1873 / 277 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 24 Nov 1873 18:00:01 GMT) scan diff

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mit, daß voni Finanz-Minister eine Uebersicht der im Jahre 1873 zur Klassen-. und klassifizirten Einkommensteuer herange- zogenen Personen und des Ertrages dieser Steuern an das

us gelangt sei, und wurde alsdann folgende vom Abgeord- neten Dunckér eingebrahte Interpellation verlesen und motivirt :

„Laut Mittheilung des Deutschen Reichs-Anzeigers haben am 13. November im Bundesrath Verhandlungen stattgefunden über die bevorstehenden Reichstagswahlen und die unentgeltliche Beförderung der Reichstagsabgeordneten auf den Eisenbahnen. Jch richte an die Königliche Staatsregierung die Anfrage: 1) Ob und welche Beschlüsse vom Bundesrath über die angegebenen Punkte bereits gefaßt find ?

) In welcher Richtung die preußishen Bevollmächtigten instruirt Worden sind, im Bundesrathe in Bezug auf die unentgeltliche Beför- derung der Reichstagsabgeordnetcn auf den Eisenbahnen zu stimmen ? 3) Für welchen Termin der Reichstagswahlen bezüglich des Zusammen- trittes des neu gewählten Reic! stages sih das preußische Staats-Mi- nifterium entschieden hat ?" S E A ;

Der Vice-Präsident des Staats-Ministeriums, Finanz-Mi- nister Camphausen, beantwortete die Interpellation dahin: die Auflösung und Wiedereinberufung des Deutschen Reichstags sei eine Prärogative des Kaisers, der Bundesrath habe verfassungs- mäßig über den Termin der Wiedereinberufung Beschlüsse nicht zu fassen, noch weniger sei die preußische Regierung in der Lage, in der feierlihen Form einer îInterpellation über diese Dinge Auskunft zu geben. In Bezug auf die Beförderung der Reichstagsabgeordneten auf den Eisenbahnen sei ein definitiver Beschluß noch nicht gefaßt, die Unterhandlungen darüber {weben noh, und das Staats-Ministerium lehne es ab, über \{chwebende Verhandlungen Auskunft zu ertheilen.

Damit war der Gegenstand der Interpellation erledigt und das Haus trat in die erste Berathung des Staatshaushalts-Etats ein, zu welcher sieben Redner das Wort verlangten, darunter vier gegen die Vorlage. Von diesen erhielten bis Schluß des Berichtes die Abgeordneten Richter (Hagen) und Miquel das Wort.

Der General der Kavallerie a. D. Graf Bismarck- Bohlen ift aus Carlsburg hier eingetroffen.

- Der Premier-Lieutenant Heinrich XVIIl. Prinz Reuß Durchlaucht, bisher à la suite des Garde - Kürassier - Regiments, ist dem genannten Regiment aggregirt worden.

Der Kaiserlih Deutsche Gesandte im Haag, Graf Per- poncther, ist nah Schlesien abgereist.

Der Kaiserlih russishe Gesandte in Kopenhagen, Baron von Mohrenheim, hat sih heute Nahmittag über Hamburg nah Kopenhagen auf seinen Posten zurückbegeben.

“Posen, 22. November. Zur Feier des Geburtstages Ihrer Kaiserlihen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin hatte, der „Pos. Dtg.“ zufolge, das Offizier- Corps des 2. Leibhusaren - Regiments, dessen Inhaberin Höchst- Dieselbe ist, in Mylius' Hotel, welches mit preußischen und eng- lishen Fahnen geschmückt war, gestern Abend ein Festdiner ver- anstaltet.

Breslau, 23. November. Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin von Sachsen - Weimar - Eisena O deo ¡SPlesl Sto, zufolge, am 25. d. M. mit den Prinzessinnen Marie und Elisabeth in Be- gleitung des Dber-Hofmeisters Freiherrn von Zedliß, der Hofdamen Frfr. von Waßdorf und Gräfin Kalkreuth und des gesammten Gefolges von etwa 30 Personen nah zwei- monatiihem Aufenthalte zu Schloß Heinrihau mittelst Extra- zuges, der um 8 Uhr Morgens aus Heinrichau abgelassen wird, Über Breslau, Kohlfurt, Dresden und Leipzig nah Weimar gurückehren, wo der Zug nach zwölfstündiger Fahrt eintreffen soll.

Vayern. München, 22. November. Prinz Arnulph, welcher auf den früheren Landtagen seinen Siß in der Kammer der Reichsräthe ohne Stimmrecht einnahm, hat am 6. Iuli das 21. Lebensjahr vollendet und damit für den gegenwärtigen Landtag das Stimmrecht erlangt.

Der Gesetzentwurf, „einen Kredit für außerordent- liheBedürfnisse des Heeres betreffend“, bestimmt nah dem üblichen Eingang :

„Art. 1. Für außerordentliche Bedürfnisse des Königlichen Hecres, und zwar: 8. für militärische Bauten und Einrichtungen laut Anlage A. im Anschlage von 4,319,000 fl. ; b, zur Wiederherstellung der Kitegs- bereitshaft, sowie zur Erhöhung der Schlagfertigkeit des Heeres laut Anlage B.” mit 19,975,900 fl, zusammen 24,294,900 fl, wird ein Kredit gleicher Größe eröffnet und hiervon dem Königlichen Kriegs- Ministerium vorerst für das Jahr 1874 cin Betrag von 6,902,000 fl. und für das Jahr 1875 ein solcher von 3,924,960 fl, zusammen 10,826,900 fl, zur Verfügung gestellt. Ueber die auf diesem Kredit fußende Verwendung ist jährli besondere Rehnungs-Nachweisung zu geben. i

Art. 2. Ueber die Beschaffung des vorgedachten Bedarfes bleibt, insoweit hierfür iht in dem Geseße vom , die Berwendung des Antheils Bayerns an der französischen Kriegsfosten-Entschädigung betreffend, Vorsorge getroffen ist, weitere geseßliche Anordnung vorbe- halten."

Bezüglich der Gehaltszulagen, welche nah der Ab- fiht des Finanzaus\husses der Kammer der Abgeordneten ge- währt werden sollen, theilt die „Allg. 3tg.“ noch Folgeudes mit: Die Beamten der 1. und 2. Gehaltsklasse würden in die erste Kategorie mit einer Zulage von 420 fl., jene der 3. und 4. Klasse in die zweite Kategorie mit einer Zulage von 350 fl, die Beamten der 5. bis 8. Gehaltsklafse in die dritte Kategorie mit 280 fl. und jene der 9. und 10. Gehaltsflase in die vierte Ka- tegorie mit einer Iahreszulage von 210 fl. eingereiht werden. Der Bedarf für diefe Zulagen würde fih auf ungefähr 1,600,000 fl, auf nahezu 600,000 fl. mehr berechnen, als die Staatsregierung Proponirte. Für das nicht stabile Personal würden etwa 11/, Mil- lionen Gulden erforderlih sein, um etwa 350,000 fl. mehr als nah dem Regierungsvorschlag.

, Sachsen. Dresden, 21. November. Der Herzog Elimar von Oldenburg 1st geftern Nachmittag 5 Ühr ler eingetroffen und in der Königlichen Villa zu Strehlen abgetreten.

Württemberg. Stuttgart, 21. November. Der König hat heute den in außerordentlicher Mission an das hie- fige Hoflager abgesandten Königlih \ächsishen Wirklichen Ge- heimen Rath und Hausmarschall, Grafen Hermann Vißthum von Eckstädt in Audienz empfangen, um aus dessen Händen ein Schreiben des Königs von Sachsen entgegenzunehmen, wo- mit derselbe seine Thronbesteigung ankündigt. Ferner hat Se. Majestät heute den am“ hiesigen Hoflager bisher beglaubigten Königlih \ähsishen außerordentlihen Gesandten und bevoll- mächtigten Minister, Geheimen Legations-Rath Grafen Richard von Könneriß in Audienz empfangen, um dessen neues Be- glaubigungs\hreiben entgegenzunehmen.

Die Kammer der Standesherren hatte am 19. d. M. das neue Hundesteuergesep in Berathung genommen und dasselbe, wie die „Allg. Ztg.“ meldet, gegenüber den Be- [chlüssen des andern Hauses in zwei wesentlihen Punkten ab-

geändert. Der erste ist, daß in dem Beginn der Steuerpflichtig- keit für einen Hund auf das im bisherigen Geseh bestimmte Alter von 3 Monaten statt der im Regierungsentwurf enthalte- nen und von der andern Kammer adoptirten 6 Wochen zurück- gegangen wurde, obschon vom Ministertisch gegen diese Aende- rung geltend gemaht wurde, daß diese dem badischen Gesetz ent- nommene Bestimmung eine Verminderung der Hundezahl beab- sichtige. Der zweite Punkt ist der, daß, nahdem einmal jeder Unterschied in der Besteuerung der Hunde nah deren Verwen- dung vom neuen Gesey beseitigt worden ist, auch vollends der leßte Unterschied von diesem Hause beseitigt wurde, nämlich der, daß, wenn ein und derselbe Hundebesißer zwei und mehrere Hunde hält, der zweite und alle folgenden Hunde mit der dop- pelten Taxe, d. h. mit aht statt mit 4 Fl. belegt wurden. Gegen leßtere Bestimmung wurden praktishe Erfahrungen in die Wag- \chale gelegt. Somit würde nur noch die eine Taxe von 4 Fl. bestehen bleiben, falls die andere Kammer darauf eingeht, an die nun das Geseß gewiesen ist.

- Die Kammer der Abgeordneten hat am 18. in einer Abendsißzung den Etat des Departements des Innern vol- lends durhberathen. Zu erwähnen ist, daß die Frauenarbeits- \{hule in Reutlingen weitere Staatsunterstüßung zu ihrer stets wachsenden Ausdehnung erhalten wird und ferner, daß für das gewerbliche Musterlager auf der Wiener Ausstellung viele kunst- gewerblihe Gegenstände von Werth angekauftfsworden sind.

Baden. Karlsruhe, 21. November. Herr Francis Clare Ford Esq. hat heute dem Präsidenten von Freydorf das Schrei- ben des Königlih großbritannishen Ministers der Auswärtigen Angelegenheiten, Grafen Granville, überreiht, welhes Herrn Ford als Königlichen Geschäftsträger bei der Großherzog- lichen Regierung beglaubigt.

22. November. Die heutige „Karlsr. Ztg.“ meldet Folgendes: „Nachdem der von Vertretern der (Alt-) Katholiken des Deutschen Reichs am 4. Juni d. I. in Cöln zum Bischof gewählte und von dem Bischof von Deventer am 11. August d. I. zu Rotterdam konsekrirte Herr Dr. Ioseph Hubert Reinkens durh Höchste Staats-Ministerial-Entschließung vom 9. d. M. als katholischer Bischof anerkannt worden, nahm der Präsident des Großherzoglihen Staats-Ministeriums, Staats- Minister des Innern Herr Dr. Jolly, dem Herrn Bischof heute Vormittag in dem Dienstgebäude des Ministeriums des Innern den Eid ab und übergab demselben sodann die landesherrliche Anerkennungsurkunde.

ZU dem feierlihen Akte waren als Zeugen von Seite der Großhe-zoglihen Regierung zugezogen die Herren Ministerial- Räthe von Segfried, Winnefeld und Nokk, von dem FSerrn Bischof die Herren Geheime Rath von Schulte und Professor Knoodt pon Bonn, Geheime Rath von Windscheid von Heidel- berg, Staatsanwalt Fieser von Konstanz, Major Graf Enzenberg und Ober-Bürgermeister Malsch von hier.

Die Abgeordnetenkammer hat bei der heutigen Wahl des Präsidiums Kirsner zum Präsidenten und Bluntschli und Kiefer zu Vice-Präsidenten gewählt.

Hessen. Darmstadt, 22. November. Der Großherzog hat heute Vormittag 11 Uhr den Königlich sächsishen Gesandten in außerordentliher Mission, Ober - Kammerherrn von Gers - dorff, behufs Entgegennahme der Notifikation des Ablebens des Königs Johann und des Regierungsantritts des Königs Albert von Sachsen in besonderer Audienz empfangen.

Mecklenburg. Sternberg, 19. November. Jn der heutigen Sißung des Landtages brachten die Landmarschälle verschiedene Reskripte von den s{chwerinshen Kommissarien, wo- von das erste die interimistishe zinsbare Belegung der Kriegs- Kontribution betraf. Es wird darin erklärt, daß die am 23. Juni d. J. eingegangenen 880,906 Thlr. nach Berathung mit dem Engeren Aus\{huß in sicheren Eisenbahn-Prioritäten angelegt seien, worüber besondere Rehnung geführt werde. Nach weiterem Eingang von 563,419 Thlr. habe man hiervon Abstand genommen und in anderer Weise beschlossen. Wenn nämlich die

| Käufer der Mecklenburgischen Eisenbahn beim Abs{chluß des Kon-

trakts 500,000 Thlr., am 1. Mai 1874 1,000,000 Thlr., am I Ot JSTO 1125000 S uno at L Sonne L876 979,000 Thlr. zu zahlen hätten, und es die Absicht sei, mit den beiden ersten Zahlungen von 1,500,000 Thlr. die 5 prozen- tige Eisenbahnshuld von 1868 im Betrage von 2,125,000 Thlr. auf 625,000 Thlr. zu reduziren, so erscheine es zweckmäßig, mit der 2. Zahlung auf die Kriegs - Kontribution bereits an 1 Mal 1874 dén Rist * dieser 5 prozentigen An-

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leihe bis auf ein, aus den vorhandenen Kassenbeständen der |

Renterei zu deckendes Minimum abzustoßen. Die Renterei werde

alsdann aus der am 1. Mai 1875 fälligen Zahlung auf die |

Eisenbahn das Kapital, und, nah Wahl der Stände, Zinsen zu 4209/9 vom Tage des Empfangs oder Zinsen von 50/7 vom Tage

der Benußung des Kapitals zahlen. Die Stände beschlossen, die Sache erst durch das Finanzkomite

prüfen zu lassen. Auf Antrag des Landraths von Rieben wurde beschlossen,

die strelißshe Regierung durh den Kommiffarius zu veranlassen,

/ | daß sie ebenfalls mittheile, was sie von der Kriegskontribution

erhalten habe. Schließlih erhob sich noch eine Debatte über die Streitfrage des Klosteramts Dobbertin mit der Regierung, ob für die Kinder, welhe auswärts die Schule besuchen, auch im Heimathsorte Schulgeld bezahlt werden müsse. Die Regierung verneinte dies, die Stände dagegen bejahten es {hon im vergan- gegenen Jahr. Ein Beschluß wurde heute noch nicht gefaßt.

Sachsen - Coburg - Gotha. Coburg, 21. November. Der gemeinschaftlihe Landtag beider Herzogthümer Coburg und Gotha ist, der „Leipz. Ztg." zufolge, auf den 1. k. M. nach hier einberufen worden.

Schwarzburg-Sondershausen. Sondershaus e 21. November. Bei Gelegenheit der Feier seines fünfzigjährigen Dienstjubiläums is dem Ober-Forstmeister v. Michael hier von dem Fürsten das Prädikat Ober-Land- Forstmeister ver- liehen worden.

Desterreich -: Ungarn. Kaiser tráf ant 20, d; M, Audienzen.

Der Zusammentritt des Landtags von Dalmatien ist vom 26. d. M. auf den 6. k. M. vertagt worden.

Die czechischen Abgeordneten Mährens haben, wie die „Reichsraths-Korrespondenz“ vernimmt, ihre bisherige Nichttheilnahme an den Sizungen des Abgeordnetenhauses in einem an das Präsidium des leßteren gerihteten Schreiben dur ihre gegenwärtige Mitwirkung bei den Wahlen zum mährischen Landtage und durch die bevorstehende Eröffnung desselben ent- huldigt, sowie ferner ihr Erscheinen im Abgeordnetenhause nah dem Schlusse der Landtagssession in Aussicht gestellt,

Wien, 22. November. Der in Ofen-Pesth ein und ertheilte

24. November. (W. T. B.) Das Abgeordneten- haus hat ‘in einer am gestrigen Tage abgehaltenen Sigzung die Generaldebatte über den Gefeßentwurf, betreffs der/H ülfsan leihe eröffnet und dieselbe in einer Nachtsizung zu Ende geführt. Bei der- selben hob der Finanz - Minister de Pretis-Cagnodo u. A. hervor: Der Umstand, daß in der Anlehensfrage der Regierung von allen Seiten Vorwürfe gemacht würden, gewähre ihm die Ueberzeugung, daß die Regierung gerade in der richtigen Mitte geblieben sei. Als die Regierung \. 3. dem An- drange um Ertheilung von Konzessionen. Widerstand geleistet habe, sei dieselbe gleichfalls getadelt worden, die Regierung sei sih aber bewußt, ihrer Aufgabe getreu nachgekommen zu sein. Im vergangenen Sommer sei der geeignete Moment, Seitens des Staates Hülfe zu leisten, noch nicht vorhanden gewesen. Die Regierung halte fest am Prinzipe der Selbsthülfe und wolle die Staatshülfe nur \o weit eintreten lassen, als unverschuldete Ereignisse Kalamitäten herbeiführten. Die Initiative der Regie- rung sei in den Motiven zum Gesetzentwurf sehr deutlih dar- gelegt, eine andere Deutung sei nicht berehtigt. Die geforderte große Summe sei eine Gewähr dafür, daß das Miß- trauen gebannt und daß vielleiht nur eine sehr kleine Summe wirklih gebrauht werde. Die St-uerzahler würden mit den Zinsen für die Anleihe niht belastet. Zur Regu- lirung der Valuta sei die Einlösung der \{chwebenden Schuld durch Aufnahme eines Silberanlehens nothwendig gewesen. Der Regierung habe es deshalb zweckmäßig geschienen, den jeßigen günstigen Moment zur Beschaffung eines Theils des Silber- vorrathes zu benußen. Vom Minister des Innern, Lasser, wur- den andere von dem Abg. Lienbacher gegen die Regierung ge- richtete Angriffe zurückgewiese=. Die Spezialdebatte über den Gesetzentwurf foll heute stattfinden.

Pesth, 22. November. Im Abgeordnetenhause legte Perczel den im Deák-Club beschlossenen Antrag auf Entsendung einer Deputation anläßlih des Regierungs-IJubiläums unter leb- hafter Zustimmung des rechten und linken Centrums vor. Emerih Laszlo von der äußersten Linken verlas einen Gegen- antrag. Nach erregter Debatte wurde Perczels Antrag mit 213 gegen 22 Stimmen, leßtere sämmtlich der äußersten Linken, an- genommen. Die Minister Graf Szápary und Tisza unterbreiteten Regierungsvorlagen zur Linderung des durch die Cholera und die Mißernte verursachten Nothstandes. Der Kultus-Minister Trefort beantragte, die Mitgliederzahl der kirhenpolitishen Kom- mission auf 27 festzustellen. Ferner wurde das Budget des Ab- geordnetenhauses für den Monat Dezember, dem Berichte des Wirthschaftsaus\hu}es gemäß, bewilligt.

Nachdem Präsident Majlath die Mitglieder des Ober- hauses aufgefordert, die Modalität zu bestimmen, wie das Oberhaus Sr. Majestät den Glükwunsh und die Huldigung zum Regierungs-Iubiläum darbringen foll, beschloß das Haus, daß das ganze Haus unter Führung \eines Präsidenten, der zu- gleich als Sprecher fungiren wird, korporativ erscheine.

Der Kommissionsberichht über das kroatische. Revisionsgesetz ward auf die Tagesordnung der Dienstagssizung gesetzt.

Schweiz. Bern, 19. November. Beim Beginn der heu- tigen Sizung der Revisions-Kommission legte dieselbe den an sie zur Redaktion zurückgewiesenen Art. 25 der Bund es- verfassung, welher von dem Unterrichtswesen handelt, zur definitiven Annahme vor, welhe auch ohne weitere Debatte mit 74 gegen 42 Stimmen erfolgte. Der authentishe Wortlaut die- \ses Artikels if jetzt folgender:

„Der Bund i} befugt, neben der bestehenden polytechnischen Schule eine Universität und andere höhere Unterrichtsanstalten zu un- terstüßer. Die Kantone sorgen für genügenden Primarunterricht, wel- cher auss{ließlich unter staatlicher Leitung stehen foll. Derselbe ist obligatorisch und in den sffentlihen Schulen unentgeltlich. Der Bund ist befugt, über die Anforderungen an die Primarschule, sowie über die Bedingungen, unter welchen Jemand in dieser leßten Unterricht ertheilen kann, Vorschriften zu erlassen. Die öffentlichhea Schulen sollen von den Angehörigen aller Bekenntnisse, ohne Beeinträchtigung ihrer Glaubens- und Gewifsensfreilzeit besucht werden können.“

Nach der Annahme dieses Artikels wurden die Art. 42, 43, 44 und 45 in Berathung gezogen, welhe das Niederla\sungs- wesen zum Gegenstand haven. ß Anträgen des

| Außer den

Bundesraths und der Kommission liegt noch eine große Zahl

aus der Mitte der ¿Versammlung auf dem Kanzleitisch vor. O Ae O :

Man glaubt, daß die Debatte mindestens drei Tage dauern wird.

Großbritanniez und Jríand. London, 21. No- vember. Einer Mittheilung des „Morning Advertiser“ zufolge wird das britishe Parlament zum 5. Februar einberufen werden,

Die Enthüllung der Reiterstatue des Prinzen lbert auf dem Holborn-Circus, die auf Montag, den 24. d. M., angeseßt war, ist bis zum Januar verschoben worden, weil der Prinz von Wales dem Gemeinderath der City anzeigen ließ, daß er in diesem Monat im Stande sein werde, der Feierlichkeit in Person beizuwohnen.

Der „Pall Mall Gazette“ zufolge trifft das Kriegs- Ministerium Anstalten, um weitere 2000 Mann Truppen nah der Goldküste zu senden. Das in ein Hospitalschiff für die Goldküste umgewandelte Linienschiff „Victor Emanuel'' is nah seinem Bestimmungsort abgegangen. A

In der gestrigen Sißung der, Home Rule“ K onferenz zu Dublin beantragte Sir Joseph Neale M'Kenna die fünfte Resolution, welche erklärt, daß „Home Rule“ keine Veränderung an der vorhandenen Konstruktion des Reichsparlaments oder irgend eine Einmischung in die Praerogative der Krone oder Störung der Prinzipien der Verfassung involvire. Der Antrag- teller wies auf die Beziehungen zwishen Ungarn und Desterreich als Beispiele der heilsamen Wirksamkeit eines solchen Planes hin, und erklärte die Furcht für grundlos, daß Irland, wenn ihm „Home Rule“ zugestanden werde, durch innere Faktionen zerrissen werden würde. Von M'Carthy Downing u, A. unterstüßt, wurde die Resolution genchmigt. Die nächste Resolution, welche zur Sicherung der Vortheile einer fonstitutionellen Regierung ein irisches Ministerium für nothwendig erachtet, gelangte ebenfalls zur Annahme; desgleichen auch die siebente Resolution, welche erklärt, daß Föderalismus die Stärke Des Reichs befestigen und dessen Integrität aufrecht halten, sowie die Macht und Würde der Reihskrone erhöhen würde. Die Diskussion der ahten Re- solution, die dem irischen Parlament in gewissen Dingen Fesseln anlegt, wurde nicht beendet. Doch werden wahrscheinli \päte- stens am Sonnabend die Berathungen der Konferenz ihren Ab- \{chluß finden.

Glasgow, 23. November. (W. T. B) Disraeli, welcher anläßlih des ihm von der Stadt Glasgow verliehenen Bürgerrechts hier seit einiger Zeit anwesend ist, empfing auch gestern eine Adresse fkonservativer Arbeiter, bei deren Ueber- reihung etwa 4000 Arbeiter anwesend waren, und hielt darauf an die Versammlung eine Ansprache,

Frankreich. Paris, 22. November. (W. T. B.) Der Ministerrath ift heute Vormittag zu einer Sizung zusammen- getreten und hat in derselben den Beschluß gefaßt, daß die Ent- lassung des Ministeriums in der morgenden Nummer des „Journal officiel’ noch niht veröffentliht werden soll. Das Ministerium will in seiner gegenwärtigen Zusammenseßung noch der Berathung über die Interpellation Léon Say's betreffs Nichteinberufung der Wahlkollegien zu den Ersazwahlen heiwoh- nen. Léon Say wird, wie verlautet, entshieden darauf bestehen, daß seine Interpellation zur Berathung komint, und den Herzog von Broglie direkt über die allgemeine Politik des Ministeriums befragen. A :

Die protestantishe Synode hat in ihrer gestrigen Sizung einstimmig den Antrag des Berichterstatters der ständi- gen Kommission der Synode angenommen, wonach um die er- forderlihe Ermächtigung zur Publikation und Ratifikation der Glaubensdeklaration nachgesucht werden soll.

Dem Journal „France“ zufolge wäre der Graf von Chambord noch gestern auf dem Schlosse Dampierre bei dem Herzog von Luynes gewesen. Wie die genannte Zeitung wissen will, hätte man große Anstrengungen gemacht, um von dem Grafen die Zusicherung vollständigen Verzichts auf den fran- sösishen Thron zu erlangen. S

29, November. (W. T. B) Das „Journal officiel“ veröffentliht das Gese über die Verlängerung der Gewalten des Präsidenten Mac Mahon. ;

Das Gerücht, daß der Präsident Mac Mahon morgen eine neue Botshaft der Nationalversammlung zugehen lassen werde, wird von der „Agence Havas“ als unbegründet bezeichnet. j

Der Graf von Chambord hat, wie dieselbe Quelle vernimmt, das französische Gebiet verlassen.

Spanien. Madrid, 22. November. (W. T. B.) Als Vertreter der Regierung an den auswärtigen Höfen sind, wie verlautet, Comyn für London, Rances für Berlin und Balart für Rom in Aussicht genommen.

Die in mehreren amerikanischen Zeitungen enthaltene Nach- riht, daß hier Volksdemonstrationen gegen den amerikag- nischen Gesandten, General Sickles, stattgefunden hätten, wird von der Regierung als völlig unbegründet bezeichnet, Wie die leßtere verbreiten läßt, is nahe Aussicht vorhanden, daß die Virginius-Angelegenheit gütlih beigelegt -werden wird. Es ist die Rede davon, diese Frage dem schiedsrichterlichen Spruche einer Großmacht zu unterbreiten.

Italien. Rom, 18. November. Prinz Amadeus is nah dem Schlusse der Palaments-Eröffnungsfeierlichkeit nah Turin zurückgekehrt. Seine Gemahlin befindet \sich daselbst in einem zwar niht gefährlichen, aber \tationären Krankheits- zustande. Die Stadt Turin und viele andere italienishe Städte waren am Abend der Parlamentseröffnung glänzend beleuchtet. Es herrschte reges Leben, aber vollständige Ordnung.

Als die Deputirten heute zur Ernennung ihres Präsi- denten reiten wollten, war wieder die geseßlih vorschriebene Anzahl nicht vorhanden, und die Wahl mußte auf morgen ver- \hobeu werden.

Aus Mailand meldet der Telegraph den Tod des Senators Grafen Gabrio Casati, im Alter von 75 Jahren. Derselbe war einer der hervorragendsten Vorkämpfer der Revo- lution von 1848. Im Jahre 1837 wurde ex Podesta (Bürger- meister) von Mailand und blieb es bis 1848, wo er Präsident der provisorishen Regierung der Lombardei wurde. Danach wurde er Ministerpräsident und Präsident der lombardischen Kon- sulten. 1849 von der Amnestie ausgeschlossen, blieb er in Piemont, wurde 1853 Senator, mehrere Male Minister und bei der Vermählung des Kronprinzen Humbert mit der Prinzessin Margaretha Ritter des Annunciatenordens.|

Nufßland und Polen. St. Petersburg, 22. November. Der Großfürst Thronfolger und Gemahlin find laut Meldung aus Livadia am 19. d. M. mit ihren Kindern auf der Kaiserlichen Dampfyacht „Livadia“ von dort über Nikolajew hierher abgereist.

Der „Kawkas“ meldet, daß der Großfürst Michael Nikolajewitsch und die Großfürstin Olga Feodorowna mit ihren Kindern in der Nacht vom 6. zum 7. November wohl- behalten in Tiflis eingetroffen sind.

- 23. November. (W. T. B.) Die Gerüchte über eine bevorstehende ru \\i\che Anleihe zum Betrage von 875 Millionen find durhaus unbegründet.

Amerika. New-York, 22. November. (W. T. B.) Die Ingenieur-Offiziere haben Befehl erhalten, die Häfen an der Küste in Vertheidigu ngszustand zu sehen und Vor- bereitungen zur Abwehr gegen etwaige Angriffe von der Seeseite her zu treffen. Die Artillerie-Kommission i bereit, die Armee zu verproviantiren und sie mit dem vollständigen Kriegsmaterial zu versehen.

Die Nachricht, daß die Regierung bereits ein Ultimatum an Spanien gerichtet hätte, bestätigt ih nicht. Der Schritt, welchen die Regierung gethan hat, beschränkt fih auf den neuer- lichen Erlaß einer Note an das Madrider Kabinet, in welcher die bisher offiziell vorliegenden Thatsachen in der Angelegenheit des „Virginius“ konstatirt werden und wiederholt Genug- thuung verlangt wird.

Die Zeitungen erwähnen ein Gerücht, das bis jeßt in- dessen noch der Bestätigung bedarf; der Ministerrath soll nah demselben beschlossen haben, eine Sommation nah Ma- drid abgehen zu lassen, welche die Abschaffung der Sklaverei auf Kuba, die Herausgabe des „Virginius“ an die Vereinigten Staaten, die Freilassung der noch lebenden Gefangenen, die Auslieferung der für die Hinrichtung verantwortlihen Behörden, sowie Schadenersaßz fordern solle.

Afrika. Von der Goldküste liegen heute Berichte über neue Erfolge der britischen Waffen gegen die Aschantis vor. Am

27. Oktober überrrumpelte Oberst Festing mit einer Streitmacht von 9 Offizieren, 100 Soldaten des westindischen Regiments,

900 Fantis und einiger Artillerie den Feind in seinem Lager |

in der Nähe von Dunquah und zerstörte dasselbe. Die Aschantis ergriffen die &lucht, sammelten sih aber in den Gebüschen und versuchten ihr Lager wiederzugewinnen; aber nach dreistündigem

Kampfe wurden sie mit großem Verlust zurückgeworfen. Auf |

englisher Seite wurden 5 Offiziere, darunter Oberst Festing, leicht verwundet und 52 Soldaten getödtet oder verwundet, Zu

gleicher Zeit nahm Lieutenant Pollard mit einem kleinen Kon- |

tingent Marinesoldaten, Matrosen und Eingeborenen eine glück-

lihe Rekognoszirung in Abracampra vor und machte eine An-

gall Gefangene, Die Aschantis s\egten ihren Rückzug über den Prah fort. Seit dem ersterwähnten Treffen hat Sir Garnet Wolseley eine Proklamation erlassen, in welcher er sämmtliche

Könige, Häuptlinge und Stämme der Goldküste auffordert, die Aschantis zu verfolgen.

Landtagsangelegenheiten,

__ Berlin, 24. November. In der Sißzung des Hauses der Abgeordneten am 22. d. M. beantwortete der Vice - Präsident des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Camphausen, die Interpellation des Abg. Dr. Windthorst (Meppen), welcher die Veränderungen im Staats-Ministerium als einen Vorgang von immenser Bedeutung bezeichnet hatte, wie folgt:

: Meine Herren! Ich bedaure, daß ih die immense Bedeutung als eine Zllusion bezeichnen muß. Die Aenderungen, die wegen der for- mellen Leitung der Geschäfte des Staats-Ministeriums getroffen find, haben das Staats-Ministerium zu Festseßungen, wie sie hier in Frage gestellt werdea, nicht veranlaßt. Wir würden folche Festseßung als ein Internum des Staats-Ministeriums betrachten, vorbehaltlich natür- lich, daß die Beziehungen zur Landesvertretung in keinem Punkte alte- rirt werden. Es ist ein völliger Jrrthum, als wenn das Stagts- Ministerium aufgehört habe, als Kollêgium zu fungiren, es wird als Kollegium nah wie vor seine Beschlüsse fassen. i In der hierauf folgenden Besprehung über die Interpella- tion nahm der Vice - Präsident des Staats - Ministeriums nach dem Abg. v. Mallinckrodt nohmals das Wort:

Meine Herren! Jch habe vorher vermieden, eine lange Rede zu halten. Jch habe geglaubt, mit kurzen Worten mich ganz deutlich auëzusprechen, Nach der eben vernommenen Rede finde ih mich aber veranlaßt, nochmals zu wiederholen, daß in Bezug auf die Verant- wortlichkeit der einzelnen Minister im preußischen Staate absolut nihts geändert ist, daß die Verantwortlichkeit eines jeden Ressortchefs für fein Ressort nach wie vor fortbesteht, daß die Beschlüsse, die Sei- tens des Staats-Ministeriums zu fassen sind, die ihm verfassungs- mäßig oder durch Geseh überwiesen sind, nach der Majorität der Stimmen gefaßt werden, und daß bei dieser Stimmgebung weder der Minister-Präsi- dent noch der Minister-Vice-Präsident irgendwie Anspruch darauf machen, daß ihrer Stimme ein höherer Werth beigelegt werde, wie jeder an- deren, Im Gegentheil, meine Herren, wir find der Verantwortlich- keit, die Jeder von uns zu tragen hat, uns heute mehr und stärker, aber doch eben so sehr und eben so stark bewußt, als jemals zuvor. Es beruhte auf dem einstimmigen Wunsch aller Minister, daß der Sürst Bismarck sih hat bewogen finden lassen, das Präsidium wieder zu übernehmen; es beruht auf dem einstimmigen Wunsche sämmt- licher betheiligten Minister, daß ih es Übernommen habe, ihm die Last dieser Geschäftsführung bis auf einen gewissen Grad zu erlciclh- tern. Einstchen für die politishe Seite der Handlungen werden wir nach wie vor alle zusammen, und weun der Fall eintritt, daß es im Interesse des Landes licgen möchte, uns mobil zu machen, so werden Sie schen, wie rasch ih darauf eingehen werde.

- Dem Hause der Abgeordneten is folgendes, in der leh- ten Legislaturperiode vom Herrenhause bereits angenommene Gesetz, betreffend die Berechnung des Kostenpauf}ch- quantums in den Streitsachen der Armenverbände, vorgelegt worden:

Wir Wilÿ elm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. verordnen mit Zustimmung beider Häuser des Landtages der Mon- archie, was folgt :

Einziger Paragraph.

Der §. 56 des Geseßes vom 8. März 1871, betreff¿ind die Aus- führung des Bundcsgeseßes über den Unterstüßungswohnsiß (Geseßz- Samml. S. 130 ff.), erhält nachstehenden Zusatz:

Für die Berechnung des Pauschquantums, sowie der Gebühren für Zeugen und Sachverständige kann von den Ministern des Jn- nern und der Justiz ein Tarif aufgestellt werden.

Urkundlich 2c.

Nr. 23 des „Central-Blatts der Abgaben-, Gewerbe- und Handels-Geießgebung und Verwaltung in den Kösö- niglih Preußischen Staaten“ hat folgenden Inhalt: Cirxkular- Berfügung des Königlichen Finanz-Ministeriums, die Diäten und Reisekosten der Beamten der Verwaltung der indirckten Steuern be- treffend, vom 31, Juli 1873. Cirkular-Verfügung des Königlichen Finanz-Ministeriums, die Verrechuung der an Beamte der Provinzial- Steuerverwaltungeu zu zahlenden Berseßungskosten betreffend, vom 19. August 1873. Cirkular-Verfügung des Königlichen Finanz- Ministeriums, die Einzichung der Königlich bayerischen Uebergangê- stelle in Burgsian betreffend, vom 30. Juli 1873. Berfügung des Königlichen Finanz-Ministeriums, die Tarifirung sogenannter Peters betreffend, vom 17, August 1873.

Die Nx. 94 dex „Annalen dex Landwirthschaft in den Königlich PreußishenStaaten“, herausgegeben und redigirt von dem General-Sekretariat des Königlichen Landes-Oefkonomie-Kol- legiums, hat folgenden Inhalt: Preuß:n: Ernenuung. Berscbung.

- Stellenverleihung. Erwiderung des Ministe:s für die landwirtl)- schaftlichen Angelegenheiten auf eine Vorstellung, betreffend die gesetz- lichen Vorschriften wegen Verhütung des Wildschadens. Die Pferde- zucht und die Wiener Weltausstellung. Zur Anlage lebender Weifß- dornhecken. Woods neue Champion-Getreide-Mähemaschine. (Mit Abbild.) Von Prof. Dr. A. Wüst in Halle. Aus dem Regierungs- bezirke Coblenz. Literatur: Der Reichsbote, Herausgegeben von Th. Nerlinger und Friedr. Wilh. Toussaint. Bericht über die Ver- fammlung von Torfinteressenten in Königsberg.

Statistische Nachrichten.

München, 22, November. Vom 19. bis 20. d, M. Abends sind hier wicder 12 neue Erkrankungen und 4 Todesfälle an Cholera vorgekommen. Von gestern bis heute Abend ergaben sich 6 Erkran- kungen, 5 Todesfälle.

Nach den neuesten, bis zum 1. November reichenden amtlichen Ausweisen sind im Laufe des Jahres in Ungarn 433,295 amtlich angemcldcte Cholera-Erkrankungen vorgekommen; 247,718 Er- krantte find genesen, 182,999 gestorben und 2978 in Behandlung ver- blieben. Dabei ist zu bemerken, daß in diesen Ausweisen Kroatien und Slavonien und die ehemalige Militärgrenze nicht inbegriffen sind, sowie auch nicht die Anzahl jener Opfer, welche die Epidemie bei ihrem Aufireten Ende 1872 in Ofen und in Oberungarn hingerafft hat. Bringt man auch diese in Rechnung, so ergiebt sih, daß die 1872—1873 er Cholera im Gebiete Ungarn in runder Zahl sicherlich wenigstens 200,000 Opfer gefordert hat.

London, 21. November. Einem amtlichen Ausweise zufolge belief sih die Gesammtzahl der Auswanderer in dem am 30. September 1873 beendeten Quartal aus den Häfen des Vereinigten Königreichs, wo Regierungsagenten stationirt sind, auf 78,348. Eng- land stellte dazu 35,413, Schottland 5526, Jrland 16,849 Personen. 20,960 fommen auf das Ausland. Jhren Bestimmungsorten nach vertheilten sich die Auswanderer in 57,5907 nah den Vereinigten Staa- ten, 12,447 nach den nordamerikanishen Kolonien, 6775 nach den australischen Kolonien und 1619 nah anderen transatlantischen Pläßz-n.

Kunst und Wissenschaft.

Fr. Kreyßigs „Vorlesungen über Shakespeare, feine Zeit und seine Werke" Zweite verbesserte und vermehrte Auflage in 2 Bänden. (Nicolaishe Verlags-Buchhand- lung in Berlin) Der soeben erschienene erste Band enthält : Einleitung. Des Dichters Zeitalter und Volk, Das Drama des Mittelalters. Das englis{ch: Nationaldrama von der Mitte des 16. Jahrhunderts bi3 auf Shakespeare. Des Dichters Lebensgeschicbte. Wiedererweckung, Ausbreitung des Shakespeare-Studiums. Grundzüge zur Würdigung dez künstlerischen und sittlichen Bedeutung des Dichters, Einleitung in die historischen Stücke, Gesammtbild des in ihnen

lerische Bedeutung. Was den Dichter bei Auswahl und Behandlung des Stoffes leitete. Richard I1. Heinrich IV., V., VI.— Richard IIL Heinrich VIIL König Johann. Julius Cäsar. Antonius und Cleo- patra. Coriolan. Die Erweiterungen und Vervollständigungen dieser zweiten Auflage find hauptsächlih den einleitenden, historischen und literarhistorishen Darstellungen zu Gute gekor1men. Die allgemeine Würdigung von Shakespeare's Zeit und Volk ist um eine Reihe wesentlicher Züge bereichert; der Ueberblick über die Geschichte des

vorshafkespeare’ schen englischen Dramas wird in zwei ausführlichen

Darstellungen gegeben. Die Lebenëgeshihte Shakespeare's ist voll-

ständig umgearbeitet und läßt eine sorgfältige Verwerthung der neueren

und neuesten Forschungen niht vermissen. Wesentlich erweitert ist

ferner der Bericht über die Wiedererweckung und Ausbreitung des

Shakespeare-Studiaums in Deutschland. Was die Abhandlungen

über die einzelnen Stücke angeht, se haben fi dieselben von vornherein

die Aufgabe gestellt, unbekümmert um Autoritäten irgend welcher Art,

freimüthig und unbefangen den Eindruck wiederzugeben, welchen der

Verfasser in jahrelanger Vertiefung in diese Dichtungen gewann. Die

Abhandlungen sind in der Grundauffassung unverändert geblieben und

nur in den Einzelnheiten modificirt, in der Form gefeilt und nach reif-

lier Prüfung gemäßigt worden. Der zweite Band des Werkes

ist unter der Presse und wird unmittelbar folgen.

In der Sigung des Vereins für Geschichte und Alter- thum Schlesiens am 5. November hielt der Professor Dr. Palm einen Vortrag übcr Schlesiens Theilnahme an den politischen Ereignissen im Jahre 1620. Wie er schon betreffs der früheren Jahrgänge gethan, suchte auch hier der Vortragende die Resultate seiner in den Acta publica [ur das Jahr 1620 (einer Vereinsgabe des Vorjahres) niedergelegten Zusammenstellung des urkundlichen Materials für die politische Ge- \hichte Schlesiens in diesem Jahre in furzer Uebersicht wiederzugeben. Es famen an diesem Abende nur die Ereignisse in Schlesien im Laufe

des Frühjahrs bis zum Herbste und ihre Beziehungen zur Gesammt- geschichte, und die Kriegsoperationen Sachsens in der Laufiß zur Sprache. Die Neubewilligung einer Unterstützung von Seiten der Provinzialstände in Form einer einmaligen Bewilligung von 300 Thlrn. ermöglicht dem Vereine eine ungesäumte Fortführung der Sammlung der Acta publica zunächst für das Jahr 1621

Landwirthschaft.

__ Seit dem 1. Oktober d. J. erscheint im Verlage von Hein- rich Schmidt, Buchhandlung für Land- und Forstwirthschaft in Ltg, ne SULG Ebe Jagdzeitung“, Organ für Jagd Fischerei, Naturkunde, herauêgegebèen von W. H. Nibßsche, Königlicher Vberförster zu Minkwiß bei Leisnig. Aus dem reichcn Inhalt der Uns vorliegenden ersten drei Nummern dieser zweimal monatlich aus=- gegebenen Zeitschrift heben wir folgende Auf\äße hervor, welche ihre Zwecke kennzeichnen; Etwas über die modernen Hinterladungsgewehre von Adolf Zimmer. Aus Graubünden, von Manni. Aus der Gegend von Hanau. Der verhängnißvolle Treffer, von Guido Hammer. Wann ranzt der Dachs? von Prof. G. Herbst in Göt- tingen. Haselhühnerjagd mit der Locke, von Baron Nolde. Vom braunschweigshen Harze. Der Lerchenstrich, von Hugo Kiting. Der Westerwald, von v. Ricsenthal. Kleine Mittheilungen finden sich unter den Rubriken „Mancherlei*“ und „Anekdoten“. Die Forst-

und Jagdliteratur ift ebenfalls nicht vergessen. Von den Illustra- tionen, mit denen die ersten Nummern ausgestattet, sind zu erwähnen: Eine Hasenmißgeburt, ein merkwürdiges Rehgehörn, der leßte Luchs, der Lerchenstrich, cine Dachsfamilie u. #. w.

Gewerbe und Handel.

München, 22. November. Den Nachgenannten wurden Ge- werbsprivilegien verlichen, und zwar: unterm 12. November l. Is. der Chemnißer Maschinenbau-Gesellschaft, vormals A. Mün nich et Comp. in Chemniß, dann N. Brotherhood und Hawinaham in London auf Einrichtung von dreicylindrigen Kolbenmaschinen für den Zeitraum von zwei Jahren; unterm 14. November l. Js. dem praktischen Arzt Dr. Max Knorr in München auf die von ihm er- fundene eigenthümlich konstruirte Kaffeekanne, wodurch das gleichzeitige Ausschenken von Kaffee und Rahm in jeder Mischung ermöglicht wird, für den Zeitraum von einem Jahre; und unterm 15. November l. Is.

dargestellten Zeitraumes. Jhre Entstehung, ihre uationale und künst-

dem Polytechniker Friedrih Dittler in München auf die von ihm erfundene doppelt wirkende vereinigte Saug- und Druckpumpe für den Zeitraum von einem Jahre.

Rom, 18, November. Aus dem von der genuesischen Handels- fammer herausgegebenen statiftischen Jahresberichte über den Handel und die Schiffahrt von Genua ergiebt sich, daß im Laufe des Jahres 1872 446,000,000 Fics. daselbst umgeseßt worden sind, näm- lih 315 Millionen im Import, 86 Millionen im Export, 23 Misllio- nen im Transitimport und ebenfoviel im Transiterxport.

Verkehrs-Anftalten.

Die Nr. 96 der „Zeitung des Vereins Det Eisenbahn - Verwaltungen" hat folgenden Inhalt: Das Be- triebs-Reglement für die Eisenbahnen Deutschlands: 111 Beförderung von Gütern (§. 58 und 59). Indische Eisenbahnen. Verein Deuts scher Eifenbahn-Verwaltungen: Zum Protokoll der Berliner General- versammlung; die Vorschläge der Kommission fur die neue Feststellung der tarifaischen Bestimmungcn, Vorstellung an das Reichskanzler- Amt, betr. Einführungstermin für die beabsichtigte Aenderung der Maß- und Gewichtsordnung. Oesterreichish-Ungarishe Korresponden. Waagthalbalhn. Theiß-Eisenbahn (Fahrplan). Tramway-Gesellschaft in Wien. Taunus-Eisenbahn (Geschäftsbericht pro 1872), Alten- burg-Zeißer Eisenbahn. Personal-Nachrichten. Technisches. Literatur. Marktbericht, Eisenbahn-Kalender. Offizielle und Privat-Anzeigen.

Triest, 23. Neve (W. T Ba Lloyddampfer „Austria” ist heute Nachmittag 4 Uhr mit der ostindif )-chinesischen Ueberlan: post aus Alexandrien hier eingetroffen. :

New-York, 22. November. (W. T. B) Der Dampyfer des Norddeutschen Lloyd „Bremen ist gestern Mittag hier eingetroffen

Der Postdampfer des baltischen Lloyd „Ern Moritz Arndt * ist heute von hier via Havre nach Stettin in See gegangen.

Königliche Schauspiele.

Dienstag, 25. November. Opernhaus. (231. Vorstellung.) Esmeralda. Großes Ballet in 3 Akten und 5 Bildern von J. Perrot. Musik von Pugni. Esmeralda: Frl. Adele Granßow vom Kaiserlihen Hoftheater in St. Petersburg, als Gast. An- fang 7 Uhr. Mittel-Preise. i

Schauspielhaus. (240. Abonnements-Vorstellung.) Diana. Schauspiel in 5 Akten von Paul Lindau. Anfang halb 7 Uhr. Mittel-Preise. i

Mittwoch, 26. November. Opernhaus. (232. Vorstellung.) Auf vielfaches Begehren: Margarethe. Oper in 5 Akten nah Goethes Faust. Musik von Gounod. Ballet von P. Taglioni. Margarethe: Fr. Mallinger. Siebel: Frl. Lammert. Faust: Hr. Niemann. Mephistopheles: Hr. Salomon. Valentin: Hr. Schmidt. Anfang halb 7 Uhr. Hohe Preise.

Schauspielhaus. (241. Abonnements - Vorstellung.) Die Journalisten, Lustspiel in 4 Akten von Freitag. Anfang halb 7 Uhr... Mittel-Preise. k

Es wird ersucht, die Meldekarten (sowohl zu den Opern= haus-, wie zu den Schauspiethaus-Borstellungen) in den Briefs kasten des Opernhauses, welcher sich am Anbau desselben, gégen» über der Katholischen Kirehe, befindet, zu legen.

Dieser Briefkasten ift täglih für die Vorstellungen des fol» genden Tages nur von 10 bis 12 Uhr Vormiitags geöffnet.

Meldungen um Theater - Billets im Bureau der Genétalz Intendantur oder an anderen Orten werden als nicht eingegangen angéseben und finden keine Beantwortung. :