1873 / 239 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 10 Oct 1873 18:00:01 GMT) scan diff

—— Die Bureaus des Reihseisenbahn-Amtes sind nach der Alsenstraße Nr. 3 verlegt. Bei demselben is

der Königlihe Baurath a. D. „Bieler als Hülfsarbeiter ein=- |

getreten. x i

Der General-Lieutenant “Gräf von Brandenburg,

Commandeur der Garde-Kavallerie-Division und General-Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs, hat sich mit einem mehr- wöchentlihen Urlaube nah Domanze in Schlesien begeben.

Der Oberst und Abtheilungs-Chef im Kriegs-Ministerium von Hartmann is von seiner Dienstreise hierher zurückgekehrt.

S. M. Kanonenboot „Meteor“ is am 8. d. Mis. in Gibraltar angekommen.

Dortmund, 9. Oktober. (W. T. B.) Bischof Dr. Reinkens if heute Nahhmittag 51/, Uhr von Berlin hier ein- getroffen, um der morgen hier stattfindenden ersten Provinzial- S der westfälishen Altkatholiken beizu- wohnen.

Stettin, 9. Oktober. Der am 5. d. Mts. hier eröffnete 20. Provinzial-Landtag des Herzogthums Pommern und Fürstenthums Rügen hat seine Verhandlungen beendigt und ist von dem Königlihen Landtags - Kommissarius, Ober - Präfi- dent Freiherr von Münchhausen, heute vorschriftsmäßig geschlossen worden.

Hannover, 9. Oktober. Der Provinzial-Landtag erledigte heute eine erheblihe Anzahl von Gegenständen. Er genehmigte die Erwerbungen für die Irrenanstalten zu Hildesheim und Göttingen, die Erweiterung der Räumlichkeiten in Moringen, ferner Abänderungen der Verfassungen der Bremen-Verdenschen und Hoya-Diepholzschen' Landschaft, bewilligte die Mehrkosten für den Ausbau des Ständehauses und bevollmächtigte den Verwaltungsaus\{chuß, wegen Uebertragung der Chaussee-Ver- waltung auf die Provinz mit der Königlichen Regierung zu-ver- handeln.

Bayern. München, 8. Oktober. Der Regierungs-

Präsident von Zwehl hat einen vierwöchentlihen Urlaub an- etreten.

y Die erledigte oberfränkishe Regierungspräsi- dentenfstelle wird, dem „Korr. v. u. f. D.“ zufolge, vorläufig unbesegt bleiben. e i

Nach dem gegenwärtig im Druck befindlihen Eutwurf des Finanzgeseßes für die X]. Finanzperiode 1874 und 1875 find die gesammten Staats - Einnahmen und Ausgaben auf 120,878,892 fl. bilanzirt. An direkten Steuern sind für jedes Jahr der X11. Finanzperiode zu erheben à. an Grundsteuer zwei ganze und vierzehn Fünfzehntel Simpla, b. an Haussteuer und zwar sechs ganze und neun Zehntel Simpla der Areal- und zwei ganze und drei Zehntel Simpla der Miethsteuer, c. die Gewerbesteuer nah dem Geseye vom 1. Juli 1856 mit Zuschlag von einem Zwanzigsiel, d) die Kapitalrentensteuer nah dem Ge- seße vom 31. Mai 1856 mit einem Zuschlage von einem Zwan- zigstel, e. die Einkommensteuer nah dem Geseße vom 31. Mai 1856 mit einem Zuschlage von einem Zehntel. Unter den Ausgaben sind 300,000 fl. für Aufbesserung der Pensionen der Staatsdiener und ihrer Relikten angeseßt.

Wie die „AUg. Ztg.“ mittheilt, stellt ein Erlaß des Kultus-Ministeriums, dd. 4. d. M., den Diözesan-Bischöfen, den vorhandenen Priestermangel ins Auge fassend, die Bewilli- gung in Ausficht: einzelne Mitglieder der Kongregation der Redermptoriften nah ihrem Austritt aus dem bisherigen Verband in der Seelsorge verwenden zu dürfen. Diese Bewilligung er- folgt jedoch nur auf jeweiliges Ansuchen von Fall zu Fall durh das Kultus-Ministerium. Der Petent hat durch Vorlegung der päpstlichen Dispensurkunde den Nachweis zu liefern, daß er aus seinem bisherigen Ordensverbande vollständig entlafsen und fortan aus\cließlich und in allen Beziehungen der Jurisdiktion, Leitung und Aufsicht des Diözesan-Bischofs unterstellt ift. Ehemalige Mitglieder dieser Genossenschaft dürfen Gent niht an ihren bis- herigen Kongregationsfstationen, auch nicht mehrere zugleich an einem ‘und demselben Orte Verwendung finden. Die Abhaltung von Misfionen und geistlichen Exerzitien ist ihnen verboten, und der Erfolg jeder Bewerbung um Verleihung von Pfarr- oder selb-

ändi digerstellen, sowie von selbständigen mit pfarrlichen E it | Miet füt E Leyden und anderen Städten des Landes aus angesehenen Bür-

Rechten bekleideten Seelsorgerstellen bleibt für fie von dem befrie- digenden Bestehen der vorgeshriebenen Konkursprüfung abhängig. Uebrigens können nur solhe ehemalige Kongregationsmitglieder die Be1oilligung zur Verwendung in der See;sorge erhalten, welche zur Zeit des Erlasses der Bundesrathsverordnung vom 90. Mai 1873 die bayerishe Staatsangehörigkeit besessen haben. Werden die angeführten Bedingungen außer Acht gelassen, oder iebt das Verhalten der Betheiligten zu einer begründeten Bean-

andung Anlaß, so kommen die Bestimmungen des Reichsgeseßes (dd. 4. Iuli 1872) und die hierzu ergangenen Vollzugsverord- nungen ihrem vollen Umfange nah auf die ehemaligen Kongre- gationsmitglieder zur Anwendung.

Sachsen. Leipzig, 9. Oktober. (W. T. B.) Bei der heutigen Wahl eines Vertreters der hiesigen Univer- N in der Ersten Kammer des sächsischen Landtags wurde Professor Zarncke mit 30 von 42 Stimmen gewählt. Derselbe lehnte die auf ihn gefallene Wahl ab, ebenso die Professoren Stobbe und Brockhaus, welche bei den nothwendig gewordenen anderweiten Wahlen die Majorität erhalten hatten. Im vierten Wahlgange vereinigten sh 31 Stimmen auf Professor Fried - berg, der die Wahl annahm.

Baden. Karlsruhe, 7. Oktober. Wie die „Karlsr. Ztg * erfährt, werden der Großherzog und die Großher- zogin sich in der Mitte des laufenden Monats ‘nah Wien be- geben. Die Reise Ihrer Königlichen Hoheiten erfolgt auf Grund einer Einladung des Gta Franz Ioseph; und es werden Die- s während ihres Aufenthaltes in Wien die in der Kaiser- ihen Hofburg angebotenen Gemächer bewohnen.

Hessen. Darmstadt, 9. Oktober, Die außerordent- lihe Landes\synode begann in ihrer gestrigen 16. Sizung die zweite Lesung des Entwurfs einer Kirchenverfassung. Die 32: 1—24 wurden abgesehen von unten zu erwähnenden

usäyzen in Uebereinstimmung mit den Beschlüssen der 1. Lesung angenommen. Nachdem der §. 1 auf diese Weise an- genommen war, erklärten, wie die „D. 3." mittheilt, die Ab-

ordneten Graf von Görg, Graf zu Solms-Laubah und Dieffenbach ihren Austritt aus der Synode, Zu §. 9 wurde auf den Antrag des Abgeordneten Schwabe hin die Bestimmung, wona ein der Confessionsgemeinde nicht Angehöriger , aber

“thre Berührung mit der Außenwelt bezögen.

der das Verlangen nach Auspfarrun niht stellt, sich stillshweigend.--allen, insbesonderé#a

den dém Bekenntniß entfließéènden fkirhlihen Orduun- en der - 6 aa uniterwirst, insoweit géstrihen, daß eht die fstillshweigende Unterwerfung nur noch“ im allgemeinen bezüglih der firchlichen Ordnungen der Pfarrei angenommen wird. Zu §. 13 wurde ein Antrag Buchner angenommen, wo- nah der Kirchenvorstand nur innerhalb 6 Monaten nah began- gener That befugt is, einem *Gemeindeglied wegen begangenen öffentlihen Aergernisses däs Stimmrecht auf Zeit zu entziehen. Zu §. 19 wurde auf Antrag des Abg. Weber beigefügt, daß die Wahl zur Gemeindevertretung eine geheime sein soll. Zu §. 20 wurdé auf Anregung des Abg. Strack beschlössen, daß die Ge- meindevertreter nah einer von dem Kirchenregimente zu erlassen- den Formel verpflichtet werden sollen. Zu §. 24 wurde einem Antrag Weber, wonach die Gemeindevertretung nur durch den erweiterten Dher-Kirchenrath aufgelöst werden kann, zugestimmt.

Meck&#lenburg. Schwerin, 9. Oktober. Der diesjährige in Sternberg ctibaltende, Allgemeine Landtag is, wie \hon telegraphisch gemeldet, auf den 12. November d. I. ein- berufen worden. Die Vorlagen betreffen: 1) die ordentliche Konttibution, 2) Bewilligung der außerordentlichen Kontribution zur Deckung dér Bediitfnisse der allgemeinen Landes-Rezeptur- kasse, 3) Fortsezung“ der Verhandlungen wegen Modifikation der bestehenden Landesverfassung, 4) Revifion des Kontributions- Edikts vom 30. Juni 1870.

—“Der bisherige außerordentlihe Gesandte und bevollmäh- tigte Minister am Königlih preußishen Hofe und Mitglied des Bundesraths, Staats-Minister von Bülow, i} laut Bekannt- machung vom 3. d. Mts. auf seinen Wunsch aus dem Aller- höchsten Dienst in Gnaden entlassen worden.

dort Wohnender ,

Desterreich - Ungarn. Wien, 9. Oktober. In allen Theilen des Reiches beginnt man, wie die „Wien. 3.“ mittheilt, bereits mit den Vorbereitungen zu den Festlichkeiten, mit welchen der 2. Dezember d. J., an welhem Kaiser Franz Ioseph das 25 jährige Jubiläum seiner Thronbesteigung feiert, began- gen werden foll. j

Die Königin Olga von Griechenland besichtigte gestern die Weltausstellung und \päter das Atelier Makarts.

Pesth, 8. Oktober. Der „Pefsther Lloyd“ erfährt, daß der österreichishe Vertreter in Banjaluka zur Zeit, als er vom dortigen türkischen Gouverneur nicht empfangen und hierdurch beleidigt wurde, bereits auf seinen Wunsh zur Ablegung der Stabs-Dffizier-Prüfung abberufen war und auch einige Tage früher sein Amt dem bestellten Gerenten übertragen hatte. Eine etwa vorgekommene Insulte wurde also nur der Privatperson Draganits’', nicht aber der österreichisch - ungarischen Flagge an- gethan. Das gemeinsame Ministerium des Aeußern hatte somit keinen Anlaß zur Reflamation, durch welche es im Uebrigen die Agitation zum Nachtheile der dortigen christlihen Bevölkerung

unnöthiger Weise ermuthigt hätte.

Dasselbe Blatt - erfährt in Betreff / des Munizipal- Arrondirungs-Geseyvorschlages, daß eine- umfassende Aenderung und Verminderung der bestehenden Komitats- und Städtegerichtsbarkeiten nur für Siebenbürgen beantragt sei; für Ungarn aber wären ‘nur einige Abänderungen beabsichtigt, wo noch z. B. die Komitate Torna, Ugocsa, Csanad und der JIazy- gier Distrikt mit den Nachbarkomitaten vereinigt werden sollen. Dieser Geseßvorshlag, dessen. Verhandlung allein die Hälfte der jeßigen Session in Anspruch nehmen könnte, wird niht in Ver- bindung mit dem neuen Waylgeseße, sondern selbständig durhch den Minister dés Innern eingebraht werden.

Heute wurde der Gesehentwurf wegen Inartikulirung der vom Justiz-Minister über Bevollmächtigung des Reichstages fest- gestellten und bereits seit nahezu zwei Jahren fungirenden Ge- richte und Bezirksgerihte erster Instanz vertheilt. Der Sniofge enthält nur das Verzeichniß der Gerichte und deren

mtsfige.

Belgien. Brüssel, 6. Oktober. Die Königliche Familie wird am Dounerstag oder Freitag von ihrem Aus- fluge nach Biarriß hier erwartet. Einen Aufenthalt in Paris werden Ihre Majestäten niht nehmen.

WUASTIE A M i

Niederlande. Haag, 6. Oktober. Wie hier und in

Amsterdam, haben ih. nun auch in Rotterdam, Utreht, Arnheim,

gern Komites gebildet, um im Vereine mit den städtischen Be- Lieben eine feierlihe Begehung des 25jährigenRegierungs- Jubiläums des Königs im Mai 1874 vorzubereiten. Bereits trifffl man Vorkehrungen, um dem Könige bei diesem Anlasse patriotishe Widmungen darzubringen.

- Die Ernennung des General-Majors Weitel zum Kriegs-M inister ist, wie der „Staats-Courant“ mittheilt, durch Beschluß des Königs vom 4. d. M. erfolgt. Heute hat Ge- Mer MIOE Weitel die Leitung des Kriegs-Ministeriums an- getreten.

Großbritannien und Jriand. London, 8. Oktober. Die Königin wird nach den bis jeßt getroffenen Dispositionen p am 13. November von Schottland nah Windsor zurück- ehren.

Die Minister haben fast alle ihre dur die beiden lehten Kabinetsberathungen unterbrochenen Villegiaturen wieder aufgenommen. Der Premier-Minister Gladstone hat \sich am Montag, nachdem er den Herzog von Argyll und andere Mit- glieder des Kabinets empfangen, nah seinem Landsig in Hawarden begeben. Lord Granville ist nah Schloß Walmer gegangen und Herr Bright hat sich nach dem Norden begeben. Nur Herr E der Minister des Innern, - ist auf seinem Posten ge-

ieben.

In Bath nahm am 7. d. M. der Kirhen-Kongreß unter sehr zahlreicher Betheiligung des Klerus aus allen Theilen des Königreihs seinen Anfang. Der Bischof von Bath“ und -Wells hielt die Eröffnungsrede.. Der Prälat führte aus, daß die Fragen, mit denen“ sich der Kongreß zu befassen hätte, diejenigen seien, die sich auf die Wirkfamkeit der Kirhe in Bezug auf Der Bischof von Oxford und der Rev L. Davies! verlasen alsdann Abhandlungen über „die Pflicht der Kirche mit Bezug auf Strikes und Arbeits- verhältnisse“.

Frankreich. Paris, 8. Oktober. Die Mitglieder der äußersten Linken haben jenen der Linken und des linken Centrums angezeigt, daß sie mit ihnen in vollständiger Disziplin stimmen und keinen Beschluß von Erheblichkeit fassen würden, ohne denselben zuvor mit ihren Kollegen der gemäßigteren repu- blikanishen Gruppen berathen zu haben. Zugleih hat die repu-

blikanishe Partei beshlossen, bereits Alles für die allgemeinen Wahlen vorzu Wo Männer von republikanischer Ueber- geugung find, sollen dieselben, gleihviel ob etwas mehr oder minder nah der einen oder anderen Seite, als Kandidaten em- pfohlen und unterstüßt werden.

9. Oktober. (W. T. B.) Der Präsident der Na- tionalversammlung, Buffet, isst heute Morgen hier ein- getroffen und wird in der Sihung der Permanenzkommission den Vorfigz führen. Die Linke wird, wie abweichenden Meldungen gegenüber bestimmt versichert wird, -héute die sofortige Zusam- menberufung der Nationalversammlung nit vorschlagen.

Versailles, 9. Oktober. (W. T. B.) Die heutige Sizung der Permanenzkommission verlief ohne pt n welchen er- heblichen- Zwischenfall. Die Mitglieder, die der Linken angehören, interpellirten das Ministerium wegen seiner Repressivmaßregeln gegen die Presse und wegen éiniger anderer Regierungsakte ; der Herzog von Broglie erwiderte kurz, die Regierung fei nah Maß- gabe der ihr zustehenden Befugnisse zu Werke gegangen, fie fieber wegen ihres Verhaltens der Nationalversammlung Rede

en.

Trianon, 9. Oktober. (W. T. B.) In der heutigen Sizung des Prozesses gegen Bazaine wurde das zu den Bei- lagen des Berichts des General Rivière gehörige Schriftstück verlesen, welches fih mit allen denjenigen Versuchen beschäftigt, die gemacht wurden, um mit der Armee von Meß in Verbin- A zu treten. Die Sizung war ohne weitere bemerkenswerthe

omente.

Spanien. Murcia, 8. Oktober. (W. T. B.) Gestern hat fich in Karthagena ein neuer Munizipalrath konstituirt ; der Civilgouverneur von Murcia, La Palma, is zum Präsiden- ten desselben gewählt worden. Die Verbindungen mit Kartha- gena zu Lande sind abgeschnitten. Die Regierungtruppen trei- ben die Laufgräben gegen die Stadt vor; eine lebhafte Kano- nade wird unterhalten.

Ueber die kürzlih gemeldete größere Affaire zwischen den Regierungstruppen und den Carlisten (bei Abarzuza) liegt jeßt au von leßterer Seite über Bayonne, 4. Oktober, ein Be- richt des Generals Ollo vor. Danach wäre dieser Sieger geblie- ben und hätte den republikanishen General Moriones genöthigt, sich unter Zurücklassung vieler Todter und Verwundeter in großer Unordnung auf Puenta la Reina zurückzuziehen und si hier einzuschließen.

Nnufßland und Polen. St. Petersburg, 8. Oktober. Ueber die Ankunft der Königin Olga von Griechenland wird der „Börse“ telegrapish gemeldet: Die Königin Dlga Kon- stantinowna wurde auf der See von Einwohnern Odessas, die Jhrer Majestät mit vier Dampfern entgegen gefahren waren, empfangen und traf am 5. Oktober zwishen 2 und 3 Uhr Nahh- mittags auf der Kaiserlihen Yacht „Livadia“ in Odessa ein. Ihre Majestät empfing die Spiyen des Militär- und Civilressorts, eine Deputation der hiesigen griehishen Kolonie, besuchte die griehishe Kirche und wohnte der Grundsteinlegung der Mädchen- \hule bei. Die Königin nahm das Diner auf der Yacht ein, besuchte dann das Theater und trat gegen 11 Uhr Abends in Begleitung der Großfürstin Vera Konstantinowna mit der Eisenbahn die Weiterreise nah Wien an.

Dänemark. Kopenhagen, 7. Oktober. In der heutigen Sitzung des Folkethings waren der Konseils-Präsident, Graf Holstein-Holsteinborg, der Finanz-Minister Krieger, der Justiz- Minister Klein und der Marine-Minister Ravn zugegen. Das neue Finanzgeseh 1874—75 wurde vom Finanz - Minister vor- gelegt, auch die oben erwähnte Staatsrechnung vertheilt: Der Finanz-Minister hob die günstige Finanzlage des Staates mit Recht hervor. Der Justiz-Minister legte einige Geseßze von ge- ringerer Bedeutung vor, außerdem wurden die Wahlen zum Geschäftsaus\{chuß vorgenommen.

Im Finanz-Geseßvorschlage wird die Bewilligung von 46,102 Rdl. für die Herstellung einer Reihe neuer Tele- graphenlinien vorgeschlagen.

9, Oktober. (W. T. B.) In der heutigen Sißung des Folkething wurde vom Präsidenten Krabbe eine Eingabe ver- lesen, in welcher 53 Mitglieder des Folkething demnach die Majorität erklären, daß fie gegen eine Verweisung des Finanzbudgets zur zweiten Lesung stimmen würden. Zugleich ward von denselben der weitere Antrag angekündigt, daß das Folkething, da das Verhältniß desselben zu dem Ministerium fortdauernd das nämliche sei, wie bei dem in voriger Session dem Ministerium ausgesprochenen Mißtrauensvotum, das Mi- nisterium auffordern möge, die einem gedeihlichen Zusammen- wirken des Ministeriums und des Folkethings entgegenstehenden Hindernisse zu beseitigen.

Amerika. Aus Rio de Janeiro geht uns im Nath- stehenden die Thronrede zu, mit welher am 15. September. die Session der brasilianishen National-Versammlung

/ de[Mo]ien worden ist :

„Erlauchte und würdige Herren Repräsentanten der Nation!

Ich danke Jhnen von Herzen für die Mittel, welhe Sie der Regierung durch das Budget- und andere Spezial-Geseße zur No führung des sfentlichen Dienstes und zu geistigen wie materiellen Ver- besserungen Brasiliens bewilligt haben! :

Ich hoffe, daß die Einseßung der neuen Tribunale zweiter Jn- stanz die gute Verwaltung der Justiz wesentlih fördern wird, da sie geeignet sind, sowohl die persönlichen als die politischen Rechte der Brasilianer wirksamer zu {üßen. i :

Das neue Geseß Über die O N: entspricht geréchtfertigten Wünschen. Da es die Mannschaften derselben von allem Garniton- und Polizeidienst befreit, der diese Bürgermiliz nur zu ‘oft belastet hat, so bleibt sie nur zur Verstärkung der Vertheidigung des Vater- landes und zur Aufrechterhaltung der Ordnung in außerordentlichen Fällen bestimmt. :

Das Gese über den Beförderungs-Modus unter den Offizieren der Flotte wird den anerkannten Ansprüchen und den vortrefflichen Dienstleistungen diefes Corps ‘um so mehr entsprechen, als es eine lite zwischen den Marine-Offizieren und den Offizieren der Armee

erstellt.

Den Interessen ‘der Volkswirthschaft, welche bei jedem ozialen Fortschritt so sehr in Betracht kommen, haben Sie durch die Revision des Zolltarifs- entsprechen. Even so durch die fulenwetle Vermehrung der Verbindungs- und Bewegungsmittel ; durch Begünstigung der ein- heimiïchen Handelsschiffahrt, ohne deswegen die Freiheit der Kabotage B beschränken; dur ein neues Uebereinkommen mit der Bank von

tasilien, um ihre Darlehne zur Beförderung der Arbeit ausgiebiger und weniger drückend zu machen; und endlih durch die Bewilligung

einer Staäatshülfe für den Bau von Eisenbahnen sowohl in ‘der Pro-

vinz Rio grande do Sul als in anderen Provinzen des Staates, w9 das Fehlen dieses mächtigèn Mittels zur Thätigkeit und zum Reich- thum noch {wer empfunden wird.

Der öffentliche Unterricht, dessen größere Entwicklung und Dota- tion ein, zu seiner Zeit Jhnen vorzulegendes Geseß verlangen wird, hat einige Verbesserungen erfahren, mit denen Sie gewiß fortfahren werden, um dem Bedürfnisse der Nation zu genügen, welches sich in

den

zahlreichen Privat- Unternehmungen ausgesprohen, und welche zu ermuthigen und zu leiten, der Regierung sehr am Her en liegt.

Die“ Reorganisation der Central- und Militärshulen und die Wiederherstellung derjenigen Schulen, welche in der Provinz San Pedro do Rio grande do Sul für Jufanterie und Kavallerie bestan- ind Bewilligungen, die sich eben-so nüßlih für die spezielle Jn- BuDAn unseres braven Offizier-Corps, als für die Vervollkommnung es Industrie-Unterrichts beweisen werden, welcher in den erstgenannten S{hulèn nun auch die Elemente zu einer höheren Ausbildung findet.

Die Reform des Wahlgeseßes, welche Jhnen vorgelegt gewesen und von einer Spezialkommision studirt worden ist, wird in der nächsten Sißungsperiode zweifel8ohne Jhre größte Sorgfalt in Un- spruch nehmen müssen, um den Interessen zu genügen, welche sich an die unverfälschten Abstimmungen des Volkes knüpfen. Ebenso ift das Projekt eines neuen Rekrutirungsgeseßes, über welches die Kommission des Sendts bereits ein Gutachten abgegeben, demnächst Jhrer vollea Aufmerksamkeit würdig.

Mit Jhnen wünsche ich uns Glück für die pee und Schnel- ligkeit, mit welcher die Legung des unterfeeischen Telegraphen-Kabels3 gelungen ist. Schon sind die Provinzen Para und Pernambuco dur denselben mit einander verbunden, und ih hoffe, es wird niht mehr lange dauern, daß diese Verbindung sich über Rio de Janeiro auth bis Rio grande do Sul erstrecken wird. Ebenso {reitet die Kabel- Verbindung vor, welche uns mit Europa in unmittelbare Verbindung bringen r \ Zahl unf

gleih die größere Zahl unserer Provinzen sich nicht zeitig

enua auf die Meltausfielluna t Wien vorbereiten konnte, ist doch die ndustrie Brasiliens dort in einer Weise vertreten gewesen, welche die Beachtung der Sachverständigen auf sich gezogen hat. Eine in ver- En Sprachen erschienene Darstellung unserer Zustände hat,

o weit dies möglich war, diesen Beweis der Fortschritte Brasiliens vervollständigt, und die Produktivität wie den Reichthum unseres Bodens bestätigt.

,_Dank dem Allmächtigen, ist der Friede im Innern ungestört ge- blieben und läßt auch der Gesundheitszustand jebt nichts mehr zu wünschen übrig. Die Pocken und andere Krankheiten, durch welche einige Gegenden heimgesuht waren,“ haben im Allgemeinen aufgehört.

Unsere freundschaftlichen Beziehungen zu andern Mächten haben sich auf der Basis der Gerechtigkeit, des Wohlwollens und der Inter- A der Civilijction durch unsere friedliche und liberale Politik fest erhalten.

Erlauchte mid würdige Herren Repräsentanten der Nation!

_Ich schließe heute eine dec längsten und arbeitsreichsten Sitzungs- perioden unserer Legislatur; aber unsere Aufgaben endigen damit nicht! Denn ich hege die Zuversicht, daß Sie au außerhalb dieses Saales nicht nahlafsen werden, das Volk Brasiliens zu friedlichen Einbarungen

zu ermuthigen, und es in den gesunden Grundsäßen moralischer und.

politischer Erziehung zu bestärken, welche die festeste Basis wahrhaft freier Institutionen (A

__ Gott segne unscre Zuversicht und unsere Arbeiten! Die Session ist geschlossen.“

_ Afrika. In Bezug auf die ägypti\shen Angelegen - heiten heißt es in jüngsten Berichten aus Cairo, daß der Khedive sih der additionellen Verantwortlichkeit, die ihm auf Grund der legten Firmans des Sultans, welche ihm beirefffs der inneren Verwaltung seines Landes unbeschränkte Vollmachten ertheilen, obliegt, völlig bewußt is. Seit seiner Rückkehr nah Aegypten war er eifrig damit beschäftigt, für alle Departements der Ver- waltung Reörtantfattonsutaßrögeln einzuleiten, welche sih ins- besondere auf das Steuersystem beziehen.

Berichte aus Marocco melden, daß am25. v.M. Mulay Hassan zum Sultan von Tangier proklamirt wurde, vnd daß der maurishe Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Sidi Mohamed Bargasch, sämmtlichen Vertretern des Auslandes in Tangier diese Thatsache offiziell notifizirte. In Tangier fanden große Festlichkeiten statt und es wurden 21 Kanonenshüs}se zu Ehren der Gelegenheit abgefeuert. Die Souerah. von der Küste brachten die Nachricht, daß Mulay Hassan in sämmtlichen Häfen und bénahbarten Kabilos inmitten völliger Ordnung und Ruhe proklamirt worden sei. Das „Gibraltar Chronicle“ vom 30. v. M. meldet: „Hier gestern von Tangier eingegangene Be-

rite melden, daß in.dieser Nachbarschaft.alles wieder zu seinem nôr= malen Zustand zurückgekehrt sei. Die Beduinen haben, anscheinend zu-

den mit der Wendung, welche die Ereignisse genommen, ihre übliche Beschäftigung wieder aufgenommen. In dem Augen- blicke, als diese Bergbewohner hörten, daß Mulay Hassan in Fez proklamirt worden sei, acceptirten fie die neue Ordnung der Dinge.“ Es is ferner in Tangier bekannt, daß die verschiedenen Stämme, die Mulay El Abbas gegen Mulay Hassan zu un- terstüßen beabsichtigten, ruhig nah ihrer Heimath zurückfkehren. In Tangier wird, wie üblich, zweimal in der Woche Markt ab- gehalten. Die britishe Schraubenfregatte „Aurora“, die nah den Häfen von Marocco beordert wurde, um während des In- terregnums britische Interessen zu \{chühen, if, nachdem sie bis R Abend in Tangier geblieben, die Küste hinunter- gesegelt.

Statistische Nachrichten.

Speyer, 9. Oktober. (W. T. B.) Die Cholera dauert mit ungeminderter Heftigkeit fort; vom 8. bis 9. Oftober wurden 23 neue Erkrankungsfälle und 20 Todesfälle gemeldet. Der Gesammtstand der bisher vorgekommenen Cholerafälle beträgt 274 Crfrankungen, von denen 132 mit dem Tode endeten.

Kunst und Wissenschaft.

Berlin, 10. Oktober. Der Verein für die Ceschichte Berlins hält morgen Abend 7 Uhr im Bürgersaale des Ythhauses eine ôffentlihe Sibung, in welcher der Geheime Hofrath L: Schnei- der zum Eintritt in das zehnte Vereinsjahr einen Bericht Übr die Schriften, Stiftungen, Publikationen und Resultate, Ausflüge, Sihu, | gen und Arbeiten, sowie Sammlunzen des Vereins und einen Rüd- bli auf die neunsähcize Gesammtthätigkeit desselben geben wird. Dann folgt - die Fortseßung des Vortrags des Magistrats-Sekret ärs Ferd. Meyer: Berülmte Berliner und ihre Wohnstätten.

Das in der Ausgabe begrisne 4. (Ofktober-) Heft IT. Bandes der Deutschen Monatshefte, Zeitschrift für die gesammten Kultur- interessen des deutschen Vaterlandes, im Auftrage der Redaftion des „R.- u. St.-A.* herausgegeben, (Berlin, Carl Heymanns Verlag, Anhaltischestraße 12), hat folgenden Jnhalt: Die volkswirtbschaft- lihen Zustände des Deutschen Reichs. I1II. 5. Jndustrie. 6. Handel und Verkehr. Die Gesammtausgabe der dramaiischen Werke der

rinzessin Amalie vor Sachsen. Die Organisation des forstwirth- chaftlichen Versuchswesens im Deutschen Reich. - Zur Geschichte der deutschen Rechtschreibung. Zur Geschichte der Postkarten, Die deutschen Geschichts- und Alterthums-Vereine. T, Jferlohn. Systematische Uebersicht der wichtigsten auf dem Gebiete des deutschen Handels- und Wechselrehts ergangenen Entscheidungen, Rescripte 2c., einschließlich der Literatur der darauf bezüglichen Abhandlungen. Chronik des Deutschen Reiches. Literatur.

Die Nr. 81 der „Wissenschaftlichen Beilage der Leip- ziger Zeitung“ vom 9. Oftober hat folgenden Jnhalt: Die arhäo- logischen Funde von Stauchiß. Recensionen und Besprechungen.

In Wien starb am 8. d. M. der Kaiserlihe Rath und Ritter der Eisernen Krone, erster Custos am K. K. zoologischen Hoffkabinet, erster Sekretär der K. K. zoologisch-botanishen Gejellschaft, Georg R. v. Frauen feld, i

Gewerbe und Handel.

Dem Jahresberiht der Handelskammer für dic Kreise Mühlhausen, Heiligenstadt und Worbis für das Jahr 1872 entnehmen wir, daß die Eisengießerei und Maschinenfabrik zu Mühlhausen im s begriffen ist. Die Ziegeleien waren in starkem Betrieb. Auch die Fabriken für verzinnte Pferdestriegel waren vollauf beschäftigt. Leim wird im Handelskammerbezirk im Quantum von 20,000 Etr. jährlich hergestellt. Die Seifenfabriken halten der auswärtigen Konkurrenz mit Erfolg Stand, Die Zahl der Brauereien in Mühlhausen beträgt jeßt 12, welhe Exportbier in immer größeren Mengen brauen. Die Wollwaarenspinnereien leiden durch die Kon- kurrenz belgischer Fabriken, Den Wollgarnfabriken fehlte es im

Jahre 1872 zwar nicht an Beschäftigung, die Resultate waren aber

wenig befriedigend. bedeutende Läger fertiger

In den Fabriken wollener Strumpfwaaren blieben

aare unverkauft. Für die uralte Haus-

industrie für Leinengewebe im Kreise Worbis war der Geschäftsgang im Jahre 1872 lebhaft und nicht ungünstig. Baumwollenfärbereien und Bleichereien waren im ganzen Jahre lebhaft bes{chäftigt, für Woll-

färbereien ließen die Aufträge im Herbst erheblich nach. Die

Kunsft-

wollspinnérei fand für ihre Erzeugnisse guten Absaß. Die Cigarren- fabrikation wird ziemlich umfangreihch betrieben, fonnte der Nachfrage

aber nicht genügen. nur zeitweise in befriedigender Lage.

Die Leder- und Saffianfabrikation befand \ich Dagegen erweiterte die Papier-

fabrik in Heiligenstadt ihren Betrieb erheblich. Ebendaselbst wird

uch eine größere Stecknadelfabrik angelegt. Kurze Waaren fanden

a guien Absaß, namentlich die in Mühlhausen angefertigten Uhrgehäuse.

segt werde.

unsttishlerei hat neuerdings große Bedeutung erlangt, für die

fehr L chlerei fehlte es an Arbeitskräften. In Mühlhausen be- tehen zahl dieser 17 Kassen betrug 1942 Personen, welche bis ultimo 1872 einen Fonds von 5215 Thlr. angesammelt hatten. Die größeren Ge- schäfte haben eigene Kassen, und außerdem besteht eine allgemeine Fabrifarbeiter-Unte tüßungs-Kranken- und Sterbefkasse.

Privat-Kranken- uud Unterftüßungs- Kassen. Die Mitglieder-

Londo: 9. Oftober. (W. T. B.) Von den Morgenblättern wird gemeldet, daß durch das Dekret der spanischen Regie- rung vom 2. d. M., welches auf verschiedene Produkte einen Aus- fuhrzoll let, u. A. auch vom 1. November d. J. ab für Produkte der Kohlen- «nd Eisenbergwerke ein Ausfuhrzoll von 3 pCt., für Pro- dukte aus Bergwerken aller anderen Art ein folcher von 5 pCt. festge- In Portugal sei gleihfalls vom 1. November d. J. ab ein ad yalorem bemeffener Ausfuhrzoll auf Weine gelegt worden.

| Verkehrs - Anstalten.

N ew. Bork, 9. Dftober. (W. T. B.) Der Postdampfer der amburg-N merikanischen Gesellschaft „Silesia“ is gestern Abend Uhr hier: eingetroffen.

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dem Wolff’ schen Telegraphea-Bureau.

KuUs ningen, Donnerstag, 9. Oktober, Abends. Der

\ Mei ‘inister von Krosigk hat, gutem Vernehmen na, auf

\gts-L hen seine Entlassung erhalten; Staatsrath Giefecke ift zum““Ägats-Minister und Regierungs-Rath Heim zum Staats rath errannt worden.

Rom, 10. Oktober. Von der „Opinione“ wird die Nah- riht, daß: Sella zum Finanz-Minister ernannt werden s\olle, für unbegründet erklärt. Das gedachte Blatt fügt hinzu, das Ein- treffen Sellas in Rom hänge mit einer demselben zugegangenen Einladung des Minister-Präsidenten Minghetti zusammen, der sich mit Sella über den von der Regierung beabsichtigten Rük- kauf der römischen Eisenbahnen zu besprehen wünsche.

Königliche Schauspiele.

Sonnabend, 11. Oktober. Opernhaus. (188. Vorstellung.) Satanella. Phantastishes Ballet in 3 Akten und 4 Bildern von P. Taglioni. Musik von Pugny und Hertel. Anfang 7 Uhr. Mittel-Preise.

Schauspielhaus. (202. Abonnements-Vorstellung.) Der Königslieutenant. Lustspiel in 4 Aufzügen von C. Gugkow. Hr. Deech, vom Großherzoglihen Theater in Weimar: Graf Thorane, als Gast. Anfang halb 7 Uhr. Mittel-Preise.

Sonntag, 12. Oktober. Opernhaus. (189. Vorstellung.) Jessonda. Oper in 3 Abtheilungen. Musik von L. Spohr. Ies= sonda: Fr. Mallinger. Amazili: Frl. Lehmann. Dandau: Hr. Fricke. Nadori: Hr. Schott. Tristan: Hr. Bez. Anfang 7 Uhr. Mittel-Preise

Schauspielhaus. (Mit aufgehobenem Abonnement). Der geheime Agent. Lustspiel in 4 Akten von Hackländer. Anfang 7 Uhr. Mittel-Preise.

Den Abonnenten werden die Billets bis 12 Uhr Mittags an der Kasse reservirt und gegen Vorzeigung der leßten Abon- nements-Quittung verabfolgt.

Hohenzollernsche Koklonisationen.

Als einen Beitrag zur Geschichte des preußischen Staates und der Kolonisation des östlichen Deutschlands hat der durch seine Schrift eFriedrih der Große als Gründer deutscher Kolonien in den im Jahre 1772 neu erworbenen Landen. Berlin, 1864“ (VIIL., 132 S. u. 1 Tab.) bereits bekannte Dr. Max Beheim-Sch warzb a ch vor Kurzem eine eingehende geschichtliche Darstellung der Hohenzollern\chen Kol o- A Aal bei Duncker u. Humblot in Leipzig veröffentliht. Die- selbe beginnt mit dem Zeitalter der Reformation und schildert zunächst die Aen unter. Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg (unter den Rubriken: „Niederländer, französishe Refugics, Waldenser“), zeigt fodann, wie sein Nachfolger, Kurfürst Friedrich 1,“ der nachma- lige König Friedrich T. von Preußen, bestrebt, den Prinzipien seines Vaters zu folgen, während feiner Regierung die Kolos- nisationen mit gleicher Vorliebe betrieben (Waldenser, Pfälzer, Schweizer Mennoniten), und wie auch König Friedrich Wilhelra T. der Kolonisationen, die er für ein gutes, geeignetes Mittel zur Hebung seines Landes hielt, sih gleichfalls angenommen und sie mit kräftiger, energischer Hand durchgeführt habe (Mennoniten, Salzburger, Schle- sier, Böhmen). Die Folge diejer eifrigen Kolonisationsbestrebungen

er drei genannten Fürsten war, daß zuc Zeit des Ablebens König Friedrich Wilhelms I. in den verschiedenen Landschaften durchschnittlich der vierte Theil der Bevölk.rung aus den seit einem Jahrhundert ha eingewanderten Kolonisten bestand. Das Werk seiner

orfahren führte König Friedri 11. in erweitertem Umfange und nah einem bestimmten Plane fort. Er hat die Kolonisation zu- erst zu einem besonderen Administration8zweige ausgebildet, dem er seine eingehende und dauernde Thätigkeit widmete; die Kolo- nisationen bildeten den Mittelpunkt seiner inneren, ‘auf die Kultur des Landes gerichteten Politik. Wenn auch die verschiede- uen Kolonisationen König Friedrich 11, bereits mehrfach besprocen find, (vgl, z. B. die Aufsäße in der Bej. Beilage des Reichs- und Staats-Anzeigers Nr. 174 und 180, Jahrgang 1868, sowie Nr. 13, 14, 15, Jahrgang 1871), so ist do die Gesammtheit derselben in Ver- bindung mit den Prinzivien seiner Kolonisationspolitik in dem vorstehen- den Werke zum ersten Male ausführlih dargestellt. Nachdem der Ver- fasser das Kolonisationssystem Friedrihs im Allgemeinen geschildert, han- delt er sodann eaen im Einzelnen von den Kelonisationèn in Schlesien, in der Kurmark, in Pommern, in der Nez,.mark, im Magdeburgischen, in Oftpreußen, Westpreußen und im Neßdistrikt. Diese Darstellung bildet den eigentlichen Mittelpunkt des ganzen Werkes und nimnit Über den dritten Theil desselben ein. Kürzer werden | odaun noch die Kolonisations- versuche unter den Nachfolgern Friedrichs IT. (König Friedrich Wilbelm II. und König Friedrich Wilhelm TIL.) besprochen (unter den Rubriken: Kolonisationsversuche in Südpreußen, Zillerthaler, Philipponen, Russen in Alexandrowo“). Den Sluß des Werkes bilden 64 Ta- bellen, welche statistishe Nachrichten über die verschiedenen Kolonien enthalt-n. Der erlas hat für seine eingehende Schilderung der Hohenzollernschen Kolonisationsgeschihte nihcht allein die einshlagende iteratur benußt, sondern außerdem auch alles irgendwie wichtige Mäterial, - das sich in den Archiven, besonders im Königlichen Geheimen Staats-Archive und im Ministerial - Arhive in Berlin, sowie in den Akten der ein elnen Regierungen, in Danzig, Marien- werder, Frankfurt a. d. O., Stettin, Potsdam u. \. w., darüber findet, gesammelt und einen reichen Schaß bisher noch unbekannter Nach- rihten mitgetheilt.

Zum Schluß theilen wir aus dem vcrstehenden Werke cinige spezielle Ba A Uber die- Kolonisation während der Regierung des Königs Friedrih 11. mit. Den Angaben des Verfassers zufolge sind unter

Friedrich IT. überhaupt gegen 900 Kolonistendörfer in dem damaligen preußischen Staate gegründet worden, ungerechnet die Menge der klei- neren Kolonisten-Etablissements, die viele Tausende betragen; die Zahl aller aber in diesen 46 Jahren in Brandenburg-Preußen angesièedelten Kolonisten beläuft sich auf ungefähr 300,000 Personen. Davon kommen auf Schlesien ca. 62,000 Personen, auf die Kucmark ca. 100,000, auf die Neumark ca. 24,000, auf Pommern ca. 26,000, auf das Magde- burgische ca. 20,000, auf Ostpreußen ca. 15,600, auf Westpreußen 11,000, exdlich auf Cleve, Mark und Geldern über 24,000 Personen. Fräzt man nach den Elementen, die als Neupreußen die alten Pro- vinzen bevölkerten und aufzubessern berufen waren, so finden wir fast alle Länder Deutschlands und Europas hier vertreten, doch meist so, daß in gewissen Striwen auch gewisse Elemente dominirend wurden, Jn der Kurmark finden wir in der ersten Pe- riode Pfälzer, Schweizer und Sachsen, aber durhweg überwiegend in den Aemtern Mecklenburger angeseßt. Jn den fkurmärkishen Städten (außer Berlin) überwiegen dagegen nicht mecklenburgishe Kolonisten, sondern die Sachsen, die dur ca. 400 Familien vertreten sind (also ca. 2000 Personen), während Mecklenburg nur c2, 180 Familien ent- sendet, dann folgt die Schweiz mit 50 Familien, die Pfalz mit 40. Ganz anders stellen sich die Nationalitätsverhältnisse der neu mär- kischen Kolonisten, hier überwiegen weitaus die Deutschen aus Polen; es sind hier allein 1800 deuts - polnische Kolonistenfamilien efablirt, ferner 280 sächsische, 250 pfälzische, 200 mecklenburgische, die andern erjplittern sih auf das übrige Deutschland und Europa. Jm

agdeburgischen dominirten als Kolonisten die Kursachsen mit ca. 370 Familien, sodann die übrigen Sachsen mit 330 Familien, die Braunschweiger mit 270 Familien u. #. w. In Aa mern sind besonders Pfälzer als Kolonisten vorherrschend, erner Familien aus Schwedisch-Pommern, Mecklenburg, Polen, doch - hier auch viele Einheimishe. Was Westpreußen anlangt, so kamen aus nicht deutschen Ländern im Ganzen nur 44 Fa- milien. Ferner lieferte Polen, insbesondere Danzig und Thorn, ver- hältnißmäßig das größte Kontingent, 768 Familien. Aus Deutsch- land und Oesterreich flossen die Kolonistenströmungen nah Westpreußen weniger stark, es kamen von dort im Ganzen 710 Familien. Nach Schlesien endlich, bas, wie wir oben sahen, nächst der Kurmark, die größte Anzahl der Kolonisten erhielt, wanderten besonders Deutsche aus Polen, Sachsen, Oesterreicher und zwar insbesondere Böhmen, ein. Hierzu kamen noch einzelne Württemberger, Franken, Schwaben, Jtaliener und Griechen. Die Kolonisten boten dem Könige, abgeschen von den übrigen Vor- theilen, vorzüglich das Werkzeug dar, seine großartigen Meliorations- pläne durchzuführen. Friedrihs Bestreben ging dahin, in jeder Pro- vinz, je nah Bedürfniß, aus Sümpfen und Morästen, unbebaut oder unbenußt daliegendem Lande soviel wie möglich urbaren Boden zu ge- winnen. Dazu konnten nud mußten viele Quadratmeilen trocken gelegt werden, Brüche, wie die Wartheufer und die an der Nete von Driesen bis Cüstrin, wodur 120,000 Hufen urbar gemacht wurden und für ca. 3000 Kolonistenfamilien Etablissements eingerihtet werden konnten, ferner die Striche längs der Oder von Cüstrin bis Oderberg , längs der Havel und Elbe, die Gegenden an der Madun, an der Leba, Peaue, an der Nieblißz, Nuthe, Buckau, Temniß, Plaue, Emster,

osse, Rhyn, Jägelißz u. \. w.

Verein für die Geshichte und Alterthumskunde von Erfurt.

Das vor einiger Zeit zu Mühlberg äufgefundene, in Stein ver- wandelte menschliche Skelett, dessen noch vorhandene Ueberreste in der

Sißung des hiesigen Alterthumsvereins vom 16. d. M. vorgezeigt wur- den, hat fo vielfa Interesse erregt, daß es gerechtfertigt erscheint, darüber nähere Mittheilung in weiteren Kreisen zu machen,

Die Fundstelle ist ein Steinbruch, der sih mitten im Dorfe Mühl- berg befindet. Das Terrain besteht zunächst der Oberfliche aus einer 0,75 bis 1 Meter ftarken Lage Dammerde. Unter dieser liegt eine 1 bis 14 Meter mächtige Bank von einem sehr wenig porösen Tuffstein, der eine solche Festigkeit hat, daß er nur mit dem größten Kraftauf- wande gebrochen werden kann und wegen seiner Härte und Schwere sich nur zu Massivbauten, nicht aber zum Ausmauern von Fachwerk eignet. 8 besteht aus ungleih großen Klößen, die durch s{chmale Spalten getrennt find, in welchen beim Brechen Keile eingctrieben werden. Unter ihm befindet sih, meist durch eine Lage gelber griesiger Erde, der sog. Tufferde, hin und wieder aber auch durch leere Räume von ihm getrennt, eine gleichfalls etwa 1 bis 17 Meter dicke Schicht von einem leiht brcchbaren, sehr porösen Tuffstein, welcher vielfah zu baulichen Zwecken verwendet wird. Unter dieser Bank nun ieß man in den ersten Tagen des August d. J. beim Brechen in einer Tiefe von ca. 5 Meter unter der Bodenoberfläche auf das Gerippe eines Mannes, noch so vollkommen erhalten, daß selbt die Extremitäten vorhanden waren, ab-r von dem Kalksinter, dem der Tuffstein seine Entstehung verdanft, so imprägnirt, daß die Gebeine fteinähnlih geworden waren. (Fs befand sich in horizontaler Lage, den Kopf nach Norden, dic Füße nad Süden. Seine Länge betrug mehr als 2 Meter, deutete also auf einen Mann von einer wenigstens jeßt nicht mehr gewöhnlichen Größe. Die Steinmasse hatte sih derartig um den Körper herum- gelegt, daß derselbe auf das Genaueste darin abgeformt war. Am Kopfende stand eine irdeue Urne, welche, da man nicht mit der nöthi- gen Vorsicht zu Werke ging, beim Aufnehmen zerbrach und dann ein Spielwerk der Kinder wurde, von der aber noch eine ziemliche Anzahl Scherben vorhanden ift, die auf einenicht unerhebliheGröße schließen lassen, und welche ergeben, daß das Gefäß weder in einem Ofen: noch über- haupt ‘im Feuer gebrannt, sondern nur an der Luft getrocknet ist. Werkzeuge und Zierrathen hat man nicht gefunden. Gegenwärtig besteht der in den Besiß des Alterthumsvereins gelangte Rest leider nur aus Frag- menten; do befindet sih darunter der noch leidlih erhaltene Schädel aus dea sich ergiebt, daß der einstige Träger desselben zu den Doli- chocephalen gehört hat. Noch verdient erwähnt zu werden, daß in deinselben Steinbruch früher- mchrfach in Stein verwandelte Blätter gefunden sind, die einer Baumart angehört haben müssen, welche \sih jeßt niht in jener G-gend findet und überhaupt dajelbst durchaus unbekannt ist. Es scheint dieser Umstand fast darauf zu deuten, daß das in Rede stehende Skelett derselben Zeit entstammen möge, wie das Mammuth, dessen jeßt im Museum zu Gotha befindliches Ge- ripye unter ganz gleichen geognostishen Verhältnissen in dem Süß- wasserkalk von Burgtonna gefunden worden. ist.

Hierbei mag noch mitgetheilt werden, daß in dem jeßt als Lehm- grube“ benußten Todtenfelde vor dem Andreasthore neuerdings wieder Me E e und eine Urne gefunden sind, in derselben Lage wie die früher gefundenen, in mit Dammerde angefüllten Nischen, welche horizontal unter der aus sehr festem Lehm bestehenden Decke si er- strecken. Zwei Todtenköpfe sind in den Besiß des Vereins gelangt, von denen wenigstens der eine recht gut erhalten ist. Eine sehr werthvolle Bereicherung is durch Herrn Sanitätsrath Armann der Sammlung des Vereins zu Theil geworden und zwar durch einen trefflih gearbeiteten und bis auf eine fehlende hintere Ecke jehr gut erhaltenen sogenannten Kelt von Nephrit, welcher neuerdings bei den fortgeseßten Nachgrabungen in dem Leichenfelde auf dem Rothenberge gefunden worden ist.