1892 / 13 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 16 Jan 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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gebraht werden. Das gesammte Staatsinteresse muß hier die Entschei- ;

dung geben. Wir können nicht immer die Einnahmen vermehren; es sind gegenwärtig die Ansprüche an die Steuerzahler schon boch genug. (Schr richtig!) Wir müssen uns auch ciner thunlichst sparsamen Behandlung der Ausgaben befleißigen. Das i} gewiß eine harte Aufgabe. Aber sie muß gelöst werden. Jh wenigstens, so lange mir keine unüberstcig- lichen Hindernisse entgegentreten, werde meine Aufgabe als Finanz- Minister in diesem Sinne auffassen, und ih hoffe, meine verchrten Herren, dabei auf Ihre Hilfe und auf Ihre freundlihe Mitwirkung. (Bravo!)

Vice-Präsident Dr. Freiherr von Heereman: Vom Abg. von Köller ist die telegraphishe Antwort eingelaufen, daß er das Amt als Präsident übernehme. Er verknüpft damit die erfreulihe Mit- theilung, daß er sich besser befinde, und, wenn keine weiteren Compli- cationen dazu kommen, hofft er, in act Tagen hier eintreffen zu Éönnen.

Minister der geistlihen 2c. Zed liß-Trüßshler:

Meine Herren! Auf Grund Allerhöcster Ermächtigung habe ih mir gestattet, dem Hohen Hause schon gestern den Entwurf eines Volksschulgeseßes zu unterbreiten. Jch habe dies gethan, um vielfach

* an mi herangetretenen Wünschen, den Wortlaut des Gesetzes so bald als möglich in die Hand zu bekommen, zu entsprechen. Aber ich halte mich dadur der Pflicht nicht entbunden, gleichzeitig au die Grund- züge persönlich zu erörtern, welhe mich bei-Ausarbeitung dieses Gesetz- entwurfs geleitet haben.

Die Staatsregierung erfüllt mit der Vorlegung dieses Gesetzes die Zusage, welche ih namens derselben in der Sitzung vom 4. Mai

vorigen Jahres abgegebén ‘habe. Jn Bezug auf die äußere Anordnung [ließt sich der Entwurf dem vorjährigen an. Ich habe dies für richtig gehalten, um die Arbeiten des vorigen Jahres nicht voll ver- loren gehen [zu lassen und bei den diesjährigen sie zu erleichtern. Aber nicht bloß der Form nad, au seinem wesentlichen Inhalte

“nach find cine große Zahl von Bestimmungen des vorjährigen Ent- wurfes in den diesjährigen theils ‘in dem ursprünglichen Wortlaute der vorjährigen Vorlage, theils in demjenigen Wortlaute übernommen- welchen die Vorlage in der ersten Berathung der Commission dieses Hohen Hauses gefunden hatte.

Dagegen zeigt der Entwurf cine erhebliche Erweiterung des Um- fanges des von ihm zu regelnden Gebietes und in gewisser Beziehung auch principtelle Abweichungen.

Die Staatsregierung geht bei diesem Entwurfe von der grund- säßlichen Auffassung aus, daß cs verfassungsmäßig zulässig it, einen Theil der Unterrichtêgeseßgebung dur Geseß zu regeln; sie sicht alfo in dem Artikel 26 der Verfassung nicht die Nothwendigkeit zur aus\chließ- lichen Vorlegung eines das gesammte Unterrichtswesen regelnden Ge- seßentwurfes. Aber der vorliegende Entwurf stellt sih im Gegensatz zum ‘vorjährigen die Aufgabe, das von ihm in Angriff genommene Gebiet des Unterrichtswesens einheitlich und erschöpfend zu regeln, soweit das nicht son, wie bei dem Gesetz über die Schulaufsicht, geseßlich geschehen ist.

In Consegquenz dieser Auffassung bietet der Ihnen vorliegende Entwurf Bestimmungen über die Lehrervorbildung und über die Re- gelung des Privatunterrichts.

Wenn ich nunmehr auf den sachlichen Inhalt des Entwurfes ein- gehe, fo glaube ih zunächst vorausschicken zu dürfen, daß die Absicht der Staatsregierung dabei ist, die bezüglichen Verfassungsbestimmungen loyal, gewissenhaft und folgerihtig zur Ausgestaltung zu bringen. Meine Herren, diese Verfassungsbestimmungen sind in Preußen geltendes Necht, und so lange dieses geltende Recht besteht, wird kein Unter- richtsgeseß auf anderer Grundlage aufgebaut werden können, und muß jedes Unterrichtsgeseß-“ confequent auf dieser Grundlage durchge- führt werden. Diese verfassungsmäßigen Grundlagen sind die Berück- sichtigung der Confession in der Volksschule, das communale Princip betreffs ihrer Unterhaltungspflicht, die Anstellung der Lehrer dur den Staat, aber unter geordneter Mitwirkung der Gemeinden, eine auékömmliche, den heutigen Zeitverhältnissen entsprechende Negelung des Einkommens der Lehrer und die Zulässigkeit des Privatunterrichts. Diese Grundsäße haben in dem Entwurfe folgerihtigen und klaren Ausdruck gefunden.

Das ist durchaus mögli unter Festhaltung des Grundprincips der staatlichen Aufsicht über die Schule und des Hoheitsrehts des Staats an ihr, ebenso wie an jeder anderen staatlihen Einrichtung. In dieser Beziehung das möchte ih gleich hier erklären wird die Regierung Abänderungen des Entwurfes nicht zustimmen.

Wenn ich nun im Einzelnen auf diese Grundzüge eingehe, so be- merke ih zunächst, daß jene eben von mir hervorgehobene Stellung in Bezug auf die Aufsicht durchaus vereinbar is mit der geseßlichen Mitbetheiligung, aber unter bestimmten geseßlihen Schranken, der- jenigen Organe und Factoren, welche bisher in der historischen Ent- wickelung unseres Schulwesens mitgearbeitet haben und ohne welche nach meiner Auffassung eine gedeihlihe Entwickelung unseres preußi- schen Volksschulwesens ganz undenkbar ist. (Bravo!)

Zunächst also das Confessionsprinzip! Meine Herren, die Voraus- seßung der Conféssions\cule bildet die confessionelle, bekenntnißmäßige Lehrerausbildung. Es ift unmöglich, wenn man niht mit dem Wort etwas s\agen will, was dem Inhalt nicht entspricht, sich eine Confessionss{hule zu denken, in der nicht bekenntnißmäßig ausgebildete Lehrer wirken. (Sehr richtig! rechts und im Centrum.) Daher sind in dem Entwurf die Bestimmungen über die Lehrerbildung aufgenommen. Diese Bestimmungen ins Einzelne {hon heute zu verfölgen, würde zu weit führen. Ich hebe nur hervor, daß hier wie bei der Volksschule selbst den NReligions- gemeinschaften eine Einwirkung und eine Mitwirkung bei dem Neligions- unterriht im Geseß gewährleistet wird, und daß ebenso in der Mit- wirkung von Organen der Neligionsgemeinschaften, wie dies übrigens thatsächlih hon immer geschieht, bei der Feststellung der Lehramts- . befugnisse cine weitere Garantie für die bekenntnißtreue Mitwirkung der Lehrer gegeben is. (Bravo! im Centrum.)

¿Meine Herren, die Lehrerbildung selbst kann, wenn man die ge- {hichtlihe Entwielung derselben verfolgt und wenn man damit das thatsählihe Bedürfniß des heutigen Tages vergleiht, nah meiner Auffassung in gar keiner anderen Form erfolgen, als in der Seminar- bildung. Jch habe persöulih mit dem allergrößten Interesse eine erheblihe Zahl umgestaltender Vorschläge nah dieser Richtung

hin gelesen, ich verkenne auch feinen Augenblick, daß in diesen Vorschlägen nah verschiedenen Nichtungen hin vorzüglich ver- werthbares und brauhbares Material enthalten ist; aber so sehr ih

Angelegenheiten Graf von

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mich bemüht habe, auf Grund dieser Vorschläge eine voll acccptable Basis zu gewinnen, so sehr bin ih immer an der Macht der gegebenen Verhältnisse gescheitert. Jh habe mich deswegen darauf beschränkt, die Seminarbildung als die Grundlage unserer Lehrerbildung zu nehmen, will aber durchaus damit nicht gesagt haben, daß in diesem Kreis und neben ihm niht au andere Formen ausgestaltend und fortshreitend zur Entwickelung kommen können.

Meine Herren, eine weitere Forderung der verfassungsmäßigen Bestimmungen der Berücksichtigung der Confession ist, wie ih bereits anführte, die Einräumung einer Mitwirkung der Neligionsgemein- schaften bei der Einrichtung des Neligionsunterrihts und auch bei der Ertheilung desselben. Auch die Leitung ist verfassungsmäßig ihnen bereits garantirt. Ueberall sind die Normen gefunden, die nah meiner Auffassung das Staatshoheitsreht nicht in Frage stellen.

Ich bemerke, daß die sämmtlichen Bestimmungen, die in dieser Beziehung in dem Entwurf sind, fast wörtlih oder wenigstens in ganz überwiegender Mehrzahl dem vorjährigen Entwurf entnommen sind und sich kaum von diesem unterscheiden. Jch glaube, das beweist, wie zwäiglich eine derartige Berücksichtigung ist.

Meine Herren, weiter. Eine Schule, die confessionell sein soll, muß als solhe auch in si gegliedert scin und sie muß, wie ich meine, ein eigenes Organ haben, um si zu äußern und ihre In- teressen zur Geltung zu bringen. Daher die Bestimmung, daß, Aus- nahmefälle abgesehen, der Lehrer der Confefsion der Schule angehören muß, das heißt der Kinder, welche in die Schule hineingehen und denen er Lehrer und Erzieher sein foll, eine Bestimmung, meine Herren, welche niht etwa etwas Neues kfonstruiren will, fondern eine längst bestehende und, wie ich glaube, der ganz überwiegenden Mehrzahl der Bevölkerung tief an's Herz gewachsene Einrichtung conservirt. Das ist der Schulvorstand. (Sehr richtig!)

Dieser Schulvorstand wird ja selbstverständlih komponirt werden müssen einmal aus dem Lehrer ih wünsche und halte es für ‘eine durchaus berechtigte Forderung des Lehrerstandes, daß er künftig nicht immer“bloß in die Stellung des Negirten, sondern daß er bei diesen Fragen in die Stellung des Mitwirkenden tritt. Ich glaube, es ist ein großer Fehler unserer bisherigen Organisation im Schulwesen gewesen, daß man den Lehrerstand in dieser Bezichung nicht genügend mitbetheiligt und auch nicht genügend äußerlich gewürdigt und ge- achtet hat dann zweitens dem Vertreter der Confessionsgemeinde das ist der Geistlihe endlich einer Mehrzahl von Vertretern der- jenigen Hausväter, welche zu der Schule gewiesen sind und einem Vertreter des Schulaufsichtsinteresses, falls das nicht eine dieser Persönlichkeiten bereits ist, und dem Vorsteher der bürgerlihen Gemeinde, um den Zusammenhang mit dieser unter allen Umständen aufrecht zu erhalten. Daß die beiden leßteren Personen niht der Confession der Schule anzugehören brauchen, ergiebt sih von selbst.

Ich möchte glauben, diese Ordnung der Dinge, die, wie ih eben hervorgehoben habe, in weiten Districten unseres preußischen Vater- landes seit Alters her besteht, ih bewährt hat und dort liebgewonnen ist, ohne jede Schwierigkeit wird arbeiten können, au wenn man das Communalprincip bezüglich der Unterhaltung der Schule zur vollen Durchführung bringt.

Meine Herren, noch eine Zwischenbemerkung bezüglich der Con- fessionsfrage, die sih- eigentli an ein Publikum außerhalb dieses Hauses rihtet sie foll nur ganz kurz sein. Es werden die aller- s{chwersten Bedenken in dieser Beziehung gegen den Entwurf erhoben, und es wird in Ausdrücken über ihn gesprochen, als ob wir, ich glaube vier oder fünf Jahrhunderte sofort in der Cultur zurüträten.

(Zuruf links.)

Meine Herren, demgegenüber möchte ih doch Eins konstatiren: in dem ganzen Entwurf steht au nicht cine einzige Bestimmung, die nicht jeßt schon, und zwar von meinem Herrn Vorgänger und meinen Herren Vorvorgängern ganz ebenso geübt worden ist, wie sie hier in den Entwurf aufgenommen worden ist. Meine Herren, der Entwurf codificirt bestehende Verwaltungspraxis. (Sehr richtig !)

Nun, meine Herren, komme ich auf die Frage der Unterhaltungs-

pflicht. Es ist durch den Art. 25 der Verfassung das Communal- prinzip zwänglich konstruirt. Jh meine, wenn das der Fall ift, so organisirt man richtig die Schule in dieser Beziehung künftig einfach in den Gemeindehaushalt und in das Verfassungsreht der städtischen wie der ländlihen Gemeinden ein. In folgerihtiger Ausbildung dieses Gedankens beschränkt der Entwurf die regiminale Behörde in einer großen Zahl von Fällen, die zu den äußeren Schulangelegenheiten gehören, in ihren bisherigen Befugnissen. Ja, er geht sogar so weit, in der VBezirksinstanz die jeßt in der Hauptsache für diese Zwecke bestehende Instanz überhaupt zu eliminiren; er überträgt einen großen Theil dieser Befugnisse auf an- dere Instanzen, in der Hauptsache auf Selbstverwaltungsinstanzen. Er stärkt den. Einfluß der Gemeinde, des Kreises, und er stellt das Schul- wesen unter die Nechtscontrole der geseßlih geordueten Selbstverwal- tungsorgane.

Endlich, um etwas zu vermeiden, was nah meiner Auffassung zu den größten Fehlern jeder vernünftigen Verwaltung gehört das ist die Duplicität der behördlihen Organe. Umddieselbe zu vermeiden- construirt der Geseßentwurf in der Kreisinstanz, in der Kreis-Schul- behörde, ein Organ, welches Schulaufsicht und reine Verwaltungs- zwecke in sih vereinigt und dafür Garantie leistet, daß nicht der Tech- niker die Herrschaft über den Verwaltungsbeamten und nit die enge, vielfah ja auch von nicht ganz zu billigenden Nücksichten be- einflußte Einwirkung des örtlichen Elements das Uebergewicht be- kommt. Beide sollen sich ergänzen, es sollen beide zum Heil der Schule wirken. Jch halte. das für durchaus möglih und ‘bin der festen Ueberzeugung, daß diese weitgehende und consequent durchgeführte Decentralisation, welche sich eng an die Ausbildung des Verfassungs- rechtes in den letzten Jahrzehnten anschließt, in der Bevölkerung mit Freuden begrüßt werden wird; und ih hoffe bestimmt, daß dadurch die Schule, eine der wesentlichsten und wichtigsten Lebensäußerungen unseres Culturstaates, ebenso Unterstüßung und Förderung finden wird, wie wir das auf anderen Gebieten gesehen haben, wo die ört- lihen und communalen und Laienorgane sih an derartigen Institu- tionen jeßt {on betheiligen.

Meine Herren, die öffentlichen Lhrer haben die Pflichten und Rechte der Staatsdiener; der Staat stellt unter geseßlih geordneter Betheiligung der Gemeinden die Lehrer an den öffentlichen Volks- s{ulen an. Diese Bestimmung giebt dem Staat bezüglich der Anstellung ein unveräußerliches Recht, sie bietet dem Lehrerstande eine außerordent-

li werthvolle Sicherung seiner Interessen und sie gewährt außerdem den

Gemeinden eine wirksame Mitbetheiligung in der Auswahl der Lehrer. Zu den §§116 und folgenden des Gesetzes, welche diesen Gedanken auszuführen suchen, darf ih darauf hinweisen, daß in dem Umstande, daß die Ge- meinde ein Vorschlagsrecht hat und die gemachten Vorschläge von den die Anstellung legalisirenden staatlichen Jnstanzen nur unter Angabe der Gründe beanstandet werden dürfen, schr weitgehende Cautelen gegeben sind, um dieses Vorschlagsrecht der Gemeinde zu einem wirklich werthvollen und Nußen bringenden Factor zu machen.

Meine Herren! Was das Diensteinkommen der Lehrpersonen be- trifft, so unterscheidet der Geseßentwurf zwischen Grundgehalt und Alters. zulage. Das Grundgehalt muß naturgemäß nach den localen und amt- lichen Verhältnissen der einzelnen Lehrerstelle, vielleicht au nach ganzen Provinzen, verschieden gestaltet sein. Wenn in dem Geseßentwurf aber - bezüglich derjenigen Categorie von Lehrern, welche die größte Zahl im preußischen Staat ausmachen, der alleinstehenden und Ersten Lehrer, ein Minimalgehalt ausgeseßt ist, so soll dies bedeuten, daß über diese unterste Grenze nicht, wie das bisher leider zum Schaden nicht bloß der Schule, sondern auch vieler anderen Dinge geschehen ist, ein ununterbrochenes Streiten und Handeln stattfinden darf. “Wie nöthig eine derartige Bestimmung ist, werden Sie, meine Herren, wie ih hoffe, aus ciner Denkschrift ersehen, die ih augenblicklich in meinem Ministerium ausarbeiten lasse, und welche die Ergebnisse der auf meine Veranlassung in diesem Jahre über die Lehrerbesoldungen gepflogenen Verhand- lungen in allen Provinzen zu Ihrer vollen, offenen Kenntnißnabme bringen wird.

Meine Herren, wenn man berücksichtigt, daß der Gescßentwurf ferner für diese Ersten und alleinstehenden Lehrer den Gemeinden einen Zuschuß von 600 4, also 100 / mehr als dies bisher der Fall ift, bewilligt, und wenn man ferner bedenkt, daß die Unterhaltungspflicht der Schule durch das Gesetz auf- sehr viel breitere Schultern als bisher gelegt wird, und endli in Erwägung nimmt, daß die Alterszulagen völlig vom Staat getragen werden sollen, so werden auch diejenigen Bedenken, welche etwa aus der Leistungsunfähigkeit der Gemeinden geltend gemacht werden könnten, wie ih hoffe, schwinden.

Was die Pensionirung der Lehrer betrifft, so ist diefe angepaßt den allgemeinen für die Staatsbeamten geltenden Vorschriften. Un also den Gemeinden die Lasten zu erleihtern, sollen ihnen bis zum jährlichen Höchstbetrage von 1000 4 Pensionszuschüsse aus Staats-" mitteln gewährt werden. Aber auch hier ist beabsichtigt, um die überschießenden Beträge den Gemeinden weniger fühlbar zu machen, Pensionskassen nah Regierungsbezirken zu bilden. Jch glaube, meine Herren, Sie werden anerkennen, daß auch hier die Sorge für die Sicherung der Zukunft unserer Lehrer si durchaus vereinbar er- wiesen hat mit der Nücksichtnahme auf das Finanzinteresse der cin- zelnen Gemeinden.

Ich komme endlich, meine Herren, zu der Frage des Privatunter- richts. Die Ueberweisung aller Kinder in die öffentlihe Volksschule ist, wie ih kaum hervorzuheben brauche, tein verfassungsmäßiges Necht. Ebenso giebt die Verfassung weitgehende und eingehende Bestimmungen darüber, wo und unter welchen Verhältnissen Privatunterricht ertheilt werden darf. Es kann außerdem feinem Zweifel unterliegen, daß eine etwa gewollte geseßliche Ausschließung des Privatunterrichts nah Lage unserer socialen Verhältnisse, unserer Gewohnheiten und unserer Auffassungen cine absolute Unmöglichkeit wäre. Die

Frage bezüglih des Privatunterrichts stellt sich also nicht fo, ob Privatuntericht überhaupt ertheilt werden soll oder nicht, son- dern einfa so: soll bezüglich der Concessionirung und Genehmigung desfelben wie bisher das subjective Ermessen der Unterrichtsverwaltung und die Entscheidung der behördlichen Organe allein maßgebend sein, oder foll au hier versuht werden, diese Materie auf allgemeine, ge- febliche, rechtlihe Controlen zu stellen? (Sehr gut !) s

Jch habe -mih für das leßtere entschieden; ih sche darin keine Gefahr, und jedenfalls muß die Gefahr, wenn sie besteht, mit in Kauf genommen werden; denn das ist verfassungsmäßiges Recht, und dies auszuführen sind wir verpflichtet. (Bravo!)

Meine Herren, ih habe mir aber auc gesagt, daß man dieses

fubjective Ermessen nit umseßen darf in die Willkür des Einzelnen bei dieser Frage, und deswegen finden Sie im Entwurf die Bestim- mung, daß die künftig etwa zu errichtenden Privatschulen genau auf derselben Grundlage organisirt sein müssen wie die öffentlichen Schulen, daß ihre Lehrer dieselbe Befähigung nachweisen müssen wie die Lehrer der leßteren, daß sie nah dem Lehrplan, welcher von der Behörde genehmigt ist, zu arbeiten haben und der Aufsicht der Be- hörde unterstehen, und daß endlich die Benußung der Privatschulen und des Privatunterrihts von der Beitragspflicht zu den öffentlichen Schulen nicht befreit.

Meine Herren, ih habe mir gestattet, Ihnen in Turzem, ohne die Absicht erschöpfender Behandlung, und auch ohne ermüdendes Ein- gehen auf Details, einen Ueberblick über die Grundzüge des neuen Geseßes zu geben. Sie werden finden, daß das historish gewordene Necht und der bestehende Zustand überall mit Achtung und mik sconender Hand behandelt sind. Aber ih hoffe, daß Sie mir auch die Anerkennung nit versagen werden, daß der Entwurf auf streng ver- fassungsmäßigen Grundlagen beruht.-

Ich bitte um eine wohlwollende Prüfung desselben, und ih hoffe, daß wir uns dann verständigen werden über die endliche geseßz- liche Negelung einer Materie, die ihrer auf das allerdringendste bedarf (Bravo!)

Schluß 11/, Uhr. Nächste Sihung Donnerstag, en a der Tagesordnung stehen: die Verlesung ‘der Fnter- pellation des Abg. von Eynern über die A der Bestimmungen, welche der im Einkommensteuergeseß vonr 24. Juni 1891 vorgeschriebenen Geheimhaltung der Steuer- erklärung entgegenstehen, und die erste Berathung des Staats- haushalts-Etats für das Jahr vom 1. April 1892/93.