1874 / 8 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 10 Jan 1874 18:00:01 GMT) scan diff

__ An Reihs- Silbermünzen und zwar in 1 Markstücken waren bis zum 21. Dezember d. I. 834,511 Mark und in Zivanzig- pfennigstücken 1,049,588 Mark ausgeprägt worden. In der Woche vom 21. bis 27. Dezember d. I. sind ferner geprägt in 1 Markstücken: in Berlin 118,408 Mark; in Hannover 43,943 Mark; in München 129,162 Mark; in Stuttgart 41,709 Mark; in Zwanzigpfennigstücken: in Berlin 44,640 Mark, in Frank- furt a. M. 10,000 Mark, in München 24,709 Mark, in Stutt- gart 18,011 Mark 60 Pfennige und in Karlsruhe 35,613 Mark t eh mithin stellt fich die Gesammt - Ausprägung in Reichs - Silbermünzen auf 2,350,295 Mark und zwar. in 1 Markstücken 1,167,733 Mark und in Zwanzigpfennigstücken 1,182,562 Mark.

An Reichs-Nickelmünzen und zwar in Zehn-Pfennigstücken waren bis zum 21. Dezember d. I. 264,260 Mark 10 Pf. ausgeprägt worden. In der Woche vom 21. bis 27. Dezember d. J. find ferner in solhen Stücken geprägt: in Hannover 6194 Mark 30 Pf., in Frankfurt a. M. 12,000 Mark, in München 6037 Mark 30 Pf., in Stuttgart 5017 Mark 10 Pf., in Karlsruhe 9984 Mcrk 30 Pf. und in Darmstadt 4375 Mark, mithin Ge- C RERPLAC in Reichs-Nickelmünzen 307,868 Mark

An Reichs-Kupfermünzen waren bis zum 21. Dezember: d. I.

und zwar in 2 Pfennigstücken 21,364 Mark 70 Pf. und in

1 Pfennigstücken 1844 Mark 30 Pf. ausgeprägt worden. In

der Woche vom 21. bis 27. Dezember d. I. sind von 2 Pfennig-

stücken ferner geprägt: in Berlin 3993 Mark 20 Pf. und in

Frankfurt a. M. 900 Mark, sowie von 1 Pfennigstüccken : in Han-

_nover 950 Mark, mithin eine Gesammt-Ausprägung in Reichs-

Kupfermünzen von 29,052 Mark 20 Pf.

Ueber die Frage, ob die Erwerbung des Unterstüßngs- wohnsißes am Aufenthaltorte des Mannes dadurch ausgeschlossen wird, daß er am Wohnorte seiner Angehörigen ein civilrechtlihes Domizil beibehält, \pricht sich ein auf das frühere preußische Armen- recht zurückgreifendes Erkenntniß des Bundesamtes für das Heimathwesen vom 8. Dezember 1873 in Sachen Attendorn wider Rhode, welches auch für die Anwendung des Reichsgesehes vom 6. Juni 1870 von Bedeutung ist, dahin aus:

Mit Recht ist vom ersten Richter angenommen worden, daß Jo- hann X., welcher bis zu seinem Ableben am 10. Mai 1870 ununter- brochen 6} Jahre lang im Hause des Rentmeisters S. zu Schnellen- berg (Gemeinde Attendorn) die Arbeiten eines Kuechtes oder ständigen Taglbhnas verrichtete, während dieser Zeit seinen gewöhnlichen Auf- enthalt im Bezirke des verklagten Armenverbandes gehabt und hier- durch einen auf seine ehelichen Kinder übergegangenen Unterstüßzungs- woHnsiß daselbst nah S. 1 Nr. 3 des Armenpflegegesetzes vom 31. De- zember 1842 begründet habe.

__Dena nach der eigenen Darstellung des Verklagten steht es fest, daß X. in Schnellenberg nicht blos am Tage gearbeitet, sondern auch die Nächte zugebraht, und an diesem Orte den Mittelpunkt jeiner wirthschaftlihen Existenz gehabt hat, wenngleich er während seines Aufenthaltes in Schnellenberg seine - Familie anderwärts wohnen ließ und dieselbe häufig besuchte. Diese Besuche machte X. augensceinlich niht in der Absicht, am Wohnorte der Vamilie zu bleiben und seinen früheren Aufenthalt daselbst fortzuseßen, sondern stets in der Absicht, nah Schn-llenberg zurückzukehren. Die faktischen Verhältnisse begründen also den Schluß, daß X. immer nur vorübergehend am Wohnorte der Familie, ständig aber am Wohnorte des Arbeitgebers seinen Aufenthalt gehabt hat. Der thatsächlichen Lage des Falles gegenüber kommt es aub niht in Betracht, wenn, wie Verklagter in jeßiger Instanz anführt, das Arbeitsverhältniß zwischen S. und X. alle vierzehn Tage aufgehoben werden konnte, denn hieráus allein folgt niht, daß der einen Zeitraum von 6 Jahren übersteigende Aufenthalt in Schnellenberg ein nur vorübergehender war. Noch weniger folgt dies aus der Fortführung des X. in der Sleuerliste und der Wahlliste der Gemeinde Rhode. Aus den Umständen des Falles geht im günstigsten Falle hervor, daß X., so lange seine Frau lebte, sowohl am Wohnorte derselben als an seinem eigenen Aufent- haltsorte ein Domizil im civilrechtlichen Sinne besaß; das Domizil am Aufenthaltsorte muß aber als das, armenrectlich „rän "Lde ertratltedege es vom 31. Dezember 1842 in §8. 3 alin. 2 beim Zusammentreffen der Verpflichtung mehrerer Armenverbände aus §. 1 Nr. 1 und 2 den gewöhnlichen Aufenthalt für entscheidend erklärt.

Der Finanz-Minister und der Minister des Innern habe;

fich in einem Spezialfall dahin augesp&ochin, daß ben o Amte \uspendirten Beamten der Wohnungsgeld- Zuschuß nah dem Gesese vom 12. Mai v. J. nicht vorent- halten werden darf, da die Bewilligung desselben niht von dem Ermessen der vorgesezten Behörden der Beamten abhängig sei, die leßteren vielmehr auf denselben unmittelbar aus dein Gesetze einen rechtlichen Anspruch erwerben. Der Wohnungsgeldzuschuß gelte jedoch nah §8. 6 Alinea 2 des Geseßes vom 12. Mai v. I., von gewissen hier nit interessirenden Beziehungen abgesehen, als ein Theil der Besoldung und sei deshalb den suspendirten Be- amten nach Maßgabe der Bestimmung im §8. 51 des Disziplinar- Geseßes vom 21. Juli 1852 während der Dauer der Amts- Suspension nur in Höhe der Hälfte des tarifmäßigen Betrages zu gewähren. Zur Begegnung fernerer Zweifel haben die Minifter dabei noch Folgendes bemerkt: Diejenigen \us- pendirten Beamten, welche eine Dienstwohnung inne haben und dieselbe während ihrer Suspension fortbenugzen, haben nah 8. S om 12. Mai v. I. auf den Wohnungsgeld- zuschuß keinen Anspruch. Nach der ferneren Bestimmung im d. 4 l. c. find die Miethsvergütigungen, welche Beamte für die ihnen überlafenen Dienstwohnungen zu entrihten haben, um den Betrag des Wohnungsgeldzuschusses zu kürzen. Nach dieser Bestimmung ermäßigt fi die Miethsforderung des Staats um denjenigen Betrag, welchen der Beamte an Wohnungsgeldzu\chuß zu empfangen haben würde, wenn er keine Dienstwohnung inne hätte. Da nun den vom Amte suspendirten Beamten nah L 51 des Disziplinar-Gesezes vom 21. Juli 1852 nur die âlfte des tarifmäßigen Wohnungsgeldzushu}es zusteht, \o ist au die von ihnen zu entrichtende Miethsvergütigung während der Dauer der Amts\uspension nur um den halben Betrag des ¡leidende an Le L J kürzen, MOgenen der dana ver-

„Keil der Miethsvergütigung aus der ihnen

Gehaltshälfte zu berihtigen ift e A N

, Aus Anlaß des 25jährigen Iubiläums Sr. Ma- jestät des Kaisers von Defterreih als Chef des Kaifer Franz Garde-Grenadier-Regiments Nr. 2 findet beim genannten Regiment morgen Mittag Regiments-Appell 2c. statt.

Am 6. d. M. starb in Berleburg Se. Durchlaucht der Prinz August Ludwig von Say Wia engeln Berleburg. Derselbe war im Jahre 1788 geboren, ehemals

erzoglih nafsauischer General-Lieutenant und General-Adjutant,

E E, E, HU elne Minister - Präsident und -Gesandter, im Jahre 1849 d ihs-Mini

866 ried h eutsher Reichs-Minister

Von der Generalstabs karte des preußischen Staats in 1 : 100,000, Kupferstih mit illuminirten M und

Gewässern, is die Sektion 87 Sensburg erschienen und durh a S{hropp'she Hof-Landkarten-Handlung in Berlin zu eziehen.

Hannover, 8. Januar. Der ständi\che Verwaltun gs- Aus\chuß genehmigte in seiner gestrigen Sizung die Vereini- gung der Braunschweiger wit der hiesigen provinzialständischen Blindenanstalt, sowie die Einführung einer besseren Verpflegung der Zöglinge. Der Plan für Erweiterung des Werkhauses in Moringen wurde gebilligt und ferner das Landes - Direktorium ermächtigt, bis April aus dem Fonds für Rettungs - Anstalten Bewilligungen zu ertheilen. Der Aus\{chuß erhielt die Ermäh- tigung, für Wegebauten eine halbe Million Thaler anzuleihen. Für das Landarmenwesen find pro 1873 im Ganzen etwa 31,000 Thlr. aufzubringen. Wegen Belegung der disponiblen Gelder der ständischen Hauptkasse wurde beschlossen, den Vertrag mit dem Bankhause Frensdorff aufzurufen und mit der Pro- vinzial - Diskontogesellshaft einen neuen Vertrag abzuschließen. Außerdem wurden noch mehrere Anstalts\achen erledigt. Der Ausschuß wird im April wieder zusammentreten.

Bayera. München, 7. Ianuar. Der autographirte Bericht des Finanz-Aus\chusses der Kammer der Äb- geordneten über den Gtat der Staats\huld für die XII. Finanzperiode ist nun vertheilt worden. Der Aus\huß be- antragt: die Kammer der Abgeordneten wolle beschließen: „Es sei der Etat der Königlichen. Staats\{uldentilgungs-Anstalt für ein Jahr der X11. Finanzperiode in Ausgaben und Einnahmen auf 21,256,049 Fl. und hierzu dic Dotation aus Centralfonds auf 16,082,150 Fl. festzuseßen.“ Dem Bericht ist ein Spezial- ausweis der Besoldungen des pragmatischen und niht prag- matisch angestellten Dienstpersonals angereiht. In diesem Aus- weise find zugleih die Gehaltsaufbesserungen, welche die König- lihe Staatsregierung als öôrtlihe Zulagen für das pragmatishe Personal und als Erhöhung um 10 pCt. für das übrige Per- sonal vorgeshlagen hat, in der Weife beziffert, daß für das pragmatishe Personal widerruflihe oder Theuerungszulagen nah den 4 Klassen zu 210, 280, 350 und 420 Fl. und für das übrige Personal Besoldungserhöhungen von 15 pCt. gemäß dem früheren Beschlusse des Ausschusses eingeseßt wurden. Hier- nach bezifferte sich für 72 pragmatishe Beamte mit einer Be- soldung von 113,500 Fl. eine Theuerungs-Zulage von 20,930 Fl. und für 52 niht pragmatisch Bedienstete zu der bisherigen Be- soldung von 35,303 Fl. eine 15 pCt. Erhöhung mit 5295 F[., somit eine Mehrausgabe von 26,225 Fl. Bei den Pensionen der Staatsdiener und ihrer Relikten, sowie bei den Sustentationen des niht pragmatishen Personals, wurde die von der Staats- regierung beantragte Erhöhung um 10, 15 und 20 pCt. in diesem Spezial-Etat nachträglich transferirt , sie beziffert sich auf 32,300 F.

Der „AUg. Ztg.“ zufolge gedenkt die Kaiserin von Desterreih in den nähsten Tagen hier einzutreffen.

Württemberg. Stuttgart, 8. Ianuar. Die Zweite Kammer ging in ihrer heutigen (194.) Sigzung über die An- träge von Shwandners und Völmles bezüglich der Beanstan- dung der Verfügungen des Königlichen evangelishen Konsisto- riums vom 3. Januar 1873 und des Königlichen katholischen Kirchenraths vom 17. Januar 1873 in Betreff der Bestrafung der Schulversäumnisse mit 38 gegen 33 Stimmen zur Tagesordnung über. Die nächste Sizung findet am Montag statt.

Die sieben ausgeschiedenen Mitglieder des Landtages haben soeben eine Erklärung veröffentliht über die Vorgänge in einer Aus\hußsizung, welche ihre Mandatsniederlegung veran- [laßten. Die „Leipz. Ztg.“ theilt darüber Folgendes mit: Das Cameralvermögen ist nach 8. 2 des Grundgesegzes Eigenthum

der Fürsten und werden n&® §g x1 vie Gi tonfle Soffolbor {11 L SPEL sten und Step vreselben Zunächst zur Bestkeitung der Fürfst-

lihen Hofhaltung und zur Sustentation der Fürstlihen Familie verwendet und aus den Ueberschüssen die Kosten der Landes- verwaltung mitbestritten werden. Die Cameralrente des Durh- lauhtigen Fürsten is zunächst bei der früheren Festellung auf jährlich 198,500 FL. belassen worden wegen der früher bedenk- lihen finanziellen Lage des Landes; es haben sich aber die Bruttoeinkünfte des Domanialvermögens von 273,000 F. im Jahre 1848 auf ca. 640,000 F. im Jahre 1873 erhöht. Wegen einer eimgetretenen Mehrbelastung der Hofhaltung und der Un- auskömmlihkeit „der Cameralrente hatten \ich die 7 Abge- ordneten „verpflihtet zur Annahme eines event. Regierungs- antirages dahin gehend: die Cameralrente bis zu anderweiter Vereinbarung und zunächst auf 3 Jahre der laufenden Finanz- periode um jährlih 12,000 fl. zu erhöhen, sofern und soweit dieser Mehrbetrag durch die ordentlichen Einnahmen, ohne Er- böhung der pro 1873/75 durch den Etat verwilligten Steuern gedeckt werden kônne.* Der Vorsigzende des Landtages gab in der Aus\cußsißzung die Erklärung ab, daß ein Abgeordneter eine folche bindende Verpflichtung in Betreff seiner Abstimmung niht eingehen dürfe, und ein anderer Abgeordneter (Neumann) äußerte sich, daß „er es als eine ihm widerfahrene Ehre betrachte, daß das Schriftstück ihm nicht zur Unterschrift vorgelegt sei, und daß er „die Unterzeichnung desselben als einen Bruch des von ihm geleisteten Eides anschen würde.“ Da die Genugthuung für diese Worte den 7 Abgeordneten verweigert wurde, \o leg- ten sie ihr Mandat nieder. Der Landtag ift in Folge dieser

/ Vorgänge beshlußunfähig geworden und stehen nah geschehener

Auflösung Neuwahlen bevor.

Desterreih-Ungarn. Wien, 8. Januar. Der Minister des Kaiserlichen Hauses und des Auswärtigen Graf Sutlus Andrassy is hier angekommen. Der Minister-Präsident Fürst Adolf Auersperg begiebt sih heute nah Prag, um an lh Ba nl Belngen s ias E er Handels-Minister

A ans 1ît aus gleihem Anlasse bereits

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rag, 8. Januar. Der Landta , an dessen Ver - lungen der Handels-Minister Dr. Bnbans Theis A nehmigte den Voranschlag des Grundentlastungsfonds für 1874 und nahm den Geseßentwurf betreffs der Realschulen in dritter Lesung an. Die von Dr. Wiener beantragte Resolution, die Regierun [gefordert, für die baldige Erlassung eines Disziplinargeseßes für die Lehrer an Mittelshulen Sorge zu tragen, ward ebenfalls angenommen. Der Gesezentwurf, be- treffend die Uebertragung der Fällung von Swhuberkenntnissen an die einzelnen Gemeinden, wurde nah längerer Debatte an die

Kommisfion zurückgewiesen.

P hal 8. Januar. Der Statthalter fonstatirte im Land - tage, daß feine weitere Ausbreitung der Rinderpest in Steier- mark stattgefunden habe. Der Landtag bewilligte zur Unter-

drückung der Seuche 20,000 Gulden und nahm nah mehrstün- diger Debatte die Abänderung der Dienstbotepocbme 4

Schwarzburg-Nudolstadt. Rudolstadt, 8. Ianuar.

Innsbruck, 8. Januar. Der Gesezentwurf über Herr stellung und Erhaltung von Eisenbahnzufahrts-Straßen wurde vom Landtage angenommen, desgleichen die Revision - de- Dienstbotenordnung.

Schweiz. Bern, 10. Ianuar. (W. T. B.) Die Ort- haft Bonfol (bekannter Wallfahrtsort) im Berner Iura ist, wie von dort gemeldet wird, aus Veranlassung der daselbst vorgekommenen Insulte gegen die liberalen Katholiken gestern von einer Compagnie Infanterie besezgt worden. Die Anstifter find verhaftet worden.

Großbritannien und Jriand. London, 8. Ianuar. Der Prinz von Wales hat sich nach Osborne begeben, um sich anläßlih seiner bevorstehenden Abreise nah St. Petersburg von der Königin und der Königlichen Familie zu verabschieden. Prinz Ludwig von Battenberg hat sh nach dem Kontinent zurückbegeben.

Sir Samuel Martin, einer der Barone (Richter) des Schagamtsgerichtshof es, hat seine Demission gegeben.

Dem „London and China Telegraph“ zufolge wird dem Minister für die Kolonien, Lord Kimberley, in Kurzem von einer Deputation Kaufleute und anderer Interessenten des Han- dels von Penang eine Petition um die Annexion von Larut und Perak mit der Regierung der Straits-Kolonie über- reiht werden.

Frankreich. Paris, 7. Ianuar. Das „Journal officiel“ veröffentliht 63 neue Ernennungen von Unterpräfekten, Generalsekretären der Präfekturen und Präfektur-Rätgen.

Der Erfinder des nah ihm benannten neuen Feldgeshüßes v. Neffye, ist zum Obersten befördert worden.

Die lateinishe Münzkonferenz wird morgen unter dem Vorsig des chemaligen Handels-Ministers Dumas ihre Berathungen eröffnen. Hr. Clavery vom Auswärtigen Amt ist ihr als Protokollführer beigegeben worden.

Prinz Napoleon is heute in Paris eingetroffen.

9. Januar. (W. T. B.) Bei dem gestrigen Empfange der drei neuernannten Kardinäle durh den Präsi- denten Mac Mahon hielten die Prälaten nah Entgegen- nahme des Kardinalshutes Anreden an den Marschall. Der päpftliche Nuntius Chigi-Albani äußerte, durch seine Ernennung zum Kardinal habe der Papst in den Augen Frankreihs und der ganzen Welt der edlen Mission, welhe er bei dem Ober- haupte des Staates zu erfüllen habe, einen höheren Glanz ver- leihen und das Band, welches Frankreih und den heiligen Stuhl vereinige, noch fester knüpfen wollen. Der Erzbi#\chof Régnier von Cambray erklärte, daß die Bischöfe, ohne je- mals aus den ihnen dur ihren geistlihen Beruf angewiesenen Schranken herauszutreten, welcher sie von allen rein politi- schen Gegenständen fern halte, durch das geheiligte Wirken innerhalb ihres Amtskreises die Bemühungen der Regierung zur Befestigung der moralischen Ordnung unterstüßen und bestrebt sein würden, die redlihe Masse der Bevölkerung gegen die ver- führerische Wirkung umstürzender Theotien zu bewahren. „Wir Bischöfe werden mit der Unterweisung in den göttlihen Geboten auch treue Achtung vor allen Rechten und vor den Geboten der Pflicht lehren; diejenigen, welhe auf unsere Stimme hören, werden niemals eine Gefahr für den Staat und ein Srecken für die Gesellschaft sein. In dem getreuen Bemühen Gott zu geben , was Gottes is, werden wir Bischöfe auch dem Kaiser geben, was des Kaisers ist. Die Hingebung für die Kirche und die Hingebung für das Vaterland werden sih in unseren Herzen vershmelzen und in unseren Lehren, Handlungen und Reden unzertrennlich vereinigt fein.“

Der Erzbischof von Paris sagte in seiner Anrede, die hohe ihm vom Papste verliehene Würde sei ihm von unendlih Hohem Meorthe, weil dieselbe ihn noch enger mit demselben ver- binde und ihn die Angriffe und Mißhellizkeiten noch mehr empfinden lasse, welhe der Papst erdulden müsse, um die Frei- heit der Kirche aufrecht zu erhalten. Der Ehrgeiz desselben sei auf kein anderes Ziel gerichtet, als den ersten Bischöfen von Rom nachzueifern, welhe den Tod erlitten hätten, weil ‘fie die Sache Gottes nicht hätten verlassen wollen. Es sei unmögli, nachdem achtzehn Jahrhunderte dahingegangen, in welchen die Kirche für die Civilisation und die Menschheit gekämpft habe, sie an der Vollendung ihrer friedlichen Mission zu hindern.

Der Marschall-Präfident erklärte in seiner Erwiderung auf die Ansprache des päpstlihen Nuntius, er danke dem Papste für die Ehre, welhe derselbe ihm dadurh er- wiesen, daß er ihn mit der Uebergabe der Kardinalshüte betraut habe, und für die Ehre, welhe dem französischen Klerus dur die Bekleidung von zwei der hervorragendsten Prälaten Frank- reis mit dem Purpur geschehen seì. „Der Papst kennt unsere anhänglihe Ergebenheit, unfere Bewunderung für seine Tugen- den, unser Mitgefühl für die Prüfungen, welchen er ausgeseßt ist. Seine Theilnahme hat uns in den Tagen unseres Mißge- \{hicks niemals gefehlt, seine Gebete begleiten uns heute in dem Werke der friedlihen Wiederherstellung Frankreichs, die sih meine Regierung zum Ziel geseßt hat.“

Den beiden französishen Prälaten erwiderte der Marschall : „Durch die Uebung der hristlihen Tugenden und der bürger- lichen Pflichten, deren der Erzbishof von Cambray in so erhe- bender eise gedaht hat, sowie dadur, daß fie sich über den Kämpfen und Umtrieben der Politik hält, wird die Geistlichkeit in den Stand gesezt werden, die edle Mission des Friedens und der Eintracht zu erfüllen, zu der sie Gott berufen hat.“

Ueber die Ministerkrisis liegen folgende Nachrichten des „W. T. B.“ vor:

Paris, 9. Januar, Nachmittags. Zur Lösung der vor- handenen Ministerkrisis is noch kein weiterer Schritt geschehen ; in Abgeordnetenkreisen ist noch immer davon die Rede, in der Nationalversammlung die Ertheilung eines Vertrauensvotums für das Ministerium herbeizuführen.

9. Januar, Abends. Die Abendblätter erwähnen die verschiedenen Gerüchte, welche betreffs der Ministerkrisis und be- züglich des Rücktritts des Herzogs von Broglie zirkuliren. Keine dieser Meldungen if aber, wie der „Agence Havas“ aus Ver- sailles berihtet wird, begründet, vielmehr würde vor Montag keinerlei entsheidende Entschließung A werden.

_ 9. Januar, Abends. In einer zahlreih besuchten Frak- tionsversammlung des reten Centrums wurde einstimmig der Beschluß gefaßt, daß fich das Bureau der Fraktion sofort zum Hers0g vvn Broglie begeben und diesem und dem gesammten inisterium den lebhaften, entschiedenen Entschluß ausdrücken ene dasselbe au ferner zu unterstüßen und mit ihm \ih über lejenigen Mittel zu einigen, die geeignet seien, dem Lande zu beweisen, daß die Majorität der Nationalversammlung mit dem Ministerium in vollständigem Einvernehmen stehe. Der Herzog

von Audiffret - Pasquier, Goulard, Beulé, Batbie, Cumont, Callet und die sämmtlichen Mitglieder des Bureaus überbrachten

diese Erklärung. Der Herzog von Broglie und der Herzog von Décazes äußerten \ich dahin, daß das Kabinet den festen Ent- {luß habe, sich mit den Vertretern der Majorität über die Punkte zu verständigen, auf welche die Berathung in der Mon- tagsfißung der Nationalversammlung \ich erstrecken könnte. Die Bureaus der Fraktion der Rechten haben zu einer gleichen Kundgebung eine Fraktionsversammlung auf morgen ein- berufen.

Versailles, 9. Januar. (W. T. B.) Der Deputirte Benoist d'Azy urgirte in der heutigen Sizung der Nationalver- fammlung, daß die Vorlage über die neuen Abgaben nicht zur Berathung stehe. Finanz-Minister Magne erklärte, in Folge der gestrigen Abstimmung und der weiteren hierdurch herbeigeführten thatsählihen Vorgänge könne er \sih nur als Deputirter an der Berathung betheiligen. Auf den Antrag eines anderen Abge- ordneten vertagte sih die Versammlung hierauf bis zum Mon- tag. In der Kommission für die konstitutionellen Vorlagen wurde heute die Lesung der Anträge Batbie's über das Wahlgeseß vollendet.

Spanien. Madrid, 8. Januar. (W. T. B.) Wie verlautet, wären Rances für London, Rascons für Berlin, Mazo für Wien, Paxo für Brüssel und Fernan Nunez oder Ulloa für Paris als Gesandte in Aussicht genommen. In Washington dürfte Admiral Polo de Barnabe, der bisherige Gesandte, verbleiben. Authentishe Mittheilungen liegen über die Neubesezung der Gesandtschaftsposten indessen noch nit vor.

Nach einem der „Indépendance belge“ aus St. Iean de Luz zugegangenen Depesche vom 9. Januar hat General Moriones Verstärkungen an Artillerie empfangen. Es wurde ein Zusammenstoß erwartet. Don Carlos und General Elio waren mit 25,000 Mann und 8 Geshüßen nach Santona ab- gerückt. Bilbao ist vollständig blokirt. Gegen Portugalete wurde von den Carlisten ein abermaliger Angriff vorbereitet.

9, Januar. (W. T. B.) Die amtlihe „Gaceta* ver- öffentliht ein ausführlihes Manifest des Ministeriums an die Nation, in welhem dasselbe sch über die Vorgänge vom 9. d. ausläßt und erklärt, daß die gegenwärtig am Ruder be- findlihe Partei dieselbe sei, welche die Revolution von 1868 ver- anlaßt und die Konstitution von 1869 ins Leben gerufen habe, und ihr eigenes Werk weder mißbilligen, noch wiederaufheben werde. Nur ein einziger Artikel der Verfassung sei dur die freiwillige Thronentsagung des Königs und die Proklamirung der Republik verändert worden. Die Regierung werde den Absolutismus unddie Anarchie bekämpfen. Die, Gaceta““publizirt ferner eineV er- fügung der Regierung, durh welche die Auflösung der gegenwärtigen Cortes ausgesprohen und die Einberu- fung der regelmäßigen Cortesversammlung verheißen wird, \o- bald die Wiederherstellung der Ordnung gesichert erscheine. Das allgemeine Stimmrecht solle unbeschränkt und in voller Freiheit ausgeübt werden.

Alicanté, 9. Januar. (W. T. B.) Nach den vorliegen- den Meldungen von Cartagena wurde das Feuer seil gestern von beiden Seiten lebhafter unterhalten. Die Belagerer ver- suchten einen Sturmangriff auf das Fort San Julian, der mit Verlust abgewiesen wurde.

Italien. Rom, 6. Januar. Die Kommission der De-

putirtentkammer zur Berathung des Geseßes über die Papiergeldcireulation wird ers am 15. zusammentreten und die Kammer daher in ihrer ersten Sizung am 20. zuerst die Vorlage über den Elementärunterriht in Berathung nchmen, wie in einer Besprehung, welche Minghetti am 3. mit dem Kammer-Präsi- denten Biancheri hatte, festgeseßt worden is. Am selben Tage hatte der Minister eine Besprehung mit den Vertretern der Banken, welche das Konsortium der Emisfion des neuen Papier- geldes bilden sollen. Es wurden ihnen die Aenderungen vor- gelegt, welche die Konmisfion an den ministeriellen Vorschlägen vorgenommen hat, und diese Aenderungen wurden von ihnen acceptirt. / Der neue franzöfishe Gesandte am italienischen Hofe, von Noailles, wird am 10. d. M. von Washington abreisen und denkt Eade Januar in Rom einzutreffen. “Der neue öfterreihish-ungarishe Gesandte beim heiligen Stuhle, Graf Paar, ist gestern in Rom angelangt.

Die vier Panzer\chiffe „Prinz Amadeus“, „Conte Verde“, „Messina“ und „Afffondatore“ werden am 10. Januar von Neapel abgehen, um das Mittelmeergeshwader vor Car:a-

gena abzulösen.

Türkei. Konstantinopel, 9. Januar. (W. T. B.) Das für Rechnung der rumänischen Regierung in Frankreich gebaute Kanonenboot ift hier eingetroffen. Dasselbe soll einer Besichtigung unterzogen werden, ehe ihm die Erlaubniß zur Weiterreise in die Donau ertheilt wird.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 9. Januar. (W. T. V.) Im Reichsrathe hat gestern die Feststellung und Vollziehung des Budgets pro 1874 stattgefunden. Nach demselben ergiebt sich ein Einnahme-Uebershuß von 3 Millionen Rubel. Durch ein Kaiserliches Reskript wird das seither dem Finanz-Ministerium unterstellte Departement für das Bergwesen dem Ministerium der Domänen zugetheilt. Das Münzwesen gehört auch ferner zum Ressort des Finanz-Ministers.

Amerika. (A. A. C.) Nachrichten aus Buen o0s-A yres vom 9. Dez. zufolge war Präsident Sarmiento von Panama zurückgekehrt und hatte ein Dekret erlassen, welches die 5000 Mann starke Armeereserve unter General Iwanowski in Rosario stationirt. Die Rebellion in Entre Rios dauert fort, doch is über die Be- wegungen der Regierungstruppen oder der Rebellen wenig be- kannt. Man glaubt, daß Iordan fsih vor der Präsidentenwahl, die im Mai stattfindet, auf kein Gefecht einlassen wird. Die Lage der Dinge in Entre Rios is ungünstig. Der Handel mit den Provinzen stockt völlig. Jn den anderen Provinzen herrs{ht trotz der intensiven Aufregung bezüglih der Präsidentenwahl Ruhe und Ordnung. General Cavaballo ist mit Truppen von Lopez Jordans Armee in die Banda Oriental eingefallen.

Valparaiso, 25. November. Der Gesezentwurf, der den Tabaksanbau gestattet, sowie der neue Strafcodex find angenom- men worden. Die Herstellung des Salpetermonopols wird für unmöglich gehalten. Die Indianer sind in die Nachbarschaft von Chiguazaihua eingefallen.

Monte-Video, 8, Dezember. argentinishen Provinzen if mißrathen.

Bahia, 17. Dezember. Das Kabel von Pernambuco nah dem Hafen ist gelegt worden und der Dampfer „Hooper“ ist mit dem Bahia- und Rio-Kabel abgesegelt.

Der Londoner „Council of Foreign Bondholders*" ver- öffentliht ein Schreiben des paraguitischen Gesandten in London, Don G. Benités, in welchem derselbe die Versiche- rung ertheilt, daß die Regierung von Paraguay die Anleihen

Die Weizenernte in den

von 1871 und 1872 bereits anerkannt habe, daß fie ihren Ver- pflihtungen getreulich nachkommen werde, daß die Hülfsquellen des Landes, obwohl noch nit entwickelt, ungemein groß seien, und daß die Schuld der paraguitishen Regierung im Verhält- niß zu \olchen Hülfsquellen äußerst leiht sei.

Asien. Aus Batavia find Briefe und Journale vom 27. November eingegangen. Die ersten Meldungen, welhe man dort von dem Expeditionscorps gegen Atchin erhalten hatte, lauteten günstig; der Krankenbestand auf den Schiffen war nicht bedeutend. Auf telegraphishem Wege hatte man die Nachricht, daß das Wetter zu Atchin einige Tage regnerish gewesen, dann aber {hôòn geworden war. Der „Java-Bode“ berichtet, ein Spion, welcher jüngst von der Stadt Atchin zurückgekehrt, und der dort auch im Kraton gewesen, habe mitgetheilt, daß dreizehn Weiße sich im Kraton befänden, nämlich 3 Franzosen, 3 Engländer, 2 Nieder- länder und fünf Amerikaner. Vor dem Abgange der Expedition von Batavia . waren einige, Gerüchte in Umlauf gewesen, welche für die Zeit, sobald jene Truppenmaht \ih entfernt haben würde, den Ausbruch ernster Vorgänge auf Java in Ausficht stellen zu können behaupteten. Sie haben \ich indessen als unbegründet erwiesen; es trat auf dieser Insel nirgends auch nur ein Schatten von aufwieglerishen Bewegungen hervor und die Behörden waren ohne alle Besorgniß wegen ungestörter Fortdauer von Ruhe und Ordnung auf Iava und in den übrigen Theilen der niederländischen Besizungen.

Nah offiziellen, im Haag aus Sinkel eingegangenen Nachrichten vom 6. d. M. hatte seit dem 26. v. M. kein weiteres Gefecht stattgefunden. Der der Expedition beigegebene Artillerie- park war ausgeschifft und es war die erste Parallele gegen den Kraton eröffnet worden. Die Angriffsarbeiten wurden fortgeseßt. Die na Pedir gesendete Expedition war nah Atchin zurückgekehrt, nah- dem fie das Fort und den Kampong von Pedir in Flammen hatte aufgehen lassen. Niederländischerseits waren dabei 2 Mann gefallen, 90 andere verwundet worden. Der Radjah von Gighen hatte fich vollftändig unterworfen und seine Vermittelung in dem Kampfe mit dem Sultan angeboten. Die Nachricht von Krankheiten, die unter den niederländishen Truppen ausgebrochen seien, findet durch die der Regierung zugegangenen Depeschen keine Bestätigung.

Ueber die drohende Hungersnoth in Bengalen wird den „Times“ aus Kalkutta unterm 7. d. M. gemeldet: „In Rungpore hat es stark geregnet, aber nicht anderwärts. Ein allgemeiner Regen gegen den 20. mag eine halbe Ernte ergeben, ausgenommen im nördlichen Tirhut. Amtlih werden wenige Hungerstodfälle gemeldet. Die Sarun-Landstrihhe, wo die Be- amten faft unverzüglihen Nothstand befürhten, enthalten 4 Mil- lionen Einwohner. Die Regierung und die Händler senden \hleunigst Getreide dahin. Die Ausfuhr ist noch immer [leb- haft, hauptsähliÞh nach Westindien Der Verband der Zemin- dars und 16,200 Hindus haben den Vicekönig ersucht, die Accise- zölle zu erhöhen und der Gewährung von Schankkonzessionen ein Hemmniß zu feven, und fie erklären, daß die Wirkungen der Trunkenheit jenen in England gleihkommen. Oberst Keatinge organisirt die Provinz Affam.“

Afrika. Aus Cape Coast Cafile wird unterm 18. De- zember noch gemeldet: Es if cine Brücke über den Prah ge- \chlagen worden, und man erwartet nun, daß die Truppen, die sich am Bord des „Tamar“ und des „Himalaya“/ befinden, am 8. Januar landen werden. Ihr Gesundheitszustand is ein guter, und das Befinden Sir Garnet Wolseleys hat «fih wesent- lih gebessert.

Australien. Nachrichten aus Melbourne vom 6. d. M. melden, daß in Victoria eine intensive Hie herrsht und die Witterung sehr trocken ift.

Die Nr. 2 (Ik. Jahrgang) des „Centralblatts für das Deutsche Rei ch“, herauêgegeben im Reichskanzler-Amt (Berlin, Carl Heymanns Verlag) vom_9. Januar, hat folgenden Jnhalt: 1) Allge- meine Verwaltungssachen: Mittheilungen über den Stand der Rinder- pest; Verweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete. 2) Münz- wesen: Uebersicht über die Ausprägung von Reichsmünzen. 3) Zoll- und Steuerwesen : Vorschriften für die Feststellung des Nettogewichts beim Export von Branntwein in Fässern; Aufhebung von Uebergangs- straßen 2c.; Umwandlung des Hauptamts Kempten; Kompetenz von Steueräumtern 2c. 4) Marine und Schiffahrt: Quarantäne-Maß- regeln verschiedener Regierungen. 5) Heimathwesen: zwei Erkennt- nisse des Bundesamtes für das Heimathwesen. --- 6) Postwesen: Nebersiht über die während des 1Y. Quartals 1873 im deutschen Reichs-Postgebiete cingerihteten und aufgehobenen Postanstalten. 7) Eisenbahnwesen: Regulativ zur Ordnung des Geschäftsganges bei dem durch Richter verstärkten RNeichs-Eisenbahnamte. 8) Konsulat- wesen : Ernennung 2c. ; Zuweisung von Amtsbezirken.

Die Finanz-Verwaltung Preußens in den Jahren t 1870, 1871 und 1872. (S. Nr. 7 d. Bl.) 2 Gebäudesteuer.

Die Gebäudesteuer, welhe in den Provinzen Schles- wig - Holstein, Hannover und Hesseu - Nassau, sowie im Kreise Meisenheim im Jahre 1867, in den übrigen Landestheilen in den Jahren 1863/64 veranlagt worden ist, und ebenso wie die Grundsteuer von den Katasterämtern verwaltet wird, hat fol- gende Ergebnisse geliefert :

Anzahl der steuerpflichtigen Gebäude: 3,226,305

Veranlagungs- . IJst- Sol : Aufkommen : Thaler. Thaler. 4,667,676 4,662,400 - E 3,298,136 4,758,472 4,755,965 Ie s SOIEBS9 4,860,875 4,851,404 Hiernach hat im Durchschnitt jährlich die Vermehrung in der Anzahl der steuerpflichtigen Gebäude 32,667, in dem Soll-Aufkfommen an Gebäudesteuer 96 600 Thlr. betragen. Ein Fünftel des letzteren Betrages kommt allein auf die Stadt Berlin, obgleich der lau- fende Ertrag der in Leßterer auffommenden Gebäudesteuer nur ein Siebentel des gesammten Gebäudesteuer-Auffommens aus- macht. Das hervortretende Steigen der Gebäudesteuer ist, da in der Veranlagung der bereits vorhanden gewesenen unver- ändert gebliebenen Gebäude eine Aenderung nicht eingetreten ift, im Wesentlichen durch das Entstehen neuer Gebäude veranlaßt worden. 9. Klassen- und klassifizirte Einkommensteuer. Die Haupt-Ergebnisse der Verwaltung für die 3 Jahre 1870, 1871 und 1872 bei der klassifizirten Einkommensteuer und bei der Klassensteuer und die Abweichungen dieser Periode resp. des letzten Jahres (1872) von den Resultaten des Jahres 1869 gchen. aus nachstehender Zusammenstellung ervor. 7 Die Einkommensteuer-Summen find nach Abzug der geseßz- lichen Vergütungen für den Aufenthalt in mahl- und s{hlacht-

n Sabíe 1870:

fteuerpflichtigen Orten angegeben. Bei beiden Steuern enthalten

die Summen zugleih die Beischläge zu den Justizkosten inr Bezirke des Appellations - Gerichtshofes zu Cöln und die Bei- träge zu Zollaversen für die vom Zollverein ausgeshhlofsenen Ge- bietstheile. Die Ab- gänge be- tragen und von der Ausfälle, [Soll-Ein- nahme.

Prozent.

Sell-Gin-

nahme nach

der Veran- lagung.

Thlr. Thlr. Thlr.

1869 Eu 9,323,627 | 5,212,224] 111,403 2,1 Klafsensteuer. . . 113,292,557 | 13,081,857 | 210,700 1,6 Summa .| 18,616,184] 18,294,081 | 322,103 1,7

1870 / Einkommensteuer | 5,664,957 | 5,417,393] 217,561 | 3, | Klassensteuer. . . 113,475,639 | 12,879,088 | 596,551 4,4 Summa .|19,146,596] 18,326,481 | 814115 4,3

1871 Trter ries 9,781,019 | 5,590,262 190,757 3,3 Klassensteuer. . .113,475,177 112,926,903 | 548,274 4,1 Summa .|19,256,196| 18,517,165] 739,031 3,8

1872 j Einkommensteuer 6,263,991 | 6,131,523 | 132,028 2.1 | Klafsensteuer. . . 113,681,621 | 13,462,281 219,340 1,6 Summa . | 19,945,172 |19,593,8041 351,368 | 1,8

Es ist Hieraus erfichtlich, in welchem Maße durch die Kriegäperiode 1870/71 die Abgänge und Ausfälle gegen das Veranlagungs-Soll gesteigert und die normalen Fortschritte in den Veranlagungs - Resuitaten unterbrochen find, daß aber im Jahre 1872 die Ausfälle wieder auf das gewöhnliche Maß zurückgegangen find, und die Soll- und Jst-Einnahme wieder völlig befriedigende Ergebnisse geliefert haben.

Gegen das Jahr 1869 beträgt das Mehr:

a) beim Veranlagungs-Soll: 1) Einkommenstèuer. . 939,924 Thlr. = 17,7 Prozent, 2) Klafsensteuer . 38904 = 25 z in Summa und im Durthschnitt . .. 1,328,988 Thlx. = b) bei der Jst-Einahme: 1) Einkommensteuer. . 919,299 Thlr. 17,5 Prozent, 2) Klasseusleler 388044 2 s in Summa und im Durchschnitt . . . 1,299,723 Thlr. = 7,, Prozent.

Das Bundesgeseß wegen Beseitigung der Doppel - Be- steuerung vom 13. Mai 1870 hat für die Anwendung der preußischen Gesetze über die direkten Steuern auf dem Gebiete der Klafsen- und klassifizirten Einkommensteuer einzelne Be- schränkungen herbeigeführt, seine Wirkung in bemerkbarer Weise indeß nur auf die Veranlagung der klassifizirten Einkommen- steuer geäußert, deren Ertrag dadur, daß eine Anzahl von Deutschen, welche bis zum Schlusse des Jahres 1870 zu dieser Steuer herangezogen waren, vom 1. Januar 1871 nit ferner zu derselben herangezogen werden durften, sich um 32,700 Thlr. vermindert hat.

Den vielseitig kundgegebenen Wünschen nach einer Reform der direkten Personaisteuern und nach der Beseitigung der Mahl- und Sc{lachtsteuer war bereits im Iahre 1869 Seitens der Staatsregierung durch Vorlegung von zwei Gesetz - Ent- würfen, betreffend eine Abänderung mehrerer auf- die klafsisizirte Einkommensteuer bezüglicher Bestimmungen und die Aufhebung der Mahl- und Shlachtsteuer in 28 Städten, Rechnung getragen worden. Beide Geseß - Entwürfe hatten indeß die Zustimmung der Ländesvertretung nicht erhalten. Die Wiederaufnahme von Reformmaßregeln auf diesem Gebiete, deren Nothwendigkeit nach verschiedener Richtung hin anerkannt werden mußte, wurde durch den Krieg mit Frankreich verhindert. Der glückliche Ausgang desselben, und die inzwischen eingetretene wesentliche Verbesserung der finanziellen Lage des Staats ließèn das Be- dürfniß der Reform in um so stärkerem Maße hervortreten, als dadurch gleichzeitig die Frage angeregt wurde, ob und in welcher Weise die entbehrlihen Uebershüsse der laufenden Staats-Einnahmen zur Gewährung eines Steuererlasses zu ver- wenden seien. Die hierüber stattgehabten Erwägungen führten zu dem mittelst Allerhöchster Ermächtigung vom 8. Dezember 1871 dem Landtage der Monarchie vorgelegten Geseß-Entwurfe, nah welchem für alle zur untersten Stufe der Klassensteuer eingeshäßten Personen die gänzliche Befreiung von dieser Steuer eintreten und die Mahl- und Schlachtsteuer als Staatsfteuer beseitigt werden sollte. Ueber diesen Geset-Entwurf konnte indeß mit dem Hause der Abgeordneten“ keine Einigung erzielt werden, indem dasselbe die Steuerbefreiung der zur untersten Stufe gehörenden Klassensteuerpflihtigen wegen verschiedener aus dem System dieser Steuer dagegen erhobener Bedenken verwarf, und der Beseitigung der Mahl- und Schlachtsteuer zwar zustimmte, gleichzeitig aber die nah dem Entwurfe an diese Maßregel im Jnteresse der betheilizten Stadtgemeinden geknüpfte Bedingung der fakultativen Beibehaltung der Schlacht- - steuer als Kommunal - Abgabe ablehnte. Nachdem in Folge dieser Beschlüsse der Geseß-Entwurf auf Grund Allerhöchster Ermächtigung vom 25. Februar 1872 aus den Berathungen des Landtages zurückgezogen war, handelte es sich darum, den Vorschlag wegen des der klassensteuerpflihtigen Bevö!kerung zu gewährenden Steuer-Erlasses zur Beseitigung der gegen die frühere bezügliche Bestimmung erhobenen Einwendung iu ander- weiter Gestalt wieder aufzunehmen, und zu diesem Zwecke ZU- nächst das erforderlihe Material in möglichster Voliständigkeit von den Lokalbehörden zu beschaffen. Das in dieser: Beziehung nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten gewonnene Ergebniß führte fodann zu weiteren Erwägungen hinsichtlih einer umfassenden Reform des Systems der Klassensteuer überhaupt, fowie hin- sichtlih einiger Abänderungen der Gesetzgebung über die klaffi- fizirte Einkommensteuer, wobei hauptsächlih die Herstellung eines gerechteren Verhältnisses in der Besteuerung der: wohl- habenderen und der minder bemittelten Klassen der Bevölterung ins Auge gefaßt wurde. Die einzelnen hierbei in Betracht kommenden Fragen wurden unter Zuziehung mehrerer zu dieïem Zwecke hierher berufener sahkundiger Beamten aus verschiedenen Theilen des Staats eingehend erörtert, und die sih hieraus er- gebenden legislativen Vorschläge der Allerhöchsten Genehmigung unterbreitet. Jn dem bezüglichen Gesez-Entwurfe wegen Ab- änderung des Geseßes vom 1. Mai 1851, betreffend die Ein-, führung einer Klafsen- und klasifizirten Einkommensteuer, welcher auf Grund Allerhöchster Ermächtigung vom 4. November 1872 dem Landtage der Monarchie zur verfassungsmäßigen Beschluß- fassung vorgelegt worden- ist, wurde die Gewährung des ge- wünschten Steuer-GCrlafses an die mindest bemittelte Bevölkerung gleichzeitig mit der ‘äls ‘nothwendig erkannten Reform der Klafsensteuer in der Weise ins Auge gefaßt, daß die bisherigen

Jst-Ein- Abgänge

nahme.

7,9 Prozent,

shwankenden und zum großen Theil nicht mehr zutrésfenden