* Ministerpräsidenten Wesnit\ch empfangen worden. Wie die „Agenzia Stefani“ meldet, find die auf der Konferenz der italienischen und südslawischen Delegierten gefaßten LesGtaile für Jtalien in jeder Hinsicht befriedigend. Die julische Grenze wird den Schneeberg einbeziehen und bis an den un- abhängigen Staat Fiume reichen. Ueber die übrigen Fragen wurde gestern weiter verhandelt. Am nachmittag fand auch eine Befprehung der Generalstabschefs der italienischen Feld- armee und der Marine mit den südslawishen militäri chen
i Sachverständigen statt.
_— Die Deputiertenkammer hat vorgestern abend ihre Arbeiten wieder aufgenommen. Der Ministerpräsident Giolitti unterbreitete einige, vom Senat bereits genehmigte Geseßent- würfe, darunter denjenigen, betr. die Pensionen der Militär- personen, und ersuchte die Kammer, den Geseßentwurf über die MWahlreform später zu beraten. Im Namen der Sozialisten brachte Musatti eine Interpellation über die innere Politik ein und verlangte angesichts der gegenwärtigen inneren Lage deren sofortige Beantwortung, worauf Giolitti erwiderte, daß einer Me en Beantwortung nichts entgegenstünde, daß man aber die Debatte bis nach seiner Nückkehr aus Santa Margherita verschieben möge.
Tschecho-Slowakei.
Im Einvernehmen mit der südslawishen Regierung ver- öffentliht die tiheho-slowakishe Regierung den Text der mit der südslawishen Regierung in Belgrad am 14. August 1920 abgeschlossenen Konvention. Darin heißt es, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ mitteilt :
Im Falle eines unprovozierten Angriffs seitens Magyariens gegen eine der vertragschlicßenden Parteien verpflichtet sih die andere, zur Abwehr der überfallenen Partei beizutragen. Keine der beiden vertrag- \chließenden Parteien kann eine Allianz mit einer dritten Macht ohne vorherige Verständigung der anderen Partei abschließen. — Diese Konvention ist für zwei Jahre, beginnend mit dem Tage des Aus- tausches der Natifikationen, abgeschlossen. Na Ablauf dieser Frist darf jede der beiden vertragshließenden Parteien diese Konvention fündigen, welche jedoh noch für die Dauer von sechs Monaten, von der Kündigung angefangen, in Gültigkeit bleibt. — Diese Konvention wird der Gesellshaft der Nationen zur Kenntnis gebracht werden.
— Zu Beginn der gestrigen V des Senats gab der Senator Jelinek namens der deut ch-bürgerlihen Sena- toren eine Erklärung ab, worin es dem „Tjchecho-slowakischen Pressebüro“ zufolge heißt, daß die deutshbürgerlichen Parteien mit Rücksicht auf die Haltung der Regierung in dex Teplißzer Denkmalsfrage der Regierung das Mißtrauen aussprechen und es ablehnen, sich an der weiteren Debatte über die Re- gierungserflärung zu beteiligen. Hierauf verließen fie den Saal. Die deutschen Sozialdemokraten {lossen sih diesem Vorgehen nicht an, doch protestierten auch deren Redner gegen die Haltung der Negierung in der Teplizer Denkmalsfrage.
Bei der Debatte über die Regierungserklärung machte der Senator Klimfto (Slowalisde Volkspartei) in un- erhörter Weise Ausfälle gegen die tse o-\lowakische Republik und die tscheho-\lowakishe Nation. Seine Rede wurde wieder- holt von den tshechishen Senatoren durch stürmische Protest- rufe unterbrochen. Hierauf erklärte sein Parteigenosse, der Senator Dlde Be namens seines Klubs, es tue ihm leid, daß eine solhe Redé hier gehalten werden konnte; sie sei vom Redner dem Klub nicht jur Genehmigung vorgelegt worden. Nachdem noch mehrere Redner kurze Erklärungen gegen Klimko abgegeben hatten, wurde die Debatte geschlossen. Während der Nede Klimkos waren die deutshbürgerlichen Senatoren - wieder im Sitzungssaal zur Abstimmung erschienen. Die Negierungserklärung wurde mit 75 gegen 30 Stimmen angenommen; dagegen stimmten alle deutshen Parteien.
Schweden.
Die Negierungen der drei nordischen Länder haben dem „Svenska Morgenbladet“ zufolge bei dem Völker- bund eine Eingabe über die Maßnahmen zur Beschränkung der Rüstungen gemacht. Sie entspricht der auf der leßten nordishen Ministerzusammenkunft in Kopenhagen in dieser Angelegenheit gefaßten Entschließung.
Norwegen.
Im gestrigen Storthing trat der Abgeordnete C astberg dafür ein, daß die Berichte über die Verhandlungen während der nordishen Ministerzusammenkünfste veröffentlicht werden.
Castberg erklärte dêm „Wolffschen Telegraphenbüro“ zufolge u. a.: Wir haben erlebt, s gleich nah einer Ministerzusammen- kunft der \{chwedische König si an die italienishe Regierung mit der Drohung gewandt habe, an Deutschlands Seite in den Krieg einzu- treten, sofern Jtalien nit neutral verbleibe. Solchen Dingen sei man also unter der nordischen Zusammenarbeit Es Der Abg. Gunnar Knudsen erklärte, daß das, was Castberg über den schwedischen König gesagt habe, mit keinem Worte während der Ministerzusammenkünste behandelt worden sei. Nichts, was mit Bündnissen im Kriege agte, sei während der Minister- zusammenkünfte behandelt worden. Castberg erwiderte darauf, das sei ein ausreichendes Urteil über die Ministerzusammenkünfte.
Türkei. Nach einer Havasmeldung aus Konstantinopel meldet
Mustafa Kemal Pascha die Wiedereinnahme von Eriwan. /
Griechenland.
Zu den Erklärungen Venizelos' über die grie ische Neutralitäts politik teilt der ehemalige ariechishe Minister des Acußern: Streit laut Meldung des „Wolsfshen Tele- graphenbüros“ mit, er müsse die Erklärungen Venizelos? als unrihtig bezeichnen, nach denen der König Konstantin vor dem Krieg irgendwelche Verpflichtungen eingegangen wäre, die die Freiheit der äußeren Orientierung beeinflußt hätten. Die interalliierten Kabinette seien dur eine Mitteilung nah dem Waffenstillstand in Kenntnis geseßt worden, daß in keinem Zeitpunkt des Kriegs König Konstantin irgendwelhe Ver- pslichtungen übernommen hätte, die Griechenland auf die Seite der Mittelmächte gezogen oder zur Neutralität verpflichtet hätten.
Amurerika.
Der englische Botschafter in Washington hat die Aufmerk- samkeit des amerikanischen Staatsdepartements darauf gelenkt, daß nach einer nah Jrland gelangten Meldung Ver - geltungsmaßregeln gegen engli Ge Unter- tanen in Amerika angedroht würden, falls England den Repressalien von Militär und Polizei in Jrland nicht bis zum 14. November ein Ende bereite.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Ausf\chuß des Neihswirtschaftsrats für Landwirtschaft und Ernährung verhandelte gestern über die Koblenverforgung derÍ ochfecefisheret. Wie das „Nachrißtenbüro des Vereins deut der - Zeitungsverleger“ berichtet, führte Gewerkshaftssekretär Lorenz (Arbeitnehmervertreter der Uer aus, daß es an dem besten Ersaß für Fleis, an Fischen, eble, weil die Hochseefisherei ihren Betrieb infolge Kobhlenmangels nit durchführen fönne. In den deutschen Fischereihäfen lägen hundert Fischdampfer nsen still. Die / Nordsee sei jeßt besonders - fishreih, weil die Fischerei während des Krieges ‘auêgesezt habe. Auch Mannschaften seien genügend vor- banden. Der durch den Mangel an Kohlen bedingte Verlust betrage in diesem Jahre 145 bis 150 Millionen Pfund Filche. Tae une Koblenbedarf der deutschen Fischerei stelle i auf 4 bis 50000 Tonnen im Monat, davon fehlten ' etwa 12000 bis 13 000 Tonnen. Der Redner beantragte, auf die Kohlenstelle ein- zuwirken, damit fie diese Kohlenmenge für die Hochseefischerei zur Verfügung stelle. Der Vertreter des Reichskoblen;- kom mir sars versicherte, daß von amtlicher Seite die Wichtigkeit der Hochseefisherei durhaus anerkannt werde. Wenn die l fisGerei nicht mit ihrem vollen Bedarf an Kohlen habe beliefert werden können, so sei dies cine Folge des Abkommens von Spaa. In erster Linie müßten die Eisenbahnen und die Landwirtschaft be- liefert werden. Der Bezug ausländisher Koble würde für die Hocseefisherei zu teuer scin und die Fischpreise in die Höbe treiben, so daß von einem billigen Nahrungsmittel nicht mehr dic Rede sein könnte. Ein Vertreter des Reichsministe- riums für Ernährung und Landwirtschaft machte darauf aufmerksam, daß auch zwei Streiks in Kiel und Geestemünde die Hodseefischerei beeinträchtigt hätten. Er bitte auch um volle Be- lieferung der Fishdampfer mit Kohlen; wenn diese erfolge, dann fei au eine Senkung der Fishpreise zu erwarten. Jn der usfprace wurde allgemein der Wunsch nach stärkerer Belieferung der Fisch- dampfer mit Kohle vertreten. Eine Umstellung der Fishdampfer auf Braunkohle wurde von dem Vertreter des Koblentommissars für un- möglich erklärt. — Der Antrag Lorenz wurde mit fast allen Stimmen in folgender Fassung angenommen: „Der Ausschuß hält es _für wünschenswert, daß der deutschen Hochscefischerei der volle Bedarf an Bunkerkohle zur Verfügung gestellt wird, damit sie in die Lage versetzt wird, ihre volle Leistungsfähigkeit in den Dienst der Volks- ernährung zu stellen.“
Statistik und Volkswirtschaft. Arbeitsstreitigkeiten.
Die A rbeiter dér städtischen Elektrizitätswerke haben, wie „W. T. B.“ meldet, die Arbeit in allen Be- trieben wieder aufgenommen. Nahdem die Abstimmung eine Zweidrittelmehrheit für den Auéstand nicht ergeben hatte, wurde gestern nahmittag um 5 Uhr in den durch den Ausstand stillgelegten Werken Moabit und Rummelsburg die Arbeit in vollem Umfange wieder aufgenommen. Nur einige wenige Arbeiter sind nit er- schienen. ÎÍn dem gleichfalls im Ausstand befindlichen Ga s werk in GharTottenburg ist heute vormittag ebenfalls die Arbeit wieder aufgenommen worden. Im Gaswerk Tegel sollte die Ab - stimmung heute früh um 10 Uhr stattfinden. Die Reichs- regierung hatte im Einvernehmen mit der Preußischen Regierung Vorsorge getroffen, daß für alle im Ausstand befindlichen Betriebe die bereitgestellte Technische Nothilfe jederzeit einzugreifen in der Lage war. Sie hat, nahdem die Elektrizitätswerke Moabit und Rummelsburg die Arbeit wiederaufgenommen haben, die Nothilfe dort, sowie die für das Gaswerk Charlottenburg bereitgestellte, zurüd- gezogen. Bezüglich des Gaswerk3 Tegel will die Rei sregierung erst den Beschluß der Arbeiterschaft abwarten. Sie behält sich hier weitere Entschließungen vor.
Nah dreistündigen Verhandlungen ¿wisGen der Direktion der Großen Berliner Straßenbahn und den Vers
'trauensleuten der Straßenbahner haben sch gestern nach
10 Uhr Abends die: Straßenbahner bereit erklärt, von heute, Freitag, ab wieder zu fahren. Da die Neinigung der Schienen und der Weichen eine mehrstündige Tätigkeit erfordert, konnte der Straßenbahnverkehr nur allmählich wieder aufgenommen werden.
Die Berliner städtishen Hilfskräfte hatten, wie seinerzeit mitgeteilt wurde, dem Magistrat ein Ultimatum gestellt, mit ibnen über eine neue Festseßung der Gehälter zu verhandeln. Der Magistrat hat daraufhin geantwortet, daß er grundsäßlich bereit sei, zu verhandeln. In einer Sißung der Tarifkommission und der in Frage kommenden Verbände, die hiesigen Blättern zufolge am gestrigen Don s stattfand, wurde daraufhin be- \{lossen, daß die Hilfskräfte, um die Pnanten der Stadt nicht un- nötig zu beshweren, bis zur Aufstellung des neuen Etats von weiteren Lohnforderungengabsehen wollen. Die Hilfskräfte des Magistrats erhalten jeßt bei einer 182 stündigen Arbeitszeit im Monat Gehälter von 625 bis 1050 M. Hierzu tritt ein Stundenzushlag von 20 S für die Arbeitsstunde, entspredend dem in voriger Woche gefällten Schieds\spruh des Magistrats. Obwohl die Hilfskräfte den Schiedsspruh als solcen abgelehnt haben, haben sie aber auch einem Ausstand ihrer Mitglieder nit beigestimmt, sondern die Anordnung ausgegeben, daß in allen Büros weiter gearbeitet werde.
Land- und Forstwirtschaft.
London, 11. November. (W. T. B.) „Daily Chronicle“ meldet aus New York, daß die Shäzungen des Landwirtschafts- amts der Vereinigten Staaten von Amerika zufolge die Mais-, Reis-, Kartoffel- und Tabakernte in diesem Jahre die größte in der Geschichte der Vereinigten Staaten sein wird. Auch Kanada verzeichnet eine Rekordernte, die auf 460 000 Pfund Sterling geshäßt wird.
heater und Musik.
Swhillertheater Charlottenburg.
Das Schillertheater beging Mittwoch, d. 10. d. M., den Geburtstag des Dichters, dessen Namen es trägt, durch eine Aufführung des „Don Carlos“ in einer neuen unter der Spielleitung Franz Bonnos erfolgten Einstudierung. Sie zeigte im ganzen die gewohnte Sorg- falt, die man im Schillertheater der Pflege der Klassiker angedeihen läßt und zeichnete si zudem durch einige vortreffliche Einzelleistungen aus. An erster Stelle ist Dietrih von Oppen als König Philipp zu nennen. In diesem Künstler, der erst seit kurzer Zeit dem Schillertheater als Mitglied angehört, hat das Institut eine sehr wertvolle Kraft gewonnen, von der sich noch Bedeutendes erwarten läßt. Neben ihm ist besonders Ella Fichtner als eindruds- volle Prinzessin von Eboli hervorzuheben. Lobenswert, wenn auch noch uge R war Werner Damerows Darstellung der Titelrolle. Die Rolle des Marquis Posa ist in den Händen Georg Paeschkes ver- blieben, cines stilsiheren Schauspielers, der aber mittlerweile doch zu behäbig für Aufgaben dieser Art geworden ist. Die übrigen zahlreichen Rollen waren zufriedenstellend beseßt, und herzlicher Beifall für alle Beteiligten blieb denn auch nicht aus.
Im Opernhause wird morgen, Sonnabend, E. N. von Rezniceks „Ritter Blaubart“ mit Herrn Schüßendorf erstmalig in der Titelrolle aufgeführt. Beschäftigt sind ferner die Damen Schwarz, Marherr-Wagner und die Herren Stock, Noë, Zador, Ae Ee Mustkalischer Leiter ist der Generalmusikdirektor Blech.
nfang - r. Im Stauspielhause wird morgen „Der Kronprinz“ mit Lothar Müthel in der Titelrolle und Eduard von Winterstein
als König wiederholt. Anfang 7 Uhr. — Die für Sonutag, deu
mwußite infolge des Aus\tands
d M. ittaggo po 14. d. M,, angesezte Mittagsvorstellung wee erden. Die gelösten
auf Sonnabend, den 21. d. M., vers Karten behalten ihre Gültigkeit.
Manuigfaltiges.
wissenschaftlichen Theater der „Urania“ wird in O hie Ke Lbrien Vorträge am Mo E Schröter einen Experimentalvortrag über „Edelgase und elektrische Das halten, am Dienstag Dr. Walter Smidt einen Vortrag. mit Licht» bildern über „Arabien, Land und Leute“. Am Sonntag wird der Vortraa „Am Golf von Neapel“ wiederholt. Am Mittwoch (Buß- tag) hält der Professor Goerke einen Vortrag mit Lichtbildern über „Jerusalem und seine heiligen Stätten“ und am Sonnabend einen Vortrag „die schône deutshe Stadt“. Am Donners- tag wird der Geheime Rat Professor Dr. Spies etnen Vortrag „Oswalds neue Farbenlehre“ halten, und am Freitag wird Dr. With seinen Vortrag über „Indisch-javanisches Nolksleben“ noch einmal wiederholen. Außerdem findet am Sonn« abend eine Wiederholung des Vortrags „Thüringen“, Ie 44 Uhr, zu fleinen Preijen statt. — Im Hörsaal werden nah- sOigeine Vorträge gehalten: Montag, Dr. Meißner: „Die Funkiionen der Organe des menschlichen Körpers“;
Dienstag, Dr. Potonié: „Wie Eis und Wind den Erdball
einebnen“; Donnerstag, Dr. Krißtzinger: „Oasen der Wüste des Weltalls“ ; Freitag, Professor Dr. Keßner: „Die verschiedenen Stahlsorien und ihre Bedeutung für die Industrie“; Sonnabend, Geheimer Nat Professor Dr. Spies: „Ueber hocgespannten Strom“.
Bremen, 11. November. (W. T. B.) Die Nettungs- station Nimmersatt der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Shiffbrüchiger telegraphiert: Am 10. No« vember von cinem deutschen Zweimastgaffelschoner, Kapitän Diedrich, gestrandet bei Polangen, mit Kohlen von Stettin nach Memel bestimmt, durch Rettungsboot der Station fünf Personen gerettet.
- London, 11. November. (W. ( Nel aus Manila (Philippinen) ist das Küsten f ch iff „Basilisk, das nah Puerto-Bello gehen sollte, von einem Taifun erfaßt worden. 48 Mann der Besaßung seien umgekommen, 16 Mann seien gerettet.
11. November.
Prag, r. _(W. T. B) „Tschecho-Slowakischen Preßbüros“
Laut Meldung des
des Kaiser-JIosef-Denkmals. ( - Gerüst fertig. Den Sappeuren wurde mitgeteilt, sie hätten reeitere Weisungen des Ministeciums des Innern abzuwarten. Trotzdem seßten sie eigenmächtig die Arbeit fort und trugen das Denkmal ab. Es ist nicht beschädigt und wurde Abends in den Hof des städtishen Museums gebraht. Die Rube wurde während der ganzen Zeit nicht gestört.
Rotterdam, 11. November. (W. T. B.) „Nieuwe Rotter- damsche Couraût“ meldet aus London, daß in der Vorstadt Camberwell Tausende von Arbeitslosen Unterkunft und Verpflegung forderten. Wie die Führer der Arbeitslofen erklären, find in Camberwell 6—7000 Arbeitslofe.
New York, 11. November. (W. T. B.) Nah einer Reuter: meldung sind zahlreiche B reisverminderungen eingetreten. Die Volksspeiseanstalten haben ihre Preise um 28 vH herabgeseßt. Des- gleichen fand eine beträctlihe Preisverminderung für Textilwaren und Männerbekleidung statt. Auh Rohzuder sank beträhtlih im Preise. In Minneapolis stellte si der Preis des Mehls seit vier Jahren wieder auf zehn Dollar für die Tonne. :
L:
Aeronautisches Observatorium. Lindenberg, Kr. Beeskow.
11. November 1920. — Dracenaufstieg von 5 a bis 7 a.
Nelative Wind
Feuchtig- Geshwind.
oben unten 7 Nichtung Sefundo
SW 3 WzN 12 WNW 11 WzN 13 WzN 14 WzN 16
e
Seehöhe | Luftdruck| Temperatur C°
m mm
122 754,4 0,8 95 300 737 : 97 580 712 h 98 1980 600 100 2280 578 45 3100 521 47
Bedeckt. — Nässender Nebel.
(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
E
Theater.
YIpernhaus. (Unter den Unden.) Sonnabend: 202. Dauer- bezugsvorstellung. Ritter Blaubart. Anfang 7 Uhr.
Sonntag: Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wart- burg. Anfang °5# Uhr.
auspielhaus. (Am Gendarmenmarkt.) Sonnabend : Nas mittags: Kartenreservesaß 116. Schülervorstellung. Minna von Barnhelm. Anfang 24 Uhr. — Abends: 205. Dauerbezugs- vorstellung. Friedrih der Große. I. Teil: Der Kronprinz. Anfang 7 Uhr. Sonntag: Nachmittags: Preisen: Flachsmann als Erzieher. Anfang 25 U König Rich der Dritte. Anfang 7 Uhr.
10. Volksvorstellung j O . — Abends:
Familiennachrichten.
Gestorben: Hr. General der Infanterie z. D. Curt Frhr. von Medem (Bennigsen/Königsberg Pr.). — Hr. Hauptmann a. D, Brand von Bothmer (Rittergut Bothmer). — Hr. Landgerichts- rat a. D. Geheimer Justizrat Paul Cleinow (Glogau). — Hr. Land- rat a. D. Geheimer Regierungsrat Hermann von S@hlechtendal (Paderborn). — Hr. Geheimer Konsistorialrat Dr. theol. Franz Street (Herischdorf i. R.). — Frau Geheime Kommerzienrat Lina Gerlach, geb. Hirsch (Memel). &
Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. T y r o l, Charlottenburg.
Verantwortlich für den Anzei enteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle Rechnungsra engering in Berlin.
Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. Druck der Nordde Buchdruckerei und i ry deutshen Du neue 8 Verlagsanstalt Vier Beilagen (einshließlich Börsenbeilage) 9
der Abgg. Arnstadt (D. Nat.) und Genossen, betreffend ‘minister für Ernährung und Landwi
T. B.) Nach einer Meldung /
errihtete heute in Tepliß- S ch ônau eine Sappeurabteilung ein Gerüst zur Abtragung “* Nachmittags war dieses
* in der Gegenwart bei der Kartoffelversorgung ergeben, und ih bitte
Erste Veilage
zum Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger
Nr. 258.
Nichtamtliches. (Fortsebung aus dem Hauptblatt.) Deutscher Reichstag. 98. Sibung vom 6. November 1920. Nachtrag. Die Rede, die in Beantwortung der Jnterpellation
artoffellieferung8verträge, der Reich3- N l | u chaft Dr. Hermes gehalten hat, hatte folgenden Wortlaut:
Meine Damen und Herren! Im Namen der Reichsregierung habe ih die Chre, die Interpellation wie folgt zu beantworten:
Es ist dem Reichsministerium für Ernährung und Laudwirt- \haft bekannt, daß insbesondere in der ersten Zeit nah der Crnte seitens der Landwirtschaft vielfah über mangelhafte Abrufe der Ver- tragsfartoffeln geklagt worden ist. Nach den vertraglichen Bestim- mungen sollen 60 Prozent der abgeslofsenen Kartoffeln in den Herbst- monaten, d. h. bis Ende Januar, und 40 Prozent in den Frühjahrs- monaten möglichst in gleichmäßigen Wodchenraten seitens der Be- darfsstellen abgerufen werden. Seitens der Landwirtschaft bestand naturgemäß der Wunsch, möglist vom Felde weg ihr ganzes Quan- tum an Vertragékartoffeln abzuliefern, ein Wuns, dem die Bedarfs- stellen nicht in vollem Umfange Folge leisten konnten. Die Bedarfs- stellen hatten die Verträge abgeschlossen, um sich Winterreserven hin- zulegen, und sie konnten daher nicht die ersten Kartoffeln, die zuerst geerntet waren und nicht diesen hohen Grad Lagerfähigkeit auf- weisen, in vollem Umfange aufnehmen.
Cine größere Zahl von Kommunalverbänden — das darf ih gleich hier feststellen — hat bei der Abnahme der Veriragskartoffeln nit unbeträchtlihe Verluste erlitten, und zwar infolge mangelhafter hinter den Vertragsbedingungen zurücbleibender Qualität der Ver- tragskarioffeln, die in vielen Fällen zu beobachten war. Allerdings ist dabei auch das zuzugeben, daß eine Neihe von Bedarfsstellen in der Abnahme der Vertragskartoffeln reihlich rigoros vorgegangen ist. (Hôrt, hört! bei den Deutschnationalen.) Von Mitte Oktober ab ist «ber der Äbruf dex Vertragskartoffeln in viel stärkerem Maße erfolgt.
Verlin, Freitag, den 12. November
1920
daber, im Hinblick auf die große Bedeutung dieser Frage und mit Rülsicht darauf, daß die Angelegenheit in der Preußischen Landes- versammlung durch den Herrn Abg. Leinert eingehend besprochen worden ist, die Gelegenheit wahrnehmen zu dürfen, etwas eingehender auf die augenblicklihe Lage der Kartoffelversorgung und die jeßt geltende geseßlihe Regelung einzugehen.
Die Versorgung der Bevölkerung mit Kartoffeln im ver- gangenen Wirtschaftsjahre zeigte, daß die öffentlihe Bewirtschaftung nicht mehr dur&führbar gewesen ist. Die Wintereindekung im vorigen Jahr war troß aller Einwirkungen der Reichsbehörden und der Länder auf die Lieferstellen infolge der Machtlosigkeit der Lokal- behörden nur zu einem kleinen Teile durchzuführen. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Der Bevölkerung fehlten {hon während der Ernte die: zu ihrer Ernährung notwendigen Kartoffeln, und im Monat Oktober vorigen Jahres konnte nur der laufende Bedarf momentan gedeckt werden. Reserven für den Winter anzulegen, war in keiñer Weise mögli. - Die Folge war, daß die Kartoffel- ausgabe während der Wintermonate zeitweise völlig eingestellt werden mußte.
Daneben blühte der S&lei:Ghandtel in nie gekanntem Ausmaße. Die Bevölkerung mußte teilmeise auf das Land ziehen und dort Kar- toffeln hamstern, um nit völlig fkartoffellos zu sein. Durch ver- stärkte Einfuhr aus Holland, Dänemark und Polen wurden die Not- stände nit beseitigt, wenngleib es mit ihrer Hilfe auch gelang, die Kommunalverbände vorzugêweise in den Industriegebieten zur Aus- gabe von ein bis zwei Pfund Kartoffeln wöcentlih, mit einigen Unterbrebungen allerdings, in den Stand zu seßen. Das geshah mit erbeblihen finanziellen Zubußen des Reiches: denn die hohen Ein-
“ standspreise der Kartoffeln maten eine Verbilligung notwendig. In®-
cœsamt mußte das Reich hierfür 600 Millionen Mark zuschießen. (Hört, hört! rechts.) Alle diese Umstände haben zusammengewtätkt, die weitere Fortführung der Zwangäwirts{aft unmöglih zu machen.
Die Aufhebung der Zwancswirtschaft und die hohen Kartoffel- preise sind in einem Teil der Presse aués{ließlich auf Maßnahmen meines Ministeriums zurüclgeführt worden. Diese Auffassung trifft nach beiden Richtungen nicht zu.
Zunächst die Frage des Kartoffelpreises. Bereits im Januar dieses Jahres nahm das Reichêwirtschaftéministeriums Veranlassung,
N26 den vorliege den Nachrichten haben zurzeit die Bedarfss\tellen |# die bisherige Preispolitik einer Nachprüfung zu unterziehen. Die sehr
im allgemeinen de Bestimmungen der Verträge entsprohen und 60 Prozent der Vertragskartoffeln bereits abgerufen. Das gleiche gilt auß bezüglich der Reichsreserven. Schwierigkeiten bestehen zurzeit nur nah in den Provinzen Nieder- und Oberschlesien, wo die Kommunalverbände nur einen geringen Teil von Reichsreserven und Vertragskartoffeln angemeldet haben und jeßt ihrerseits den aus- wärtigen Abrufen Schwierigkeiten in den Weg legen wollen. Die Angelegenheit hat bereits den Gegenstand von Erörterungen mit den preußishen Behörden gebildet und wird von ihnen im Verein mit der Reicbskartoffelstelle weiter verfolgt.
Schwierigkeiten sind dur. den außerordentlih früh eingetretenen
Frost entstanden, det die gut im Gang befindlichen Verladungen aus Ostteutshland nah Beclin und nah dem rheinish-westfälishen “ndustriebezirk fast völlig zum Stoten gebraht hat. Hier rächt es fh für die Bedarfsstellen, insbesondere für die großen industriellen Werke des Westens, daß sic sich erst Mitie Oktober zur Anmeldung größerer Mengen Reichsreservckartoffeln ents{lossen haben, trobdem sie bereits Ende August von der Reichskartoffelstelle auf die Notwendigkeit und auf die Bedeutung der Reichsreserven aufmerksam gemacht worden sind. Und hierhin gehört auch die vorgetragene Beschwerde des Herrn Abgeordneten Schithmelpfennig hinsichtlich der Nordwestgruppe des Cisen- und Zechenverbandes, die troß ständiger Aufforderung zu Bestellungen erst Mitte Oktober si zu größeren Bestellungen ver- standen hat. Diese Bestellungen konnten dann natürlih nit dis Ende Oktober durhgeführt werden. (Sehr richtig! bei den Deutsch- nationalen.)
Dem Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft ist bekannt, daß sich die landwirtscaftlichen Organisationen in dankens- werter Weise dafür eingeseßt haben, die Landwirtschaft zu einer Abgabe von verbilligten Kartoffeln für die minderbemittelte Be- völkerung zu veranlassen. Der Erfolg dieser Maßnahme hat \ich jedoh in der Hauptsache auf die ländlichen Bezirke beshränkt. Für größere Bedarfsbezirke, wie Berlin, Hamburg, Rheinland-Westfalen, ist es bisher nit geglüdt, verbilligte Kartoffeln in größerem Um- fange zur Verfügung zu stellen.
Das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft be- dauert, daß in einzelnen Fällen durch unüberlegte Ausschreitungen der Konsumenten diese Abgabe von verbilligten Kartoffeln durkreuzt worden ist. Die Verfolgung derartiger Uebergriffe, die die Reichs- regierung scharf verurteilt, unterliegt jedoch nicht ihrer Zuständig- keit, sondern der der einzelnen Landesregierungen. Von den ihr |! bekanntgewordeuen Fällen hat die Reichsregierung jeweils den Landesregierungen Mitteilung gemaht und um energishes Ein- | greifen ersucht. Eingriffe der Eisenbahner in den Kartoffeltransport sind seit der Vereinbarung von September nur. noch in vereinzelten Fällen vorgekommen.
Die Anforderungen auf gedeckte Eisenbahnwagen zum Abtrans- port der Kartoffeln sind in diesem Jahre besonders hohe. Es ist daher der Eisenbahnverwaltung nicht immer möglih gewesen, die Anträge auf Wagengestellung, die teilweise auf Ueberforderung be- ruhen, zu erfüllen. Es is jedoch geglüdt, fast 80 % mehr Wagen als im Vorjahre für Kartoffeltransporte zur Verfügung zu stellen (bôrt, hört! rets), so daß die Belieferung der Bedarfsstellen zu Beunruhigungen keine Veranlassung gegeben hätte, wenn nit der Frost das Lieferungsgeshäft, besonders in den Hauptlieferungs- provinzen stark beeinträchtigt hätte. Für den Fall des Eintritts offenen Wetters ist Vorsorge getroffen, daß die Hauptversandgebiete möglichst mit gedeckten Wagen zum Abtransport der Kartoffeln versorgt werden.
Die Beantwortung der Interpellation, meine Damen und
eingehenden Verhandlungen im Neichswirtschaftsmtnisterium, an denen Vertreter der Produzenten, der Konsumenten und des Handels teilaahmen, führten zur Festscizung eines Mäándestpreises von 25 Mark für den Zentner Kartoffeln. (Hört, hört! rechts.) Bei der Fest- ebung dieses Mindestpreises ging das Reichswirtschaftsministerium von der Grwägung aus, daß im Hinblick auf die geringen Aussichten der Wintergetreidesaat ein verstärkter Anbau der Kartoffel angestrebt werden müsse als derjenigen Frucht, die weit mehr als Sommer- getreide gecignet war, einen Ausgleich gegenüber dem fehlenden Wintergetreide zu schaffen. Der Preis solle dabei nah der Auf- fassung des Neichswirtschaftsministeriuums bewußt über den auf Grund des Januarbestandes berechneten Gestehungskosten liegen, um einen starken Anbaureiz auszuüben. Det Zuschlag zu den Gestehungsfkosten ist im übrigen, wie ih gleih hier bemerken will, durch die seit dem Januar dieses Jahres eingetrctene weitere Verteuerung der land- wirtschaftlichen Betriebsmittel in der Hauptsache aufgezehrt worden. (Sehr richtig! rechts.)
Die Preispolitik des Reichswirtschaftsministeriums bat h durchaus bewährt. — Ich werde darauf nachher noch zurückommen. Es ift demnach unrichtig, wenn der Abgeordnete Leinert in der preußi- sen Landesversammlung behauptet, daß die Festsezung des Mindest- preises von 25 Mark durch die Verordnung vom 13. März ohne jede Fühlungnahme mit der verbrauchenden Bevölkerung erfolgt ist. Vor Erlaß der Verordnung vom 13. März, durch die die Festsezung des Mindestpreises von 25 Mark pro Zentner Kartoffeln erfolgte, haben — wie bereits erwähnt — eingehende Besprehungen der Produzenten ‘und der Konsumenten und des Handels stattgefunden, und zwar seiner- zeit unter dem persönlihen BVorsiß des damaligen Reichswirtschafts- ministers Schmidt.
Ebenso unrichtig sind die vielfach dur die Presse gehenden und aub von dem Herrn Abgeordneten Leinert wiederholten Aus- führungen über die Entstehung der zurzeit geltenden Lieferverträge und die beutigen Preise für Vertragskartoffeln. Ich darf hierbeì etwas auf die Vorgeschichte zurüdgreifen. Da sowohl Produzenten wie Konsumenten mit der Art und dem Ergebnis der Kartoffel- zwangswirtschaft im vergangenen Sahre durchaus unzufrieden waren, schten im Februar d. I. Verhandlungen ein zwishen dem Deut- hen Städtetag als dem Vertreter der Konsumenten, dem Reichs- aus\huß der deutschen Landwirtschaft als Vertreter der Produzenten unter Hinzuziehung der landwirtschaftlihen Genossenschaften und Handelsorganisationen. Der Zweck dieser Verhandlungen war, ein System von Lieferverträgen ¿u schaffen, um auf diese Weise die
| Kartoffelversorgung der Städte und überhaupt der verbrauchenden
Bevölkerung in der Zukunft sicherzustellen. Die Verhandlungen erfolgten zunächst innerhalb dieser drei Gruppen. Ende Februar f erhielt das Reichawirtschaftsministeriuum von diesen Verhandlungen Kenntnis, und Mitte März nahmen Vertreter des Reichswirt- \{aftsministeriums an diesen Verhandlungen teil, die damit einc gewisse behördlihe Billigung erfuhren. Es ist s{chwer, solhe Ver-
machen, um so weniger, wenn sie unter Teilnahme ‘der Regierung eine Zeitlang weitergeführt worden sind. Man muß si dabei das damalige starke Drängen der Landwirtshaft nah dem Abbau der Zwangswirtschaft vorstellen, das dur solhe Verhandlungen natür- lih lebhafte Nahrung bekam. Der eigentlihe Keim zur Aufhebung der Kartoffelzwangswirtshaft wurde in diesen damaligen Verhand- lungen gelegt, die unter Teilnahme — wie bereits erwähnt — des Reichswirtschaftsministeriums erfolgten. (Sehr richtig! rets.) Dies alles geshah vor Errichtung des Ministeriums für Er- nährung und Landwirtschaft, das sih daher bei Beginn seiner Tätig- keit auf dem Gebiete der Kartoffelwirtshaft einer sehr shwierigen
Herren, hat bereits auf gewisse Schwierigkeiten hingewiesen, die sich
Aufgabe gegenüber sah. Die drei Gruppen traten nämlich sehr bald
mit einem fertigen Plan an das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft heran und suchten die Zustimmung des Neichs- ministeriums zu. diesem Plane nah. Jch habe diesen Plan in den ersten Verhandlungen \ofort als unannehmbar bezeichnet, und zwar deshalb, weil die von der Landwirtschaft vorgesehene aufzubringende Gesamtmenge von 70 bis 80 Millionen Zentner Kartoffeln mir als völlig unzureichend für die Versorgung der Bevölkerung erschien. Es ist dann durch die Einwirkung der Regierung gelungen, die Landwirtshaft dazu zu veranlassen, insgesamt eine Gesamtlieferungs- menge von 120 Millionen Zentner Kartoffeln zu übernehmen. Die Vertreter des Städtetages haben \ih seinerzeit für diese Vers besserung ihres Verhandlungsergebnisses lebhaft bedankt und darin einen wesentlihen Fortschritt gegenüber dem ersten Plan erblickt. Die genannten Mengen sollten es ermöglichen, die versorgungsbereh=- tigte Bevölkerung mit einer Wochen- und Kopfration von 6 Pfund zu versorgen.
Nun noch ein Wort zu dem Lieferungszuschlag von 5 M. Dieser Lieferungszusblag ist ebenso wie die Vermittlungsgebühr von 1,75 nicht einseitig von der Regierung festgeseßt worden, sondern beruht auf einer Verständigung aller beteiligten Gruppen, und zwar wurde dieser Lieferungszushlag der Landwirtschaft seitens der Verbraucher- schaft zuerkannt als Ausgleich für die besonderen Schwierigkeiten und für das mit der Durbführung der Verträge verbundene Risiko. Jh muß hier allerdings die Angaben des Herrn Abgeordneten Schimmel- pfennig dahin rictigstellen, daß dieser Zuschlag von der Landwirtschaft verlangt und nicht etwa aus eigener Jnitiative seitens der Ver=« braudberschaft der Landwirtschaft auf den Tisch gelegt worden ist. (Zuruf rechts: Er wurde ihnen von den Städten angeboten!) Nach meinen Informationen hat die Landwirtschaft ihn verlangt, und dur meine weiteren Ausführungen dürfte das noch unterstrichen werden. — Ich habe in der ersten Verhandlung mit den städtischen Ver= tretern, der Landwirtschaft und dem Handel meine Auffassung dahin ausgesprochen, daß der Lieferungszushlag von 5 A zu hoch sei, und auf die Landwirtschaft daraufhin einzuwirken versucht, sih mit einer Ermäßigung dieses Saßes zu begnügen. Als die landwirtschaftlichen Vertreter erklärten, dem nicht zustimmen zu können (hört, hört! bei den Sozialdemokraten), habe ih troßdem die Notwendigkeit einer solhen Ermäßigung erneut unterstrihen und von weiteren Verhand- lungen erst abgesehen, als die Landwirtschaft hinterher erklärte, daß die Vertreter des Städtetages sich naher doch mit diesem Lieferungs- zuschlag einverstanden erklärt Hätten. Ehe also die von mir vor- gesehenen weiteren Verhandlungen mit der Landwirtschaft überhaupt möglich waren, wurde mir die Basis hierfür seitens des Städtetages selber entzogen. Den übereinstimmenden Wünschen der Landwirt- schaft, des Städtetages und des Handels glaubte sich die Regierung nicht verschließen zu dürfen. Sie hat daher das Ergebnis der Ver- handlungen in der Verordnung vom 21. Mai zusammengefaßt, die von dem volkswirtshaftlihen Ausshuß des Reichstages einstimmig angenommen worden ist. (Hört, hört! rechts.) Obwohl, wie bereits erwähnt, in den voraufgegangenen Verhandlungen seitens der Konsu- menten das größte Gewicht darauf gelegt wurde, eine möglihst große Kartoffelmenge durh die Lieferverträge zu binden, haben die Kom- munalverbände von dem thnen zustehenden Recht nur in geringem Umfang Gebrauch gemacht und lediglich rund 32 Millionen Zentner Kartoffeln zur Sicherstellung bei der Neichskartoffelstelle angemeldet, während die Landwirtschaft bereit war, die gesamte Menge von 120 Millionen Zentner aufzubringen. (Hört! hört! rechts.) Der Abgeordnete Leinert begründet die geringen Anmeldungen damit, daß die Regierung zu kurze Termine für die Anmeldung festgeseßt habe, und daß ferner den Kommunalverbänden das Nisiko niht hätte auf- gebürdet werden können, wenn einerseits dem Handel und andererseits der Landwirtschaft vollkommene Freiheit beim Verkauf der Kartoffeln eingeräumt würde. Hierzu darf ih bemerken, daß die Anmeldefrist nit einseitig von der Regierung, sondern auf Grund gegenseitiger Verständigung aller in Betraht kommenden Gruppen festgeseßt worden war. (Hört, bört! rechts.)
Was das den Städten zugemutete Risiko anlangt, so ist dazu zu sagen, daß die Städte, als sie sich mit den Vertretern der Landwirt- schaft und des Hand&ls an einen Verhandlungstish seßten, fich dar- über doch klar sein mußten, daß sie mit dem Abschluß dieser Lieferverträge ein gewisses Risiko zu übernehmen hatten. (Sehr richtig! rets.) Das «Wesen der zwischen den Produzenten und Konsumenten ab- geschlossenen Verträge beruhte darin, daß die Sicherstellung des Bedarfs im Wege von Lieferverträgen angestrebt werden sollte, die naturgemäß nit allein die Landwirtschaft, sondern ebenso sehr die Städte zu binden hatten. Die Städte. hätten das Nisiko, wie die weitere Entwickflung gezeigt hat, ja auch ‘übernehmen können, da weder die Auffassung des Handels -noch eines Teiles der Landwirtschaft in Erfüllung gegangen ist, daß die freien Kartoffeln billiger sein würden als die Vertragskartoffeln.
Die geringe Bedarfsanmeldung seitens der Kommunalverbände stand in erstaunlihem Gegensaß zu ihren in den Verhandlungen ge- äußerten Wünschen. Aus dieser Tatsache konnte jedoch die Regierung niht die Folgerung ziehen, daß in der geringen Anmeldung der Wunsch der Kommunalverbände nah Rückkehr zur Zwangswirischaft zu erblicken sei. Vielmehr durfte daraus mit mehr Recht das ‘Gegenteil gefolgert werden, und zwar mit Rücksicht auf die bis- herigen ungünstigen Ergebnisse der öffentlihen Bewirtschaftung und
handlungen, wenn sie cinmal eingeleitet sind, wieder rüdgängig zu ! weiter mit Rücksicht auf die seitens der Kommunalverbände erlittenen
Verluste. Jch muß bei dieser Gelegenheit einmal klar aussprechen, daß die Vertreter des Städtetages nah meiner Ueberzeugung auf dem Gebiete der Kartoffelwirtshaft eine wechselnde Politik getrieben haben und daß dadurch die von der Regierung konsequent erstreble grund säßlihe Regelung nicht voll erreiht werden konnte. Jm Frühjahr führte der Städtetag unter dem Dru der Kartoffelnot die Verhand- lungen mit der Landwirtschaft zu dem Zwecke, den Konsumentenbedarf durch Lieferverträge sicherzustellen, und im Sommer ließen sih die Städte von der in weiten Kreisen verbreiteten allgemeinen Auffassung von einem fommenden allmählihen Preisabbau davon abhalten, die nötigen Anmeldungen auf Grund der Verordnung vom Mai zu machen. Darüber kann nichts himwegtäuschen, daß die Politik der Städte in stärkster Weise dazu beigetragen hat, die Zwangswirtschaft abzubauen.