1874 / 19 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 22 Jan 1874 18:00:01 GMT) scan diff

Meisonnier erinnernden Delikatesse; Döppler zwei Bilder von Licbespaaren im Kostüm verschiedener Jahrhunderte in verborgener Waldeinsamkeit und zwei Männer des spätmittelalterlichen Venedig, in einem verlassenen Straßenwinkel an einem Kanal in anschei- nend gefährlihe Plane behandelnder, Unterredung ; Teschen- dorf die lebensgroße Figur cines düster blickenden, {chwarzlockigen Zigeunermädchens in abendliher Landschaft und außerdem in großem Format ein reih komponirtes, effektvoll und breit behan- deltes Stillleben; Grell das Brustbild einer kbellblonden jungen Dalekarlierin, in klarem lihten Ton sorgfältigst durchgeführt. ——Greier lebensgroßer Diduisle ift ferner zu gedenken: von Gustav Richter eine jugendliche, höchst distinguirte -Frauenge- ftalt von zarter und origineller Anmuth der Züge, des Auges und der shlanken zarten, in eine Weißatlasrobe gefkleideten Ge- talt, von großer Noblesse des Tons und der Behandlung ; von G. Gräf das Bildniß cines ersichtlih hochgestellten, wahrschein- lih diplomatishen, Beamten, an einem Tisch mit orientalischer Dee sizend, die Finger der einen Hand zwischen den Bläitern eines darauf liegenden zugeklappten Buches; von Dieliß “das einer jungen Dame in hochansteigendem dunklen Kleide mit“ fei- nem lächelnden, geistreih muntern Ausdruck in dem gesenkten, leiht gewendeten Kopf.

Sehr zahlrei sind die Landschaften. Besonders gelungen darunter und von Sr. Majestät dem Kaiser und Könige ange- kauft, Wilbergs frühlingshelles, \onnigklares Blid der Vene- tianishen Piazetta mit der Löwen- und der Georgs\äule und dem Blick auf den grünlihen Canal mit den weißslimmernden Gebäuden der Giudecca gegenüber; ferner ein kleineres Bild voi Capri von demselben Künstler; ein größeres von Arndt, wozu die Natur dieses vielgemalten Tiberius - Eilands das Motiv gegeben hat, die Olivenerndte daselbs. Noch einmal finden wir seine goldigbraunen Uferklippen in einem breit und feck gemalten Bilde von Lutteroth geschildert. Prof. Max Schmidt malte einen feuhten Sommertag im Eichwald groß und ruhevoll in echt poetisher Naturauffassung. Douzette be- weist hier neuerdings seine oft gerühmte außerordentliche Kenntniß des Mondscheineffekts in allen seinen Arten und seine große Virtuosität in deren Wiedergabe. Pflugradt malte eine sturm- bewegte herbstlihe Dorflandshaft und eine wahrhaft poetische Komposition von elegisher Stimmung: ein Park im Abendfontnen- liht mit einem Roccoco - Pavillon zwischen den gebräunten Ge- büschenz; Iacob ein Paar vorzügliche Abendlandschaften, die eine ganz in Dämmerung gehüllt, die andere wie vom Reflex einer mäch- tig aufgethürmten weißen Wolkenmafse erhellt; Schnee cine Anficht des Bergschlosses und Städthens Stolberg im Harz bei ener- gisher Mittagsonnenbeleuhtung. Thierbilder haben Dckel und Hallatz ausgestellt, jener einen Hirsch am Seeufer bei Sonnenaufgang, dieser eine sehr launig aufgefaßte Scene des Thierlebens, Ferkel, die sch als „unvershämte Gäste“ in das Familienasyl einer Henne eindrängen.

Eine sehr anziehende Partie der Ausstellung bildet eine reihe Sammlung von Farben \kizzen in Del, welhe neben zwci meisterhaft aufgefaßten und durchgeführten größeren Gemälden aus der Umgegend von Cairo Körner in Berlin als die künfstlerishen Früchte einer im vorigen Frühling gemach- ten Orientreise mit heimgebraht hat. Der mannigfache Chärak- ter der so verschieden gearteten und beleuchteten Landschaften

Inseraten-Expedition des Deutschen Reihs- Anzeigers uud Königlich Preußischen Staats-Anzeigers: Berlin, Wilhelm-Straße Nr. 32.

4. Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen 1c.

Konkurse, Subhastationen, Lufgebote, Vorladungen u. dergl.

Zu dem Konkurse über den Nachlaß des Kauf- manns Carl Jaeger hierselbst hat: 1) der Kürschnermeister Herrmann Ketschei in Wehlau eine Waarxenforderung von 15 Thlr., 2) der Kaufmann A. Bocúack in Tilsit eine Wehselforderung von 53 Thlr., 3) die Gerichtskasse in Kaukehmen cine Kosten- forderung von 8 Sgr. 9 Pf., ad 3 mit dem im §. 78 der Konkursordnung be- stimmten Vorrechts, nachträglich angemeldet. Der Termin zur Prüfung dieser Forderung -ist auf ben 9. Februar 1874, Bormittags 12 Uhr, in unserm Gerichtélokal, Terminszimmer Nr. 4, vor dem unterzeihneten Kommissar anberaumt, wovon die Gläubiger, welche ihre Forderungen angemeldet haben, in Kenntniß geseßt werden. Labiau, den 17. Januar 1874. Königliches Kreisgericht. Der Kommissar des Konkurses. Hohenfeldt.

fahren werden.

(%] Konkurs-Eröffnung.

Königliches Kreisgericht zu Bromberg, I. Abtheilung, den 20. Januar 1874.

Ueber das Vermögen des Kaufmanns Adolph

Evers in Bromberg ist der kaufmännische Kon-

kurs eröffnet und der Tag der Zahlungtecinstellung

auf ‘den 19, Januar 1874 festgeseßt worden.

Zum einstweiligen Verwalter der Masse ift der Kaufinann Heinrih Maladinsky hier bestellt.

Die Gläubiger des Gemeinschuldners werden auf- gefordert, in dem auf _den 3. Februar 1874, Bormittags 107 Uhr, in unserm Gerichtélokal, Terminszimmer Nr. 38, vor dem Kommissar, Kreisrichter Plath, anberaumten Termine ihre Erklärungen und Vorschläge über Bei- behaltung dieses Verwalters oder die Bestellung eines andern einstweiligen Verwalters, sowie darüber abzu- geben, ob ein einstweiliger Verwaltungsrath zu be- stellen und welche Personen in denselben zu be- rufen sind.] ;

Allen, welche von dem Gemeinschuldner etwas an Geld, Papieren oder anderen Sachen im Besißz oderx-Gewährsam haben, oder welche ihm Etwas ver- hulden, wird aufgegeben, nichts an denselben zu verabfolgen oder zu zahlen, vielmehr von dem Be- siß der Gegenstände

bis zum 20, Februar 1874 Ens ei dem Gericht oder dem Verwalter der Ma se An- zeige zu machen, und Alles, mit Vorbehalt ihrer et- waigen Rechte, ebendahin zur Konkursmasse ab- zuliefern. Pfandinhaber und andere mit denselben

anzeigen.

schlagen.

[271]

noch ‘eine zweite

festgeseßi worden.

oder uicht,

Terminszimmer

Zum Erscheinen

und Städte, durch welche ihn dieser Weg geführt hat, spiegelt sh in diesen \chnell und sicher \kizzirten Ansichten Ìn er der Treue, Wahrheit und edler Schönheit.

Unter den-Aquarellen sind „besonders die 15 Blätter aus der Natur des Hessishen Landes von Stiege, eine- Gletscher- landshaft von Spangenverg, ein Waldsee im Harz von Streckfuß und ein Genrebild von Ehrentraut, - ein alter Maler des 17. Jahrhunderts - in seiner Werkstatt, zu nennen; in veuen plasti:hen Arbeiten die kupfer- und silberbronzirten caraktervollen Zinkfiguren, Landsknechte und Troubadours von Wiese und die zierlichen in stearinisirtem Gips ausgeführten Figürhen und Gruppen, Amoretten und Liebespagare „von Schwabe, die silber- und goldbronzenen, mit Reliefs geshmüdck- ten geschmackvollen Schalen von Pohle.

Statistik der Geshäftsverwaltung derJustizbehörden in den altländishen Provinzen Preußens 1872*).

Bei den preußischen Gerichten in den altländischen Provinzen waren Ende 1872 23,049 Beamte beschäftigt: 3442 etatsmäßige Richter (57 bei dem Ober-Tribunal, 332 bei den Appellationsgerichten excl. Cöln, 2779 bei ‘den Gerichten ersten Instanz excl. Cêln, 274 im Departement Cöin chne die Handelsgerichte), 236 Beanite der Staatsanwaltschaft, 86 diätarisch beschäftigte und 107 unbesoldete Assessoren, 1262 Referendarien, 8094 Subalternbeamte, 3748 Lohn- schreiber, 4377 Unterbeamte, 1697 Rechtsanwalte,

Bei den Gerichten erster Instanz. in den Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien, Sachsen und Westfalen waren anhängig: 494,596 Baga- tellsawen, 12,522 mehx als im Jahre 1871; 67,966 Jnjuriensachen (+ 11,915); 49,959 secfort zur mündlichen Verhandlung_verwiesene Sachen (— 7553); andere gewöhnliche Prozeßsahen 173,258 (+164); Rekurs-, Liquidations- und Prioritätésachen 3972 (— 1012); Subhastationsfachen 21,995 (— 3398); Ehesachen 5610 (+ 663); andere besondere Prozefßarten (TödeLerklärungen 2c.) 15,690 (+4 1408); zusammen 833,046 Civilprozesse (+4 14,709), da- von 182,630 überjährige (— 7406) und 650,416 neu eingeleitete (+ 22,115). Außerdem wurden noch Mandate erlassen: in Mandats- faden 70,778 (— 2500), in Bagatellsachen 681,245 (+ 12,196), fo daß die Gesammtzahl der Civilprozesse und Mandatssachen 1,585,069 (+ 24,405) betrug. Die Bagatellsachen bildeten im J. 1870 59, 1871 58, 1872 60 % afler Prozefse.

Untersuchungen waren - bei den bezeichneten Gerichten 604,718 (— 10,457) anhängig, davon 83,436 (4 5286) überjäh-ige, 521,232 (— 15,743) neu eingcleitete, und zwar: wegen der zur Kompe- tenz der Schwurgerichte gehörigen Verbrechen 3775 (+- 740); wegen der zur Kompetenz der kollegialishen Gerichte gehörigen Verbrechen 7714 (-+ 780) und Vergehen 92,354 (+ 13,290); wegen der zur Kompetenz der Einzelrichter gehörigen Vergehen 4441 (— 2248) und Uebertretungen 95,154 (+- 14,989); wegea Holzdicbstahls 401,280 (— 38 008). Außerdem wurden 38,836 (4 5803) Strafmandate er: lassen, 1598 (+ 9) Obdufktionen ‘vorgenommen, ohne daß eine wirk- liche Untersuchung eingeleitet wurde, und 8696 (- 1129) Vorunter- suchungen veranlaßt, auf welche keine Untersuchung folgte. Jm Gan- zen waren daher 653,848 (— 3523) Strafsachen anhängig. DieHolzdieb- stahlssachen bildeten 67 % der Untersuchungen, gegen 71 % in 1871.

NVormundschaftssachen waren 940,241 (— 3512) anhängig, darunter 99,100 (-+ 11,397) neueingeleitete. Nachlaßregulirungen famen 24,254 (+ 1114) vor. Hypothekenfolien waren 2,533,802

1 Steckbriefe und Untersuhungs-Sachen. 2. Handels-Register.

3. Konkurse, Subhastationen, Aufgebcte, Vor- 5 ladungen u. dergl.

gleihberechtigte Gläubiger des Gemeinschuldners ha- ben von den in ihrem Besiß befindlichen Pfandstücken 262] nur Anzeige zu machen. Zugleich werden alle Diejenigen, welche an die Masse Ansprüche als Konkursgläubiger machen wollen, hierdurch aufgefordert, ihre Ansprüche, dieselben mö- gen bereits rechtshängig ein oder nicht, mit dem da- für erlangten Vorrechte, bis zum 20, Februar 1874 einschließlih bei uns sriftlich_ oder zu Protofoll-anzumelden, und demnächst zur Prüfung der sämmtlichen innerhalb der gedachten Frist angemeldeten Forderungen, so wie nah Befinden zur Vestellung des definitiven Verwal- tung3personals auf den 5. März 1874, Bormittags 11 Uhr, vor dem obea genannten Kommissar im Termins- zimmer Nr. 38 zu erscheinen. [270] Wer scine Anmeldung schriftlich einreicht, hat eine Abschrift dersclben und ihrer Anlagen beizufügen. Nach At haltung dieses Termins wird geeigneten Falls mit der Verhandlung über den Akkord ver-

Jeder Gläubiger, welcher nicht in unserem Amts- bezirke seinen Wobnsiß hat, muß bei der Anmel- dung feiner Forderung ‘einen am hiesigen Orte wohn- haften oder zur Praxis bei uns berechtigten ausn är- tigen Bevollmächtigten bestellen und zu den Akten

Denjenigen, welchen es hier an Bekanntschaft fehlt, werden die Justiz-Näthe Schöpke, Geßler, Rosen- kran, von Groddeck, und die Rechtsanwälte Hänschke, Janisch, Joël, Kempner zu Sachwaltern vorge-

Bekanntmachung.

In dem Konkurse über das Vermögen des Kauf-

manns Ioseph Türkheimer hier, Vorwerkstraße

Nr. 46, ist der Kaufmann Gustav Friederici zum

endgültigen Verwalter der Masse ernannt und zur

Anmeldung der E der Konkursgläubiger ri

bis zum 16. Februar 1874 einschließlich

g Die Gläubiger, welche ihre An-

sprüche noch nicht angemeldet haben, werden aufge-

fordert, diejelben, sie mögen bercits rechtshängig fein

mit dem

bis zu dem gedachten Tage bei -uns schriftlich oder

zu Protekoll anzumelden.

Der Termin zur Prüfung aller in der Zeit vom

18. Dezember 1873 bis zum 16. Februix 1874 an-

gemeldeten Forderungen if

auf den 11, März 1874, Bormittags 10 Uhr,

vor dem Kommissar Stadtgerichts-Rath Fürst im Le Michael

i T ir. 47 ‘im IL Stock- des Stadt-

gerichtêgebäudes anberaumt.

sämmtlichen Gläubiger - aufgefordert ,

*) Nach dem Justiz-Ministerial Blatt.

5. Verlccsung von öffentlichen Papíierea.

7, Verschiedene Bekanntmachungen. 8. Litérarísche Anzeigen. 9, Familien-Nachrichten.

anz een

haben.

waltern vorgeschlagen. Breslau, den 6. Januar 1874. Königliches Stadtgericht.

Bekauuntmackchung.

gläubiger noch einc zweite Fri

Ansprüche noch nicht angemeldet

zu Protokoll anzumelden. Der Termin zur Prüfung aller in

gemeldeten Forderungen ist

Fristen angemeldet haben. seiner

dafür verlangten Vorrecht gés{lagen.

Breslau, den 16. Sanuar 1874. Königliches Stadtgericht.

t [275] Bekannimazunug,

fig, “in Breslau, den 17. Januar 1874.

Königliches Stadtgericht. Erste Abtheilung.

in diesem Termine werden die welche ihre

Amcrtisation, Zinszahlung u. \. w. 6. IndustrielleEablifsemeuts, Fabriken u.Sroßhandek.

Forderungen innerhalb einer der Fcisten angemeldet

Wer seine Anmeldung sriftlich einreicht, hat eine Abschrift derselben und ihrer Anlagen beizufügen. Ieder Gläubiger, welcher niht in unserem Amlts- bezirke jcinen Wohnsiß hat, muß bei der Anmeldung seiner Forderung einen am hiefigen Orte wohnhaften Bevollmächtigten bestellen und zu den Akten anzeigen. Denjenigen, welchen es hier an Bekanntschaft fehlt, werden die- Justiz-Räthe Poser und Kaupisch und die Rechtsanwälte- Wiener und Loewe zu Sach-

Abtheilung I.

In dem Konkurse über das Bermögen des Kauf- manns und Kleiderhändlers Gustav Stark jun. hier- selbst ist zur Anmeldung der Forderungen der Konkurs-

t bis zum 20. Februar 1874 einscchließlich festgeseßt worden. Die Gläubiger , s 1 haben, werden aufgefordert, dieselben, sie mögen bereits rehtshängig sein oder nit, mit dem dafür verlangten Vorrecht bis zu dem gedachten Tage bei uns schriftlich oder

31, Dezember 1873 bis zum 20. Februar 1874 an-

auf deu 18, An 1874, Dame n Uhr, vor dem Kömmisfar, Stadtgerichts-Rath v. Bergen im Terminszimmer Nr. 47, im II Steock des Stadt- Fer Zus Aacath. gerichtêgebäudes anberaumt. Zum Erscheinen in diesem Termine werden die sämmtlihen Gläubiger aufge- fordert, welchWe ihre Forderungen innerhalb einer der

Wer seine Anmeldung schriftlich einreichil, hat eine Abschrift derselben und ihrer Anlacen beizufügen. Jeder Gläubiger, welcher nicht in unserem Amts- bezirke seinen Wohnsiß hat, muß bei der Anmeldung Forderung einen am hiesigen Orte wohnhaften Bevollmächtigten bestellen und zu den Akten anzeigen, Denjenigen, welchen es hier an Bekanntschaft fehlt, werden der Rechtsanwalt Tauß und die Justizräthe Kaupisch, Lent und Salzmann zu Sachwaltern vor-

Der Konkurs über e Vermögen des Kaufmanns irma: tichael Heisig hierselbst, ist beendigt.

(+- 24,710) angelegt. Handlungen der freiwilligen Gerichts- barkeit wurden 313,588 (+ 67,403) vorgenommen. An Journal- nummern in Hypothekensahen waren 1,721,187 (+ 421,141) u bearbeiten. In den Handels- und Schiffsregistern ge- Ten 7344 (4- 2340) Eintragungen und 4015 (+ 457) Löschungen.

Beendigt wurden von ‘den Prozessen 79% (1871: 78%), und zwar durcch Agnition oder Kontumazialverfahren 15% (1871: 17%), Entsagung 24% (1871: 23%), Vergleih 9% (wie 187V*und 1870), Erkenntniß 31% (1871: 29%). Von den Untersuchungen wurden 87% (1871: 86%) beendigt, und zwar durch richterliche nt- scheidung 84% (1871: 83% ), dur den Tod des Angeschuldigten bder auf andere Weise 3% (wie in 1871 und 1870). Von den Vor- mundschaften wurden 10% (1871: 11%), von ‘den Na@hlaß- sachen 58% (1871: 55%) erledigt.

__ Bei den Appellationsgerichten in den oben genannten Pro- vinzen waren 34,376 (+- 1376) Civilprozesse (und 23 Prozesse erster Instanz gegen Neichsunmittelbare), 12,459 (— 1815) Untersuchungen, 880 (— 17) Lehnésachen, 463 Fideikommißsachen (wie 1871) und 330 (+ 3) Stiftungssachen anhängig. ;

_Im Bezirk des Appellationsgerichts zu Cöln waren bei den Landgerichten, Frieden8gerihten und Handelsgerihten in erster Justanz_ 208,090 (+ 32,610) Civilprozesfse anhängig, von welchen 97%! beendigt wurden. Rathskammerfachen famen bei den Landgerichten 5912 (+ 490) vor. Vergleich8- j achen waren bei den Friedensgerichten 4010 (+ 961) anhängig. Fämi- lienraths-Versammlungen wurden 22,475 (+401) gehalten. Vor- mundschaften s{webten bei den Friedenégerichten 160,213 (+ 2689) wovon 8 % - beendet, wurden. Untersuchungen waren 173,541 (+ 1460) eingeleitet, und zwar vor den Schwurgerichten 553 (+48), wegen Vergehen 10,186 (4+ 620), weoen Uebertretungen 122,034 (+ 12,853), wegen Holzdiebstahls 40,768 (— 12,961). Von ten. Un- tersuchungen' wurden'99% (wie in 1871 und 1870) erledigt. Jh den Handelsregistern erfolgten 2034 (+ 331) Eintragungen und 1C06 (+ 203) Lösungen.

In zweiter Instanz waren bei den Landgerichten 915 (+ 36) und 765 (—+ 80) Zuchtpclizeisahen, bei dem Appellationsgericht zu Cóln 5064 (+ 450) Sachen anhängig. :

. Das Ober-Tribunal hatte 6027 (—+ 66) Referate zu bear- beiten, davon 4620 bei den 5 Cioilsenaten, 1407 bei den beiden Ab- theilungen des Senats für Strafsachen. Beschwerden waren 1245 (— 16) zu bearbeiten; 899 bei ‘den Civilsenaten, 346 bei dem Senät* für Sträfsachen.

Die Zahl der neu eingeleiteten Untersuchungen betrug in allen altländischen Provinzen 102,077, darunter wegen Diebstahls“ (éxkl. Holzdiebstabls) 42,503 (4--4270), Körperverleßung 9906 (4 2023), Verbrechen und Vergehen gegen die öffentliche Ordnung 9201 (—-318), vierten Holzdiebstahls 7371 (4+ 970), Widerstand gegen die Staats- gewalt 4787 (+ 877), Beleidigung 4384 (-+- 2103), Unterschlagung 4029 (—- 291), Sachbeschädigung 3479 (+712) 2c. Mittelst“ der Presse waren 133 Verbrèchen 2c. (+ 59) begangen. Mit Hinzürxech- nung der Holzdiebstähle (386,883) und Uevertretungen (204,877) er- giebt sih die Gesammtzahl von 693,837 (— 3879) nett eingeleiteten Untersuchungen. ‘Davon waren 29% Uebertretungen, 56% Holzdieb- stähle, 6% andere Diebstähle, 9% andere Verbrechen und Vergëben, gegen 25 resp. 63, 5 und 7% in 1871.

Wegen Verbrechen waren im Jahre 1872 13,637 Personen an- geklagt, davon 11,072 männl., 2565 weibl. Geschlechts; 963 unter 18, 12,674 über 18 Jahre; 13,510 Christen, 127 Juden ; 6154 Rüdckfällige. Verurtheilt wurden 11,995, freigesprohen 1355, außer Verfolgung ge- seßt 287. Wegen Vergehen warcn 126,473 Personen angeklagt, darunter 103,425 männl. , 23,048 weibl. Geshlech!s; 7843 Unter, 118,630 über 18 Jahre; 124,825 Christen, 1647 Juden; 9100 Rück- fällige. Verurtheilt wurden 105,002, freigesprochen 14,969, außer'Ver- folgung geseßt 6502 Personen.

« Deffentliher Ameiger. Î

JIuserate nimmt an die autorisirte Annoneea-Erpedition von

Rudolf Mosse in Zerlin, Leipzia, Hamburg, Frauk-

furt a. M., Breslan, alle, Prag, Wien, München, Uüruberg, Straßburg, Zürich und Stuttgart,

L)

Verloosung, Amortisation, Zíns- zahlung u. st w. vou öffentlichen Papieren.

[213] Posen - Creuzburger Mit Bezug auf §. 7 dcs Gefellschaftsstatuts wer- den die Inhater der Quittungsbogen über gezeichnete Stammaktien der Posen-Creuzburger Eisenbahngefell- haft: Nr. 4. 14/15/19, 27/2933. 45: 47. 48, 59,63. 78. 86. 93. 97, 98. 100.102. 103. 104. 105. 114.420.129, 132. 136; 137.4148143 144/5147, 1651... 1527 158.159.7165. 466: 167; 173. 174.476. 181. 187, 192. 197. 198. 205.208: 210. 214/212, 004 O 22D. L), 200: Ae ZiRDi R E. 272. 273. 274 hierdurch aufgefordert, die au1.10. September v. J. ‘ausgeschriebenen 20% auf die ge- zeichneten Beträge abzüglich “fünfprozentiger Zinsen für bereits eingezahlte 10% bis ult. Oktober v. J. nebst fünfprozentiger Bos vom 1. November 1873 bis zum Tage der Einzahlung ï in Berlin und Breslau beim Bankhause ___ JIocob Landau, bis osen bei der Provinzial-Aftien-Vank 18

pätestens den 1. März 1874

gegen Vorzeigung oder Einsendung dèr Quittúngs- bogen zu zahlen, widrigenfalls gegen: sie, nach-Be- stimmung des cit. §. 7 vorgegangen werden wird.! Breslau, den 15. Januar. 1874.

welche ihre

der Zeit vem

Honigmann.

Verschiedene Bekanntmachungen. [M. 83] Vorläufige Anzeige.

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Berlin: Weriag der Cxpedition: (Kessel). Druck: W. Elsner.

Zwei Beilagen. (einshließlich der Börjen-Beilage).

Heinrich

Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Auzeiger.

/o 19.

Landtags - Angelegenheiten-

Berlin, 22. Ianuar. In der Sizung des Hauses der Abgeordneten am 20. d. M. erwiderte in der Diskussion über den Entwurf der Provinzialordnung der Minister des Innern Graf zu Eulenburg dem Abg. Dr. Friedenthal:

Meine Herren! Ich möchte Sie bitten, bei der vorläufigen Kri- tik des Geseßentwurfs den Gesichtspunkt festzuhalten, den der Herr Vorredner eben entwickelt hat, und dem ich beitrete, ist nömlich dec Grundsaß, daß der Schwerpunkt der obrigkeitlichen Verwaltung, so- weit dieselbe vom Staate überhaupt abgetreten werden kann, in die Kreise, der Schwerpunkt der Vertretung der wirthschaftlichen „Inter- essen, soweit der Staat derselben entäußern fann, in die Provinzen fallen muß. Deshalb is nicht zu erwarten, daß die Provinzen bei der Ausübung der obrigfeitlihen Befugnisse von der Landesverwaltung noch einen sehr hervorragenden Antheil be- fommen werden. Dasjenige, was der Kreis in sich nicht erledigen fann, oder was zu einem Instanzenzuge vom Kreise aus führen muß, wird an das Ober-Verwaltungsgericht gelangen, welches hoffent- lich noch in dieser Session dur die Gejeßgebung ins Leben gerufen werden wird. Der Entwurf zu dem betrefseuden Gesetze ist in mei- nem Ministerium und dem Justiz-Ministerium ausgearbeitet; es find dabei viel Schwierigkeiten zu überwinden gewesen und noch zu über- winden, ih hoffe aber, wie gesagt, daß der Entwurf noch in diejer Session den Häusern des Landtages wird vorgelegt werden. /

Was den zweiten der Punkte betrifft, welche hauptsächlich urgirt worden sind, daß dieses Geseß eigentlich für die Thätigkeit der Pro- vinzen nur einen Rahmen und feinen Inhalt gewähre, 10 erledigt fich derselbe nah der Auffassung der Regierung dadurch, daß in den Pa- ragraphen, die von der den Provinziallandtagen und Ausschüssen zu- zuweijenden Thätigkeit sprechen, der Rahmen für dieselbe 10 weit gespannt ist, daß in denselben alles Mögliche hineinpaßt, was durch Spezialgeseßgebung hineingeseßt wird. Wenn nicht jeßt schon dazu übergegangen ift, speziell diejenigen Gegenstände zu bezeih- nen, die den Hauptangelpunkt der Thätigkeit des Provinzial-Landtages bilden, so liegt der Grund davon darin, daß man si nicht der Ge- fahr ausseßen wollte, in das Geseß zu wenig aufzunehmen, und da- durch genöthigt zu Jein, dasselbe durch Spezialgeseße zu ergänzen. Man wollte lieber die ganze Materie der Spezialgeseßgebung überlassen. In dieser Beziehung bemerke ih, daß die Haupt- gegenstände provinzieller Fürsorge nothwendig in das Geseß_ über- nommen werden müssen, welches die Dotation der Provinzen feststellen wird. Die Vorlegung des betreffenden Geseßentwurfs accrochirt sich nur an gewisse finanzielle Vorarbeiten. Sie werden sih ecinnern, daß eine halbe Million von der Summe, die überhaupt zu Provinzial- zwecken ausgeseßt ist, in der Art beschaf}{t werden soll, daß die Entlastung der Staatsetats zur Grundlage der Dotation der Provinzen zum Betrag von einer halben Million gemacht werden soll. Dieje auszu- sondern ift nit ohne Schwierigkeiten: in ihnen liegt der Grund, warum das Geseß bis jeßt nicht vorgelcgt worden ist, aber die Vor- legung desselben kann ich Fhnen mit ziemliher Gewißheit für diese Session schon in Aussicht stellen. Halten Sie es für zweckmäßig, eine gewisse Kategorie von Gegenständen, die unfehl- bar in dem Dotationsgeseß als solche angefühxt werden müssen, für welche künftig die Provinzen aufzukommen* haben, {on jeßt in die Provinzialordnung aufzunehmen, 10 habe ich dagegen nichts zu er- innern, wir fönnen ran der Kommission darüber s{lüssig werden,

elche Gegenstände dies find. R L L L daß diese Erklärungen in Bezug auf die beiden Haupt- einwände, die hier gegen den Snhalt der Provinzialordnung erhoben worden sind, beruhigen werden.

Jn der Diskussion über den Etat für das Bureau des Staats-Ministeriums entgegnete der Minister des Innern dem Abg. Richter, welcher die Nichtbewilligung des Dispositions- fonds von 31,000 Thlr. befürwortete:

Meine Herren! Dieses Thema ift 1a hier unzählig oft verhan- delt worden; die heutige Debatte hat weder neue Ansichten zu Tage gefördert, noch, glaube ih, zu irgend einer Bekehrung geführt. Was der Herr Vorredner von einzelnen Details angeführt hat, ift ja recht amüjant, es mag zum Theil wahr sein, ih kann es nit beurtheilen, mir ist die größte Zahl dieser Details vollständig unbekannt. Aber darauf kommt es ja auch weniger an: den Standpunkt, den der Herr Norredner überhaupt einnimmt, den möchte ih bekämpfen; er weist die Regierung in Bezug auf die Handhabung der Presse auf einen ganz anderen Standpunkt als alle diejenigen Faktoren, die im politischen Leben eine Rolle spielen. Die Presse ist wesentlich dazu bestimmt, in politischen Dingen zu belehren, Proselyten zu machen, fih zu wehren gegen Angriffe. _Diese Aufgabe hat die Regierung, glaube ih, im hôhecen Maße als irgend eine politishe Partei, sie soll Pros-lyten für ihre Politik machen, sie wird ange- griffen werden, und sie muß, sich wehren. Wollen Sie ihr die Mittel dec Belehrung, die Waffen der Abwehr rauben ? Warum nennt der Herr Vorredner jedes Mal die Einwirkung der Regierung auf die Presse eine Korruption? Wir haben uns nie erlaubt, von einer fortschrittlichen Korruption zu sprechen. Aufgabe der gouvernementalen Presse ift Belehrung, der Versuch einer Bekeh- rung. Klarmachung derjenigen Zwecke, die die Regierung verfolgt, die Abwehr von Verdächtigungen, die Abwehr von falschen Auffassun- gen, kann nur im Parlament und die Presse erfolgen. Wenn Sie der Regierung die Möglichkeit zur Entfaltung einer Preßthätigkeit ab- schneiden, so lähmen Sie diejelbe nah eiuer wesentlichen Seite hin.

Gestatten Sie mir, daran zu erinnern, daß wir den Preßfonds und den geheimen Polizeifonds, so lange ih die Chre habe, au diesem Tische zu sißen, niemals als Bewilligungen aus persönlihem Ber- trauen gefordert haben, sondern daß wir sie gefordert haben als nöthig zur Erfüllung unabwcisliher Ausgaben, welche jede Regierung, sie mag einer Farbe angehören, welcher sie will, zu leisten hat, wenn ihre Thätigkeit nicht geshädigt werden soll. Wollen sie aber neben diefer Rüesicht auch noch die Rücksicht des Vertrauens bei dieser Abstim- mung irgendwie walten lassen, dann acceptire ih gern, was Perr Richtec heute anders als vor einigen Fahren gesagt, er hätte keine Veran-

lassung, aus diesem Grunde die Summe der Regierung zu verweigern.

Nah dem Abg. Dr. Lasker nahm der Minister des

Innern noch einmal das Wort: S

Ich bin 2 Herrn Vorredner eine kurze Auskunft \{uldig. Der Fonds von 31,000 Thlrn. steht auf dem Etat des Staats-Ministeriums, wird aber vom Ministerium des Innern verwaltet. Das literarische Bureau, welches wesentlich dabei in Frage kommt, ist dadur nicht etwa eine Einrichtung des Ministeriums des Innern geworden, son- dern ist auch jeßt noch eine Einrichtung, die mit dem gesammten Staats-Ministerium zusammenhängt und unter ihm steht. Das lite- rarishe Bureau sammelt die Nachrichten, die es für seine Thätigkeit braucht, und giebt davon dasjenige, was für die Ministerien dienen soll, nach allen Seiten gleihmäßig heraus, Jo daß das Ministerium des Junern dabei irgend eine Bevorzugung nit genießt. Die Ausgahen aus den Fonds bestehen zunächst in den Besoldungen der festangestellten Beamten, demnächst aus den Kosten der Provinzial- Korrespondenz. Die Regierung hat mehrmals zugegeben, daß die Provinzial-Korrespondenz ein Cigenthum des Staates ist und au vom Staate herausgegeben wird; ih berühre im Augenblick die Frage nit, inwieweit auf dieses Verhältniß eine Verantwortlichkeit der Minister für jedes einzelne Wort der Provinzial-Korrespondenz begründet werden kamn, ich bemerke ¿nur, daß wir in der Absicht,

Donnerstag, den 22. Januar

die Provinzial-Korrespondenz nicht zu einem amtlihen Organ im Sinne des Staats-Anzeigers zu stempeln, dieselbe ganz so zu behan- deln, wie jede Privat-Zeitung behandelt wird; die Provinzial-Korrespon- venz hat Kaution gestellt, sie zahlt jährlich viele Tausend Thaler Zeitungssteuer, sie lebt ganz auf dem Fuße einer Privat-Zeitung; einzelne derjenigen Korrespondenten , deren wir uns bedienen werden, honorirt. Außerdem gestehe ih zu, daß hin und wieder Subventionen an einzelne Zeitungen gegeben werden, an deren Auf- fommen die Regierung ein Juteresse hat, die nicht auffommen könn- ten, wenn eine jolche Subvention nicht gezahlt würde. : .

Für die Zwecke, die er erfüllen soll, ist der Fonds gering bemef- sen, und wäre, wenn seine Existenz überhaupt gerechtfertigt ist, derselbe eher zu erhöhen, als zu erniedrigen. Ich kann versichern, daß über diesen Fonds in einer eben}o gewissenhaften Weise disponirt wird, wie über irgend einen Fonds, der zur Disposition der Staatsbehörden steht.

In der gestrigen Sizung des Hauses der Abgeordne- ten leitete der Justiz-Minister Dr. Leonhardt die Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Vereinigung des Ober-Appellationsgerichts mit dem Ober-Tribunal wie folgt ein: Í : A

Meine Herren! Die Geseßesvorlage hat ihre nächste äußere Ver- anlassung in einer Resolution, welche das Abgeordnetenhaus in seiner letzten Session gefaßt hat. Jhre innere Berechtigung hat die Geseßes- vorlage in der Vorschrift der Verfassungsurkunde, wonach in der Monarchie nur ein oberster Gerichtshof bestehen joll, in der Rücksicht auf einheitliche Rechtsprechung und in dem Bedürfnisse, soweit thunlich, an Richter- personal zu sparen. Der Inhalt der Geseßzesvorlage ist ein sehr einfacher, er fonnte und durfte dies um fo mehr sein, als die Geseßeévorlage einen provisorischen Charakter an sich trägt. Mit der Reichsgerichts- verfassung fällt diese Vorlage ohne weiteres weg, gleichviel, ob die obersten Landesgerichtshöfe in einen obersten Reichsgerichtshof auf- gehen oder ob dieselben bestehen bleiben neben einem obersten Reichs- gerihtshof mit beschränfter Zuständigkeit. Schon diese Rücksicht auf die provisorische Natur der Geseßesvorlage gebietet es, an den bestehenden Zu- ständen so wenig als möglich zu ändern. Es wird, wenn die Geseßeêvor- lage Geseß wird, ein neuer Senat den alten, zur Zeit beim Ober-Tribu- nal bestehenden Senaten hinzutreten müssen. Die finanziellen Mittel, um dies zu ermöglichen, hat das Abgeordnetenhaus schon seit mehreren Fahren und auch in diesem Fahre dec Königlichen Regierung zur Disposition gestellt. / | /

Was die Geschäftsvertheilung betrifft, so geht die Ansicht der Königlichen Regierung dahin, dem neucn Senate diejenigen Civilsachen zu überweisen, welche bereits jeßt zur Zuständigkeit des Ober-Appella- tionsgerihts gehören im ganzen odcr doch thunlichst weitem Umfange. Die Königliche Regierung glaubt sih aber vorbehalten zu müssen, wenn das Geschäftsbedürfniß des neuen Civilsenats es erfordert, ein- zelne Sachen abzuzweigen, und ¿war solche Sachen, deren Entscheidungs- quelle wesentlih auf Geseßen beruht, welche den alten und den neuen Provinzen gemeinsam sind. - E A

Ich habe \cließlih die Herren zu bitten, daß Sie doch diese Ge- sezesvorlage bald thunlichst erledigen wollen. Die Königliche Regie- rung ist hierbei interessirt mit Rücksicht auf die Beseßung d!s Ober- Appellationsgerihts. Als das Abgeordnetenhaus in der vorigen Seision die Resolution - faßte, war ich gerade im Begriff, vakante Stellen im Ober-Appellationsgericht zu beseßen. Ich glaubte davon absehen zu müssen mit Rücksiht auf die gefaßte Reso- lution, habe mich dann aber beeiüt, im höchsten Grade beeilt, diese Geseßesvorlage dem Abgeordnetenhause zu überreichen. Meine Hoffnung, daß sie in voriger Session erledigt werden würde, war eine trügerishe. Das Alles ermuthigt mich zu der Hoffnung, daß die Vorlage nunmehr bald erledigt werden wird.

Auf den Vorschlag des Abg. Dr. Bachr, diese Vorlage einer Kommission zu überweisen, entgegnete der Iustiz-Mi- nister: ;

| Meine Herren! Auf Geschäftso-dnungsfragen lasse ich mi prinzipiell nicht ein. Jch habe jedoch dem Hrn. Abg. Baehr Einiges zu erwidern. Die Besorgnisse, meiner Meinung nach übertriebene Besorgnisse, welche der Hr. Abg. Baehr hervorhebt, hat _er_ bereits geltend gemacht gegen die Resolution in der vorigen Session des Abgeordnetenhauses. Damals beruhigte er sich aber in Betreff der Bedenken, indem er sagte, er habe Vertrauen zu der Weisheit des Justiz - Ministers, daß er die Angelegenheit genügend ordnen werde. Nun weiß. ih doch niht, welche - Er- eignisse in der kurzen Zwischenzeit eingetreten sind, die dieses Ver- trauen entzogen haben fönnen. Die Sache tritt dem Hrn. Abg. Baehr jeßt näher. Es handelte ih früh-r nur urt eine Resolution ; ih habe dieser Resolution sofort Folge gegeben, weil die Zustände des Ober-Appellationsgerichts geordnet werden müssen. Jch muß wissen, woran ich bin, jo oder so. Der Hr. Abg. Baehr steht meiner Neber- zeugung nah auf einem ganz veralteten partifkularen Stand- punkt. Dieser Standpunkt, meine Herren, hatte seine Be- rechtigung bis zum Jahre 1869; damals aber “ist em Geseß erlassen über die zur Anstellung ‘bei den Gerichten er- forderliche Qualifikation. Nach diesem Geseße is Jeder, der die zweite Prüfung in der Monarchie bestanden hat, ohne Rückfsicht darauf, ob er in der einen oder andern Provinz vorbereitet ist, befähigt, bei den Gerichten des : Landes angettellt zu werden. Ver Hr. Abg. Baehr macht sich Sorgen, daß in den Senat, der gemeinrechtliche Sachen hat, Mitglieder, welche in andern Provinzen gearbeitet haben, hineingeshoben und umgekehrt Mitglieder, welche als gemeinrechtliche Juristen bezeihnet werden mögen, werden depossedirt werden. Der Hr. Abg. Baehr kann dies nun und nimmermehr hindern, so lange nämlich das jeßige Anstellungsgeseß besteht. Es mag zu diesem Geseß beschlossen werden, was man will: der Justiz- Minister ift immer kraft jenes Geseßes berechtigt, soweit Vakanzen eintreten, den betreffgnden Civilsenat für gemeinrechtliche Sachen mit Juristen zu beseßen, F die bislang nur am Rhein oder in den alten Provinzen gearbeitet haben. 0 j s 4

Derartige Befürchtungen, wenn sie wirkli bestehen sollten, können nit gehoben werden, es wäre denn durch die Beseitigung des Geseßes von 1869. Ih glaube nicht, daß die Landesvertretung hierzu geneigt sein wird. Ich habe heute das Vergnügen, dem Hrn. Abg. Baehr wie- der praktisch zu bethätigen, daß ih für die Einheit des Rechts und der Rechtspflege in der Monarchie bin, während ich dieses auf seiner Seite vermisse. Der Hr. Abg. Bachr sagt, das Rheinland habe seine Selbständigkeit \sich gewahrt, in gleiher Weise will er nun wahren, was er nennt, die Selbständigkeit der gemeinrechtlichen

rovinzen. Das Kheinland hatte seine Selbständigkeit gewahrt bis zum Dbre 1869; seit dieser Zeit steht der rheinische Senat gar nicht an- ders wie die übrigen Senate; denn die besondere Qualifikation, wetehe für die Mitglieder des rheinishen Senates erforderlich war und worauf die Selbständigkeit des rheinischen Senates beruhte, ift beseitigt. Der Herr Abg. Baehr sagt, es handle sich darum, die Verfassungsurkunde zu wahren, insofern E als die Beamten im Verwaltungswege in einem Gerichte nicht verseßbar sind. Wie fann man von diejem Grundsaße hier Gebrau} machen, wo es sich darum _han- delt, eine Verseßung vorzunehmen innerhalb ein und desselben Gerichtshofes? Nie und zu keiner Zeit ist der Grundsaß \o véer- standen worden. Am Rhein besteht ein Roulement, nah dem die Richter wechseln sollen in den ein elnen Senaten; das Gleiche gilt für die Provinz Hannover. Dieser Wechsel ist sttets eingetreten, ohne daß äFemand nur daran gedacht hätte, daß darin eine Verleßung des ver-

1874.

fassungêmäßigen Grundsates gefunden werden fönne. Aus den Aeußerungen des Hrn. Abg. Baehr scheint hervorzugehen, daß die Herren im Appellationsgericht besorgt find, hte möchten aus ihrer

jeßigen Stellung depossedirt werden. Dies ist ein rein persönlicher Grund; ich möchte glauben, daß die Herren sich beruhigen könnten.

In Betreff des von dem Abg. Dr. Friedenthal gestellten Antrags auf Annahme des Entwurfs einer Kreisordnung für die Provinz Posen erklärte der Minister des Innern Graf zu Eulenburg: S s

Meine Herren! Die Staaisregierung hat feine Veranlassung, sich der Berathung einer Vorlage zu widerseßen, welche die Absicht hat, in möglichst kurzer Frist eine möglichst große Anzahl derjenigen Ein- richtungen in der Provinz Posen einzuführen, deren die übrigen alten Provinzen durch die Kreisordnung bereits theilhaftig wurden. Dôêr Snhalt der Vorlage kann in Bezug auf Zweckmäßigkeit und Ausführ- barkeit Bedenken unterliegen. Daß aber die Regierung nicht abgeneigt ift, auf eine gründliche Besprehung derselben einzugehen, geht son daraus hervor, daß ich Veranlassung genommen habe, nicht nur die Vorlage im Ganzen den Provinzialbehörden zur begutachtlichen Aeußze- rung mitzutheilen, sondern auch statistische Aufnahmen angeordnet habe, deren Resultat wesentlich dazu beitragen wird, zu beurtheilen, ob die Einrichtungen, wie sie vorgeschlagen find, überhaupt ausführbar seien, welche Wirkung sie möglicherweise haben werden. Jch kann mi also bereit erklären, an fommissarischen Berathungen über die Vor- lage, wenn solhe vom Hause beschlossen werden sollten, lebhaften An- theil zu nehmen.

Die Motive zu dem in Nr. 17 d. Bl. mitgetheilten Ent - wurfeines Gesehes wegenDeklaration undErgänzung des Gesezes vom 11. Mai 1873 über die Vorbildung und Anstellung der Geistlihen (G. S. 1873, S219) lauten : E

Der Widerstand, welchen die römisch-katholi]cen Bischöfe der Ausführung der Geseße vom 11. und 12. Mai v. J. entgegengestellt haben, ist bisher am heftigsten gegen das Geseß vom 11. Mai v. J. über die Vorbildung und Anstellung der Geistlichen hervorgetreten. (Es hat di:s seinen Grund darin, daß die Vorschriften dieses Geseßes von unmittelbarer praftisher Wirkung waren und daher die feindliche Haltung des Episkopats und des von ihm abhängigen Klerus auf diesem Gebiete zunächst zu einer offenen Auflehnung gegen das Staatsgeseß führte. Um einem solchen Verhalten mit der durch die Autorität dieses Gesetzes unbedingt gebotenen Entschiedenheit überall gleichmäßig entgegentreten zu können, bedarf €s einerjei:s der Beseiti- gung eines in der Auslegung des Geseßes hervorgetretenen unbegrün- deten Zweifels, c.ndrerseits einiger ergänzender Vorichriften, theils um versuchte Umgehungen des Geseßes zu Berhüten, theils um die Wirk- samkeit des Geseßes gegenüber der stets fortschreitenden Opposition der Geistlichkeit durch Herstellung \tärkerer Schußmittel zu sichern.

Diesen Gesichtspunkten folgt der vorliegende Ge]eßentwur?, indem er im’ Art 1 eine Erlänterung der Strafbestimmungen jenes Gesebes, im Art. 2 eine Ergänzung dieser Strafbestimmungen, Und endlich im Art. 3 ein neues Mittel zur Abwehr gegen das Eindringen geseßwidrig berufener Geistlichen in die Seelsorgerämter durch Beschlagnahme des Stellenvermögens vorschlägt. j

Im Einzelnen ist hierzu Folgendes zu bemerken. i

Art. 1. Das Bedürfniß einer Deklaration der §S- 22 und 23 und im Zusammenhang damit auch der 88. 17 und 1 des Geseßes vom 11. Mai v. J. ist dadurch hervorgerufen, daß einzelne Gerichte erster Instanz die Strafbeitimmungen der §8. 22 und 93 nur auf solhe Fälle beziehen wollen, wo gegen eine Anstellung Seitens des Ober - Präsidenten wirklich der Ein- spruch erhoben worden sei, und daß demgemäß in den Fällen von ihnen auf Freisprechung erkannt ist, wo eine Benennung des Kandidaten beim Ober-Präsidenten in Gemäßheit des S. 15 gar nit stattgehabt hatte. Hervorgerufen ist diese Auffassung vornehmlich durch die jeßige Fassung des §. 17, welche anscheinend eine Unterscheidung zwischen sol- chen Anstellungen, die dem §. 1 zuwiderlagufen, “Und solchen, die vor Ablauf der für den Einspruch gewährten Frist erfolgen, aufstellt. Diese Annahme muß zwar für unbegründet erachtet werden, in- sofern die Worte im §. 17 „oder welche vor Ablauf der im 8, 15 für die Erhebung des Einspruchs gewährten Frist erfolgt“, gar nicht den Zweck haben sollten und konnten, eine besondere, neben den Vorschriften des §. 1 hergehende Uebertragung des geistlihen Amts als nicht geschehen zu bezeichnen, sondern, wie die Entstehungsgeschichte der jeßigen Fassung deutlich ergiebt, auf Borshlag der Kommission des Abgeordnetenhaujes in das Geseß nur deshalb aufgenommen find, um, wie es in dem Kommissionsberichte vom 3. Februar pr. Seite 29 heißt: „eine Fassungsverbesserung zum vollständigeren Ausdruck des Gemeinten“ herbeizuführen. Auch kann es feinem begründeten Zweifel unterliegen, daß, wenn son der S. 1 selbst als Erforderniß für die Uebertragung eines geistlichen Amts aufstellt, „daß gegen die Anstellung kein Einspruch von der Staats- regierung erhoben worden ift“, zur Feststellnng dieses Requisites gehört, daß die im Gescß vorgeschriebene Benennung erfolgt und nah derselben innerhalb der geseßlichen Frist kein Einspruch erhoben wor- den, weil von der Erhebung des Einspruchs überhaupt erst die Rede sein kann, wenn die Benennung vorangegaügen ist, denn ohne Benen- nung gilt die Anstellung als nicht geschehen (§. 17), und gegen einen nicht geschehenen Akt kann selbstverständlich auch kein Einspruch erhoben werden. Obwohl nun auch die große Mehrzahl der Gerichte diejer leßterenAuffassung

efolgt ist, so hat doch die gegentheilige Ansicht in neuester Zeit an Aabäna gewonnen, so daß jeßt son von 7 verschiedenen Gerichten freisprehende Erkenntnisse in jenem Sinne ergangen sind. Es leuchtet ein, daß hieraus, zumal wenn diese, als irrig zu bezeichnende Auf- fassung noch weitere Verbreitung finden möchte, nicht nur für die Rechtssicherheit, sondern au für die Durchführung der firchen- politischen Geseße vom Mai v. J. die allerbedenklichsten Folgen ent- tehen müßten. Denn einmal würde unter allen Umständen eine längere Zeit vergehen, bis durch die Rechts\sprechung des Ober-Tribunals und des Ober-Appellationsgerihts eine feste Norm gewonnen werden würde, während die Staatsregierung inzwischen in den betreffenden Bezirken dem geseßwidrigen Verhalten der Bischöfe und der Geist- lichkeit gegenüber völlig wehrlos dastände, und odann würde, wenn weitere derartige Entscheidungen erfolgten, den Bischöfen sogar die Möglichkeit geboten werden, ihr Verhalten durch Berufung auf diese gerihtlihen Erkenntnisse mit einem Scheine des Rechtes zu um- geben und auf diese Weise ihren Widerstand in den Augen der Ge- meinden als mit den Geseßen niht einmal im Widerspruch stehend erscheinen zu lassen. Aus diesen Gründen erscheint es dringend gerathen, sofort eine Deklaration der 88. 22 und 23 des Gesehes vom 11. Mai pr. eintreten zu lassen. / O

Was die Fassung einer solchen Deklaration betrifft, Jo ist, nach- dem einmal Zweifel über die Bedeutung der Worte „welche den §S. 1 bis 3 zuwiderläuft* entstanden find, N i treffen, daß alle Fälle einer geseßwidrigen Uebertragung eines gei tlihen Amtes oder der Genehmigung einer solchen getroffen werden, damit nicht Raum zu neuen Zweifeln frei bleibe. Demgemäß fieht der Art. 1 alle denkbaren Fälle, sowohl einer Uebertragung ohne jede Benennung, als auch einer Uebertragung vor der Benennung, als auch endlich einer solchen Uebertragung vor, die entweder gleih- zeitig mit der Benennung oder nah der Benennun , jedoch vor Ablauf der für die Erhebung des Einspruchs gewährten Frist erfolgt.

Der Art. 2 des Entwurfs hat den Zweck, Umgehungen des Ge- seßes vom 11. Mai pr. zu verhüten, die in leßterer Zeit mehrfach,