1828 / 252 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Sat, 20 Sep 1828 18:00:01 GMT) scan diff

Türkei und Griechenland.

Der Courrier de Smyrne meldet aus Smyrna vom 9. und 16. August: Am 7ten d. M. sind 1000 Mann von dem Regimente regulairer Truppen, welches hier in Garnison seht, nah Konstantinopel aufgebrochen. i J,

Am 11ten d. M. wurde ein Großherrlicher Firman verlesen, dur welchen die seit einem Jahre von allen Wag- ren-Niederlagen erhobenen Abgaben aufgehoben werden. Der- selbe Firman schafft die Zoli-Abgabe auf die täglichen Con- sumtions- Gegenstände ab, welche nah der Stadt gebracht werden, erhöht aber die bisherige Verbrauchs-Steuer, welche alle fremde Waaren beim Verkauf zu zahlen haben, von 22 pCt. auf 32 pCr. Unser Mollah (Richter) ist nach Konstantinopel abgereist. j

Der Courrier de Smyrne vom 16. August entwirft fol- gende Schilderung der verschiedenen Völkerschaften der Eu- ropäischen Türkei: „Unter den Vertheidigern der Pforte ste- hen die Albaneser und die Bosnier in der ersten Reihe. *) Die ersteren stammen. von jenen Jllyriern ab, welche nach einander die Macedonier, Rômer nnd die Barbaren des Nor- dens zurücktrieben ; die leßteren sind în den aufeinander fol- genden Kriegen abgehärtet worden, welche zwischen Deutsch- land, Venedig und der Túrkei geführt wurden, und deren Schauplaß lange Zeit Bosnien war. Mehr als einmal waren die Albaneser der Pforte selbst furchtbar, früher unter Skan- derbeg und in unsern Tagen unter Ali, dem Pascha von Janina. Die Bosnier verbinden mit gleicher Tapferkeit mehr Treue gegen ihren Oberherren, und sind jedesmal zu seiner Hülfe geeilt, wenn er sie rief. Jn Bosnien wie in Albanien ist jeder Mann Soldat, beide Provinzen können 200,000 Streiter stellen. Die fkriegerishen Sitten, die sie in ihren rauhen Gebirgen annehmen , und die Freiheit, deren sie un- ter einer erblichen Feudal- Herrschaft genießen, machen diese stolzen und muthigen Männer zu den besten Soldaten der Túrkei.

__ Servien besteht fast ganz aus Christen vom Griechischen Cultus. Die Bewohner dieses Landes besißen seit dem Auf- stande von Czerny Georg das Privilegium einer eigenen Ver- waltung, und haben eine Municipal-Organisation, derjenigen

ähnlich, welche auf den Jnseln Hydra und Jpsara vor der

Griechischen Revolution bestand. : Die fruchtbare Bulgarei wird von tüchtigen und arbeit- samen Menschen bewohnt. Zwischen der Donau und dem Hâmus gelegen, und dur die Festungen Widdin, Silistria und Rustschuck vertheidigt, ist sie in allen Kriegen der Rus- sen gegen die Türken der Schauplaß der blutigsten Kämpfe gewesen. : N :

Jn Rumelien und Thracien, wo die Türkische Regie- rung einen unmittelbareren Einfluß Úúbt, wird sie alle Mittel anwenden, welche ihr zu Gebote stehen, wenn sie ihre Völ- fer begeistern will, und fein waffenfähiger Mann wird zu Hause bleiben.

Macedonien und Thracien haben bereits einen bedeuten- den Kontingent gestellt, und neue Aushebungen werden dort fortwährend gemacht. Auch hier erzeugt der rauhe, gebirgige Boden und die politische Stellung kriegerische und unabhän- gige Menschen. :

Die drei Millionen Muselmänner, welche ein Drittheil der Bevölkerung der Europäischen Türkei ausmachen, stellen 500,000 Streiter.

Dem obgénannten Blatte zufolge hätte die Verpach- tung der Zehnten und andern Abgaben in Morea vom März 1828 bis März 1829 úber 200,000 Talaris eingetragen. Der Zoll von Navarin unter andern soll für 11,000 Piaster ver- pachtet worden seyn.

: Columbien.

Bolivar’s Entschluß, eine Art von Dictator-Würde an- zunehmen (sagt ein, von einem Londoner Blatte mitgetheil- ter Privat - Brief aus Bogota), ist der einzige Weg, das Land vom Ruin zu retten, doch bleibt dies eine traurige Al- ternative. Viele Mitglieder der großen Convention, welche Reichthum und Einfluß besißen, gehören zu der feindlih ge- gen Bolivar gesinnten Parthei, und wenn sie Widerstand

*) Für jeßt dürfte die Pforte sich von den Bosniern und Albanesern, nah den (bekannten) neuesten Nachrichten wohl icht viel Hülfe versprechen können.

leisten, so ist ein Búrger-Krieg unvermeidlich; leßterer dj indessen nicht von langer Dauer seyn, da das Volk dem Libertador anhängt. Guayaquil wird mit einem A von Seiten Peru's bedroht, und die angesehensten Einy ner haben in einer Adresse Bolivar um Beistand ersu Dies ist seine Belohnung dafür, daß er Peru befreite. # hat ein Mann so viel Undanfkbarkeit erfahren, als er. 9 er weniger edel, weniger uneigennüßig und mehr ehre so würde er sh jeßt, in Gemäßheit des Wunsches Yj zum Kaiser oder König proclamiren lassen, und dadur seine Feinde zum Stillschweigen bringen.

Inland.

Berlin, 19. Sept. Ju der heutigen Sißung der versammelten Naturforscher und Aerzte hielten foly Herren Vorlesungen :

Der Hofrath Dr. Schulz aus Freiburg im Brei úber die Function der Milz, und Exstirpation derselby Menschen ; :

Der Geheime Medizinal - Rath Wendt aus By über die Erzeugung steiniger Concremente im mensg|{ Körper ;

Der Professor von Berzelius aus Stockholm, üby Uralschen Platina - Erze und die darin enthaltenen M

Der Dr. W. Weber aus Halle, über die Compens der Tonhöhe in zusammenschwingenden Körpern ;

Der Dr. Göppert aus Breslau, Über die Einwi der Blausäure, des Kamphers und der narkotischen (| auf Pflanzen ;

Hierauf sprach der Professor Lampadius aus Fr úber die medicinishe Anwendung des Schwefel-Alcohol(

Zum Beschluß theilte der Professor Dr. Schuh hier, eine Notiz über Fisch - Versteinerungen bei N walde mit.

Oppeln. Die nunmehr fast gänzlich . beendigt treide-Erndte ist sowohl nach der Garben-Zahl, als nad Körner-Ertrage reichlich ausgefallen ; der Flachs ist di méist mißrathen. :

Vermischte Nachrichten.

Verfall des Handels vou Matseille.

Herr Alexis Rostand, Kaufmann und Präsidut Handels - Gerichts zu Marseille, seßte kärzlich, bei Gi heit der Jnstallirung einiger neuen Mitglieder, in eina} sehr schôn die Ursachen des Verfalls des Handels | Stadt auseinander. Er bemerkt zugleich, daß die Bitt ten mit der Abnahme des Handels" stets zunehmen, 1d freiem Handel der Kaufmann die Zeit zu verlieren fúrl die er auf eine einträgliche Weise bénußen fann.

Ganz anders ist es, wenn der Handel bei jedem

auf Schwierigkeiten und Hindernisse stdßt; wenn dit

bindungen unterbrochen sind; wenn der Verkehr ni anderen Völfern durch politische Umstände, oder dur Folgen jener Prohibitiv- Systeme, welche dahin streben Nationen unter sich zu entfremden, gelähmt wird; wetl Bande, die sie unter sich vereinigten , zerrissen sind; | durch ungeheure Eingangs - Zölle die Preise der Waal erhöht sind, daß für die Einführer fein Gewiun wenn die Veränderlichkeit der Mauth- und Finanz-0 alle Berechnungen unnúß, und die Unternehmungen | theilig macht; wenn endlich die Geseke, welche gleichmäßi Ackerbau, den Handel und die Gewerbe beschüten [1 nur in dem ausschließenden und schlechtverstandenen Ÿ esse eines dieser unzertrennbaren Elemente ‘des Staats! gemacht sind. |

Herr Rostand zeigt nun, daß die Wiederherstellut! Freihafens für Marseille, wegen der vielen Förmlichkeitel der doppelten Douanen-Linie, mit der das Stadtgebiet un! wurde, nicht vortheilhaft war. Man gab es daher au! führte das entrepôt sictif (Privat-Niederlage) ein, den

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das enlrepôt réel folgte, wodurch dem Handel ein Stoß gegeben wurde. Vermöge der Wahl-Gesebe (sagt er )wird ín der Kammer der Landbesiß am meisten vertreten, aher fommt es, daß zu Gunsten der Ackerbauer dem el nur Hindernisse gelegt wurden. Gewohnt, während riegs und“ in Folge einiger Mißernten, hohe Preise 1s Getreide zu erhalten, glaubten sie, oder suchten sich hr später zu überreden, die niedrigen Preise entständen die erlaubte Getreide-Einfuhr, und nun wurde diese (n, und' das entrepóôt fictif aufgehoben. Das entrepót jesteht zwar noch, aber unter so lästigen Bedingungen, je Fremden nun ‘vorziehen, ihr Getreide nach Nizza, q und Livorno zu bringen, zu deren Besten wir gehan- aben. Auch Eisen, Vieh, Soda, Oele, Reis und sind mit hohen Zöllen belegt, wodurch der Absaß un- Erzeugnisse nah dem Norden und Süden gestört, und reshritte der Jndustrie gehemmt wurden ; unsere Lan- zeugnisse bleiben unverkauft ‘und die Quelle des wah- Ataats-Reichthums vertrocénet.

s ist eine sonderbare Sache, daß man úbex den Ueber- er Erzeugnisse klagt, und nicht vielmehr über den Man- ; Verbrauch, und gerade dieser wird - durch die Zoll- tungen vermindert. YJndessen sind die Aerbauer, das Prohibitiv-System für Wolle und Getreide her- ufen habe, gerade dadur gefährdet worden, denn uden sie feinen Absaß für ihre Weine und verlangen, an das System ändere, auch haben sih die Preise der und des Getreides nicht gehoben.

osten des Lebens in London. Für Beher- g der Reisenden und Befriedigung des Magens sor- London an 200 Gasthöôfe (Inns), 400 Schänfen öder ¿häuser (Taverns) und 500 Kassee- oder Theehäuser. uühstü aus Kaffee oder Thee bestehend, fostet in Gast- irthshäusern von mittlerem Range 13—3 Schilling, ein gsessen 3 bis 14Schilling, ein Bett 23 bis 5 Sch., eine Port- oder Xeres-Wein 6 bis 7 Schilling, Madera 8 bis hilling, Burgunder 13 bis 14 Schilling, Champagner ter Rheinwein (Hock, Hochheimer) bis 16 Schilling. mmer fostet nur 2 bis 3 Schilling täglich, dem Auf- giebt man 1 bis 15 Schilling, und dem Stuben- n 1 Schilling täglih. Jn den Hotels des ersten s fostet ein Zimmer täglih 10 bis 21 Schilling, und auch alles Uebrige verhältnißmäßig theurer. Jn den lichen Speisehäusern fann man für 12 bis 2 Schill. ut essen, Ju Privat-Häusern vermiethet man wohl- htete Zimmer, in den besten Straßen und im ersten vorn heraus, für 15 bis 6 Pfd. Sterl. wöchentlich ; höhern Stockwerken (0 1 bis 4 Pfd. Sterl. ; ein Schlafzimmer fostet wöchentlih 7 bis 12 Schillinge. giebt es besondere Kosthäuser, wo man für 2 bis

Sterl. wöchentlich Kost und Wohnung erhält. Außer

ast- und Kaffeehäusern giebt es zur Sommer-Belusti- besonders für die mittlern- Klassen, an Sonntags lftagen, eine Menge Kaffee- oder Thee-Gärten, wo e Person für 12 bis 2 Schilling gütlih thun kann. 1 enthält an 1500 (zweispännige) Miethsfkutschen. Die sind geseßlich bestimmt. Man bezahlt entweder nach tfernung oder nach der Zeit ; nämlich 1 Schilling für glishe) Meile, oder auch für nicht mehr als £ Stunde; Meilen 33 Schill., für 1 Stunde 2 Schill., für 12 Mei- Schill. , für 4 Stunden 11 Schill. 2c. Außerdem giebt ndere Taxen für gewisse bestimmte Entfernungen, z. B. er Admiralität bis zum Tower 3 Schilling, voh der bis zum Heumarft eben so viel, vom Rathhause hall) bis zum Hyde-Park 4 Schilling u. s. w. eben die verschiedenen Entfernungen bis zu jedem einzelnen e 2c. Außer diesen zweispännigen Miethskutschen s seit dem April 1823 auch eine Anzahl Einspänner, [hen zwei Personen sigen können. Man bezahlt zwei Drittel von dem, was einem Zweispänner ge-

n den 24 Stunden jedes Tages giebt es 1500 Gelegenheiten, darunter 300 in Federn hängende e Postkutschen, die pfeilshnell fahren; von diesen nah Birmingham 84 (darunter 40 täglih zu ver-

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r Allgemeinen Preußischen

welcher ein solches

Ç* Staats-Zeitung Nr. 252,

E RATS

schiedenen Stunden des Tags und Nachts, die ani jeder Woche an bestimmten Tagen), nah Manchester g (räglih 54), nah Liverpool 60 (täglich 56), nach Brighton 40 nah Chefter 19 (täglich 16), nach York 18 (täglih 10), nah Hull 12, nah Preston 12, nach New - Castle 6, nah Edinburgh 39, nach Glasgow 13, nach Aberdeen 9, nach Fhlverneß 3. Längs den beiden Ufern der Themse giebt es an bestimmten Pläkben gegen 2000 fleine Boote zur Ueber- fuhr. Da die geseßlichen Taxen etwas niedrig sind, so be- zahlt man gewöhnlih dem Ueberführer das Doppelte. Au- ßerdem giebt es noch eine Anzahl größerer , zum Theil mit Segeln versehener Boote, auf welhen man Wasserfahrten in die Umgebungen Londons machen fann. Besonders merk- würdig sind die erst in der neuesten Zeit Mode gewordenen Dampfboote. Ein Herr Dodd aus Glasgow war der Erste, ) oot im Jahre 1815 baute. Es hieß die Themse, faßte an 200 bis 300 Personen und diente als Paketboot nah Margate. Seit dieser Zeit sind eine Menge anderer solher Dampfboote gebaut worden, und dienen nun, besonders zur Sommerszeit, als Reiseschiffe nah Richmond, Sheerneß, Southend, Gravesend, Ramsgade, ja selbst bis nah Calais, Rotterdam und Edinburg. - London besist eine Menge Bâder, die äußerst reinlih, bequem und zum Theil sehr geschmackvoll eingerichtet sind. Der gewöhnliche Preis ist für ein faltes Bad 1 Schilling, für ein warmes 32 Sch. er Perleß-Teih (Perless |Pool) in der Altstadt - Straße Ly road) ist ein großes ôffentlihes Bad von 170 Fuß ânge und 100 Breite, ringsum mit Ausfkleide - Kammern Es giebt mehrere Duschbäder

umgeben. und auch in der

Downing-Straße, ein Türkisches Dunstbad.

Jn früheren Zeiten ward London durch Laternen er- leuchtet, die ein Jeder, dem es beliebte, vor seinem Hause oder seinem Laden aufhing; später ward eine allgemeinere Er- leuchtung nothwendig, weil der statt findenden Dunkelheit wegen, Diebereien und Einbrüche immer häufiger wurden. Der Lard- Major und der Gemeinde- Rath wandten sich an das Parlament um Unterstüßung zu einer besseren Beleuch- tung, worauf ihnen das Recht bewilligt ward, eine gehörige Anzahl gläserner Lampen anzuschaffen, und diese das ganze Jahr hindurch von Sonnen - Untergang bis Aufgang bren- nen zu lassen, zugleich auch eine verhältnißmäßige Taxe aus- zuschreiben, um ihre Kosten zu decken. Mit dieser Beleuch- tung begnügte sich London, einige von Zeit zu Zeit ange- brachte Verbesserungen abgerechnet, eine Reihe von Jahren hindurch bis im Jahre 1803 ein Preuße, Herr F. A. Win- jor, in London erschien und im Lyceum - Theater Vorlesun- gen über die Theorie des Erleuchtens mit Kohlen-Wasserstoff- Gas, nach den Grundsäßen des Herrn Le Bon in Pa- ris hielr. Ein Jahr, auch zwei Jahre hindurch diente

es zur öffentlihen Unterhaltung, ins Lyceum zu ge-

hen, und das Gas zu sehen; einige Jahre später aber sah man schon eine öffentliche Versammlung, in welcher man

Unterschriften sammelte, um das Gas gemeinnübßig zu ma-

chen. Es wurden 20,000 Pfund Sterling einem Comité von 24 Männern anvertraut, die sich von der Möglichkeit überzeugen sollten, die Stadt durch Gas zu erleuhten, um, wenn sich diese ausgewiesen haben würde, beim Parlament die zur Ausführung dieses Plans nöthige Autorisation nachzu- suchen. Davy, Accum, Murdoch und andere Chemiker wur- den 1809 und 1810 vor das Parlament gefordert, um úber die Gefahrlosigkeit, Ausführbarkeit und Nüblichkeit der An- wendung des Kohlen-Wasserstofsgases als Erleuhtungs-Ma- terial, anstatt des Talgs und Oels, ihre Meinungen und Ansichten zu gehen, worüber im Mai 1811 auf Befehl des Parlaments, in London eine Druckschrift unter dem Titel: Minutes of Evidence taken before the Lords Committee, erschien. Murdoch hatte bereits zuvor eine Baumwollen- Spinnerei in Manchester mit Gas erleuchtet, wozu stündlich 1250 Cubiffuß Gas erfordert wurden, und Accum’s Ver- suche, welche auf Verlangen des Gas - Erleuchtungs- Comité unternommen wurden, gaben jede Nacht 30,000 bis 50,000 Cubiffuß Gas. Eine weitere Auseinandersezung dieses Ge- genstandes findet man in Accum’s Werken über das Gaslicht. Vorurtheile und Unwissenheit sebten sich wie gewöhn-