1828 / 307 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Fri, 14 Nov 1828 18:00:01 GMT) scan diff

Steuerpflichtigen selbst diejenigen wählen, welche in dieser Hinsicht cine Art von Tyrannei über fie ausüben. Die Wahl dieser Conseils durch die Gemeinen ist also ganz zu billigen, und es frägt sich nur noch, welche Bedingungen zur Theil- nahme an ‘diejen Wahlen berechtigen sollen. Die Ernennung der Munizipal-Conseils kann niht auf die Wähler der De- putirten beschränkt werden. Die Constitution von 1791 machte nur eine Klasse von Wählern, welche zugleich die Deputirten , die Justiz - Behörden , die Departemental- und Munizipal-Beamten, ja selbst die Bischöfe wählten. Zugleich war der Wahl- Census so niedrig gestelit , daß für den Ein- zelnen feine Unbilligkeit darin lag. Die Interessen der Ge- meinden sind von ganz anderer Art, als die des Staats, und ‘die Verfassung des ganzen Landes kann keine Aehnlith- feit mit der Verwaltung einer Gemeinde haben. Der Bürger fann, wenn er auch feine hundert Thaler an directen Steuern zahlt, bei der Verwaltung sciner Stadt doch sehr betheiligt seyn. Für die Wahl der Municipal-Räthe müssen aljo an- dere Notabilitäten gesucht werden, als für die rein politische Deputirten-Wahl. So können z. B. die Pfarrer, Nota- rien, Geschworne, die Ritter der Ehren -Legion und die des Ludwigs-Ordens, die Manufakturisten, Kaufleute, Lehrer an den Universitäten, bei der Wahl des Municipal - Conseils ebenso gut mitstimmen, als die am stärksten Besteuerten, denn sie haben dasselbe Interesse an einer guten städtischen Verwaltung, als die reichen Grundbesißer, ja vielleicht noch mehr, da sie ununterbrochen in der Stadt leben, während jene dfter reisen. Das neueste Geseß über die Jury beruht auf diesen Ansichten. Jn den Dorf-Gemeinden muß dage- gen der Einfluß der Grundbesißer fast ausschließlich vorherr- schen, denn hier fommen nicht so viele andere Juteressen mit ihren Rechten und Bedürfnissen in Conftict.

Nach Artaud. Des Canaux exécutés par le ‘ou- vernement depuis 1821 à 1822. Paris, 1828. 8.

Die Verwaltung der Brücken und Wege in Frankreich hatte in den Jahren 1821 und 1822 Anleihen eröffnet, welche bis zu dem sehr großen Betrage von 129,200,000 Fr. stie- gen, wogegen sie sich verpflichtet hatte ,. dem Publikum in verschiedenen Zeiträumen, deren weitester sih bis auf 1832 erstreckte, 2,153,268 Metres oder 538 Lieues an neuen Ka- nälen zu liefern. Es steht jeßt aber allgemein fest, daß auch nicht ein einziger von den 13 Anschlägen, auf welche die deshalb eingegangenen Verbindlichkeiten sih bezogen, bis zu dem Zeitpunkte, welchen die Administration selbst sich geseßt hatte, vollendet und ausgeführt werden wird, ja, was noch mehr is, der Termin, welcher für die Anschläge von 1821 bestimmt war, ist scit einem Jahre schon abgelaufen. Von einer andern Seite her hat der Minister des Junern in seinem Be- richt an den König vom leßtvergangenen 20. Mai in den Ent- würfen und Anschlägen noch einen Jrrthum von 47,910,000 Fr. angezeigt, dazu muß man noch die Summe von 19,720,000 Fr. rechnen, welche schon in die Budgets der Administration der Brücken und Wege für die Jahre von 1822 bis 1828 eingetragen sind; wo sich dann, bei Zusammenziehung aller dieser Summen, ergiebt, daß die fraglichen Kanäle dem Lande {hon eine Last von 197,820,000 Fr. aufgebürdet haben.

Hr. Artaud untersucht nun, worin jene auffallenden Rechnungs-Fehler liegen, und durch welche Mittel das große Deficit in Bezug auf. die Kanäle ausgefüllt werden könnte.

Die Antwort auf die erste Frage ist leiht. Jn den Sahren 1821, 1822, :1823 hatten der Minister des Jnuern und die Verwaltung der Brücken und Wege der Negierung und den Kammern, so wie den Gesellschaften dadurch zu: im- poniren gewußt, daß sie sagten: es sey nichts vernachlässigt worden, um mit Genauigkeit den Belauf der Kosten zu veran- chlagen, und daß diese Veranschlagungen nicht durch die Kosten würden übertroffen werden. Um wahrhaft genau zu seyn, hâtte man im Gegentheil sagen müssen, daß eigentüch gar

fein Anschlag gemacht worden sey. Hr. Artaud beweiß durch Auszüge aus den Berichten der Administratioy Brücken und Wege selbst; er zeigt, wie sür einen de näâle, welche für die nüßlihsten gehalten werden, füy der Loire nämlich, die Entwürfe noch nicht einmal vol, sind, nachdem man schon seit 6 Jahren angefangen hgt der Ausführung dieses Kanals zu arbeiten. Er vers ferner, daß man beim Beginnen der Arbeit, die Zah Schleusen, welche erforderlich seyn würden, nicht wußte man die Art der Arbeiten, welche die Natur und die dung des Terrains nothwendig. machen, nicht kannte, ser Kanal sollte, den Anschlägen zufolge, welche man 18) Kammern vorlegte, eine Lönge von 187,166 Mètres h und zwar nicht mehr und nicht weniger; dem YVy aber, welchen der Minister des Junern darüber voil zufolge, ist jeßt eine Ausdehnung von - 203,000 Metre forderlich geworden, so daß sich nur ein kleiner Jrrthun 4 Lieues in dem Projekte findet, welches man als vollf richtig den Kammern vorgelegt hatte.

Was für eine Sorgfalt man auch bei der Bere der Ausgaben und Kosten für ähnliche Unternehmungen a det, sie sind immer Rechnungsfehlern unterworfen, welch bei der Berücksichtigung der ganzen Abschäßung begeht, wenn man sie auf die unbestimmtesten Angaben hin nimmt, ohne irgend eine strenge Untersuchung, #o darf die Schuld davon nicht auf die Art der dabei vorfot den Arbeiten übertragen, denn man hat sie ja eben vorher úberlegt und berücksichtigt. Die Lasten, welch den Arbeiten an den Kanälen entspringen, werden inn 37 Jahren das Budget mit einer jährlichen Summ 11,737,300 Fr. beschweren. Jun dem laufenden Jahre werden {on 5,472,911 Fr. dafür bezahlt, und diesen geheuern Uebergewicht der Kosten für diesen Gegenstan! danft man, wenigstens zum größten Theil, die täglich ; mende Verschlechterung der Wege.

Um allem diesem gbzuhelfen, will nun Herr Artaut) die Ausführung dieser Arbeiten an einzelne Compa ausgethan würde, in deren eigenem Nußen und. Jui es láge, die Arbeiten in möglichster Vollkommenheit | stellen, indem sie, um ihre Ausgaben zu decken, auf da trag aller dieser Unternehmungen angewiesen würden.

Königliche Schauspiele.

Donnerstag, 13. Nov. Im Schauspielhause , zut stenmale wiederholt: Christinens Liebe und Entsagung, in 2 Abtheilungen, nach dem Französischen, von T. Hierauf: Der Kammerdiener, Posse in 4 Abtheilungen Leitershofen.

Königsstädtsches Theater.

Donnerstag, 13. Nov. Zum Erstenmale: Nichtchel Großonfel, Lustspiel in 1 Afr, nach dem Französischen Baron von Lichtenstein. Hierauf, zum Erstenmale: Di terbrochene Schwäßer , Lustspiel in 1 Aft, nach dem zösischen, von Contessa, Zum Beschluß, zum Ersten Der neue Gutsherr , komische Oper in 1 Aft, naÿ Französischen, von Castelli; Musik von Boyeldieu. den beiden ersten Stücken wird Hr. Huth, Mitglie Orchestéèrs des Königsstädtschen Theaters, ein Adagio Polonaise auf dem Violoncell vortragen.

Auswärtige Börsen.

Wien, 7. Nov.

'5pCt. Metallig. 95. Bank-Actien 108-4

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aris, 7. Nov. Der Moniteur macht abermals 14 Didcesen namhaft, in welchen die Verordnungen v0! )

Juni in Ausführung gekommen sind. Die Zahl der noch rückständigen Bischdfe beträgt sonach nur noch

etwa 19.

beiden Deputirten Herren Casimir Périer (vom Aube- Dept.) und Jacques Lefêbvre (pom Seine- Dept.) sind zu Ñi

der Ehren-Legion ernannt worden. Der Constitutionnel enthält ein Schreiben aus Lissabon vom 22sten v. M, Tras-os-Montes zwischen - einer Guerilla, unter Anführung des 20

1 Veri!

behaupter wird, es sey am 14ten in der Provinz

Serpa Pinto, und einem Linien-Regimente Dom Miguel's zu einem Gefechte gekommen, wobei Leßteres mit g g 3

Todten und Verwundeten in die Flucht geschlagen worden sey. (?)

Gestern {loß Z3pCtige Rente 74 Fr. 20 Cent. , 5pCtige ‘Rente 105 Fr. 40 Cent. Frankfurt a. M., 9. Nov. Oesterr 52 Metalliqg. 9475. Geld. Banf-Actien 1299.

Part. Oblig. 1232. L

P EETEE T I E E emer ——

Gedruckt kei A. W. Hayn.

Redacteur Foh n, Mitredacteur Co!

%

Paris, 7. Sé. Maj. im Minister-Rathe.

Allgemeine

jreußische Staats-Zeitung.

Berlin, Freitag

é 307.

Amtliche Nachrichten. Kronik des Tages. Berlin, den 13ten November. Durch einen, gestern aus St. Petersburg hier einge- renen Courier ist ‘die hôchs betrübende Nachricht von } daselbst am 5ten d. M. erfolgten Ableben Jhrer Maje- der Kaiserin Mutter eingegangen. Se... Majestät

König „und das ganze Königliche Haus sind- durch die-

unerwarteten - Verlust: in die. allergrößte Betrübniß ver- : worden. - '

Se. Majestät der- König haben. dem Schullehrer: Kuhlo Halstern, im. Regierurigs-Bezirk: Minden, das Allgemeine zeichen zweiter Klasse zu verleihen geruhet.

Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prin-

L Karl: von Preußen, sind von. Weimar hier. eiy-

offen. :

Jhre- Durchl. die Prinzen Wüilhelm- und Alexan-

zu Solms --Braunfels, sind von Dessau hier-ange- n.

Déer-Königliche Hof legt Freitag, den 1áten -d. M., die ler fúr- hre Majostät die Kaiserin Maria Feod0- a von Nußland auf 3-Wochen an: Berlín, den 12ten November 1828... h, von Buch, Ober-Ceremonién-Meister. Die Damen. erscheinen die erste: Woche. in schwarzen dern, schwarzen Kopfzeugen , Eventaillen und Hand- en, die’ zweite: Woche mit weißen Kopfzeugen, weißen itaillen und Handschuhen, die dritte Woche mit Kanten Blonden. Die Cavaliere, wenn sie: nicht Uniform tragen, erschei- in der ersten Woche mit angelaufenen- Degen- und ane in: den beiden leßten mit“ weißen Degen- und nallen.

Das 18te Stück ‘der: Geseßs-Sammlung, welches. heute gegeben wird, enthält-unter f. 1164. die: Verordnung Úber die einstweilige Fort- dauer-des Capitalien-Indults für die Credit - Systeme von Ost- und. West- Preußen; vom áten,- und die: Erklärung wegen ‘dev mit der Großherzogl. Meéckleuburg-Sehwerinschen : Regierung verabre- deten Maaßregeln ‘zur Vethütung der -Forst- Frevel in -den:-Gränzwaldutigeti; vom 5ten d. M: Berlin; den 14. Novembor 1828.

Debits-Comtoir.

t: 1165.

Dévr Justiz-Commissarius' Fetkoeter in aue ist zu- ch zum. Notarius im Departement des: Ober?Landesgerichts aderborn, bestellt worden.

Abgereist: Se. Erzbischöfliche Gnaden der Erzbischof Gnesen und Posen, Dr. von Wolicki, nah Pojen.

Zeitungs-Nachrichten.

Ausl a n d.

F L 0.0.1 6.4. Nov. Vorgestern nach der Messe präsidir-

_ Coutances, Clernront,

den 14e November.

1828.

Bei Gelegenheit des Namensfestes des Königs haben noch mehrere Ordens - Verleihungen statt gefunden. Der Rath Lasagni beim Cassations- Hofe hat das Commandeur- Kreuz, und der älteste Rath bei demselben Gerichtshofe, Hr. Lepoitevin, das Offizier - Kreuz der Ehren - Legion erhalten. Außerdem sind noch unter verschiedenen anderen Beamten 3 Offizier - und 18 Ritter-Kreuze desselben Ordens vertheilt worden. Der älteste Rath beim Cassations-Hofe, Hr. Bailly, und der erste Chirurgus Sr. Maj., Hr. Thevenot de Stk. Blaise, haben den Barons-Titel erhalten. /

Die Quotidienne ist mit den statt gefundenen Or- dens-Verleihungen gar nicht zufrieden: „Es ist mit Schmerz bemerkt worden,// sagt dieselbe „daß unter denen, die auf den Antrag des Ministers des öffentlichen Unterrichts Aus- zeichnungen und Belohnungen erhalten haben, sich Männer befinden, welche sich zu Grundsäßen bekennen, die mit denen eines monarchishen und christlichen Unterrichts völlig im Widerspruch stehen. Hieraus geht hinlänglich hervor, in welchem Sinne heutiges Tages der öffentliche Unterricht ge- leitet wird. Wenn man. die geistlichen Sc ulen schließt, #5 ist nichts natürlicher, als daß man die gottlosèn Professoren mit CEhrenbezeugungen überhäuft. Doch würde es klüger und politischer seyn, wenn man sich mindestens das Anusehn gehen wollte, als ob dié gegen die Príester verübten Ge- waltthätigkeiten niht gegen die Religion selbst gerichtet wä- ren, uyd zu diesem Behufe müßte man die Belohnungen für “diejenigen aufsparen, ‘welche. diese Religion ehren oder mindestens, achten (nämlich für die Jesuiten). Das Gegen- theil hiervon rechtfettigt“ in vollem aaße - die Besorgnisse aller Wohlgesinnten. Auch muß man \ich nicht wundern, daß so viele junge Leute auswandern, ‘um einen Zuüfluchts- ort in der Schweiz und in Spanien zu suchen. Jn Frei- burg giebt es deren schon. 400, und diejer Umstand allein ist eine große Anschuldigung gegen die Minister. Wenn wir indeß versucht wären , uns über. einen solchen Entschluß vie- ler- Familien in Frankreich zu betrüben, so würden wir dem- selben bald unsern Beifäll schenken müssen, wenn wir täg- lich sehen, wie Unter uns Grundsäße geheiligt werden, welche das Herz der christlichen Familien-Väter zerreißen und fie für die Zukunft ihrer Kinder zittern lassen müssen.‘ |

- Auch Herr von Barrande, Unter-Lehrer ‘des Herzogs von Bordeaux, hat das Kreuz der Ehren-Legion erhalten. Mit dieser Auszeichnung ist mindestens die Quotidienne zue frieden. Die Liste der Personen, die: auf den Antrag des Ministers des Jnnern Orden erhalten haben, is noch“ nicht bekannt Zemacht worden; man glaubt, daß. ste etwa 60 Na- men enthalte,

Es haben sich (wie bereits gestern gemeldet) abermals 14- Didcesen in die Verordnung vom 16..Junui gefügt, näm- lich die zu. Sêns, Angoulème, Angers, Bayeux, Châlons, Langres, le Mans, Meaux, Monk- pellier, Orleans, Saint-Brieux und Saint-Flour. Mittelst Verordnung vom 5ten d. M. haben Se. Maj. sowohl die Zahl der geistlichen Secundair -Schulen in diesen Diöceset, als die Gemeinden, worin sie. bestehen sollen, festgesest, auch durch eine zweite Verordnung von demselben Tage die vot den betreffenden Erzbischöfen und Bischdöfet getroffene Wahl der Süperiorén und Directoren jener Schulen bestätigt.

Die Obseguien des Marquis Dessolles haben vorgestern in der Kirche zur heiligen Valeria sgeraefytiten, Nath Be- endiguug [der religidsen Feier wurde der Leichuam nach dem Kirchhoze des Paters Lächaise pra Dié Zipfel des Lei- cheutüchs trugen der Marschall Graf Molitor, die Pairs, Marquis. von, Semönbikle und Graf Béliard, und der Ges neral-Lieutengns Mathicu Dumas. Als der Zug an der Gruft angelangt war, hielt dec General Lieutenant, Graf Sebastiani, folgeude Rede: „Noch wenige solcher Trauer- zúge, uud fast das ganze Geschlecht, dem dic großen Bege-