1873 / 144 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 20 Jun 1873 18:00:01 GMT) scan diff

Brüssel, 18. Jüni. Nach dem von der Direktion des Bureau „Veritas*" veröffentlichten Angaben über Seeunf älle gingen während des Mai123 Segelschiffe und 10 Dampfschiffe vollständig verloren. Unter den Segelschiffen befanden fi 41 englische, 16 deutsche, 14 französische, 12 italienishe, 6 norwegische, 6 österreichische, 5 amerikanische, 4 hol- ländische, 4 dänische, 3 spanische, 2 griechische, 2 s{wedishe, 1 bra- filianishes, 1 russisches, 1 türkisches und 4, deren Flagge nicht hat festgestellt werden knnen. Die verloren geg#ngenen Dampfschiffe waren 6 englische, 3 amerikanische, 1 italienisches.

Kunst und Wissenschaft.

Am 13. d. starb in Genua, wo er seit 1852 als städtischer Musikdirektor lebte, Angelo Mariani aus Ravenna, der hervor- ragendste italienische Orchesterdirigent der Gegenwart. In den leßten Jahren dirigirte er die Oper in Bologna, wo er namentli die Auf- führung des „Lohengrin“ und „Tannhäuser“ leitete. Auch in Florenz dirigirte er die Aufführung des „Lohengrin“. Bologna hatte ihn vor Kurzem zum Ehrenbürger ernannt.

In Ehemnißtz ift einer Zuschrift an das „Dr. J.“ zufolge am 17. Juni Abends 8 Uhr 30 Minuten ein prachtvolles Meteor beobachtet worden. Dasselbe zeigte eine herrliche hellblaue Farbe, be- wegte \sih ziemlich horizontal in der sheinbaren Richtung von Süd nach Nord in einer ungefähren Höhe von W Grad über dem Hori- zont. Das Meteor bedurfte einer ungefähren Zeit von 4 Sekunden, um den Weg von seinem Sichtbarwerden bis zum Verschwinden zu- rückzulegen, und dürfte der Centriwinkel dieses Wegs, vom Stand- unkt des Beschauers aus, zwischen 30 bis 40 Grad gewesen sein. Beim Verschwinden des Meteors e es einen lebhaften Feuerregen, wie man ihn auch bei größeren Stern]hnuppen oft beobachtet, hinter fih zurück. Auch anderwärts is das Phänomen fast gleichzeitig beobachtet worden, so in Leipzig, in Auerbach im Voigtlande, in Zittau, in Breslau, Striegau und Bunzlau in Schlesien und in Wien.

rag, 19. Juni. Gestern Nachmittag nah vier Uhr entlud sih über di und dessen Umgebung unter Donner und Bliß ein wolken- bruchartiger Reg en. Während desselben ist das Wasser vom Laurenzîi- berge und Johannisberge durch die Wälsche- und durch die Todten- gasse auf den Neumarkt stromartig hinabgestürzt, hat die Kanalgitter mit Kehricht und Gerölle verlegt, fo daß das Wasser in S undKeller eindrang und in der Mitte jener Straße einenSchuhHö zeerreichte.

Auch auf der Neustadt, der Altstadt und in der Josefstadt Piags floß das Wasser in mehreren Straßen fußhoch und drang in die Keller, ja in manchen Häusern selbst in die Läden ein, deren viele deshalb geschlossen werden mußten. Mehrere Bewohner ebenerdiger Wohnungen flüchteten fih in höhere Stockwerke. Ju Podol, Pankraz, Nußle, Wyschehrad und anderen Orten drang das Wasser ebenfalls in die Hâufer ein. Auch zwischen iet und Radlit entlud fih das Unwetter mit allec Macht. Das zugeströmte Wasser übershwemmte die Buschtêéhrader Bahn an mehreren Stellen.

Die volkswirth\schaftlihen Zustände des Deutschen Reichs.

Zufammengestellt aus Anlaß der Wiener Weltausstellung.

I. Geßiet8umfang und Bevölkerung. IT. Landwirthschaft. IIT. Forst- wirthschaft. 19. Bergbau- und Hüttenwesen. V. Industrie. VI. Handel und Verkehr.

(Vgl. Nr. 142 d. Bl) s Das Deutsche Reich zeigt in hohem Grade die Einheit der Nationalität. Es gehören jedoh zum Reiche etwas über 3 Mil- lionenck denen die deutshe Sprache nicht Muttersprache ist. Es find dies 2,415,000 Polen ia den Provinzen Preußen, Posen und Shhlesien, 147,000 Litthauer in Ostpreußen, 138,000 Wen- den in der Lausiß und im Königreih Sachsen, 50,000 Czechen in Shhlesien, 147,000 Dänen in Schleswig, 266,000 Franzosen in Elfaß-Lothringen, zusammen 3,163,000 nicht deutsche gegen 36,825,000 deutshe Einwohner. Danach machen die leßteren über 92 Prozent der Gesammtbevölkerung des Reichs aus, wäh- rend auf die anderen Nationalit:ten zusammen nicht ganz 8 Prozent entfallen. Diese Ziffern stüßen sh auf die Erhebun- gen vom- Jahre 1867 (für Elsaß-Lo!hringen auf die französische Zählung von 1866), da die Sprahh- und Stammpbverschiedenheit der Einwohner nah der Zählung von 1871 zur Zeit noch nicht feststeht. Man kann aber annehmen, daß sich das Verhältniß seither niht „vesentlih geändert haben wird. | Was die Konfessionsverhältnis#? betrifft, so leben im Reiche Evangelische 25,100,000 oder 62,2 Proz. der Gesammt- bevölkerung, Katholiken 14,600,000 oder 36,3 Proz , Juden, Mennoniten und Bekenner anderer Religionen ca. 600,000 oder 1,6 Proz. N _ O2 Eine Vertheilung der Bevölkerung nahFStadt Und flahem Lande läßt fih für das Reich nit vollständig durh- führen, da gleichmäßige Aufnahmen in dieser Beziehung nit für alle Einzelstaaten existiren. Die städtishe Konzentrirung herrscht im westlicheren und mittleren Deutschland mehr vor, als im östlihen. Nah der Zählung vom Jahre 1867 (in Elsaß-Lothrin- gen von 1866) waren im O Reiche 1578 Städte mit 2000 Einwohnern und mehr vorhanden, nämlich: 1052 Städte von 2000—5000 Einwohnern, 308 p, über 5000—10,000 Einw. Mals 10,000—20,000 , 48 x 20,000—50,000 „_ 2 50,000—100,000 Einw. T4 „100,000 Einwohnern. Nach den s Ergebnissen der Volkszählung vom 1. Dezember 1871 if die Zahl der Städte mit E als 2000 Einwohnern gestiègen und sind jeyt in Deutschlan 31 Städte mit einer Bevölkerung von über 50,000 Einwohnern vorhanden. Es sind dies: O : 1) Berlin mit 16,154 Einw. j Ba 1 200 oa ) Breslau 208, 73:722 71,775

n: 100 ünchen , / 92) Düsseldorf 69,462 23) Chemniß 68,150

6) Cöln « 129,251 7) Magdeburg , 114,549 :

24) Braunshweig, 957,380 56,932

8) Königsberg 112,123

9) Hannover 106,520 25) Posen h 57,335 52,408

10) Leipzig « 102,575 26) Crefeld H 11) Danzig 94,377 27) Halle i 12) Stuttgart 91,673 28) Mülhausen 13) Scankfurt i. Elf. « 52,000 a. M. 90,748 29) Essen 91,768 14) Straßburg 85,529 30) Meß , 51,107 15) Bremen y 82,990 31) Augsburg 90,451 16) Nürnberg 82,929 j,

Daß die städtishe Bevölkerung in viel \{chnellerer Pro- ession gestiegen, als die ländliche, liegt haupisühlih in dem mstande, daß in den mittleren und großen Städten g he m

und Handel mehr und mehr. ihre. Hauptsige genommen haben. Die früher über das ganze Land, zerstreuten Fabriken haben sih auptsählich in den größern Städten konzentrirt, wo fie ganze Conta industrieller Etablissements bilden, um gemeinsam die leihen Vortheile auszubeuten. Diese bestehen namentli darin, in solchen Industriestädten die Arbeitstheilung in der zweck- mäßigsten Weise durchgeführt wird: Händler versorgen den Fa- brifanten in der bequemsten Weise mit dem Rohstoff, andere

mit 826,341 Einw. 17) Stettin 18) Barmen. jy 19) Altona s 29) Aachen ï 21) Elberfeld ,

Landwirthschaft.

Berlin, 20. Juni. Die Zufuhr von Wollen kann noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden, vielmehr treffen noch stündlich neue Wollen ein... Der Gesammtbetrag, der bis heut früh auf dem Markt angefahrenen Wollen belänft sich auf circa 52,000 Centner. Der Qualität nach sind dieselben als mittel und. mittelfein größtentheils und nur eine im Verhältniß geringe Quantität i} als „fein“ zu flassifiziren. Die Zahl der per Achse aus der Umgegend eingetroffenen Wollen ist nur gering, die größten Quanta dieses Trans-

ortes trafen auf der Frankfurter und Zossener Chaussee ein, ie auf den anderen Landwegen eingetroffenen Wollen find faum nennenswerth. Wie wir bereits gestern meldeten, trifft das hauptsächlihste Quantum der hiesigen Marktwaare direkt per Ver- bindungsbahn auf dem Viehhof ein und nur wenige Transporte wer- den von den Bahnhöfen per Achse an den Markt geschaft. Von den esammten Wollen ist mehr als die Hälfte dur A an den Markt gebracht, der übrige Theil durch die Züchter E Die Wäschen befriedigen im Allgemeinen vollkommen, namentli diejenigen der Domintal-Wollen, während die Wollen der kleineren Produzenten und besonders die durch Händler zusammengekauften kleineren La nch manches zu wünschen lassen. Das Ge- chäft wickelt sich im Großen und Ganzen ziemlich befriedigend ab. Es find viel Fabrikanten und auch Grossisten zu Markt gekommen und die Kauflust ift so lebhaft, daß wenige Posten nicht verkauft bleiben werden. Die vorjährigen Preise werden nicht nur beibehalten, sondern auch größtentheils, namentli bei guten Wüschen, um 2 bis 3 Thaler übersteigen. Für gut gewaschene mittelfeine Wollen wurden 68 bis 73 Thlr. E und gezahlt, während geringere Waare für 57 bis 60 Thlr. gehandelt wurde. i L

Wien, 19. Suni. S T. B.) Yus Galizien und Süd rußland wird telegraphisch gemeldet, daß die Ernte-Aussichten dort glänzend find. i :

N Juni. Die Ernte-Aussichten in England s sich, wie der „Magnet“ meldet, dur den Einfluß der frucht- aren Witterung wiederum E i Hessenungeachtet zeigt sih auch jeßt noch eine große Verschiedenheit in dem Aussehen der Getreide- ke der, indessen habe man nach dem großen Mitterungsw:chsel, dem die Pflanze auëgeseßt war, s{hwerlich auf eine Durchsnittsernte zu rechnen. Daß der Ertrag ein mäßiger sein müsse, sei eîne Folge der Thatsache, daß das iu diesem Jahre mit Weizen bestellte Areal be- deutend kleiner als gewöhnlich ist, indem viele Landwirthe in Folge der verzögerten Aussaat es vorzogen, die für Meizen bestimmten Flächen mit anderen Cerealien zu bestellen.

Gewerbe und Handel.

London, 18. Juni. Das Handelsamt hat, wie die offizielle London Gazette“mîttheilt, vom Staatssekretär für auswärtige An-

elegenheiten die Abschrift einer Depesche des britischen Konsuls in Bilb L o erhalten, welche meldet, daß nunmehr kein Grund gegen die

Fabrikanten liefern ihm die nöthigen Maschinen oder besorgen die zur Vorbereitung oder zur Vollendung der Waaren nöthigen Operationen, zahlreiche Mittelspersonen übernehmen der. Vertrieb der fertigen Produkte, kurz die industrielle Centralisation ge- stattet dem Fabrikanten, fich ganz feiner produzirenden Thätigkeit hinzugeben und erspart “ihm die Zersplitterung seiner Kräfte. Dabei sichert sie ihm einen zahlreichen, geschulten und intelligenten Arbeiterstamm. Diese Gründe wirken fördernd auf die In- dustrie aller bedeutend-n Städte und auf die Entwickelung der Städte selbst. / Sa lettéres Beziehung wird die nahfolgende Tabelle- nicht ohne Interesse sein, welche das Anwachsen der Bevölkerung der

ichti ‘oßstädte ersehen läßt. wichtigeren deutshen Groß\tä seh ß Duréhniill 1846. 1855. 1867. jährliche

1871. j Zunahme. Einw. Einw. Einw, Einw. Einw. 408,502 447,483 702,437 826,341 4,09 d 148,764 166,148 224,974 235,369 2,33 - 112,194 127,090 171,926 208,025 3,42 - 106531 182,112 170,688 169,612 2,37 - 90,246 106,852 125,172 129/251 1,73 - 69,197 77,997 95,840 114,549 2,62 - 75,234 83,593 106,296 112,123 1,96 » 66,827 71,995 89,311 94,377 1,65 - 9) Bremen 53,1566 60,087 74,945 82,990 2,24 - 45,807 55,076

10) Stettin 73/714 {6,134 2,65 - 19) Aachen 48/557 54373 68,178 73,722 2,07

Außerdem stieg die Bevölkerungsziffer in Dresden von 86,608 E. in 1843 auf 177,095 E. in 1871 (jährl. Durch- \chnitt 3,93 Proz.), Leipzig von 54,519 E. in 1843 auf 102,575 E. in 1871 (jährlicher Durchschitt 3,15 Proz.) Stuttgart von 45,826 - Einw. in 1852 auf 91,673 E. in 1871 (jährl. Durhschn. 5,26 Proz.), Frankfurt a. M. von 55,956 E. in 1843 auf 90,748 E. in 1871 (jährl. Durchschn. 2,92 Proz.), Nürnberg von 47,000 E. in 1844 auf 82,929 G. in 1871 (jährl. Durchschn. 2,83 Proz.), Barmen von 41,463 E. in 1855 auf 75,074 E. in 1871 (jährl. Durhschn. 5,07 Proz.), Altona von 40,426 E. in 1855 auf 73,864 E. in 1871 (jährl. Durchshn. 5,17 Proz.), Elberfeld von 41,096 E. in 1855 auf 71,775 E. in 1871 (jährl. Dur{hschn. 4,67 Proz.), Düsseldorf von 29,085 E. in 1855 auf 69,462 E. in 1871 (jährl. Durhsch. 8,67 Proz.). j S

In welcher Weise sih die Bevölkerung, der Städte in Preußen mit mehr .als 10,000 Einwohnern von 1867 bis 1871 vermehrt hat, läßt sich aus den veröffentlichten vorläufigen Resultaten der Zählung von 1871 näher erschen. Danach betrug:

E Giueaee Zunahme A ahl der a 5 e Pte 1867 1871 Überhaupt **° 955,456 1,097,648 142,192 15 786,570 861,450 74880 94 Di 18 Me 4) Sachsen 400,1 20, h, E E e D 6) Westfalen 4 i j; O

7) Hannover 198,463 225,724 8) Pommern 2,391

1) Berkin

2) Hamburg 3) Breslan 4) München 5) Cöln

6) Magdeburg 7) Königsberg 8) Danzig

1) Brandenburg . . . 14 2) Rheinprovinz. . . 25 3) Schlesien 17

188,480 190,871 i 9) Hessen-Nassau . 179,319 202,528 23,209 10) leswig-Holstein j 13,123

139,415 152,538

1!) Posen 100,579 105,504 4,925

/ Zusammen 127 3,914,791 4,301,443 386,652 9 Unter den vorstehenden 127 Städten befinden sih 16 (Kö- nigsberg, Danzig, Berlin, Stettin, Posen, Breslau, Magdeburg, Altona, Hannover, Frankfurt a/M., Crefeld, Düsseldorf, Elber- feld, Barmen, Cöln, Aachen), deren jede im Jahre 1867 mehr als 50,000 Einwohner zählte. Die Bevölkerung betrug in die- sen Städten zusammen 1,950,213 und hatte fih bis 1871 auf 2,180,430 oder um 230,217 = 11,8 Proz. v:rmehrt.

Von diesen leßteren 16 Städten zählten 4 (Königsberg, Berlin, Breslau, Cöln) im Jahre 1867 je mehr als 100,000 Einwohner, zusammen 1,120,248, welche sich bis zum Jahre 1871 auf 1,274,943, mithin um 154,695 oder 13,8 Pes mehrt hatten. Nur eine derselben, Berlin, zählte über 000 Einwohner und hat hier der Bevölkerungszuwahs von 1867 bis 72 122,952 Einwohner oder 17,50 Proz. betragen.

Diesen 127 größeren Städten tehen nun 1157 Städte ge-

"mal halb

Absendung von Schiffen nah diesem gleichzeitig erwogen werden müsse, daß et | g egel

Zustande des Landes gan uamöglich sei, den Gang der reignisse vorauszusehen. Dieselbe Behörde hat Abschriften von Quaran- taine-Verfügungen der portugiesischen Mes runs er-

es in dem jeßigen ungeregelten

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alten, denen zufolge die Häfen des ösfterreichisch-ungari hen L seit dem 10. ei und die der Donau seit dem 8. Mai von Cholera für frei erklärt find; ferner, daß die Len von New- Orleans seit dem 24. April mit dieser Krankheit für an esteckt er- flärt find. Das von der Orientalischen Telegraphen-Ge- sellschaft hierselbst zwischen Landsend und Vigo (Spanien) Jüngst gelegte Duplikatskabel wurde am 17. ds. dem öffentlichen Ber- ehr übergeben, bei welcher Gelegenheit Glückwunschdepeschen zwischen dem Lordmayor von London und dem Alkalden von Vigo ausgetauscht

wurden. : Verkehrs-Anstalten.

Stettin, 20. Juni. (W. T. B.) Der Postdampfer des bal- tischen Lloyd „Humboldt“, Kapitän Blank, ging gestern - Abend 7 Ühr mit Passagieren und Ladung von hier nah New-York in See.

Rom, 19. Juni. (W. T. B.) Heute wurde die Eisenbahn von Borgoforte nah Mantua, welche Modena mit Mantua verbindet, eröffnet. i

E E 19. Juni. (W. T. B.) Der Hamburger Post- dampfer -, Cimbria“ ist heute Morgen 3 Uhr hier: eingetroffen.

Aus dem Wolff'shen Telegraphen-Bureau.

Stuttgart, Freitag, 20. Iuni. Die Kaiserin von Ruß- land ift gestern Abend um 10 Uhr hier angekommen und in der Königlichen Villa Berg abgestiegen.

Madrid, Donnerstag, 19. Juni. In der heutigen Sizung der Kortes brachte der Finanz-Minister mehrere Geseßentwürfe ein, durch welche der Regierung die Befugniß ertheilt wird, die Tabakspflanzungen auf den Philippinen auf o viel Jahre, wie ihr ersprießlih erscheint, zu verpachten, wobei die Erträgnisse der leßten fünf Jahre als Maßstab zu Grunde gelegt werden sollen. Die Regierung wird ferner ermächtigt, die im Porte- feuille befindlihen Schaßbonds zu negoziren , einen Theil der Schuld zu konvertiren und eine Reorganisation der Depotkassen vorzunehmen.

Rom, Freitag 20. Iuni. Monsignore Salvai is von Alessandria nah Rom berufen worden, um sich beim Vatikan wegen seiner Theilnahme an der Beerdigung Nas, zu ver- antworten. Das Iournal „Paese“ is wegen eleidigender Aeußerungen gegen den Papst mit Beschlag belegt worden.

genüber, deren jede im Jahre 1867 weniger als 10,000 Ein- wohner zählte. Sie hatten zusammen 3,586,845 Einwohner, im Saire 1871 dagegen 3,667,102 Einwohner oder‘80,257 = 2,24

Prozent mehr. 4 7 : Hiernach stellt fich die Bevölkerungszunahme für sämmtliche Städte in Preußen in den Jahren 1867—71 in Prozenten der betreffenden städtishen Bevölkerung und in der absoluten Ver- mehrungszahl wie G H ¿2 L a ädte von weniger a 4 inw. 2, roz. 80,257 Einw.

ad E z wehe 10,000 99 v 886,692

; “60000 1 1108 u O0 T

A A R R 100,000 „13,8 154,6% ,

A E E Mit der Größe der Städte steigt also der Prozentsaß der Bevölkerungszunahme in unverhältnißmäßiger Weise, und die Einwohnerschaft der größten Städte wächst so daß Berlin allein in 4 Jahren halb mal so viel Einwohner mehr erhalten hat, als alle 1157 kleinen Städte des preußishen Staats zusammen-

genommen. ; j j

So geringfügig hiernah au die Zunahme der Bevölkerung in den kleinen Städten im Vergleich zu derjenigen in den großen Städten erscheint, so erheblich is sie dem Lande gegenüber, wel- hes immer einen Theil seines Zuwachses an die Städte abgiebt. Ín Preußen betrug die ländlihe Bevölkerung im Jahre 1871 16,637,652 Einwohner gegen 16,469,701 im Jahre 1867, hat si also nur um 167,951 oder 1,02 Prozent, mithin nicht ein- so stark, wie die Einwohnerschaft der kleinen Städte, vermehrt. Dieser Unterschied zwishen Stadt und Land wird ein noch größerer, wenn man das zur Zeit der Zählung außerhalb des Landes befindliche preußische Militär mit 37,218 Mann, welches aus\chließlich einen Bestandtheil der städtischen Bevölkerung bildet, der leßteren zurehnet. Es ergiebt fih dann, daß die Städtebevölkerung in den Jahren 1867—71 sih von 7,501,636 auf 8,005,763 Einw., also von 31,3 auf 32,5 Proz.

völkerung von 16,469,701 nur auf 16,637,652 Einw. gestiegen, also von 68,7 auf 67,5 Proz. der Gesäammtbevölkerung ge- sunken ift. | E i Gleih genaue Angaben bezüglich des Verhältnisses zwischen der städtishen und ländlihen Bevölkerung, wie sie vorstehend für Preußen gegeben sind, lassen sich für die übrigen deutschen Staaten bei dem Mangel übereinstimmender Grundlagen der in dieser Hinsicht stattgefundenen Aufnahmen nicht / geben. Im Durchschnitt kann man aber annehmen, daß etwa ?/10 der Ge- sammtbevölkerung in den Städten und 7/1g auf dem Lande wohnen. _Deutschlandbildetin dieserBeziehung dieMitte zwis henden mehr in die Städte sich drängenden West-, und den mehr sih zerstreuenden Ost-Europäern. Am stärksten if die städtische Konzentrirung in den obersächsishen Staaten, wo mehr als ein Drittel der Ge- ammtbevölkerung auf die Städte entfallen, fortgeschritten. Auûch in Württemberg, Baden und den weftlihen Provinzen Preußens findet sich noch eine ziemlich dihte Ausstattung mit Städten, während in Preußens -Ostprovinzen, in Medlenburg, Oldenburg und Bayern die ländliche Bevölkerung mehr und mehr über- wiegt. Im Elsaß hat die in größeren Gemeinden wohnende Bevölkerung während der {echten beiden Dezennien ebenfalls be- trähtlih zugenommen. Nach der Zählung vom Jahre 1866 wohnten in den Städten 40,39' Prozent der Bevölkerung, auf dem Lande dagegen 59,61 Prozent. Die städtische Bevölkerung ist also hier eine verhältnißmäßig viel stärkere als im übrigen Deutschland, und sind Gewerbefleiß und Industrie, welche in den Städten des Elsaß in hoher Blüthe stehen, hierauf von wesentlihem Einflusse gewesen.

Redaktion und Rendantur: Schwie g er.

Berlin, Verlag der Expedition (Kessel). Druck: H." Heiber g. Drei Beilagen (einschließlich der Börsen-Beilage).

afen vorzuliegen scheint, obwohl -

der Gesammtbevölkerung gehoben hat, während die ländlihe Be-

mungen

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

e 2 (6 TAM.

Königreich Prenufßen. Geseß über die Kriegsleistungen. ln 13. Juni 1873. f Wir Wilhelm,

König von Preußen 2c. : verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nah erfolgter Zustimmung des Bundésrathes und des Reichstages, was folgt: §. 1. Von dem Tage ab, an welchem die bewaffnete Macht mobil gemacht wird, tritt die R des Bundesgebiets zu e

Ms Leistungen für Kriegszweke nach den Bestimmungen dieses Ge- eßes ein.

Beschränkt fi die E auf einzelne ien der bewaffneten Macht, so ‘tritt diese Verpflichtung nur bezüglich der mobil gemachten, augmentirten oder in Bewegung geseßten Theile der- selben, sowie zur Herstellung der nothwendigen Vertheidigungs- anstalten ein.

S. 2. Diese Leistungen sollen nur insoweit in Anspru genommen werden, als für die Beschaffung ‘der Bedürfnisse nicht anderweitig, insbesondere niht durch freien Ankauf, beziehungsweise Baarzahlung óder durch Entnahme ays den Magazinen gesorgt werden kann.

Für diese Leistungen ist ua den Beftiürungeii dieses Geseßes Vergütung aus Reichsmitteln zu gewähren.

___ §. 3. (T. Kriegsleistungen der Gemeinden.) Dem Reiche gegen-

Mp Lee, zunächst die Gemeinden zu -nachfolgenden Leistungen ver- ichtet:

1) Gewährung des Naturalquartiers für die bewaffnete Macht,

einschließli des Heergefolges, sowie der Stallung für die zugehörigen

Pferde, beides, soweit Räumlichkeiten hierfür vorhanden sind;

2) Gewährung der Es für die auf Märschen und in Kantonnirungen befindlichen Theile der ales Macht, Nan ss des Heergefolges, sowie der Fourage für die zugehörigen

erdez

3) Veberlafsung der im Gemeindebezirk vorhandenen Transport- mittel und Gespanne für militärische Zwecke und Stellung der in der Gemeinde anwesenden Mannschaften zum Dienste als Gesyannführer, Wegweiser und Boten, sowie zum Wege-, Eisenbahn- ynd Brückenbau, zu fortifikatorischen Arbeiten, zu Fluß- und Hafensperren und zu Boots- und Prahmdientiten;

,_4) Ueberweisung der für den Kriegsbedarf erforderlihen Grund- tückde und vorhandenen Gebäude, sowie der im Gemeindebezirke vor-

andenen Materialien zur Anlegung von Wegen, Eisenbahnen, Brücken, agern, Uebungs- und Bivouakspläßen, zu fortifikatorischen Anlagen und zu Fluß- und Hafensperren; i

9) Gewährung des im Gemeindebezirke vorhandenen Feuerungs- materials und Lagerstrohs für Lager und Bivouaks, sowie __6) der sonstigen Dienste und Gegenstände, deren Leistung be- ziehungsweise Lieferung das militärische Interesse L aniabindtueile er- forderlich machen könnte, insbesondere von Bewaffnungs- und Aus- rüstungsgegenständen, Arznei- und Verbandmitteln, soweit die hierzu erforderlichen Personen und Gegenstände im Gemeindebezirke anwesend und beziehungsweise vorhanden sind.

_§. 4. In welchen Fällen und in welchem Umfange die Ver- pflichtungen des 8. 3 einzutreten haben, wird auf Requisition der Militärbehörde dur Anordnung der nach den Landesgeseßen zustän- digen Civilbehörde bestimmt. Es ist hierbei auf die Leistungsfähigkeit der Gemeinden Rüdcksicht zu nehmen.

In den Städten, welche einen eigenen Kreis bilden, oder welche da, wo Kreisverbände nicht - bestehen, nach der leßten Volkszählung mindestens 25,000 Seelen haben, werden der Regel nah die Requi- sitionen direkt an den Stadtvorstand gerichtet.

In dringenden Fällen kann die zuständige Militärbehörde auch sonst die Leistungen direkt von der Gemeindebehörde und wo diese nicht rechtzeitig zu erreichen ist, von den Leistungspflichtigen in der Ge- meinde (8. 6) unmittelbar requiriren.

Anordnungen wie Requisitionen sind in der Regel schriftlich zu rie und müssen die genaue Bezeichnung der geforderten Leistung enthalten.

Ueber die erfolgte Leistung ist Bescheinigung auszustellen.

S. 9. Für die vollständige und. rechtzeitige Erfüllung der gefor- derten Leistungen sind die Gemeinden verantwortlich. Die Weigerung oder Säumniß derselben berechtigt die Civilbehörde, die Leistung zwangsweise herbeizuführen. Bei Gefahr im Verzuge ist hierzu auch die Militärbehörde befugt.

8. 6. Die Gemeinden sind berechtigt, behufs Erfüllung der gefor-

* derten Leiftungen, die zur Theilnahme an den Gemeindelasten Ver-

Wee, sowie die sonst in der Gemeinde sich aufhaltenden oder igenthum in derjelben besißenden Angehörigen des Reichs zu Natural- leistungen und Diensten aller Art heranzuziehen, insbesondère auch die in den Gemeindebezirken gelegenen Grundstücke und Gebäude, mit Ausnahme der ländesherrlichen Schlösser und der unmittelbar zu Staatszwecken dienenden Gebäude oder Gebäudetheile, zu benußen und sih nöthigenfalls zwangsweise in deren Besiß zu seßen.

Die in déèr Gemeinde durch die Leistungen etwa entstehenden Baärkosten sind von den zur Theilnahme an den Gemeindelasten Ver- pfilichteten aufzubringen,

__ Die Gemeinden sind berechtigt, Naturalquartier und Verpflegnng

für eigene Rechnung zu übernehmen und die erwachsenen Kosten auf die hierdurh von unmittelbarer Leistung befreiten Pflichtigen nach Dl ihrer Verpflichtung zur Naturalleistung (Absaß 1) um- zulegen.

§. 7. Die Gemeinde hat den nach §. 6 mit Naturalleistungen oder Diensten in Anspruch Genommenen Vergütung in dem Umfange zu gewähren, in welchem die leßtere nah den Folabnden Bestimmungen vom Reiche gewährt wird. ]

__Die Gemeinde ist in der Regel nicht verpflichtet, die Vergütung früher auszuzahlen, als sie tr vom Reiche zur Verfügung gestellt ist. Jedoch ist in den Fällen besonderer Bedürftigkeit oder unverhältniß- mäßiger Belastung einzelner Leistungspflichtiger diese Vergütung vor- shußweise von der Gemeinde zu zahlen.

Von diesen besonderen Fällen abgesehen, kommen die vom Reiche zu zahlenden Zinsen (§. 20) den Einzelnen zu.

ur Sicherung seiner Forderung kann jeder von der Gemeinde in Anspruch Genommene über die von ihm gemachte Leistung eine Be- scheinigung von der Gemeinde fordern.

§. 8. Die in diesem Geseße für Gemeinden getroffenen Bestim- elten auch für die cinem Gemeindeverbande nit einverleib- ten E Gutsbezirke.

8. 9. zergütung für Natnralquärtier Seitens des Reichs nur gewährt:

1) für die Truppentheile, welche {hon vor der Mobilmachung zur Besaßung des Ortes ge órten, bis zu E Ausmarsche ;

2) für die Truppentheile, welche zur Besaßung des Ortes nach der Mobilmachung einrücken, insbesondere auch für die Besaßung der Etappenorte; :

3) für Ersaßtruppen in ihren Standquartieren,

und zwar nach den für den Friedenszustand geltenden Säßen. In diesen Fällen finden bezüglich der Beschaffenheit des Quartiers im Allgemeinen die für den Friedenszustand geltenden Vorschriften Anwendung. Jn allen übrigen Fällen muß der Einguartirte A9 mit demjenigen begnügen, was nah Maßgabe der obwaltenden Verhält- nisse angewiesen werden kann, und find dem artiergeber nur die auf Requisition der Militärbehörde gemachten Auslagen zu erseßen.

S. 10. Die Entschädigung für die Naturalverpflegung erfolgt nach den für den Friedenszustand geltenden Säßen, jedoch mit der

und Stallung wird

von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser,

Freitag, den 20. Juni

Maßgabe, daß nux die Hälfte dieser Säße gewährt wird, wenn bei eiligen Märschen, bei Bent ung der Eisenbahn und ‘hei ähnlichen Veranlassungen nur ein Theil der Verpflegung, 3. B. das Mittagessen n oder eine Abendmahlzeit und das Frühftück allein verabreicht wer- en fann.

Der mit Verpflegung Einquartirte sowohl der Offizier und Beamte, als auch der Soldat hat sich in der Regel mit der Kost des Ouartiergebers zu begnügen. Bei vorkommenden Streitigkeiten muß dem Einquartirten dasjenige gewährt werden, was er nach dem Reglement bei einer Verpflegung aus dem Magazin zu fordern be- rechtigt sein würde.

8. 11, Für Gewährung von Fourage werden, soweit sie in na- tura vorhanden wax, die Durchschnittspreise der legten zehn Friedens- jahre mit Weglassung des theuersten und des wohlfeilsten Jah- res bewilligt. Soweit die nöthige Fourage im Gemeindebezirke nicht vorhanden war, und von der Gemeinde durch Ankauf herbei- geschaft werden mußte, erfolgt die Vergütung nach den Durb}|chnitts- preisen, welche zur Zeit der Lieferung in dem Marktorte des Liefe- rungsverbandes (8 19 Absaß 2 und 3) bestanden, zu dessen Bezirke die Gemeinde gehört.

8. 12. efim den Vorspann und die Spanndienste gelten die nach-

folgenden Bestimmnngen :

1) die Vergütung erfolgt tageweise nach den von dem Bundes- rathe von Zeit zu Zeit für jeden Bezirk eines Liefexungsverbandes (S. 17) endgültig festzustellenden Vergütüngssäßen. Die Säße sind nach den im betreffenden Bezirke üblichen Fuhrpreisen zu normiren. Werden die Fuhren einen halben Tag oder darunter in Anspruch ge- nommen, so wird ein halber Tag berechnet.

Auch für die Fahrt vom Wohn- nach dem Stellungsorte und zurück wird Vergütung nah gleichen Grundsäßen gewährt, wenn die Entfernung mehr als eine Meile hee in diesem Falle ist eine Wegestrecke bis zu zwei Meilen einem _ halben Tage gleichzuseben.

2) Fuhren, die länger als 48 Stunden von ihrer Heimath fern geyalten werden, haben auf der ihnen vorzuschreibenden Etappenstraße neben freiem Quartier für Führer und Zugthiere freie Verpflegung zu beanspruchen, ohne Kürzung ihrer Fuhrpreise.

3) Werden Fuhren länger als 48 Stunden außerhalb ihrer ger math, oder auf. unbestimmte Dauer in Anspruch genommen, so sind Zugthiere, Wagen und Geschirr vor dem Abgang durch Sachverstän- dige zu taxir-n, und ist dem Eigenthümer auf Guund der L axe voller Ersaß für Verluste, Beschädigung und außergewöhnliche Abnußung an Zugthieren, Wagen und Geschirr zu gewähren, welche in Folge oder gelegentlih der Vorspann- oder Spanndienstleistungen ohne Verschulden a E oder des von ihm gestellten Gespannführers ent-

anden sind.

Ist eine vorherige Schäßung nit möglich, so soll der Werth nachträglich festgestellt werden

__§. 13. Fär die Gewährung von Arbeitskräften und Transport- mitteln mit Ausnahme der Fuhrenleistung, sowie für die Lieferung des Lagerstrohes und Feuerungsmaterials für Lager und Bivouaks wird die Vergütung nach den "in gewöhnlichen Zeiten ortsüblichen Preisen gewährt.

8, 14. Für Einräumung der zu Kriegszwecken erforderlichen, [leerstehenden oder disponiblen, eigenen Gebäude der Gemeinden und für die Ueberlassvng freier Pläße, Dedungen und unbestellter Aecker bis zur Zeit der Bestellung zu militärischen Zweckten, wird Vergütung nur für die durch die Benußung erweislih herbeigeführte Beschädigung und außerordentliche Abnußung gewährt.

__ Bei Neberweisung sonstiger Gebäude und Grundstücke wixd auch für die entzogene Nußung Vergütung gewährt, soweit der Vergütungs- anspruh niht durch das Geseß über die Beschränkung des Grund- eigenthums in der Umgebung vou Festungen, vom 21. Dezember 1871, überhaupt ausgeschlossen ist.

Werden Grundstücke, welche zur Ergänzung fortifikatorischer An- lagen im Falle der Armirung einer Festung in Anspruch genommen worden sind, nach eingetretener Desarmirung nicht zurückgegeben, so erfolgt die Feststellung der Entschädigung für die Abtretung des Eigen- thums im Wege des für Enteignungen vorgeschriebenen Verfahrens.

§8. 15. Die Vergütung für alle in den B. 9 bis 14 nit ge- nannten Kriegsleistungen erfolgt nah den am Orte und zur Zeit der Leistung bestehenden Durchschnittspreisen. Z

8. 16. (IT. Undlieferungen.) Durch Beschluß des Bundesraths kann, falls der Unterhalt für die bewaffnete Macht auf andere Weise nicht sicherzustellen ist, die Lieferung des Bedarfs an lebendem Vieh, Brotmaterial, Hafer, Heu und Stroh zur Füllung der Kriegsmagazine angeordnet werden (Landlieferungen).

8. 17. Die Verpflichtung zu den im §. 16 bezeichneten Leistungen liegt Lieferungsverbänden ob, welche von den cinzelnen Bundesstaaten unter Rücksichtnahme auf es Leistungsfähigkeit und thunlichst im Anschlusse an die bestehende Bezirkseintheilung zu bilden sind.

Für Staaten von geringem Gebietsumfange kann von der Bil- dung besonderer Verbände Abstand genommen werden, in welchem Falle die Lieferungspflicht dem Staate als solchem obliegt.

VFnnerhalb des bisherigen Geltungsgebietes des Geseßes über die Kriegsleistungen vom 11. Mai 1851 (Bundes - Geseßbl. von 1867 S. 125) sind bis zur anderweiten Regelung die Kreise und gleicharti- gen Verbände als Lieferungsverbände beizubehalten.

Den Umfang der Lieferungen und die Lieferungsverbände, von welchen dieselben zu leisten sind, hat der Bundesrath festzuseßen.

Bei Feststellung der Lieferungen Und bei der Untervertheilung ist darauf Rücksicht zu nehmen, daß den einzelnen Licferungsverbänden nur die Lieferung solcher Gegenstände und Quantitäten auferlegt wird, die sih in deren Bereiche in natura vorfinden.

8. 18. Die Bestimmungen der §8. 6 und 7 finden auf Landlie- ferungen analoge Anwendung.

Die Lieferungsverbände können sich zur Beschaffung der von ihnen geforderten Leistungen der Vermittelung dex Gemeinden bedienen.

8. 19, Die Seststellung der für geliefertes lebendes Vieh zu ge- währenden Vergütungen erfolgt durch \averständige Schäßung unter Anwendung der Bestimmungen des §. 33 nach den im üblichen Preisen. j E

Die Höhe der Vergütung für alle R Landlieferungen wird nach den Durchschnittspreisen der leßten zehn Bs mit Weglassung des theuersten und des wohlfeilsten Jahres bestimmt. Für jeden Lieferungsverband werden dabei die Preise des Haupt- Marktortes desselben zu Grunde gelegt. s

In denjenigen Bundesstaaten, in. denen auf Grund der Gee Normal-Marktorte festgeseßt sind, bewendet es für die danach gebil-

rieden orts-

' deten A bei den Preisen der leßteren mit der Maßgabe, daß für

eden Lieferungsverband die Preise nur eines, und zwar desjenigen tormal-Marktortes zu Grunde gelegt werden, zu welchem der größere Theil des Liererungsverbandes gehört.

___§. 20. (ITT. Gèmeinscaftlihe Bestimmungen.) Die Vergütung für die in Gemäßheit des §. 3 Nr. 6 erfolgten außergewöhnlichen V lele ist aus den bereitesten Beständen der Kriegskasse baar zu zahlen.

__ Veber die Vergütungsansprüche bezüglich allèr übrigen Kriegs- [eistungen werden auf Grund der festgestellten Liquidation Anerkennt- nisse ausgefertigt, welche auf den Namen desjenigen lauten, der die Vergütung zu beauspruchen hat. Dieselben werden nah Maßgabe des §. 21 eingelöst und die darauf dn IOenDen, Beträge vom exsten Tage ge auf die Leistung folgenden Monats mit vier vom Hundert verzinst.

Der Bundesrath hat diejenigen Behörden gu bestimmen, bei welchem die nah Maßgabe dieses Geseßes zu erhebenden Vergütungs-

1878.

ansprüche anzumelden, sowie diejenigen, von uelchen die Anerkenntnifse auszustellen sind. Auch hat er das hierbei zu beobachtende Verfahren vorzuschreiben

_§. 21, Die Einlösung der nah §: 20 erlheilten Anerkennt- nisse und die Zinszahlung findet nah Maßgabe der verfügbaren Mittel statt. j

Die Zahlung der Beträge erfolgt gültig an die Inhaber der An- erkenntnisse Hegen Rückgabe derselben. Zu einer Prüfung der Legiti- mit der Inhaber ist die zahlende Kasse berechtigt, aber nicht ver-

ichtet.

Die Inhaber der Anerkenntnisse werden von den oberen Verwal- tungsbehörden durch sffentlihe Bekanntmachung in deren amtlichen Anzeigeblättern aufgefordert, dieselben behufs Empfangnahme von Kapital und Zinsen bei den in der Bekanntmachung zu bezeichnenden öffentlichen Kassen vorzulegen.

Der Zinsenlauf hört mit dem leßten Tage desjenigen Monats auf, in welchem die öffentliche Bekanntmachung erfolgt ift.

_§. 22. Nach Wiedereintritt des Friedenszustandes (§. 32) haben die oberen Verwaltungsbehörden durch Bekanntmachung in den amt- lichen Anzeigeblättern zur Anmeldung aller ‘noch nicht angemeldeten Ansprüche, auf Vergütung der auf Grund der Abschnitte T. und IT. dieses Geseßes erfolgten Kriegsleistungen aufzufordern. Den von den Gemeinden und Lieferungsverbänden in Anspruh Genommenen ist eine mit dem Tage der Ausgabe des Anzeigeblattes beginnende Prä- flusivfrist von einem Jahre zur Anmeldung bei den Behörden der Ge- meinden un Lieferungsverbände zu ‘stellen.

Den Gemeinden und Lieferungsverbänden ist eine mit demselben Tage beginnende Präklusivfrist von einem Jahre drei Monaten zur epa Bes bei den in dem Aufruf zu bezeichnenden Behörden zu

ellen.

Mit dem Ablauf der Präklusivfrist erlöschen die niht angemel- deten P UEB L liebe Ma 18.128. . Besondere Bestimmungen bezüglich der Beschaffung von Schiffen und Fahrzeugen.) Die Besißer von Sch!ffen und Fabetoitdont sind verpflichtet, dieselben zur Benußung für Kriegszwecke der Militär- verwaltung auf Erfordern zur Verfügung zu iellen. Die Vergütung für die entzogene Benußung sowie für die etwaige Werthsverminde- rung erfolgt nach den im §. 14 hinsichtlich der Gebäude gegebenen Vorschriften, sowie nah den Bestimmungen der §§. 20—22.

. 24. Die Besißer von Schiffen und Fahrzeugen sind verpflichtet, zum Zwecke der Verwendung für Hafen- und Flußsperren ihre ch chiffe und Fahrzeuge der Militärverwaltung gegen eine aus den bereitesten Beständen der Kriegskasse baar zu zahlende, dem vollen Werth ent- sprechende Vergütung eigenthümlich zu überlassen. Findet über den Betrag der Vergütung eine Einigung nicht statt, M E die Fest- stellung des Werthes durch Sachverständige nach Maßgabe der Be- pen u tes / R

S. 29. . Besondere Bestimmungen bezüglich Beschaffung der Mobilmachungspferde). Zur Beschaffung und Erhalt£ng des kriegs- mäßigen Pferdebedarfs der Armee sind alle Pferdebefißer verpflichtet, ihke zum Kriegsdienst für tauglih erklärten Pferde gegen Ersaß des vollen, von Sachverständigen unter Zugrundelegung der Friedenspreise endgültig festzustellenden Werthes an die Militärbehörde zu überlassen.

Besreit hiervon sind nur: 1) Mitglieder der regierenden deutschen Familien; 2) die Gesandten fremder Mächte und das Gesandtschafts- personal; 3) Beamte “im Reichs- oder Staatsdienste hinsichtlih der um Dienstgebrauch, sowie Aerzte und Thierärzte hinsihtlich der zur

usübung ihres Berufes nothwendigen Pferde; 4) die Posthalter hin- fichtlih derjenigen Pferdezahl, welche von ihnen zur Beförderung der Posten A O gehalten werden muß.

* §. 26. Die Sachverständigen (§. 25) sind für jeden Lieferungs- verband durch dessen Vertretung periodisch zu wählen.

Das Schäßungsverfahren findet unter Leitung eines von der He R bestellten Kommissars statt. Die Kosten trägt das

eich.

Der festgestellte Werth wird dem Eigenthümer aus den bereite- sten Beständen der Kriegskasse baar vergütet.

8. 27. Das Verfahren bezüglih der Stellung und Aushebung der Pferde wird unter Zugrundelegung der §8. 25 und 26 * von den einzelnen Bundesstaaten geregelt. Uebertretungen der dabei hinsichtlich der Anmeldung und Stellung der Pferde zur Vormusterung, Muste- rung oder Aushebung getroffenen Anordnungen werden mit einer Geld- strafe bis zu L RLN Thalern geahndet.

8. 28. (VI. Besondere Bestimmungen hinsichtlich der Eisenbahnen.) Jede Eisenbahnverwaltung ist verpflichtet:

1) die für die Beförderung von Mannschaften und Pferden erfor- Om Ausrüstungsgegenstände threr Eisenbahnwagen vorräthig zu alten ; |

_9) die Beförderung der bewaffneten Macht und der Kriegsbedürf- nisse zu bewirken; :

_3) ihr Personal und ihr zur Herstellung und zum Betriebe von Eisenbahnen dienliches Material herzugeben.

_S§. 29. Für die Bereithaltung der Ausrüstungsgegenstände der Eisenbahnwagen (§8. 28 Nr. 1) wird eine Vergütung niht gewährt.

Für die Militärtransporte (§. 28 Nr. 2) und die Hergabe von Betriebsmaterial (8. 28 Nr. 3) erhalten die Eisenbahnverwaltungen Vergütungen nach Maßgabe eines vom Bundesrathe zu erlassenden und von Zeit zu Zeit zu revidirenden allgemeinen Tarifs.

Die Vergütung für das übrige hergegebene Material wird gemäß 88. 15 und 33 festgeseßt.

8. 30. Die den Eisenbahnverwaltungen nah §. 29 zu gewäh- renden Vergütungen werden bis nach Eingang, Prüfung und Fest- stellung der Liquidationen gestundet und von dem ersten Tage des auf den Eingang der Ae A N es Liquidation folgenden Monats mit vier vom Hundert verzinst. - Die - Zahlung der festgestellten Beträge und Zinsen erfolgt nah Maßgabe der verfügbaren Mittel. Hinsicht- lih des Aufrufes und der Präklusion der Lai Grund des §. 28 zu er- Feen An prüche finden die Bestimmungen im §. 22 analoge An- wendung.

8 31. Die Verwaltungen der Eisenbahnen auf dem Kriegsschau- plaße selbst oder in der Nähe desselben haben bezüglih der Einrich- tung, Fortführung, Einstellung und Wiederaufnahme des Bahnbetrie- bes den Anordnungen der Militärbehörde Folge zu leisten,

_Im Falle des Zuwiderhandels gegen dicie Anordnung ist die Militärbehörde berechtigt, dieselben auf Kosten der Eijenbahnverwal- tungen zur Ausführung zu bringen. ;

8. 32. (VIL. Schlußbestimmungen.) Der Zeitpunkt, mit welhem der Friedenszustand für die gesammte bewaffnete Macht oder einzelne Abtheilungen derselben wieder eintreten und die -Verpflichtung zu Leistun jen nah Maßgabe dieses Geseßes aufhören soll, wird jedesmal dur Kaiserlihe Verordnung festgestellt und im Reths-Gezeßblatte bekannt gema. y ___§. 93. Soweit dieses Geseg nicht besondere Anordnungen ent- hält, bestimmt der Bundesrath die Behörden, welche die vom Reiche zu gewährenden Vergütungen feststellen.

i ue SONE Peseta der Vergütung erfolgt in allen Fällen, in welchen Sans nichts Anderes vorschreibt, auf Grund sacverständiger

äbßung. ;

Bei der Auswahl der Sachverständigen haben die Vertretungen der Kreise oder gleichartigen Vérbände mitzuwirken.

Die Betheiligten sind zum Schäßungstermin vorzuladen.

Die Kosten fallen dem Reiche zur Last. 5

Im Uebrigen wird -das von den gedachten Behörden zu beobach- tende Verfahren, insbesondere der etwa einzuhaltende Instanzenzug, vom Bundesrath angeordnet.