1874 / 16 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 19 Jan 1874 18:00:01 GMT) scan diff

rere der gegenwärtig geltenden Strandungéorduuxgen aus einer Zeit stammen, deren Rechts- und Verwaltungsgrundsäße für die heutigen Verhältnisse theils unangemessen, theils unzureichend sind, sondern au darin, daß das Nebeneinanderbestehen einer großen Zahl von Strand- ungserdnungen, welche in ihren Bestimmungen vielfah von einander abweichen, auf manchen Strecken der deutshen Küsten Üngehörigkeiten begünstigt, welche einem für die ganze Ausdehnung derselben bestimm- ten einheitlichen Geseße gegenüber unmöglih # in würden. i

Manchen Beschwerden, zu welchen der frühere Rehtszustand in Strandungsfällen Anlaß gab, ist allerdings durch die Einführung des Handelsgeseßbuchs, welches in den Art. 742—756 Bestimmungen über die Bergung und Hülfsleiftung in Seenoth enthält, abgeholfen wor- den. Diese Vorschriften des Handelsgeseßbuchs beschränken sich jedoch im Wesentlichen auf die Regelung der Ansprüche auf Berge- oder Hülfélohn, während sie es in Betr-f des Verfahrens der Berger, \o- wie der Behörden und Beamten, welche zur Beaufsichtigung derselben und zur Wahrnehmung des Interesses des Staats, wie der betheiligten Privatpersonen berufen find, bei dem bestchenden Rechte belassen haben.

Bereits im Jahre 1868 wurde deshalb vom Bundesrath der Be- {luß gefaßt, den Entwurf einer allgemeinen Strandungsordnung aus- arbeiten zu lafsen. Nach eingehenden Verhandlungen mit den Regie- rungen der Bundesseestaaten ist zur Ausgleichung der hierbei hervor- getretenen Meinungsverschiedenheiten eine von allen diesen Staaten beshickte Kommission berufen worden, aus deren Berathungen der vor- liegende Entwurf hervorgegangen is. Derselbe bezweckt, die bisher maßgebenden partikularrechtlichen Vorschriften vollständig zu beseitigen und E Wege der Reichsgeseßgebung dur ein einheitlihes Recht zu erseßen.

Zur Zeit gelten für Strandungsfälle an den deutschen Küsten fol- gende Gesetze: :

L im Königreih Preußen (für die Provinz Preußen und die Regierungsbezirke Cöslin und Stettin gemeinsam) das Allgemeine Landrecht IT. 15, §8. 80—87, welches jedoch nur einige allgemeine Grundsäße aufstellt und im Uebrigen auf die provinziellen Strandungs- ordnungen verweist. Die leßteren sind folgende:

A. für die Provinz Preußen die Strandungsordnung vom 10. November 1728 nebst der Deklaration vom 20. November 1741.

1) In Ostpreußen beruht die fortdauernde Anwendbarkeit dieser Gesetze auf dem ostpreußischen Provinzialreht, Zusaß 229.

2) In Westpreußen gilt außerdem das Publikandum wegen der den Strandbewohnern bei Strandungen obliegenden Pflichten vom 31. Dezember 1801 (Novum corpus constitutionum Prussico-Branden- burgensium Bd, XI. S. 1281), welches nebst den unter 1) erwähnten Geseßen durch das westpreußishe Provinzialrecht vom 19. April 1844 * 76 (Preuß. Geseß-Samml. S. 103) aufrecht erhalten worden ist; ür das Gebiet von Danzig hat das Gesetz, betreffend die Einführung des westpreußishen Provinzialrechts in die Stadt Danzig und deren Gebiet, vom 16. Februar 1857, Art. X. 88. 2, 3 (Gesez-Samml. S. 91) einige besondere Bestimmungen getroffen.

B. In der Provinz Pommern kommt i

1) für die Regierungsbezirke Stettin und Cöslin das Edikt, wie es künftig auf den Seeküsten und Stränden wegen des Strandrechts gehalten werden soll, vom 4. April 1743 nebst der Kabinetsordre vom 13. März 1814 (Preußische Gesez-Samml. S. 28),

2) für den Regierungsbezirk Stralsund die Verordnung wegen der Hülfe in Noth gerathener Schiffe und Bergung gestrandeter Güter, vom 14. Juli 1777 (Amtsblatt der Regierung zu Stralsund für 1845 S. 238) zur Anwendung.

C. In der Provinz Schleswig-Holstein gilt die Strand- Ordnung vom 30. Dezember 1803 (Chronolog. Samml. der Verord- nungen für Schleswig und Holstein S. 134).

D. in der Provinz Hannover die Strandordnung vom 24. Juni 1846 (Hannoversche Geseßz-Samml. S. 119).

IT. Für das Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin ist die Instruktion vom 20. Dezember 1834 ergangen.

I Sm O U Oldenburg gilt der Art. 34 des Gesetzes, betreffend die Einführung des Handelsgeseßbuchs, vom 18. April 1864, und daneben

A. für das Herzogthum Oldenburg die Strandungsordnung vom 29. Juli 1844,

B. für das Fürstenthum Lübeck die Anweisung für die Auf- seher 2c. des Ostseestrandes vom 27. Juli 1820. -

___IV. Im Gebiete der freien und Hansestadt Lübeck kommt das Lübecker Statut von 1586, Buch VI., Tit, 3 Art. 4, Tit. 6 Art. 3, zur Anwendung.

V. Für das Gebiet der freien Hansestadt Bremen ist die Ver- ordnung in Betreff von Bergungsangelegenheiten vom 23. Mai 1834 ergangen.

VI. Im Gebiet der freien und Hansestadt Hamburg wird nah der Bekanntmachung, betreffend den Wirkungskreis des Vogts auf Neuwerk, vom 15. Juni 1868 verfahren.

Die Beseitigung dieser zahlreichen Partikularrechte durch einen Akt der Reichsgeseßgebung is eine Aufgabe, welche hon die Ver- fassung dem Reiche gestellt hat, indem fie demselben in Art. 4 Nr. 7 die Organisation eines gemeinsamen Schußes der deutschen Schiffahrt zur See vorbehalten hat. Je größer gerade in Strandungsfällen das Be- dürfniß eines solchen Schußes für dieIntcre\ fen derSchiffahrt ist, desto drin- gender scheint es geboten, die Gewährung desselben an den heimis hen Küsten in einer den Anforderungen der Gegenwart genügenden Weije sier zu stellen, nachdem für den Fall der Strandung eines deutschen Schiffes im Auslande die thunliche Vorsorge bereits dadur getroffen worden ist, daß das Geseß über die Organisation der Bundeskonsulate vom 8. November 1867 (Bundes-Geseßbl. S. 137) im 8. 36 die Bundes- konsuln berufen hat, die erforderlichen Bergungs- Und Rettungsmaß- regeln einzuleiten und zu überwachen.

Der Zweck aller r altege s welche in Strandungsfällen zu treffen sind, ist ein zweifacher : ettung gefährdeter Menschenleken und Ab- wendung des Verlustes von Eigenthum. Die Häufigkeit des Vor- kommens solcher Unfälle macht es unthunlich, die Initiative ledigli der Willfährigkeit der Küstenbewohner zu überlassen und“ den Behörden nur diejenige Ueberwachung freiwilliger Bemühun- gen um Rettung und Bergung zuzuweisen, welhe zur Erhaltung der e Ordnung erforder:ich wäre. Soll den gefährdeten Per onen und M ein regelmäßiger und wirk- samer Schuß zu Theil werden, lo ist es unerläßlih, die Gewährung desselben als eine öffentlihe Pflicht anzuerkennen und mit deren Er- füllung eigene Behörden und Beamte zu betrauen. Zwar werden diese vielfa darauf angewiesen bleiben, die Beihülfe von Privatpersonen in Anspruch zu nehmen; die Leitung der Thätigkeit der leßteren dur Organe der öffentlihen Gewalt wird dann aber eine Garantie dafür bieten, da dieser Beistand niht in nußlosen Anstrengungen zersplittert, sondern planmäßig und mit Erfolg geleistet wird. Neben ciner solchen Regelung des Strandungswesens verfolgt der Entwurf durchweg die Tendenz, den einzelnen Betheiligten in der freien Verfügung über seine Person und sein Eigenthum nur insoweit zu beschränken, als es zur Abwendung erhebliher und dringender Gefahr unerläßlih ist; weitergehende Eingriffe in die Freiheit der Person und in bestehende Privatrechte hat er vermieden, weil der Nußen solcher Maßnahmen durch ihre Nachtheile überwogen wird.

ur Begründung der Bestimmungen des Entwurfs ist im Ein- zelnen Folgendes zu bemerken :

I. Abschnitt. Von den Strandbehörden.

Bon der Einseßung eigener Reichsbehörden für die Erledigung der Strandunggsangelegenheiten ist abgesehen worden, weil es bei Ge- schäften dieser Art vorzugsweise auf eine genaue Bekanntschaft mit örtlihen Verhältnissen und Gebräuchen ankommt, welche bei den in den betreffenden Küstcnländern fungirenden Behörden am Vollständig- sten anzutreffen „ist. Aehnlice Rücksichten haben dazu geführt, daß bisher die Ausführung sämmtlicher auf die Kauffahrteischissahrt bezüg- lichen Reichsgeseße innerhalb des Bundesgebiets in die Hand der Landesb- hôrden gelegt worden ist, wie dies z. B. im 8. 3 des Ge- febes, betreffend die Nationalität der Kauffahrteischiffe, vom 25. Ok- tober 1867 (Bundes-Geseßbl. S. 35) und im 8. 4 der Seemanns- ordnung vom 27. Dezember 1872 (Reichs-Geseßbl. S. 409) geschehen

ist. Der Entwurf faßt daher die Strandbehörden als Staatstbehör- den auf, behâlt aber, um die erforderlihe Einheitlichfeit der Ausfüh- rung des Gefeßes ficher zu stellen, dem Reiche die Oberaufsicht über die leßtere vor.

Das Verfahren iy Strandungsangelegenheiten ist theils admini- es theils rihterlicher Natur. Den ersteren Charakter hat es, owecit es sich auf die Thätigkeit des Rettens und Bergens und die Fürsorge für die Aufbewahrung geborgener Sachen bezieht; die richterliche Funktion tritt ein, sobald Streitigkeiten zu entscheiden oder strafbare Handlungen zu verfolgen sind. Die administrativen Ge- Inne zu erledigen, sind in der Hauptsache die Strandbehörden be- rufen.

S. 1. Die Funktionen der Strandbehörden begreifen zwei Gat- tungen von Geschäften in fi, die nach ihrem Charakter und nach der zu threr sahgemäßen Erledigung erforderlichen Qualifikation weienilih von einander verschieden sind. Die Leitung des Rettens und Bergens ift eine rein technische Aufgabe; sie erfordert Umsicht, Entschlossenheit und genaue Kenntniß der See, des Strandes und der Schiffghrt. Wer diese Eigenschaften besu ist ausreichend befähigt, Schiffen in Seenoth mit Erfolg Hülfe zu bringen. Andere Anforderungen sind zu stellen, wenn die Bergung vollbracht ist. Die zweckmäßige Aufbewahrung der ge- borgenen Güter, die Bemühungen um die Ermittelung der Empfangs- berehtigten, die Ausfonderung und der Verkauf der Gegenstände, deren Werth durch längere Aufbewahrung gefährdet sein würde, die Verhandlungen mit der Zollbebörd: und dergl. seßen eine Bekannt- haft mit Verwaltungsgeschäften voraus, welhe bei den Mänuern, denen die Bergung obgelegen hat, nicht immer anzutreffen ist. An der Nordsee sind deshalb diese beiden Arten von Funktionen von jeher verschiedenen Beamten übertragen worden (\chleêwig-holsteinsche Strandordnung §8. 4, 19; hannoversche Strandungsordnung D: 2, 4, oldenburgishe Strandungsordnung 88. 1, 8), und diese Trennung liegt so sehr in der Natur der Sache, daß der Entwurf sie im Prinzip unbedenklih aufgenommen hat. Er scheidet die Anordnung und Leitung des Rettens und Bergens von der Verwaltung der gebor- genen Gegenstände und überträgt jene den Strandvögten, diese den Strandämtern, denen er zugleih die Strandvögte in ihren dienstlichen Verhältnissen unterstellt.

Die Strandämter sind niht als eigene Behörden gedacht, deren Geschäftskreis Ur G UEA Strandungsangelegenheiten umfassen joll; es werden vielmehr zweckmäßig, wie es bisher hon vielfah Üübli:h war, Lokalbehörden, welche in der Nähe des Strandes ihren Siß haben, zuglei mit den Funktionen der Strardämter zu betrauen sein.

Die Bestimmung des ersten Absatzes des §8. 2 über die Organisation der Strandämter, die Abgrenzung ihrer Bezirke, die Anstellung der Strandbeamten, die Regelung des Verhältnisses der Strandvögte zu den Strandämtern, die Beaufsichtigung dieser Aemter und Beamlen und die Dienstbezüge der lehteren ist eine Folge der im Eingange erörterten Absicht, die Ausführung der Strandungsordnung nicht Reichs-, sondern Landesbehörden zu übertracen. Das Reich würde in den bestehenden Organismus der lebteren unnöthig störend ein» greifen, wenn es die Ordnung der bezeichneten Punkte nicht den ein- zelnen Bundesstaaten überlassen wollte. Ueberdies sind die maßgebenden thatsächlihen Verhältnisse innerhalb der leßteren so verschiedenartig gestaltet, daß es mindestens sehr s{wierig sein würde, in diesen Be- ziehungen einheitlihe Normen von praftishem Werth aufzustellen. Der Entwurf behält deshalb die erforderlihen Anordnungen über die bezeihneten Gegenstände den Landesrrgierungen vor.

Der zweite Absaß des §. 2 ertheilt den leßteren eine weiter- gehende Ermächtigung, nämli die, abweihend von dem 8. 1, welcher die Strandämter und die Strandvögte als zwei von einander getrennte Behörden hinstellt, die Funktionen beider einer und derselben Person, dem Vorsteher des Strandamts, zu übertragen. Diese Ausnahme- bestimmung ift aus Gründen der Zweckmäßigkeit für einen Theil des Ostseegebiets erforderlich. Dort gestattet die Beschaffenheit der Küste die Bildung größerer Strandbezirke, als an der Nordsee, so daß dort die Zahl der anzustellenden Strandvögte eine verhältnißmäßig gerin- ere sein kann. Dieser Umstand ermöglicht es nicht selten, Männer fâr die Funktionen der Strandbehörden zu gewinnen, welche gleich- mäßig zur Leitung der Rettung und Bergung, wie zur Verwaltung der geborgenen Güter befähigt sind. Es liegt deshalb im Interesse der Vereinfachung der Organisation, für solche Fälle die Uebertragung der Geschäfte des Strandamts-Vorstehers und derjenigen des Strand- vogts an eine und dieselbe Person ausdrüecklich zuzulassen. | Â; 3. Die Bestimmung, daß dem Reiche die Oberaufsicht über die Verwaltung der Strand'ngsangelegenheiten zusteht, beruht auf Art. 4 Nr. 7 der Reichsverfassung.

IL. Abschnitt. Von dem Verfahren bei Bergung und Hülfsleistung in Seenoth.

Der zweite und der dritte Abichnitt des Entwurfs stellen die E fest, nah welchen die Strandbehörden zu verfahren haben, wenn auf See ein Unfall eingetreten ist. Der zweite Abschnitt regelt dies Verfahren für die Fälle, in welchen ein Schiff und feine Ladung sih in gegenwärtiger Seenoth befindet und dadur einer Gefahr aus- geseßt ist, um deren Abwendung es sih handelt; der dritte Abschnitt hat die Fâlle zum Gegenstande, in welchen Theile eincs Schiffs oder seiner Ladung, nachdem dasselbe vorher von einem Unfall betroffen worden, dur den leßteren in die See gerathen und in Folge dessen befißlos geworden sind.

Der zweite Abschnitt bestimmt im Allgemeinen in den 88. 4 bis 14 die Funktionen des Strandvogtes, in den 88. 15 bis 20 diejenigen des Strandamts.

S. 4. Die Hülfe, welche der Strandvogt einem Schiffe im Falle der Seenoth zu bringen im Stande ist, kann in den meisten Fällen nur dann von Erfolg begleitet sein, wenn sie so s{huell als mögli gewährt wird. Der Strandvogt muß deshalb von jedem derartigen Unfall unverzüglich in Kenntniß- geseßt werden. Wer ein auf den Strand geratbenes oder sonst unweit dessclben in Seenoth befindliches Sehiff wahrnimmkt, g hiervon sofort der Behörde Anzeige machen, wenn nicht die günstigste Zeit zur Rettung und Bergung verstreichen soll, ehe ein Beamter das Schiff wahrnimmt und seinerseits die Ge- währung des nöthigen Beistandes veranlaßt Der Umstand, daß vom Lande aus nicht immer mit Sicherheit beurtheilt werden kann, ob niht mit dem Schiffe auch Menschenleben gefährdet sind, rechtfertigt es, die Erstattung jener Anzeige allgemein als geseßliche Verpflich- tung hinzustellen (itetlenbyralie Berordnung vom 20. Dezember 1834 §. 1, hannoversche Strandungsordnung §. 11, oldenburgische Strandungsordaung §. 3, Anweisung für das Fürstenthum Lübeck vom 27. Juni 1820 §. 10, hamburgishe Bekanntmachung vom 15. Juni 1868 §. IIL). Diese Verpflichtung darf jedoch nicht soweit aus- gedehnt werden, daß der Verpflichtete in jedem Falle gehalten sein soll, seine Mittheilung dem Strandvogt unmittelbar zu machen, Dem öffentlichen Interesse wird genügt, wenn die Anzeige, falls die nächste Gemeindebehörde eher als der Strandvogt zu erreichen ist, dieser er- statlet wird, welche denn die Mittheilung ungesäumt an den Strand- vogt zu befördern hat.

_ Die Erfüllung der erwähnten Verbindlichkeit wird für den Ver- pflichteten bieweilen mit Versäumniß ay Arbeitszeit oder selbst mit Ausgaben verkoûpft sein. Damit dies nicht als Vorwand benußt werde, die Anzeige zu unterlassen, empfiehlt es si, dem ersten Ueber- bringer derselben eine angemessene Vergütung als Entschädigung für jene Nachtheile zuzubi1lligen.

F. 95. Die Bestimmung, daß die Gemeindebehörde eine ihr zugehende Anzeige über einen Fall der Seenoth sofort dem Strandvogt mitzu- theilen hat, bildet eine unentbehrlihe Ergänzung der im 8. 4 aufge- stellten Anzeigepflicht. Die fernere Vorschrift, daß die Gemeinde ver- bunden ift, zur Beförderung der Anzeige an den Strandvogt einen Boten und die nöthigen Beförderungsmittel zu stellen, rechtfertigt \sich durch die Erwägung, daß die shleunigste Benachrichtigung des Strand- vogis unbedingt ficher gestellt werden muß. Die Vergütung, welche der Gemeinde für jene Leistung zu gewähren ist, wird sich zweckmäßig an jedem Ort ats den dort üblichen Säßen richten, wie dies für einen ähnlichen Fall im §. 13 des Gesetzes über die Kriegsleistungen vom 13. Juni 1873 (Reichs-Geseßbl. S. 129) bestimmt ist.

S. 6. Die Festseßung der in den §88. 4 und 5 erwähnten Ver-

gütungen erfordert eine eingehende sachliche Prüfung der erhobenen Ansprüche und der ihnen etwa entgegengestellten Einwendungen; sie scheidet daher aus dem Geschäftskreije des Strandvogts aus und wird dem Strandamt zu übertragen sein f

__ Die Bestimmung, daß jeae Vergütungen zu den Bergungs- und Hülfskosten gehören, enthält eine Ergänzung des Art. 745 des Han- delsgeseßbuchs. Der leßtere zählt zu diesen Kosten von denjenigen Ausgaben, welche zum Zweck einer erst zu vollbringenden Bergung kraft geseßlicher Vorschrift zu machen sind, nur die Kosten und Ge- bühren der Behörden. Dieselben Gründe, welhe die Verpflichtung des Eigenthümers der geborgenen Gegenstände zur Bezahlung dieser leßteren Kosten rechtfertigen, sprechen dafür, daß ihm auch die Ver- bindlichkeit zur Entrichtung jener Vergütungen auferlegt werde, da die Möhwaltungen, für welhe die leßteren zu gewähren find, wesentlich dazu beitragen, daß ihm fein Eigenthum erhalten bleibt.

S. 7. Sobald der Strandvogt die Anzeige von einem Stran- dungsfall erhält, hat er am Orte dieses Ereignisses ungesäumt seine Funktionen zu übernehmen. Das Bergungs- und Hülfsleistungs-Ver- fahren bedarf, um von Erfolg begleitet zu sein, einer streng einbeit- lichen Leitung. Dieselbe muß dem Strandvogt deshalb im vollen Umfange nicht nur füc die Thätigkeit auf See, sondern auch für die Aufrecht- haltung der Ordnung am Strande anvertraut werden. Indem der

7 dies ausspricht, bezweck er insbesondere im Interesse der

Bergung, für die Dauer des Strandungsfalls jede Einmischung der örtlichen Polizeibehörde auszuschließen, da solche Einmischung im Falle einer Meinungsverschicdenhcit ¿wischen der leßteren Behörde und arn Strandvogt leiht die Bergung selbst verzögern oder erschweren ann. „… Für das Strandamt und die Zollbehörde ist es von Wichtigkeit, über jeden Fall einer Strandung s{leunigst unterrichtet zu werden. Das Strandamt bedarf einer Mittheilung, um die nöthigen Vorkeh- rungen zur Unterbringung der geretteten Personen und der geborgenen Gegenstände ungesäumt treffen zu können. Für die Zollbehörde kommt die zollamtlihe Behandlung der geborgenen Güter in Frage. Ueber die zollamtlihe Behandlung des Strandguts sind in dem Zollgesetze vom 1. Juli 1859 (Bundes-Geseßbl. S. 317) Bestimmungen getroffen. Von der Vorschrift, daß die Ueberschreitung der Zollgzrenze nur wäh- rend der Tageszeit und nur auf einer Zollstraße erfolgen darf, ist für den Fall der Bergung von Strandgut eine Ausnahme zugelassen (§. 21 b. des Zollgeseßes); für beshädigte Güter, weiche aus den an den Küsten von Zollvereinsstaaten g-strandeten Schiffen geborgen sind und im Wege öffentlichen Ausgebots zum Verkauf gelangen, ist auf den Antrag der Betheiligten ein Eingangszoll von 10 Prozent des Bruttoerlrages des Aufktionserlöses zu erheben, wenn sowohl die Be- hôrde, welche die Auktion abhält, als die Zollbehörde die stattgehabte Beschädigung der Waaren bescheinigt (8. 82 ebendaselbst); inländische Strandgüter von Sciffen, welche nah dem Auëlaufen verunglücken, bleiben, wenn die Thatsache vollständig nachgewiesen ist, frei vem Eingangszell (§. 117 ebendaselbst). Die Ausführung dieser Bestim- mungen erfordert ein Zusammenwirken der Strandbeßörden mit den Zollbehörden und, che dasselbe beginnen kann, eine Borkehrung für die interimistishe Wahrnehmung des Zollinteresses. :

Der Thätigkeit dieser Beamten und der e, welche zur Bergung bereit find, ist jedoch eine bestimmte Grenze zu seßen. Er- fahrungêmäßig geht cine Bergung aus einem in Seeroth befindlichen Schiffe, wenn fie niht unter den Augen und nah den Anweisungen des Strandvogts erfolgt, häufig in ein völlig tumultuarishes Ver- fahren über, welches nicht nur ein zweckloses Verschleppen der gebor- genen Sachen nach den verschiedensten Punkten der Küste herbeiführt, sondern auch Entwendnngen erleichtert. Um dies abzuschneiden, ge- uügt die Vorschrift des Artikels 752 Nr. 1 des Handelsgeseßbuchs nicht, daß derjenige auf Berge- und Hülfslohn keinen Anspru _hat, welcher seine Dienste aufgedrungen, insbesondere chne Erlaubniß des anwesenden Sciffers das Schiff betreten hat; der 8. 8 des Entwurfs verbietet deshalb ausdrücklich, daß ohne Erlaubniß des Strandvogts, namentlich also in seinec Abwesenheit Jemand an das ‘gefährdete Schiff anlege oder dasselbe betrete. Eine Ausnah:e hiervon kann nur zugelassen werden, wenn entweder der Schiffer selbst es verlangt oder wenn eine so dringende Gefahr für das Schiff vorliegt, daß ein fofortiges Anlegen an dasselbe als unerläßlih erscheint. Ob lebteres der Fall ist, ht bann derjenige, welcher an das Schiff anlegen oder es betreten will, auf eigene Verantwortlichkeit zu ermessen. Handelt er demnächst gegen jenes Verbot, ohne daß ein genügender Grund hierzu vorliegt, fo trifft ihn die im §. 43 angedrohte Strafe. 8

._ Der Shlußsaß des §. 8 entbindet die Vereine zur Rettung Schiff- brüchiger von der Beobachtung des gedachten Verbots, da ihre Thätig- keit als eine fo gemeinnüßige und die Leitung derselben als eine fo umsichtige sich bewährt hat, daß zu einer Beschränkung derselben kein Anlaß verliegt.

S. 9 enthält eine Beschränkung der dem Strandvogt im §8. 7 ertheilten Ermächtigung, afle zur Bergung oder Hülfsleistung erfor» dcrlihen Anordnungen zu treffen. Der Strandvegt soll von dieser Ermächtigung der Regel nach nur dann Gebrauch mac en, wenn den Maßregeln, welche er zu ergreifen beabsichtigt, von dem Schiffer kein Widerspruch entgegengeseßt wird, so daß der Strandoogt nur dann ganz nach eigenem Ermessen zu verfahren hat, wenn entweder ein Schiffer niht vorhanden ist oder wenn der Schiffer ns in diépositions- unfähigem Zustande befindet oder wenn derselbe die Leitung der Ber- gung 2c. dem Strandvogt überläßt. Wird hiernach dem Strandvogt im Allgemeinen die Befugniß versagt, gegen den Willen des Schiffers einzuschreiten, so hat dies darin feinen Gcund, daß der Schiffer in erster Reihe für das Schicksal des. Schiffs, der dar- auf befindlichen Personen und der Ladung verantwortlich ist, und nah es zweckwidrig sein würde, ihm gerade im Zeitpunkt der Gefahr diese Verantwortlichkeit gegen seinen Willen abzunehmen und sie auf eine Person zu übertragen, welhe mit den Verhältnissen des Schiffs und der Ladung weniger genau als er vertraut ist. Das Handelsgefeßbuch hat im Buch V. Titel 3 dem Schiffer eine weitgchende Haftpflicht gegenüber dem Rheder, dem Befrachter, dem Ablader, dem Ladungs- empfänger, dem Reisenden, der Schiffsbesaßung und dem Schiffs- gläubiger auferlegt und ihn im Artikel 485 für Fälle der Gefahr so- gar von der Befolgung der Beschlüsse des Schiffsraths entbunden. Das Interesse der genannten Personen wird in dea meisten der Fälle, in welchen eine Meinungsverschiedenheit zwischen dem Schiffer und dem Strandvogt hervortritt, besser gewahrt sein, wenn der erstere das Kom- mando bebâlt, als wenn der Strandvogt ohne Weiteres an die Stelle des Schiffers gesetzt wird.

Eine Abweichung von diesem Prinzip ist nur da zuzulassen, wo ein Grund zu der Beforgniß vorhanden ift, daß der Schiffer die ihm gestellte Aufgabe nicht erfüllen kann oder nicht erfüllen will. _ Fehlt ihm das Geshick oder die Besonnenheit in dem Maße, daß seine Leitung des Scbiffs das Leben der ihm anvertrauten Personen gefähr- den oder die Sicherheit der Schiffahrt beeinträchtigen würde, oder liegt der begründete Verdacht vor, daß er scin Kommando mißbrau- chen wolle, um absihtlich einen Unfall herbeizuführen, fo ist es zur Abwendung dieser Gefahr erforderlih, daß dem Strandvogt die Be- fugniß gegeben werde, auch gegen den Willen des Schiffers die Lei- tung des Verfahrens an fih zu nehmen. Den Strandvögten wird im Instruktionewege einzushärfen sein, daß fie sich dieser Befugniß nicht üver das wirkliche Bedürfniß hinaus bedienen, die Befugniß selbst aber läßt sich ihnen ohne Schädigung wichtiger öffentliher In- teressen nit vorenthalten.

F. 10. Wird im §. 9 der Grundsaß als Recel angenommen, daß der Strandvogt wider den Willen des Schiffers mit Bergungs- oder Hülfsleistungs-Maßregeln nit vorgehen darf, so liegt es in der Konsequenz, daß der Strandvogt, wenn er au ohne Widerspruch Seitens des Schiffers seine Thätigkeit begonnen hat, dieselbe doch der Regel na wieder einzustellen hat, sobald der Schiffer cinen Ent- {luß ausspricht, die fernere Leitung des Verfahrens selbst zu über- nehmen. Der Rücktritt des Strandvogts kann indessen in einem sol- chen Bie nit bedingungslos zugelassen werden.

enjenigen Perfonên, welche während der Leitung des Verfahrens durch den Strandvogt gefährdete Gegenstände an sich genommen und in Sicherheit gebracht oder durch ihre Hülfe dazu beigetragen haben, daß das Schiff oder Bestandtheile seiner Ladung aus Seenoth ge-

rettet worden sind, steht nach Artikel 742 des Handelsgeseßbuchs ein Anspru auf Berge- bezw. Hülfsiohn zu; daneben können Bergungs- oder Hülfskosten noch anderer Art entstanden sein. Wegen der hieraus fich ergebenden Forderungen haben die Gläubiger na Artikel 753 an den geborgenen oder geretteten Gegenständen ein Pfandrecht und an den geborgenen bis zur Sicherheitsleistung zugleich das Zurückbehal- tungsrecht. Das leßtere wird in Frage gestellt, wenn der Schiffer die fernere Leitung des Verfahrens in vollem Umfange zurückerhalten soll; den Retentionsbere&tigten kann jedoch das Aufgeben des Gewahr- ams an jenen Gegenständen nit angesonnen werden, ehe in anderer eise für ihre Befri:dizung wegen der gedachten Forderungen in der durch Artikel 753 des fee l ads vorgesehenen Weise Sorge getragen ist; der Schiffer muß deshalb für die bereits erwachsenen Bergungs- und Roten einshließlich des Berge- und Hülfslohns Sicherheit bestellen, wenn ihm die Uebernahme der Lei- turg des Verfahrens gestattet sein soll. Ueber das Maß der Sicher- heitéleistung kann nur der Strandvogt entscheiden, da eine andere Autorität nit zur Stelle ist. : j ; Die Rückgabe der Leitung an den Schiffer wird ferner in dem alle niht ohue Weiteres zuzulassen sein, wenn der Strandvogt auf Grund des §. 9 des Entwurfs eingeschritten is, weil Grund zu der Besorgniß vorlag, daß durch die eigene Leitung des Sd Gefahr für Menschenleben entstehen oder die Sicherheit der Schiffahrt bcein- trächtigt werden würde, oder daß der Schiffer in böser Absicht handle. Unter folhen Umständen darf der leßtere nur dann wieder in Funktion treten, wenn der Strandvogt anzuerkennen hat, daß der Grund zu jener Besorgniß inzwischen weggefallen ift. :

S. 11. Wenn der Strandvogt im Falle der Seenoth eines Schiffes Maßregeln zur Rettung, Bergung oder Hülfsleistung an- ordnet, wird er jelten in der Lage fein, dieselben allein mit dem Bei- stande der ihm zugeordneten Unterbeamten zur Ausführung zu brin- gen; gewöhnlich wird er sich darauf angewiesen sehen, die Beihülfe der Küstenbewohner in Anspruch zu nehmen. Ein direkter Zwang gegen die leßteren, ihm in allen solchen Fällen den nöthigen Beistand zu gewähren, wie er z. B. in der preußischen trandungsord- nung vom 10. November 1728 11. 5, 9, im ostpreußischen Provinzialrecht Zus. 229 §8. 3, im westpreußischen Publikan- dum vom 31. Dezember 1801 I. §. 1, in der neuvorpommerschen Verordnung vom 14. Juli 1777 §. 1, in der_s{chleswig-holstein- {hen Straudordnung §. 6, in der hannoverschen Strandungsordnung

S. 1, 7, 8, in der Anweisung für das Fürstenthum Lübeck vom 27. Zuni 1820 §. 3 vorgesehen und in dem pommerschen Edikt vom 4. April 1743 §. 104. sogar noch durch Zulafsung einer Civilklage auf Schadensersaß gegen säumige Küstenbewohner geschärft ift, würde war als das geeignetste Mittel angesehen werden fönnen, dem Ein- süreitès des Strandvogts einen möglihst umfassenden Erfolg zu sichern; indessen läßt fich die Belastung der Küstenbewohner mit einer o drückenden Verpflichtung nicht rechtfertigen, weil ein unbedingter D a zu Dienstleistungen, welche lediglich den Zwcck haben, Objekte des Privateigenthums aus der See in Sicherheit zu bringen, eine zu weit gehende Beschränkung der persönlichen , reiheit in fich schließen würde, als daß er von der „Reichsgefeßz- gebung gutgehcißen werden könnte. Ein solher Zwang ist daher in Strandungsfällen nur in demselben Umfange zuzulaffen, in welhem er allgemein als ein Nothrecht anzuerkennen is. Die maßgebende A E enthält das Reichs-Strafgeseßbuch im §8. 360, welcher estimmt: Mit Geldstrafe bis zu 50 Thalern oder mit Haft wird bestraft 2c.: 10) wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Noth, von der Polizeibehöcde oder deren Stellvertreter zur Hülfe aufge- fordert, keine Folge leistet, obgleich er der Aufforderung ohne er- hebliche eigene Gefahr genügen konnte. i : i

Ereignet sich ein Strandungsfall unter folchen Umständen, daß er den Charafktec eines Unglüsfalls annimmt, fo ist das zwangs- weise Aufgebot der Küstenbewohner zur Hülfe ebenso berechtigt, wie beispielsweise in dem Falle, wenn ein Haus in Brand geräth und die Nachbara von der Obrigkeit zur Rettung der Gefähr- deten angehalten werden. Unter diefen beschränkenden Ina: daß ein Unglücksfall vorliegt, daß die verlangte Hülfeleiitung für den dazu Aufgeforderten nicht mit erheblicher eigener Gefahr verbunden ist und daß der Zwang zur Hülfeieistung nicht ein physischer, sondern nur eine meralische Nöthigung mittelst Androhung der geseßlichen Strafe sein darf, muß dem Strandvogt das Recht beigelegt werden, die Küstenbewohner bei mangelnder Bereitwilligkeit zur Hülfe- [leistung anzuhalten, wenn nicht gerade in Fällen, in denen es sich um die Rettung von Menschenleben handelt, die Rettung deshalb unterbleiben soll, weil der in Ausficht stehende Berge- oder Hülfslohn niht hoch genug ist, um die Küstenbewohner zum freiwilligen Beistand zu bestimmen. Von diesen Erwägungen aus- gehend, auf welchen auch die gleichartige Vorschrift der oldenburgischen Strandungsordnung §. 3 beruht, verweist der Entwurf lcdiglich auf F. 360 Nr. 10 des Strafgeseßbuchs mit der Maßgabe, daß die dort der Polizeibehörde ertheilte Befugniß in Strandungsfällen dem Strand- vogte zustehen soll. Der Zweck dieser Modifikation ergiebt sich aus den Motiven zu §. 7 des Entwurfs, nah welchen der Strandoogt die Funktionen der Polizeibehörde in jolchen Fällen auszuüben hat.

Der Strandvogt bedarf aber zur Erfüllung seiner Aufgabe nicht

nur persönlicher Unterstüßung; ebenso nothwendig ist für ihn bisweilen die s{leunige Beschaffung von Fahrzeugen und Geräthschaften zur Ausführung seiner Anerdnungen, und um in möglichst kurzer Zeit Hülfe bringen zu können, wird er bisweilen genöthigt sein, andere Zu- gänge zum Strande als die öffentlichen Wege in Anspruch zu nehmen. Wird ihm die Benußung solcher Hülfsmittel versagt, so wird der Eigenthümer zur Gewährung derselben dann nicht gezwungen werden können, wenn es sich lediglih darum handelt, Sachen dur Bergung oder Hülfeleistung in Sicherheit zu bringen; denn das Eigen- thum des Einen darf nicht angetastet werden, damit das Eigenthum des Anderen vor Schaden bewahrt werde. Handelt es sih aber um die Rettung von Menschenleben, so ist der Eingriff in das Eigenthum des We'gernden zweifellos gerechtfertigt, wenn für den Schaden, wel- cen er dadurch erleidet, Entschädigung gewährt wird. Der §. 11 des Entwurfs gestattet deshalb dem Strandvogt, in diefem Falle die Ge- währung der vorhin bezeihneten Hülfsmittel in Anspruch zu nehmen, und bedroht die Weigerung mit der im §. 360 des Straf- geseßbuhs bestimmten Strafe. Was das Maß der Entschädigung anlangt, so wird dabei ein entgangener Gewinn nicht in Rechnung ebracht werden dürfcn, weil die erwähnten Objekte lediglich zum Zived der Erfüllung einer allgemeinen Menschenpflibt in An- spruch genommen werden sollen. Der Entwurf sichert deshalb nur den Ersaß des wirklihen Schadens zu. Der leßtere aber ist in jedem Falle zu vergüten; kann der E: saß nicht wie andere Bergungs- oder Hülfsfkosten, g: mäß Artikel 753 des Handelsgeseßbuchs gedeckt werden, so ist er auf die Staatskasse zu übernehmen, weil die Gegen- stände, für welche die Entschädigung zu leisten ist, im öffentlihen In- teresse der Verfügung des Eigenthümers entzogen worden sind.

Aus den zu §. 8 d-es Entwurfs angegebenen Gründen {ließt der leßte Absaß des §. 11 die Anwendung der übrigen Vorschriftea dessel- ben auf die Vereine zur Rettung Schiffbrüchiger mit der Maßgabe aus, daß deren Fahrzeuge und Geräthshaften vom Strandvogt zur Ret- tung von Menschenleben in foweit in Anspruch genommen werden dür- fen, als die Vereinsmannschaft nicht selbst einschreitet. Die leßtere Bestimmung ist erforderlih, damit z1r Erreichung jenes Zwcckes kein Hülfsmittel unbenußt gelassen werde. D

8. 12 bezeichnet die Aufgaben, welhe der Strandvogt in einem Strandungsfalle vor allen anderen zu erfüllen hat. Im Anschluß an die Bestimmungen, welche in den 88. 9 bis 11 im Intcresse der ge- fährdeten Menschenleben getroffen find, legt der §8. 12 dem Strand- vogt ausdrüdlih die Pflicht auf, zuerst für die Rettung der Personen zu sorgen, welche der Seenoth ausgeseßt sind. Sodann soll er, wenn es zur Bergung kommt, die Schiffs- und Ladungspapiere, namentlich das Schiffsjournal an sich nehmen, das leßtere mit dem Datum und seiner Unterschrift abschließen und dann die Papiere dem Schiffer zurückgeben. Die Anordnung ist erforderlich, damit die Erhaltung der als Beweismittel für eine Menge von Rechtsverhältnissen wihtigen Schiffs- papiere gefichert und in das Journal ein amtlicher Vermerk aufge-

nommen werde, durch welchen ersfihtlich gemacht wird, daß demnächst A Ls 490—494 des Handelégeseßbuchs eine Verklarung abzu- legen ift.

8. 13. Der Zweck der Bergung und Hülfsleistung is, Schiff und Ladung in Sicherheit zu bringen (Handelsgeseßbuh Art. 742). Ohne Gefährdung der Interessen der Eigenthümer dieser Objekte ist er nur zu erreichen, wenn der Verbleib der leßteren einer strengen Kontrole unterworfen wird. Der §. 13 bestimmt deshalb zunächst, daß ohye Genehmigung des Swiffers oder des Strandvogts, je nachdem der eine oder der andere das Verfahren leitet, nihts aus dem Schiffe fortgeschafft werden darf. 2 5 - E

Zugleich legt er diesen Personen die Befugniß bei, u bestimmen, an welchen Ort die fortgeschafften Gegen- stände und das Schiff zu bringen sind. Dabei ist zuglei{ für die Fälle Vorsorge zu treffen, in welchen es aus irgend einem Grunde nicht angängig ist, daß der Berger die Bestimmung des Schiffers oder des Strandvogts Uber den O:t einhole. Bisher pfleg- ten die Berger in solchen Fällen, namentlich an der Nordsee, die ge- borgenen Güter dahin zu schaffen, wo sie für fih den größten Vor- theil aus der Bergung zu ziehen hofften, ohne daß dabei auf das In- teresse der Eigenthümer Rücksicht genommen wurde. Die Folge da- von war nicht selten eine Verschleppung_ der Bestandtheile einer Schiffsladung nach verschiedenen entlegenen Orten, so daß den Eigen- thümern nicht nur die Ermittelung des Verbleibs der Sachen erschwet1t, sondern auch die Wiedererlangung der leheren erheblich _vertheuert wurde. Um diesen Nachtheilen vorzubeugen, ist es unerläßlich, den Ort, an welchen geborgene Gegenstände in Ermangelung einer Anwei- sung des Schiffers oder des Strandvogts zu bringen find, mög- lichst genau im Voraus festzustellen. Der §. 13 bezeichnet deshalb als jubsidiären Bestimmungsort des geborgenen Gutes den zunächst erreihbaren deutschen Hafen oder Landungsplaß. Nur wenn der Be- folgung dieser Vorschrift erhebliche Hindernisse entgegenstehen, also 3. B. wenn widriger Wind die Erreihung jenes Hafens oder Lan- dungsplaßes verhindert, foll die Fortschaffung der Gegenstände an einen anderen Ort gestattet sein. Im Anschluß an den Art. 752 Nr. 2 des Handelsgeseßbuchs, welcher einen Anspruch auf Berge- und Hülfslohn nicht zuläßt, wenn von den geborgenen Gegenstän- den dem Schiffer, dem Eigenthümer oder der zuständigen Be- hörde nicht sofort Anzeige gemacht wird,“ spricht der §. 13 des

ntwurfs den gleichen Rechtsnachtheil für den Fall aus, daß geborgene Sachen, falls nicht Hindernisse entgegenstehen , 4d einem anderen als dem zunächst erreihbaren deutschen Hafen oder Landungsplaß gebracht oder bei der Ankunft am Lande nicht sofort der nächsten Polizeibehörde oder dem Strandvogt angezeigt werden.

Der Schlußsaß des §. 13 ordnet die Verzeichnung der aus dem De fortgeshafsten Gegenstände an, um dereu Kontrole zu er- eichtern.

8. 14 des Entwurfs trifft ähnliche Bestimmungen, wie sie der S. 13 enthält, für den Fall, daß die Bergung nicht auf dem Wasser, sondern vem Strande aus erfolgt. Werden an den leßteren Theile des Schiffes oder Gegcnstände, welche sih auf demselben befanden, angetrieben, so hat derjenige, welcher fie birgt, hiervon fofort einem der Strandbeamten Anzeige zu machen und, sobald es verlangt wird, die geborgenen Sachen abzuliefern.

S. 15. Das Zusammenwirken der Strandbehörden mit den Zoll- behörden, welches dur die zollamtliche Behandlung des Strandgutes bedingt ist (vgl. zu §. 7), hat zur nothwendigen Folge, daß das ge- borgcne Gut von dem Strandamt und dem Zollbeamten in gemein- shaftlihe Gewahrsam genommen wird. Diese Gewahrsam endet naturgemäß, wenn die zollamtliche Abfertigung bewirkt ift,

F. 16. Es liegt gleichmäßig im Interesse der Eigenthümer des geborgenen Guts, wie der Zollverwaltung, daß die einzelnen Bestand- theile desselben, sowie deren Werth und Menge thunlichst festgestellt werden. Schon in älteren Geseßen, z. B. in der preuzinhen Stran- dungsordnung vom 10. November 1728 IV. 2, 6, 13 war hierfür Vorsorge getroffen. Zu diesem Zweck und mit Rücksicht darauf, daß nah dem Handelsgeseßbuche Art. 746—749 die Höhe des Berge- oder Hülfélohns von dem Werth der geborgenen Sachen nicht gb- hängt, schreibt der §8. 16 eine Inventarisirung der geborgenen Sachen und die Verzeichnung ihres Werths und ihrer Menge, falls diese ohne Weiterungen zu ermitteln find, unter Zuziehung des Schiffers und des Zollbeamten vor. Die Aufnahme dieser Nachweisung ist, wie das weitere Verfah1en mit den geborgenen Gegenständen dem Strandamt übertragen, weil es sih hierbei um administrative Arbeiten handelt, mit welchen der Strandvogt unbeschadet seiner Berufsthätigkeit nicht belastet werden darf. d A :

Das Inventar joll seiner Bestimmung gemäß allen Jnteressenten zugänglich fein; es ist ihnen deshalb die Einsicht desselben und die Fertigung von Abschriften zu gestatten, A

. 17. Sobald das Sirandamt die IÎnventarisation Feendet und der Aoliteante die erforderlichen Vorkehrungen zur Sicherung des Zollinteresses getroffen hat, ist für die Deckung der Kosten Sorge zu tragen, welche durch die Bergung entstanden sind. Das Handelsgesebßz- buch giebt im Art. 753 wegen der Bergungsfkosten mit Einschluß des Bergelohns dem Gläubiger an den geborgenen Gegenständen bis zur Sicherheitsleistung ein Zurückbehaltungsrecht. Die Auslieferung dieser Gegenstände an die Eigenthümer bezw. deren Vertreter ist deshalb im 8. 17 des Entwurfs davon abhängig gemacht, daß zuvor die Bergungs- festen und der Bergelolhn bezahlt oder sichergestellt werden. Jst dies ge- schehen, so soll die Auslieferung, falls der Schiffer anwesend ist, an ihn er- folgen, da er für Schiff und Ladung verantwortlich und mithin zurEmpfang- nahme in erster Reihe legitimirt ist; fehlt dex Schiffer und melden sih andere Personen unter Nachweisung ihrer Befugniß zur Empfang- nahme, so werden ihnen die fraglichen Sachen ausgeantwortet.

8. 18. Nicht selten, namentlich wenn fremde Schiffe an den deutschen Küsten stranden, find Schiffer, Nheder, Ladungseigenthümer und Versichercr in Verlegenheit, vertrauen8würdige und geschäftskun- dige Personen in der Nähe des Strandungsortes zu ermitteln, welchen sie die Vertretung ihrer Interessen bei den Verhandlungen mit dem Strandamt, den Bergern 2c. übertragen können. Für die Privatbethei- ligten wie für die Strandbehörden 1st es von gleicher Wichtigkeit, daß diese Vertretung zuverlässigen Personen anvertraut wird : für die ersteren, damit der Strandungsfall nicht zu ihrer Uebervortheilung ausgenußt werde, für die leßteren im Interesse der Beschleunigung und möglichsten Vereinfachung jener Verhandlungen. Der Entwurf ermächtigt daher die Landesregterungen, an geeigneten Orten Sachverständige zur Uebernahme solcher Vertretungen zu bestellen, welche dann nach jedcr Strandung den Betheiligten namhaft zu machen sein würden. Ob die leßteren eine von diesen Personen oder eine andere mit ihrer Vertretung betrauen wol- len, bleibt ihnen völlig freigestellt. _ : :

S. 19. Nach Art. 504 des Handelsgeseßbuchs is der Schiffer berechtigt, die ihm anvertraute Ladung zu verkaufcn, wenn ein erheb- liher Verlust wegen drohenden Verderbs oder aus sonstigen Gründen anders nicht abzuwenden ift, er soll jedoch, wenn thunlich, dazu die Anweisungen der Ladungsbetheiligten einholen. L |

Für die Zeit, während welcher sich geborgene Gegenstände in der Gewahrsam des Strandamts befinden, und dadurch der Verfügung des Schiffers entzogen sind, überträgt der Entwurf dessen Befugnisse und Verpflichtungen hinsihtlich der Veräußerung auf die gedachte Behörde mit denjenigen Modifikationen, welche sich aus der Natur der Verhältnisse von selbst ergeben (vergl. bremishe Verordnung vom 23. Mai 1834, 8. 3). ; A Î

S. 20. Die Befugniß des Strandamts gemäß §. 17, die gebor- genen Gegenstände dem Schiffer oder dea sonstigen Empfangsberech- tigten auszuliefern, kann nur in den Fällen Plaß greifen, in welchen das Recht zur Empfangnahme zweifellos Viet und der Berechtigte bereit und in der Lage ist, die ihm zugewiesenen Sachen an sih zu nehmen. Ist die Legitimation ciner Person, welche auf die Ausliefe- rung Anspru macht, zweifelhaft, oder ist ein Empfangsberechtigter nicht zu ermitteln, oder wird die Annahme von Gegenständen, welchz das Sivandami auszuantworten bereit ist, verweigert, fo kann von dieser lediglih mit administrativen Funktionen betrauten Behörde die Angelegenheit nit erledigt werde, sondern es wird dana die Mit- wirkung des Gerichts erforderlich, um die entstandenen Rechtsftreitig- keiten zu entscheiden und nöthigenfalls die wirklich Berechtigten im

Wege des öffentlichen Aufzebots zu ermitteln. Der §. 20 bestimmt deshalb, daß das Strandamt unter den erwähnten Vorausseßungen die weitere Bestimmung über die Gegenstände, an deren Auslieferung an die Empfangsberechtigten es verhindert ist, unter Mittheilung der bezüglichen Verhandlungen dem zuständigen Gericht des Ortes der Bergung oder Hülfsleistung anheimzugeben hat. Die Verweisung der bezeichneten Angelegenheiten vor dieses Gericht rechtfertigt sich dur die Erwägung, daß es im Interesse der Vereinfachung der Rechtspflege liegt, alle auf einen Strandungsfall bezüglichen Proze- duren in einem und demselben Forum vor si gehen zu lassen und deshalb an die Stelle verschiedener persönlicher Fora, welche sonst konfurziren könnten, den Gerichtsstand der belegenen Sache zu seßen. Bestehen im Ber-ih des Bergungsorts mehrere Gerichte erster In- stanz mit verschiedener Kompetenz neben einander, so wird dasjenige mit der Sache zu befassen sein, welchem das dort geltende Recht die Strandungsfälle zuweist.

Die Ueberweisung der Gegenstände wird in einer körperlichen Ablieferung zunächst nicht zu bestehen brauchen. Es genügt vor- läufig, wenn das Strandamt dem Gerichte die Ueberweisung im \cbriftlihen Wege erklärt. Das Strandamt hat dann die Dispositio- nen des Gerichts abzuwarten und wird, bis diese erfolgen, selbstver- Ptis für die Aufbewahrung der Gegenstände Sorge zu tragen jaben.

Auch wenn demnächst das Gericht die Leitung des Verfahrens übernommen hat, sind die administrativen Geschäfte noch nicht völlig abges{lossen. Die ihm überwiesenen Gegenstände bedürfen während des Aufgebots- oder Prozeßverfahrens ebenfalls einer sorgsamen Auf- bewahrung und Verwaltung; es kann in dieser Zeit ihr Verkauf noth- wendig werden und nach Beendigung der gerichtlichen Prozedur ist die Auslieferung der Gegenstände oder ihres Erlöses an die Berechtigten vorzunehmen. Diese Geschäfte unbedingt durch das Gericht selbst wahrnehmen zu lassen, wird durch ein Bedürfniß nicht geboten. Zum Theil werden sogar die Einrichtungen der Gerichte nicht der Art sein, um fie zur Wahrnehmung folcher Geschäfte in Stand zu seßen. Das zuständige Gericht ist daher befugt, die Aufbewahrung und den Ver- kauf der geborgenen Gegenstände dem Strandamte selbst oder einer sonst geeigneten Stelle zu übertragen und im leßteren Falle das Strandamt zur Auslieferung der Gegenstände an die von ihm bezeich- nete Stelle anzuweisen. Das Gericht hat es somit in der Hand, alle rein administrativen Akte von sich fern zu halten.

IIT. Abschnitt. Von Seeauswurf und strandtriftigen Gegenständen, sowie von versunkenen und seetriftigen Gegenständen.

Während der zweite Abschnitt die Aufgabe hatte, das Verfahren bei eigentlichen Strandungsfällen, in denen ein Schiff sich in gegen- wärtiger Scenoth befindet, durch Detailbestimmungen ers{chöpfend zu regeln, beschränkt fich der dritte Abschnitt auf einige Vorschriften für die Fälle, in welchen, sei es nach vorangegangener Stranduny eines Schiffs oder in Folge eines sonstigen Unfalls, einzelne in die See ge- rathene Gegenstände an den Strand getrieben und hier geborgen oder im Wasser aufgefunden und in Sicherheit gebracht werden. Eine regel- mäßige Mitwirkung des Strandvogts hat in folchen Fällen nicht ein- zutreten; es handelt sich vielmehr hier nur darum, ähnlich wie bei Sachen, welche auf dem Lande verloren gegangen sind und demnächst gefunden werden, für die Ermittelung des Eigenthümers Sorge zu tragen und die Vorausseßungen festzustellen, unter welhen die Berger Anspru auf eine Vergütung für ihre Mühewaltung haben sollen.

E 21 Das HSandelsgeliübu sichert in Art. 742 die Gewährung eines Bergelohns nur für den Fall zu, daß ein Schiff oder dessen Ladung in einer Seenoth, nachdem sie der Verfügung der Schiffs- besaßung entzogen oder von derselben verlassen waren, von dritten Personen in Sicherheit gebraht werden. Der §. 21 des Entwurfs gesteht einen Anspruch guf Bergelohn auch denjenigen zu, welche außer dem Fall der Seenoth eines Schiffs befitlos gewordene (Segenstände, wenn sie von der See auf den Strand geworfen (Seeauswurf) oder gegen denselben getrieben werden (strandtriftige Gegenstände), vom Strande aus bergen. Diese Borschrift findet darin ihre Begründung, daß auch für die Bergung der hierbei in Frage kommenden Gegenstände im Interesse des Eigenthümers ein Bergelohn in Ausficht gestellt werden muß; unterbliebe dies, so würde nicht selten der Fall eintreten, daß entweder Niemand sih bereit finden ließe, den Mühewaltungen der Bergung si zu unter- ziehen, oder daß, wenn dies dennoch geschähe, die Berger die geborge- nen Gegenstände, ohne sie zur Anzeige zu bringen, stillschweigend sich aneignen. Beiden Eventualitäten wird durch die Gewährung von Bergelohn am wirksamsten vorgebeugt. i i

Das Handelsgeseßbuch giebt jedoch im Art. 752 Nr. 2 ein An- recht auf Bergelohn nur bei Erfüllung der forrespondirenden Ver- pflichtung, von den geborgenen Gegenständen dem Schiffer, dem Eigen- thümer oder der zuständigen Bet:örde sofort Anzeige zu mochen. Der Schlußsa§ß des §. 21 des Entwurfs spriht deshalb für die hier in Rede stehenden Fälle diese Verpflichtung ebenfalls aus. | :

§. 22. Völlig gleichartig liegen im Wesentlichen die Verhält- nisse, wenn die Bergung außerhalb des Fall-s einer gegenwärtigen S-ecnoth auf dem Meeresgrunde (versunkenene Gegenstände) oder in offener See (seetristige Gegenstände) vor sich geht. Der §. 22 erklärt

deshalb auch arf diesen Fall die in §. 21 enthaltenen Bestimmungen

für anwendbar. Nur eine Modifikation hinsichtlih der Anzeige- pflicht erscheint geboten. Wenn die Mannschaft eines Schiffs, wäh- rend dieses auf einer Fahrt von Deutschland nah dem Auslande be- griffen ist, unterw?gs auf hoher See einen Gegenstand birgt, so kann das Schiff selbstverständlich scine Fahrt nicht zu dem Zwecke unter- brechen, damit alsbald bei der zuständigen deutschen Behörde Anzeige von der Bergung gemacht werde. Mit Rüsicht hierauf ist im §. 22 bestimmt, daß die Pflicht zur Anzeige nah Maßgabe des §. 21 für Fahrzeuge, welche in offener See bergen, nur dann besteht, wznn fie nah der Bergung zuerst an der deutschen Küste anlegen oder vor Anker gehen. Geht das Schiff zunächst nach einem ausländischen Hafen, so wird nah Maßgabe der dortigen Gesche mit den gebor- genen Gegenständen zu verfahren sein. ; :

8. 23 enthält hinsichtlih der Beförderung geborgener Gegenstände nah dem zunächst erreihbaren deutschen Hafen oder Landungsplaßze für die Bergung außerhalb des Falles gegenwärtiger Seenoth die- selbe Bestimmung, welche bezüglich der Bergung in Scenoth in §. 13 getroffen ift. : E

S. 24. Gegenftände, welche in der See verloren gegangen sind, werden häufig durch Wind und Wellen in Gewässer an der Küste ge- trieben, von welchen es nah ihrer Beschaffenheit zweifelhaft sein kann, ob sie noch als Bestandtheile der See anzusehen find. Daß die Ber- gung auf solchen Giwäsfern oder auf den Ufern derselben eben so wie die Bergung auf der See oder ihrem Strande zu behandeln ist, liegt in der Natur der Sache; es werden deshalb die Vorschriften der §8. 21—23 auch auf diese Gewässer anzuwenden sein. Hierzu ist in- dessen eine nähere Bezeichnung der leßteren für die einzelnen Theile der deutschen Küsten erforderlih, welche zweckmäßiger den betheiligten Landesregierungen vorbehalten bleibt. /

8. 25. Ist der Bergefall einer Behörde oder einem Beamten angezeigt, so wird zunächst eine Feststellung der Thatsachen erforder- lih, von welchen die Ermittelung des Eigenthümers der geborgenen Gegenstände und die Gewährung des Bergelohns abhängig ist. Der F. 25 bestimmt deshalb, daß der Berger hierüber von dem Strand- amt zu vernehmen und demnächst Seitens des leßteren für die Auf- bewahrung der geborgenen Sachen Sorge zu tragen ist. Jn Betreff des weiteren Verfahrens mit denselben ift lediglih auf die auch hier anwendbaren §8. 17, 19, 20 zu verweisen.

g. 26. Gegenstände, welche unter den in den §§. 21, 22 ange- gebenen Vorausseßungen geborgen sind, werden selten eine Bezeichnung an fich tragen, welche den Eigenthümer derselben ersichtlich macht. Ihre qjofortige Abgabe durch das Strandamt an das Gericht zum Zwecke des öffentlichen Aufgebots würde bäufig Kosten verursachen, welcbe zum Werthe des Objekts in keinem Verhältn'ß ständen, oder fie würde zu einer Verzögernvg der Ermittelung des Empfangsberech- tigten führen. Es empfieblt sich deshalb, wo ein Bedürfniß dazu vorliegt, Einrichtungen zu treffen, welche eine Erledigung der Sache