1920 / 248 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 01 Nov 1920 18:00:01 GMT) scan diff

Europas vorßbanden ist, die immer wieder von neuem Gefüble des Hasses und der Rate erweckt und den wahren Frieden nit auf- Fommen lassen will. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten). Snfolgedessen ist es in unserem eizenen hohen Interesse, daß wir alles tun, was in unseren Kräften steht, um diese Wunde zu s{ließen.

&ch will gar niht erst davon reden, daß au wir selbst daran ein materielles Interesse haben würden, daß wir unsere Arbeiter besGäftigen, unsere Industrie mit Aufträgen verseben könnten. Diese materiellen Interessen treten meiner Ansicht nach vor dem hoben sittlihen Interesse zurück, das die Beseitigung odes ständigen Anreizes zu kriegerischer Gesinnung mit \ch führt. Leider Hat über den guten Willen Deuts{lands, zu dieser Wiederherstellung bei-

zutragen, ein Unstern obgewaltet. Unsere Vorschläge, die wir {on -

seit dem Frühberbft 1919 gema®t haben, sind immer wieder teils auf Ablehnung, teils auf völliges Mißverständnis auf der anderen Seite gestoßen. (Hört! hört! bei der Deutschen Volkspartei.) Das is um Fo bedauerlicher, als dadurch gerade diejenigen Kreise der beiderseitigen Bevölkerung, die an si geneigt wären, miteinander zu gehen, dur immer tiefere Gräben getrennt worden sind. Ih hoffe, daß es, wenn nit den Regierungen, so doch verständigen Kennern der Sachlage „gelingen wird, über dieses Mifßverständnis und über diese Ablehnung hinweg endlich zu einem positiven Ergebnis zu kommen. , Veber die Wiederherstellung im eigentlichen Sinn hînaus haben wir uns zu weit umfassenderen Salleistungen verpflichten müssen. . Aus diese würden, wenn sie praktis unbürokratisch und in wirklich mens{lidem Sinne durhgeführt werden, beiden Parteien zum großen Vorteil gereihen können. Denn aud bei uns würden ste der darnieder- liegenden Industrie einen neuen Antrieb geben können.

H mötte hierbei allerdings gleich einer Tatsache gedenken, die bei den Sacleistungen als besonders \{werwiegend und belastend für Deutshland aufgeführt wird: es ist das die Forderung der Gegner, daß wir 810 000 MilHkühe liefern sollen, Die Sachlage ist folgende.

Na dem Friedensvertrag haben \ämtliße Ander, denen etn _S#aden dur den Krieg geschehen ist, das Recht, Usten über die ge- sehenen Schäden aufzustellen und der Wiedergutmahungskommission einzureichen, die ihrerseits dann bereMtigt ist, diese Schäden fest- zustellen, naddem sie der deutsGen Regierung Gelegenheit gegeben Yat, über diese Ansprüche sih hören zu lassen. Es is nun nit ridtig, daß diese Ziffer von 810 000 Mil(kühen eine bereits fest- gesehte, geprüfte und an uns gestellte Forderung ist. Es ist das nit mebr als die Summe der angemeldeten Schäden. Ic stelle fest, daß die deutsche Negierung diese Forderung noch keineswegs anerkannt bat) id stelle weiter fest, daß auf die von uns zu fordernden Milchkühe selbstverständlich die angerechnet werden müssen, die auf Grund des Annexes zu Art. 232 des Friedensvertrags \chon à conto geliefert worden sind. Ich stelle endlich fest, daß alle diese Forderungen unter der allgemeinen Bestimmung des Friedensvertrags sieben, daß die Miederqutmahungskommission niht mehr von uns verlangen ftann, als die Leistungsfähigkeit Deushlands zuläßt. (Sehr ridtig!)

Meine Damen und Herren! Dieser Herstellung eines Verständî- qunatwillens bei den Gegnern durch den Nachweis unserer ehrliGen Nit gegenüber steht aber die Verpflichtung der deutschen Regierung, mit allem Nachdruck diejenigen Gewaltsmaßregeln abzuwehren, die auf Grund des Friedensvertrags oder über den Friedensvertrag binaus gegen uns angewendet oder uns angedroht werden. (Sehr richtig!) Qu diesen Gewaltmaßregeln rene ih au alle diejenigen Zerstörungen- für die sich innerhalb der Friedensartikel keine genügende rechtlidhe Grundlage bietet. (Sehr richtig ! bei den Deutsch Demokraten.) Ganz im allgemeinen möchte i eins betonen. Nach dem Friedens3- vertrage haben wir allerdings eine ganze Anzabl von Gegenständen zu zerstören. Wir haben zu zerstören sehr vieles Kriegs8gerät, wik baben zu zerstören au vieles industrielle Material, das mit dem Krieasgerät und der Kriegsindustrie in Verbindung stand. Aber die Zerstörung wird nidt ausgeübt etwa von den Kontrollkommissionen selbst, die im Lande feststellen, wo sich das Gerät befindet, und wie viel zu zerstôren ist, sondern die Regierung bat dieses Gerät ihrer- seits auszuliefern, damit es zerstört wird. Ueber die Zerstörung be- stehen zwiscken der deutsden Regierung und der Kontrollkommission ganz feste Abmackungen. Es ist deswegen unzulässig, daß Offiziere dur das Land reisen und Gegenstände industriellen Wertes, die sie finden und für zerstörungspflibtig halten, ihrerseits zerstören, bevor darüber zwisGen der Kommission und der deutschen Regierung ein Einverständnis erzielt worden is, (Sehr richtig! und Hört, hört!) Mir it neulich von sehr zuverlässiger Seite mitgeteilt worden, daß einzelne Offiziere der Kontrollkommissionen in deutschen Univer- sitätsstädten wertvole optis&e Artikel eigenhändig mit dem Hammer, den se in der Tasde trugen, zer- \{lasen haben (Vewegung und "ebbafte Rufe: Hört! bört!), weil sie angaben, daß diese optisGen Artikel zum Kriegsmaterial gehörten. Das darf natörlih nicht sein ; die Artikel sind anzuzeigen und sind- enh wir einig sind, auszuliefern. Aber dieses Urteil ist nit dur eine Unterinstanz vorwegzunehmen.

Meine Damen und Herren! n dieses Kapitel hinein gehört ouG die LespreŒung der Interpellation der Dieselmotoren. Die QVnterpellatinn der Herren Emminger, Lit und Gen. hat den Ve- {luß der Botschafterkonferenz von Anfang September 1920 zum Ausgangspunkt genommen, wonach die s{nelllaufenden Dieselmotoren als Krieaëmaterial erflärt worden \ind, das zerstört werden müsse Die TÎInterpellanten baben infolgedessen und infolge der Erregung, die über diesen Vesck(luß weite Kreise Deutsblands, insbesondere einen großen Teil der deuten Industrie ergriffen hat, an die Regierung die Anfrrge gerichtet, welhe Scritte sie unternommen habe und welde Schritte sie noch zu unternehmen gedenke, um dieses mit dem Meortlaut und dem Geist des Versailler Friedensvertraas in Wider- spruch stehende, eine der bervorragendsten ted-nishen Erfindungen der Neuzeit zerstörende unbegründete Verlangen abzuwehren.

Meine Damen und Herren! Ic bin bereit, diese Interpellation in Verbindung mit meinen Gefamtausführungen bier zu beantworten. Die Frage is \{chon älteren Datums. Die interalliierte Marine- Fontrollkfommission, deren Aufgabe die Durchführung der Marine- Nlausel des Friedenêvertrages ist, bat {on im April d. I. die For- derung êrboben, daß alle Dieselmotoren zerstört werden müßten, die als Schiff8antriebmaschinen in deutsche Untersceboote eingebaut waren oder zum Einbau in solche bestimmt waren.

Es ist im Anschluß an diese Forderungen der Botschafterkonferenz und an die späteren Folgerungen, die die Kommission daraus gezogen Hat, eine Erregung im Volk entstanden, die vielleicht etwas über das Ziel hinausgeschossen ist. Jch stelle fest, daß auh die Snternationale Marinekommission hier in Berlin nie etwas anderes

Paten Lg pup d ur D,

gefordert hat, als die Unterseeboo! - Dieselmotoren zu Krieg8material

u erklären. Sie ist dabei allerdings von der Meinung ausgegangen, daß shnellaufende Dieselmotoren spezifishe Motoren für Unterseebau sind, und es ist eine Konsequenz, daß Kriegsmäaterial dieser Art zer- stört werden muß. Daraus rrgibt sich die außerordentliche Tragweite-

Die deutsche Regierung hat sih der Forderung der Botschafter, fonferenz widersetzt, gestüßt auf den Artikel 139 des Friedentvertrags, nach dem Maschinen, die aus dem Abbruh von Ueberwasserschiffen oder von Unterseebooten herrühren, für rein gewerblihe Zwecke ver- wendet werden dürfen. Da die Kontrollkommission bei ihrer Forde- rung verharrte, hat die deutsche Negierung am 10. September bei der Bot schafterkonferenz in Paris förmlidhen Protest erhoben. Schon vorher hatte die Kontrollkommission si ebenfalls an die Botschafter- fonferenz gewandt, und die Konferenz hatte am 3. September den Beschluß gefaßt, von dem ih eben gesproen habe, und festgestellt, daß die Forderung auf Zerstörung des Materials berechtigt. sei. Diese Entscheidung hat dann die Kontroll- kommission Anfang Oktober zur Kenntnis der deutshen Regierung gebracht und zugleich den 11. Oktober als den Termin bestimmt, an dem die Zerstörung vorgenommen werden müsse. Inzwischen hatten wir aber in Paris eine Rehtsverwahrung eingelegt, und infolgedessen sah sich die Kommission veranlaßt, die Zerstörung hinauszuschicben, bis die Botschafterkonferenz über diese unsere Note vom 10. Sep- tember Beschluß gefaßt haben würde. Zugleich hat aber die Kom- mission gefordert, daß wir uns jeder Verfügung über diese Diesel- motoren enthielten, bis die Entscheidung der Botschafterkonferenz ge- troffen sei. Die Kontrollkommission hat diese Forderung in sehr ernster und strenger Form, möchte ih sagen, erhoben, indem sie auf die ungewöhnlich schweren Folgen hinwies, die eine Zuwiderhandlung gegen diese ihre Forderung nah \ih ziehen würde. Wir haben erklärt, daß wir nach der Rechtslage niht gesonnen seien, anzuerkennen, daß zu einer derartigen Verfügungsbeschränkung ein Grund vorhanden sei. (Sehr rihtig!)

Wir haben nunmehr eine neue Note an dfe Bokschafter- fonferenz gerihtet, in der wir unseren Rechts\tandpunkt nochmals eingehend darlegen und zugleich auf die wirtschaftlichen Folgen hinweisen, die sich aus der Zerstörung der Maschinen ergeben würden. Die Botschafterkonferenz hat {h nunmehr bereit erklärt, ihrerseits zu warten, bis die Note der deutshen Regierung eingelaufen sei. Die Note ist vor zwei Tagen abgegangen und wird heute der Bots\chafterkonferenz überreiht werden.

Die in den leßten Tagen an verschiedenen Stellen veröffent- liGten Nachrichten, daß die alliierten Mächte ihr Verlangen auf Zerstörung der V-Boot-Motoren zurückgezogen hätten, trifft nicht zu. (Hört! hört!) Richtig ist nur, daß die Marinekontrollkommission die Erklärung abgegeben hat, es liege niht in“ der Absicht der alliierten Mächte, die Herstellung von Dieselmotoren für die Zukunft zu untersagen. /

Der Rechts\tandpunkt der deutsGen Regierung i} klar und einfa. Er ütt s|ch auf die in diesem Punkt nun einmal wirkli unzweideutigen Bestimmungen des Frieden8verirages. Der Vertrag ordnet in Art. 188 Abs. 3 an, daß die deutschen Untersee- boote, und zwar sowohl die fertiggestellten wie die im Bau befind- lichen, vollständig abzubrechen sind. Der Artikel spricht niht etwa von einer vollkommenen Zerstörung dieser Fahrzeuge, fondern in einer flaren und woblüberlegten Unterscheidung von anderen Artikeln des Frieden8vertrags, die andere Worte gebrauchen, nur von einem Ab- bruch, einer Abwrackung, das heißt, von einer Zerlegung der Boote in ihre einzelnen Bestandteile. Der folgende Art. 189 bestimmt, daß alle Gegenstände, Maschinen und Materialien, die aus dem Abbruch von Ueberwasserschiffen oder Unterseebooten herrühren, zu rein gewerblihen oder reinen Handelszwecken allerdings nur zu diesen Verwendung finden dürfen. Damit ist das Schicksal- dieser einzelnen Bestandteile erschöpfend geregelt, und eine darüber Hinau8gehende Forderung wegen dieser Bestandteile findet keinen Boden im Vertrag. Sind die Bestandteile für fried- lie Zwecke brauchbar, so darf die deutsche Wirtschaft {h ihrer be- dienen. Ist eine solGe Verwendung ausgeschlossen, so kommt die Vorschrift des Art. 192 Abs. 2 zur Anwendung; dann wêrden sie nämlich als reines Kriegsmaterial der Zerstörung überantwortek.

Was für bereits eingebaute Maschinen gilt, das muß natur- gemäß und selbstverständlih um so mehr für solche Maschinen gelten, die bei Kriegsende noch in der Herstellung begriffen waren und nah- träglich fertiggestellt werden sollten, felbst wenn sie damals, als das Kriegsende eintrat, für Untersecbote bestimmt waren. Bei der Meiterverarbeitung und Fertigstellung aber wurden fie dann zu Friedenszwecken bestimmt und fallen infolgedessen ni®t mehr unter den Art. 192. (

Die Forderung der Marinekontrollkommission ließ \ich hiernah nur redtfertigen, wenn der Nahweis erbracht wird, daß der s{nellaufende Dieselmotor eine Kriegsmaschine an sich und für rein gewerbliche Zwecke nicht verwendbar ist. Das ist tatsählich behauptet worden mit Nüefsicht auf die Wirtschaftlichkeit seiner Anwendung. Das Gegenteil ist aber der Fall, Die \{nellaufende Dieselmaschine ist ihrer Art und Form nah friedlihen Zwecken zu dienen bestimmt ;®sie wurde bereits vor dem Kriege für solche Zwecke gebaut und verwendet. Der Umstand, daß sie im Kriege für V-Boote Verwendung gefunden hat, macht sie nicht zu einem Kriegsmaterial. (Sehr wahr!) Jhre Fort- entwiklung und tehnische Vervollkommnung während des Krieges hat nit etwa zur Schaffung cines eigenartigen, nur für V-Boots- zwecke geeigneten Typs geführt. Der sogenannte V-Bootsmotor ist tatsächlich nihts anderes. als ein normaler schnellaufender Typ, wie er in Deutschland für friedliche wirtschaftliße Zwecke seit seiner Gr- findung verwendet worden ist und in technisch hocstehenden Lndern stets verwendet werden wird. Namentlich läßt sich auch nicht sagen, daß der sogenannte V-Bootsmotor wegen Unwirtschaft- lichkeit, d. h. wegen übermäßigen Verbraulßs von Brennstoff, für gewerbliße Zwecke unverwendbar wäre. Ueberall da, wo es sch um eine hoclleistende Maschine dieser Art handelt, ist auch Wirtschaft- keit gegeben.

Ist sonach der Dieselmotor, wie er für V-Boote Verwendung gefunden hat, feine Kriegsmaschine, so ist die Forderung auf Zer- \törung aller V-Bootmotoren unberechtigt. Das haben auc die alliierten Regierungen früber felber anerkannt. (Hört, hört!) Sie haben in dem sogenannten Scapa-Flow-Protokoll vom 10. Januar 1920 die Strafe gegen uns ausgesprochen, daß als Schadloshaltung für die Zerstörung gewisser vertragsmäßig abzuliefernder V-Boote, die auf der Nordsee oder in Scapa Flow versenkt worden waren, Maschinen und Motoren von vier anderen deutsGen Unterseebooten geliefert werden sollten. Diese Forderung wäre völlig gegenstandslos

gewesen, wenn Deutschland ohnehin nah dem Frieden8vertrag zur. Auslieferung aller dieser Maschinen verpflichtet gewesen wäre. (Sehr gut !) : 9 ;

Die Gründe, auf die sch die deutshe Regierung in dieser Frage stüßen kann, sind fo klar und zwingend, daß “die Bots

nit dem Friedensvertrag Gewalt antun will.

baltbar, so ist sie geradezu widersinnig vom wirtshaftlihen Stand- punkt aus. (Sehr rihtig1) Es handelt sich nit allein um die Ver- niGtung hoher Werte, um eine Vernichtung, die sinnklos ist, weil sie auch dem Sieger keinen Vorteil bringt ; viel \{werer fällt ins Ge- wit, daß man das einém Volke, dessen wirtschäftliches Erstarken nit nur im eigenen Interesse, sondern ganz wesentlich in dem seiner. Gläubiger Liegt, zumuten will, die Werkzeuge zu zers{hlagen, deren es zu seinem Wiederaufbau so ganz notwendig bedarf. (Leb- hafte Zustimmung.) Meine Damen und Herren, wie ein- Acchneidend die- DurWhführung des Verlangens unserer Gegner wäre, ergibt \sich aus folgenden Tatsahen. Bei Kriegsende befand ch eine ganze Anzahl Dieselmotoxen für V-Boote bei deutschen Fabriken im Auftrag. Da der Artikel 189 der Verwendung solcher U-Bootsmotoren zu friedlißen Zwecken keinerlei Hindernis in den Weg legte, so hat man sie fertigstellen lassen. Die Fabriken haben sie weitergeführt, sie haben die großen Kosten daran gewendet, dié MasgHinen bis zur Vollendung zu bringen, weil das ja erlaubt und gerechtfertigt war, um sie dann später gewerblichen Zwecken zuführen zu können. Ein großer Teil dieser . Dieselmotoren ist in:wishen verkauft, entweder an Selbstverbrauher oder an Wiederverkäufer: Fn großem Uinfang arbeiten diese Motoren bereits in den Elektrizität3- werken (sehr ritig !), in industriellen Betrieben, in der Schiffahrt- ch glaube sogar in der Landwirtschaft. Jhre Bedeutung als Ersaß und Ergänzung der Dampfbetrieb3maschinen ist um so größer, als sie dazu beitragen, den steigenden Kohlenmangel weniger fühlbar zu maten (sehr rihtig!) und die Betriebe vor Stillegungen und Be- triebseinschränkungen zu \{üten. (Sehr richtig !)

Die gesamten Dieselmaschinen stellen einen Wert von mindeskens 14 Milliarden Mark dar. (Lebhafte Rufe: Hört, hört!) Auf den gleichen Wert ungefähr würden sich die Kosten belaufen, die von den Ankäufen für die Herstellung der Fundamente,- für die Bauten und dergleichen gemacht worden sind. (Hört, hört !)

Aber sehr einsGneidend, . meine Damen und Herren, find auß neben diesen - direkten Wirkungen die indirekten Wirkungen der Zer- störungen, da zurzeit ein Ersaß für die zerstörten Maschinen kaum

und zeitraubend jeßt die Anschaffung von Kraftmaschinen sein würde. So würde ein großer Teil der Betriebe, in denen sie jeßt arbeiten, gezwungen sein, Betriebseinstellungen oder doch Betriebs einshränkungen in erheblichem Umfang vorzunehmen und einen Teil ihrer Angestéllten und Arbeiter zu entlassen. Viele Tausende von Arbeitern würden auf diese Weise mit einem Schlage brotlos werden (hört, hört!), ohne daß die Möglichkeit bestünde, ihnen Ersay an anderer Stelle zu beschaffen

Dur die Einshränkung der deutschen Arbeitsleistung würde nicht nur die Gesundung der inneren wirtshaftlichen Verhältnisse aufgehalten, es würde vor allem auch die Durchführung der Wieder=- herstellung und. Lieferungsverpflitungen, die dem Reich aus den Verträgen von Versailles und Spaa obliegen, ganz echeblich ers{chwert werden. (Hört, hört!) Namentlih das Koblenabkommen, das Deutschland in Spa eingegangen ist, ist nur durGführbar, wenn alle Kraftquellen Deutschlands bis zum lezten Rest angewendet und ausgenußt werden. (Sehr richtig !) :

Aufs äußerste vershärft aber, meine Damen und Herren, würde der wirtschaftliche Widersinn, wenn die Kontrollkommission aus ihrer bisherigen Stellung die Folgerung zöge, daß die Dieselmotoren wegen ibres vermeintlichen Charakters als Kriegsmaschinen in dieser Form als S6nelläufer künftig von Deutschland nit mehr gebaut werden dürften. Die Folge wäre, daß der deutschen Motorenindustrie jede Möglichkeit einer Weiterentwiklung auf dem Gebiete des Diesel- motorenbaues genommen werden würde, und daß sie damit wegen der Unmöglichkeit des weiteren Wettbewerbs mit dem Aus"and einem sicheren erst Rückgang, dann Untergang preisgegeben sein würde. (Sehr wahr!) Die deutsche Volkswirtschaft würde zugleih einer in vielen Fällen unentbehrlichen Kraftquelk beraubt und damit in ihrer Leistungsfähigkeit aufs shwerste behindert werden.

Na alledem, meine Damen und Herren, rechtfertigt es fick, wenn die deutsche Regierung für die unberehtigte und finnlose Forderung der Marinekontrollkommission nur ein entschiedenes

an diesem Nein festzuhalten. (Erneutes lebhaftes Bravo!)

Meine Damen und Herxen! Wenn wir also gesonnen sind, gegen \olhe Zwangsmaßnahmen in Deutschland- Abwehr walten zu lassen, so sind wir auf der anderen Seite nit minder ents{lossen, jede Möglichkeit zu benußen, um positive Beziehungen zu unseren ehe- maligen Gegnern anzuknüpfen. Nah der Nichtung hin is es mir erfreulich, feststellen zu können, daß in den leßten Tagen die englisde Regierung \ih veranlaßt gesehen hat, für diejenigen deutschen Werte, die seit der Wiederaufnahme des Handelsvere kehrs, seit dem Eintritt des Friedenszustandes auf wirtscaftlichem Gebiete, innerhalb des englischen Machtbereichs eingeführt worden sind, den § 18 des Annexes zu Art. 232 nicht mehr anzuwenden, nah dem sich die alliierten und assoziierten Mächte vorbehalten hatten, auch nah Eintritt des Friedenszustandes wirtschaftliche Liquidations maßnahmen wieder eintreten zu lassen, wenn Deutschland es willenb li an der Einhaltung feiner wirtschaftlichen Verpflichtungen fehlen ließe.

Meine Damen und Herren! Man darf dieses Entgegenkommen der englischen Regierung nicht übershäßen. (Sehr richtig! rets.) Es ist damit niht etwa gesagt, daß nunmehr das ganze deutsche Eigentum, das die Engländer sequestriert und liquidiert haben, den Deutschen wieder zur Verfügung stände; davon ist keine Rede. Es handelt sich nur um die nacträglih in England eingeführten Vers mögen, und da hat natürlich Englastd selbst ein sehr großes Interesse daran, daß es nicht von vornherein durch die Unsicherheit, die ter 8 18 mit sich führt, den künftigen Handelsverkehr mit einem seiner früheren besten Kunden unsicher und infolgedessen unergiebig macht: (Sehr richtig ! rechts.) F

Diese Konzession is auG nicht einzigartig. Frankrei ‘Yat tneinez Wissens dieselbe Konzession son gegenüber Bulgarien gemacht,

und Mh Südafrika hat Deutschland gegenüber einen ähnlichen Stand- punkt eingenouumen, f :

\{afterkonferenz ihre Berehtigung wird anerkennen müssen, wenn sie

g nun alfo die Forderung der Kontrollklommission rechtlich un- :

zu beschaffen ist. Es ist Ihnen allen bekannt, wie ungemein s{chwierig

Nein gehabt hat (sehr gut! und bravo!) und wenn sie entf{lossen is,

i ;

S kann nur der Hoffnung Ausdruck geben, daß im Interesse der Anbahnung normaler wirtschastlicher Beziehungen, die die Vor- frucht von normalen politischen Beziehungen fein müssen, auch die anderen alliierten und assoziierten Mächte dazu übergeben, dem Bei- spiel der britischen Regierung nachzufolgen. (Bravo ! bei den Deut- schen Demokraten.)

Was die liquidierten und sequestrierken deutsGen Privarwerte im ébemals feindlichen Auslande anlangt, so hat es sich das Auswärtige Amt angelegen sein lassen, so viel wie möglih mit denjenigen Ländern, die solhe Liquidationsmaßnahmen angeordnet hatten, in Verhandlungen

fommen, damit die deutschßen Privateigentümer wieder in den Besiy ihres Vermögens oder doch wenigstens in den Besiy der Gegenwerte kommen, die vor der Liquidierung dieses Vermögens im fremden Auslande entstanden sind; denn nur dann, wenn hier dem alten Grundsaß von der Unantastbarkeit des Privateigentums im Kriege wieder ein zwar \spätes und auch nit vollkfommenes Ret gegeben wird, können wir wieder in die Be- ziebungen wirtschaftliher Art eintreten, die uns eine normale Ver- Fehrsvolitik ermöglichen. (Sehr richtig!)

Wir haben solche Unterhandlungen mit Jtalien geführt, und ih Yann da erklären, daß uns Italien das deutsche sogenannte Klein- vermögen im Werte von unter 50 000 Lire unter gewissen Voraus- sezungen freigegeben hat. Meine Damen und Herren! Wir sind damit nit zufrieden, wir hätten Besseres gewünscht, aber {ließli müßen wir nehmen, was \ich uns bietet, und hoffen, daß sich die weiteren Verhandlungen zu einer Besserstellung uuserer Privatéigen- tümer gestalten.

- Auch mit Japan ist eine derartige Vereinbarung bereits erfolgt. Sapan hat das deutsche Vermögen bis zu 10000 Yen ebenfalls von den Liguidierung8vorschriften befreit. -

Wix haben Verhandlungen mit Belgien angeknüpft und hofften da um so mebr auf Erfolg, als #sich Belgien {on bei einer früheren Gelegenheit, wenn auch nicht dur einen förmlih unterzeihneten und untersiegelten Vertrag, so doch dur verbindliche mündliche Zusagen, verpfliGßtet hatte, uns in der Liquidationsfrage entgegenzukommen. Leider haben \ich die Verhandlungen bisher nicht in günstiger Weise entwickelt, so daß wir damit rechnen müssen, daß Belgien auf einem intransigenten Stondpunkte stehen bleibt. Ich woûrde das um so mehr bedauern, als wir auch nach anderer Richtung hin mit Belgien erhebliche Meinungsverschiedenheiten auf finanziellem und wirts{aftlihem Gebiete haben. Ich erinnere an das Mark- abkommen, dessen Durchführung unsererseits von gewissen Zusagen Belgiens abhängig gemacht war und ohne diese Zusagen niht aufrecht erbalten werden kann.

Ebenfalls haben wir Verhandlungen über Uquidationsfragen bereits im Früßhjahr dieses Jahres mit Polen angeknüpft. Auf diese Verhandlungen gedenke ih etwas später im Zusammenhang mit der allgemeinen deutsh-polnischen Politik zurückzukommen.

J will mich jetzt zu den allgemeinen finanziellen und wirt? Gafts lien Fragen wenden, die si in die beiden Worte Genf und Brüssel zusammenfassen lassen. Meine Damen und Herren! Sie wissen, daß uns in Spaa dur den Präsidenten der Konferenz die feierliche Zusage gemacht worden war, daß wir in einiger Zeit, die damals ziemli furz bemessen war, uns in Genf wiedersehen würden, um den vierten Punkt der Tagesordnung von Spaa miteinander als Gleih- berehtigte zu verhandeln, der sich auf die DurGfühbhrung der Re- parationsklauseln des Friedensvertrags bezog. Gegen diese Konferenz in Genf hat \sich nun in Frankrei starker Widerspruch erhoben. Die deutsche Regierung hatte gehofft, diesen Widerspruch auf zweierlei Weise allmählich zu beseitigen. Einmal batte man auf die Wirkungen der Finanz;konferenz gehofft, die der Völkerbund in Brüssel ver- anstaltet hat. Diese Hoffnung ist durch den Widerspru Frankreichs dagegen, irgend einen Rückschlag der Verhandlungen von Brüssel auf den Vertrag von Versailles und auf die Wiedergutmachungsfrage zu- zulassen, zushanden geworden.

Zweitens hatte die deutsche Regierung gebofft, für die Konferenz von Genf dadur eine nüßliche Vorarbeit leisten zu können, daß sich niGtoffizielle Sachverständige der meistbeteiligten Länder, insbesondere Frankreihs und Deutschlands, zusammenfinden sollten, um die \{wersten und heikelsten Probleme, die einer Verständigung in Genf no% im Wége stehen, zunächst obiektiv zu beleuchten und auf ihre Lz8barkeit zu prüfen. Diese zweite Möglichkeit ist dadurch gescheitert, daß im selben Augenblick, als wir an die französisGe Negierung mit einem solchen Vorschlage herantraten, der belgische Mi nisterpräsident feine Aktion unternahm, um in einer neuen Form den Reparations- aus\{chuß mit der Vorbereitung der Fragen zu befassen. Diese beiden Tendenzen baben \ich durchkreuzt. Es ist dann die bekannte Be- \prechung zwischen Delacroix und Millerand, die weitere BespreGung zwischen Millerand und Lloyd George gefolgt, und seit der Zeit wird nun ständig ein Notenwesel zwischen Frankreih und England- zwischen Paris und London signalisiert, ohne daß wir imstande wären, zu sagen, ob dieser Notenwechsel zu einem Erfolge geführt hat. Wir find infolgedessen in der Lage, noch warten zu müssen, zumal wir aus der Brüsseler Finanzkonferenz für die Konferênz in Genf nach dem französischen Widerspru verhältnismäßig wenig Ergebnisse davon-- tragen werden.

der Meinung, der unser bedeutender Bankier Warburg fürzlih au dem Bankiertage hier in Berlin Ausdruck gegeben hat: keine prak- tisGen Ergebnisse, aber sehr erhebliche theoretische Ergebnisse und immerhin eine gewisse Annäherung der Meinungen über die Möglich- keiten des finanziellen Wiederaufbaus Europas.

Wenn der Graf Westarp in seiner gestrigen Rede die Haltung der deutshen Regierung auch auf der Konferenz von Brüssel an- gegriffen hat, so möchte ih ihth nach dieser Richtung hin do ent“ gegentreten Er hat unterlassen, anzuerkennen, daß die Ziffern, die wir angegeben haben, gegeben werden mußten auf Grund der Forde- rungen, die der Völkerbund bei Aufforderung zur Teilnahme an die einzelnen Regierungen gestellt hat. Diese Ziffern sind in den zu- ständigen Ressorts fertiggestellt , worden. Selbstverständlich üÜber- nimmt das Auswärtige Amt, das ih hier vertrete, die Verant- wortung dafür, daß die Ziffern übergeben werden mußten. Es ist aber nit rihtig, und ih fann es nicht als ganz mit dem Sinn einer vollkommen ausreichenden Aufklärung des hohen Hauses

Ich bin in bezug auf die Beurteîlung der Konferenz von 5 cu gei mehr als vermessen, es wäre nicht mehr ehrlich, wenn wir hohe |

vereinbar hinstellen, wenn der Graf Westarp es so dargestellt hat,

als bâtte die deutshe Negierung hier das Ausland damit täuschen wollen oder sich selbst einen Schaden zugefügt, daß es die Handels- ziffern der lezten Monate, die einen Uebershuß der Einfuhr gegenüber der Ausfuhr ergaben, aufgeführt hätte, ohne anzugeben, daß es \ch

bier zum Teil um Wiederherstellungsleistungen handele. Meine

Damen und Herren, das ist nit riGtig. Es steht hier in der Kolumne über Ausfuhr ausdrücklich „eiushließlich Wiedergut- macungen®*. Jeder, der zu lesen versteht, weiß, daß mit einer naturgemäß steigenden Lieferung von Wiederherstellung8material naturgemäß auch unsere Ausfuhr steigen mußte, und daß diese Ziffern deswegen nicht reine Handelsbilanzziffern sein können. (Hört, hört 1 bei den Deutschen Demokraten.) Es wäre vielleicht rihtiger gewesen, diese Ziffern auseinanderzuklauben (sehr richtig! rechts) und auf der einen Seite die reinen Handelsziffern, auf der anderen Seite die Wiederherstellungsziffern zu geben. Leider ist das nicht mögli gewesen. Unsere Statistik gab uns dafür nit das nôtige Material; wir sind hier auf reine Schäßungen an- gewiesen. Wenn man auch sagen kann, diese Seite der Sache hätte ch vielleicht noch mehr herausarbeiten lassen, es bätte si vielleiht noch stärker betonen lassen, daß neben diesen statistisch erfaßten Ziffern noch eine Unzahl s\tatistisch nicht erfaßter Werte bei dem Verkehr über bie grüne Grenze in Rücksiht zu ziehen ift, so muß ih doch die Behauptung zurückweisen, als hätte die deutsche Regierung die Wiedergutmahung83ziffern hier außer at gelassen.

Meine Damen und Herren! Brüssel hat Genf niht gestärkt. Genf ist und bleibt gefährdet. Frankreih ist und bleibt nach der öffentlichen Meinung, wie sie sich in den Zeitungen aus\pricht, für die Ersezung von Genf durch die Wiedergutmahungsk ommission, obwohl do unsere Gegner sekbst den Karren von dem Wege zur Miedergut- macungskommission herunter auf den Weg zur Konferenz gebracht haben. Denn wie war es doch, meine Damen und Herren? Wir waren bereit, unsere Herstellungsverpflihtungen im Wege des Notenwechfels, im Wege der Hergabe von Material, im Wege der Auskunft gegen- über ‘der Kommission weiter zu erstreben. Da hat man uns im April dieses Jahres es war der Beshluß von San Remo von seiten der alliierten Mächte gesagt: wir wollen jezt statt des Notenwechsels den Wortwechsel eintreten lassen. Also dieser Weg ist jeßt be- \hritten, und er wird von uns als der rihtige weiter gefordert. Wir find auch nach dieser Richtung hin in der angenehmen Lage, feststellen. zu können, daß nah allem, was wir hören, England an dem Wort, das uns gegeben worden ist, an der Konferenz in Genf festhält. Wir nehmen au hier an, daß es sich niht etwa um eine Wohltat für Deutschland handelt, sondern um ein wohlverstandenes - englisches Jnteresse, weil England einsieht, daß eine Verständigung über wirt- schaftliche Leistungen besser ist als das Diktat einer Wiedergutmachungs- kommission. (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

Nun hat man \ich dahin geeinigt, in Brüssel eine Zwischen- lonferenz stattfinden zu lassen, an der technisch ausgebildete Vertreter der Regierungen zusammenkommen sollen. Wir sind zu den Bes ratungen, die uns so nahe angehen, niht zugezogen; näheres ist uns infolgedessen nicht bekannt. Nur das eine fann ich sagen, das eine, was die deutsche Regierung allen ihren Vertretern im «beteiligten Auslande gesagt hat, und was ih auch den Vertretern der aus- ländisGen Mächte bier in Berlin immer wieder sage: wir gehen nicht na Brüssel, wenn Brüssel etwas anderes sein foll, als eine Vorbereitung für Genf, wir gehen niht nach Brüssel, wenn es ein Ersatz für Genf sein soll. (Sehr gut! bei den- Regierungsparteien,) Jn- zwischen arbeiten wir fleißig an den Vorbereitungen für Genf weiter. Die kommissarisGhen Beratungen ' zwischen den beteiligten Ministerien sind zum Abschluß geführt, und wir sind in wichtigen Sihungen einer Kommission begriffen, die der Wirt- \hafi8aus\{uß des Reichswirtshaftsrats ernannt hat, eine Koms- mission von sieben Mitgliedern, die mit uns in einzelnen besonders wihtigen Punkten, die wir in Genf zu lösen Haben werden, Punkt für Punkt durchnimmt. Wir werden uns in nächster Zeit wieder versammeln, nachdem wir vorgestern einen Hauptteil unserer Arbeit zu Ende gebracht haben. Wir können nicht wissen, wann Genf kommen wird. Es scheint mir unwahrscheinlich, daß es in einer Zeit kommen wird, wo in Genf die Vslkerbundsversammkkng tagt. Es wird jedenfalls von französischer Seite darauf aufmerksam gemacht, daß eine Tagung der fortgeseßten Shpakonferenz gemein- \chaftlich mit der Völkerbundskonferenz niht zu empfeblen ist. Wir müssen uns damit bescheiden, daß die alliiterten Mächte darüber be- \{ließen wollen. Wir können nur unsererseits wünschen, daß man die Sade nicht zu lange hinauszögern möge; denn es ist außer- ordentlich im Interesse der deutschen Finanzwirtshaft, daß wir end- lich einmal wissen, ob wir überhaupt über unsere Leistung aus dem Friedensvertrag zu einer Verständigung mit den Gegnern kommen können und wie boch die Leistung ist. (Sehr richtig! bei den Negierungsparteien.) Bis wir dahin kommen, ist jedes Budget, daß in Deutschland aufgestellt wird, umsonst gemacht (sebr rihtig !), weil ein Hauptpunkt in diesem Budget nicht lber- sebbar ist. Bis dahin ist aber auch jede Verhandlung, die wir mit dem Auslande führen, in ihrem Ergebnis unsicher. Jedehfalls wird die Regierung noch vor Einberufung der Konferenz von Genf auch diesem hohen Hause Gelegenheit geben, zu den bisherigen Beratungen und Beschlüssen unserer Kommission Stellung zu nehmen.

Meine Damen und Herren! Die Aussichten des Erfolges sind nit sehr groß; denn man braucht nur unseren Etat anzusehen, um zu wissen, daß hohe finanzielle Leistungen von einem Schuldner, wie es das Deutsche Reich ist, nicht erwartet und nit verlangt werden dürfen. Ja, es

Leistungen dieser Art auch nur anbieten wollten. Wir können au nit hoffen, daß wir zu finanziellen Leistungen dadurch instand gefeßt werden daß wir das Geld, das wir unseren Krieg8gläubigern geben wollen- uns auf der anderen Seite leihen wollen. Denn, meine Damen und Herren, wo ist das Volk, wo ist die Volkswirtscaft, die uns Kapital in dem dazu nötigen Auêmaß zu leihen gesonnen wäre? Ihnen allen ist aus den Zeitungen bekannt die höchst éarafteristisGe Aeußerung des inoffiziellen Vertreters der Vereinigten Staaten auf der Brüsseler Finanzkonferenz, der davor gewarnt hat, anzunehmen, daß Amerika aud nur einen Heller leihen würde, solange Europa das Bild einer gegeneinander in kriegerischer Gesinnung verharrenden Völkerwelt bietet, einer Völkerwelt, die dur ihre fkriegerishen Anstrengungen ihre wirtshaftliße Sicherheit mehr und mehr gefährdet. Meine Damen und Herren ! Wir haben einen Erfolg nur davon zu hoffen, daß es uns gelingt, in Genf mit den Alliierten zusammen unsere deutsGe Arbeit so zu organisieren, daß sie für Leistungen auf da3 Reparationskonto befähigt wird. Daraus würden wir ja einen außer- ordentlichen Nußen ziehen für die allmählide Gesundung unseres Arbeits- und Wirtschaftäverhältnisses. Aber es gehören eine Reihe von Voraussezungen dazu. Ih will hier von all den Voraus- sezungen nur eine hauptsähliche nennen. Das ist, daß man uns die Lebensmittel und die Rohstoffe gibt, die wir nötig haben, um für die Reparation zu arbeiten und um für uns selbst zu arbeiten.

(Sebr riGtig ) Wenn die Alliierten erbebliße Werke aus dem ge- schwähten deutschen Wirtschaftskörper herausdrücken wollen, fo werden : sie erstens die nötigen Betriebsmittel in 1 sere Wirtschaft binein- steckden müssen, und zweitens werden sie die deutshe Wirtschaft so frei und unversehrt lassen müssen, wie das nötig ist, damit sie lebendig bleiben fann. Jch brauche in diesem Zusammenhang nur hinzuweisen auf die nnerhörte Belastung, die die deutse Wirtschaft durch die Kosten der Besaßungsarmee erfährt. (Sehr wahr!) Die finanz- technische Aufgabe, die Deutschland jet gestellt werden wird, ist ja die Erseßung der vorläufigen finanziellen Stächerheiten, die wir sou gegeben haben, durch eine endgültige Verpflichtung. Wir haben einen Scheck über 20 Milliarden gegeben, der am 1. Mai 1921 fällig wird, einen Scheck, von dem wir annehmen, däß wir schon jegt berechtigt sind, seine Wiederauslösung zu verlangen, weil wir mehr als diese 20 Milliarden bereits geleistet haben. (Hört! Hört!) Wir haben weiter ausgestellt einen Scheck über 40 Milliarden, einen Betrag, der mit 24 vH bis zum 1. Mai 1926 und von da an mit 5 vH zu ver- zinsen sein wird. Auch dieser Scheck ist kein eigentlich umlauffähiges Mertpapier, denn er ist ja belastet mit den Voraussezungen, die nah dem Friedensvertrag gemacht werden, nämli unsere Leistungsfähigkeit und die Festseßung der Forderungen der Gegner aut Nepacrcationskonto. Und endli haben wir noch einen Verpflichtungsschein ausgestellt des Inhalts, daß wir gegebenenfalls über weitere 40 Milliarden Sceds ausstellen werden. Ih glaube, daß wir demnächst der Forderung gegenüberstehen werden, daß wir diesen großen Scheck über 490 Millarden in kleine Appoints auflôsen sollen, damit diese Appoints brauchbar gemacht werden können für die unmittelbaren finanziellen Bedürfnisse unserer Gegner. Ich glaube aber nit, daß dies finanztechnisch möglih ist; ih glaube nit, daß eine solhe Methode die Gesamtheit der Kriegs- beteiligten davor bewahren wird, si noch einmal in Genf gründlich die materiellen Fragen der Wiedergutmahung zu überlegen; denn bisher handelt es sh doch nur um ein rein formales Geschäft, das unter dem allgemeinen Grundsay des Friedensvertrages steht. Wir dürfen nicht angehalten werden zu Leistungen über das sogenannte beneficium competentiae hinaus, über die Möglichkeit, die für das deutsche Volk bleibt, troy der Leistungen am Leben zu bleiben.

Meine Damen und Herren! Ich gehe jeut ein auf einige all- gemeine politische Forderungen des Friedensvertrages. Das Schlimmste an diesem Friedensvertrag ist die allgemeine Pariastellung, die er Deutschland gegeben hat. Wir leben in der unheim- lihen Lage dessen, der dem Gegner, und zwar fiebenund- zwanzig Gegnern, lauter Rechte eingeräumt hat, ohne von ihm irgendein Gegenrecht zu erlangen. (Sehr richtig ! bei den Regierungs8- parteien.) Wir leben in der außerordentli \chweren Lage, daß wir allen diesen Gegnern das Meistbegünstigungsrecht, ja Jnländerrechte in unserer Wirtschaft haben einräumen müssen. Das hat uns sou vielfaß Schwierigkeiten bei den Verhandlungen mit unseren bis- herigen Gegnern und bei den Verhandlungen mit dem neutralen Aus- land bereitet. Ih mache darauf aufmerksam, daß es der Friedens- vertrag ist, der heute unsere Situation gegenüber zwei Ländern stark belastet, mit denen wir an \ich gut zu stehen hoffen dürften, der Schweiz und Holland. Hier sind Verhandlungen im Gange, deren Bedenklichkeiten aus\cließlich auf den Friedensvertrag zurückgeführt werden müssen. Neue Verträge wirtshaftspolitischen und handels- politishen Charakters haben wir inzwischen ge\chlossen, und werden wir hoffentlih bald s{ließen, bei dem uns der Friedensvertrag nicht im Wege steht. Dem Reichstage wird darüber in allernächster Zeit eine Vorlage zugehen. Ich kann mih deswegen darauf beschränken hier die Vorlage in Ausficht zu stellen.

Meine Damen und Herren! Von dieser Pariastellung hoffen wir uns ja nun dadur zu befreien, daß wir in den Völkerbund auf- genommen werden. Der Nölkerbund ist in Deutschland sehr un- populär (sehr richtig !), und zwar mit vollem Necht. Große Teile des deutshen Volks haben dem Völkerbund Wilsons einstmals zu viel Vertrauen geschenkt, als daß es dem gegenwärtigen Völkerbund noch Vertrauen s{huldig zu sein glaubte. (Lebhafte Zustimmung.) Aber ih warne doch davor, den Völkerbund nunmehr als eine ab- getane Sache zu behandeln. (Sehr richtig! links,) Es wäre uns sehr not, daß wir die Völkerbundsfrage viel ernster und viel genauer prüften und durharbeiteten, als es bisher in Deutschland geschehen ist, (Lebhafte Zustimmung links.) Jm Auswärtigen Amt wird die Vsölkerbundsfrage sehr sorgfältig geprüft und das Referat, das wir dafür eingerihtet haben, ist ich kann das sagen vollkommen auf der Höhe, Ih kann auch sagen, daß die Völkerbundsliga und andere Verbände in Deutschland gute Vorarbeit gemacht haben. Vielleiht ist es aber doch nicht ganz abwegig, wenn man in diesem hohen Hause es ist das ein rein persön- lier Gedanke von mir, für den ich die Reichsregierung nicht mit verantwortlih machen möhte die Prüfung darüber einmal unternommen würde, wie von dem Untergrunde des gegenwärtigen Völkerbundes und der gegenwärtigen Weltlage aus der Eintritt in den Völkerbund für Deutschland von Vorteil oder von Nachteil sein würde. Für beide Seiten der Sache lassen sich gewichtige Gründe anführen, und es würde wichtig sein, die deutsche öffentliche Meinung vorzubereiten und mit Kenntnissen zu versehen für den Fall, daß sie einmal vor die Frage gestellt wird. (Sehr richtig !)

Die gegenwärtige Haltung der deutschen Regierung läßt sid in furzen Sägen darlegen. Wir halten einen Antrag Deutschlands, wie ihn andere Staaten in leßter Zeit gestellt haben, gegenwärtig für verfrüht. (Sehr richtig! bei den Negierungsparteien.) Erstens einmal würde ein solher Antrag der deutschen öffentlihen Meinung nicht entsprechen. (Lebhafte Zustimmung bei den Regierungsparteien und rechts.) Zweitens würde aber auch ein solher Antrag auf den hartnäckFigen und leidenschaftlißhen Widerspruch Frankreihs, mindestens der großen Mehrheit in der französischen öffents liden Meinung, stoßen. Ich bin der Meinung, daß, wenn unsere Nachbarn eine Geselishaft geben und unser nädstex Nacbbar sagt: „Ich gehe nit in die Gesellschaft, wenn au ihr mit hineingeht“, es nicht anständig ist, wenn man ih dazu drängen würde, in diese Gesellshaft aufgenommen zu werden. (Lebhafte Zu- stimmung bei den Regierungsparteien und rechts.) Endlich habé ih gegen - einen verfrühten Eintritt Deutschlands in den Völkerbund auch noch das Bedenken, daß wir dadur in die Konflikte hineingezogen werden könnten, in die der Osten jeßt noch verwidelt ist. Mit dem Präliminarfrieden von Riga sind diese Konflikte keineswegs beenzet, und ich halte es nicht für rihtig, daß ein Staat, der in den Völker- bund aufgenommen wird, si beim Eintritt in den Völkerbund in die Möglichkeit versezt sähe, als Exekutor der Gemeinschaft in einen bereits bestehenden Konflikt hineingezogen zu werden. (Sehr rihtig!) Es ist möglich, daß Deutschland tropdem die Aufforderung zum Ein,