1920 / 255 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 09 Nov 1920 18:00:01 GMT) scan diff

alfo der Völkerbundsrat der AvsiÆXt is, daß wit Nücksiht auf die Umstände die Abtretung der Kreise von Eupen und Malmedy an Belgien endgültig bleiben müsse, so stüßt er diesen Anspruch auf eine Erundlage, die. si beim näheren Zusehen ohne weiteres als haltlos erweist. (Sehr richtig!) y O N Der Völkerbuntsrat knüpft an diese Begründung seines Be- s&lufses treilih einen recht bemerkenswerten Sag. Er sagt nämlich: Es fönnte nur anders sein, wenn durch genaue \{lüffige Beweise dargelegt würde, taß das Ergebnis der Volkébefragung bestimmt worden wäre durch Einshüdterungs- und Druckmaittel, durh Miß- brauch der Amtägewalti und durch Bedrohung mit Nepressalten, die eine freie Willenéäuferung der BVevölterung verhindert bätten. Nun, mine Damen und Herren, das sind ja gerade die Punkte, die den Gegenstand unseier Beschwerde gebildet baben. Jst es etwa keine Einschüchterung, wenn ein belgischer Kieiskommissar erklärt, den ersten, der zur Abstimmung käme, werde er die Treppe binunterwerfen (hört! bört!), und wena ihm der Andrang zu groß werde, würde er ein paar Leute einsperren lassen? (Lebhaftes Hört! Hört!) Ft es kein Mißbrauch der Amtsgewalt, wenn die Kreis- Tommissare die Abstimwmenden unter bämishen Bemerkungen über Deutschland zu bereden suchen, die Eintragung zu unterlasien, wenn sie so häufig abwesend oder nit zu sprechen sind, daß nit wenige Personen ‘den Gang zur Liste dreimal, viermal, ja selbst acht- mal vergeblih angetreten haben? (Hört! Hört!) Ist es keine Be- drohung, wean den Abstimmenden erklärt wird, sie würden kein bel- gishes Geld, ïeine Pässe, keine Lebenemittel erhalten und würden fogar aus der Heimat ausgewieiea werden? Jst es endlih nicht Einshüchterung, Bedrückung, Bedrohung, Amtsmißbrauch, alles dies zusammen, wenn die belgishen Behörden Lock1pißel aussenden, die -mit gefölshten Papieren von Berliner Bebörden ih an deuts- gesinnte Personen bheranmachen und sie provozieren, und wenn sie dann diese Personen ins Gefängnis shleppen und die übrige Bevöike- rui: dadurch in Furht und Schrecken verseßen? (Lebhaftes Hört! Hört!) All dies find Tatsachen, die niht durch einzelne, sondern dur Dugzende von Zeugenausfagen erhärtet worden sind, Es wird mir immer unerklärlich bleiben, wie der Völkerbundsrat an diesen , Tatsaten einfach hat vorübergehen können. (Sehr richtig! im Zentrum.) Der Rat nimmt zu dem von uns voraelegten Beweiêsmaterial überhaupt nur in einer kurzen Bemerkung Stellung. Er sagt, dies Material sei nicht maßaeblih, sei ungenau. Nun, maßgebliheres Material. als das, was von der betroffenen Bevölkerung selbst stammt, kann ich mir nicht denken (sehr richtig! rechis und im . Zentrum), und was die Genauigkeit betrifft, so finden si zwar, was der Reichsregierung wehlkb ekannt war, in den M.tteiiungen aus der Bevölkerung einige verstümmelt wiedergegebene Namen, Personen- verwedselungen und ähnliches, aber all das ist so belanglos, daß es das Gesamtbild au niht im geringsten zu verändern vermag.

Meine Damen und Herren! Der Völkerbundêrat gebt {ließli auf die bekanntgewordene - Zirkularverfügung des belgishen Unter- Fommissars de Smet ein, dur die die Abstimmenden mit Entziehung der Pässe, des Nechts auf Geldumtausch und der Lebensmittel be- droht wurden. Der Rat erklärt, es. bandle fb um einen einzelnen Fall, der Beamte sei von dem belgischen Gouvernement desavouiert und seine Verfügung sei n!cht angewandt worden. Nun, die Be- völkerung hat von dieser Desavouierung nichts gemerkt (sehr rihtig! im Zentrum), und selbst, wenn sie erfolgt ist, könnte damit die her- vorge: ufene Wirkung nit beseitigt werden.

Der Fall ist auh keineswegs vereinzelt. JH habe erst beute morgen weiteres Beweismaterial erhalten. Es liegt mir hier die Abschrift eines Erlasses des Unterklommissars von Weismes im Distrikt Malmedy vor, der folgendermaßen lautct:

Herrn Bürgermeister in Weismes.

Jch beehrè mi, Ihnen mitzuteilen, daß die Kreitbewobner welHe gegen die Zurücktretung der Gebiete an Belgien protestiert haben, nit berechtigt sind, von dem Rechte tes Gelvumtausches gemäß der darüber erlassenen Verordnung Gebrauch zu maten.

(Hört! Hört! im Zentrum, rets und bei der U.S.P.) Die Leute, deren übrigens sebr wenige find, werden dur ihren Personalau3weis leiht zu erkennen sein, we!ch-r das belgische Wappen und den Namenszug des Herrn ScWnortenberg quer dur die Mitte trägt.

(Hört! Hört!) Also auH dies ist ein Beweis, und es liegt, keines-

wegs nur ein Einzekfall vor.

Daß diese Verfügungen nit angewandt wurden, : ist \{ch!eŒthin unzutreffend, baben dcch z. B. pon den Betrcffenen cinzelne so {wer darunter zu leiden getabt, daß sie ibre Eintragung zu: ücknahmen,

worauf tann die Repressalien rückgängig gemacht worden find, (Leb- hafte Nufe: Hört! Hört!) Meine Damen. und Herren! Angesichts dieser Sachlage kann ih mi nur dabin aussprechen, daß der Beshluß des Völkerbuntsrats in jedem Punkte auf unrihtigen Vorausseßungen beruht. (Sehr

richtig! im Zentrum.) -Der Vélklerbundsrat ist von Belgien offenbar |

durchaus unrichtig informi-rt worden und hat unserem Material nit entsernt die Beachtung geschenkt, die wir unter allen Umständen ver- langen fonnten. (Sehr rid&tig!)

Sch will hier noch erwähnen, daß vor - einigen Monaten eine Kommiision aus den beiden Kreisen ih zu dem Generalselreiär des Vöikerkaundes begeben wollte, um ihn persönli über die wchren Verhältnisse in den Kreisen zu unterrihten. Sie erhielt zur Ant- wort, wenn die Bevölkerung etwas vor den Vêlkerbund zu bingen habe, so sollte sie es auf shriftlihem Wege tun. (Höct! Hört! bei den Deutihen Demokraten.) Auch der Wuosh der Bevölkerung, daß der Völkerbund eine Kommission in die Kreise enisenden möge, um \ich an Ort und Stelle u informteren, ist nicht erfüllt worden. (Hôrt! Hört! im Zentrum.)

Meine Damen und Herren! Die ReiHêregierung Hat den Be- \{luß des Völkerbundsrates aber auch nah einer anderen Seite hia prüfen müssen. Herr Dr. Bell hat darauf hingewiesen, daß der Beichluß auch rechtliih auf \chwaden Füßen steht. Nah dem Mersailter Vertrag ist die Entscheidung über Eupen-Malmedy in die Hände des Völkerbvndes als folden gelegt. Der Völkerßund seUbst und nicht der VöUerbundsrat foll also über die Souveränitätsfragen entiheiten. Nun hat der Vöikerbund zwei Hauptorgane, die Bundes- versammlung und den Rat. Jn den allgemeinen Beslimmungen über den Vöikerbund ist vie Zusländigkcit ter beiten Organe wit genau denselben Worten festgelegt; bei beiden beißt es, daß fie über jede Frage befinden, die in den Tä'tzkeitébereih des Bundes fällt, oder - vie ten Weltfrieten ‘berührt. Die Frage, wann das eine und wann das andere Organ zusiäadig ist, läßt sich also aus diesen aligemeinen

Besiimmunrgen überbaupt ni@t beanfkworten.- Man - muß dîe Sonderbestimwur gen .de& Vertrages - zu Nate ziehen. . Pier zeigt sich vun, - daß häufig der Völkerfundsrat autdrückiih als zuständig erflärt wird; in anderen Fällea ist dagegen nur vom kerbund als

| _solden die Nede. Der leit erkennbare Grundsaß dieses Unte:\Gi2ts..

ist der, daß Entsch:idungen von großer Tragwe'te dem Bunde selbst, weniger wihtige dageaen dem Nat zustehen sollen. Als Beispiel möchte ih folgendes anführen. Der Bund felbst soll die endgültige Rechtélage des Saargebiets fesisezen, der N1t aber die Koß'enmenge bestimmen, die Deutschland an Frank: eih liefern sell, wenn es d!e Saargruben wieder erwirbt. Aus alledem gebt bervor, daß der Ver- trag, wenn er von dem Bunde s{lechthin spriht, dessen obersies Organ, die Bunde8versmmlung, im Auge hat. Dies entspricht ja auch durhaus der all. emeinen Reckt!éansckauung (sehr rihtig! im Zentrum); dern jede Körperschaft trifft ihre Entscheidungen im Zwcifel durch ihr oberstes Organ, die Mitgliederversammlung. Hierzu kommt, daß der Völkerbund3rat nochG gar nicht so zusammengekeßt ist, wie der Verirag es vorsieht. Die Vereinigten Staaten sind darin niHt ver- treten, ein Umstand, der um so wesentliher ift, als diz Beschlüsse des Nates Einstimmigkeit voraussehen.

Meine Damen und Herren, ich brauße wobl nicht zu betonen, welch weittragende Bedeutung diese Zuständigkeitsfcage besißt. Wenn es dahin kommt, daß der Rat des Völkerbundes alle Ent- scheidungen an si zieht, die dem Bunde als solHem zustehzn, dann ist der Völkerbundsgedanke selbt bedroht, dann liegt tas letzte Wort nicht bei der Geme:nschaft der Nationen, sondern bei der Gemein- schaft der Sieger; deun mit einer einigen Ausnahme segt \ih der Nat, vorläufig wenigst-ns, aus Vertretern unserer früheren Gegner zusammen. Hier liegt ein Problem, an dem alle Mi'glieder des Völlkerbundes aufs lebhafteste interessiert sind, und bezeihnenderweise ist es gerade die Presse der chemals neutralen Staaten gewesen, die anläßlib des Beslusses über Eupen-Malmedy mit politischem Weit- blick dieses Problem sofort erkannt und in eindruck#voller Weise darauf hingewiesen hat.

Meine Damen und Herren, aus allen diesen Erwägungen Heraus ist die ReiBsregierung zu der Ueberzeugung gelangt, daß der Beschluß des Völkerbundéêrats nit als rechtmäfßig anerkannt werden kann. (Bravo!) Dieser Beschluß stüßt sich sachlich auf v3llig un- zutreffende Vorauéseßurgen und ist rechtlich von einem unzuständigen Organ ergangen. Die Neichsregierung hat dieser Ueberzeugung au bereits Auôsdruck gegeben. Jn einer an den Generalsekretär des Völkcrbundes gerichteten Note bat sie sch mit der Nechtsfrage ein- gehend befaßt und den Nad;weis erbraHt, daß über Eupen-Malmedy das leßte Wort von der Bundesversammlung gespro@ßen werden muß, Bei der Bedeutung der Rechtsfrage konnte eine râhere Stellungnahme zu dem Inhalt des Beichlusses des Völferbundérates vorläufig untertleiben. In dieser Beziehung wird die Samnlung des auch jeßt voch eingehenden Materials über die Ve:gewaltigung von Eupen und Malmedy foriges-Þt und zu gegebener Zeit dem BVölkerbunde unterbreitet werden.

Meine Damen und Herren, zum lebhaften Bedauern der NReictsregi-rung haben wir auf diese. unsere Note an den Völker- bundeêrat eine durchaus / unbefriedicende Antwort bekommen. (Hört, bört!) Jch kann diese Antwort, die vom 26. Oktober datiert ift, zur Kenntnis des bohen Hau'ïcs bringen. Ju - ihren wejentlihen Punkten lautet sie folgendermaßen:

Der Rat des Völkerbuntcs tat mih beaufiragt, die Note vom

92. Oktober d. J. zu beantworten und die Au*merksamkeit Eurer Exzellenz auf die Tatiache zu lenken, daß nach dem Art. 4 Abs. 4 der Völkerbunds1kie „die Bundesversammlung iber jede Frazne be- fi det, di: in den Tätigke:tsbereih des Bndes fêllt, oder die. den Wesltirieden berühr1“. Die gl-ihz Bestimmung enthält der Art. 3 Abs. 3 in Ansebung der Zuständigkeit der Bundesverszmmlung. Anfolgedessen ist da, wo das Gegzentetl nicht besonders bestimmt ist, die gescglih: Zuständigkeit der beiden Bunte8organe die gleiche. Die Note Eurer Exzellenz weist auf verschiedene Bestimmungen? d:8 Vectiages voa Versail-s hin, wona dem Rate des Völkor- bundes b-so dere Verpflichtungen obiiegen, währen» in gewissen anderen Artikeln der Vöilferlund und nicht der Nat des Völker- bundes erwähnt wird. Daraus folgt niht, daß in den Fällen, wo

ter Völkerbund obne nähere Bestim „ung erwöhnt wird, d‘e Zu-F

ständigkeit des Rates. wie fie in A;t. 4 der Vö!kcrbundsakte fest- ge!egt ist, eingeschränkt wäre. ;

Die Note erkiärt, tie deutsche Nezierung wolle die Tatsache, daß kein Vertreter der Vereinigten Slaaien vo-n Amerita an der E«t- scheidung des Nates teilg-nommen hat, ni&t weiter erôöctern. Der Nat ist der Aasicht, daß die gesetzliche Zusiändiakeit des Rates in seiner gecenwärtigen Zusammensegung nicht in Zweifel gezogen werden kann. i i

Ja, meine Daren und Herren, eine Widerleaung kann ih das

nit nennen. (Lebhafte Zustimmung.) Die deutsche Regierurg be- strèitet ja gar nicht, daß die Völkerbun*sakte selbt beiten Organen die gleite Zuständigkeit verleiht. Sie ist aber dec Ansicht, daß dies nur füc die allg-meinen Aufgaben des Bôölkerbundes und nicht für diejenigen Angelezenbeiten gelten kann, in denen der Friedenépertrag eine Mitwirkung des Vöikerbundes vorsieht. Dies folgt {hon daraus, daß der Frietenéverirag in ein-r Reihe von Fällen dieser Art aus-

: drüZlih ten 9îèat als das zuständige Organ bezeichnet. Niemand

wird behaupten wollen, ‘daß in biesea Fâllea auf Grund der erwähnien Bestimmungen der Völke: bundsakte auh die Bundesversammlung als zuständig angesehen werden könnte. Jst dem-aber so, so ergibt sich weiter, daß überall da, wo ter Friedenévertrag niht den Nat, sondern den Völferbund erwähnt, au niht die Huständigkeit des Rates, sondern die Zusiändigkeit der Bundesversammlung begründet sein soll. Denn andernfalis hätte die ver) iedene Fassung der Bestimmungen des Friedensvertrags keinen Siun. | Meine Damen und Herren! Jch muß hier noch erwähnen, in

| _welch geschichtswidriger Weise die belgische Presse und au die bel-

gische Regierung die Annexion der beiden Kreise als einen Wieder- erwerb ehemals belgishen Gebicts“hinzustellen suht. Jn ciner mit der Unterschrift des belgischen Ministerpräsidenten Delacroix versebenen Proklamation wird diese angebliche „Wiedervereinigung® geftiert. Wir taben bei der kelgisGen Regierung und bei dem General- seïretariat ‘des Völferbundes hiergezen feierlih Einspruch erfoben. Michts widerspricht nämlich mehr den, Tatsachen. (Zusiimmag.) Dis beiden Kreise Eupen und Malmety sind durch die Abmachungen des Wiener Kongress:8 zu Preußen gekon men. - Sie waren also Bestand-

‘eile der - prevsziscken Morarchie lage Jahre, bevor ‘der belgische

Staat überhaupt beyründet worden ist. (Lebhasie Rufe: Schr richtig!)

Vorbßer hat, abgesehen von einer Peciode von zwei Jabrzehnten, während deren die K-cise mit dem übrigen linken Rheinufer unter fran,

¿ôsisher HerrsFaft standen, der Kreis Eùpen zu dem Lande Limburg

geßört das Jahrbunderte lang“ Besib des Hauses Habsburg vnd

damit Beskandteil des allen deutsch-n Reiches war und d-en

Gebviet geaenwärlig zwishen Deutschland, Belgien und Holland aufoeteilt ist. E83 ist zu bemerkea, daß bei der Grenzzieburg ven

1816.-nicht der garze deutsde Teil von Limburg Preußen zugeteilt wurde, vielmeßbr blieben zwölf Gemeinden mit etwa 20 000 deut, spredcnden Einwobnern außerha!b der preußischen Grenzen. Bon dem Kreise Malmedy hat der kleinere Teil, der \ich im allgemeinen

mit dem vorwiegend wallonischen Sprachgebiet deckt, zu der früheren Doppelabtei Malmety Stavelot gehört, die' als selbständige Reich,

abtei mehr als elf YJahrbunderte bestanden und sich unter dem

Schute des alien deutschen Reiches ihre Selbständigkeit zu bewahren | gewußt hat. Wenn der Wiener Kongreß Stavelot an die Nied-r,

lande, Malmedy on Preußen überwie3, so trug er damit der Ver:

shiedenkeit der Geshibte und den ethnographischen und jurisdiktionelley | Verhältnissen dieser Teilgebiete Rechnung. Der verbleibende größre,

übrigens rein deutsGe Teil des Kreises Malmedy bat niemals jy

Staatengebilden gehört, deren Gebiet dem kbeutigen Belhicn einver

[leibt worden wäre. E

Diese Tatsackdben beweisen, daß von einer Wiedervereknigung i beiden Krei'e mit Belgi-n nicht die Rede sein kann. In der Ti | haben \id Preußen und Deutschland stets im unangefohtenen Besg * der Kreise befunden, und ni-mals sind bisher von belgisher Seit historische Ansprühe auf diese Gebiete geltend gemacht worde, Deshalb muß ih namens der Neihsregierung auch von dieser Stell us feierli Verwahrung einlegen gegen eine solde Veraemwaltizung geschihtlicher T: tsachen, die der Vergewaltigung der Bevölkerung an dje Seite tritt. (Bravo!)

Meine Damen und Herren! Wenn ih in der Einleitung gesagt babe, daß das Swicksal der beiden westlihen Grenzkreise im ganzen deutschen Volke wärmste Anteilnahme findet, tio kann ih dies nah allem, was-ih-hier zu s{ildern hatte, nur nochmals mit besonderer Betonung wkèderbolen. JZhrer einmütiaen Zvstimmung glaube i sich? zu seia. Was - die Reichëregierung betrifft, so wird sie keine Ge!egenbeit vo: übergehen: lassen, Cm der Welt tas an der Westmark geich here Unrecht vor ‘Auger zu führen. (Bravo!) Sie gibt sih dab-i du Hoffaung hi, daß der Völferbund ihre wohlbegründeten Beschwerden endlich einer eingehenden Prüfung unterziehen und {ließlich doch noch zu einer Entscheidung gelangen wird, die im Sinne eines wahren Völk rbundes liegt und der Gerechtigkeit zum Siege verhilft. Sie gibt si aber weiter der Hoffnung hin, daß die Zeit einmal kommen wird, wo zwischen Deutschland und Belzien wieder Beziehung n be- steben werden, die es der belgischen Regierung und dem belgischen Volk nicht mehr als erforderli erscheinen lassen, aus rein materiellen, vämlich aus mat: und wirtshaftspolitishen Gründen über das uraile Necht der Selbsibestimmung dieser deutsGhen Bevölkerung Euvens und Malmecdys zur Tagesordnung überzugehen. (Lebhafter Beifall.)

Zur Begründung der zweiten Interpellation nimmt das Wort

Aba, Korell (Dem.): Der Abg. Dr. Bell hat g"eichfalls {on die Rbeinlandinterpellation begründet. In diesen Fragen kann es nur enen edlen Wettstreit aeben. Darum danke ih dem Herrn von dr Zentrumsrartei für seine vortrefflichen Ausführungen im Inter: | des Nreinlandes. Hier kano es nur ein P ainland sämtliche Parte en des Hauses geben. (Sebr richtig !) Das Rheinland bört heut * aut unsere Worte. Wie der Erfolg Unserer 1mposanten Kundgebung | sein wird, ‘\ freilich eine andere Frage. Ehe ih mi den besonderen An elegenheiten des beseßten Gebiets zuwende, halte ih es au für ridtig. zunächst auch Elsafi-Lothrinoens zu gedenken. Meine Fraktion stekt riht auf -dem Standpunkt, daß man diese Frae außer at lassen soll (lebhafte Zustimmung). nit nur aus deutschem Gefühl beraus, sondern gerade wegen der Grundsäße, die der Frietentvertrag enthält. Danach muß: es so lange eine eljaß-lotbringische Frage für Deutschland und Europa: geben, als aub dieser Stamm noŸ nit miitels Abstimmung über seine tat\ählihe Zuaebörigkeit enis&ieden hat. (Sekr richtig !) Di- selbe Komödie, die in Eupen und Malm dy au*gefübrt wordea ist, ift p vo' ber auch in Eliaß-Lo1hringen 0uf- acfübrt worden. Die Beg: üßungswünsche einiger elsässi'(en Frauen und Mädchen besigen tür uns nie und nimmer die | Anerkennng der Grund'äge, die auch von den Gegnern prokiamiert word-n sind. Ich will nibt auf Eiazelheiten eingehen, aber betonen, taß es sid niht um Aeußerungen von Altpreußen bandelt, soudern um Mitteilungen von elsässiihen und lothringisden Leuten. Wir | fennen die Klagen über die Schematisierung und Verwilderung des früher so biüh:1 den elsaf-lothring den Schulwesens. Wir haben ge bôrt, wie die Bürok:atie dort wirt'ckaftct. Wir wissen, daß der Untergana des el'aß-lothringishen Weinbaues wahrscheinlih nur eine Frage weniger Jahre ist. Reries w'ssen wir aus den Vor ängen von

Nülhausen und Colmar, daß dort die A1beiter erst um die Elcmente ibrer ‘sozialen Freiheit und Stellung zu kämpfen baben, {Dort Hört !) Diese Dinge erfüllen uns niht mit Scaden- reude, fondern sird ein Beweis dafür, - abgesehen von der Frage der Selbsibestimmung, daß auh die mater'elle Lage ens tamit zu'ammenhängt, ob man sich in freier Abstimmung für Deutschland ents&e-det oder nit. Unsere Sorge ist es zuni, für die aus Elsaß - L thringen Vertriebenen die notwendigen Hilfêmaßnahmen in Angriff zu nehmen. Ein Geseg über dit Entschädigung ist ja in Aussicht. Wir ver:gugen weiter von der No ierun die Unterstüßung der Siediu- gsbestrebungen für die aut Elsaß othring-n Herübe:g fomm nen. Ebcnso muß für die

geloraE werden. Wir wissen, daß die Vertriebenen mit na er

Auch für das Saargeb-et veriangen wir mehr Gerechtigkeit, der Böikerbund joll do mit Gerechtigkeit etwas zu tun habe. Die * Vortämpser des Deutshtums im Saarland müssen unserer eits unterstüßt werden, aber nicht mit Geld, wie ih auódrüdlid betone. Jn der jeßigen Not müssen wir | und | die Rheinpfalz zum PMheinland rechnen, wenn j auch staatsrecktlich niht im Zusammenhang {teben. Dec 5 Nbein ist ja das P oblem der Aubeinanderseßüngen zwischen * Osten und Westen siets gewesen. Man soll dieies geschichtlide * roblem nidt so auftassen, als ob die Lösung ewig dieselbe fel ie jegice Lösuna des Preoblems ist nicht mit derjenigen von 181 zu verglcihen. Wir betrachten aber das rheinishe Problem geicid lid, "m uns in unserer Not zu stäiken und uns zu verzegen wärtigen, daß das Nbeinlano seit Jahrbunderten ährliches erlebt hal 4 und daraus die Hoffnung zu \{ôpfen, daß auh die jeßige Besezung des Rheinlandes nit länger dauern wird ats die früheren * Der Febler Frankreichs ist, daß es annimmt, wir ständen beute ncch | auf demselbe» kulturellen und poiitishen Standpunft wie 1806. Wir

sind seit 1866 und namentlich seit 1870/71 doch etwas anderes g& | worden, als das Land unter

Naroleon 1. war. Wir find auhch im Staatsgefühl etwas anderes geworden, als wir 1806 waren. Aud in anderen deutshen Ländern find Fehler aematt wordea, aber wms bedenten diese Refriminationen der Fraze gegerüber: Wer

hat denn cigentliß den Stall für die qule Kuh gebaut, die da drüben gemoiken wird? Nheiniike Tüchtigkeit und Intelligen) | baben si mater;ell. und national dur den innigen Zuiammenbars, mit dem grof:en IKut)\chen Reiche entwickelt. Darauf folite ranb- | .rech Rüdsicht nebmen. Wir sind nah Srrache und Geschicke, nah Wuischast und ua Sitte cin deutscher Staat (l.bhafier

ums

amten

hau i len | verlorenen Heimat hinüberschauen, und wir woüen kun, was in unseren Kräften steht, um ihnen eine neue Heimat. zu schaffen. |

aud Rheinhessen |

Beifal), kein Bastardftamm, wie Frankrei gläubt, zwischen 1ciand und Franfieib, sondern ein rein dzeutier tamm, wern «au, Gott sei Dank, in rheiniscker Autp:ägung. Was baben uns do die Franzosen alles versprohen namentli în der Antwortnote heim Kheinland3abfommen, man will uns Wobl- wollen vno Verjtändnis Enigeoenbrigen, man hat uns politishe Zu- fiberungen gemacht, tatfählih gehen abec alle Mafnahmea in An- griffe auf unser politiches Ret hinaus. Für die deutsche ut des rheiishen Stammes fit “es das beste Zei en, daß er alle diese ichweren Opfer für das gesamte Deutch- land geduldig trägt. Bei uns handelt es ich um einen Kampf echt; ob un'ere Klagen hier von der Entente gchört werden, ebt dahin, wir müssen aber die'en Schrei nah dem etementarsten ¿en'henrecht des rheinischen Stammes bier erichaflzn \afsen. Nach- dem das Ware: loch. im Westen gestopft ist, muß auch das Loch ge- \topft werden, durh das die Mentchenauëfuhr erfolgte. Es ift uninôglich, daß ein selbstbewußtcs, fulturel bhostetecndes Volk

15 hre lana_ bebandeit werden fann wie ein Koloni lvolf.

Sebr gut!) En Moselaner . fann niht behandeit i S Mos1em, und Köln niht wie Bagdad. Gejúbl V t

Unrecht scheint au in England zu erwaden; in Ftali i Stimme im Parlament gegen diese Bebandiun aen Zut B ens

des rh-taiicben Voites Wir avptUierea an das ganze Volk, an die Neutralen -an die Engländer, Italiener nnd Amerikaner und au an das französi che Vok und hoffen, daf sih das französische Volk von der Piycbose de3 Hasses frei mae. Die Kosten für die Besatzung wachien ins Fabel-

a'te, dabei sollte das Rhernland nah dem Mutter einer konstitutionellen Monarchie verwaltet werden. Vor allen Dingen müßte an Ab- rehnung über die Verwendung der Gelder ab.eiegt werten. Unsere wunder|chönen deutschen Jagden sind vollkommen ausgewildert, unsere Sagdgewehre, die wir ablieiern mußten, zum groß-n Teil ver-

erhoben.

* {wunden Die Be:ahßung sollte; vur 70000 Mann betragen, tat-

epu find es aber über 140 000. Die Friedensbele ollte nur _plegerement“ Per irctten werden, uns n es E. is ob die Sprache etwas sehr legerement bebande t worden wäre, so daß es ihließlich zur doppelten Zabl gekommen ist. Will man unsere 100000 Mann webr niederhaiten oder \oll diese Besatzungs3- truppe zum Kamp} geaen Sowjetrußland oder für das Rubrged

verwendet werden? Das würde den- Bestimmung-n des. Frtedens- verirags pollfommen widersprechen. Nun sollen wir Kasernen bauen, die ungezäblte Millionen kosten, eine Feidbdäckereci soll errichtet werden. Entgegen dem Wortlaut d-s Friedensvert fordert man von uns für neun Flugplägye 800 Pater besten deut|chen Ackerbod-ns. Daraus erflären die fabelhaîten Summen, die das deutsche Volk bezahlen foll, und dobei Heißt es in der Antwortnote, daß die Kosten der Dees so wenig drüdckend wie möglich sein sollern. (Zuruf rets: reine Hohn!) Zu diesem gewaltigen Zustrom von Offizieren und Soldaten gesellt PE ein großer Troß von Us spiclern und Schauspielerinnen, auch vou Provagandisten, angefangen vom Professor an der Sorbonne bis herunter zu dem eintält ften Schmierer vom „Echo du Rhîn®. Sehr oft ist uns ganz \{l-ierbatt, was unter einem „fonctionnairs ds l'armée* zu veistehen ist, aber wir _ müssen ihn einfah binnehmen. Wir haden nicht allein für die noch im Hecresdienst Befindlichen Wohnungen zu stellen, sondern aubimmobile Perjonen Halten si sehr gern bei uns auf, weil sie so {da und so billig wie am Nhein nirgends leben können. G Köin und Mainz find jeyt die teuersten Städte in ganz Deutichland, und das kann ja ,auch gar nit anders sein, da die Menge der hochgelobntea

Offiziere und Soldaten i i E d für alle Bedarfsartikel Preise anlegen fann,

ch ein deuts Ko ienrat zul î ¡mitkommt. Kuchen nrmd Ver R Fnd ieh i "e Besazungsbebörden von einer meisterei erpreßt worden mit der Grtilärung, man würde sonst einige bundert Mann Besaßung in n ehe L und der Reibskorwmissar in N die Not der rheinländischen chränfung des freien Ankaufsrechtck der emildert wird? Gntsprechend der Lebensmittel- a Ls f e Beviiee e gen eben j e un en e eini - trie feineswegs rosig. Wir haben / fir von Luxuswaren und und Getreide und

no was wir if nien Dandelo and oristizen Nahrung im ein Leben dec unser L lie Dauer

Wei Dasein is von umfan der Kammer oder im vertrauten Kreise ‘wir nur Gew bätten über unser Schicksal, über ‘der Besetzung. Ih mache anch auf das ungeheure Spitelsystem im d von einem ganzen Ney französischer

{Rheinland aufmerkiam. wir sin

dia fes Dort u Paget Bon er Lees ‘made Rie: Ï u ja ou den en an s veraehen Verschlepptea find 90 Prozent Derecailetitwea zum Obfer raa gr davon 30 e von p eigenen uten verraten. bafte e.) Wegen eußerung: , ann das französisde Parlieren niht mebr hören“- ist Feutaui zu ¿Monates Gefängnis verurteilt worden. Die deutshe Gericbtsharkeit wird ausgeshaltet, 10 daß es zum Beispiel in Köln unmöglich wurde, einen Hochverräter der deutshen Geribtsbar*eit zu überliefern. Eine Hauvtsiügze des Deutichtums sind die B amten, und ih füble mich verpflichiet, allen denen, die für das Deutshtum gelitten baben und ausgewiesen sind, den Dank des Deutschen Reichstags zu über- mitteln. (Beifall.) Nah den neuen Verordnungen der Oberkom- mission in Koblenz maßt sih die fremde Behörde die Entschei- dung über die Anstellung von Beamten der Zollbe! des Lehr- Personals und der Vorsizenden der Kaafmanns- und Gewerbe- _geiihte an. Ich möchte allen Beamten die Mabnung zurufen: gt uns uur fest bleiben, damit wir ein| frei werden. Es wäre ungerecht von einem demofratishen Redner, wenn er nidt als wichtigste Stüße des Deutshtums neben die Beamten die Arbeiter ellen wollte. Ohne die Arbeiter hätten wir im Juni 1919 le rheinische Republik bekommen. Die e soll frei sein. Jn- desen, wer sich mal auf die Redaktion einer rheinishen Zeitung müht, findet, daß nicht bloß Meldungen, die die Sicherbeit Armee betreffen, sondern alle Nachrichten der inneren und ¿ußeren Politik natürliG nickt der Zensur, sondern ‘einer Vorprüfung unterliegen. Sie läuft darauf hinaus: diese *Meldung könnt {hr bringen, aber auf eigene Verantwortvng und Gefahr. Ge'ällt sie tend einem militärishen Befehlshaber oder der Oberfommission in Koblenz nicht, so ist die Folge davon ein Verbot. ‘Das is keine Preßfreibeit im demokratischen Sinn, sondern ein Versuch, die Presse abhängig zu macen von dem Woklwollen der Behörden. Das Neueste ist die Jubiläumsinstruktion Rr. 50 der Obe1fkfommission in Köblenz, wonah jede Zeitnmng rerpflihtet ift, die ihr zuaehenden Mitteilungen an jeder Stelle, wo es ge-

wünsht wird, obne 0e “Aenderung aufzunehmen. Die D bauptung der „Vossis Zeitung“, die rheinishe Presse ün beseyten Gebiet wirke verheßend gegen die Franzosen, muß ih als eine Schädigung nit nur unserer Presse sondern auch bes Deutsch» tums zurückweisen. (Sehr richtig !) Die „Frankfurter Zeitung“ nimmt Fein Blatt vor den Mund bei ibren wahrhaften Mitteilungen über das beseßte Gebiet und unterscheïdet sich badurch von anderen Blättern, die Is zwar national nennen, aber eine besônders N a reinigte Ausgabe für das Nheinland veranstalten. Wir dürfen. nit mebr singen, wenn sih dadur jemand provoziert fühlt. Wir dürfen weder die shwarz-rot-goldenen noch die shwarz-weiß-roten Fahnen beraushängen. (Hört! hört!) Wir dürfen nicht einmal mehr zu Vieren marschieren, vielleißt weil dadurch die alliierte Armee gefährdet wird. (Heiterkeit.) Unsere Denkmäler \ind teil- weise in empörender Weise zuaerichtet worden z, das Denkmal Ludwigs pon Hessen wurde in den Rbein geworfen. (Hört ! hört 1) Aber man will uns fremde Kultur geben. Man richtet französische Srrat&kurse ein. Deutsche Eitern werden auf. efordert, ihre Kinder doribin zu s{icken. Man arrangiert fran,ösische Feste, zu denen man Deutsche einladet. Wir müssen uns genau überlegen, wie wir die Sie de 1 Ute Cetibiento me ibnen” 1len, ohne tie Gesamtinieressen Deu u digen. (Leh- hafter Beifall.) ; G i

Neicbsminister des Innern Ko ch: Meine Damen und Herren A153 ih im vorigen Jahre cine Juterpellatiou über die biete beantwortete, habe ih den Wunsch und der Hoffuung Aus gegeben, daß diese Fragen sowohl im besegten Gebiet als auh hier in diesem Hause uicht als Angelegeaheiten der Parxtei, sondern als gelegenheiten der Nation behandelt werden möchten. (Sehr richtig ! bei den D. D.) Und wenn sich in dem trüben. Bild, das sich uus entrollt, weun wir das Schicksal des besezten Gebictes betraten, ein Lichtblick bietet, so ist es der, daß in der Tat im leßten Jahre im beseyten Gebiet die nationale Einheitsfront niht gewankt hat und weiter der LiGtblick, daß auch bier im Hause während dieses Jahres und, wie ih Hoffe, auch in diesen Stunden, alles einmütig zusammenftehen wird in der Teilnahme für das besezte Gebiet und in der Abwehr von Unrecht von dem beschten Gebiet. Die beiden Herren Vorredner, die sich mit den Angelegenheiten des beseßten Gebicies befaßt haben, baben sid zu meiner Freude von Uebertreibungen fern gehalten, haben aber auf der anderen Seite cine Fülle erdrückendea Materials vor- bringen fönnen, dessen Nichtigkeit ih durdweg bestätigen kann. (Hört ! Hört !) Ucbertreibungen vorzubringen ist {ädlih und unnüß. (Sehr ritig !)

Lassen Sie mich zu Beginn meiner Ausführungen das Bedauern zum Ausdruck bringen, daß es Leute gibt, die in Deutschland reisen und Vorträge balten, in denen fie die S&ichale des beseßten Gebietes in unzutreffender und übeririebener Weise darstellen. Noch neulich hat ein befannter Vertragender aus Norddeutschland in München über die Verhältnisse des besetzten Gebietes eine Reibe von falshen Angaben gemadht, die zu widerlegen den Gegnern leiht sein muß. Er hat fi dabei darüber beklagt, daß er mit seiner Bitte um Abhilfe bei der Reichsregierung kein Gehör gefunden habe, obwohl er fich niemals die - Mühe gegeben hat, irgend jemand von der Reichsregierung dicse Tat- fachen vorzutragen. (Hört ! Hört! bei den D. D.) Meine Damen und Herren! Damit wird nichts erreicht. (Schr richtig ! bei den D. D.) Damit wird der gegnerishen Presse nur ein willklommener Vorwand gegeben, diese übertriebenen oder falshen Tatsachen zu widerlegen und den Eindruck zu erwecken, als wenn die Bevölkerung des beseßten Ge- bietes - unter angenchmen und erträglidßen Verhältnissen lebe. Nein, meine Damen und Herren, die Tatsache, die wir vorzubringen haben, sind so \{werwicgend und fo weiitragend, daß es irgendwelWher Uebertreibung nit bedarf,

Jch kann zu dem, waz die beiden Herren Vorredner heute vor- gebraht baben, noh vielcs an TaisaŒen hinzufügen. J darf die Zeit des Hauses nicht mit allen diefen Einzelhciten aufhalten, will aber zunähst bestätigen, daß die Kosten der Besatungstruppen als angebeuerlich zua bezeichnen sind. - Der Herr Reichs\{haßmister, der mir - die Vertretung dicser Frage, die zu seinem Ressort gehört, über- lassen hat, hat sich seinerseits bereits im Hauptausschuß eingehend mit einer Reibe der bier. in Frage kommenden Belastungen beschäftigt. Jch wiederhole daraus nur, daß das Besatungsheer, das nah dem Nheinlandabkommen 70 000 Mann leiht überschreiten durfte, auf mehr ass 130000 Maun angewachsen i. (Hört! Hört!) J wiederhole, daß die Eincichtungen, die im besegten Gebiet getroffen worden s{ind, weit. über das Bedürfnis eines Heeres von 130 000 Mann hinaudgehea (bört! hôrt!), daß ck B, obschon im besehten Gebiet 12 deutsche Flugpläße vorhanden waren, 18 neue Flugpläße eingerihtet worden sind, davon 13 allein. für das französische Heer (bört1 bôct!), daß 800 ha besten und fruchtbaren Ackerlandes für die Herrichtung dieser Flugplätze haben dienen müssen. Ih weise darauf in, daß in Trier Gelände für eine Feldbäckerei angefordert ist, die o groß sein wird, daß sie geeignet ist, den Tagesbedarf eines Heeres on 400 000 Manu zu deden. (Lebhafte Rufe: Hört! Hört) Jm ganzen sind seitens des Neichsschaßministeriums an Entschädigungen bezahlt oder bereits festgestellt für deutshe Einwohner wegen Ne- uisitionen, die an sie ergangen sind, 6,2 Milliarden. (Hört! Hört!) Es sind von der Besaßung bisher 2,3 Milliarden vorshußweise für ibre Bedürfnisse angefordert. Wenn aber die Ziffer rihtig ist, die der Herr Abg. Louceur in der französischßen Kammer über die Kosten der Besazungsarmée, und zwar ans{cheinend nur der französischen Be- sazungsarmee, mitgeteilt Hat, so ist mit einer jährlichen Belastung von 27!/s Milliarden zu recknen. (Lebhafte Nufe: Hört! Hört!) Es bedarf keiner Erörterung darüber, daß diese Lasten für ein zusammen- gebrochenes, verarmtes Deutschland unerträglich find (sehr rihtig!), und daß sie Deutshland iu die Unmögli(hkeit verseßen, an seiner eigenen Wiederherstellung, aber auch an der Wiedergutmaung irgend- wie uennen3wert zu arbeiten. (Lebhafte Zustimmung.) Die Be- lastungen beschränken \sich nit allein auf Geldopfer, sondern sie sind vielfachster Art. Die Herren Verredner haben bercits darauf hin-

ewiesen, in welchem Umfange Wohnungen für das Besaßungsheer- ür seine Offiziere, für verheiratete Angehörige und für den großen Troß des Heeres in Beschlag genommen werden. Welche Unzuträglich- keiten sid daraus ergeben müssen, wenn deutsche Familien in wenige Zimmer zusammengedrängt mit französishen Familien zusammen- ‘wohnen, die, wie ih betone, wenn sie beleidigt werden, jederzeit An- gehörige der deutschen Familien vor französishe Kriegsgerihte \{leppen und dort die Härtesten Strafen durtsepen (sehr rihtig!), welche Unzuträglicßkeiten \ich daraus ergeben, welche Unterwürfigkeit das seitens der deuts@en Mitbewohner vorausseßt, darüber sind wir, glaube ih, in diesem Hause einig. Daß daneben andere Familien innerhalb weniger Tage zu einer Räumung ihrer Wobnungen ange- balten werden, daß sie verpflihtet werden, von dem gesamten Hausrat b3dstens Denkwürdigkeiten von geringem Werte mitzunehmen, und daß Gefängnisstrafen zu mehreren Monaten verhängt worden find,

wenn solche Personen den Begriff der „Denkwürdigkeiten von geringem

Mert“ etwas weit genommen kahen und ihr eigenes Eigentum zu eineur kleinen Teil aus der Wokmtng kerausgesckleppt haben, sind Tatsa®en, die überall im beseßten Gebiet wiederkehren.

Oeffentlicde Gebäude find in einem Maße beschlagnahmt, daß die Tätiakcit der Behörden kaum noch durchzuführen if. S{hulen befinden si in großem Umfange in dec Umtoändlung zu Kasernen und, was ich besonders bervorhebe und was besonders auffallend ist, Turnhallen sind merkwürdigerweise überall unter allen Umständen sür die Bedürfnisse der Besapungs8atmee notwendig und werden fast durh- weg der Benußung dur die deutsche Jugend entzogen unter der Be- gründung, daß sie für die Besayung nicht entbehrlich seien. (Rufe: Unerbört! Unglaublih!) Aus der Bestimmung des Friedensvertragrt, wonach Grundstücke für Spiel und Sport und Erholungspläge ge- stellt werden: müssen, ist die Berechtigung. hergeleitet worden, deutsche Sagden in erheblichem Umfange zu beshlagnahmen, und die Jagd wird in manten Gebieten in einer Weise betrièben, die eine Verödung

unseres deutshen Waldes und unserer deutschen Feldflur bereits er- warten läßt. (Hört! Hört!) - A N j j

der Nei mitteln ift der gleiche Erfolg bisher nit erreicht.

Daß ein Heer von einer solhen Größe Ausfchreitungen in erheb- li&em Umfange begehen wirt, muß klar fein, namentli, wenn mau bedenkt, daß weite Teile dieses Heeres noch von dem Gefühl des Hasses, der Nade und der Mißachtung gegen deutsches Wesen erfüllt sind. Sie ersparen es mir wob", hier alle diese Ausschreitungen aufzufühßren. Was der Herr Abgeordnete Korell angegeben hat, if in allen Fällen

zu bestätigen.

Der Fall in Oberingelheim, den er erwähnt hat, in dem Franzofeu unter Führung eines Korporals in eine Tanzbelustigung, eine gesSlofsene Gesellschaft, eingedrungen sind, dort in keiner Weise gekränkt roorden sind, aber troydem anläßlih einer kleinen Auseinandersezung es für nötig gefunden haben, Schüsse im Saale abzugeben, und als die Ge- sells{aft den Saal schleunigst verließ, draußen sarfe Schüffe auf die Gesellschaft zu richten, fo daß das blühende Leben einer 20 jährigen Frankfurterin diesem Schießen zum Opfer gefallen ist, i nur einer der vielen Fälle, die im beseyten Gebiet vorgekommen find. (Bewegung. ) Es bedarf keiner Erörterung, daß dieser Fall zum Gegenstand einer Note der deutschen Reiéhsregierung gemaht werden muß, und daß in dieser Note nicht nur Sühne, sondern auch Entschädigung zu verlangen ist, wie wir sol&e Entshäbtigung au unsererseits in umgekehrten Fällen geleistet haben. (Sehr richtig !)

Fälle von Notzußt, die immer wieder vorkommen, sollen hier ni&t im einzelnen aufgeführt werden. Seh beschränke mi daranf, bier einen Fall mitzuteilen, in dem vor wenigen Wochen in Mainz 7 französishe Soldaten eine 42 jährige Frau hintereinander auf das \Geußlihste vergewaltigt haben. Strafen find in diefem Falle von der französishen Verwaltung verhängt worden. Eine Entschädigung ist bisher niht gewährt worden. (Lebhafte Rufe: Hört! Hört! und Unerbört!) Weitere Fälle anzuführen, mag sich erübrigen. Das eine muß aber festgestellt werden, daß die französifähe Gerichtsbarkeit lang- fam arbeitet, daß sie mit Inhaftierungen kangfam vorgeht, wie denn von den 7 Mördern des Mäd@hens in Oberingelbeim bisher erst einer inhaftiert ist, und’ daß fie Entschädigungsforderungen bisher in keinen Falle bewilligt hat. (Hört! hört! bei den D. D.)

H trage diese Fálle nit vor, num daraus abznkeiten, daß eine besondere Nobeit in dem Besäßungsheer herrs&t. Nach meiner An- fit i es selbstverständli®, daß bei einer fo ungeheuerlih diGten Besabung Nokeitsdelikte vorkommen. Aber daß diefe Fälle nicht Ver- anlassung dazu geben, si klarznmachen, daß eine derartig dite Be- sabung în einem hochkultivierten Lande von selbst zu einer Häufung von Delikten führen muß, nnd daß deswegen Ruhe und Ordnung ün Rheinlande nieuals cinzießben wird, weun hier micht Abhilfe geschieht, das dárf festgestellt werden. (Sehr richtig bei den D.D.)

Bei meinen Verhandlungen in Koblenz ift mir feitens der französischen Bevollmä@tigten der Rheinlandkommifsion vorgehalten worden, daß wir uns immer in erster nie mit unseren Angriffen gegen die franzö- sischen Besaßungstrappen wendeten, nnd das eine ift zuzugeben: in der Nü@sichtslosigkeit des Vorgehens unterscheiden fi die französischen Behörden nit von den Behörden der anderen Besahßungstruppen. Au Gewalttätigkzriten kommen in ‘allen Gebieten vor. Wenn twic uns in Deutschland so häufig in erster Linie gegen die französische Besaßung ritten, und wenn namentlih auch aus dem Rheinland übér die französishe Besazung besonvers geklagt wird, so sind dafür do drei Gründe anzuführen, Gründe, die ich ganz objektiv anfübre; denn ih babe niht die Absicht, aus dieser Angelegenheit eine politische Aktion n macken, die fih etwa gegen eine der Besaßungs8mächte richtet. IchG bin vielmehr der Meinung, daß ih diese Angelegenheit meinerseits nüchtern und unter Beschränkung auf das Tatsä{bliche vorzutragen babe.

Die Gründe VUegen zunächst darin, daß die Zahk der franzöfif{èn Truppen weit über die Zahl der übrigen Truppen hinausgeht, sind do von den 135 000 Mann, die im beseßten Gebiet vorhanden sind amilie Quellen darüber gibt es niht, aber diese Feststellung ist im großen und ganzen richtig fast 90000 Mam Franzofen, also eiwa zwei Drittel. Daher“ rihtet sich von selbst der Blick auf diese größere Masse. Die Gründe liegen weiter darin, daß infolgedessen die französis@e Armee außerordentlich eng gedrängt untergebracht ift, daß keine Städte wie z. B. Kreuznah mit 20 000 Einwohnern eine Befaßungêtruppe von 2000 Mann, Oberstein, ein Ort von 8000 Eit- wobnern, eine Besaßungstruppe von 1200 Mann haben, Orte, ia denen fast gar keine Möglichkeit ist, öffentliche Gebäude größeren Umfanges zu Kasernen und Verwaltungsgebäuden herzugeben, Orte, in denén es an Wohnungen für die verheirateten Offiziere naturgemäß febken muß. Daß in folchen Orten die Besaßung ganz befonder3 drückend empfunden wird, daß sie geradezu unerträglich ist und Handel, Wandel und Verkehr lähmt, stebt fest.

Es muß weiter angeführt werden, daß im französisch beseßten Gebiet die Klagen deswegen besonders laut sind, weil noch immer troz aller Proteste die Hälfte aller Truppen im beseßten Gebiet aus Farbigen besteht. (Hört! Hört!) Meine Damen und Herren! Man kann mir von der Gleihberehtigung der Nassen reden, soviel men will, niemand wird es cinem deuts{hen Mann oder einem deutsd)en Mädchen verdenken, wenn es eine ihm zugefügte Gewakttat doppelt empfindet, wenn sie von dem Angehörigen eines kulturell tiefsteßbenden- eines weit unter uns \tehenden Volkes begangen worden ist. (Lebhafte Zustimmung rechts und bei den D. D.) Niemand wird es versteheu,

man uns einreden will, daß hierin nit eine Schmach für ein hochkultiviertes Volk liege, die größer ist als alles andere. (Lebhafte Zustimmung rechts und bei den D. D.)

Und zum lepten ist deswegen die französische Besaßung besonders drückend, weil mit dieser Besaßung ganz anders als in den Teilen, die von anderen Mächten besept sind, Nebenabsihten verbunden sind (lebhafte Zustimmung bet der D. V. und bei den D. Nat.), wéil die Bevölkerung uicht das Vertrauen hat, daß wenigstens versucßt wird, sich bei den Maßnahmen auf die Notwendigkeiten zu beschränken,

die eine solche Besapung mit sich bringt (sehr richtig! rechts und bei

den D. D.), weil im Gegenteil aus Worten und Handlungen von

- Mitgliedern dieser Besaßungs#truppen imméc wieder die Absicht her-

vorleuhtet, diese Besaßung als Mittel zur Durdringung deutschen Gebiets zu benußen. (Zustimmung bei den D. O. und rechts.)

Der Herr Abg. Korell hat mit Recht von dein Nachricßtendienst gesprochen, der in so weitem und drückendem Umfang in dem von dén

. Franzosen beseyten. Gebiet unterhalten wird. Der Abg. Korell hat,