

aussetzung, daß die französi

un

eig Bei dieser Erw ; n fommen au

achen noch anderweitigè omente

die hauptsächliz,e Einfuhr aus Frankreich über die elsässisch-lothringische rende M Aga hat und da} die alten Beziehungen von Glsaß-

ih es . nicht erstaunlich t wenn, nachdem Elsaß-Lothringen in die Zollvereinsgrenze eingezogen

Lothringen zu Frankreich

ist, die Handelsbeziehungen zu

inmal bestehende Handelsbeziehungen eutend S aae der sich auch gegenüber Aenderungen der Tarife auf-

recht erhält, namentlich wenn, wie einstarif der Fall it, der Zollschuß,

bedeutend ist. Dieser Konservatismus beruht nicht “blos in dem Vor- theile, welche altgewohnte Handelsbezichungen bieten, sondern auch in der Meinung des Publikums. Jch erinnere Sie daran, daß es noch heute viele Menschen giebt, welche Rübenzucker perhorresciren und nur jolchen Zucker genießen, von welchem sie glauben, daß es indischer Zucker sei was exr thatsächlih sein mag, können fie ja nicht wissen.

Die qweité Thatsache ist interesse an dieser Frage, gegeben ist für diejenigen Staaten,

der Zuckerzölle und Zuersteuer

stehen, Es sind dies die Staaten England, Holland, Belgien. Da ist

nun die Thatsache hervorgetreten,

aelis in Anknüpfung an die Erörterungen des Abg. v. Goppelt über Tarifreformen nah dem

Sie werden nit erwarten, daß ih bei der Be- rathung des Etats das Feld der allgemeinen Handelspolitik betrete, auf welches uns der erste Herr Redner geführt, und welches auch der zweite Herr Redner nicht ganz vermieden hat. Jch nehme nur Veran- lassung aus der Erwähnung der Zuekerfrage seitens des ersten Herrn

teuerten Rohzucker raffinire und von dem Export eine Ber- habe er. seinen Rohzucker nah dem wirklichen

tarke Vermehrung an Raffinadeeinfuhr und zweitens ehr bedeutende Einfuhr über die französische Grenze eingetreten. Dies sind die statistischen EMLGED Die Frage, um welche es si handelte war die: ob gegenuber der zur Sprache gekommenen BVor- Ven Raffineure bei der Ausfuhr eine Aus-

fuhrprämie geniéßen, es gerechtfertigt sei, eine allgemeine Erhöhung tre Eingangszolles für Raffinade cintreten zu lassen, ob jene Vor- aussezung uns eine Veranlassung fein könnte, um eine so tief durch- greifende Maßregel, wie die allgemeine Erhöhung des Raffinadezolles eine Maßregel, welche den Zuerkonsum en vertheuert, zu recht-

das Interesse in

wir, sobald die Baulichkeiten Hauses

können, resp. wenn der Vertrag

hängt einigermassen von der

Jedenfalls aber liegt es

der Bundeskommissar Geh.

iber diese Frage im wo bekanntlich die Frage zuerst

genießen, daß fie

Dies führe dahin,

at infolge dieser Angaben monat-

in der Campagne 1871/72 in-

tiegen, daß, Elsaß-Lothrin-

Jahre 1871 211,000 Gtr., der Die Minderausfuhr desselben

In diejer Bezichung ist

Es wurde an Raffin@de im 301,000 Ctr., im Jahre 1871

Da ist also erstens eine ver-

er den statistischen That-

in Betracht. Erstens die, daß

erscheinen lassen,

rankrei) noch fortdauern. aben einen sehr bedeutenden

cs in diesem Falle beim Zollyer- den die Raffiueric gcaießt, nicht

daß das Haupt- erster Linie welche mit Frankreich in betreff in dem Konventionsverhältniß

aber die,

-nicht äußerst dringende Veranlassung 1n den thatsächlihen Verhält-

diesen Konventionsstaaten Verhandlungen eröffnet sind: es sind diesel- ben Klagen, die im Zollverein laut wurden, in Belgien, in Holland und in England laut geworden, und es haben über die Frage, Ver- handlungen stattgefunden, bei welchen sich die französishe Regierung einer Prüfung des Sachverhaltes auch ihrer Zuckerbesteuernng nicht entzogen hat. Es ist ferner die Frage von dér französischen Regierung selbst au3 eigener Initiative ebenfalls in Erwägung gezogen worden. Nun würde es doch wohl nicht gerechtfertigt jein, wenn nissen des Verkehrs hervorträten, mit einer so shwerwiegenden Maß- regel hzrvorzutreten gegenüber einem _Uebelstande, dessen Korrektur die nâcbstbetheili ten Staaten, einschließlich Frankreichs, selbst in Er- wägung gezogen haben. Der Bundesrath Hat daher dafür gehalten, daß die Thatsachen, welche jeßt vorliegen, eine so \chwerwiegende Maß- nahme, wie die Erhöhung des Zolles für Raffinade sein würde, nicht rechtfertigen, und daß dieje Maßnahme um |0 wemger gerechtfertigt sein würde, als zur Zeit die Konventionsstaaten selbst in Erwägung Über die Reform ihrer Zuckerbesteuerung begriffen find.

In Betreff der Rübenzuckersteuer antwortete der Präsident des Reichskanzler - Amts Staats - Minister Delbrück auf eine Anfrage des Abg. Sombart, wie es mit dem vom Bundesrath eingeforderten Gutachten über den Prozentgehalt des Rohzuers an raffinirtem Zucker stehe: ;

Meine Herren! Um zunächst mit dem leßten Wunsch des Herrn Vorredners anzufangen, so muß ich die Thatsache konstatiren, daß bis jeßt an das Reichskanzler-Amt oder den Bundesrath das von ihm er- wähnte Gutachten noch nit gelangt ist, daß indessen, sobald es an das eine oder das andere Organ gelangt, gewiß die der Wichtigkeit der Sache entsprechende Berücksichtigung nicht fehlen wird.

Was dagegen den anderen Wunsch anbelangt, so, bin ih der Meinung, daß der Herr Vorredner die Zwecke der Statistik und die Zwecke des Etats verwechselt. Der Etat mit seinen Anlagen hat nicht den Zweck, Statistik zu treiben, er hat die ganz einfache Aufgabe, That- sachen, die in gewissen Vorjahren vorgekommen sind, zuf ammenzustellen und aus dem Durchschnitt dieser Dg gewisse Folgerungen zu ziehen. Die Statistik hat eine ganz andere Aufgabe. Für eine Statistik des Zueerverbrauchs sind allerdings hier die Anlagen des Etats nicht ge- eignet, fie haben auch nicht entfernt die Bestimmung, eine Statistik des Zuckerverbrauchs darzustellen. Es würde sih nun ja an, sih ma- chen lassen, vielleiht ohne übergroße Schwierigkeit die Zolleinnahmen vom Zucker hier in die Uebersicht über Rübenzuckersteuer mit aufzu- nehmen, aber, meine Herren, das würde etn sehr viel fälscheres Re- sultat geben, als das jeßt hier vorliegende ist, vou dem ih überhaupt nicht zugeben fann, daß es an si unrichtig ei. 4

Das Verhältniß, in welchem -den_ einzelnen Bundesstaaten die Verwaltungskosten für die Rübenzuckersteuer erstattet werden, ist ein vollkommen - anderes, erfolgt nach ganz anderen Säßen als die Erstatttung der Erhebungs- und Verwaltungskosten von Zöllen; man würde daher genöthigt jein, wenn man die Zolle und die Rübenzuckersteuer in dieselbe A eil n Ae am wollte, ganz ins. Blaue hinein einen gewisjen Antheil der Erhebungs- und

eine Ver\pätung in

enorme Arbeitslast erspart worden bei den

Verwaltungskosten der Zölle auf den Zucker zu übertragen oder darauf verzichten, und dann ein vollkommen unrichtiges Bild erhalten. Wie gesagt, für die Zwecke des Etats halte ich ‘eine Aidere Methode, wie die hier befolgte, ine der That nicht zulässig; was die Statistik.betrifft, so wird sie dur das Organ des statijtishen Amtes anderweit ihre Scbuldigkeit an.

Zur Branntweinsteuer wünschte der Abg. Dr. Birnbaum zu wissen, ob die Fahrikatsteuer des Branntweins in der näch- sten Zeit eintreten werde. Der Präsident Delbrück erwiderte :

Meine Herren! Jh bedauere, daß ich die von dem Herrn Vor- redner gewünschte Aufklärung zu geben nicht im Stande bin, ich glaube aber, es liegen auch die Gründe sehr klar vor, weshalb ih es nicht fann. Daß die Versuche, die nöthig fein, um die Frage zu entscheiden, ob eine Fabrikatsteuer, zunächst mit Rücksicht auf die Sicherstellung des Steuerertrages eingeführt werden kann, ununterbrochen fortdauern und daß sie, soviel mir im Augenblicke bekannt ist, dem Abschlusse nahe sind. Das kann ich konstatiren. Jh kann ferner konstatiren, daß eben deshalb, weil die Versuche noh nicht abgeschlossen worden sind, der Bun- desrath mit der Frage der Einführung der Fabrikat steuer sich noch nicht beschäftigt hat. Welches Resultat demnächst die unzweifelhaft nach der Natur der Dinge eintretende Erwägung dieser Frage im Bundesrathe haben wird, wol ih nicht; wüßte ih es aber au, so würde ich doch nicht in der Lage sein, die Frage des Herrn Vorredners zu be- antworten, denn ih würde völlig außer Stande sein, mir ein Bild davon zu machen, wie der nächste Reichstag diese Frage anschen wird.

Wenn der Herr Vorredner hingewiesen hat auf das Interesse, welches die Landwirthschaft daran hat, rechtzeitig vorher zu wissen, ob eine Aenderung der Steuer eintritt oder nicht, so hat er darin nach meiner Auffassung vollständig Recht, ih glaube aber, daß diejes SInteresse in gar keiner anderen Weise wahrgenommen werden kann, als dadurh, daß, wenn Bundesrath und Reichstag fich über einen Gesetzentwurf wegen Einführung der Fabrikatsteuer einigen sollten, demnächst der Einführungstermin einer solchen Maßregel so geräumig gegriffen wird, daß die Landwirthschaft die Füglichkeit hat, sich danach einzurichten. : :

Jn Betreff der Wechselstempelsteuer erklärte der Präsident Delbrîck mit Bezug auf mehrere von dem Abg. y. Puttkamer (Sorau) gemachten Ausstellungen: , z

Meine Herren! Ueber einzelne Bestimmungen der von dem Herrn Vorredner erwähnten Bekanntmachung find aus dem Schooß des Han- delsstandes zahlreiche Beschwerden erhoben worden, die allerdings zum Theil ich N zum Theil als begründet anzuerkennen waren. In Folge dessen hat das Reichskanzler-Amt dem Bundesrath eine Vor- lage gemacht, welche dahin gerichtet ist, einzelne Bestimmungen der Bekanntmachung, die zur Ausführung des Wechselstempelgeseßes er- lassen ist, abzuändern und_ zu ergänzen. Wäre i unterrichtet gewesen, daß der Gegenstand zur Sprache kommen würde, #0 würde ich in der Lage gewesen sein, etwas Näheres darüber zu sagen; augenblicklih bin ih in E E formellen Materie nicht in der Lage, auf Cinzelheiten einzugehen. S

“Was die Frage der Rechtsverfolgung betrifft, so ist dieselbe in- soweit geseßlich geordnet, als im Wechselstempelgeseß selbst ausdrüd- lich gesagt ist, daß die Kontraventionen wle Kontraventionen gegen Sehe der Einzelstaaten zu verfolgen find. Daß das im einzelnen Falle einmal zu Schwierigkeiten führen kann, ist nicht zu verkennen, denn es fam ja ein Angehöriger eines Bundesstaates, in dem be- stimmte Icormen bestehen, vor dem Forum eines anderen Bundes- staates erscheinen, wo andere Normen bestehen, die ihm nicht bekannt sind. Ob es etwas helfen würde, ‘eine Publikation dieser Einzel- bestimmungen zu erlassen, will ih dahin, geren sein lassen; i glaube, sie würden nit gelesen werden und die Beschwerden im Einzelfalle

daß Über dieselbe Frage zwischen

würden genau jo eintreten, wie sie jeßt eintreten. Zur Sprache beim Reichskanzler-Amt ist, so viel ih mich erinnere, gerade dieser Punkt

nicht gekommen, indessen es wird sich ja fragen, ob sich eine Methode finden läßt, dos Publikum auch in dieser Beziehung aufzuklären, denn M weitcrem : als zu einer Aufklärung ist der Bundesrath nicht vefugt. x

Bei dem Etat der Postverwaltung bedauerte der Abg.Seelig, daß die Postverwaltung den Ausgabestempel auf Briesen auf- gehoben habe. Der Bundesbevollmächtigte Geheime Ober-Post- rath Dunkel entgegnete: ;

Meine Herren! Die Aufhebung des Anfkunfts\tempels für Post- karten, Druésachen 2c. in Berlin auch für Briefe, ist für zulässig er- achtet worden, weil man dieselben als eine ganz wirksame Kontrole nicht hat ansehen können. In Betreff der Sendungen, die nur durch ein Versehen verspätet bestellt werden, läßt es f immer nah dem Aufgabestempel ziemlich klar feststellen, wo diejes Versehen vorge- fommen ist; die Fälle aber und ih glaube, das sind auch in der That recht wenige wo eine absichtlihe Verspätun L Folge von Nachlässigkeit, namentli des bestellenden Personals vorliegt, werden dur diesen An- funfts\tempel auch nicht unzweifelhaft konstatirt, da die Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, daß eben der Ankunftsstempel dann auch ein falscher ist. Durch die Abschaffung dieses Kontrolstempels ist eine : eitslc irt ostanstalten. Wenn Sie sich an die vielen Millionen von Briefpostgegenden, namentlich an die vielen Millionen von Drucksachen, die durch die Post versendet werden, erinnern, so werden Sie keine weitere Begründung von mir erwarten, daß, wenn wir uiht mehr genöthigt fiud, jede dieser einzelnen Sendungen außer mit dem Abgangsstempel auch am Ankunftsort nochmals mit dem Ankunftsstempel zu bedrucken, das in der That eine erhebliche Ersparniß an Arbeitsk:-äften, außer- dem aber und das kommt für das forrespondirende Publikum ja besonders in Betracht und ist der Hauptgrund für unsere Maßregel

au eine sehr erhebliche Ersparniß an Zeit ist. Gerade in den großen

Städten, vornehmlich hier in Berlin, wird die Bestellung dadurch zum Theil um eine halbe Stunde und noch mehr gefördert, daß wir diese Kontrolmaßregel haben wegfallen lassen.

Auf die Bemerkung des Abg. Seelig, daß néuerdings die Unsicherheit ín der Briefbestellung größer geworden sei, er- widerte der genannte Bundeskommissar:

Dem gegenüber erlaube ich mir do aus unserer amtlichen Er- fahrung zu konstatiren, daß wir von der Zeit ab, wo eben dieser Kon- trolftempel abgeschafft worden ist, eine Vermehrung der Beschwerden über verspätete Briefbestellungen nicht wahrgenommen haben.

Der Bundeskommissar General-Telegraphen-Direktor Mey- dam erklärte auf eine Anfrage des Abg. Schmidt (Stettin):

Meine Herren! Die erste semaphorische Station, welche Seitens der Reichs-Telegraphenverwaltung angelegt wurde, befindet sih seit dem 15. Mai d. J. auf der Insel Vangeroog in Funktion. Es ist dieser Punkt gleich günstig für die Elb- und Weser-Schiffahrt und die Erfahrung der nächsten Zeit wird herausstellen, ob diese Station häufig benußt werden wird und wichtig für die Schisfahrt und den Handel ist. Sollte an irgend einem günstigen Punkte der Wunsch und die Zweckmäßigkeit hervortreten, mit den Telegraphenstationen cin der Küste semaphorische Stationen einzurichten, fo wird das Seitens der Telegraphenverwaltung gern geschehen; die ersten Anlagekosten sind nit bedeutend, wenn fich ein passendes Bauwerk, wie etwa ein hoher Leuchtthurm, vorfindet. Anderweitige Punkte für die Anlage von femaphorischen Stationen find für jebt allerdings niht in Aussicht genommen. Das bei dieser Frage interessirte Publikum der Schiffahrt und des Handels legt ein großes Gewicht darauf, daß auch auf der Fnsel Helgoland eine solche Station sei. Helgoland liegt außerhalb Deutschlands, es ist aber troßdern Ausficht vorhanden, daß noch inx Laufe dieses Sommers eine mit den Telegraphen zusammenhängende semaphorishe Station auf diefer Insel angebracht wird.

Petitionen von Telegraphen-Beamten aus Mez und Mül- hausen, über welche Abg. Nieper referirte, hatten die Budget- Kommission zu dem Antrage veranlaßt, dieselben, soweit sie die Gleichstelung der Lokalzulagen der elsässishen Telegraphen-

Beamtén mit den Lokalzulagen der anderen im Reichslande an- gestellten Beamten betreffe, dem Reichskanzler zur Berüsichtigung zu überweisen. Der Präsident Delbrü erklärte hierüber:

Meine Herren! Die Frage, die der Herr Berichterstatter soeben ausführlich erörtert hat, wird sich zum Theil wenigstens erledigen, wenn das dem Reichstag vorliegende Geseß über die Wohnungsgeld- zuschüsse zu Stande kommt, indem alsdann diese Beamten, ih glaube \ämmtlich, eine Aufbesserung ihrer lokalen Zulagen erfahren werden. Fndessen abgesehen hiervon, glaube ich, daß die Frage im Allgemeinen eine schr große prinzipielle Bedeutung hat und zwar einfach die Frage, ob der Reichstag noch Herr ist über die Dienstbezüge, welche. die Reichs- beamten haben jollen, oder ob ex wenigstens für einen Theil dieser Bezüge die Disposition darüber abzutreten hat an dic Landesverwaltung. Die Lofalzulagen, die in Elsaß-Lothringen den Beamten bewilligt find, find ihnen jeßt bewilligt auf Grund eines von Sr. Majestät dem Kaiser mit Zustimmung des Bundesraths erlassenen Etats. Die Gesichts- punkte, welche bei Erlaß diescs Etats leitend gewejen sind, sind hier wiederholt erörtert. Es kam, da wir leider in der Nothwendigkeit waren, ganz überwiegend bei der Beseßung der Beamten tellen nicht auf Eingeborene des Landes zurückgehen zu können, sondern auf An- gehörige anderer Bundesstaaten zurückgehen zu müssen, es kam dieser jehr unerwüüschten Nothwendigkeit wegen für uns darauf an, die nö- thige Anzahl und zwar vorzugsweije, tüchtiger Beamten zu wählen, und diese Nothwendigkeit führte dahin, nicht blos durch Gehaltssäße, sondern auch dur Lokalzulagen eine Prämie für den Einiritt in den Dienst füx Elsaß-Lothringen zu geben. i: :

Wir sind, als wir diese Lokalzulagen festgestellt haben, Leineswegs der Meinung gewesen, daß unter normalen Verhältnissen, wenn wir die Beamten aus dem Lande selbst hätten rekrutiren können, diese Be- züge in der Höhe nothwendig gewejen wären, wie sie angeseßt sind. Sie sind nothwendig geworden, eben weil sie enthalten mußten eïne Prämie für den Eintritt in den Dienst. Ob solche Verhältnisse in Zu- funft fortdauern werden, lasse ich dahingestellt sein. Es kommt mir hier auf das Prinziy- an. Es kann ja künstig in Elsaß-Lothringen ein eigener gelegene örper bestehen, der es angemessen findet, die Gehalts- Verhältnisse anders zu reguliren, etwa so das das eigentliche Gehatt ermäßigt, die Lokalzulage erhöht wird. Will dann der Reichstag feine Befugnisse, selbständig über die Lokalzulage zu disponiren, abdiziren, will er sie einer Landesvertretung überlassen? Was in Elsaß- Lothringèn geschehen kann und zum Theil gesehen ist, das kann in jedem anderen Bundesstaate auch gesehen. 8 kann in ande= ren Bundesstaaten sih auch das uri ergeben, durch Lokalzulagen ein ungenügendes Gehall zu verbessern. Soll denn das Reich jedesmal nachfolgen mit den Lokalzulagen? Wir kämen damit, glaube ih, auf einen Boden, den wir nicht - betreten können. Dazu is er zu ab» \chüssig. Ich kann Ihnen nur empfehlen, den Antrag der Budget

Kommission anzunehmen,