— Die außerordentliche Landesf\ynode erledigte der „D. 3.“ zufolge in ihrer gestrigen 7. Sizung bei Fortseßung der Berathung ves Verfassungsentwurfes dessen §8. 18 bis 31 unter Zugrundelegung des von dem Ausschusse vorgelegten Ent- wurfs. Die einzelnen Paragraphen wurden sämmtlich angenom- men. S. 18 handelt von der Wählbarkeit in die Gemeindever- tretung. Vorausseßungen hierzu sind außer den Bedin- gungen der Stimmfähigkeit: Zurücklegung des 30. Lebensjahres und ehrbarer Lebenswandel, \owie außerdem, nah einem angenommenen Amendement Schwabe, bewährter kirhliher Sinn; statt der leßteren Oualität wollte die Auss\{huß- majorität nur eine diesbezüglihe Erwartung ausgesprochen, die Aus\chußminorität dagegen Nichtfernhaltung vom öffentlichen Gottesdienst und heiligen Abendmahl aufgenommen haben; der 2. Theil des Paragraphen, wonah sowohl bezüglich des Ver- fahrens als bezüglih der Eigenschaft der Gewählten eine Prüfung von Amtswegen eintritt, wurde unverändert angenommen. §. 19 (über die Wahlordnung) wurde ohne Diskussion erledigt. §. 20 (ôöffentlihe Verkündigung, Verpflichtung, Beanstandung der Ge- wählten) wurde nach dem Antrage der Aus\hußmajorität angenom- men, während ein Zusaß der Aus\{hußminorität, der die Aufnahme einer bestimmten Gelöbnißformel bezweckte, abgeworfen wurde. Die 88. 21 (Wahl der Gemeindevertreter auf 6 Jahre, Aus\cheiden der Hälfte nah 3 Jahren), 22 (nachherige Wirkungslosigkeit der Wahl mit Hinwegfallen der Bedingungen der Wählbarkeit), 23 (Nachwahlen der Gemeindevertretung) und 24 (Auflösung der Gemeindevertretung dur den Ober-Kirchenrath) fanden unverän- dert Zustimmung. §. 26 wurde, insoweit er die Wahl der Kirchen- vorsteher und weltlichen Abgeordneten zur Diözesansynode fixirt, angenommen, insoweit er von den Qualitäten der Kirchenvorsteher spricht, als nicht hierher gehörig, gestrichen, insofern er endli die Mitwirkung der Gemeindevertretung bei Beseßung der Pfarr-
stellen ins Auge faßt, heute noh nicht berathen; diese leztere Be- .
rathung wurde bis zur Diskussion der Bestimmungen über die Pfarrbesezung vertagt. Die §8. 26 (Ausübung des Einspruchs gegen Kirchengeseße nah §. 3 durch die Gemeindevertretung), 27 (Festseßung von Gemeindestatuten dur die Gemeindevertretung), 28 (Gegenstände, bei denen die Gemeindevertretung den Be- {lü}sen des Kirchenvorstandes ihre Genehmigung ertheilen muß), 29 (Zusammentritt der Gemeindevertretung), 30 (Einladung der Mitglieder und Vorsißz) und 31 (Beschlüsse und Verhandlungen der Gemeindevertretung)- wurden theils unverändert, theils mit geringen Modifikationen angenommen.
Anhalt. Dessau, 20. September. Die Gesez-Samm- lung für das Herzogthum Anhalt veröffentliht eine Verord- nung der anhaltishen Regierung, Abtheilung des Innern und der Polizei, vom 12. d. M., betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Lokomobil-Dampfkesseln.
Elsaß - Lothringen. Straßburg, 20. September. Das Kaiserliche Festungs-Gouvernement Straßburg hat unterm 11. d. Mts. folgenden Erlaß an das Bezirksamt
Kork, betreffend die Stadt KehLk, gerichtet:
Dem Großher?oglichen Bezirksamt theilt das Gouvernement er- gebenst mit, daß, nachdem nah Benehmen mit dem Großh. badischen Staats-Ministerium das Königlich “preußishe Kricgs - Ministerium angeordnet hat, daß die Stadt Kehl dem Befehls- und Verwaltungs-
. bereiche des General-Kommändes des XV. Armee-Corps und des Festungs-Gouvernements Straßburg zutritt, nunmehr auch eine Re- gelung der militär-polizeilichen V rhältnisse in der Stadt Kehl noth- wendig wird. Das Gouvernement wind die in der hiesigcn Citadelle kasernirten Truppentheile mit der Wahrnehmung der militärischen olizei in Kehl beauft1agen und die Revision der von Militärs be- Pubis besuchten öffentlichen Lokalen an allen Sonntagen und Feier- tagen veranlassen. Das Großherzoglich badische Bezirksamt ersucht das Gouvernement, das Vürgermeisteramt Kchl hiervon in Keantniß seßen zu wollen und sehr gefälligst Sorge zu tragen, daß die in Kehl tlationirten Gensd’armen, fowie die städtischen Polizeibeamten an- gewiesen werden, den mit Wahrnehmung der militärischen Polizei be- auftragten Unteroffizieren 2c. hülfreih zur Hand zu gehen. Eine be- jondere Beurlaubung der nah der Stadt Kehl fich begebenden Mann- \chaften 2c. von Seiten der die Garnison Straßburg biidenden Trup- pentheile wird nunmehr nicht mehr eintreten, so daß damit auch die Ausgabe von befonders auf Stadt Kehl lautenden Urlaubskarten fortfällt. Der Gouverneur: Hartmann, General der Kavallerie.
Oesterreiw, - Ungarn. Wien, 20. September. Zur Revue, welche heute früh um halb 9 Uhr auf der Schmelz zu Ehren des Königs von Italien abgehalten wurde, waren die Truppen der Garnison von Wien, zusammen 33 Bataillone, 88 Geschüße, 12 Escadrons oder circa 11,700 Mann, unter Kommando des Feldzeugmeisters Baron Maroicic in fünf Treffen aufgestellt. Die niht mit der Truppe ausgerückten Generale, Stabs- und Ober-Offiziere erwarteten vor 8 Uhr die Ankunft Ihrer Majestäten nächst dem Schmelzer Friedhofe. Am Rendez- vous waren außerdem erschienen: Die Erzherzoge Karl Ludwig, Albrecht, Rainer und Leopold, der Erbgroßherzog von Oldenburg, der Botschafter des Veutschen Reiches General - Lieutenant von Echweinig und der italienishe Gesandte General-Lieutenant Graf Robilant, die Militärattaches der am Kaiscrlichen Hofe beglau- bigten Gesandtschaften und eine sehr bedeutende Anzahl fremder Offiziere. Präzise 81/4 Uhr kam der Kaiser, von dem äußerst zahlreih versammelten Publikum lebhaft begrüßt, in Begleitung der General-Adjutanten von Schönbrunn über die Schmelz ge- ritten. Se. Majestät trug die Marschalls-Uniform, die Colane und den Stern des Königlich italienischen Annunziaten-Ordens, welche Dekoration auch die übrigen Erzherzoge angelegt hatten. Punkt halb 9 Uhr fam der König von Italien in zweispän- nigem Hofwagen und wurde von dem Kaiser begrüßt. Der König von Italien trug das große Band des St -Stephans- Ordens. Beide Monarchen ritten dann — gefolgt von einer äußerst zahlreihen und glänzenden Suite — die Front der Trup- pen ab, deren Musikbanden die italienishe Hymne intonirten.
Ihre Majestäten kehrten dann zum Rendezvous-Playgze zurü, woselbst sich Allerhöchstdieselben verabschiedeten.
Der König von Italien bestieg den Wagen, um in die Hof- burg zu fahren, während der Kaiser nah Schönbrunn zurütritt.
Mittags begaben sich beide Majestäten nah Laxenburg, wo das Diner stattfand. Nach halb 5 Uhr bestiegen die Aller- hôchsten und höchsten Herrschaften die bereitstehenden zweispänni- gen Leibwagen, und die Pirutschade begann. Nach halbstündiger ‘Fahrt durch den Garten fuhren Ihre Majestäten sowie die Höchsten Herrschaften bei dem Landungsplaße des großen Teiches vor und bestiegen die bereitstehenden Gondeln, mit denen eine kleine Rundfahrt unternommen wurde. Nach Beendigung der Rund- gf auf dem Teiche wurden die Wagen wieder bestiegen und ie Fahrt nah dem Bahnhofe angetreten, von wo die Aller- höchsten und höchsten
Herrschaften nah der Residenz zurück- Fehrten.
— (Wien. 3.) Das Unwohlsein, von dem die Kaiserin bei Allerhöchstihrer Rückehr von Is\{chl befallen wurde, dauert bisher, jedoch ohne bedenklihe Erscheinungen, noch fort.
— 21. September, Abends 10 Uhr. Der König von Jtalien is vor einer halben Stunde, nachdem er sich vom Kaiser auf das Herzlichste verabschiedet hatte, nah Berlin abge- reist. Außer dem Kaiser waren bei der Abfahrt au die Erz- Herzoge und die Mitglieder des Staats - Ministeriums auf dem Nordwestbahnhofe erschienen; das zahlreich versammelte Publikum empfing den König mit \sympathishen Zurufen. Eine Compagnie vom Infanterie - Regiment Freiherr von Heß Nr. 49 gab den Ehrendienst.
Agram, 19. September. - In der heutigen Landtags- sizung unterbreitete der Finanz-Aus\huß seinen Beriht über die Fonds. Das Budgetgeseg pro 1873 wurde in dritter Le- sung angenommen, hierauf der Bericht über die Fonds und Fundationen verhandelt und gleihfalls genehmigt.
Der Landtag erledigte ferner Petitionen und nahm das Ge- seß über die Gleichberehtigung der Iuden- an.
Schweiz. Bern, 20. September. (W. T. B.) Von den, der ultramontanen Partei angehörigen Mitgliedern des Nationalraths Arnold von Uri, Roten von Wallis und Fischer von Luzern ist heute eine Interpellation an den Bundes- rath gerihtet in Betreff der von der Bèrner Regierung für den morgigen cidgenössishen Bettag erlassenen Proklamation, in welcher die Antragsteller, da dieselbe sih gegen die ultramontanen Bestrebungen ausspricht, eine Störung des konfessionellen Frie- dens erblicken.
Niederlande. Haag, 16. Septeinber. Gestern ift die Kammer vom König mit folgender Thronrede eröffnet:
„Meine Herren! Es freut Mich, auch dest wieder, bei der Er- öffnung Ihrer ordentlichen Session, günstige Mittheilungen hinsichtlich der Lage des Landes machen zu können. Während des Besuches, welchen Jh im Frühjahre den nördlichen Provinzen des Reiches ge- macht, begegnete Jh überall Beweisen der Woblfahrt und des Ge- deihens. Die kürzlih in Meiner Gegenwart eröffneten Hafenbauten von Vliessingen haben dem neuen Handel einen neuen W-g eröffnet, welcher weitere Entwickelung in Aussicht stellt. Jch lege Werth darauf, in Ihrer Mitte zu erklären, daß Ih im Süden, wie im Noëden des Landes durch die ganze Bevölkerung mit den wärmsten und aufrichtigsten Beweisen der Liebe und der Anhänglichkeit be- grüßt worden hin. Die in dem indischen Archipel entstandenen Verwielung-n veranlaßten Mich, einen desto größeren Werth auf die Beweise der Theilnahme und der Freundschaft zu legen, welche Ich fortwährend von sämmtlichen auswärtigen Mächten erbalten habe. Marine und Heer fahren fort, ihre Aufgabe treu zu erfüllen. Dcr öffentliche und der Privatunterriht bilden stets den Gegenstand Mei- ner warmen Theilnahme. Niederland hat seinen Ruf in Bezug auf Gewerbefleiß und Kunst auf der Wiener Weltausstellung, bei dem großen Kampf aller Nationen, ehrenvell bewährt. Die Nachrichten Qui der Bekämpfung der Seuche, von welcher der Viehständ eit Jahren heimgesucht wurde. lauten günstig. Troß der fich steigern- den Bedürfnisse des- gewöhnlihen Dienstes und der außerordentlichen Ausgaben, sowohl im Mutterland als in Indien, darf die Finanzlage des Landes eine günstige genannt werden. Nachdem die Kriegsope- rationen der Landungéarmee gegen Atschin zeitweilig eingestellt wor- den sind, werden die Küsten des genannten Reiches von der Marine mit günstigem Erfolg blokirt. Es sind und werden noch fort- während die nöthigen Maßregeln getroffen, damit der Kamyvf auf dem Lande energisch von Neuem aufgenommen werden kann. Ver- einzelte lokale Unordnungen etwa auégenommcn, wurde die Ruhe in unseren oftindischen Kolo :ien nicht gestört. Im Allgemeinen war aus dem ergiebigen Ertrag der Einfuhr- und Autgangszölle die Entwickelung des Handels und der Schiffahrt ersichtlih. Die Inter- essen des Gewerbefleisßzes wurdey mittelst neuer Bestimmungen hinsihtlich der Minen-Industrie gefördert. In einigen Gegenden, in welchen Mangel an Nahrungsmitteln entstanden war oder zu ent- stehen drohte, haben sowcht die Regierung als Privatpersonen der Be- völkerung kräftige Hülfe angedeihen lassen. Jnzwischen haben sich die Aussichten hinsichtlich der Nahrungsmittel-Ernte günstig gestaltet. Die Lage der westindishèn Kolonien ist eine befriedigende. Surinam Me die schwierigen Berhaltnisse, welchen für dieses Fahr. entgegengesehen wurde, glücklich überstanden. Dank der Erweiterung des Handels und der Schiffahrt erfreut sich Curaçao steigender Wohlfahrt. Mit dem Wunsche, daß Ihre Berathungen, unter dem Segen des Allerhöchsten, dem theuren Vaterlande zum Heile gereichen mögen, erkläre Jch die ordentlíce Sißung der Generalstaaten für eröffnet.“ '
— 20. September. (W. T. B.) Das Budget für 1874 weist an Ausgaben im Ordinarium 100 Mill. Gulden. auf, eine Summe, die diejenige früherer Jahre um 400,000 Gulden übersteigt. Die früheren Defizits find fast ganz gedeckt, Seit 1872 i das Ziel, die Ausgaben mit den im Ordinarium befindlichen Mitteln ins Gleichgewicht zu bringen, vollkommen erreicht. An Baarvorrath besinden sih in der Kasse 33 Millio- nen. Der Gesezentwurf ‘wegen der Münzreform soll \ofort zur Vorlage kommen. Das Marinebudget is um 11/7 Million ver- mehrt worden.
Belgien. Brüssel, 20. September. König und die Königin sind heute früh mit ihren Kindern inkognito nach Biarriß abgereist, wo dieselben einen drei- wöchentlichen Aufenthalt nehmen werden.
— Der „Etoile“ vom 19. d. M. meldet, daß der oberste Ge- richtshof die Verwaltungsräthe der Gesellschaft Langrand- Dumonceau, unter welcher sich mehrere Deputirte und Sena- toren befinden, vor das Zuhtpolizeigericht zurückverwiesen habe.
Frankreich. Paris, 18. September. Zu dem Prozeß gegen Bazaine sind im Ganzen 272 Belastungszeugen vor- geladen worden, 129 Militär- und 143 Civilpersonen, unter legteren 9 Frauen. Die Militärpersonen vertheilen sich folgender- maßen : 2 Marschälle, Canrobert und Leboeuf ; 17 Generale, unter welchen Bourbaki, de Ladmirault, Iarras, Coffinières de Nordeck, Lebrun, Soleille, Desvaux, Frossard, Changarnier, Palikao und Boyer; 12 Obersten, darunter d'Andlau, Stoffel, d'Absac, Merlin und Magnan; 12 Oberst-Lieutenants ; 20 Ma- jore; 23 Hauptleute; 3 Lieutenants ; 5 Unter-Lieutenants ; 3 Sol- daten; 1 Offizier von den Mobilen; 14 Intendanten, darunter Wolff, Uhrih, Léquineau de Préval, de Cevilly, Friant und Gayard; 3 Beamte des Kriegs-Ministeriums; 3 Seeleute und 1 Zögling der polytehnishen Schule. Unter den 143 Civil- personen befinden \sich 2 ‘Diplomaten, Leflô, Botschafter in St. Petersburg, und Tachard, während des Krieges französischer Gesandter in Brüssel; 1 Präfekt, 2 Unter-Piäfekten, 3 gericht- lihe Personen; 4 Polizei-Agenten; 30 Deputirte, ehemalige Beamte unter der Regierung der Nationalversammlung und Leute ohne Profession (unter diesen befinden sh die Deputirten Jules Favre, Gambetta und Cobier, Rameau, Maire von Ver- sailles, und Graf de Keratry, letzterer zuerst Pariser Polizei- Präfekt, dann General und unter Thiers Präfekt in Marseille).
— 20. Septeînber. (W. T. B.) Die legitimistishen Jour- nale erklären die Nachricht des „Temps“, daß der Deputirte und Führer der legitimistishen. Rechten de Larcy eine Adresse nah Frohsdorf überbraht habe, für unbegründet. . De
(W. T. B.) Der
gelegenes Landgut nit verlassen, auch sei gar keine Adresse an den Grafen von Chambord entworfen worden.
— Das Journal „La France“ will Bcrihte aus Wien er- halten haben, nah denen es ih bestätigt, daß die Bemühungen, den Grafen von Chambord zu einem Kompromiß über die Konstitution und zu Konzessionen in der Fahnen- frage zu bewegen, erfolglos geblieben sind. Der Graf von Chambord hätte neuerdings erklärt, daß sein Manifest vom Jahre 1871 als das einzige Programm, welches mit dem Gefühl \einer Würde und seinem Gewissen verträglich sei, betrahtet werden dürfe. — Geradezu im Gegensagze hiermit versichert der „Soir“, Graf Chambord gebe die befriedigendsten Erklärungen und sei bereit, sobald nur sein Erbrecht E AN anerkannt werde, alle
dem Allen verlautet gerüchtweise, Graf Chambord hätte durch- blicken lassen, daß er, sobald scine Rehte auf dén Thron aner- fannt und sobald die ihm zukommenden Huldigungen ihm in Versailles erwiesen worden, zu Gunsten des Grafen von Paris auf die Regierung verzihten werde.
— 21. September. (W. T. B.) Case (Republikaner) ist in Guadeloupe mit 3900 Stimmen zum Deputirten ge- wählt worden. Der Gegenkandidat Cafsagnac erhielt 2500 Stimmen.
— „Bien public“ fordert den Präsidenten der Republik auf, die Nationalversammlung shleunig einzuberufen.
— Die legitimistischen Iournale erklären die ungün- stigen Nachrichten über die in Frohsdorf gethanen Schritte für unbegründet. i
Spanieu. Madrid, 20. September. (W. T. B.) Car- listishe Banden aus Biscaya und Guipuzcoa haben gestern Tolosa angegriffen, find aber mit großen Verlusten zurückge- {lagen worden.
— 21. September. (W. T. B.) Die Sigzungen der Cortes find gestern vertagt worden.
— Regierungsnachrichten melden: Der General Loma hätte noch für lange Zeit Lebensmittel in Tolosa. Die Insur- genten in Carthagena versuchten einen Ausfall, wurden aber zurückgcshlagen. Dem Vernehmen nach haben die Insurgenten- schiffe den Hafen von Carthagena verlassen, sind nah Alicante gekommen und drohten, ein Bombardement auf die Stadt zu er- öffnen. Die auswärtigen Konsuln legten dagegen Protest ein und der Ober-Befehlshaber des britishen Geshwaders verlangte einen dreitägigen Aufshub, um die nöthigen Instruktionen von seiner Regierung zu erhalten.
— (W. T. B.) Das Anerbieten Garibaldi's, der Re- gierung zur Bekämpfung der Carlisten seinen Beistand zu ‘leis hen, ist, dem Vernehmen nah, von Caftelar mit der Exklärung abgelehnt, daß er im Vertrauen auf die spanishe Armee und das Volk sih den Gefahren der gegenivärtigen Situation für hin- länglih gewachsen halte.
— Die Deputirten, welhe gegen die Vertagung der Cortes gestimmt haben, wollen ein Manifest zur Rechtfertigung ihrer Haltung erlassen.
— Die Nachricht, daß Cabrera nah Spanien zurückgekehrt ist, ist unbegründet. :
— Vor Alicante ift gestern auch die italienische Fregatte „San Martino“ eingetroffen.
Portugal. Lissabon, 21. September. (W. T. B.) Heute ist die Subskription auf die Nationalanleihe zum Betrage von 38,000 Kontos Reis eröffnet worden, welche zur Konsolidirung der \{chwebenden Schuld uerwandt werden sollen. Dieselbe wird zum Course von 43: emittirt werden.
Italien. Rom, 20. September. (W. T: B) Zur Feier des Jahrestags der Beseßung Roms durch die ei a Truppen fanden zahlreiche öffentlihe Kundgebun- gen statt.
— Der „Opinione“ zufolge sind von den religiösen Körper- schaften bei der mit der Liquidirung der Kirchengüter beauftragten Kommission über 60 Anmeldungen eingegangen.
Türkei. Konstantinopel, 21. September... (W. T. B.) Die Verhandlungen über den Abschluß eines neuen Friedens- undFreundschaftsvertrages zwischen derTürkei und Persien nehmen einen guten Fortgang und darf schon im Laufe der künftigen Woche der Unterzeihnung des Vertrages entgegengesehen werden.
Nufßland und Polen. St. Petersburg, 21. Sep- tember. (W. T. B.) Die von mehreren Zeitungen ge- brachte Nachricht, daß der Kaiser auf der Reise nach Livadia auf der Eisenbahnstree zwishen Moskau und Kiew nur mit knapper Noth einer Gefahr entgangen sei, indem mehrere Schienen von den Schwellen losgelöst worden und dies erst kurz vor der Ankunft des Separatpostzuges bemerkt und der Schaden sofort beseitigt worden fei, entbehrt nah eingezogenen zuverlässigen Erhebungen jeder Begcündung.
— Nach hier eingegangenen Nachrichten cus Chiwa hat der General Kauffmann bei der vollständigen Ruhe, die jetzt unter den dortigen Turkomanen herrscht, den Rückzug des Drenburg- und Mangyschlak-Detachements angeordnet. Leßteres sollte am 15. September n. St. in Kinderli eintreffen, während das Orenburg-Detachement am 8. Oktober n. St. in der Festung Emba erwartet wird.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 17. September. Die Staatsdepartements haben am 13. d. M. an die sämmtlihen Vorstände und Beamten-Kollegien Schrei- ben erlassen, in denen die Departements-Chefs unter Anfüh- rung, da die in der lezten Zeit so sehr gesteigerten Preise für alle Lebensbedürfnisse eine allgemeinere Verbesserung der Besol- dungen der Beamten des Staates nothwendig zu machen \chei- nen, sei es dur eine ordentlihe und feste Erhöhun derselben oder dur eine zufällige, den jezigen Preisen cntiépalts Zulage, und da die Frage niht nur den Betrag und die Beschaffenheit der Gehaltsverbesserung, sondern auch die Zeit betrifft, in wel- her dieselbe wo mögli gleichzeitig für alle Beamten eintreten muß, aufgefordert werden, vor dem Ende des November mit Vorschlägen in Betreff dieser Angelegenheit ecinzukommen, welche sich auf die zu jedem Vorstande und Kollegium gehörenden Be- amten beziehen. Zugleich find die Kollegien aufgefordert wor- den, mit der Angabe einzukommen, ob einige in denselben an- gestellte Beamte auch noh in-anderen Kollegien Anstellung haben, und ob mehrere Aemter \sich ohne Nachtheil mit einander ver- einigen lassen und darüber Vorschläge einzureichen.
— Eine Delegation der Staatsrevisoren, bestehend aus fünf Mitgliedern derselben, is mittels Dampfschiffs nah Karlskrona gereist, um an Ort und Stelle verschiedene, die Seevertheidigung betreffende Fragen zu erörtern.
— In allen Län sind jegt zur Berathung über die innern
Larcy habe ‘das Departement Gard und sein daselbsi bei Allais
Angelegenheiten jedes Län die alljährlihen Landesthinge zusammengetreten.
für nothwendig erachteten Zugeständnisse zu machen. — Neben
— Die Berichte der Gesandtshaften und Kon- sulate über den Verkehr Shwedens und Norwegens mit dem Auslande im Jahre 1872 sind jeßt gedruckt und werden von dem Departement des Auswärtigen vertheilt.
Dänemark. Kopenhagen, 18. September. Der König wird in nächster Woche wieder hier zurückerwartet, ohne Mien und die dortige Weltausstellung zu besuchen. Auf der Rückreise von Rumpenheim wird der König, wie man hört, nirgends verweilen und in Lübeck sofort an Bord des Dampf- ciffes „Slesvig“ gehen, welches bereits dorthin beordert ist.
— Der Kronprinz hielt gestern Staatsrath in seinem
alais auf Amalienburg und machte darauf unter Salut von der Batterie „Sextus'! einen Besuh auf dem auf der inneren Rhede liegenden Panzergeshwader, welche verschiedene Evolu- tionen im Sunde ausführte.
Amerika. New-York, . 21. September. (W. T. B.) Präsident Grant und Schaßsekretär Richardson sind ¡jer eingetroffen und mit eingehender Prüfung der Vorschläge
J beschäftigt, welhe von van der Bilt und anderen größeren Ban-
quiers “ib Finanzkapazitäten zur Erleichterung der Lage gemacht orden sind.
h — „Reuters Bureau“ meldet weiter aus New-York vom 21. d. Mts., Abends: Gutem Vernehmen nach hat Präsident Grant den ihm gemahten Vorschlag, von den 44 Millionen Reserve- noten den Betrag von 30 Millionen zur Ausgabe gelangen zu lassen, abgelehnt, cbenso auch das Anerbieten van der Bilts, daß er mit Unterstüßung der Regierung den Bankhäusern zu Hülfe fommen wolle. Schaßsekretär Richardson will dagegen morgen für weitere 30 Millionen Dollars 5/zger Bonds anfaufen lassen. — 22. September. (W. T. B.) Die Regierung hat, wie offiziell gemeldet wird, den Ankauf eines unbeschränkten Betrags von °/9ger Bonds zum Paricourse gegen Gold beschlossen.
Asien. Die britishe Admiralität hat von dem Kapitän der „Thalia“ in Singapore folgendes Telegramm erhalten: „Ein Telegramm aus Penang meldet, daß Ihrer Majestät Schiff „Midge“ von Piraten angegriffen wurde. Die Unter-Lieute- nants Creßrwell ‘und Lindesay ‘wurden gefährlih verivundet. Details fehlen. Die „Thalia“ segelt direkt nah Penang ab.“
Afrika. Der rômishe „Diritto® veröffentliht einen Be- richt aus Aden, nah welchem ägyptischerseits Berbera (am arabischen Meerbusen) beseßi worden if}. Die britishen Behörden in Aden hätten zur Beobachtung ein Kriegs\chiff} nah Berbera gesandt und zugleich in Bombay weitere Instruktionen für \ih erbeten,
— Der „Times“ gehen Mittheilungen aus Freetown vom 2. d M. zu, nach welchen in Folge der am Flusse Pray von den Engländern erlittenen Niederlage ein allgemeiner A uf- stand an der ganzen Goldküste ausgebrochen is. Oestlich von Elmina haben fast alle Stämme den Aschantis ihre Unter- werfung erklärt. Die Kriegsschiffe „Bar1acouta“ und „Argus“, welhe ausgelaufen waren, um Tacoroady und die zwischen leßterem Drte und Channah belegenen Ortschaften zu beschießen, wurden genöthigt, die von ihnen gelandeten Mannschaften, welche überfallen wurden, wieder zurückzuziehen.
Australien. Wie ein Telegramm des „Reutershen Bu- reaus“ aus Melbourne vom 17. ds. meldet, sind die wegen Menschenraubes zu 15 Jahren Einsperrung verurtheilten See- leute der britischen Brigg „Carl“ aus dem Grunde, daß fie ohne Autorität des Staatssekretärs für ihre Festnahme geschwidrig in Gewahrsam gehalten wurden, durch einen Habeas corpus-Befehl
F auf freien Fuß geseßt worden.
— Der König der Sandwichsinseln is einem New- Yorker Telegramm zufolge bedenklih erkrankt.
Nr. 66 des „Amtsblatts der Deutschen Reichs- Postverwaltung“ hat folgenden Inhalt: General- Verfügung vom 17, September 1873: Ausführung des am 25. Mai 1873 mit Schwe- den abgeshlossenen I1, Additional-Vertrages. Vom 18. September: Rechtzeitize Bestellung der über Cöln zu beziehenden ausländischen Zeitungen. Vom 15. September: Benußung der Eisenbahnstrecken Mekkirch-Mengen, Krauchenwies-Sigmaringen und Schwatenreuthe- Pfullendorf.
Kun} und Wissenschaft. —
Breslau. In der Sißung des Vereins für Geschichte und Alterthum Schlesiens am 3. September erörterte Staats- archivar Professor Dr. Grünhagen die Frage, ob die Vertreibung Herzogs Wladizilaw IT. von Polen in Jahre 1146 mit der Bk ndung des Grafen Peter Wlast in cinem ursächlihen Zusammenhange stehe, und suchte nachzuweisen, daß die Angaben der von Mosbach edirten chronica Petri wobl Glauben verdienten, da dieselbe, wenngleich erst im Anfange des 16. Jahchunderts geschrieben, doch die Thatfachen, welche sie vorbringe, einer uns zwar nicht mehr erhaltenen, aber sonst mehrfah crwähnten Quelle des X11, Jahrhunderts entlehnt habe. nd gerade in dem Punkte, wo die traditionelle Auffassung dieser Quelle am Meisten widerspreche, geben bei näherem Zujehen auch die alteren Qu ll.n, wie Vincenz Kadlubek und Boguphal (resp. Godyslaw) mehr der Letzteren Recht, und es stelle sich heraus, daß nicht, wie man gewöhnlih annimmt, Wladizslaw bei seinem Vorgehen gegen die Brüder einen Widerstand g:funden habe, der ihm den Thron g-fostet, sondern derselbe habe vollständig obgefieg*. .
„Stade, 17. August. Verein für Geschibte und Alter- thümer. Sn der gestrigen Sihung des Vereins - Aussbusses be- tihtete der Schriftführer Direktor Gude, daß die von dem Kunst- fenner und Schriftsteller Hermann Allmers ti l einem kunstgeschichtlichen Texte begleiteten photographischen Abbil- dungen des Altenbrucher Altarschreins endlich yergeîtellt seien und demnächst in einem sauber gearbeiteten Hefte den 72 verbundenen deutschen und außerdeutshen Vereinen, sowie mehreren Behörden und namhaften Kunstkennern zugestellt werden würden. Die Ver- einêmitglieder könnten aus finanziellen Gründen indeß nur den eine Beschreibung des Kunstwerks und eine G schichte, der Holzschni- îmst enthaltenen Text erhalten, doh sci der Ausschuß in der Lage, ihnen die Bilder zu einem ermäßigten Preise ablassen zu können. — Des Weitern brachte er zur Anzeige, „daß dem Vereine vom Undeêdireftorio für das laufende Jahr wieder eine Beihülfe von 150 Thlr. bewilligt worden sei. +— Unter den sodann von dem Shriftführer vorgelegten, \-it der leßten Sißung erfolgten Ein- gangen befanden sich: 1) Sißungsberichte der gelehrten estnischen Gesellschaft zu Dorpat; 2) Schriften der historischen Vereine zu Lraß, zu Greifewa'd , zu Halle, zu Leipzig, zu Magdeburg, zu Kiel; 3) Sigßungsberichte der historisch - statistischen Sektion der Getellschaft für Landeskunde zu Brünn und der K. K. böhmischen Gesellichaft der Wissenschaften zu Prag; 4) Publikationen der hi- stori chen Scktion de4 Instituts zu Luxemburg und der Gesellschaft ur Geschichte und Alterthumekunde zu Leeuwarden. — Es erfolgte dann die Vorlage cines neuen Katalogs der Vereinsbibliothek; die crathung eines Regulativs, betreffend die Venußung der Bibl'o- ae mußte indeß wegen Abwesenheit des Antragstellers ausgeseßt
en
An Geschenken waren eingegangen und wurden vorgelegt: ein amburger Dopp-lspecies aus dem 16. Jahrhundert mit der Um- brist: Si deus Pro nobis, quis coñtra nos, Yerbum domini
zu Rechtenfleth mit
manet in aeternum; ein Braunschw. Lüneb. 1!/, Speciesthaler mit der Umschrift: pietate et justitia, 1695; eine Denkmünze auf die Belagerung Gibraltars, 13. September 17è2; ein dämsches 2/z Speciesftück 1655; eine Hamburger Denkmünze auf die Reaktivi- rung des alten Raths 1708; eine römishe Bronzemünze vom Kaiser Hadrian und verschiedene andere alte interessante Münzen. An Driginalurkunden auf Pergament waren eingesandt: Notarielle Protestation der Stadt Hamburg gegen die Löschung englischer Schiffe vor der Schwiege 1605; Franziskus Grambecks, Dompropstes zu Bremen, Collektionsbrief in Betreff der Vicarie zu Geversdorf. Außerdem wurden noch vorgelegt: 3 Wappen aus der Skt. Wilhadi-Kicche, eine eiserne alte Wallbüchse und zwei alte Ritter- \poren aus der Familie von Zesterfleth. — Von dem Buche: „Die nordfriesischen Inseln vormals und jeßt, eine Skizze des Landes und seiner Bewchner* von G. Weigelt, ist (im Verlage von Otto Meißner in Hamburg 1873) die zweite umgearbeitete Auflage erschienen. Der Vertafser beschreibt zunächst die nordfriefishen Inseln Föhr, Sylt, Amrum, die Hallin- gen u. f. w. auch unter Berücksichtigung alles dessen, was für den Fremden, insonderheit den Badegast Jater.- se hat. Nachdem der Ver- fasser den Leser so über die gegenwärtige Beschaffenheit der Jnseln vollständig orientict hat, rekonstruirt er die nordfriesishen Utlande, wie sie vor ihrer Zertrümmerung durch die Sturmfluthen gewesen sind, und schildert dann die Verheerungen, durh welche das Ütland unter Vernichtung zahlreicher Dörfer seine gegenwärtige zerrissene Jnsel- gestalt erhalten hat. Das 6. Kapitel ist der Geschichte und Charakteristik der Friesen gewidmet. Im _ Kapitel erörtert der Verfasser die Ursache der Umwandlung des nordfriefischen Utlandes, die Fluth und Ebbe, di: er als Schwingungserscheinungen der Wasser- fläche, von der Südsee ausgehend, nachweist. Außer einer Karte der Insel Föhr ist dem Buche auch eine solche vom nordfriesishen Utlande beigegeben, auf welcher die Gestaltung der Festlandsfüste und der Inseln um das Jahr 1240, sowie die Veränderungen, welche seitdem eingetreten, dur verschiedene Farben ersichtlih und auf welcher noch alle Dôrfer verzeichnet, die seir dem 17. Jahrhundert im Weltenmeer vershwunden sind. Die vorstehende kurze Mittheilung über den rei- chen Inhalt des Buchs zeigt, daß es nicht für den gewöhnlichen Tou- risten geschrieben ist, fondern für den Gebildeten, der in den Ins ln noch die Ueberreste eines großen fruhtbaren Landes erblickt und dessen eigenthümliche Gestaltung, sowie die Charafteristif seiner Bewohner aus der Vergangenheit und an der Hand der Wissenschaft verstehen lernen will. 4 8 Z
— Die Nr. 76 der Wissenschaftlihen Beilage der Leip- ziger Zeitung vom 21. September hat folgenden Jahalt: Zur Bevölk-rurgófrage mit Rücksicht auf Sachsea. — Besprechungea und Rezenfionen. ; :
Paris, 21. September. (W. T. B.) Der frühere Leibarzt tapoleons IIT, Dr. Nelaton, ist heute gestorben.
Florenz, 20. September. Der Direktor des hiesigen astrono- mischen Observatoriums, Prof. Donata, ist heute Nach: an der Cholera verstorben.
ü Landwirthschaft.
Wien, 20. September. Der internationale Kongreß der Land- und Forstwirthe wurde gestern um 10 Uhr Vormittags im Saale des Jurypavillons auf dem Weltauestellungsplaße durch den Ackerbau-Minister Ritter" v. Chlumeßfy eröffnet. Anwesend waren ca. dreihundert Theilnehmer, darunter die hervorragendsten Mitglieder des ôsterreichishen Großgrundbesißes, sowie ¿7hlreihe Vertreter der land- und forstwirthschaftlihen Hochshulen sämmtlicher Länder Curopas. In der Eröffnungérede betonte der Ackerbau-Minister die Genugthuung, die es ihm gewähre, daß so viele hervorragende Land- und ForstwirtZe feiner Einladung Folge geleistet haben und daß der Kongreß auch von Seite der auswärtigen Regierungen die wärmste Unterstüßung gefunden habe. Hierauf gedachte derj lbe der Aufgaben, mit denen sich der Kongreß zu befassen haben werde und fügte dem Wunsche bei, daß es den vereinten Bemühungen gelin- gen möge, d s vorgesteckte Ziel zu erreichen. Zum Schlusse widmete der Min ster dem verstorbenen Chrenpräsidenten Freihertn von Liebig einen ehrendena Nachruf, welchem die Versammlung durch Erheben von den Sißen ihre Zustimmung fkundgab. Nach Nittveilung des (inlaufes begann der Kong:eß mit der Erlcdigung ter Tagesordnung, deren erster Gegenstand die Frage über den Schuß der für die Boden- kultur nüßlihen Bogelarten bildete. Rücksichtlich. dieses Gegenstandes nahm der Kongreß beut folgenden Antrag an: g :
„Der internationale Kongreß der Land- und Forstwirthe bes{licßt : Die Kaiserlich König.iche österreichische Regieruug ist zu ersuchen, den Schuß der für die Bodenkultur nüßlichen Vögel durch internationale Vertrage mit allen europäischen Staaten unter Zugrundelegung der folgenden Bestimmungen zu sichern: 1) Der Fang und das Tôdten der Jniekten fressenden Vögel sind unbedingt verboten. 2) Es ist wün- shenswerth, daß ein spezielles Verzeichniß der zu schonenden Vögel dur eine internationale Kommission von Sachverst :ndigen auêgear- beitet w-rde. 3) Der Fang der größtentheils Köcner fcessenden Vögel ist außer der vom 1. März bis 15. September währenden Schonzeit ge- stattet. 4) Der Vogelfang mit Schlingen und Fallen irgend einer Art, ebenso wie mit Leim ist gänzlich verboten. 5) Das Ausnehmen der Eier un» Jungen, fcwie das zerstören der Nestec aller Vögel, ausgenommen jener der s\chädlichen, sind verboten; das Zusammenstellen eines Ver- zeicbniffses dieser shädlihen Vögel soll ebenfalls durch obengenannte Kommission erfolgen. 6) Das Feilbieten von lebenden oder todten Insekten fressenden Vögeln ift jederzeit verboten, ebenso wie der Ver- kauf der übrigez Arten von Vögeln während der Schonzeit; das Ver- bot beziebt fich auch auf den Verkauf von Nestern der erwähnten Vögel. 7) Auësnahmen von vorstehenden Bestimmungen können jeder- zeit zu rein wissenschaftlichen Zwecken zugestanden werden.“
Sodann begann die Disku1sion Über den zweiten Gegenftand der Tagesordnung: „Ueber welche Abschnitte und Erhebangemethoden der land- und forstwirthihaftlihen Statistik empfiehlt fih eine inter- nationale Vereinbarung, um vergleichbare Resultate zu erlangen ?* Die g:faß!en Beschlüsse werden der Versammlung am Montag formulirt zur Aktstimmung vorgelegt werden.
London, 18. September. Nach einem von dem statistischen und fommerziellen Departement des Handelsamtes veröffentlichten offiziellen Ausweise waren in 1873 in Großbritannien 3,490,392 -Acres mit Weizen, 2,336,020 mit Gerste, 2,676,234 mit Hafer, 514,693 mit Kartoffeln und 63,253 mit Hopfen bestellt. Jm Vergleich mit 1572 hat sich die Acreszahl bei Gerste und Hopfen vergrößert, bei Weizen, Hafer und Kartoffeln verringert. Der gesammte Vieh- stand auf demselben Flächenraum belief sich am 25. Juni auf 5,964,549 Stü Hornvieh, 29,427,635 Schafe und 2,500,2"9 Schweine, was gegen 1872 einen Zuwachs an Hornvieh und Schafen, aber eine Abnahme von Schweinen ergiebt.
Gewerbe und Sandel. :
Im Bezirk der Handelskammer zu Sorau waren nah dem Jahresbericht der dortigen Handelstammer im Jahre 1872 14 Braunkohlengruben im Betri: be, die 1,459,562 Hektol. Braunkohlen im Werthe von 104,240 Thlr. produzirten, 264,962 Hektol und 17,240 Thlr. mchr als im Jahre 1871. Auf circa 520 Hand- und circa 130 mechanischen Webestühlen wurden circa 60,000 Stück Tuche gefertigt, wozu circa 20,000 Centner diverse Wollen im Betrage von circa 1,300,000 Tblr. gebraucht wurden, wongach sich der Gesammt- umsaß der ganzen Tuch-Manufaktur in der Stadt Sorau auf mehr als 2 Millionen Thalern beziffert. Das Leinengeschäft war im Jahre 1872 im Ganzen zufriedenstell-nd, “Die Zahl der Handwebestühle, weiche für Fabrikanten des Sourauer Handelskammer-Bezirks arb.iten, fann auf 10,000 geschäßt werden. Jn der Stadt Sorau selbst waren am Jahresschluß 15872 372 Handwebestühie bei einer An,al l kleiner Meister, welche im Lohnverhältaiß zu dortigen Fabrikanten stehen; 24 Handweb«stühle in einer Fabrikanlage, welche ihrer Vergi ößerung entgegengeht; 145 mechanische Webestühle in zwei Etablissements thätig. Der größte Theil diejer Webestühle arbeitete Damast-
gedede uud Damastdecken mit. Franzen, lehtere iu weiß und
* brik feuerfester Produkte,
in verschiedenen Farben, zum fleineren Theil Bettdrilliche. Zu den Dämpfgetreidemühlen find im Jahre 1872 zwei neue hinzu- gekommen. Vie Zahl der Kartoffelstärkefabriken ist auf 5 gestiegen, die 6000 Ctr. produziren. Die 43 Brauereien des Bazirks haben im Jahr 1872 10,240 Thlr. Braumalzsteuecr bezahlt, 1412 Thlr. mehr als in 1871, Die Brennereien entrichteten 33,186 Thlr. Steuer, 6921 Thlr. wenig.r als im Vorjahre. Die beiten Knopffabriken in Sorau arbeiten auf 50 Drehbänken und fabrizirten in 1872 ca. 29,000 Groß Steinnuß- und ca. 30,000 Groß Perlmutterknöpfe. Die in Sorau domizilirende Preßspähne- und Pappenfabxik beschäftigt ca. 40 Arbeiter, arbeitet mit 3 Poiudern und 6 Glättmaschinen und fertigte im J. 1872 ca. 2400—3000 Ctr. fertige Preßspähne, Jaquard- pappen, Brandpappen u. st w. Jn der stödtiïhen Gasanstalt zu Sorau wurden im Jahre 1872 im Ganzen produzirt 11,603,000 Cbf. Die Produftion steigerte sih gegen das Vorjahr um 1,304,857 Cbf. Ein Geschäft bemalt s{lesisches weißes Porzellan, - im Jahre 1872 15,000 Dußend Stück. Die Fabrik fonnte der Nachfrage kaum ge- nügen. Die 3 Eisengießereien des Bezirks haben ihren Geschäftsbetrieb und Absaßkreis erweitert. Cigarren werden in 9 Fabrifen durch ca. Latte angefertigt, die im Jahre 1872 ca. 3 Millionen Stück fabrizirten.
— In Duisburg existirten nah dem Bericht der dortigen Han- delêkammer Ende 1872 folgende wichtigere Produktionsgeschäfte : 9 Tabaksfabrifen, 1 Zuckerfabrik, 7 chemische Fabriken, 2 Gas- fabrifen, 2 Baumwoll)pinnereien, 1 mechanische Baumwollweberei, 4 Seife- und Lichterfabriken, 3 Gerbereien, 6 Dampfsägewerke, 1 Stärkefabrik, 2 Dampfmühlen, 19 Brauereien, 5 Destillcrien, 2 Brennereien, 3 Eisenhütten mit 12 Hohöfen, wovon am Schlusse des Jahres 8 im Betriebe, 4 Eisenwalzwerke, 2 Maschinen-Fabriken, 2 mechanische Werkstätten, 2 Eise1:gießereien, 3 Gelbgicßereien, 1 F :- 1 Gußstahlwerk, 1 Brückenbau-Anstalt, 1 Asphaltier-Fabrik, 4 Buchdruckereien, 4 Steindruckereien, 3 Apo- thefen, 2 Kesselshmieden, 4 Schiffswerfte, 2 Drahtwebereien. An Dampfkesseln (stehenden) waren am Schlusse des vorigen ‘ Jahres 190 Stück im Betriebe gegen 164 im Jahre 1871. 4 In dcr Eisenbranche wurden im Jahre 1872 fabrizirt: Roheisen in Gängen und Masseln 1,869,601 Ctr, Gußwaaren aus Hohöfen 59,732 Ctr., Gußwaaren aus Kupolöfen 42,036 Ctr., Schwarzblech für Dampfkessel und Brücken, Stabeisen, Flacheisen, Winfkeleisen, Band- eisen 365,979 Ctr., Mcschinen und Maschinentheite 53,800 Ctr., Gußstabi 2800 Ctr., zusammen 2,393,539 Ctr., 278,246 Ctr. mehr als in 1871, Der Geldwerth belief sich auf ca. 9,225,245 TIhlr. Die Eisenwerke beschäftigten durchscnittlich 2262 Arbeiter mit 3860 Familiengliedern. E i
Die chemis{chen Fabriken waren vollauf beschäftigt. Die am 1. September 1872 dem Betrieb übergebene neue Gasfabrik produzirte im leßten Geschäftsjahr 22 Millionen Kbf. Gas. Auf den 4 Scbiffs- werften herrshte im Jahre 1872 rege Thätigkeit. __Die Wohnräume haben sich im Jahre 1872 um 1613 vermehrt, während die Bevsülke- rung nur um 1958 Einwohner zugenommen hat.
— Für Bayern find Nachgenannten Gewerbs privilegien verliehen worden: unterm 4. September l. Js. dem Grafen Paul de Leysse in Reichshofen im Elsaß auf das von dem Chemiker Louis Pasteur erfundene Verfahren zur Erzeugung und Erhaltung eines in seinen Substanzen unveränderten Bieres für den Z-itraum von fünf Jahren, vom 4. September 1873 anfangend, — dem Georg Westinghouse jun, zu Pittêburg in Nordamerika auf die von ihm erfundenen Verbesserungen in ‘den Mitteln und Apparaten zum Be- triebe von Bremsen und zur Mittheilung von Signalen auf Eisen- bahnzügen durch Druck auf flüssige Mittel für den Zeitraum von zwei Jahren, vom 4. September 1873 anfangend, — dem Ingenieur Nicolas Joseph Galland in Paris auf dâàs von ihm erfundene Verfahren zum Entpechen der Fässer, Tonnen und Gebinde für den Zeitraum von zwei Jahren, vom 4. September 1873 anfangend, — unterm 6. September l. Js. dem Friedrih Hessing, Besißer einer orthopädischen Heilanstalt in Göggingen bei Augsburg, auf die von ihm erfundenen orthopädishen Apparate für den Zeitraum von drei Jahren, vom 6. September 1873 anfangend.
— Das dem Jean Adrien de Mestre aus Bordeoux unterm 17. August 1872 verliehene und bis dahin 1874 laufende Privilegium auf ein neues Verschlußsystem für Flaschey, in welchen mousfirende oder gegohrene Flü1sigkeiten aufbewahrt werden, ist für den Zeitraum von einem Jahre, vom 17. August 1874 anfangend, verlängert worden,
Nachstehende Gewerbsprivilegien sind eingezogen worden: das dem Favrikiechniker Heinrih Ujhely und dem Kaufmann Christian Beurle in Wien unterm 29. August 1872 verliehene Gewerbs- privilegium auf einen neuen „Ceresin* genannten Beleuchtungs\toff, — das dem Civil - Ingenicur Charles Sebille in Paris unterm 30. Angust 1872 verliehene Gewerbsprivilegium auf die von ihm erfundene Zusammenstellung verschied.ner Stoffe für Pflastersteine, Ziegel, Röhr-n 2c.; —das dem Theodor Bergner in Philadelphia unterm 30. August 1872 verliehene Gewerbsprivilegium auf eine eigenthümlich fonstruirte Schraffir-Maschine und das dem Techniker Robert Rapp in der Maschinenfabrik Augsburg unterm 3. März 1873 verliehene Gewerbsprivilegium auf eine neue bei mobilen und stationäâren Dampfmaschinen anwendbare Kessellage.
— Den von der Kaiserlih Königlichen statistischen Central-Koms mission in Wien herausgegebenen Mittheilungcn aus dem Gebict- der Statistik (Jahrg. 1873 Heft 1) entnehmen wir die ngchfolgenden An- gaben über die beim Bergbaubetriebe in den im Reichsrathe vertretenen Ländern der österreihis{ch-ungarischen Mvn- archêe im Jahre 1871 vorgekommenen Unglücksfälle.
Die Gesammtzahl der beim Bergbaubetriebe vorgekommenen Ver- leßungen der männlichen Bergarbeiter betrug 424; diese vertheilen sich: auf die Steinkoblenbergbaue mit 93 tödtl. und 138 s{chwer., zus. mit 231 Verleß. Braunkohlenbergbaue , 31 „ ,y ¿ O2 Sitte S 16, E 2 andere Bergbaue G i O E S
Gegen das Jahr 1870 ift die Zahl der vorgekommenen Verleßun- g:n um 92 oder 27,7 Proz. gestiegen, während die Zahl der beim Bergbau beschäftigten männlichen Arbeiter nur um 6,s Proz. zuge- nommen hat. Dieses auffallend ungünstize Ergebniß wird hauptsäch- lih auf den Umstand zurückgeführt, daß bei der rapiden Ausdzhnung, besonders des Kohl-nbergbaues, bei welchem die Bergarbeit die gefähr- lichste ist, die erforderlichen neuen Arbeitskräfte in der Mehrzahl durch die Aufnahme von noch in der Bergarbeit unerfahrenen Personen ge- wonnen werden mußten. Außerdem soll aber auch in neuester Zeit ein fühlbarer Mangel an Auffichtskräften, wie an wissenschaftlich gebildeten und praktisch geshulten Betriebsbeamten hervorgetreten und auf die Zahl der Unglücksfälle niht ohne Einfluß gewesen fein.
Von den vorgefallenen 424 Verleßurgen entfallen auf den Stein- kfohlenbergbau 54,5 Proz., den Braunkohlenbergbau 27,1 Proz., den Eisensteinbergbau 8,0 Proz., den sonstigen Bergbau 10,4 f0d. und steben diese relativen Zablen im angemessenen Verhältnisse zu der größeren oder geringeren Gefährlihfkeit der einzelnen Bergbauzweige. Erwachsene männliche Bergarbeiter waren im Jahre .871 überhaupt beschaftigt 74,7 1, nämlich 31,981 beim Steinkohlenbergbau, 20,503 beim Braunkohlenbergbau, 9772 beim Eiseasteinbergbau und 12,455 beim sonstigen Bergbau. Es wurden sona von je 1000 diesec Ar-
beiter verleßt: O J
tödtlih \chwer
2,91 4,31
2,48 3,13 1,84 1,64 3,48 1,28 2,25 3,53 j überhaupt . 2,38 3,29 5,67
Zur Beurtheilung der Frage, ob und in welchem Maße die
größere oder geringere Gefährlichfeit der verschiedenen Bergarbeiten
de vorgekommenen Unglücksfäslle verschuldet hat, gewährt die Angabe
der Orte, an welchen diesclben sich ereign.t haben, einen ziemli ver-
überhaupt beim Steinkohlenbergbau . 22 i „ Braunkohlenbergbau „ Eisensteinbergbau „ fonstigen Bergbau
r 9,61
läßlichen Anhaltspunkt. Von sämmtlichen Verleßungen find nämlich