1828 / 300 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Vermischte Nachrichten.

Reise in Jndien von Reginald Heber, Bischof von Calèutta. (Fortseßung. )

Einen Beweis von der Verständigkeit der Elephanten gab mir die Unterhaltung; welche ein Mann der neben uns herging, mit dem unsrigen hatte. Nimm dich _ in Acht, sagte er, der Weg ist hier schlecht, dies ist cine. Stelle ,- wo du leicht gleiten fannst. Der Elephant schien alles zu verstehen, und dem Gesagten Folge zu leisten. Der Führer im Gegen- theil, sagte ihm fein einziges Wort; wenn er die Richtung ändern wollte, so legte er seinen Fuß dem Thiere an dieje- nige Seite des Halses, nah welcher hin er den Weg geän- dert haben wollte; wenn er seinen Gang beschleunigen will, so sticht er ihn mit der Spike einer langen Gerte; er giebt ihm einen Schlag auf die Nase, wenn er anhalten joll. Man kennt die Herrschaft, welche die Führer über diese Thiere ausüben. Kurze Zeit vor meiner Ankunft in Ben- galen, hatte man einen dieser Kornaks zum Tode verurtheilt, der sich von einer Frau beleidigt sah, und seinem Thiere ein Zeichen gegeben hatte, das dieses nur zu wohl verstand, in- dem es das unglückliche Weib. tödtete.

Die Todesstrafe wird hier sehr selten angewendet, und dann auch. nur gegen Mörder; gegen geringere Verbrecher wendet man Straf - Arbeiten an. Auf größeren Heerstraßen findet man oft Banden von Galeeren - Sklaven, welche an den Füßen gefesselt sind und von Polizei - Dienern bewacht werden. Was auch das Verbrechen diejer Unglücklichen seyn mag, sie werden noch immer verstockter, durch diese tägli- chen Erniedrigungen, unter denen sie den Augen der Menge in ciner so verworfenen Lage ausgeseßt werden. Fch habe in meinem Leben nie so wilde Gestalten gese- hen, sie bildeten einen schlagenden Kontrast gegen die ruhige und fast etwas weibishe Milde, welche die Gesichtszúge der Hindu charakterisire. Was kann man auch in der That von Leuten erwarten, welche, des Mitgefühls ihrer Nebenmenschen und der Tröôstungen des Christenthums beraubt, nichts mehr von dieser Welt erwarten, und feinen vernúnftigen Begriff von einem andern Leben haben.

Interessant ist die Beschreibung eines Festes, dem die Gemahlin des Bischofes auf die, von dem Indischen Gro- ßen, welcher es zur Einweihung seiner neuen Wohnung gab, dazu erhaltene Einladung, beiwohnte. Die Facade seines großen und prächtigen Hauses war wunderbarer Weise mit Korinthischen Säulen geschmückt, und bei Gelegenheit des Festes aufs glänzendste erleuchte. Eine Menge Volks drängte sih um die Thüre. Man ließ uns in einen sehx großen Saal eintreten, der mit 2 Gallerieen umgeben war, welche ihn mit den übrigen Zimmern verbanden. Die eite dieser Gallerieen, etwas höher als die andere, war von den Frauen des Hauses eingenommen, welche, obgleich selbst un- sichtbar, doch alles schen fonnten, was ihren Jalousieen ge- genüber vorging. Der Saal war oben offen, doch bei diejer Gelegenheit, wie überhaupt bei allen Festlichkeiten, hatte man ihn mit einem rothen Zeuge überdeckt. Die Wohnungen der reichen Jndier sind alle auf diese Weise gebaut; der Vater, die Söhne, die Enkel, alle diese verschiedenen Familien woh- nen und leben zusammen, bis das Haus zu klein gefunden wird, um allen Raum zu geben, dann trenunén sie sich, wie dies bei den Patriarchen war, und bilden neue Familien.

Die Eleganz des Saales, die Schönheit der Säulen, welche die oberen Gallerien trugen, die große Zahl kristalle- ner Wandleuchter, welche ihn erhellten, stachen sehr gegen die Leere und Unreinlichkeit dec Zimmer ab, welche nicht für diese Gelegenheit eingerichtet waren; denn es war nicht ein- mal der von den Arbeitsleuten in den unteren Gallerien zu- rückgelassene Schutt fortgeschaffr worden, das Geländer der Treppe war an mehreren Orten zerbrochen, und ih mußte

mit vieler Vorsicht gehen, um die Haufen von Schmuz ; vermeiden. Als wir in den Saal eintraten, drangte m; sich um eine berühmte Sängerin, die Catalani des Orien sie hieß Viiki. Jhre Stimme war schr sanft, aber o

A110:

meine

großen Umfang. Sie sang Hindostanische Arien, von ein è i 0 \chlechten Orchester begleitet. Da das Gedränge sehr gr P) l c U î Ç Î d d f ¿ c i É U n Q.

war, so flohen wir in ein Zimmer, das nach | obern Gallerie hinging, und hörten dort eine Arie nach d andern bis zum Ueberdruß. Die Sängerin wurde nun dy

_

den Tanz erseßt, wenn man Verdrehungen der Arme, Bei des Kopfes und des ganzen - Körpers, ohne dabei auch vom Plaße zu gehen, so nennen kann. Es wurde eine Pi tomime aufgeführt, welche uns aber unverständlich blieb.

N¿ 300.

Allem herrschte der größte Anstand. Eine Posse endli schlecht verfaßt und schlecht aufgeführt, welche die Englisch Contre-Tänze lächerlich machen sollte, beschloß das Fest, das n sehr \schaal und aller Unterhaltung, außer der der Neuht beraubt erschienen war. Um uns eine größere Ehre zu ( zeigen, führte man uns in ein Zimmer, wo ein Abendess für eine fleine Anzahl ausgewählter Gäste bereitet war.

gen Mitternacht kehrten wir nah Hauje zurück, sehr er det und wenig aufgelegt, einem zweiten Feste“ dieser Art ( zuwohnen. Schon seit einiger Zeit waren mir Bikldnj aufgefallen, welche ih in den Straßen von Calcutta und dessen Umgebung bemerkt hatte. Sie stellten nämlich «i weibliche Gestalt, auf eine plumpe Weise ausgehauen, d welche auf dem Rücken eines Elephanten lag; auf dem Ke trug sie eine Pyramide oder einen Altar. Dies ist eine von Weihgeschenken, welche bei dem Tode reicher Judier der Nähe ihrer Häuser aufgerichtet werden, wo sie bleib bis sie in Stücken fallen. Diese Figuren sind von Hi doch die meisten der Jndischen Göbenbilder sind von Thi Sie gleichen, in Betreff der Arbeit und der Farbe, aber ni auch der Form, jenen schlechten Gyps - Abdrücken „' welche | Bewohner der Ufer des Comer-See nach England bring Zu einer gewissen Zeit des Jahres sieht man eine große Z von Kaufleuten , welche diese Bilder auf dem Kopf in d Straßen von Calcutta austragen, dann sind diese aber n nicht geweiht, das heißt noch nicht von den Braminen in F

Wellen des Ganges getaucht. Bis dahin sind sie noch nit

geheiligt, und man braucht sie als Zierde in den Häusq# oder giebt sie den Kindern als. Spielwerk; hat aber die C weihung statt gefunden, so würde man sie dazu nicht gebt chen fönnen, ohne das religiöse Gefühl der Jndier tief verleßen. (Fortsezung- folgt.)

Köntgliche Schausptel

Donnerstag, 6. Nov. Im Schauspielhause, zum ( stenmale wiederholt: Das Ritterwort, Lustspiel in 4 Abth lungen, von E. Raupach. Vorher: Die Vertrauten, L spiel in 2 Abtheilungen, in Versen, von A. Mällner.

Freitag, 7. Nov. Im Opernhause: Der Maurer.

Breiting: Leon , als zweite Debut -Rolle.) Hierauf: L Götenbild und der Tambour. (Mad. Desargus - Lemié den Tambour.) : Im Schauspielhause : Französische Vorstellung. Sonnabend, 8. Nov. Jn Potsdam, zum Erstenm Christinens Liebe und Entsagung, Drama in 2 Abtheilunz Hierauf: Solotanz, Und: Humoristische Studien.

Königsstädtsches Theater. Donnerstag, 6. Nov. Lenore.

-

Auswärtige Börsen.

VV ien, 31. Oct. 5pCt. Metall. 95. Bank - Actien 1084.

N a

London, 29. Oct.

und Buenos-Ayres garantiren.

Es sind Nachrichten aus Lissabon bis zum 17. Oct. eingelaufen. Der Geburtstag Dom Pedro's is daseibst n! panien mit vielem Prunk begangen ward.

Brasil. 644. Paris, 30. Oct. ZpCtige Rente 74 Fr. 5 Cent. , 5pCtige Rente 105 Fr. 20 Cent. Franffurt a. M., 2. Nov. Oesterr 52 Metallig. 945. Geld. Bank - Actien 1297.

gefeiert worden, wogegen der des Königs von Consols 867. 4. Russ. 935. Mexican. 332.

Partial - Obligationen 1232. Brief.

————-_——HE K E err

Gedruckt lei A. W. Hayn.

M4. Wo Hug M 0 | Die Nachricht von dem Falle Varna?'s ist hier angelangt. Der Courier theilt sie der Hamburger Bör fe n-Halle mit, will jedoch die Bestätigung derselben noch abwarten. 54

Dasselbe Blatt widerspricht der Angabe, als werde Großbritanien den Friedens - Tractat zwischen Brasil

Port. 56. Loose zu 109 Fl. 15

Amtliche Nachrichten. Kronik des Tages.

Se. Königliche Majestät haben den bei der Genceral- ommission zu Soldin angestellten Ober-Landesgerichts - As- ssor Lette zum Justiz-Rath zu ernennen, und das darüber isgefertigte Patent Allerhöchst Selbst zu vollziehen geruhet.

Der Justiz-Commissarius Marcus zu Halle im Ra-

nsbergschen ist zugleich zum Notarius im Departement des ber-Landes-Gerichts zu Paderborn bestellt worden. Der bisherige Advokat Franz Joseph Quadflieg n Anwald bei dem Landgerichte zu Aachen bestellt orden.

“Angekommen: Der Königlih Sächsische Conferenz- cinister, außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Mi- ster am Kaiserlich Oesterreichischen Hofe, Graf von der chulenburg-Closterode, von Wien.

Zeitungs-Nachrichten.

Ausland.

h Rufßland.

St. Petersburg, 28. Oct. Vorgestern, am Geburts- ite Jhrer Maj. der Kaiserin Mutter, sind Se. Maj. der iser, Vormittags in der zwölften Stunde, in vollklomme- m Wohlseyn, wieder in hiesiger Residenz eingetroffen.

Am Morgen des gedachten Tages war feierlicher Got- dienst in sämmtlichen Kirchen hieselbst, und von 11 bis Uhr wurden die in den Festungen Varna und Ardaghan dberten Türkischen Fahnen durch die: Hauptstraßen der tadt getragen. Abends war die Stadt erleuchtet.

Gestern wurden wegen der glücklichen Rückkehr unsers )abenen Monarchen, in der Casan-Cathedrale, in Gegen- rt Jhrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin Dank- dete gehalten. Die Mitglieder des Reichsrathes, die Mi- ster, die Senatoren, Generale, der-Hof, so wie das diplo- tische Corps wohnten der Feierlichkeit bei. Eine unge- ire Menschenmenge hatte sich nicht nur in der Kirche selbst, idern auch auf den anliegenden Pläßen und Straßen ver- imelt, Bei der Ankunft und Abfahrt von der Kirche wur-

A +9 a) Co n . e . z . - n hre Kaiserliche Majestäten mit freudigen Zurufungen

d wiederholtem Hurrah von der Volksmenge empfangen, lche sich glücklich fühlte, unsern geliebten Beherrscher wie-

M in unsern Mauern zu sehen.

Durch Ufas vom 21. Sept. 1801 waren alle Städte d Dörfer längs der Reichsgränze, vom Schwarzen Meere zum Baltischen, ‘auf einhundert Werste landeinwärts,

M1 der Recrutirung befreit, mit der Bewilligung, statt der

(erufen, ein Geld-Contingent zu liefern; da jedoch durch Vereinigung des Reiches Polen die Reichsgränze verän- f worden, so ist nah Inhalt eines Kaiserlichen Ufas an ! dirigirenden Senat, vom 15. (27.) vor. Mts. in Ueber- timmung mit der Meinung Sr. Kais. Hoheit des Zesarc- ih Allerhdcchst verordnet worden, die Kraft des Ukases lumen nicht auf die Bewohner der Gränze des Kaiser- en wo selbige an das Reich Polen stößt, auszudehnen, H unter ihnen die Recruten in natura zu erheben. : Am Sonnabend wurde die bronzirte Victoria enchúllt, auf dem mit sechs Rossen bespannten Triumphwagen im

N gesichte des Winter-Palastes über dem Bogen des Gene-

M tabhauses sich erhebt. Redacteur Joh n, Mitredacteur Cottef

e 4

Berlin, Freitag den 7e November.

A

1828.

Odessa, 22. Oct. Vor Jhrer Abreise von Varna ha- ben Se. Maj. der Kaiser an den Grafen Woronzow folgen- des Rescript erlassen: „Mein Herr General - Adjutant Graf Woronzow. Nachdem Jch Gott, der das gute Recht bc- \hüßt, und die Russischen Waffen mit neuem Erfolge ge- krönt hat, den schuldigen Zoll des Preises ünd Dankes dar- gebracht, wünsche Jch das Gedächtniß meines erlauchte Vor- fahren zu ehren, der unter den Mauern derselben Stadt Varna, elche wir erobert haben, Alles, Sieg und Leben, nur nicht die Ehre verlor. - Hier fiel, unter den Fahnen Christi fämpfend, der unerschrockene Sohn Jagellon's, Wladislaus, König von Polen. Der Ort, wo seine Gebeine ruhen, ist unbekannt; aber in der Hauptstadt Polen’s selbs will Jch sein Andenken auf eine seiner würdige Weise geheiligt sehen. Jch bestimme dazu zwölf Türkische Kanonen von denen, die wir in Varna erobert haben. Jch schenke dieselben der Stadr Warschau und übertrage Jhnen die Sorge, sie unverzüglich dorthin zu senden. Diese Kanonen sollen nach Anordnung Seiner Kaiserl. Hoheit des Cesarewitsch an einem passenden Orte, zu Ehren des Helden, der nicht mehr is, und zu Eh- ren der tapferen Russischen Krieger aufgestellt werden, deren Sieg seinen Tod gerächt hat. Jch vertraue Jhnen die Voll- ziehung meines Willens an und bin für immer Jhr wohl geneigter (gez.) Nicolas.

Die zum Denkmal des Königs Wladislaus. bestimmten Kanonen sind bereits ausgesucht worden, und werden mit nächstem nach Warfchan abgeschickt werden.

Der Königl. Dänische außerordentliche Gesandte, Graf von Blohm, ijt gestern Abend nah St. Pétersburg abge- gangen.

Reval, 18. Oct. Gestern zwischen 2 und 3 Uhr Nach- mittags erhob sich ein so heftiger Sturm, daß der Aufseher, welcher sich auf dem Wachtschifse vor dem neuen Kriegsha- fen befand, und die drohende Gefahr sah, um 9 Uhr Abends beschloß, diesen Posten einzuziehen und sich nach dem Han- delshafen zu begeben, wo er auch anlangte, nachdem seine Schaluppe das Steuerruder verloren hatte. Der Sturm verwandelte sich bald in einen Orkan ; das Wachtschiff wurde in der Nacht von den Wellen fortgerissen und nach dem Ufer von Ekatherinenthal getrieben, wo es auf eine Untiefe ge- rieth und zerborst. Man sieht davon nur noch den Mast- baum und einen Theil des Hintertheils, auf welchem man noch einige Menschen bemerkt. Die nöthigen Maaßregeln zu ihrer Rettung sind getroffen worden. Das Lübecksche Schiff ¿Anna Gertrude‘/ ist an die nämliche Küste geworfen wor- den; der Capitain und die Mannschaft retteten sich in einem fleinen Boote ans Ufer. Die in Riga angekommene Scha- luppe Mirnoi mußte während der Ueberfahrt den Mastbaum fkappen. Der Sturm wüthet noch immer mit derselben Hef- tigkeit fort. s

Nigia, 20.Het. Jn der: Nacht auf ‘den 218: d. M. erhob sich hier ein heftiger Nordwind, welcher noch deu hal- ben fommenden Tag währte. Mehrere Fahrzeuge, die im Norden der Stadtbrücke angelegt hatten, wurden von ihren Ankern losgerissen und gegeneinander geworfen, ein kleines Russisches mit Weizen beladenes Fahrzeug und vier Kurlän- dische Küstenfahrer sanken unter. Dasselbe Schicksal hatte das Englische Schif} Agnes, Capitain Lindsay, das weiter unten am Ufer lag, doch hofft_ man es noch zu retten; ein Preußisches Ballast führendes Schiff wurde ans Ufer ge- worfen. Im Bolder-Aa geriethen ünf Schiffe auf Untiefen, sind aber außer Gefahr. Das Englische Schiff „„Aliiance“‘, Capitain Elliot, das Holz lud, und das Schwedische Schiff „„Amphitrite“/ wurden an das Ufer von Dünamünde gewor- fen und gänzlich zerschellt, die Mannschaft des ersteren, aus 12 Mann bestehend, wurde gerettct; von den 16 Mann, die sich auf dem zweiten Fahrzeuge befanden, wurden nur 6 ge- rettet, die sich an einen Mast anklammerten; drei derselben

tgENII r FMEDN E B R pr D T I NEN B R T T