1828 / 276 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Tue, 14 Oct 1828 18:00:01 GMT) scan diff

der Jnsel Cuba abzusenden, für's erste aufgeben mußte. Außerdem wurde zu gleicher Zeit die Regierung zu Bogota durch innere Angelegenheiten von allen Operationén nach außen zurückgehalten. Es liefen nämlich bei ihr von vielen Seiten -Klagen wegen der Willkührlichkeiten ein, welche sich der in Venezuela commandirende General Paez erlaubte. Als sie ihm deshalb gebot, nach der Hauptstadt zu fommen und sich zu verantworten, weigerte er sich, diesem Befehle Folge zu leisten. Er hatte eine starke Parthei auf seiner Seite, welche es durhseßte, daß ihn die Truppen der Städte Valencia und Puerto - Cabello zu ihrem Oberhaupte procla- mirten. Die Handlungen, welche er von diejer Periode an gegen die bestehende Regierung vornahm, gingen nicht so- wohl aus ihm, als vielmehr aus den Planen einer im Ge- heimen wirkenden Faction, deren thätigstes Mitglied der fenntnißreiche, aber ränfesüchtige Dr. Pena war, hervor. In den von ihm berufenen Versammlungen von Abgeordne- ten der Provinz Venezuela sprach sich das Verlangen nach einem Föderativ - System ganz deutlich aus. Ein ähnlicher Wunsch ward auch in anderen Theilen der Republik, besonders in Guayaquil, rege, im ganzen Lande aber schnte man sich nach der Rückkehr Bolivar’s, welcher sich noch immer in Peru aufhielt, da allgemein nur von ihm eine durchgreifende und befriedi- gende Wiederherstellung der Ordnung erwartet wurde. End- lich erschien er und suchte die streitenden Partheien ‘zu ver- söhnen. Paez weigerte sich anfangs, der Regierung von Neuem Gehorsam zu leisten und erflärte Venezuela * für un- abhängig. Allein als bald darauf Puerto Cabello von ihm abfiel und Bolivar mit einem rash gesammelten Heerhaufen gegen ihn anrückte, trat er mit diesem in Unterhandlungen und sprach seine Reue über die Schritte aus, welche er zum Nachtheil der Ruhe seines Vaterlandes gethan hatte. Hier- auf erfolgte die feierliche Versöhnung zwischen Paez und Bolivar und beide zogen vereint, unter dem lauten Jubel des Volks, in Carraccas ein. Für Paez und seine Anhän- ger decretirte Bolivar eine allgemeine Amnestie. Kaum war dieser Aufstand im Norden gedämpft, als im Süden ein Neuer entstand. Die Truppen, welche Bolivar zur Be- freiung Peru's nach Lima, der Hauptstadt dieser Republik, geführt hatte; wünschten nach Columbien zurückzukehren, und \chlo}en sich, da der Libertador sich weigerte, sie zurückzuziehn, an eine seinem Interesse abgeneigte Parthei an, woelcher es endlich gelang, die von ihm für Peru festgeseßte Verfassung zu sturzen. Die columbischen Soldaten benußten diese Ge- legenheit, um, unter Bustamente's Anführung, nach Colum- bien zurückzumarschieren. Kaum hier angelangt, pflanzten sie in ‘der Provinz Guayaquil die Fahne des Aufkuhrs gegen die bestehende Regierung auf. Unter Peru's geheimen Cin- via rissen sich auch Quito und Popayan von der Republik os, aber die Siege der Generale Flores und Silva über die Rebellen stellten die Ordnung bald wieder her. (Fortseßung folgt.)

Vermischte Nachrichten.

Beschreibung einer Tartarischen Hochzeit. (Aus dem Russischen.)

Der Antrag zu einer beabsichtigten Verbindung wird

hon sehr zeitig gemacht und bisweilen mehrere Jahre vor der Hochzeit. Die Freiwerberzy wendet sich anfänglich. an die náchsten Bekannten des Mädchens um ihre Gesinnung zu erforschen. -- Jst diese dem Liebhaber günstig, so spricht die Freiwerberín mit ihrer Mutter, und alte Freunde der Eltern des Liebhabers übernehmen die Unterhandlung mit hrem Vater. Diese Freunde werden Kuda's genannt. Wenn der Vater des Mädchens die Verehelihung seiner Tochter wünscht, so werden die Abgesandten mit Auszeichnung und

mit einem großen Gastmahle empfangen ; im entgegenge)eß- -

ten Falle aber ist der Empfang fakt, und sie müssen mit lee- ren: Magen abziehen. Hiebei ist es nôthig zu bemerken,

wichtige Rolle spielr. Wenn er Nein sagt, wird gewöh nichts aus der Hochzeit ; heirathet sie abèr dennoch ohne s Zustimmung, so nimmt er weder an den Geschenken, an den Belustigungen Theil, Die Freiwerberinnen machen es ab, wie viel 6 Flachs, Gold- und Silber - Faden , Tressen und Stoffe Bräutigam seiner Braut zu’ senden hat; auch verabreden sj Qualität und Quantität einer jeden Sache; ob der Gürtel Gold oder Silber seyn soll; wie viel Armbänder, Tschimi (ohngefähr 4 Ellen große Tücher, die vom Kopf bis zy Füßen reichen) Marans oder“ Mussselin - Schleier, mit ( ausgenähte Spißen, Feredge's (Oberkleider), Tuch,’ u. \ zu senden sind. Was die fupfernen Geschirre betrifft muß der Bräutigam entweder die verabredete Zahl iu tura schien oder sie baar bezahlen. Es ist von meh Reisenden behauptet worden, daß die Tartaren ihre U verkaufen ; dies is jedoh ganz unrichtig. Alle vor der zeit verabredeten Geschenke sind einzig nur für den halt der jungen Leute bestimmt. Sobald diese münis Verhandlungen glücklich beendigt sind, is der Brâut verbunden, seinex Braut auf einer großen fupfernen, zinnten Schüssel. verschiedene trocéene Früchte zu s als: - Feigen und Datteln, ferner Zucker, GewÜrzu Mastix u. \. w. Jhre Eltern legen dagegen auf die d sel einen, großen Kuchen, dor aus einem ganz besonde sehr sorgfältig zubereitèten Blätter - Teig, Baklawoa ge gemacht 1st, und über diesen ein Hemd, ein Paar Hosen, ein ausgenähtes Handtuch oder ein gewöhh Tuch , einen ausgenähten Gürtel und einen Tabacksb

Von Zeit zu Zeit, so wie die Umstände es erl schickt der Bräutigam außer den versprochenen Sachen, Geschenke- an seine Verlobte. Sobald alle diese Pf erfüllt sind, werden von seiner Seite aufs Neue di! werberinnen an den Vater der Braüt Ce? erfahren, wann die- Hochzeit Statt finden foll , woral ser den Tag der Feier festsezt. Sobald selbiger sich 1 hickt der Bräutigam wieder hin, um zu fragen, | Braut bereit jey, oder ob etwa Hindernisse eingetret! ren? Heißt es nun, daß Alles von ihrer Seite in N ist, so muß er Ochsen, Schaafe, ein Fäßchen Honig, teltes Weizenmehl, feines Oel für die Tafel , Rose und Zucker zu Scherbet, \o wie gemièthete Kamell Pferde für die Gäste aus den benachbarten Dörfern | den. Jst das geschehen, so beginnen die Hochzeits-F feiten, sowohl im Hause des Brautvaters als des des Bräutigams.

Königliche Schauspiele.

Montag, 13. Oct. Im Schauspielhause: Selbs hung, Schauspiel in 5 Abtheilungen, von A: W: J (Mad. Wolff wird als Baronin von Rosenstein hîer der auftreten.)

Königsstädtsches Theater. Montag, 13. Osr. Drei Tage aus” dem Lobe Spielers.

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Auswärtige Börsen.

i Ansterdam,- 7. Oct. : Oesterr. 52 Metalli® 915. Bank-Actien 1310. Par 373. Russ. Engl. Anleihe 861: Russ. Anl Hamb. Certihi

Hamburg, +0. Oct. Russ. Engl. Anl. 894.

St. Petersburg, 9. Oct. Hamburg, 3 Mon. 947. Silber - Bubel 370, Kop.

VYüien, 7. Oct.

daß, wenn das Mädchen einen älteren Bruder hat, dieser

während der ganzen Dauer dey Untekhandlungen eine sehr |

5pCt. Metallig. 943. Bank Actien 1083F.

Neueste Börsen-Nachrichten.

4 Frankfurt a. M., 9. Oct. Loofé zu 100 Fl. 154. Brief. aris, b. Oct. 38 Rente 74 Fr. 20 Cent.

Oesterr. 52 Metallig. 94#- 52 Rente 106 Fr.

Bank - Actien 1289. Partial-Obligatiouen 129

Wien, 8. Oct. Fünfproc. Metalliq. 942; Bank-Aktien 107475.

I E ; L

Gedruckt béi A.'W. Hay u.

Redacteur John, Mitredacteur C

en sind die

Allgemeine

reußishe Staats-Zeitung.

276.

mtlihe Nachrichten.

Kronik des Tages. ine Königliche Majestät haben den bisherigen Kam- hts-Assessor Ludwi g zum Justiz-Rath bei dem hie- tadtgerichte zu ernennen geruhet.

gekommen: Seine Excellenz der Wirkliche Geheime Minister für die geistlihen, Unterrichts - und Medi- ngelegenheiten, Freiherr von Altenstein, von

ne Excellenz der Königlich Sächsische General-Lieute- ußerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Mini- hiesigen Hofe, von Waßdokff, von Hoyerswerda.

Zeitungs-Nachrichten.

A usland.

| Frankrei. : is, 7. October. Nachdem Se. Maj. der König , unmittelbar nah Jhrer Rückkehr in diese Residenz, Mitgliedern des Königl. Hauses der Messe in der Kapelle beigewohnt hatten, empfingen Höchstdieselben

| Privat - Audienz den Präfekten des Niederrheins, Sömangart und den Königl. Schwedischen Cd p ven

von Löwenhielm. Um 1 Uhr präsidirte der König er-Rathe, an welchem der Dauphin Theil nahm.

en früh um 7 Uhr sind Se. Maj. in Begleitung des s und der Dauphine nah Compiègne abgereist.

zogin von' Berry wird ihnen morgen dorthin folgen Moniteur enthält in 21 Spalten eine, Ma Db

datirte, aus 10 Titeln und 321 Artikeln bestehende

Verordnung in Betreff der Organisation einer neuen Ordnung und der Verwaltung der Justiz auf Mar- Guadeloupe und ihren Dependenzen. Es sollen da- stig auf diesèn Jnseln vier Arten von Gerichtshöfen nämlich : die Friedensgerichte, die Tribunäle erster die Königl. Gerichtshöfe und die Assisenhöfe. Nie- ll hinführo mehr seinen natürlichen Richtern entzo- den können. Die Audienzen sollen öffentlich seyn, ausgenommen, wo die Oeffentlichkeit der. Ruhe und 3, oder den guten Sitten, gefährlich werden fönnte. und Erkenntniß müssen indessen stets öffentlich und seyn. Für Martinique werden 4 Friedensgerichte Guadeloupe deren 6 eingeseßt. Der Friedensrichter en Wohnsiß im Haupt-Orte des Cantons. Von den len erster Instanz sollen auf Martinique 2 und auf upe 3, von den Königl. Gerichtshöfen aber auf je- r Znseln 1 und von den Assisenhdfen auf jeder der- bestehen. Jm 3. Titel, welcher von den Gerichts- dern handelt, wird unter andern bestimmt , - daß dte, bis zu Geschwisterkindern einschließlich, nicht ig Mitglieder desselben Gerichtshofes seyn köôn- st ein solhes Verwandtschafts - Verhältniß nach Ernennung der Mitglieder eines und dessel- richtshofes entstanden , so muß derjenige , welcher éingegangen ist, sofort ausscheiden. General-Procu- i General-Advocat kann. Niemand werden, der in ou ¿gehoren ist oder daselbst eine Creolin gehei- v4 dder Grund-Eigenthum, sey es durh sich selbst Ins Frau, daselbst besißt. Tritt ein solcher Fall Le erfolgter Ernennung des General - Procurators

caten ein, so muß dieser sofort abdanken. Jm Gerichts-Mitglieder unabsezbar. Die Kö-

Berlin, Dienstag den 14ten October.

Fr., 4000 Fr., 1500-Fr., 6000 Fr. und 2000 Fr.

1828.

nigl. Gerichtshöfe halten, die Ferien-Zeit abgerechnet i | 7 el, ' / mo ¿ as 1 Sibung, so daß jährlich 10 Sikuniaen e flideu die Assisenhöfe versammeln sich vierteljährlich einmal. Das Gehalt der Mitglieder der Königl. Gerichtshöfe wird für einen Rath auf 8000 Fr., für einen Raths-Auditor auf 4000 Fr. und für den Substituten des General - Procurators auf 6000 Fr. festgestellc. Der General-Procurator selbst bezieht jährlich 24/000 Fr. . Die Gehälter der Mitglieder der Tri- bunäle 1ster Jnstanz betragen, für deu Königl. Richter 8000 Fr., für dessen Stellvertreter 5000 Fr., für. den Gerichts- Auditor 1500 Fr., für den Procurator 8000 Fr. und fär dessen Substituten 3000 Fr. ; auf Marie-Galante resp. 6000

dens-Richter erhalten resp. 4000 Fr. und 3000 “fra E Jn dem Messager des Chambres liest man Folgendes: ¿Es ist feine neue Erscheinung, daß über die Politik der Europäischen Staaten abgeurtheilt und ein Gemälde von der Lage unsers Welttheils entworfen wird; seit 50 Jahren ha- ben Denker aller Art sih in dieser Beurtheilung geübt; es ist recht angenehm zu sagen: Oesterreich wird diesen oder je- nen Weg einschlagen, England ist hintergangen worden, Ruß- land hat diese oder jene Absicht. Durch dergleichen Raison- nements giebt’ man sich einen gewissen Ansteich von Wichtig- feit, und der Leser muß mindestens glauben, daß der Verfasser einer von jenen Staatsmännern sey, die, ihr“ ganzes Lte lang, über das Schicksal der Nationen nachgedacht haben. Zwar findet sich auf demoBoden dieses Wottframs Bed Leere und Unwissenheit; allein man hat doch Effekt gemacht und dies ist Alles was man wollte. Diese Betrachtungen drängen sich uns bei Durchlesung eines langen Artikels auf, den gestern ein Abendblatt (die Gazette de France) úber die auswärtige Politik enthält. Alles wird darin bekrittelt und nichts entgeht dem scharfsichtigen Verfasser des Aufsates. Es versteht sich von selbst , daß Frankreichs Politik dabei nicht geschont wird; die Expedition nach Morea er- regt vorzüglich den Unwillen des Verfassers. ¿,,„„Was,//‘( fragt er, ¡ist der Zweck dieser Expedition? die Unabhän- gigkeit Griechenlands zu. sichern. Wozu? Wird der Bürger- - krieg, den die Griechen sih unfehlbar machen werden, ihnen minder verderblich seyn, als das Patronat des Sultans ?//‘/ Man fann sich in der That eines lebhaften Unwillens nicht enthalten, wenn man eine edle Sache mit so jammervollen Argumenten bekämpfen sieht. Erfreut sich denn Griechenland nicht heute einer traktatenmäßig anerkannten regelmäßigen Ver- waltung ? Dehnt sich die Autorität des Grafen Capodistrias nicht über das ganze befreite Land aus? Wie mag man noch einen Bürgerkrieg befürchten und wie kann ein solcher Vor- wand uns veranlassen, ein ristliches Volk noch länger un- ter dem Joche der Muselmänner schmachten zu lassen ? Man will uns weiß machen, daß die Befreiung Griechenlands ein toller Gedanke sey, und daß es nicht - gelingen werde, die Türken zu verjagen. Wer so etwas behauptet, muß einen schlechten Begriff von dem Muthe unserer Truppen und der Vorsicht unse- res Cabinets haben. Um das Interesse sür die Griechische Sache zu schwächen, sagt man uns überdies zuweilen, daß der Grieche eben so entartet und unwissend sey als der Türke, und gleich darauf behauptet man wieder, daß aus der Mitte dieses nämlichen Volkes die Muster eines verfeinerten Liberalis- mus hervorgehen und unserem gesellschaftlichen Zustande den Umsturz drohen würden. Die Bere entarteten Griechen sol- len sona morgen philosophische Reformatoren werden, welche den Geist unserer Armee verderben. Es läßt sich nicht füg- lich etwas Ungereimteres und Lügenhafteres zusammen- Ku Der Cardinal Latil, Erzbischof von Rheims, hat unterm 25stten v. M. das nachstehende Schreiben as die hohe Geistlichkeit seines Sprengels erlassen: „Nachdem der König

mir die aus Rom eingegangenen Antworten in Betreff der