1874 / 7 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 09 Jan 1874 18:00:01 GMT) scan diff

—- Nah §. 135 a. der Hausordnung für die Preußischen Strafanstalten vom 4. November 1835 soll den zur Ent- lassung kommenden Gefangenen das Zehrgeld für die Rückreise in die Heimath, sôweit dazu der Ueberverdienst oder die sonstigen eigenen Mittel des Entlassenen nicht ausreihen, nah dem Sayte von 1 Sgr. 6 Pf. per Meile aus Anstaltsfonds ge- währt werden. 2 : s

Die seitdem eingetretenen Veränderungen in den Verhâält- nien des Reiseverkehrs und in den Preisen der Lebensmittel haben den Minister des Innern zu einer Modifiïation dieser Bestimmung um fo mehr veranlaßt, als es im allgemeinen po- lizeitihen Interesse liegt, daß der entlassene Gefangene so \{chnell als möglih und auf dem kürzesten Wege seinem Bestimmungs- otte zugeführt und niemals in die Lage versezt werde, unter- wegs die Mildthätigkeit von Privatpersonen oder die Fürsorge der Armenverbände in Anspruch zu nehmen. |

Mit Rücksicht hierauf hat der Minister des Innern bestimmt, was folgt: E

1) Zur Beförderung entlassener Gefangener nah der Heimath oder nach dem von ihnen gewählten anderweiten Aufenthaltsort find, soweit es sfich um Entfernungen von fünf Meilen oder mehr handelt, in der Regel die Eisenbahnen oder Dampfschiffe zu benußen. Die dem Gefangenen zu ertheilende beschränkte Reiseroute wird dem ent- sprechend ausgestellt. Auch wird derselbe, soweit dies ohne besondere Meyÿrkosten thunlich ist, durch einen Aufseher oder einen sonstigen geeigneten Begleiter an die der Strafanstalt zunächst belegene Eifen- bahn- resp. Schiffsstation gebracht und dort das Passagiergeld der billigsten Klasse (wo möglich für die ganze Tour bis nach der, dem Bestimmungsorte des Entlassenen zunächst belegenen Station) für ihn berichtigt. i; 2

Dâin Zehrgeld wird neben dem Bahn- resp. Dampfschiffgelde für jeden nah Maßgabe der Reiseroute zurückzulegenden Reisetag bis an den Bestimmungsort ein Betrag von 77 Sgr. berechnet.

3) Gefangene, deren Bestimmungsort weniger als 9 Meilen von der Anstalt entfernt is, werden dahin mittelst Fußmarsches dirigirt und erhalten ein Zehrgeld von 5—10 Silbergroschen. :

4) In Fällen, wo der Bestimmungsort zwar mehr als 5 Meilen von der Anstalt entfernt ist, die Benußung der Eisenbahn oder des Dampfschiffes aber einen unverhältnißmäßigen Umweg, nöthig machen würde, findet gleihfalls Fußmarsch statt. Es wird hierbei ein Zehr- geld nah dem Saße von 73 Sgr. für jeden Reisetag ò 4 Meilen ewährt. A i Ñ 5) Jst die Berichtigung des Fahrgeldes nur für einen Theil der Reiseroute möglich oder muß der Gefangene ohne besondere E s nach der Station dirigirt werden, so hat die Anstalts-Direktion dur Requisition der betreffenden Stationsvorsteher, unter gleichzeitiger Zu- sendung des Fahrgeides oder unter Zusicherung der nachträglichen Zahlung desselben, die Beförderung des Entlassenen bis zu der ad 1 bezeichneten Station sicher zu stellen. ;

6) Das zu 1 bis 4 gedachte Fahr- und Zehrgeld is aus den Mitteln des Gefangenen zu bestreiten. Für unvermögende Gefangene sind jedoch der Ueberverdienst und die sonstigen Mittel defselben zu- sammengenommen bis zur Höhe von 5 Thlrn. frei zu lassen und die Fahr- und Zehrkosten, soweit es hiernach erforderlich ist, aus Straf- anstaltsfonds zu entnehmen und bei dem Extraordinarium zu ver- renen. |

9 7) Gefangene, welche nach einem anderen Orte als dem ihrer Heimath entlassen zu werden wünschen, haben, ra dieser Ort weiter von der Anstalt entfernt ist, als der Heimathsort, auf ein höheres Bahn- und Zehrgeld, als ihnen für den Fall der Entlassung nach dem Heimathsort zu gewähren sem würde, keinen Anspruch. j

8) Die Lonttehendes Bestimmungen finden nicht blos auf Zucht- haus-Gefangene, sondern auch auf jolhe Gefängniß-Gefangene An- wendung, deren Strafzeit die Dauer von drei Monaten übersteigt.

Die statistische Central-Kommission wird mor- gen unter Vorsiß des Präsidenten der Seehandlung Bitter im Ministerium des Innern zu einer Sizung zusammentreten.

Bayern. München, 7. Januar. Der Königlich \sähsishe Kammerherr W. Graf v. Gersdorff ist gestern Abend von Dresden hier eingetroffen und im Hotel zum Bayerischen Hof abgestiegen. Derselbe wird dem König die Notifikation des am 29. Oktober v. I. erfolgten Regierungsantrittes des Königs Albert von Sachsen überreichen. Graf v. Gersdorff wird si aus diesem Anlasse nah Hohenshwangau begeben. Zu Ehren desselben hat heute Nachmittag bei dem hiefigen Königlich \ächsi- {hen Gesandten, R. Grafen von Könneriß, ein Diner stattge- funden, wozu außer dem Minister des Aeußeren, Hr. v. Pfreh\h- ner, das hiesige diplomatishe Corps geladen war.

Im Gesez- und Verordnungsblatt Nr. 2 wird heute das unterm 29, v. M. Allerhöchst sanktionirte Geseß, die Todes- erklärung der in Folge des Krieges von 1870/71 vermißten Personen betreffend, veröffentlicht. Dasselbe tritt mit dem Tage seiner Verkündigung im ganzen Umfange des Königreichs in Kraft. In demselben Blatte wird die Bekanntmahung des Reichskanzlers vom 6. v. Mts., betreffend die Außercours- seßung der Landesgoldmünzen und der landesgeseßlih den inländishen Münzen gleichgestellten ausländishen Gold- münzen, mit dem Beifügen veröffentliht, daß weitere Anordnun- gen darüber, welche Kassen in Bayern \ich mit der Annahme und Umwechselung der Landesgoldmünzen zu beschäftigen haben, und von welchem Zeitpunkte ab bei denselben die Einlösungs- beträge erhoben werden können, nahträglih ergehen wird.

Der allgemeine Theil der Motive zu dem Entwurfe eines Gesehes: „Die Ausdehnung und Vervollständigung der Staatseisenbahnen betreffend“, lautet:

Um den Beschlüssen des Landtages vom Jahre 1872 wegen Her- ftellung weiterer Eisenbahnverbindungen ran und um zu- gleich einer Unterbrehung oder allzugroßen Beschränkung des dermalen in großem Umfange bestehenden Staats-Eisenbahnbaues, im Falle die im Art. 3 des Geseßes vom 29. April 1869 „die Ausdehnung und Vervollständigung der bayerischen Staatsbahnen, dann Erbauung von Vizinalbahnen betreffend" zur Ausführung festgestellten Bah- nen vollendet sein werden, vorzubeugen, hat fich die Königliche Staatsregierung zur Vorlage des gegenwärtigen Gesehentwurfs ver» anlaßt gesehen. Sie glaubte übrigens, sih hierbei in einer angemessenen Begrenzung dieser Vorlage um so mehr halten zu Jollen, als durch den Zugang neuer Bahnanlagen zum bestehenden ee die Gefahr für die Möglichkeit der Verzinsung oder Tilgung der Eisenbahnschuld durch den Reinertrag aus dem Betriebe der Staatsbahnen mehr und mehr erhöht wird; denn wenn auch von zugehenden neuen Bahnlinien eine mehr oder minder große Mehrung des Verkehrs erwartet werden fann, so dürfte solhe, da fie häufig zum großen Theile auf Kosten schon bestehender Bahnen eintreten wird, do nicht von der Act sein, M sie in einem entsprechenden Verhältnisse zur Steigerung der Eisen- bahn

Ib ftebt pag g direkte Einbeziehung des Lagers Lechfeld und

seiner Etablissements in das Bahnney, wie die Herstellung mili- tärisher Ladestellen daselbst Pee aut een , wurde im Be- nehmen mit der Militärverwaltung dafür ein Projekt ausge- arbeitet, welches eine Länge von 6,12 Stunden in sih \{ließt, Die Bahn geht, nahdem fie die Station Kaufering verlassen, in gerader Richtung, nur den Ort Lechfeld umfahrend, zu dem längs und öftlih der Straße von Landsberg nah Augsburg etablirten Lagerfeld, zicht auf 1'/4 Stunden Länge an der Wesi- seite desselben und der genannten Staatsstraße hin und biegt

hierauf westlich an Ottmarshausen vorüber in die Station Bo- la ais Die Baukosten berehnen sich auf 1,280,000 fl. oder per Stunde auf 209,300 fl. : : :

8. Januar. (W. T. B.) Prinzessin Gisela, Ge- mahlin des Prinzen Leopold von Bayern, ist von einer Prinzessin entbunden worden.

Sachsen. Dresden, 8. Ianuar. („D. I.) Die Zweite Kammer genehmigte in ihrer heutigen Sizung mit allen gegen 3 Stimwen die von der Finanzdeputation mit den Königlichen Kommissarien wegen der neuen Civilliste getroffene Verein- barung; der einzige Redner war der Abgeordnete Dr. Leistner, der die Angemefsenheit der vorgeschlagenen Höhe der Civilliste bestritt. Nah den gefaßten Beschlüfsen ist die Civilliste auf 950,000 T&hlr. fixirt; dazu kommen 30,000 Thlr. jährlich, wie L für die Schatullenbedürfnisse Ihrer Majestät der regle- renden Königin; dagegen fällt künftig im Budget der Bau- aufwand zur Unterhaltung der reservirten Hofgebäude (15,000 Thlr.) weg; mit der von Sr. Majestät dem König angebotenen Ueberweisung des Palais im Großen Garten und des Schlosses zu Hubertusburg an den Staat zur ausschließlichen Be- nußung für Staatszwecke wird ebenso das Einverständz niß erklärt, wie mit der Ueberlassung des Schlosses zu Wermsdorf zur freien Benußung an Se. Majestät den König. Sodann verhandelte die Kammer über den vom Abg. Dr. Minckwiz Namens der Finanz-Deputation er- statteten Bericht wegen der zur Errichtung von Landgerichten, wie fie auf Grund der in Ausficht stehenden Reichsgesezgebung künftig bestehen werden, von der Regierung geforderten Summen. Eine animirte Debatte riefen die 57,000 Thlr. hervor, welche zum Ankauf eines Areals u. \. w. für ein Landgericht in Döbeln verlangt werden; namentlich plaidirte der Abg. Günther sehr lebhaft gegen diese Bewilligung und gegen die Absicht, in Döbeln ein Landgericht zu errihten, während sich zu Gunsten Döbelns besonders der Abg. Oechmichen verwandte. Auch Justiz-Minister Abeken trat für das Postulat ein, \{chließlich wurde dasselbe jedoh mit 33 gegen 29 Stimmen abgelehnt. Die übrigen Forderungen (für Zwickau, Chemniy, Leipzig, Freiberg ) wurden in der von der Deputation beantragten Höhe von zusammen 550,000 Thlr. bewilligt. Die Frage des in Chem- nig für die Gerichtsgebäude zu erwerbenden Areals veranlaßte eine lange, zum größten Theile um die eiuschlagenden lokalen Verhältnisse sich bewegende Debatte. Die Forderung für die Leipziger Iustizbauten gab dem Abg. Pr. Biedermann Gelegen- heit, eine vorläufige Verwahrung einzulegen gegen die seiner Ansicht nah extensive Anwendung, welche die Regierung von den §8. 92 und 1083 der Verfassungsurkunde auf die vorjährige, von der einfahen Majorität der Zweiten Kammer verweigerte Bewilligung zum Zwecke jener Bauten gemacht habe. Der Justiz-Minister erwiderte, daß die Regierung diese Bestimmungen so angewendet habe, wie es in analogen Fällen früher ge-

schehen sei.

Württemberg. Stuttgart, 7. Januar. Das „Reg. Blatt“ Nr. 1 enthält das Geseß, betreffend außerordentliche Be- dürfnisse der Postverwaltung vom 17. Dezember 1873, fernex eine Verfügung des Steuer-Kollegiums, betreffend die Umlage der Grund-, Gefäll-, Gebäude- und Gewerbesteuer auf die ersten 7 Monate des Etatsjahres 1873/74 vom 30. De- zember 1873. y i E

—- Die - Erläuterüng der Näachexigenz von jährlih 66,000 fl. zu dem Etats\sayß pro 1873/75, betreffend die Alters- zulagen für Schullehrer und Beiträge an Gemeinden zu den Gehalten ihrer Schulstellen, isst im Druck erschienen.

Sachsen-Meiningen-Hildburghausen. Meiningen, 7, Januar. Der regierende Herzog Georg isst von Dresden, wo er seine beiden Prinzen besuchte, mit seiner Gemahlin hierher zurückgekehrt. Der Grbprinz. Herzog Bernhard weilte einige Tage hier und trat gestern die Rückreise nah Berlin an.

Der Staats-Minister G is eke hat sich nah Berlin begeben, um an den Sißzungen des Bundesraths Theil zu nehmen.

Sachsen-Coburg-Gotha. Coburg, 7. Januar. Der Spezial-Landtag für das Herzogthum Coburg is auf den 12. d. M. einberufen worden. /

Das heutige Regierungsblatt veröffentliht ein für die Herzogthümer Coburg und Gotha gemeinschaftlihes Gese über die Befugniß der Eisenbahn-Polizeibeamten zur An- forderung und Erhebung der wegen Kontravention gegen Be- stimmungen des Bundes-Bahnpolizei-Reglements vom 3. Juni 1870 verwirkten Geldstrafen.

Anhalt. Dessau, 8. Ianuar. Die Gesezg-Sammlung für das Herzogthum Anhalt enthält ein Geseg, die Einstellung ver- wahrloster Kinder in eine Erziehungs- und Besserungs-Anstalt betreffend, vom 29. Dezember 1873 und eine Verordnung, betreffend die Kettenschiffahrt auf der Elbe, vom 29. Dezember 1873.

Reuß j. L. Gera, 6. Januar. Gestern früh reiste der Fürst zum Besu an den Herzoglihen Hof nah Gotha, wo- hin heute auch die Fürstin nahfolgte. Die Fürstin-Mutter begab si heute von hier für längeren Aufenthalt nah Dresden.

Bremen, 7. Januar. Am Schlusse der heutigen Sißzung der Bürgerschaft berihtete Dr, Adami über die Vorlage, be- treffend die Abänderung der Verfassung und der auf dieselbe fich bezichenden Geseze in Folge der Reichsverfassung. Neben dem bezüglihen Deputationsberihi lag ein Kommifsions- beriht vor, welcher den Antrag Kotenbergs, bei dieser Gelegen- heit eine Revision des Wahlgeseßes eintreten zu lassen, empfahl. Úr. Adami hob aus den Verhandlungen der Kommission hervor, daß dieselbe fich mit der Frage beschäftigt habe, wie sih die Ver- hältnisse verändern würden, wenn man das System der Kopf- ga pes für die Bürgerschaft einführen würde. Die Gesammt- zahl der Wähler bei der legten Wahl betrug 16,455. Davon kamen auf die erste Klasse 184 Wähler, auf die zweite Klasse 975, auf die dritte Klasse 190, auf die vierte Klasse a. 2125, auf die vierte Klasse b. 2996, auf die vierte Klasse c. 3909 u. \. f. Bei Einführung der Kopfzahlwahlen nun würde die erste Klasse 15 Vertreter ver- lieren und überhaupt nur einen Vertreter zu wählen haben; die zweite Klasse würde nur 8 Vertretér wählen können, und somit 40 verlieren; die dritte Klasse hätte nur einen Vertreter zu wäglen, und würde somit 23 verlieren; die vierte Klafse a. würde 9 Vertreter mehr, die vierte Klasse b. würde 17 Vertreter mehr und die vierte Klasse c. 25 Vertreter mehr als bisher zu wählen haben. Das Schwergewiht würde also künftig in die vierte Klasse und vorzugsweise c., die Klasse der Nichtbesigenden,

[ gelegt werden, zumal künftig die fleinen Leute auf dem Lande 21

Vertreter mehr als bisher zu wählen hätten. Bei dieser Gelegen- heit sei au in Frage gekommen, ob die Klage der Bremerhavener, daß sie im Verhältniß der Zahl der Wähler niht genügend ver- treten seien, begründet sei. Es habe fich nun aber herausgestellt, daß viele der dortigen Einwohner keine Bremerhavener Bürger seien. Eine weitere Debatte fand nicht statt. Zu den beantragten Verfassungsänderungen ift erforderlich, daß sih in zwei verschie- denen Sizungen 76 Vertreter für dieselben erklären. Es stellte sih nun heraus, daß die zu §. 1 der Verfassung (zweiten Ab- \aß) beantragte Abänderung, dahin gehend, daß derselbe künftig laute: „Als einer der Bundesstaaten, welche das Deutsche Reich bilden, theilt u. \. w.“ niht die erforderlihe Majorität von 76 (bei 79 Anwesenden) erhielt. Die Sizung wurde nah dieser Abstimmung aufgehoben und werden daher die weiteren An- träge auf Verfassungsänderung erst in der nächsten Sizung zur Abstimmung kommen.

Hesterreich-Ungarn. Wien, 8. Januar. Der Kaiser wird am 12. d. M. in Ofen dem zur Kardinalswürde gelang- ten Fürstprimas des Königreihs Ungarn, Fürst - Erzbischof Dr. v. Simor das Kardinalsbarett ertheilen. Se. Majestät be- giebt ih zu diesem Zwecke unter Vortritt des Hofstaates und des neuen Kardinals aus den Appartements in die Kirche, wohnt dort unter dem Thronhimmel dem Hochamte bei und seßt sodann nah Ablesung des päpstlihen Breves dem Kardinal das Barctt mit dem herkömmlihen Ceremoniel auf. Nach dem Tedeum ertheilt \{chließlich der Kardinal den päpstlichen Segen und hat \päter die Ehre, nahdem er das rothe Kardinalkleid angezôgen hat, von Sr. Majestät in den Appartements in be- sonderer Audienz empfangen zu werden, um seinen ehrerbietig- sten Dank abzustatten. E

(W. T. B.) Den hiesigen Abendblättern zufolge ist die Abreise des Kaisers nah St. Petersburg auf den 9. Februar festgeseßt. Die Abwesenheit des Kaisers von den österreichischen Staaten würde voraussihtlich 14 Tage währen. Die Minister Graf Andrassy und v. Hoffmann begleiten denselben.

Aus Valana, 28. Dezember, wird gemeldet: Der Erz- herzog Karl Ludwig Salvator kam am 19. v. M. am Bord einer Yacht hier an. Leßtere hatte eine niht unbedeutende Ha- varie in der Maschine erlitten und war nun genöthigt, die An- kunft von Reservebestandtheilen abzuwarten, was bei der mangel- haften Dampfverbindung eine geraume Zeit in Anspruch nahm.

Die Mehrzahl der Landtage eröffnet mit dem heuti- gen Tage wieder ihre Thätigkeit; der niederösterreichische Land- tag trat hon gestern zusammen. Geschlossen is die Session bereits in den Landtagen von Salzburg, Kärnten, Istrien, der Bukowina und Vorarlberg. j

Von dem auf Grund des Gesehes vom 20. Juni 1868 zu convertirenden Effekten der allgemeinen Staats\{huld wurden, auf Schuldtitel der einheitlihen Schuld umgerechnet, bis 31. Dezember 1873 convertirt: 1,038,420,020 Fl. Noten und 971,771,461 Fl. 96! Kr. in Silber verzinslih, zusammen 2,010,191,481 Fl. 961/2 Kr. ö. W. Zu convertiren sind noch: 18,699,160 Fl. 511/, Kr. in Noten und 3,715,333 Fl. 661/, Kr. in Silber, zusammen 22,414,494 Fl. 18 Kr. ò. W.

(W.T.B.) Zu Mitgliedern der Konsultativ-Kom- mission betreffs der Liquidationen und Fusionen von Banken und Aktiengesellschaften sind ernannt: die Ministerial-Räthe Schoen und Bezecny und die Herren Rothschild, Wodianer, Winterstein, Dr. Adolf Weiß, der Direktor der Kreditanstalt Weiß, Seidler, Flesh (Franko-Bank), Mauthner (Union-Bank).

Schweiz. Bern, 8. Ianuar. (W. T. B.) Der neue französische Gesandte, Graf Chaudordy, hat heute Vormittag dem in corpore versammelten Bundesrathe sein Beglaubigungs- \hreiben überreicht.

Belgien. Brüssel, 6. Januar. Der Prinz Balduin, Sohn des Grafen von Flandern, is von seiner Krankheit wie- der hergestellt. rfe

Wie verlautet, soll ein Königliches Dekret dem- nächst den Lieutenants und Unter-Lieutenants aller Linien-Regi- menter eine Entschädigung von 300 Franken bewilligen. Doch ist dies nur eine provisorishe Maßregel, da der Finanz-Minister Jules Malou einen definitiven Geseßentwurf vorbereitet, der die Gehaltsbezüge dieser Subaltern-Offiziere um 20 pCt. zu erhöhen vorschlägt. E :

Am nächsten Sonnabend findet hier in der neuen Börse ein dem Bürgermeister von Brüssel, Anspach, zu Ehren ver- anstaltetes Banket von 725 Gedecken ftatt.

Großbritannien und Jriand. London, 7. Januar. Prinz Leopold und die Prinzessin Beatrice wurden heute in der Kirhe von Whippnigham von dem Bischof von Westminster konfirmirt. : j :

9. Januar. (W. T. B.) Die türkische Regierung läßt auh hier offiziell. bekannt gemacht, daß die Gelder zur Einlösung des Íanuar - Coupons der türkishen Staats\chuld bereit gestellt seien. Bei dem Meeting, das zur Kundgebung der Sympathien des englishen Volkes für den Kampf der deutschen Reichsregierung gegen die Ultramontanen am 27. d. stattfinden soll, wird, wie der „Advertiser“ vernimmt, auch Pater O'Keefe das Wort nehmen. Auf demselben werden alle religiösen Sekten und Parteien, auch die altkatholische, vertreten sein.

Frankreich. Paris, 6. Januar. Das „Journal officiel“ veröffentliht folgenden Vortrag des Intendanten der \chöônen Künste an den Unterrihts-Minister:

Herr Minister! Die Gründung des Kopienmuseums ift von der öffentlichen Meinung durchaus nicht mit einstimmigem Beifall aufge- nommen worden. Schon das Prinzip einer solhen Sammlung wucde bestritten, bei der Durchführung war man daun mit Uebereilung. und Ungleichheit vorgegangen, Plan und Methode scheinen dieser allzu raschen Improvisation gefehlt zu haben. Man muß übrigens bekennen, daß das Unternehmen, ein solches Museum richtig durhzuführen, wirklih ein sehr dornenvolles war; denn wenn die Kopie eines Meisterwerks niht ausgezeihnet ist, ist fie gar nichts, und ein Original zweiten Ranges hat dann für die Belehrung des Publikums und der Künstler einen viel größeren Werth. et Herr Minister, wenn ein auch nur halbwegs zufriedenstellendes Werl - einmal besteht, bin ih keineswegs von denen, die da glauben, daß man es allzu leichtferlig im Stiche lassen follte. Eines der großen Gebrechen der Kunstverwaltung in unserem Jahrhundert ist, daß fie es in ihrem Wirken an Folgerichtigkeit fehlen ließ. Man muß das Kopienmuseum nicht zertrümmern, sondern ihm nur den Plaß an- weisen, an welchem es Dienste leisten kann. Wenn aber die in den leßten Jahren veranstaltete Sammlung von Kopien nah den Meister- werken der Kunst dem Publikum einen heat Nußen gewähren kann, so ist dies nur unter der Bedingung möglich, daß sie gründlich

gesäubert und auf eine gewisse Anzahl von gänz vorzüglichen Nachbil- dungen herabgeseßt wird. er natürlihe Plaß dieser Nachbildungen

if die Schule der {chönen Künste, în welcher sie zur Belehrung der Dele dieuen und den Vorrath der von den mit dem römischen

reise gekrönten Künstlern {hon gelieferten Kopien verstärken kön- nen. Der Augenblick ist schr nahe, da die Ausftellung der Werke lebender Künstler (der Salon) vorbereitet werden soll. Diese Aus- stellung wird die Säle und Galerien des Jndustriepalastes, welche jeßt das Kopienmuseum beherbergen, für sich in Anspruch nehmen, und ih bitte Sie daher, Herr Minister, {bon jeßt um die Ermächtigung, die wirklich interessanten und werthvollen Kopien von einer Kommis- fion, bestehend aus den Konservatoren des Louvre und einem Mitgliede dcs Juyustituts, Herrn Robert Fleury, auswählen und nah der Kunst- schule übertragen zu lassen. Dort wird diese bedeutsame Gruppe von Bildern aus Rom allmählich neuen Zuwachs erhalten und so mit der Zeit eine vollständige Sammlung von Nachbildungzn, welche die Lücken unserer nationalen Museen ausfüllen kana, zu Stande kommen

; Ph. de Chennevières, Direktor der \{önen Künste.

Das amtliche Blatt veröffentliht ferner ein Rund- \chreiben des Unterrihts-Ministers an die Rektoren (Schulräthe), in welchem er dieselben aufs Neue einladet, ihm genaue statistishe Auskünfte über das Material der höheren Schulanstalten ihres Amtskreises (Gebäude, Bibliotheken, physikalische Kabinete, Laboratorien u. \. w.) zu übermitteln, Aufschlüsse, die ihm zur Grundlage für einen der Nationalver- sammlung zu erstattenden Bericht dienen sollen.

Der Maire von Carcassonne und zwei andere Personen find zu drei Monaten Gefängniß verurtheilt worden, weil sie vor einiger Zeit eine Privatversammlung abhielten, in welcher die Behörden den Charakter der Oeffentlichkeit erkannt zu haben vorgeben.

Die Familie Bazaine's hat die Erlaubniß erhalten, \sih in einem mit dem Marshall gemeinsam zu bewohnenden Pavillon des Forts der Margarethen-Insel einzurichten.

8. Januar. (W. T. B.) Der Präsident der Re- publik hat den neuen Kardinälen Chigi, Guibert und Regnier den Kardinalshut zustellen lassen.

9. Januar. (W. T. B.) Das „Iournal officiel“ meldet, daß das Ministerium in Folge des gestrigen Beshlu}ses der Natio- nalversammlung (\. u. Versailles) seineDe mission eingereicht hat. Der Marschall-Präsident hat dieselbe indessen niht angenommen und sih vorbehalten, mit den Ministern in weitere Berathung zu treten. Die Minister werden bis zur definitiven Entscheidung Is einstweilen die Leitung ihrer resp. Ressorts - be- alten.

Versailles, 8. Ianuar. (W. T. B.) Die National- versammlung, welche heute ihre Sizungen wieder begann, hat den Geseßentwurf Betreffs Wiederaufnahme der Vor- stellungen im Opernhause genehmigt und einen Supplementar- kredit von 3,200,000 Frcs. zu Gunsten derjenigen Elsaß-Lothrin- ger, welche die Eigenschaft als Franzosen sfich gewahrt haben, bewilligt. Darauf begann die Berathung des Gesetzes über die Maires. Franclieu (Legitimist) {lug vor, die Debatte darüber bis nah der Berathung des Munizipalgeseßes zu vertagen. Dieser Antrag wurde mit 268 gegen 226 Stimmen angenommen.

Türkei. Konstantinopel, 8. Januar. (W. T. B.) Die türkische Regierung hat zur Erfüllung ihrer im Januar d. I. fälligen Verpflihtungen gestern ein Vorschußgeschäft im Betrage von einer Million abgeschlossen. Der Vorschuß ift mit 18 pCt. verzinslih und nach einem halben Jahre rück- zahlbar.

Der „Times“ wird aus Konstantinopel vom 8, d. M. gemeldet, daß der Großvezier den Vicekönig von Aegyp- ten vermittelst eines Schreibens ersucht hat, die Suezkanal- Compagnie zur Annahme der von der internationalen Kommission gemachten Vorschläge betreffs der Tonnen- gebühren binnen einer Frist von drei Monaten zu veranlassen, widrigenfalls die ursprüngliche Taxe von 10 Fres. per Tonne wieder in Kraft zu treten habe.

Nußf:land und Polen. St. Petersburg, 8. Januar (W. T. B.) Das amtliche Blatt veröffentliht ein Reskript des Kaisers an den Minister für den öffentlihen Unterricht, Grafen Tolstoi, in we'chem eingeshärft wird, daß unter Mit- wirkung der Adelsmarschälle in den Provinzen die Einrihtungen betreffs des öôffentlihen Unterrichts ihren regelmäßigen Fortgang nehmen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 8. Januar. Das Kriegsbudget für 1874, wie es der Reichstag bewilligt hat, beziffert fich, der „Allgemeinen Militär-Zeitung“/ zufolge, auf 15,141,300 s{chwedische Thaler, und zwar: auf 10,819,000 Thlr. an ordentlihen und auf 4,322,300 Thlr. an außerordentlichen Ausgaben. Unter den ersteren figuriren u. a.: 157,770 Thlr. für den Generalstab, 76,750 Thlr. für die Generalität.

Von den Truppentheilen der geworbenen Armee beansprucht die Svea-Leibgarde mit einem Ausgabe-Etat von 172,334 Thlr. den ersten Platz; ihr folgt das 2. Garde-Regiment mit 171,949 Thlr. und das Husaren-Regiment „Königs Carl des XV.“ mit 161,878 Thlr. Der Militär - Reitshule zu Strömsand sind 14,200 Thlr., der Schieß\hule 9000 Thlr. ausgeseßt. Das außerordentliche Budget enthält u. a. 60, Thlr. zu topogra- phischen Arbeiten des Generalstabs, 9000 Thlr. zu Reise-Unter- stüßungen für die Offiziere, und bewilligt 80,000 Thlr an Solderhöhungen für die eingetheilte geworbene Armee.

Die Regierung hatte im Ganzen 222,372 Thlr. mehr ge- fordert und zwar an ordenilihen Ausgaben' 149,422 Thlr., an außerordentlichen Ausgaben 72,900 Thlr.

Amerika. Washington, 8. Januar. (W. T. B.) Die aus den einzelnen Ministerien erstatteten Berichte weisen die Möglichkeit nach, eine Reduzirung der Staatsausgaben im Betrage von 5 Millionen Dollars eintreten zu lassen.

Der Präsident Grant hat die Ernennung von Williams zum Chef des Justiz-Departements wegen des von Seiten des Senats gegen dieselbe erhobenen Widerspruchs zurüd- genommen.

Asien. Aus Calcutta wird unterm 7. d. M. gemeldet, daß die Zahl der Personen, die Beschäftigung bei den Nothbauten suchen, sih vergrößert. In einigen unbedrohten Distrikten sind t Lebensmittelpreise wegen der großen Getreideausfuhren ge-

iegèn.

Berichten aus Persien zufolge is die englishe Post Leh dem Wege nah Ispahan, und die russishe Post zwischen Teheran und Resht von Briganten geplündert.

Nah in London eingegangenen Nachrichten des „W. T. B.“ aus Teheran vom 8. Januar haben die Eisenbahn- Ingenieure des Baron Reuter die Aufnahme der Pläne für eine Strecke von 80 Kilometer, also von einem Drittel der zwi- {hen Rescht- und Teheran projektirten Eisenbahn vollendet. Augenblicklih ist man mit den Erdarbeiten in der Rihtung auf Rustamabad beschäftigt; die Shwellenlagen und die Schwellen find zuni Theil {hon gelegt. Die erste Ladung Schienen is in

Baku am Kaspischen Meere angekommen, für die Errichtung des Hauptbahnhofs is Enzeli ausersehen. Der vom Baron Reuter als Geologe bei den Arbeiten verwendete Dr. Tietze (Oesterreicher) hat angezeigt, daß er unweit Cazvin Kohlenlager in großer Ausdehnung gefunden habe.

Afrika. In London sind Nachrichten aus Cape Co aft Cafile vom 18. v. M. eingegangen. Nach denselben hatten die Engländer den Bau einer Brücke über den Prahfluß vollendet.

Die Finanz-Verwaltung Preußens in den Iahren 1870, 1871 und 1872.

Jn Anknüpfung an die in Nr. 298, 300, 307 und 309 des Jahrgangs 1883 d. Bl. abgedruckten Kapitel aus dem Werke „die Finanz-Verwaltung Preußens in den Jahren 1870, 1871 und 1872, nah einem Bericht des Finanz-Ministers Camp- hausen an Se. Majestät den Kaiser und König“ veröffentlichen wir aus dem genannten Werk noch die Abschnitte über die Verwaltung der Steuern in Preußen.

Verwaltung der direkten Steuern. 1. Grundsteuer.

Nachdem in den Provinzen Brandenburg, Preußen, Pom- mern, Schlesien, Posen, Sachsen Westfalen und Rhein auf Grund der Geseße vom 21.. Mai 181 und 8. Februar 1867 eine anderweite Regelung der Grundsteuer stattgefunden hatte, welche den Betrag des Grundsteuer-Auffommens auf 10,000,000 Thlr. jährlich kontingentirte, hat die Verwaltung in den Jahren 1870 bis 1872 die AusFabe gehabt, die aufgestellten Kataster durh Nachtragung der in den Cigenthumsverhältnissen der Grundstücke, sowie in dem Bestande der steuerpflichtigen Kate- gorien der Liegenschaften eingetretenen Veränderungen auf dem Laufenden zu erhalten. Diese Aufgabe is von den Kataster- ämtern, deren in den genannten Provinzen 366 bestehen, in ordnungsmäßiger Weise vollzogen worden. Bet dem ausgedehn- ten Brandunglück, von welchem im Jahre 1872 die Stadt Pill- kallen im Regierungsbezirk Gumbinnen heimgesuht worden ist, sind auch fast alle Karten und Kataster des Katasteramts daselbst zerstört worden. Die Wiederherstellung derselben hat auf Grund der in dem Archive der Regierung beruhenden Materialien be- wirkt werden können und ist mit cinem Kostengufwande von etwa 1200 Thlr. erfolgt. Von weitergreifenden nachtheiligen Folgen ist dieser Zwischenfall uicht begleitet gewesen.

__Die durch das Reichsgescß vom 17. August 1868 erfolgte Einführung des Metermaßes hat es nothwendig gemacht, in den Katastern den auf das bisherige preußishe Maß lautenden Flächeninhalt der Grundstücke auf Metermaß umzurechnen. Diese umfangreiche Arbeit ist im Jahre 1871 im Wesentlichen zu Ende geführt worden und hat für die genannten Provinzen einen Kostenaufwand von 154,248 Thlr. verursacht.

__ Durch die Grundbuh-Ordnung vom 5. Mai 1872 ift für diejenigen Landestheile, in welchen das allgemeine Landrecht gilt, angeordnet worden, daß in den Grund-(Hypotheken-) büchern die Grundstücke nach ihrer Bezeichnung in den Steuerkatastern nachzuweisen seien. In Folge dessen ist es nothwendig gewor- den, den Gerichtsbehörden Abschriften sämmtlicher Kataster mit- zutheilen. Die diesfälligen, ebenfalls sehr umfangreichen Ar- beiten sind zum Theil erledigt, zum Theil aber noch in der Ausführung begriffen. /

Das jährliche Veranlagungs-Svoll und das Jst-Aufkommen an Grundsteuer in den Provinzéèn “Brandenburg, Preußen, Pommern, Schlesien, Posen, “Sachsen, Weftfalen und Rhein (auss{ließlich des im Jahre 1866 neu hinzugetretenen Kreises Meisenheim) hat betragen, und zwar:

das Veranlagungs - Soll: für das Jahr 1870 . 9,985,076 Thlr.

8/1871. 9,980,534 9,981,441 =- De BE2: 9/078 854 9/983;356 -=

Das Minder- Einkommen an Grundsteuer gegen den ur- fprünglihen Betrag von 10,000,000 Thlr, sowie das allmähliche Sinken des Aufkommens wird dur den Uebergang von grund- stenerpflichtigen Liegenschaften in die Kategorie der grundsteuer- freien, namentlih in Folge der Anlegung neuer Wege und Eisenbahnen und der Verwendung landwirthschaftlih benutzter Grundstücke zur Errichtuug von Gebäuden veranlaßt. Die kriegerischen Ereignisse der Jahre 1870 und 1871 sind bei dieser Steuerart aus den in der Natur derselben liegenden Gründen von merkbarem Einflusse auf den Steuereingang nicht begleitet gewesen.

Von den Kosten der anderweiten Regelung der Grundsteuer wird nach den bestehenden geseßlichen Bestimmungen nur der- jenige Theil, welcher durch die Feststellung der Grundsteuer- Summe bis auf die Gemeinden 2c. herab veranlaßt worden, auf die Staatskasse übernommen, während der übrige auf die Untervertheilung der Grundsteuer innerhalb der Gemeinden 2c. entfallende Theil von der Staatskasse vorgeschossen und in den sechs östlichen Provinzen innerhalb 10 Jahren von den Grund- besikern, in den beiden westlihen Provinzen aus dem durch Beiträge der Grundbesißer gebildeten Fonds zur Erhaltung und Erneuerung des Katasters ver Staatskasse zu erstatten is. Die Vorschüsse sür Kosten der Untervertheilung beziffern sich in den sechs östlichen Provinzen zur Zeit (Juli 1873) auf

2,484,000 Thlr.

das Ist-Aufkommen: 9,991,597 Thlr.

Hiervon sind bis jeßt für Rechnung der Grund- stücke des Staats auf die Staatskasse über- E a 9A 3009 SDIE

und in den Jahren 1868 bis 1872 von den Grundbe- sißern aufgebracht worden d a e aa oe 0/288,000

Zusammen . 1,416,359

so daß der Staatskasse noch zu erstatten bleiben 1,067,641 Thlr.

Von dem west\sälishen Fonds zur Erhaltung und Erneue- rung des Katasters is die Erstattung der fraglichen Vorschüsse vollständig bewirkt worden, wöhrend der gleiche rheinische Fonds wegen des Mangels disponibeler Bestände noch mit dem |Be- trage von 49,840 Thlr. im Rückstande ift.

In Ausführung des Gesekes vom 21. Mai 1861, betref- fend die für die Aufhebung der Grunds\teuer- Befreiungen und Bevorzugungen zu gewährende Entschädigung, sind in den Jah- ren 1870 bis 1872 nahträglich noch mehrere gemäß §. 13/a./a. O. rechtzeitig angemeldete und in Folge von Umständen, welche außer Schuld der betheiligten Grundbesißer lagen, bis dahin unerledigt gebliebene Entschädigungs - Ansprüche zur Erörterung und Entscheidung gelangt. Jin Ganzen beläuft fich die Anzahl der innerhalb des erwähnten Zeitraums noch als begründet an- erkannten Ansprühe auf 579, wovon 250 auf. die höhere Ent- schädigung nach den §§. 2 und 3 1. e. und 329 auf Theilnahme

an dem im §.4 ibid. ausgeseßten - Entschädigungs-Kapitale ge- richtet waren. Der in Folge dieser anerkennenden Entscheidun-

gen festgestellte und den Juterefssenten theils in Staats\chuld- Verschreibungen, theils in baarem Gelde überwiesene Entschädi- gungs-Bet” z beläuft sih insgesammt auf 36,444 Thlr.

In den Provinzen Schleswig-Holstein, Hannover und Hessen- Nassau, sowie im Kreise Meisenheim bestehen zur Zeit noh die früheren alten Grundfteuern fo fort, wie sie im Jahre 1867 bei Einführung der preußischen Geseßgebung über die direkten Steuern vorläufig firirt worden find. Es hat hier bei der Grundsteuer betragen:

das Veranlagungs-Soll: für das Jahr 1870 . 2,999,423 Thlr.

S ie e O T2 - 20TG09T s 1872. 2,981,892 = 3,161,590 -

__ Diese alten Grundfteuern find sowohl innerhalb der Pro- vinzen zwischen den Kreisen und Gemeinden, als auch von Be- sißung zu Befißung in hohem Grade ungleich vertheilt. Es ist deshalb schon in den Steuer - Verordnungen des Iahres 1867 die anderweite Regelung derselben vorgesehen, und es sind durch das Geseß vom 11. Februar 1870 diejenigen \{hließlichen Vor- schriften erlassen worden, welcher es bedurfte, um das Veran- lagungs-Verfahren fest zu ordnen und eine verhältnißmäßige Gleichheit der Grundsteuer dieser Landestheile mit derjenigen in den übrigen Provinzen herzustellen. Danach ist das Grund- steuer-Kontingent für die Provinzen Schleswig-Holstein, Hanno- ver und Hessen - Nassau, sowie für den Kreis Meisenheim im Ganzen auf den Jahresbetrag von 3,200,000 Thlr. mit der Bestimmung festgeseßt, daß dieser Betrag nah Verhältniß des zu ermittelnden Reinertrages der \teuerpflichtigen Liegenschaften gleihmäßig vertheilt und mit dem 1. Januar 1875 in Hebung geseßt werden soll. Die zu diesem Zwecke erforderliche spezielle Vermessung aller Grundstücke ist in den Jahren 1868/69 einge- leitet und seitdem unausgeseßt betrieben worden. Durch den Krieg mit Frankreich sind aber den Vermessungs-Arbeiten auf längere Zeit zahlreiche Arbeitskräfte entzogen gewesen, und das Bureau der Landes - Triangulation, welches für die Provinz Schleswig-Holstein die Beschaffung der trigonometrishen Unter- lagen der Vermessung übernommen hatte, hat aus demselben Grunde seine Arbeit erst ein Jahr später, als in Aussicht ge- nommen war, abzuschließen vermocht. Diese Verzögerung der Vermessungen in anderer Weise wieder auszugleichen, is den betreffenden Behörden ungeachtet aller aufgewendeten Mühe nicht vollständig gelungen, zumal auch die in großem Umfange im Bau befindlichen Eisenbahnen und sonstigen industriellen Unternehmungen, sowie die Verwaltung von Elsaß und Lothrin- gen den fraglihen Vermessungs-Arbeiten viele Kräfte entzogen haben und fortdauernd entziehen. f

Mit der zur anderweiten Regelung der Grundstcuer aus- zuführenden Abschäßung des Reinertrages der Grundstücke ift im Jahre 1871 begonnen worden. Jm Frühjahre 1872 hat die vorläufige Festseßung der Tarife durch die Central - Kom- mission stattfinden können, Die Kreis- und Bezirks - Kom- missionen, deren Mitglieder nah den bestehenden geseßlichen Vorschriften theils von der Regierung berufen, theils von. den Kreistagen und den Provinzial-Landtagen gewählt worden sind, und überwiegend der Klasse der erfahrenen und angesehenen Landwirthe angehören, haben sich der Lösung ihrer Aufgabe überall mit anerkennungswerthem Eifer und mit großer Ge- wissenhaftigkeit unterzogen, so daß die Erzielung tüchtiger Schätzungs-Ergebnisse nit zu bezweifeln ist. E

Die in dem §. 18 des Geseßes vom 11. Februar 1870 ent- haltenen Bestimmungen wegen der anderweiten Regelung des mittelst §. 4 der Verordnung vom 28. April 1867 (Ge). S. S. 943) angeordneten Verfahrens zur Ausfonderung der steuer- artigen Beträge aus den fogenannten stehenden Gefällen in der Provinz Schleswig-Holstein ließen es erforderlich erscheinen, in Ergänzung der von der Regierung zu Schleswig über die Fort- erhebung beziehungsweise den Wegfall der verschiedenen Ab- gaben ortschaft8weise erlassenen Resolute, besondere Berechnungen Uber die als Steuern zu beseitigenden Individual - Beträge für jedes einzelne, mit stehenden Gefällen belastete Grundstück aus- zuführen und den betreffenden Besißern mittelst spezieller Ent- scheidungen mitzutheilen. Bei dem Mangel geordneter Hebe- register über die fraglihen Abgaben erforderten diese Spezial- Berechnungen einen großen Zeitaufwand, in Folge dessen der Abschluß des Ausfonderungs - Verfahrens in erster Justanz erft im Fahre 1871 erreiht werden konnte. Danach find von der Gesammtsumme der stehenden Gefälle, welche bis dahin 805,615 Thaler betrug,

a) vom 1. Juli 1867 ab ganz in Wegfall

GCULaUK Ute a et «u O0 810164? Thlr.

b)- unter Ermäßigung auf 3/4 ihres Jahres-

betrages als Grundsteuer fortzuerheben 235,038 Thlr. Gegen die Entscheidungen der Regierung sind demnächst von der großen Mehrzahl der Betheiligten Rekursbeshwerden erhoben und diese während der Jahre 1871 und 1872 nah genauer Er- örterung des Säch- und Rechtsverhältnisses bis auf wenige Fälle, in welchen die Instruktion durch die Regierung noch nicht abgeschlossen ist, zur Entscheidung in der Minitterial- Instanz gebracht worden.

das Jst-Aufkommen : 2,971,781 Thlr.

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Nr. 2 des Justiz - Ministerial - Blatts für die preu- gische Geseßgebung und Rechtspflege enthält folgendes Erkenntniß des Königlichen Gerichtshofes zur Entscheidung der Kom- petenz-Konflikte vom 13. Oktober 1873. - Ueber die durch einen von der Regierung bestätigten Beschluß der Gemeindeverwaltung angeord- nete Benußung des Bürgervermögens findet der Rechtsweg nicht statt ; ferner: Statistische Mittheilungen über die Geschäftsverwaltung der Justizbehörden im Jahre 1872.

Im Verlage ‘der Königlichen Geheimez Ober-Hofbuchdruckereë (N. v. Decker) hierselbst erschien soeben cin Nachtrag zu dem amtlichen Waarenverzeihniß von 1870, Das amtliche Waarenverzeichniß selbft vom 1. Dftodver 1870 is ebefälls ‘bon dort zu beziehen.

Statistische Nachrichten.

Es liegen jeßt die. Ergebnisse der Rübenzuckerfabri- fation im deutschen Zollgebiet für die ersten drei Mo- nate der Campagne 1873/74 vor. Die Zahl der im Betrieb be- findlihen Rübenzuckerfabriken belief fih auf 333 gegen 322 im Vor- ahre, ist also um 11 gestiegen, von welchen 2 auf Schlesien, 3 auf Provinz Sachsen, 5 auf Hannover, 1 auf die Rheinprovinz, 1 auf Württemberg, 1 auf Thüringen entfallen, wogegen in Bayera und Anhalt

abrifen in den Monaten September-Dezember 1873 verarbeiteten L Be belief sich auf 27,537,836 Ctr. gegen 27,648,400 Ctr. im Vor- ahre. (1873: Ctr.

898,424 Ctr. (1872: 1,052,917 Ctr.),

ha Fabrik in Abgang gekommen. ist. Die Menge der von sämmtlichen

1 Fabr. 70,545 Ctr. . Potsdam 7 Fabr.z;1895,406& Frankfurt 12 abr. Pommern 7 Fabr, 474,460

Hieran partizipiren: estpreußzen 77,928 Ctr.), Reg. - B on

(1872; 341,260 Cir.), eg.-Bez,

Gtr. (1872: 457,630 Ctr.), Schlesien 49 Fabr. 3,134,782, Ctr. (1872: 3,288,192 Ctr.), Prov. Sachsen 149 Fabr. 13,080,296 Ctr.