1920 / 234 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 15 Oct 1920 18:00:01 GMT) scan diff

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AUS1AL E

Nach Abs. 4 des § 1 finden die in Abs. 1 bis 3 enthaltenen Vorschriften mit Ausnahme derjenigen über Ruhegehalt und Witwen- und Waisengeld auch auf die nah Gemeindebeschluß den Beamten leib zu actenden jtändig Angestellten und Anwärter Anwendung. Der Begriff dieser im Semeindedieni, HBemon Personen ist bei der Verschiedenheit ihrer Dienst- und Anstellungsverhältnisse in den einzelnen Gemeinden noch tein allgemein feststehender. Die Be- stimmung des Begriffs ist daher der Beslußfassung der Gemeinden (Gemeindeverbände) überlassen. Hierbei werden die Gemeinden (Ge- meindeverbände) davon auszugeben haben, daß zu den ständig An- gestellten alle diejenigen zu rechnen sind, die nah den gesamten Ver- hältnissen in der betreffenden Verwaltung der Befriedigung eines dauernden Vedürfnisses dienen und sich in einer den bestehenden Amtseinrihtungen sh einfügenden amtsartigen Stellung befinden. Der Kreis der unter das Geseß fallenden ständig Angestellten wird sich vielfach mit dem derjenigen Arbeitnehmer deden, die nach § 13 Abs. 4 des Betricbsrätegeseßes vom 4. Februar 1920 (Reihs-Geseßbl. S. 147 ff.) von der Geltung dieses Geseßes ausges{lossen werden können, vorauëgeseßt, daß diese der Befriedigung eines dauernden Bedürfnisses dienen.

Zu den Anwärtern im Sinne des Geseßes gehören aub die zum Nachwuchs für den Beamtenkörper bestimmten, noch u Vor-

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a) Die Vorschriften in § 66 des Reichsmilitärgeseßes, wonach die Reihs- und Staats- und Kommunalbeamten dur die Cins berufung zum Kriegsdienst in threm Beamtenverhältnis keinen Nas teil erleiden follen, beziehen sich nur auf Personen, die zur Zeit ihres Eintritts in den Kriegsdienst bereits Beamte waren. Nicht auf die- jenigen, die erst nach Beendigung des Kriegsdienstes Beamte werden und die bei der Feststellung ibres Dienstalters gegenüber gleichaltrigen Amtsgenossen, die nit im Kriege gewesen sind, Nachteile erleiden, weil sie später als diese, sci es na oder ohne Ablegung einer Prüfung, zum Eintritt in den Beamtendienst gelangen. Der § 5 soll diesem Nachteil für die Kommunalbeamten, ständig Angestellten und An-

warter der Gemeinden usw. in gleiher Weise Abhilfe schaffen, wie |

es für die Staatsbeamten gesehen is. Bei seiner Anwendung ist auf die näheren Bestimmungen des nach § 66 des Reichsmilitär- geseßes ergangenen Crlasses des Staatsministeriums vom 17. Juli 1916 (Min.-Bl. f. d. 1. Verw. S. 230) zu achten. Danach ist bei Feststellung des Dienstalters, welhes für die Berufung zur ersten

| planmäßigen Anstellung maßgebend ist, die Zeit des Kriegsdienstes info»

bereitungédienst und in der Ausbildung begriffenen Personen, die noch |

niht als Beamte auf Probe oder diatarish angestellt sind.

Einen Zwang zur Gewährung von Ruhegehalts- und Hinter- |

bliebenenversorgung für diese Gruppen von Gemeindebediensteten ent- hâlt das Geseß nicht, es \Gließt aber die Gewährung derselben auch

niht aus. S N 5

Die beteiligten Organisationen sind zu hören:

a) wenn es fh um die Befoldungsregelung usw. von Beamten- gruppen handelt, für die entweder eine Beamtenvertretung nicht besteht oder die einer Mehrzahl solher Verireiungen zugehören, was häufig bei Provinzialverbänden der Fall sein wird, wo einzelne Beamtengruppen, wie beamtete Chaussee- wärter und -aufseher, über die ganze Provinz verteilt sind,

) in allen übrigen Fällen, wenn die Organisation es wünscht. Es soll hierdurch den Gemeinden Gelegenheit gegeben werden, vor Festseßung der Besoldungen si cinaeber über die Stellungnahme der Beamtenschaft zu unterrichten.

Die Anhörung ist in erster Linie Sache der Gemeindebehörden, welche die darüber entstandenen Verhandlungen mit den beschlossenen Besoldungs8vorschriften 2 Abs. 2) der Aufsichtsbehörde vorzulegen baben. Die Aufsihtsbehörden werden aber nah Moöglichkeit darauf hinzuwirken haben, daß beirn Vorliegen eines Einspruchs im. weiteren Berlauf des Verfahrens auh die Beschlußbehörden eine nochmalige Anhörung vornehmen.

Zu S 2/

Sämtliche Gemeinden und Gemeindeverbände haben auf Grund des Gesetzes alsbald eine Neuregelung der Bezüge ihrer Beamten usw.

vorzunehmen, auch wenn in neuerer Zeit eine solhe Regelung statt-

gefunden haben sollte. Es bestehen jedoch keine Bedenken, wenn eine |

Gemeinde eine nah Neuregelung der Bezüge der Staatsbeamten be-

\{lossene Besoldungsordnung, die den Bestimmungen des vorliegenden |

Gesetes entspribt, ohne nochmalige Beschlußfassung der Ausfsichts- behörde vorlegt und damit deren weitere Geltung zum Auêdruckc bringt.

Gnthalt cine Besoldungsordnung nab den vorstehenden Aus- führungen einen erheblichen Verstoß gegen die geseßlihen Bestimungen, der der Aufsichtsbehörde zum Einschreiten Veranlassung gibt, so ist von dem CEinspruchsreht unverzüglih Gebrau zu machen und die «Beschlußfassung der Beschlußbehörde herbeizuführen. Ebenso ist zu- treffendenfalls mit arößier Beschleunigung die Erklärung, daß kein Einspruch erhoben werden foll, abzugeben, wie überhaupt die Prüfung der Besoldungsordnungen sofort nah deren Einreihung vorzunehmen und aufs äußerste zu beschleunigen ist. Die Erhebung eines rein formellen Einsprucbs, lediglich um den Lauf der Einspruchsfrist zu unterbrechen, ist mit dem Geseß unvereinbar, da das Cinspruchörecht

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vorschriften als mit den Bestimmungen des § 1 in Widerspruch stehend erachten.

nur gegeben ift, wenn die Kommunalaufsiwtsbebörden die Besoldungs-

Auch für die Gemeinden und, Gemeindeverbände bezeichnet die | in § 2 Abs. 1 geseßte Frist von drei Plonaten nur den äußersten |

Termin für die Regelung. Im Jnieresse der Gemeindebeamten wie auch der Gemeinden selbst liegt es, die Gehaltsaufbesserung mit größter

Beschleunigung vorzunehmen und erforderlichenfalls einer besonders |

dringlichen Not durch Vorschußzahlung auf die in Aussicht stehenden Erhohungen der Bezüge abzuhelfen.

Der Rechtsmittelzug gegenüber den erstinstanzlihen Beschlüssen |

der Beschlußbebörden regelt sih nach § 121 des Landesverwaltungs- geseßecs vom 30. Juli 1883.

Den einzelnen Beamten usr. steht die förmlidbe Beshwerde nab

S 121 a. a. O. wegen seiner Einreihung in die Besoldungsordr oder der Bemessung seiner Bezüge niht zu. Wenn er glaubt in wohlerworbenen Rechten geschädigt zu sein, hat er diese auf de: S 7 des Kommunalbeamtengesc8es geordneten Wege, der auf Pr vertrag Angestellte auf dem ordentlihen Recbt2wege zu verfolgen. Zulässigkeit von Vorstellungen und Beschwerden im Aufsichtswe steht diese Nechtslage selbstverständlih nicht entgegen. : Zu 8 3,

Der S 3 enthält eine Erweiterung der bisher in § 11 des Kommunalbeamtengeseßes geregelten Aufsichtsbefugnisse. Einspruchsrecht bezieht sih auf die Besoldungen aller Beamten, f Angestellten und Anwärter, also auch auf die bisher gemäß a. a. O. während der Amtsdauer Einwirkungen der Aufsihtsbehörden nit unterworfenen Bezüge der Bürgermeister und Magistra glieder, sowie ferner au auf die Besoldungen usw. der Beamten der

Landgemeinden und der Provinzen. Der § 3 gilt sachlich für alle im |

S 1 genannten Bezüge, also auch für das Ruhegehalt nund für die

Hinterblicbenenbezüge. Eine Sagzung bildet keinèn Hinderungsgrund | @. „gr : : : cu Nf pt i : E | Konfistortum der Mark Brandenburg verliehen worden.

mehr für das Eingreifen der Aufsichtsbehörde.

Das Cingriffsrecht ist im Gegensaß zu dem in § 2 für die erst- maliae Regelung vorgesehenen Einspruch ein dauerndes. Es steht der Aufsichtsbehörde nur zu bei erhebliher Verleßung der Grundsäße des S 1, wie sie sih aus den vorstehenden Ausführungsbestimmungen er geben. Eine solde Verleßung würde beispielsweise auch dann vor- liegen, wenn die allgemeinen wirtscaftliben Verhältnisse, unter denen die Besoldungsordnung bescblossen war, sih wesentlich geändert haben.

Cine Beschlußfassung nah § 2 {ließt die Anwendung des Ein- |

griffsrehts nah § 3 niht aus. ZuF4.

Die Vorschrift entspriht den für die unmittelbaren Staats- beamten in § 10 Abs. 4 des Beamten-Diensteinkommensgeseßes er- lassenen Vorschriften.

Der Begriff der Gemeindeverbände ist hier, wie bereits bemerkt, entsprechend den Anstellungsgrundsäßen des Bundesrats vom 20. Junt 1907 (Zentralbl. f. d. D. R. S. 14 ff.) weitergehend gefaßt als in & 1: auch die tommunalständishen und landschaftlichen Verbände fallen hierunter.

Als „nachfolgende Zivildienstzeit" (Abs, 1 b) gilt die Zeit der Iinformatorishen Beschäftigung im Probedienst und die diätarische Dienstzeit, die bei dem Anstellungéverband usw. zur Erlangung der Anstellung zurückgelegt sind.

Für die in Abs. 3 genannten Militäranwärter hat eine Nach- zahlung vom 1. April 1920 ab zu erfolgen, sofern nicht eine wenigstens zum gleichen Ergebnis führende Anrehnung auf das Besoldungsdienst- alter bereits stattgefunden hat. /

Der Höchstbetrag der Anrechnung von fünf Jahren ist für die erstmaligen Anstellungen nah dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Geseßes auch in denjenigen Gemeinden usw. maßgebend, in denen bisher eine höhere Anrehnung stattfand. Die vor dem Inkrafttreten des Gejeßes beretts erfolgten höheren Anrechnungen bleiben unberührt.

Abgesehen von der Berechnung des Ruhegehalts kommt dem § 4 Bedeutung nur für diejenigen Gemeinden usw. zu, die das System der Dienjstaltersstufen eingeführt haben.

weit anzurechnen, als der Anzustellende infolge des Kriegsdienstes die Befähigung für das betreffende Amt nahweislih später erlangt hat, oder als, wo Anwärter nach Ableistung des Probe- oder Vor- bereitunosdienstcs ohne weiteren Befähigungsnahweis zur ersten etatsmäßigen Anstellung gelangen, die Anstellung nachweislich später ersol t ist. Ferner wird nah dem Erlaß allen Beamten die Kriegs- ienstzeit a Müätim der diâtarisben Beschäftigung nahweislih verzögert ist.

Besonders zu beacbten ist nes Ziffer IV des Erlases, wonach eine Anrebnung nur stättfindet, sofern der Beamte unmittelbar nach Beendigung des Kriegsdienstes oder der Sculzeit sih dem Dienste der betreffenden Gemeinde oder der Vorbereitung dafür zugewendet hat.

b) Nach den faiserlihen Verordnungen vom 7. September 1915 (Reicbsgeseßbl. S. 599), vom 24. Januar 1916 (Reichsgeseßbl. S. 85), vom 20. Januar und 20. März 1917 (Reich8geseßbl. S. 149, 315) und vom 21. Januar 1918 (Reichsgesebßbl. S. 73) werden den Beamten, die am Kriege teilgenommen haben, bis zu fünf Jahre auf das Nubecebaltédienilalier ¡ugerechnet; die weiteren Bestimmungen der kaiserlihen Verordnungen und in § 17 des Pen- sionsgeseßes für die unmittelbaren Staatsbeamten in der Fassung vom 27. Mai 1907 (Geseßsamml. S. 95) über den Begriff des Krieasteilnchmers usw. \mnd ebenfalls bei Berehnung des Ruhe- achaltsdienstalters im Einzelfall zu beachten.

Da § 5 die „jeweils“ geltenden Bestimmungen für anwendbar erklärt, würde au der zurzeit in Vorbereitung befindlihe Gesetz» entwurf, wonach au den in der Heimat verbliebenen Beamten die Kriegszeit, und zwar voraussihtlih mit der anderthakbfahen Dauer auf das Nuhegehaltsdienstalter, anzurechnen wäre, falls er S werden sollte, ohne weiteres für die Gemeinde- usw. Beamten Gel- tung gewinnen; cine ausdrüdlihe Regelung dieses Punktes in den Besoldungsvorschriften wird daher nicht erforderlih sein.

Soweit tinbetreff der Anrebnung der Kriegszeit einzelnen Be- amten bereits besondere Rechte zugebilligt sind, hat § 5 keine rüdck- wirkende Kraft. Jm übrigen werden durch_ ihn jedoch entgegen- stehende Bestimmungen beseitiat, so daß in Zukunft nur die Vor=- rift des § 5 in Anwendung kommt.

ZusS 6.

Während § 11 Abs. 1 des Kommunalbeamtengeseßes aufgehoben ist (val. au die Ausführungsbestimmungen zu § 3 des Gesctes), sind die in § 11 Abs. 2 a. a. O. erwähnten, auf den besonderen polizei- rechtlichen Vorschriften beruhenden abweichenden Befugnisse der höheren Polizeibehörden hinsichtlich der Festseßung der Bezüge für Polizeis beamte unberührt geblieben. Ein Gleiches gilt, wie bereits zu § Abs. 1/3 gesagt ist, entsprechend auch bezüglih der Gemeindeforst-

/ beamten (8 23 des Kommunalbeamtengeseßes).

Berlin, den 6. Oktober 1920. Der Minister des Junnern. B SLCUNT

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forften. Die Preußische Staatsregierung hat den Oberforstmeister Wesener zum Landforstmeister, den Regierungsrat Bo ddin, den Regierungs- und Ver- messungsrat Ku m mer und den Regierungs- und Landesober- fishmeister Dr. Seydel, sämtlich im Ministerium für Land-

wirtschaft, Domänen und Forsten, zu Ministerialräten in diesem

Ministerium ernannt.

Der Regierungsrat in der bisherigen Schubgebietsverwal- tung Dr. Mickel in Verlin ist zum Regierungs- und Landes- ökonomierat im Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten ernannt worden.

Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung.

Die Preußische Staatsregierung hat den früheren Direktor des Gymnafiums in Weißenburg î. Els. Dr. Radke, zurzeit Studienrat am Gymnasium in Burg, zum Studiendirektor ernannt und ihm die Leitung des Stiftsgymnasiums in Zeiß ubertragen.

Evangelischer Oberkirchenraktk.

__ Der Pfarrer Fischer an der Jerusalemskirche in Berlin ist zuglei zum Konsistorialrat ernannt worden. Jhm ist eine nebenamtlihe geistliche Ratsstelle bei dem Evangelischen

Bevor die Auf Grund» der Bekanntmachung des Reichskommissars

| für die Kohlenverteilung vom 30. März 1918 (Deutscher

Jieichsanzeiger Nr. 78) in Verbindung mit der Anordnung der Landeszentralbehörden vom 21. August 1917 wird für das Gebiet des Kohlenverbandes Groß Berlin, nämlich die Stadt- treise Berlin, Charlottenburg, Neukölln, Berlin-Schöneberg, Berlin-Lichtenberg, Berlin-Wilmersdorf sowie die Landkreise Teltow und Niederbarnim folgendes bestimmt:

& S S 1, j __ An Stelle des § 14 der Verordnung des Kohlenverbandes Groß Berlin vom 6. März 1919 tritt folgende Bestimmung: __ Die Kohlen sind nach Gewicht abzugeben ; bei Lieferung frei Haus hat das Zuwiegen mittels einer Wage bei der Ueber- gabe der Ware zu gescheben. 8 2. Zuwiderhandlungen gegen obige Bestimmung werden gemäß 8 93 der Verorduung des Kohlenverbandes Groß Berlin vom 6. März 1919 bestraft. &:2 - CNL,8 M . D m « _—_ __ Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Veröffentlichung in Krast. : Berlin, den 14. Oktober 1920. Der Kohlenverband Groß Berlin. Reike,

uf das Dienstaltier soweit angerechnet, als durch sie der

BekanntmacGuag. Die am 13. Juni d. I. verfügte Untersagung

' Grotbheschen Handelsbetriebes in Wi

| wegen Unzuverlä | aller Art wird hierdurch aufgehoben.

ssigfeit auf den Handel mit Mehï-

Wittenberg, den 23. September 1920. Die Polizeiverwaltung. Dr. Notteboh%

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Bekanntmachung.

Auf Grund der Bekanntmachung zur Fernbaltung unzuverläfsiger Personen vom Handel vom 23. September 1915 (NGBL. S. 603) habe ih dem Penstronsinhaber Emil Bast, Berlin, Luisenstraße òl, und dem Geschäftsführer Kurt Illgen, Berlin, Invalidenstraße 131, durch Verfügung vom heutigen Tage den Handel mit Gegenständen des täglichen Bedarfs wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb unter sagt.

Berlin O. 27, den 6. Oktober 1920.

Der Polizeipräsident. Abteilung W. I. V.: Heyl.

Bekanntmachung.

Auf Grund der Bekanntmachung zur Fernhaliung unzuverlässiger Personen vom Handel vom 23. September 1915 (RGBl. S. 603) babe ih dem Schankwirt Viktor Herrmann und dessen Ehefrau, Else geb. Grünfke, beide Berlin Friedenau, Rheinstraße 20, wobnhaft, durch Verfügung vom oulioin Tage den Handel mit Gegenständen des täg- lichen BVeédarfs wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb untersagt.

Berlin O. 27, den 6. Oktober 1920.

Der Polizeipräsident. Abteilung W. I. V.: Hey!.

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Nichtamtliches.

Theater und Musik.

Schillertheater Charlottenburg.

Sudermanns Tragikomödie „Die gutgescchnittene Ede", die vor vier Jahren im Lessingtheater einen starken Erfolg erzielte, ist seit gestern dein Spielplan des Schillertheaters einverleibt worden. Ist au der Grundgedanke dieses dem Dramenzyklus „Die entgötterte Welt“ angehörigen Sudermannschen Stücks, das den alten, ewigen Kampf des für seine Sade begeisterten Jdealisten wider die Uebermacht selbstsüchtiger Gegner darstellt, niht neu, so fesselt er doch hier durch den gutgewählten Sonderfall, den der Dichter als lebr- reiches Beispiel sciner Bühnenarbeit zugrunde gelegt hat. Mit grelleIm Scheinwerferliht erhelt er dunkle Winkel des ias Kunstlebens, oder, richtiger gesagt, Kunst-

triebes, in denen Erfolge, die sich für die Beteiligten nit nur in Ruhm, sondern in klingende Münze umsezen lassen, er- dacht, errechnet und gemacht werden. So sehen wir einen aufrecht in der Oeffentlichkeit stehenden Mann, welcher die Stadtgemeinde, der er ea nad bestem Gewissen dient, durch die Gründung einer Volksbühne beglücken möchte, angewidert von den Machenschaften seiner Gegner, \sich ins Privatleben zurüdziehen, während andere die Früchte seiner Arbeit ernten. Eine unter Alfred Brauns Spielleitung stehende, selbst verwöhnten Ansprüchen gerecht werdende Aufführung verfehlte auch auf die zahlreiben Besucher des Schiller- theaters ihren Eindruck niht. In der Rolle des idealistischen Stadtverordneten Brandstädter {uf Georg Paescbke eine lebens- volle, überzeugende Gestalt. Den gaunerhaften Grundstücksspekulanten Dâänsch, im Lessingtheater einst eine glanzvolle Charakterstudi Hermann Vallentins, zeichnete Albert Ulrith nah diesem Vorbild mit siheren Strichen nach, und den gefährlidsten Gegner Brand- städters, den Kunsthändler Weyrauch, spielte Nichard Wirth gewandt und glaubhaft. Mit scharfer Charakteristik stellte Artur Menzel den Stadtverordneten Friese, den einzigen ehrlichen Gegner Brandstädters, auf die Bühne. In den wihtigeren Nebenrollen zeichneten si die Damen Hartwig, Würt, Wolff, Mörike, die Herren Braun, von Oppen u. a. aus. Von den Bühnenbildern war der Vorraum des

Stadtverordnetensißzungs\saales im Rathause das wirksamste.

_Im Opernhause beginnt ‘als Martha în der morgigen Aufführung bon _Flotows gleihnamiger Oper Maria Jvoguüún vom. _Nationällhéeat n München die exst Reihe ihrer hiesigen Vervflichtungen. Sn den übrigen Rollen wirken mit: Margarete Arndt-Ober und die Herren Kirchner, Helgers, Krasa und Bachmann. Musikalischer Leiter ist der Kapell- meister Otto Ura. Anfang 7 Uhr.

_, Im S@Gauspielhause werden morgen „Die Räuber" mit Theodor Becker als Karl und Friß Kortner als Franz Moor auf: geführt. Anfang 6# Uhr.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

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Theater.

Operuhaus. (Unter den Linden.) Sonnabend: 178, Dauer- bezugövorstellung. Martha. Anfang 7 Uhr. Sonntag: Palestrina. Anfang © Uhr.

Schauspielhaus. (Am Gendarmenmarkti.) Sonnab. : 183. Dauer- bezugévorstellung. Die Näuber. Anfang 6# Uhr.

Sonntag: Nachmittags: 7. Volksvorstellung zu ermäßigten Preisen: Fuhrmann Henschel. Anfang 24 Uhr. Abends: Die JFournalisten. Anfang 7 Uhr.

Familiennachrichten.

Verlobt: Gräfin Katharina von Rothenburg mit Hrn. Heribert Frhrn. von Ohlen und Adlerscron (Schloß Peterwitz, Kr. Jauer).

Gestorben: Hr. Oekonomierat Hermann Faulhaber (Breslau). Hr. Generalleutnant z. D. Wigand von Gersdorf (Weimar). Hr. Major a. D. Ulrih-von Bismarck (Kuelz). Frl. Johanna Schöne (Berlin-Grunervoald).

Verdntwortliher Schriftleiter: Direktor Dr. T y r o l, Charlottenburg. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle, J. V.: Rechnungsrat Meyer in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle (J. V.: Mever) in Berlin.

Druck der Norddeutsben Bucbdruckerei und Verlaasanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 32.

Sechs Beilagen (eins{ließlid Börsenbeilage und Warenzeichenbeilage Nr. 83 A und B)

und Erste und Zweite Zentral-Handelsregister-Beilage

zum Deutschen Reichsa

Ir. 234. N

Erste Veilage

Berlin, Freitag, den 15. tober

Nichtamtliches.

(Fortsezúng aus dem Hauptblatt.) Deutsches Reich.

Wie „Wolffs Telegraphenbüro” erfährt, hat am 13. d. M. im Auswärtigen Amt mit vom Reichswirtschaftsrat benannten Persönlichkeiten eine Besprechung über die Vorbereitung der Genfer Konferenz stattgefunden.

Mie vom Reichsarbeitsministeriuum mitgeteilt wird, hat der Reichsrat in seiner Sißzung vom 14. Okiober einer Vorlage des Reichsarbeitsministeriuums seine Zustimmung erteilt, wonach auch über den 22. Oftober 1920 hin- aus die Kündigung gegenüber Schhwerbe- shädigten nur mit Zustimmung der Hauptfürsorge- stellen für Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene zulässig ist. Die Vorlage wird den Shwerbeschädigten in der Zeit der heutigen Wirtschaftskrise den unbedingt erforderlichen Schuß auf dem Arbeitsmarkt auch weiterhin zuteil werden lassen.» Es fann erwartet werden, daß die Hauptfürsorgestellen die vor- geschriebene Zustimmung zu den Kündigungen nur in ganz be- sonderen Ausnahmeverhältnissen geben und daß im Hinblick darauf in Arbeitgeberkreisen auf Kündigungen tunlichst ver- zihtet wird.

Zur Auslieferung der Dieselmotore an die Entente hat der Reihsaus\huß der Deutschen Land- wirishaft, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ mitteilt, an die Reichsregierung die dringende Aufforderung gerichiet, unter feinen Umständen dieser unerhörten Forderung nachzugeben. Deutschland würde durch die Abgabe der Dieselmotore eines der wichtigsten Mittel zum Wiederaufbau des Wirtschaftslebens verlieren. Gerade im landwirischaftlihen Juteresse müsse vor einer Auslieferung der Diesclmotore auf das dringendste gewarnt werden. Jhre Anwendung in der Landwirischaft sei von Jahr zu Wahr gewachsen. Sie würden benußt in Elektrizitätszentralen, in Trocknereien, bei Wasserversorgungs- anlagen, bei Be- und Entwässerungsanlagen usw. Die Weg- nahme dieser Dieselmotore würde die betreffenden Betriebe bis zur Beschaffung einer anderen Antriebkraft stillegen, zumal andere Betricbsstoffe wie Kohle, Benzol usw. nur in sehr be- schränktem Maße zur Verfügung ständen und außerdem nur 3 sehr hohen und vielfah unershwinglihen Preisen zu be- fommen seien. Die Fortschaffung der Dieselmotore würde des- halb nit nur die industrielle Produktion Deutschlands schädigen, sondern auch die landwirtschaftlihe. Damit werde die hon ohnehin gespannte Lage in der Lebensmittelversorgung unseres Volkes bis zur Unerträglichkeit gesteigert.

Der sozialdemokratishe Parteitag in Cassel be- endete gestern die eingehende Debatte ‘über die Wirtschafts- politik und stimmte über die zahlreihen zum Fraftions- bericht vorliegenden Aniräge ab. Mit 138 gegen 137 Stimmen wurde dem „Vorwäris“ gzu?olge ein Anirag Heilmann angenommen, der besagt, die Reichs- tagsfraktion solle dem Ernährungsminister Dr. Hermes wegen seiner Ernährungspolitit, unbeschadet der sonstigen Stellung der Fraktion zum Kabinett das Miß- trauen aussprechen. Einstimmig gelangte eine Ent- {{ließzung zur Annahme, die den festen Willen der Partei zum Ausdruck bringt, die ganze Kraft auf die Ver- gesellshaftung der Produftionsmittel e kfon- entrieren und die Sozialisierung überall dort tatkräftig zu fzibarn, wo innerhalb der Produktion die Vorausseßungen gegeben find, vor allem für den Kohlenbergbau und die Kohlen- verteilung. Dieser entscheidende Schritt sei ohne Vorbehalt mit voller Klarheit und ausdrücklih gegen das private Eigen- tum im Kohlenbergbau im Sinne des Antrags T der Soziali- sierungskommission zu tun. Darauf wurde der Bericht über den Internationalen Sozialistenkonarcß in Genf erstattet.

Eh

L S Bayern.

Sn der gestrigen Sißung des Staat3haushalts- ausschusses wurde beim Etat des Staatsministeriums des Aeußern ein sozialdemokratisher Antrag eingebracht, vom 1. Januar 1921 an dieses Ministerium aufzuheben. Der Ministerpräsident von Kahr erklärte laut Bericht des „Wolffschen Telegraphenbüros“:

Aus der Vorlage des Haushaltsplans fei zu entnelmen, daf die Regierung zunächst niht beabsichtige, die Aufhebung des Außen- ministeriuums zu verfolgen. Die Entwiklung der Verhältnisse seit dem Frühjahr lasse es der Regierung nicht ratsam erscheinen, gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt mit einer solchen Maßnahme vorzugehen, zumal sih die Aufgaben des Außenministeriums seit dem Frühjahr in unerwarteter Weise vermehrt und vertieft hätten. Ferner fei nicht nur die Reichêregierung gewillt, eine besondere Vertretung in München einzurihten, sondern auch Sachsen und Württemberg hätten ihre Vertretungen beibehalten. Der Ministerpräsident könne auf keinen Fall auf einen Apparat verzihten, wie ihn das Außenministertum carslelle. Seine sofortige Aufhebung würde keine wesentliche Ver- einfaGung im Verwaltungsdienst bringen. Deshalb habe sich die Regierung entschlossen, für die vorläufige Belassung des Ministeriums des Aeußern einzutreten.

Nach dem Schlußwort der beiden Referenten wurde der Anirag der Sozialdemokraten mit allen gegen acht sozialdemo- fratishe Stimmen abgelehnt. Auf einen demokratischen Antrag wurde beschlossen, dem deutschen Volk in Kärnten GSlüd- wünsche zum Ergebnis der Volfk3abstimmung zu übermitteln.

Im Wirtschaftsaus\chuß des Landtags wurde

egen die verlangte Persorus der Dieselmotoren von seiten

r Entente von Rednern aller Fraktionen einschliéßlich der U. S. P. Protest erhoben. Der Handelsminister Hamm be- merkie, mit der Ausführung des Friedensvertrags habe die Sache nichts zu tun, das sei auch die Auffassung des Aus- wärtigen Ämts. Die Reichsregierung würde mit allem Nach- druck auf den Ernst der Sache hingewie}en, ebenso die fran- zösische Vertretung in München.

Oesterreich. 5

Nach dem offiziellen Ergebnis der Kärntner Volks- abstimmung sind für Oesterreich 22025, für Jugoslawien 15 278 Stimmen abgegeben worden. Anläßlich dieses Er- gebnisses hat das. Präsidium der österreichischen Nationalversammlung an die österreichische Oesffent- lichkeit eine Kundgebung gerichtet, in der es darauf verweist, daß die Mehrheit der Bevölkerung in dem strittigen Gebiet sich nicht für das mit natürlichen Hilfsmitteln so reich gesegnete Südslawien, sondern für den in tausend Nôten ringenden österreichishen Staat entschieden habe. Das Präsidium der Nationalversammlung dankt aus innigem Herzen den Kärntnern für ihre Treue. Die Blätter drücken ihre große Freude über das Abstimmungsergebnis aus, wodur diejes Land deutsch und ungeteilt bei Oesterreich verbleibt. Sie be- tonen weiter, daß der 10. Ofkiober auch ven Signataren- des Vertrages von St. Germain den Beweis erbracht habe, wie- viel Unreht dem Volke Oesterreichs dur diesen Vertrag ge- schehen sei, und drücken die Erwartung aus, daß der Vertrag revidiert werde.

Nach einer Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros" sind in die Zone A zwei südslawische Bataillone ein-

marschiert. Die Plebiszitkommission iraf entsprechende Maß-

nahmen und wird bis zur Uebergabe des Gebiets an Oester- reich anstatt der Kontrolle die Verwaltung des Gebietes selbst übernehmen. Das Staatsamt des Aeußern hat der Bot- schafterkonferenz in Paris von dem Einmarsch südslawischer Bataillone Mitteilung gemacht und die österreichishe Gesandt- schaft in Belgrad beaustragt, bei der südjlawischen Negierung Einspruch zu erheben.

Nach jugoslawischen Meldungen sind in Laibach Ge- rüchte von Brandstistungen und Angriffen gegen die slawische Bevölkerung verbreitet. Wie das Tele- graphen-Korrespondenz-Büro von kompetenter Seite erfährt, sind alle diese Nachrichten absolut aus der Luft gegrissen. Nach den vorliegenden Meldungen ereigneten sih weder während des Plebiszits noch nah demselben irgendwelche Zwischenfälle. Von irgendeiner Bedrohung der slawishen Vevölkerung in Kärnten kann also keine Rede sein.

Ungarn.

In der Nationalversammlung interpellierte der Ab- geordnete Stefan vacs über die Königsfrage. Der Ministerpräsident m Teleki erklärte dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zufolge, die Negierung vertrete einmütig die Ansicht, daß die Königsfrage nur auf gen Wege gelöst werden könne, allein weder die innerpolitische noch die außen- politische Lage sei hierzu reif. Ueberdies müßten zuvor noch gewisse Verfassungsfragen geregelt werden. Keinesfalls sei die Angelegenheit geeignet, vor dex großen Oeffentlichkeit ver- handelt zu werden. (Lebhafter Beifall im ganzen Hause.)

Grof;britannien und JFrland.

Der deutsche Botschafter Sthamer hat gestern dem König sein Beglaubigungsschreiben überreicht.

Der Gesandte in Warschau Sir Horace Rumbold ist zum Oberkommissar in Konstantinopel ernannt, wo er bei der Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zum Botschafter aufrücken wird.

Lord Grey und Lord Nobert Cecil veröffentlichen ge- meinsam einen Brief zur Rede Lloyd Georges über Jrland, in dem sie dem „Nieuwe Rotterdamschen Courant“ zufolge erklären, daß erdrückende Beweise dafür bestehen, daß bewaffnete Streitlräfte der Krone seit Monaten systematisch Häuser verbrannt oder zerstört, Frauen und Kinder in die Wälder und Berge verjagt haben. Unter den Opfern be- fänden si Protestanien und Unionisten, die erbitterten Gegner der Sinnfeiner. Die Politik, die zu solhen Ergebnissen ge- führt habe, würde von Ministern, darunter Lloyd George, ge- billigt. Dies seien ernste Anklagen, die sofortige öffentliche Untersuchung durch das geseßliche Gericht heischten.

Die irishe Selbstregierung wird den ersten Be- raiungsgegenstand bilden, der beim Zusammentritt des englischen Parlaments am nächsten Dienstag im Unterhaus auf der Tagesordnung steht.

Wie „Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, haben etwa 100 bewaffnete Männer die Gendarmerie von Dunmanway in der Grafschaft Cork angegriffen, mit der es zu einen Kampf fam. In Londonderry entstand ein Straßenktampf, bei dem mehrere Personen verwundet wurden. Auf einem der Kais von Dublin kam es zu einer Schießerei zwischen Zivilisten und Soldaten. Militär mußte die Ordnung wiederherstellen.

Fraukreich.

Der Ministerpräsident Leygues hat vorgeslern den Vor- fißenden der deutschen Friedensdelegation Minister von Mutius empfangen. i

Gestern vormittag erstattete der Senatspräsident Bourgeois dem Ministerpräsidenten Bericht über die Ergebnisse der Finanz- fonferenz.

Der Völkerbundsrat hat gestern dem Vertreter Polens Paderewski durch seinen Vorsißzenden Bourgeois eine Note über die Ereignisse in Wilna überreichen lassen. Wie „Wolffs Telegraphenbüro“ mitteilt, wurde Paderewski ersucht, seiner Regierung den großen Ernst der Lage vorzustellen. Die polnischen Truppen häiten die dem Völkerbund gegenüber über- nommenen Verpflichtungen verlegt. Wenn Wilna nicht in allerkürzester Zeit. geräumt werde, müsse der Völkerbund eiligst zusammentreten, um die Lage zu prüfen, die man nicht ernst genug ansehen fönne. G

Nach einer Mitteilung des „Echo de Paris“ hat die französische Negierung die Vorschläge der englischen Note, betreffend die Sachverständigenkonferenx und die vor- geschlagene Konferenz mit deutschen Vertretern zur Erwägung der Wiederherstellungsfrage, angenommen, aber die Einberufung einer dritten Konferenz verlangt, auf der nur die alliierten Regierungen vertreten sein sollen. Die englische Ansicht gehe dahin, daß man sih mit Deutschland auf freund- far iche Art einigen solle, der französische Standpunkt dagegen

ahin, daß Deutschland seinen Verpflichtungen nur dann nach-

nzeiger und Preußischen Staatsanzeiger

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kommen würde, wenn es dazu gezwungen würde. Eine Formel für eine endgültige Einigung sei bisher noch nicht gesunden worden.

Die Internationale Donaukonferenz hat be- {hlossen, daß_ die Kosten für die Jnstandholiung des Flusses von den Uferstaaten getragen werden sollen.

Nukßland.

Der Friedensvertrag zwishen Rußland und Finn- land ist nach einer Meldung des „Wolffschen Telegraphen- büros“ gestern in Dorpat unterzeihnet worden.

Italien. “Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“ is der Minister des Auswärtigen Graf Sforza zurücgetreten.

Polen.

Der Generalstabsberiht der polnishen Armee vom 13. Oktober besagt:

Unsere Truppen brachen den Widerstand zweier Sowjetdivisionen und besetzten am 12. d. M. Mol odetschn o. In dec neutralen Zone vor der 3. Armee berauben und drangsalieren Banden ver- Tleideter litauis@er Soldaten die polnishe Bevölkerung auch weiterhin. Am südlichen Abschnitt kehrte unsere Reiterei na. einem am 7. d. M. eingeleiteten großen Ausfall aus Korostyn zurück. Nach Beschädigung der dortigen Eisenbahnstation und Vernichtung der Brüden zerstreuten unsere Abteilungen die 7. Nefervebrigade sowie die 7. Sowjetdivision, machten 2000 Gefangene und erbeuteten 12 Ge- \{chüße und 40 Maschinengewehre.

Litauen.

Die litauische Negierung hat auf die leßte Note des polnischen Ministers des Aeußern vom 9. Oktober, wie die poLitauishe Telegraphenagentur“ meldet, am 12. ihre Zu- stimmung ju weiteren Verhandlungen über eine Weiterführung der Demarkationslinie östlih von Bastunai und Oszmjany nah Varena (Orany) gegeben unter der Bedingung, daß die polnische Negierung ihr Verhältnis zu General Zeligowsfki völlig aufflärt und die polnischen Truppen sofort aus dem beseßten Wilnaer Gebiet zurüczieht.

Die genannte Telegraphenagentur ift in der Lage, nachdem

iel und Wesen der neuen polnischen Eindringlinge klargestellt sind, folgende Darstellung zu geben:

Es handelt sich um 12000 Soldaten, deren Kern die litauis{- weißrussishe Division der polnischen Armee bildet und die aus ihrem Operationsgebiet verschiedene Elemente an \sich gezogen haben. Sie standen in der leßten Zeit auf dem linken Flügel der polnischen Armee in der Nähe von Lida. Als sie hörten, daß die poluishe Negierung ih verpflichtet habe, Wilna nicht mehr zu besetzen, sagten sie sich wenigstens äußerlich von ihr los und stießen längs der Bahn- linie Lida—Wilna vor. Nach der Besezung Wilnas gingen sie weiter vor, um die dritte litauis{ch-polnishe Demarkationslinie, die vor dent bolschewistishen Angriffe bestanden hatte, zu beseßen. Jn Wilna richtete General Zeligowski eine provisforische Negierung ein, deren Zusammenstellung keinen Zweifel über ihre Ziele bestehen läßt. Zeligowski richtete einen Funkspruh an die litauische Negierung, in dem es e er wünsche die Streitfragen mit der litauishen Regierung auf friedlichem Wege zu regeln. Nachdem {on vorher bei der litauiscben Negiecung kein Zweifel bestanden hatte, daß Zeligowski polnischer Agent sei, der auf Dan Befehl dieses sinnlose Unternehmen durchgeführt hat, ergibt auch das über die sogenannte Zentralregierung von Litauen gesammelte Material, daß das ganze Abenteuer in „Warschau organisiert und in Szene geseßzt ist. Die peinlihe Tatsache des Ur)prungs dieses Abenteuers zu verdecken, hat General Zeligowskt den Besehl herausgegeben, daß sich die polnischen Soldaten als aus Litauen gebürtig bezeihnen follen. Unten den polnischen Soldaten befinden sich viele Posener, denen gesagt wurde, daß sie die litauisch- bolschewistische Negierung aus Wilna vertreiben sollten.

Die Kontrollkommission des Völkerbundes hatte mit Vertretern der litauishen Regierung in Kowno eine Be- \prehung und überläßt es obiger Quelle zufolge den Litauern, den Streitfall mit Polen mit Waffengewalt oder friedlich zu lósen. Der Vorsißende hat versprochen, die Hatuptmächte zu ersuchen, Hilfskräfte und Mittel zur Verfügung zu stellen, um die Verbindungswege zwischen den Truppen Zeligowskis und dem polnischen Heere zu überwachen, Schießbedarf- und Lebens2 mittelnahs{chub zu verhindern und für die Unverletzlichkeit der Demarkationslinie zu sorgen. Dis Mitglieder der Kontroll- fommission haben sich in Wilna durch unmittelbare Befragung einzelner Mannschaften der Truppen Zeligowskis überzeugt, daß diese aus Galizien, Polen und Posen, nichi aber aus Mittel Litauen stammen.

DerlitauisheGeneralstab teilt einem Telegramnr der „Berlingske Tidende“ zufolge mit, daß lettische Truppen am 13. Oktober bei einem plößlichen Vorstoß die Station Selowka an der Eisenbahnlinie Libau—Düna- burg beseßten und âleichzeitig unter Drohung der Ent- waffnung die sofortige Räumung des ganzen übrigen von Litauen beseßten Teils des früheren Gouvernements Kurland, des sogenannten Jlluxtbezirks, forderten. Dieser Schritt komme den Litauern umso überraschender, als Letts land kürzlich ein Abkommen mit Litauen unterzeichnet hat, wonach das Schicksal dieses Gebiets durh Schiedsgericht ent- schieden werden soll.

Gleichzeitig wird gemeldet, daß die Polen die litauische Siadt Swenzany beseßt haben und auf litauishem Gebiet nordwärts vorrücken, in der vermeintlichen Absicht, mit den lettishen Tzuppen im Jllurtgebiet in Verbindung zu treten. Litauen wird vorläufig eine abwartende Haltung einnehmen. Es mobilisiert aus voller Kraft, will aber, bevor es sein Heer anwendet, feststellen, mit wem es kämpft. Die Bevölkerung zeigt zur Verteidigung gegen Polen die größte Opferwilligkeit; viele Freiwillige aus allen sozialen Schichten melden fich zum Heere, auch Schüler der oberen Klassen der Gymnasien und anderer Schulen. Sogar aus dem von Polen besetzten Ge: bieten kommen Weißrussen, Juden und felbst polnische Arbeiter,

um mit den Litauern gegen Polen zu kämpfen. Türkei. Nach einer „Havasmeldung“ hat die Kriegserklärung der armenishen Republik an die türkischen Nationa- listen in armenischen Kreisen in Konstantinopel tiefen Eindrueck

gemacht. Nach Mitteilungen aus Batum hahen Kurden und Tataren sofort nah der Besezung von Karbagh und Zangenzur

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