1920 / 210 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 17 Sep 1920 18:00:01 GMT) scan diff

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Arbeitshedingungen der Arbeiter in der Wagen- und Karosserie- industrie gemäß § 2 der Verordnung vom 23. Dezember 1918 (Neichs-Geseßbl. S. 1456) für das Gebiet des Stadt- und des Landkreises Breslau für allgemein verbindlich zu erklären.

Einwendilngen gegen. diesen Antrag können bis zum 5. Oktober .1920 erhoben werden und sind unter Nummer VI. D. 2039 an das Reichsarbeitsministerium, Berlin, Luisen- straße 33, zu richten.

Berlin, den 11. September 1920.

Der Neichsarbeitsminister. J. A.: Dr. Busse. 0

Breufßen.

Dem Rheinisch - Westfälischen Elektrizitätswerk, Aktiengesellschaft, in Essen a. d. Nuhr wird auf Grund des Gesees vom 11. Juni 1874 (Geseßsamml. S. 221) hier- mit das Necht verliehen, zur Herstellung von Starkstrom- fernleitingsanlagen (100 000 Volkleitungen) eitschließlich zu- gehörender Stationen mit Anschlußgkeisen, albzweigend von den bestehenden 100 000 Voltleitungen der Gesellschast nach ihrer Station Küvpersteg und nach je einer im Stadtkreise Solingen und bei Nonsdorf zu errichtenden 100 000 Voltstation, das erforderliche Erundeigentum im Kreise Köln (Land) des Reaierungsbezirks Köln sowie in den Kreisen Solingen (Land), Solingen (Stadt), Mettmann und Lennep im Regierungsbezirk Düsseldorf nötigenfalls im Wege der Enteignung zu er- werben oder, soweit dies ausreicht, mit einer dauernden Be {ränkung zu belasten. Auf staatliche Grundstücke und staat- liche Rechte an fremden Grundstücken findet dies Necht keine Anwendung. ;

Verlin, den 8. September 1920.

Namens der BVreußischen Staatsregierung. Der Minister sür Handel und Gewerbe. %. A,: Gerbaulet. Der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. J. A.: Articus. Dex Minister der öffentlichen Arbeiten. A, A.: Krohne. Der Minister des Jnnern. F, A.: Mulert.

Finanzministerium. Die Rent meisterstelle bei der Kreiskasse in Maraqrabowa, Regierungsbezirk Gumbinnen, ist zum 1. No- vember d. V. zu besetzen,

Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

Die Negierungsbaumeister Musmann und Dr.-Ing. Stecher in Essen a. Nh. sind zu Negierungs- und Bauräten ernannt. worden,

Dein NMegierung8- und Baurat Me.sur bei der Negierung in Liegniß ist die achobene Stelle eines Reglerungs- und Bau- rats hei dieser Negierung verliehen.

NVorseßt sind: Die Negierungs- und Bauräte Marcus

vom Hochbauamt in Dissseldorf und Dr.-Jng. Dechant in Diisseldorf an die Neglerung daselbst: die Regierungs- und Bauräte Lauh inger, bisher in dex Wasserhauabteilung des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten, nah Köln als Vorstand des Mosserbavamts, Mörina von Schleswig, Regieruna, nach Berazow bei Genthin, Sperling von Bergzow bei Genthin nach Miinster i. W., Dorkmund-Ems-Kanalynerwaltung, Lachtin von Duisburg-Nuhrort, Schleyyamt, nah Essen, Kanalbau- direktion, Musmann von Essen, Kanalbaudirektion, nah Duishura-Meiderich, Wasserbauamt.

In den Nuhestand verseßt ist Negierungs- und Baurat Eichentoyf in Köln.

Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung. Der bisherige Direktor der Bibliothek des Reich3gerichls Dr. van Nath in Leipzig ist zum Direktor der Universitäts bibliothe? in Bonn ernannt worden.

BekanntmackGung.

Die unterm 2. März 1920 gegen den Kaufmann Josef Greifenstein in Bonn, Fürstenstr. 2, auf Grund_des § 1 der Bundesratsverordnung vom 23. September 1915 in der Fassung vom 97. November 1919 verfügte Untersagung des Handels mit Kolonialwaren und Gemirsekonseryen wird hiermit auf Grund des § 2 Abs. 2 genanntex Verordnung aufgehoben.

Bonn, den 10. September 1920,

Der Oberbürgermeister.

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Bekanntmachung.

Auf Grund des § 2 Absatz 2 der Bundesratsverordnung vom 93. Sevtember 1915 (RNGB!. S. 603), betreffend Fernhaltung un= zuverlässiger Personen vom Handel, ist das gegen den Händler Heinri Ilhrs-Wiehßendorf md den Händler August Drewes-Surtode erlassene Verbot des Han- dels mit Landesprodukten bezw. mit allen nach der Neichs8gewerbeordnung zulässigen Gegenständen vom 2. Juni 1920 aufgeh oben worden.

Soltau, den 11. September 1920.

Der Umdrat. &. V.: Har dor, Kreisobersekretär.

% A.: Kirsten.

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Nichtamtliches.

Deutsches Neîieh.

Von zuständiger Stelle wird mitaeteilt, daß der Abtransport des nah dem Friedensvertrage von Versailles an die alliierten und assoziierten Regierungen abzuliesernden Luftfahrtgeräts im wesentlichen fristgemäß beendet worden ist. Es folgt nunmehr die Abgabe der Waffen, Munition und anderen seiner- zeit erbeuteten Kriegsmaterials an Frankreich und Belgien. Die für Frankreich bestimmten Sendungen

werden qus allen Teilen des Deutschen Reichs kommend über Bischofsheim, die für Belgien bestimmten über Viersen geleitet. Jm ganzen wird es sich um etwa

900 Waggons handeln, Explosivstasfe,- geladene Artillerie- munition sowis unbrauchbares Material werden uiht ab-

P Ee ¡rem CETONONDTS mar r TOWe E M ene r eem

befördert, sondern in Deutschland zerstört“ und verkauft. Die einzelnen Wagen bezw. Wagengruppen werden die Bezeichnung tragen: „Beutekriegsmaterialtransport westwärts zur Er- füllung des Friedensvertrages an Frankreih (Bischofsheim) Belgien (Viersen), : Es wird darauf hingewiesen, daß diese Tran3porte nicht aufgehalten werden dürfen und daß ihre reibungslose Durchführung im Interesse des Deutschen Reiches liegt. ;

Die Kriegsgefangenen und Internierten find dem „Wolffschen Vilécuaphét üro“ zufolge nunmehr in der Mehr- zahl in die Heimat zurückgekehrt. Entsprechend früheren Er- lassen Uics jeßt bestimmt: Der 1. Dezember 1920 gilt ols Schlußtermin, bis zu dem diese in der Zeit vom 1. August 1919 bis Ende August 1920 zurückgeke )rten Heeresangehörigen ihre Anträge spätestens stellen müjjen auf Verleihung von Kriegsauszeichnungen und Dien s- abzeichen (Dienstauszeihhnungskreuz , Dienstauszeihnung 3, 2, 1. Klasse, Ldw. Dienstauszeichnung 1., 2. Klasse). Die später, also nah Ende August 1920 noch heimkehrenden Kriegsgefangenen sind gehalten, die Anträge innerhalb eines. Zeitraums von 3 Monaten nach der Nückkehr vorzubringen. Die rechtzeitige Antragstellung liegt im cigenslen Interesse der Bewerber. : :

Soweit die Anträge noch nicht eingereiht sind, sind sie nunmehr zu stellen: Durch Heeresangehörige, die in die Neich3- wehr übernommen werden, beim Truppenteil, sonst ausnahms3- los beim Abroicklungsamt desienigen früheren Armeekorps, in dem- die. Heimkehrer ihren Wohnsiß nehmen.

Aus den Anträgen muß ersichtlich sein: Tag der Nückkehr aus der Kriegsgefangaenschaft, jeßiger Fine leßter Feld- truppenteil. Ferner ist die Namhastmachung ehemaliger jeld- vorgeseßter erwünscht, die zur Beurteilung der Verdienste be- rufen sind. Anhörung dieser erfolgt dur die Dienststellen.

Die Versorgungsämter sind bei der Verleihung von Aus- zeichnungen nicht mehr beteiligt.

Preußen.

Die für gestern anberoumten .Sizungen des Preußischen Staatsministeriums und des Hauptausschusses der Landes- versammlung über die Neuordnung des Polizeiwesens in Preußen sind auf den 18. d. M. verlegt worden. Im übrigen sind die von einem Teil der Presse gebrahten Nach- richten des Inhalts, daß die vorgestrige Sizung im Ministerium des Innern zu einer Ablehnung des vom Ministerialrat Dr. Abegg ausgearbeiteten Planes geführt haben, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ mitteilt, unrichtig. Sämtliche beteiligten Stellen haben ihn als geeignete Grundlage für den Neuaufbau des Polizeiwesens anerkannl.

Die Feststellungen über die polnische Kampf- organisation in Oberschlesien werden durch weiteres inzwischen bekanntgewordenes Material über die neuen Auf- standsabsichten der Polen erhärtet. :

Dem „Wolffschen Telegraphenbüro" zufolge heißt es in einem polnishen Bericht vom 9. September L, 334/20 —, daß vielfa polnishe Dokumente in deutschen Besiy gelangt seien. Anscheinend unterhalte einer der Kuriere Beziehungen zu deutschen Steklen. Es wird in diesem Befehl die Errihtung besonderer geheimer Erklundungs- posten angeordnet, die dauernd die „deutschen Kommissariate und deutshen Svionagebüros“ beobachten sollen. Diese geheime Beobachtung scheint si auch auf die eigenen Kuriere zu erstrecken, da vorgeschrieben i, Berichte über Personen aus dem eigenen Lager sofort dem Oberkommando zu übersenden. : '

Die Vermutung, daß der Aufmarschplan für die auf pvolnischen Boden bereitgestellten Streitkräfte au zeitlih in engstem Zus sammenhange mit dem auf oberschlesishen Boden beabsichtigten Vor- gehen steht, wird aufs neue unterstüßt durch eine Mitteilung des Kommandauten des 27. Beuthener Neserveshüßenregiments Janko- witz, datiert aus Krakau vom 2, September und gerichtet an das polnische Plebiszitkommissariat in Beuthen, Der Kommandant meldet, das erste, zweite und dritte Bataillon des Regiments ständen an der Grenze in Bereitschaft, am 10, September werde der Nest der Soldaten kommen, der Einmarsch erfolge auf Wunsch des Kom- missariats. Diese Nachricht deckt \sich mit den Erkundungen von anderer Seite. Danach stand in diesen Tagen zahlreihes polnisches Militär bei Sosnowice. Die Mannschaften hätten erklärt, sie seten für Oberschlesien bestimmt.

Des weiteren sind am 2. August Weisungen zur s{leunigen Be- \{affung von Waffen an alle Kreiskommandanten ergangen. Am 14. Angust wurde nochmals unter Hinweis, daß die Aktion jeden Augenblick beginnen könnten, um sofortigen Napport, u. a. auch über Dahl der Waffen und der Organisationen, Kompagnien und Kampfes- abteilungen ersud)t. Außerdem sollten in der Zeit vom 14. bis 16. September vertrauliche Zusammenkünfte aller Kompagnicführer veranstaltet werden, um die Signale und Sammelpunkte für den Fall der Alarmierung zu verabreden und die Kompagnieführer über ihre Tätigkeit während der Aktion zu unterweisen. Für den 15. September ordnete das Oberkommando ciye Sitzung in wichtigen Angelegenheiten in Beuthen an und teilte mit, daß am 16. und 17. als Instrukteur des Oberkommandeurs Herr Stoelcki die einzelnen Bezirke bereisen würde. Gleichzeitig wurde vor der Benutzung des Telephons gewarnt, da Befürchtung bestehe, daß Gespräche belauscht werden.

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Ungarn.

Der vom Finanzminister Koranni vorgelegte Staat s- haushalt für 1920/1921. enthält als Gesamteinnahmen 10 Milliarden 800 Millionen, als Gesamtqusgaben 20 Mil- liarden 200 Millionen Kronen, Der Fehlbetrag soll durch eine einmalige Vermögensabgabe sowie durch Darlehen gedeckt werden.

Großzbritaunieu und Jrland.

Wis „Neuter“ erfährt, hat die. englische Regierung von der russischen Sowjetregierung von neuem die sofortige Heimsendung aller britishen Jnternierten

verlangt. Frankreich.

Der Völkerbundsrat hielt gestern eine Sißung ab, in der die Frage der Aalandsinseln besprochen wurde, Die übrigen Fragen, wie die von Eupen und Malmedy, werden in späteren Sizungen besprochen werden.

Einer Havasmeldung zufolge ist dex General Le Rond nach Paris berufen worden, um vor der Botschafterkonferenz über die Zusammenseßung und das Funktionieren der Kom- mission für Oberschlesien gehört zu werden.

Der Ministerpräsident Millerand, der gestern früh aus der Schweiz wieder in Paris eingetroffen war, hatte am Nachmittag eine Besprechung mit dem Präsidenten Deschanel,

ab dem Ministerpräsidenten Kenntnis von der Bots@aftr, die er an die Diner richten wird, die auf den 21. bes einberufen wird. Hierauf wird am W. September in Versailles die Nationalversammlung tagen, um den neuen Präsidenten zu

wählen. Ftalien.

Na einer Meldung der „Agenzia Stefani“ hat fich der Ministerpräsident Giolitti, nachdem er die von ihm nach Turin zusammenberufenen Vertreter der Industriellen un Atbeitér gehört hatte, für eine Aufsicht über die Fabriken entschieden und zugleich durch Erlaß einen aus Jndustrielien und Arbeitern zusammengeseßten Ausschuß ernannt mit der Aufgabe, einen esezentwurf hierüber vorzubereiten, den die Regierung der Kammer bei ihrem Wiederzusammentritt vor-

legen wird. Voken.

Eine Schwierigkeit für die Arbeiten der Friedens- lonferenz in Riga liegt nach einer Meldung Der „Berlingske Tidende“ aus Warschau darin, daß die Frage der Verbindung zoischen Warschau und Riga ein noch ungelöstes E ist. n beten des polnisch-litauischen Konslikies ann die Verbindung nicht über Kowno erfolgen. Jedoch hofft man, daß es der polnischen Delegation in Verhandlungen mit den lettishen Behörden gelingen werde, eine feste Flugver- bindung zwischen Riga und Warschau herzustellen.

Im polnischen Heeres bericht vom 15. September heißt es dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zufolge:

An der {dligen Front überschritten unsere Abteilungen zusammen mit dec ukrainishen Armee die Dnejstrlinie bei Jezupol und Haliez und nahmen in {weren Kämpfen die Anhöhen nördlich von Halicz, Es wurden 300 Gefangene nan und vier Ma- \chinengewehre erbeutet. Weiter nördlih zwischen der Gnilaja Lipa und dem Swirz ecreichten unfere Truppen Zagorze und Podkamien. An den übrigen Fronten und in Kleinpolen die übliche Patrouillen- tätigkeit. Im Bereich östlih von Wladimir-Wolhynsk drangen unsere Abteilungen siegreih vor. Cin Angriff der feindlichen Reiterei auf Kolno wurde abgewiesen. Die Truppen des Generals Malankowicz nahmen Kamien - Kashyrski und eroberten eine Geschüßbatterie, 1000 Gefangene, 500 Traiuwagen sowie eine Menge Munition. Oestlih von Kobryn überschritten unsere Abteilungen nah Ab weisung feindlicher Artillerieangriffe die Linie des Bug—Duniepr=- Kanals. Nördlih von Kobryn zieht sich der geschlagene Feind in der Nichtung auf Pruzany zurük. An der Swislocza zieht sich der Feind auf das östliche Ufer zurück. Im Suwalkigebiet gewöhnlihe Vorfeldkämpfe.

Der Generalstabsbericht vom 16. September meldet:

Nördlih am Dnjestr erreihten unsere und die ukrainishen Abteilungen in Verfolgung des Feindes die Linie Szirasla— Uhrvukowice— Zloty Potokl Korosziatyn Monaster ea _ machten 150 Gefangene und eroberten ein \{chweres eshüß, drei Maschinengewehre sowie 150 Munitionswagen. Im Bereiche der Gnilaja Lipa und am oberen Buglauf Vortruppenkämpfe, in deren Verlauf unsere Reiterei die Orte Cholojow und Rad,- ziechow beseßte. Nördlich von Nadziehow erreichten wir die Linie Milatyn—Szpikolos. Im Bereiche westlich Lu z ® drangen unjere Truppen bis an die Linie Swiniu(y—-Korytnic¿—Baturcze vor und nabmen, den Widerstand des Feindes brechend, Luzk. Nordwestlich Kowel überschritten unsere Abteilungen den Stochod und drangen in Nichtung auf Nozyszcze vor. Das 214. Ulanen- reaiment nahm LTurynsk und eroberte E Lokomotiven, 180 Waggons, den Panzerzug „Krasnyj Kawalerist 8 Panzer= autos, 8 Geschüße, 30 Maschinengewehre und viel Kriegsmaterial. Im (Gebiet von Pinsk bekamen die Truppen des Generals Balachowicz Fühlung mit aufständischen Abteilungen, „die im Nücken der O Armeen operieren. Im Bereich von Bia- (owiesf lebhafte Erkundungstätigkeit, An der Suwalkisront herrs{cht Nuhe. :

Litauen,

In der Nationalversammlung erkläcte der Minister- präsident laut Bericht des „Wolffschen Telegraphenbüros u. a., daß jedem Bürger Litauens auch in den östlichen Teilen des Landes Religions freiheit und Freiheit im Gehrauch der Muttersprache gewährleistet sei. Die Erklärung wurde mit großem Beifall aufgenommen.

Tschecho-Slotvaket.

Die Kommentare über die Ernennung des neuen Beamtenkabinetts beshränken sih ausscließlich auf die Darlegung der Verhältnisse, die zum Rücftritt des Kabinetts Tusar geführt haben. Die national-demokratischen, agrarischen und flerikalen Blätter erklären, daß man von der neuen Ne- gierung keine Wunder erwarten dürfte, aber man dürfe hoffen, daß sie mit Energie die Ordnung in der Republik herstellen werde. Sie könne auf die Unterstüßung aller staatserhaltenden Elemente rechnen, :

Awmmerika.

Der brasilianische Senat hat der „Agence Havas“ zufolge einen Geseßentwurf angenommen, wonach die brasi- lianisch2e Gesandtschaft in Belgien in eine Votschaft umgewandeli wird.

: Nsien.

Nach eiger Havasmeldung aus Beirut ist der General

Gouraud vorgestern in Aleppo eingezogen.

Preußische Laudesversaumlung, 152. Sißung vom 16. September, Mittags 12 Uhr. (Berit des Nachrichienbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger*).)

Präsident Leiner t eröffnet die Sizung um 1214 Uhr. Auf der Tagesordnung steht die zweite Beratung des Gese - entwurfs über die 4M Ld nug von Grund- s)stüdken (Umlegungsordnung). Die Vorlage will die

usammenlegung unwirtschaftlich gestalteter Grundstücke ver- chiedener Eigentümer zur Hebung der landwirtschaftlichen Pro- duktion erleichtern und nötigenfalls durch die Staatsgewalt er- zwingen. Darum wird für die Umlegung an die Stelle des An- tragsprinzips das Offizialprinzip geseßt. Der Ausschuß beantragt zum § 5 Aenderungen im Jnteresse der betroffenen Landwirte. Wird von einer Fünfsechstelmehrheit der Widersprechenden in einem Termin der Widerspruch aufrechterhalten, so foll na dem Ausschußantrag das Zusammenlegungsverfahren ein- gestellt werden.

Abg. Dr. Newineke (Zentr,) berichtet über die Verhandlungen des Ausschusses für das Siedlungs- und Wohnwesen über dieses Geseß, das durch Zusammenlegung landwirtsh-ftliher Grundstücke, namentlich bei Oedländereien, eine Hebung der landwirtschaftlichan

roduktion herbeiführen will. Der Aus\{uß hat dem Besen die Bes timmung hinzugefügt: „Beträgt die berechnete Mehrheit der Wider- prechenden N stel, so ist in einem anzuberaumenden Termin über den Widerspruh zu verhandeln. Wird der Widerspruch auf= rechterhalten, fo ijt das Verfahren einzustellen.“ Der Ber:chterstatter

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der ihm mitteilte, daß ex wegen seines dauernd schlehten Ge-

sundheitszustandes zurücckzutreten beabsichtige. Deschanel

P Teer e E AMETT T E R n

*) Mit Ausnahme der Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben werden.

j or... L d N LA p s r i Annahme des Gesehes in der Fassung des Aus\chuß- ¿is Adg. Weisferm e l (D. Nat.): Meine Freunde werden gegen das Ge}eß jiimmen. Wir ftellen dennoch Verbesserungsanträge, weil wir leider mit der Annahme der Vorlage rechnen müssen. Gegen das Geseß spricht der Umstand, daß Zusammenkegungen im Osten ar nit mehr vorëommen, sondern nur noch im Nheinland, Westfalen,

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Heffen-Naffau und Thüringen. Eine geordnete Fructfol uns} gung wird dem Landwirt unmögli attc, wétin S ee und T daß ohne weiteres eine übereifrige Behörde dur die Zusammenle mig ihm seinen ganzen ArbeitsÞplan durcheinanderwirft. Gegen diese Mög= lichkeit muß die Landwirtschaft durch Annahme unserer Aenderungs- anträge gelchuzt werden. Wir verlangen die Einfügung eines §8 La wonach bereits einmal ¿ufammengelegte Grundstücke in der Regel S einmal zusammengelegt werden follen. bg. Freiherr von Wangenheim (Welfe): Eine Zusammen-

legung im größeren Umfang ist unbedingt erforderlich, L N Aale jedo halten wir für bedentlih. Vor allzu häufigem Wechsel müssen die Befiher geshüßt werden. Nur da, wo es im Interesse der Landes- fultur unerläßlich notwendig ist, sollte dieses Geseß angewendet werden.

Abg. Paezel (Soz.): Wir werden die Anträge der Deutsch- nationalen nucht annehmen, da sie nur Fußangeln legen. Wenn der Abg. Weisfermel auf die hohen Kosten hinwies, so ist ja heute alles mit hohen Kosten verbunden. Seinerzeit war ja die Rechte gegen den Kanalhau, den sie heute haben will. Damals hätte er nur ein Butterbrot gekostet, heute jedoch sind die Kosten enorm höher.

Abg. B ollert (Dem.): Die Anträge der Deutschnationalen sind tin, soweit sie zur Ausführung des Sozialisierungsgeseßes ge-

Aa. Stendel (D. V.): Wir verstehen es nicht, weshalb man alles den großen Ackerbaugesellschaften ies und das Land nicht den Leuten gibt, die es mit ihrer Hände Arbeit bebauen. Wir lehnen dieses Gefeß ab. Ein gewisser Zwang ist allerdings nötig; wir sind aber der Meinung, daß es grundsäßlih verkehrt ist, acgen den Bauern mit Zwang vorzugehen. Bei unseren Bauern ruft es ein Hohn- gelächier hervor, wenn man ihnen einreden will, daß die Umlegung eine Produktionssteigerung in den nächsten Jahrzehnten herbeiführen soll. Die Bauern werden im Gegenteil, wenn die Umlegung des Besibes droht, es an der nötigen Düngung und Bearbeitung des Lendes fehlen lassen, weil sie niht zugunsten des späteren Besiters Geld hineinstecken wollen. Die e Landesversammlung, die nah unserer Auffassung {hon längst hätte auseinandergehen müssen (lebhafte Zustimmung rechts), hat gar nit das Recht, eine solche Zwangsgesegebung einzuführen für Dinge, die nicht eilen. (Lebhafter Beifall rechts.)

Wg. Klo ner (U. Soz.): Dem Vorredner stimme ich nur darin zu, daß die Landesversammlung längst hätte vershwinden müssen, weil sie gar nichts Positive3 für die Arbeiterkklasse schafft. (Lachen rechts.) Die Agrarier streben nur danach, außerordentliche Gowinne einzusaten auf Kosten der Gesamtbevölkerung. Darum muß der staatliche Zwang auch gegen sie angewandt werden. (Nufe: Ruß- land!) In Nußland hat die Arbeitershaft mcht so traurige Er- fahrungen gemacht wie in Deutschland. (Lebhafter Widerspru.) Wir nehmen das Geseß an und lehnen die Nenderunganträge ab, die L Se des Gesebes nur sabotieren wollen. (Beifall bei den

Präsident des Staatsministeriums und Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Braun: Meine Herren und Damen! Nur einige Worte. Von dem Herrn Abg. Stendel ist darauf hingewiesen worden, daß der Zweck dieser Vorlage, soweit ex darin besteht, eine Steigerung der landwirtschaftlilen Produktion herbeizuführen, doch úicht erreiht werde, jedenfalls in abschbarer Zeit nicht in Erscheinung trete. Demgegenüber möchte ih doch bemerken, daß es feinem Zweifel unterliegt, daß, wenn ich die Bearbeitung der land- wirtschaftlichen Fläche durch zweckmäßige Zusammenlegung und Umlegung exrleichtere und wirts{haftlicher gestalte, dadur auch die landwirischaftli*he Erzeugung ertragreichßer wird. Ob das von heute auf morgen {on in die Erscheinung tritt, darüber zu streiten, hat keinen Zweck Jedenfalls, wollen wir die wichtigste Aufgabe der Gegenwart, die Hebung der landwirtschaftlicßen Er- zeugung fördern, so müssen wir mit allen Maßnahmen, die darauf gerichtet find und Erfolg versprehen, anfangen. Wir können sie nicht auf Jahre hinaus verschieben, nur weil der volle Erfolg in den näŸhsten ein bis zwei Jahren noch nicht in die Erscheinung tritt. Außerdem Tommt hinzu, daß Sie überall dort, wo tatsählich zweckmäßige Un1- Legungen {hon vorgeiTommen find, auc) von den Bauern, deren Grundstüce umgelegt sind, und dîe fh vielleicht anfangs nur widerstrebend fügten, Heute das Urteil Eören können, daß niht nur für die Allgemeinheit ein Erfolg erzielt worden ist, sondern auch für den einzelnen Besißer, der anfangs der Umlegung roiterstrebte.

Meine Damen und Herren, ih möchte auf die Einzelheiten der Debatte nicht weiter cingehen; von „Haus vers{Gwinden lassen“ und ähnlichen Uebertreibungen kann keine Rede sein. Fa, wenn es wirkli einmal bei der Veränderung der Dorflage tatsächlich notwendig wird, um einen ¿weckmäßigen Ausgang für das Dorf zu \{affen, ein Haus zu beseitigen, so ist nah dem Geseß dem beireffenden Mann ein gleich- wertiges Haus zur Verfügung zu stellen oder cin genügender Ersaß zu geben, und es ist dann mancher vielleicht froh, sein altes verfallenes Haus - Toszuwerden und ein gutes und zweckmäßiges in guter Lage zu bekommen. Das sind zudem an nur Fälle, die unter ganz be- sonderen Ausnahmeverhältnissen vorkommen werden.

Wenn aber weiter Herr Abg." Siendel sagte, dic landwirtschaft- lie Erzeugung würde durch dieses Gesez beeinträchtigt werden, weil zahlreiche Bauern nicht intensiv wirtshaften und dem Boden nicht mehr genügend Dung zuführen werden, sobald die Umlegung drohe, fo habe ih doch zu den Landwirten draußen etwas größeres Ver- trauen. Ich glaube nicht, daß sie \sich durch einen so kleinlichen Egoismus in ihrer Wirtschaft leiten lassen werden, daß sie im Hin- blick darauf, daß sie in 19 bis 20 Jahren umgelegt werden können, nit mehr rationell wirtschaften. (Zuruf des Abg. Stendel.) Jawohl, das habe ich doch verstanden. (Ernenter Zuruf des Abg. Stendel.) Die Umlegung droht, wenn das Geseg besteht! (Wiederholter Zuruf des Abg. Stendel.) Wenn die Termine anfangen, geht es bald los, dann kann der Boden auch niht mehr in der Dungkraft erheblich zurüdckgehen. Wir haben in den ganzen Kriegsjahren dem Boden keine Volldlingung geben können, und die Nachteile sind erst in d, 6 Jahren eingetreten; aber in 1, 2 Jahren treten sie nit so in die Erscheinung.

Wenn überhaupt das durch das Geseß erstrebte Ziel erreicht werden soll, so muß ich Sie doch bitten, es bei den °/; zu belassen, die dur die Kommisston für den Widerspruch vorgesehen sind. Das alleräußerste, was man konzedieren kann, wäre die 2/,, die von den Herren des Zentrums beantragt worden sind, wenn das Geseß nicht wecklos sein foll. So viel zu dem Geseh selbst.

tun möchte noch eins nicht unwidersprohen lassen. Herr Abg. Stendel hat denselben Vorwurf, der seit einigen Monaten in der Oeffentlichkeit in einer gewissen Presse gegen mich gerichtet wird, hier gleihfalls erhoben, daß ih mit dein Herzen nicht bei dem ganzen Siedlungsunternehmen wäre. (Sehr richtig! Heiterkeit.) Wie es in meinen Herzeu aussiehßt, wissen Sie doch gar nicht! (Zuruf

rot! (Heiterkeit.) Demgegenüber erkläre il) und ih werde vielleiht bei Beratung meines Etats oder {on bei einem anderen Anlaß Gelegenheit nehmen, ausführliher über diese Dinge zu sprechen, daß ich mit vollem Herzen bei der Siedlungstätigkeit bin —, baß es meiner Juitiative zu verdanken ist, daß überhaupt das Meichésiedlungsgeseß geschaffen ist, daß dur das Ausführungsgesekz, wenn es fo angenommen würde, wie ih es dem Hause vorgeschlagen habe, zweifellos heute {hon für viele Siedlungslustige mehr Land geschaffen wäre, als es bisher mögliß war, und daß ich mir alle Mühe gebe, die Schwierigkeiten, die ih der Siedlungstätigkeit draußen nach den verschiedensten Nichtungen in den Weg stellen, zu überwinden. Wenn Herr Abg. Stendel mir dabei behilflih sein wollte, wäre ih ihm sehr dankbar. Aber ih glaube, damit erreihen Sie auf diesem Gebiete nihts, daß Sie der Stelle, die mit aller Energie für die Sied- l'ngstätigkeit eintritt, die fortgeseßt mit den Schwierigkeiten und Widerständen, die {Gh draußen ergeben, zu kämpfen hat, unterstellen, sie sei mit dem Herzen nicht dabei, sie wolle eigentlich innerlich nicht recht das, was sie nach außenhin tue.

Wenn Herr Abg. Stendel aus dem Umstande, daß ih hier und da nicht für den Verkauf von fiskalischen Ländereien eingetreten hin, sondern daß ih den Leuten, die das Land heischten, es pahtweile übergeben wollte, s{ließt, daß ih fein Siedlungsfreund bin, fo möchte ih darauf hinweisen, daß ih mich allerdings in einzelnen Fällen nidjt dazu habe entsdließen fönnen, fisfalisGes Land in Privatbesig zu übergeben, nämlich in solchen Fällen, wo diejenigen, die das Land kaufen wollten, nicht siedeln, sondern einfa zu ihrem Besiß zukaufen wollten, und zwar hauptsählich auch nicht einmal aus rein wirts{haftlißen Gründen, fondern weil sie das Geld, das- sie hatten, glaubten am allerbesten in Landbesißz anlegen zu können. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) In solchen Fällen habe ich allerdings erklärt: der fiskalische Grund und Boden ist nicht dazu da, unm einzelnen Leuten, die sich in der Krieg8zeit Geld gemacht haben, die Möglichkeit zu geben, das Geld in Land anzulegen, in der Hoffnung, dabei steuerlih etwas bessec wegzukommen. Da habe ih es für zwecktnäßiger gehalten, ihnen das Land pachtweise zu geben und zu schen, wie sie darauf wirtshaften. Ih habe au in solchen Fällen, wo kleine Gründ- besizer, die früher Jndustriearbeiter oder im Baugewerbe tätig waren, jeßt, da fie ihre Arbeitskraft in dex darniederliegenden Industrie oder im Baugewerbe niht mehr verwerten konnten und mehr Land heishten, um ihre volle Arbeitskraft der Landwirtschaft widmen zu können, wo also solche Leute Land heischten, es au für zweckmäßiger gehalten, ihnen erst auf einige Jahre das Land in Pacht zu geben, weil ich davon ausging: mit dem Moment, wo die Industrie, was wir doch alle hoffen, wieder floriert und wo das Baugewerbe wieder Beschäftigung hat, da geben diese Leute wieder zu - ihrer alten Tätigkeit in der Industrie und in das Bau- gewerbe zurück, und der ihnen überlassene Boden wird nicht mehr \o ens bearbeitet, wie cs im Interesse der Allgemeinheit notwendig ist. iesen Leuten habe ich das Land zur Pacht gegeben, um die Möglichkeit zu haben, wenn fie es niht mehr intensiv bewirtschaften- es ihnen abzunehmen und denen zuzulegen, die für cine ordnungs- mäßige und intensive Bewirtschaftung Gewähr bieten. Aber daraus zu \{ließen, daß ih nicht für intensive Siedlungstätigkeit eintrete, ist völlig irrig, ih muß es hier mit allex Energie zurückweisen. (Bravo 1 bei den Sozialdemokraten.)

dem Sinne nicht siedlungsfreundlih ist, als er den Privateigentum übertragen will, sondern die Gemeimvirtschaft er- strebt. Jch strmme dem Minister darin zu, daß nicht Land lediglich zur Geldanlage gegeben werden soll, aber in einem Falle sind einer

tiedlern nicht

Bezirk gegeben worden, Leute, die an dem Moor sißen und es früher für herrenlos gehalten haben, nidt einmal drei Hekiar zu ihren bisherigen zwei Hektar zu Zween der Viehwirtschast hinzubekommen konnten. Wenn die Leute das Land zum Eigentum bekommen, wirtschaften sie viel intensiver, als wenn sie es in Pacht haben, Daß der Minister von seinem Gesichtspunkt aus siedlunesfreundlich ist, das wissen wir. Präsident des Staatsministeriums und Minister virtschaft, Domänen und Forsten Braun: Diese rein örtliche Angelegenheit im Wahlkreise des Herrn Abg. Stendel hat mit Sozialismus und mit meinem Standpunkt zur Siedlungs- frage garnihts zu tun. Die Einzelheiten, mit denen ich mich vor einigen Monaten zu beschäftigen hatte, sind mir augenblicklih nicht völlig gegenwärtig; so viel ih mich erinnere, handelt es fch darum, daß nicht die cine Gemeinde, sondern die andere das Land be- kommen hat. Es handelt sich um einen Streit zwisGeu zwei Ge- meinden, von denen die eine der anderen das Land nicht gönnt. (Hört, hört! links.) Das hat mit dem Ausgeben zu Pacht oder Eigentum nichts zu tun. Wenn ih recht im Bilde bin, handelt es sich um unkultiviertes Moor. (Widerspruch und Zuruf des Abg. Stendel.) Das kultivierte Moor hat doch die nâchstgelegene Nachbargemeinde bekommen! (Erneuter Zuruf des Abg. Stendel.) Ja, bitte, solche Einzelheiten können wir hier niht verhandeln; ih muß bitten, einmal nach dem Ministerium zu kommen und dort die Sache zu besprechen. Wir haben sie ja {hon vor Monaten im einzelnen bcsprochen. Es handelt sich um den Streit zwischen zwei Gemeinden, die einander das Land nicht gönnen. Ich kenne die ODertlichkeit nicht so genau und weiß nicht, ob die Gemeinde, die das Land bekommen hat, außer- halb Ihres Wahlkreises liegt (Heiterkeit) und weshalb Sie nicht auch für diz andere Gemeinde eintreten: (Zuruf des Abg. Stendel.) Ja, ih möchte doch bitten, das in meinem Ministerium zu erledigen.

für Land-

überhaupt nit, sondern nur darum, daß die eine Gemeinde der anderen das Land nicht gönnt, j

Jn der Abstimmung werden die einzelnen Teile des Ge- seßes im wesentlichen nah den Ausschußbeschlüssen ange- nommen, jedoch wird auf den Antrag v, Wangenheim der 8 1a eingefügt, der die Wiederholung von Busammen- legungen ausfeitie en soll, und in § 5 wird auf Antrag v. Wangenheim beschlossen, daß das Zusammenlegungs- Arran unterbleibt, wenn drei Viertel der Beteiligten (Aus- \chußbes{luß: fünf Sechstel) widersprehen. Der Antrag Weissermel, dafür „zwei Drittel“ zu seßen, wurde abgelehnt. Die gleichfalls auf der Tagesordnung stehende dritte Lesung wird auf morgen verschoben,

Es folgt die zweite Beratung des Gesehes vom 13, De- jombor 1919 über die Erleichterung des Austritts aus

er Kirche und aus den jüdischen Synagogengemeinden. Da3 Gesey war von der Regierung erlassen worden. Auf Grund eines Antrags Friedberg (Dem.) vom 14. Oktober 1919 hatte das Haus am 5. Noveimder 1919 seinen Nechts-

rets: Schwarz! Heiterkeit.) Nein, nicht s{chwarz, bei mir ist es

aus\chuß beauftragt, einen neuen Gesegentwurf voz zulegen, der

Jedenfalls handelt es sich hier um dic Frage von Pacht oder Eigentum

Abg. Stendel (D. V.): Der Minister gibt also zu, daß er in |

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nunmehr gleichfalls zur Beratung steht. Nach §1 dieses Entwurfs ist der Austritt aus einer Religionsgesellschaft öffentlichen Rechls beim Amtsgericht des Wohnsißes zu Protokcll des Gerichtsschreibers zu erklären oder in öffentlich beglaubigter Form einzureichen. Die rechtlichen Wirkungen des Austritts beginnen einen Monat danach; bis dahin fann er zurüd- genommen werden. Das Arntsgericht hat den Vorstand der Religionsgesellschaft über die Austrittserilärung zu benach- richtigen und den Austritt zu bescheinigen.

,_Nach § 2 befreit der Austritt von allen persönlichen i dig für die Religionsgesellschaft mit dem Ende des laufenden Steuerjahres, jedoh nicht vor Ablauf von drei Monaten nach der Austrittserklärung. Leistungen, die kraft besonderen Rechtstitels auf bestimmten Grundstücken haften, bleiben jedoch bestehen, Nach § 3 ist das Verfahren kostenfrei und stempelfrei. Nach § 4 kann ein aus einer Synagogen- gemeinde austretender Jude nur durch schriftliche Erklärung einer anderen Synagogengemeinde beitreten.

Abg. Bubert (Soz): Meine Freunde können dieses Geseß nicht unterstüßen, weil es eine erhebliche Verschlehte- rung gegenüber den bisherigen Bestimmungen bedeutet, nament- lih aber dem Geseß von 1918. Es sind besonders ¿wei Gründe, die für uns die Vorlage unannehmbar nahen. (inmal ist es die Bestimmung, daß die Nechtswir-

kungen der Austrittserklärung erst einen Monat danach beginnen sollen. Diese Ueberlegungsfrist bedeutet einen zweifellosen Nücschritt gegenüber bem bisherigen Zustand. Wir verlangen die Beseitigung dieser Veberlegungsfrist, um die volle Gewissensfreiheit zu sichern. Es soll kein terroristischGer Dru von seiten der Geistlichen ausgeübt werden können. Wenn das auch bestritien wird, daß es geschieht, so haben wir doch zahlreiche Belege dafür sowohl von katholischer wie evangelisher Seite. Noch im Mai vorigen Jahres hat der Bischof von Osnabrück Richtlinien herausgegeben, in denen er in s{limmster Weise in die Gewissensfreiheit des einzelnen eingreift Wer aus der Kirche austreten will, hat ohnehin innerlich mit thr gebrochen, und auf den soll jeder Druck vermieden werden. Die andere Frage, die das Geseß für uns unannehmbar macht, ist die Ausdehnung der Steuerpfliht bis zum Schluß des Steuerjahres. Wir werden hier für den Antrag Hoffmann stimmen, wonach die Steuerpfliht mit Ablauf des Vierteljahres, in dem die Austritts- erklärung abgegeben wird, erlischt. Dié Kirche wird dadurch nicht sonderlich geschädigt, zumal sie in ihrer Finanzgebarung besser dasteht als die Gemeinden und der Staat. Wir verlangen ferner Sicherun- gen, daß es nicht wie bisher möglich ist, daß Leute, die aus der Kirche ausgeschieden sind, noch zur Kirchensteuer herangezogen werden. Nur bei Annahme dieser Anträge würde es uns moglich fein, für das Ge- seß zu stimmen. (Beifall b. d. Soz.)

__ Präsident Leinert teilt mit, daß von mehreren Parteien ein Antrag auf namentliche Abstimmung über das Geset eingegangen ist.

._ Abg, Dr. Faßbender (Zentr.): Meine Fraktion wird für die Ausschuß-Fassun g des Geseßes stimmen. Wir sind zwar niht mit allen Bestimmungen einverstanden,

halten aber den vorliegenden immerhin für eine Verbesserung gegenüber der Verorduung vom 13. Dezember 1918. In der Aufschrift kommt offensihtlih ein Geist der Gegnerschaft gegen die Religion zum Ausdruck, als ob das Volksheil allein vom Athets- mus und Materialismus abhänge. Schon am 4. November 1919 habe ih mich über die Bedeutung der Neligion für das Erzichungswesen und das öffentliche Lebén verbreitet. Deshalb will ih mich darauf be- s{ränken, mih an den Entwurf des Geseßes als solhem zu halten. Wir wünschen in der Ueberschrift die Bezeichnung „bürgerlich rechtliche

irkungen der Erklärung“, und andererseits eine andere Regelung der Steuerpfliht. Abänderungsanträge werden wir jedoch in dieser Beziehung nicht stellen. Wir werden für den Antrag Koch und

(MnumUurf,

| auf der Kanzel die Bevölk Akerbaugesellshaft aus Berlin viele tausend Hektar im Aurvicher | um das Moor auszubeuten, während die |

Genossen gegen die Anträge Hausshild und Adolf Hoffmann stimmen. Gegenüber dem Vorredner halten wir eine Ueberlegungsfrist für nötig, shon deshalb, weil eine so wichtige Hand- lung wie der Austritt aus der Kirche, größter Ueberlegung und Be- sonnenheit bedarf. Wir sehen nicht ein, worin der Dru bestehen soll, den die Geistlichen hierbei ausüben könnten. Der Geiftkide muß auch E [kerung vor der Sozialdemokr tie warnen. Z9 gereit mehr zum chohle des Votkes, wenn die Bevölkerung den Worten der katholischen und evangelischen Geistlichen folgt, als wenn sie den Hebereien der Sozialdemokraten Gehör \cenkt. Die Anstalten für Arme und Kranke, die von der Kirche eingerihtet worden sink, haben eine solde Bedeutung, daß sie über 1ede Kritik der Sozialdemo- kraten erhaben sind. Ich biite die Vorlage anzunehmen. (Beifall im Zentrum.) __ Abg, Prelle (D.-Hann.): Der Gesepentwurf bezwekt die Ver- nihtung der Kirche. Wir mir kürzlich ein Geistlicher sagte, überwiegt bos Zahl der Eintritte die Zahl der Austritte. Wir sind gegen Viassenaustritte. i Ubg, Adolf Hoffmann (U.

Soz): Wir können der

Absicht nicht beitreten, den Austritt aus der Kirche zu er- N. Wir wünschen, daß die Erklarung auch füx mehrere, ir die ganze Familie gemeinschaftlih abgegeben werden kann. Wird

mein Antrag und der An:rag Hausschild niht angenom-nen, fo lehnen wir das Sesez selb\tverständlih ab Wir sind gegen die Nusdehnung der Ueberlegungéfrilt, weil sie nur dozu benußt wiro, um alle Hebel einzufeßen, daß der Velreffende seine Austrittserklärung zurücknimmt« Vie wirtschaftliche Vbhängigkeit spielt dabei auc eine Rolle. Der Druck der Geistlichen geht so weit, daß sie in der Ohrenbeichte die Hrauen aufheßen, dem Gatten die Erfüllung der ehelichen Pflichten zu verweigern, bis er seine Austrittserklärung zurückgenommen hat. (Hört! hört! und Pfuizufe.) Bei den notwendigen Gehalts- und Lohn- aufbesserungen ist die Kirche am allerbesten weggekommen, denn sie zicht einen Prozentsaß der Einkommensteuer ein ohne Nücksicht darguf, oh der Sieuerpflichtige mit seinem Gelde auskommen kann. Selbst von Ungläubigen und der Kirche feindlich gesinnten Leuten werden die Steuern eingezogen. Das stört die Kirche nicht, Geld stinkt nicht. (Nufe rechts: Das russische Geld stinkt auch nicht!) Außer einem Ko- peken, den mir ein Soldat aus Nußland mitbrachte, habe ih nie russisches Geld in der Haud gehabt, (Aber Ihre Partei!) Für meine Bens ist auh kein russishes Geld durch meine Finger gegangen.

enn es sich aber darum handelt, den alten Feind der Arbeiterklasse au bekämpfen, dann würden wir al8 internationale Sozialisten auch von unseren russischen Brüdern Unterstüßung annehmen. Deutschland würde über viel mehr Geld verfügen, wenn einmal die großen Kirchen- \häße geöffnet würden. (Lebhafter Widerspruch im Zentrum.) Die bon mir schon längst verlangte Inbventarisierung des Kirchenvermögens ist bisher immer verhindert worden, Sie sträuben sich dagegen und wissen auch warum. Wenn die Urteilsunfähigen nicht mehr vor- handen wären, dann hätte das Zentrum keine Anhänger mehr. Mit errn Faßbender bin ih ganz darin einig, daß in die jetzige Kirche eine Sozialdemokraten gehören. In dieser Kirche sollte auch kein wirklich Frommer mehr bleiben, denn die jeßige Kirche hat gar nicts mehr mit dem wahren Christentum zu tun, sie ist organisierte

euhelei, (Beifall b. d. U. Sal Große Unruhe rechis und im Dentrum.) Die Frommen müßten ihre Pfarrer wenigstens aus

eigenen Mitteln erhalten, Die Haltung der Kirche und ihrer Ver- treter im Weltkrieg ist die Grundursache der jeßigen Massenaustritte. Ein Divisionspfarrer Schettler hat einen Soldatenkgtehismus heraus- gegeben, der in Massen an der Front verbreitet wurde. Als ih daraus im Neichôtag aus dem Gedächtnis eine Stelle zitierte, wurde die Gristenz dieses Buches angezweifelt. Fch habe es jebt hier. Auf Seite 18 heißt es dort unter der Ueberschrift: „Das walte Gott und kalt Eisen“: „Dem Soldaten ist das kalte Eisen in die Faust ge- geben. Er soll es führen ohne Schwächlichkeit und Weichlichkeit. Er, der Soldat, soll totshießen, soll dem Feind das Bajonett in die Brust Vohren, soll die sausende Klinge dem Gegner guf den Schädel -\{chmet- tern. Das ift seine heilige Pflicht, îig, das it sein Gottesdienst!“ (Lebhafte Pfuirufe.) Dieses Bch ist 1915 im Verlag von Karl Siegmund, Berlin, ershienen. Jesus Christus wird darin als Kron- zeuge für den Mord und das Niedermeßeln von Menschen angerufen.

R R S L C E L:

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