als Reserve für die Einlösung ihrer Noten in baarem Gelde oder Barren liegen haben. In Folge einer Erklärung der Di- rektoren der peruanischen Bank, welche sich für das Dekret der Regierung aus\prah, haben die übrigen Banken beshlo}en, ihre Aktionäre über das ihrerseits zu befolgende Verfahren zu befragen.
Bolivien war ruhig. Der Kongreß hatte in seiner außer- ordentlichen Sißung viel zur Beseitignng der finanziellen Ver- legenheiten gethan. Die Ausgaben find so viel als möglih be- \hränkt worden, und neue Steuerzuschläge wurden auf die Aus- fuhr von Metallen und Vieh gelegt. Zur Verhütung von Kolli- fionen mit der Regierung und den bisher so häufigen Militär- revolutionen wurde die stehende Armee in kleinen Abtheilungen über das ganze Land verlegt. Die Oppositionspartei machte einen vergeblihen Versuch, einem ihrer bedeutendsten Mitglieder, dem General Quevedo, die Stelle als Kriegs-Minister zu ver- \chaffen.
In der argentinischen Republik nimmt die Präfi- dentenwahl noch immer die allgemeine Aufmerksamkeit fast aus- \{hließlich in Anspruch. Die Wählerlisten find am 14. Dezember geschlof}sen worden und finden am 1. Januar die Ergänzungs- wahlen für den National-Kongreß statt, dabei dürfte sih zuerst die Stärke der verschiedenen Parteien deutlih herausstellen. Die Wahlen der Präsidenten-Wahlmänner werden am 1. Februar abgehalten werden.
Der Aufstand in der Provinz Entre-Rios ist durch den am 9. Dezember durch den Oberst Martin de Gainza über Lopez Jordan erfohtenen Sieg bei Don Gonzelo beendigt worden. Die angesehensten Offiziere der Aufrührer haben sich den Be- hörden gestellt und der Nationalregierung Treue geschworen, und nur einzelne Reste der Insurgentenarmee haben die Waffen noh nicht niedergelegt.
Brasilien. Der Bischof von Dlinda is am 3. Januar durch die Beamten des höchsten Gerichtshofes in P-:rnambuco verhaftet und nach Rio de Janeiro gebracht worden. Die im Geseßze angedrohte Strafe für das dem Bischofe zur Last gelegte Vergehen, „Versuh der Vernichtung eines Artikels der Verfassung“ i} vier bis zwölf Iahre Zucht- haus. Außer dem Bischofe von Para, welcher bereits vor den Höchsten Gerichtshof geladen worden ist, hat auch der Bischof von Sao Paulo das päpstlihe Breve gegen die Freimaurer ver- S ohne vorher das Placet der Regierung nachgesuht zu aben.
Das meéetrishe System für Maß und Gewicht ist am 1.
Januar im ganzen Lande eingeführt worden. __ Auf Ansuchen des Vertretcrs der französishen Regierung in Rio de Janeiro wurde die Konsularkonvention zwischen Bra- filien und Frankreih auf se{ch3 Monate vcrlängert, um Zeit zum Abshlufse der augenßblicklich in Betreff einer neuen Konvention \chwebenden Verhandlungen zu gewinnen.
Asien. Aus Calcutta wird unterm 11. d. M. ge- meldet: „Während der gestern endigenden Woche hat es in allen agt der Präsidentschaft Bengalen mit wohlthätiger Wirkung geregnet. “
Penang, 10. Februar. (W. T. B.) Aus nicht offizieller Quelle if die Nachricht hierher gelangt, daß die Niederländer in einem Gefeht mit den Atchinesen eine Schlappe erlitten und dabei 2 Mitrailleusen und 18 Todte verloren haben.
— Nah einem offiziellen Telegramm aus Atchin vom 10. d. M. mehren sich die Anzeichen, daß die Bevölkerung des Krieges müde ist. Die Häuptlinge der Eingeborenen sind jedo bemüht, dieselbe von Kundgebung friedliher Gefinnungen zurück- O. Die Wahl eines neuen Sultans hat fich niht be- stätigt.
Afrika. Aus der Capstadt wird unterm 6. Januar ge- meldet: Die Kaffern-Rebellion in Natal hat durch die Gefangennahme des Rebellenhäuptlings Ilamyalabalele, feiner fünf Söhne und dreier Räthe nebst einer Beute von 5000 Haupt Rindvieh ein Ende gefunden.
Nr. 13 des Amtsblatts der verwaltung hat folgenden Jnhalt : 9. Februar 1874. Verschluß der Geldbriefe. Vom 10. Februar 1874. Padcketadressen Vom 10. Februar 1874. Geschäftsverkehr mit dem Kaiserlichen Post-Zeugamte in Berlin. Bescheidung vom 3. Februar
Deuschen Reichs-Po st- General-Verfügungen vom
Statistische Nachrichten.
_ Veber den Hypothekenzustand in Berlin Ende 1873 ent- hält das „Just. M. Bl.“ Folgendes: Zu den am Schlusse des Ge- \cbäftsjahres 1872 vorhanden gewesenen Hypothekenshulden von 393,902,407 Thlr. treten die im abgelaufenen Geschäftsjahre 1873 neu eingetragenen a. Hypotheken mit 108,533,113 Thlr., b. Grund- \{ulden mit 3,069,780 Thlr., zusammen 111,602,893 Thlr., sind 505,505,300 Thlr. Davon gehen ab die im Jahre 1873 gelöschten a, Hypotheken mit 25,851,800 Thlr., b. Grundschulden mit 54,000 Tkblr., zusammen 25,905,800 Thlr. Es hafteten mithin am 1. De- zember 1873 479,599,500 Thlr. auf den zu dem Bezirk des König- c Stadtgerichts zu Berlin gehörigen Grundstücken und Gerech- igkeiten.
Zu den am Schlusse des Geschäftsjahres 1872 vorhanden gewesenen Grundstücksfolien von 17,609 treten die im abgelaufenen Geschäftsjahre 1873 neu angelegten Grundbuchsblätter hinzu mit 775, sind zusam- men 18,384. Davon gehen ab die im Geschäftsjahr 1873 geschlossenen Grundbuchlätter mit 114. Es waren mithin am 1. Dezember 1873 18,270 Grundbuchblätter vorhanden.
_ An Gerichtskosten sind für Hypothekenfachen zur Solleinnahme gestellt: a, im Jahre 1873 637,194 Thlr. — Sgr. 6 Pf., b. im Jahre 1872 867,247 Thlr. 27 Sgr. 6 Pf., mithin im Jahre 1873 weniger 230,053 Thlr. 27 Sgr,
— Aus Nürnberg wurden nach der „Allg. Hopfenz.* im Januar 1874 30,180 Ctr. Bier exvortirt, gegen 39,858 Ctr. im Januar 1873. In Prag wurden nah demselben Blatte im Jahre 1873 434,752 Eimer Bier produzirt, 368,146 Eimer ein-, 109,059 Eimer ausgeführt, 693,838 Eimer konsumirt.
Kunst, Wisseusc‘aft und Literatur.
Berlin. Von der Genetischen Skizze des Lehrstoffs für den Unterricht in der Fortifikation auf den Königlichen Kriegsschulen, nach der Vorschrift vom 20. Mai 1859 über die Methode, den Umfang und die Eintheilung des Unterrichts auf den Königlichen Kriegsschulen, ist soeben das Zweite Heft, Abschnitt V. bis X, r t. Dasselbe enthält: Abschnitt V.: Die Kommu- nikation im Feldkriege. VI.: Von den Lagerbauten. VII.: Forinelüe permanente Befestigung. VIII.: Ueberblick über den Entwickelungs- gang der permanenten Befestigung. 1X, Provisorishe Befestigung. X. Argriff und Vertheidigung von Festungen. — Verlag der König- lihen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei (R. v. Decker). t
— In Kommission bei F. A. Brockhaus in Leipzig erschien soeben: „Tro janische Alterthümer. Bericht über die Aus- grabungen in Troja“ von De. Heinrich Schliemann. Gleich- zeitig wurde ausgegeben: „Atlas Trojanischer Alterthümer." Photographische Abbildungen zu dem Bericvte über die Ausgrabungen in Troja (4. in Mappe), 218 photographische Tafeln mit erklärendem Texte. Der Verfasser giebt in diesem Werk auêführliche Berichte über die bei seinen Ausgrabungen in Troja erzielten außerordentlichen Resultate. Der Atlas enthält neben mehreren Situationsplänen die photographische Darstellung von mehr als 4900 der gefundenen Kunst- werke, Geräthe, Waffen, Schmucksachen u. |. w.
Gewerbe und Sandel.
Wien, 14. Februar. (W. T. B.) Die gestern an der Börse verbreiteten Gerüchte, daß sih für die Aktien der Kceditanstalt eine Superdividende ergeben habe, werden von den Morgenblättern als unbegründet bezeichnet, da die Bilanz noch nicht festgestellt sei.
— In Wien hat sich im Anschluß an den I. allgemeinen Be- amtenverein für Bankbeamte ein Hülfskomite zur Unterstüßung der durch Fusionen und Liquidationen ohne ihr Ver- s{chulden subsistenzlos gewordenen Bankbeamten (Auers- pergstraße Nr. 13) gebildet, dem fich bei den zahlreichen Fusionen und Liquidationen der Banken ein schr weitcs Feld der Thätigkeit er- 6ffnet hat. Dem Komite waren bis zum 26. v. M. 16,512 Fl. 50 Kr. Beiträge zu Unterstüßungen nothleidender Bankbeamten zugeflossen. Jeßt hat das Komite auch ein Stellenvermittelungs- und Arbeitbesorgungs-Institut ins Leben gerufen, um den brodlos gewordenen. Bankbeamten auch nah dieser Richtung hin helfen zu
fönnen,
Verkehrs-Anstalten. Swinemünde, 14. Februar. (W. T. B.) Der Postdampfer „Ernst Moriß Arndt“ vom baltischen Lloyd ist heute frühß nach Antwerpen abgegangen.
Königliche Schauspiele.
15. Februar. Opernhaus. (45. Vorstellung.) Die Hochzeit des Figaro. Oper in 4 Abtheilungen. Musik von Mozart. Gräfin: Fr. v. Voggenhuber. Susanne: Fr. Mallin- ger. Cherubin: Frl. v. Bretfeld. Almaviva: Hr. Betz. Figaro: Hr. Krolop. Anfang halb 7 Uhr. Mittel-Preise.
Schauspielhaus. (45. Vorstellung). Zum ersten Male wiederholt: Des Meeres und der Liebe Wellen. Trauerspiel in L Aufzügen von Grillparzer. Anfang halb 7 Uhr. Mittel-
reise.
Sonntag ,
1874. Behandlung der Postmandate mit unstatihaften Anlagen.
Sonntag, 15. Februar. Im Saal-Theater des König-
lihen Schauspielhauses. Siebenundzwanzigste Vorstellung der französfishen Schauspieler-Gesellshaft. Dêuxième représentation de: Le Demi-Monde, Comédie en cinq actes, en prose, par Mr. Alexandre Dumas fils.
Montag, 16. Februar. Opernhaus. Keine Vorftellung.
Schauspielhaus. (46. Vorstellung.) Der Störenfried. Lust- spiel in 4 Aufzügen von Roderih Benedix. Anfang halb 7 Uhr. Mittel-Preise.
Dienstag, 17. Februar. Opernhaus. Subskriptionsball.
Schauspielhaus. (47. Vorstellung.) Was ihr wollt! Lufi- ei in 4 Akten von Shakespeare. Anfang 7 Uhr. Mittel-
reise. Dienstag, 17. Februar. Im Saal-Theater des Königlichen Schauspielhauses. Achtundzwanzigste Vorstellung der franzöfi- {hen Schauspieler - Gesellschaft. Troisième représentation de: Le Demi-Monde. Comédie en cing actes, en prose, par Mr, Alexandre Dumas fils, Dienstag, den 17. Februar. Subskriptionsball. Von den Meldungen zum Zuschauer-Raum des dritten Ranges hat nur ein kleiner Theil berücksihtigt werden können und werden die bewilligten Billets à 2 Thlr. den Betreffenden zugesendet. Der Verkauf der Amphitheater-Billets, à 1 Thlr., findet am Montag, den 16. d. Mts, Abends vom 5—6 Uhr im Königlihen Opernhause statt. Ebendaselbst sind die auf Meldungen reservirten Amphitheater-Billets gegen Abgabe einer Legitimation in Empfang zu nehmen. Die Anfahrt ift für sämmtlihe Wagen nur von den Lin- den aus und zwar am Haupt-Eingang Thür Nr. 1 (dem Uni- versitäts-Gebäude gegenüber) und an der Thür Nr. 3 (am Opernplaßt). Die Abfahrt findet statt: i 1) Von der Thür Nr. 1 nah der Schhloßbrüke und nach den Linden zu (die Wagen stellen sich vor dem Opernhause, Front nach demselben, auf).
2) Von der Thür Nr. 3 ebenfalls nach den Linden zu (die Wagen stellen sh auf dem gepflasterten Theil des Opern=- plates bis an die Behrenstraße hin auf). E
Im Königlichen Opernhause :
T'elegranphizeche Witteranzyanhericitn.
N _| Allgemeins Himmels- ansicht.
| Bar. |Abæ | Temp.| Abw | P S
14 Februar.
{—12,3/ — |NW,, lebh. flheiter. —4,3| — |N0., mässig. bedeckt.
») — |WSW,, lebh. |beleckt.
— [W.,, lebh. bedeckt, !)
W., mäss, [Regén:
SSW., lebh. |Regen.?)
W,, s. stark. bedeckt.
,2 W,, stark. |[bedeckt.
SW,, lebh. ‘bedeckt.
SW,., stark, bedeckt.
— bedeckt,
W., schw. bezogen.
SW., frisch, |Regen,
,9 SW,, mässig. |trübe. SW., lebhaft. trübe. 'SW,, schw. |trübe.
8 WSW,., mäss. bedeckt, S., schw, bedeckt. SW., mäss, |bedeckt. SSW., mäss. S, mässig. W., mässig, S, schw.
2,1/8., mässig.
SW., schw.
Wind.
8| Haparanda 332,0! 8|Hernösand .'333,5 8|Helsingfors 330,3 8 Petersburg ./330,3| — 8'Stockholm 332,4 SIOXUS. 5. 2890| | 8'Moskau ,..327,6| — | 6|Memel. .. .'336,1|—0,4| 7 Flensburg. ./335,7| — | 7 Königsberg 336,8 +0,4 6 Danzig .….. 337,5/+0,6' 6Putbus ,..1335,6/4-0,5, 7 Kieler Haf./339,9 — | 7iCöglin „...1337,4/4-1,5| 6 Wes. Lohtt./335,8/ — | 7 Wilhelmsh. 335,4 — | |
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ganz bedeckt. [trüboe!. [zieml, heiter. [halb heiter. trübe,
wen. bewölkt, : sehr heiter, | bedeckt, heiter, bew, nebelig. bedeckt.
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1) Gestern Abend Sturm. 2?) Gestern Abend Regen.
Königliches Schauspielhaus. s
Mit der gestrigen ersten Aufführung des Trauerspiels „Des Meeres und der Liebe Wellen“ von Franz Grillparzer hat die Hofbühne den Manen des großen öster- reichishen Dichters ein festlihes Todtenopfer dargebracht, welches auch von den Lebenden wohlgefällig aufgenommen worden ist. Ueber die Stellung, welche man dem am 21. Januar 1872 ver- storbenen Dichter in der deutschen Literaturgeshihte anzuweisen habe, \chwankten die Ansichten bis in die neueste Zeit. In Nord- deutschland war und is Grillparzer noch wenig bekannt. Der Ruf, welchen in den dreißiger Jahren ihm seine durch Müllners „Schuld“ veranlaßteSchicksalstragödie „Die Ahnfrau “ (Wien 1816) in Deutschland verschaffte, verstummte bald vor der herben Kritik, die diese fkrankhafte Richtung erfuhr. Vernihtend lautete besonders das Urtheil Tiecks und seines Freundes Solger. Später wandte sich Grillparzer antiken Stoffen zu, ohne jedoch über die Grenzen seines Vaterlandes hinaus gebührende Würdi- gung zu finden. Mit Ausnahme der „Medea“ aus der Trilogie „das goldene Vlies“ (welhe vor niht langer Zeit durch Frl. Ziegler hier wiederholt zur Darstellung kam) hat indessen keines feinen Namen weiter zu verbreiten vermoht. Das Urtheil der Wiener Jahrbücher vom Jahre 1829, welhe ihn für den größten deutschen dramatishen Dichter seit Schiller erklärten, blieb vereinzelt. Dazu kam der Umstand, daß der Dichter seit den 40er Jahren seine Produktion fast gänz- lih einfstellle, so daß er beinahe in Vergessenheit ge- rathen wäre, hätte nicht das Gediht „Radeßky“ sein Gedächtniß wieder neu belebt. Erst als der Greis im Januar 1870 seinen 8O0jährigen Geburtstag feierte, wurde sein Name wieder in allen deutschen Landen genannt, seine poetishen Werke mehr gelesen und ihm als einem der größten Epigonen der deutschen klassischen Literaturepohe der Lorbeer zugesprochen.
Der Werth der Dichtungen Grillparzers liegt fast aus\chließ- lih in der Form, einer vollendet \{chònen Sprache, und sein Vor- bild in dieser Beziehung war Schiller, Der Nachtheil, der sich aber aus dieser Einseitigkeit für seine dramatishen Werke ergiebt, wird von Hillebrand in seiner Geschihhte der deutschen Nationalliteratur treffend harakterisirt, wenn er sagt: „sie bieten im Allgemeinen mehr nur eine Sammlung \{höner Em- pfindungen, wohlgelungener Bilder und gut ausgeführter Si- tuationen, als daß fie durh Bedeutung und Totalität dramati- her Architektonik oder durch Gediegenheit der Charakteristik be-
Friedigen. s
Von dem hier zu besprechenden Trauerspiel gilt dieses Urtheil in ganzer Ausdehnung. Demselben liegt ein erotishes Gedicht des alten Grammatikers Musacos aus dem 5. oder 6. Jahr- hundert zn Grunde, welches auh Schiller zu seiner bekannten Ballade „Hero und Leander“ benugt hat. Diesen im Ganzen undramatischen Stoff, welcher \{hon in dem alten Original an- tike Einfachheit mit einer fas modernen Sentimentalität ver- bindet, hat Grillparzer in die shönsten fließendsten IJamben ge- gossen, so daß manche Scenen, namentlih die Liebes\scene im 3. Akt, durch zarte Ausführung im Einzelnen ciner so voll- ständigen Wirkung, wie sie sie in der gestrigen Aufführung fand, wohl stets sicher sind, besonders, wenn die Rollen der Hero und des Leander von Kräften, wie Frl. Meyer und Hrn. Ludwig getragen werden. Die genannten Künstler wurden für diese Leistung durch lauten Beifall belohnt. Hr. Berndal gab den strengen Oberpriester würdig und mit klassisher Ruhe, Hr. Goriß den treuen Freund Ves Leander, Naukleros. Auch die kleinen Rollen der Eltern der Hero waren mit den besten Darstellern dieses Fachs, Hrn. Oberländer und Fr. Frieb-Blumauer, beseßt. Die Aufnahme Seitens des Publikums war eine durchaus wohlwollende.
Archäologische Gesell\ch'aft.
Berlin, 3. Februar, Nah Eröffnung der Sißung durch den Vorsitzenden Herrn Curtius wurde zunächst, dem Beschlusse voriger Sitzung gemäß, dec Jahresbericht über Kasse und Rechnung des Jah- res 1873 vorgetragen und durch Herrn Herß geprüft und richtig be- funden. Nachdem darauf die Herren Bildhauer Manger und Bau- meister Kachel zu ordentlichen Mitgliedern aufgerommen waren, legte Herr Curtius der Gesellschaft verschicdene neue Schriften vor, so die Schrift von Kenner in Wien: Ausgrabungen über die römische Reichs- straße von Viruuum nah Ovilaba, und Ausgrabungen von Windisch- garten, wo unter Anderem die Unterscheidung der mutationes und mansiíones als „Wechselstellen“ und „Nachtherbergen* festgestellt wird; ferner Kennec: Inschriften aus EGythrae, Conze: Gesichts- ausdruck in der Antike, Separatabdruck aus den Preußischen Jahr- büchern; Desselben: Bericht über das Sammelwerk über attische G-ab- reliefs, und Jul. Friedländers Arbeit über das Silphion. Auch waren zwei Hefte der Revue archéologique cingegangen, in deren einem Perrot drei griehische Inschriften aus Klein-Asien veröffentlicht. — Herr Curtius sprach sodann über ein am Dipylon in der themistokleischen Mauer zu Athen aufgefundenes Relief, von dem er einen Gipsabguß vorlegte. Es stellt einen Jüngling vor, der einen Diskos hält. —
lichen, 1868 entdeckten, noch uncdirten Marmoraltar aus Halifarnaß,. von dessen Relief er eine Zeichnung vorlegte. Auf einer Bildfläche von M. 0,4 Höhe (die Höhe des Altars beträgt M. 0,34) find neun Musen dargestellt in drei gesonderten Gruppen. Die erste besteht aus den Vertreterinnen der chorishen Lyrik, Orchestik und der melischen Lyrik, die mittlere aus einer Eposdichterin mit dem Diptychon, einer Rhapsodie mit der Rolle und einer Zuhörerin, in der rechten Gruppe erscheinen eine sinnende Muse der Dichtung, die Musen des Dramas und Flötenspiels. Ju der Entwickclung des Musen-Ideals lassen \ih ein älterer Typus und ein jüngerer unterscheiden, jener sich auf Poesie, Tanz, Gesang, Zither, Flöte und nur musikalische Attribute beshrän- fend, dieser von. mehr literarish-bibliothekarischem Charakter, da er auch die Fachwissenschaften und alle möglichen Attribute aufnimmt. Der Altar aus Halikarnaß gehört der zweiten Periode an und muß, da er älter ist, als die tabula Archelai, ins dritte Jahrhundert vor Chr. geseßt werden. — Herr Wattenbah legte eine Autotypie des Utrechter Psalters vor, übr welchen englische Gelehrte, wie Thomas Hardy, Westwood, Wyatts, eingehende Untersuchungen angestellt haben. Die \{chöne Kapitalschrift- des Kodex ist in reiner Ortho- graphie geschrieben und gleicht der des Vergilius Medicaeus und Prudentius Parisinus, stammt abcr gleichwohl nicht aus dem 5. Jahrhundert und muß wohl als eine archaisirende Reproduktion älterer Technik bezeichnet und etwa dem 8. Jahrhundert zuge- wiesen werden. Die darin befindlichen bildlihen Darstellungen, Umriß-Zeichnungen mit der Feder, sind nach Wyatts anzusehen als freie, aber geshickte Kopien farbiger antiker Muster und find im 9. Jahrhundert in England nachträglich eingezeichnet worden. — Der als Gast anwesende Herr Dr. Hirschfeld sprach zur Frage der indo- germanischen oder pela8gishen Ornamentik. Die von Urlichs heraus- gegebenen „2 Vasen ältesten Stils“ aus Vulci müssen für ältere ge- halten werden, als der Verfasser annimmt. Die Schrift von Cone- stabile: 2 antike Broncescheiben aus Alba Fucentia bringt vieles werthvoll2 Material bei, auch aus Dänemark und dem Norden. Unter Festhaltung des Grundgedankens von dem gemeinsamen Erbgut indo- europäischer Völker muß may doch nationale und dialektische Ver- schiedenheiten anerkennen. — Herr Engelmann legte verschiedene kleine Terracotten aus Brindifi und Athen vor. — Herr Eichler stellte cinen von ihm abgeformten, ehemals Goethe gehörigen Kopf aus.
Redaktion und Rendantur: Schwieger.
Berlin: Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.
Drei Beilagen einschließlich Börsen-Beilage.
Herr Trendelenburg sprach über einen im britishen Museum befind-
e/ C3 39s
Beilage
zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.
Königreich Prenfeu.
Privilegium wegen eventueller Ausfertigung auf den Inhaber lau- tender Kreis-Obligationen des Darkehmer Kreises im Betrage von 378,000 Reichsmark.
Vom 7. Januar 1874.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c.
Nachdem von den Kreisständen des Darkehmer Kreises auf dem Kreistage vom 27. September 1873 beschlossen worden, die zur Ein- lôsung der nach Unserm Privilegium vom 27. Januar 1868 (G. S. S. 88) emittirten und noch im Umlaufe befindlichen fünfprozentigen Kreisobligationen erforderlichen Geldmittel im Wege einec Anleihe vcn 378,000 Reichsmark bei dem Reichs-Jnvalidenfonds zu be- hafen — wollen Wir auf den Antrag der gedachten Kreisftände: j diesem Zwecke auf Verlangen der Verwaltung des Reich3-Jnvaliden-
gg
onds auf jeden Jnhaber lautende, mit Zinscoupons versehene, sowohl Seitens der Gläubiger als auch Seitens des Kreises unkündbare Schuld- verschreibungen zu einem Gefammt » Nominalbetrage, weler dem nod nicht getilgten Betrage der Schuld gleihkommt, alto von höchstens 378,000 Reichsmark ausstellen zu dürfen, da sich hiergegen weder im Interesse der Gläubiger noch der Schuldner etwas zu erinnern gefunden hat, in Gemäßheit des §8. 2 des Geseßes vom 17. Juni 1833 zur Ausstellung von Obligationen im Maximalbetrage von 378,000 Reichsmark, in Buchstaben: i Dreihundertachtundsiebenzigtausend Reichsmark, welche in den Apoints von 3000, 1500, 600 und 300 Reichsmark oder auch von 5000, 2000, 1000, 500 und 200 Reichsmark nach der Bestimmung des Darleihers resp. dessen Rechtsnachfolgers über die Zahl der Schuldscheine jeder dieser Gattungen nah dem anliegenden Schema auszufertigen, mit Hülfe einer Kreissteuer mit vier und einhalb Prozent jährlich zu verzinsen und nah der durch das Loos zu b-- stimmenden Folgeordrung jährlich vom Jahre 1874 ab mit wenig- stens jährlich einem Prozent, auch nach Wahl des Kreises Darkehmen mit jährlich höchstens fünf Prozent des ursprüng- lihen nominellen Schuldkapitals unter Zuwachs der Zinsen der getilgten Schuldraten zu amortisirea sind, durch gegenwärtiges An Unsere landesherrliche Genehmigung mit der rechtlichen irfung ertheilen, daß ein jeder Inhaber bieser Obligationen die daraus hervorgehenden Rechte, ohne die Uebertragung des Eigenthums nachweisen zu dürfen, geltend zu machen befugt ist. : Durch vorstehendes Privilegium, welches Wir vorbehaltlich der Nechte Dritter ertheilen, wird für die Befriedigung der Inhaber der Obligationen eine Gewährleistung Seitens des Staats nicht über- nommen. l s e s : Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und bei- gedrucktem Königlichen Infiegel. / Gegeben Berlin, den 7. Januar 1874. Wilhelm.
Camphausen. Dr. A chenba ckch,
Graf zu Eulenburg.
Provinz Preußen. Regierungsbezirk Gumbinnen. Obligation des Darkehmer Kreises.
Reichsmark.
Auf Grund des unterm. bestätigten Kreistags- beschlusses vom 27. September 1873 wegen Aufnahme einer Schuld von 378,000 Reichsmark bekeunt fih die Kreis-Kommission für die Aufnahme einer Anleihe bei dem Reichs-Juvalidenfonds, Namens des Kreises dur diese, für jeden Inhaber gültige, sowohl Seitens des Gläubigers als auch Seitens des Schuldners unkündbare Verschrei- bung, zu einer Schuld von . Reichsmark, welche an den Kreis baar gezahlt worden und mit vier un? einhalb Prozent jährlih zu verzinsen ist. - : i
Die Rückzahlung der ganzen Schuld von 378,000 Reichsmark ge- schieht vom Jahre 1874 ab"allmählich aus einem zu diejem Behufe gebil- deten Tilgungsfonds von wenigstens Einem Prozent des ursprünglichen nominellen Schuldkapitals jährlich, unter Zuwachs der Zinsen von den getilgten Schuldverschreibungen. Der Scbuldner behält sih das Recht vor, den Tilgungsfonds bis auf höchstens fünf Prozent des uriprüng- lichen nominellen Schuldkapitals für jedes Jahr zu verstärken. Die dur die verstörkte Amortisation ersparten Zinsen wachsen gleichfalls dem Tilgungsfonds zu. Die jährlichen Amortisationsraten werden auf 500, bezw. auf 200 Mark abgerundet. : :
Die Folgeordnung der Einlösung der Schuldverschreibungen wird durch das Loos bestimmt. Die Ausloosung erfolgt vom Jahre _. .. ab in den Monaten Januar und Juli jeden Jahres und die Einlösung der ausgeloosten Obligationen am 1. Juli und 2. Januar jeden Jahres. Die ausgeloosten Schuldverschreibungen werden unter Bezeichnung ihrer Buchstaben, Nummern und Beträge, sowie der Rückzahlungstecmine öffentlich bekannt gemacht. Diese Bekanntmachung erfolgt spätestens drei Monate vor dem Fälligkeitstermin durch den in Berlin erscheinenden Deutschen Reichs- und Königlich Preußischen Staats - Anzeiger oder das an seine Stelle tretende Organ, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Gumbinnen oder das an dessen Stelle tretende Organ, durch das Darkehmer Kreisblatt, und die Königsberger Hartungsche Zeitung. Aenderungen bezüglich der letzteren beiden Blätt-r hat der Schuldner im Deutshen Rcidjs- und Königlich Preußischen Staats-Auzeiger bekannt zu machen.
Bis zu dem Tage, wo solchergestalt das Kapital und zwar zum Nominalwerthe zu entrichten ist, wird es in halbjährlichen Terminen, am 2. Januar und 1. Juli jeden Jahres, mit vicr und einhalb Pro- zent jährlich in Reichömünze verzinset. Der Zinsenlauf der aus- geloosten Schuldverschreibungen endigt an dem für die Einlösung
estimmten Tage. a A - s
Die Auszahlung der Zinsen und des Kapitals erfolgt gegen Rückgabe der autgegebenen Zinscoupons, be iehungsweise dieser Schuld- verschreibung bei der Kreîs-Kommunalkasse in Darkehmen und den in den vorgeda&ten Blättern bekannt zu machenden Einlösestellen in Berlin und s, L Brie auch in der nah dem Einiriite des Félligkeitstermins folgenden Zeit. L E
Mit der zur Empfangnahme des Kapitals präsentirten Schuld- verschreibung find A, V g gehörigen Zinscoupons der späteren
älligkeitstermine zurückzuliefern. : B Kür die fehlenden Zinscoupons wird der Betrag vom Kapitale abgezogen. 8
: Die gekündigten Kapitalbeträge, welche innerhalb dreißig Jahren nach dem Rückzahlungstermine nicht erhoben werden, sowie die inner- halb vier Jahren, vom Ablaufe des UTS der Fälligkeit an gerechnet, niht erhobenen Zinsen A zu Gunsten des Krei]es.
Das Aufgebot und die Amortisation verlorener oder vernichteter Schuldverschreibungen erfolgt na Vorschrift der Allgemeinen Gericht8- Ordnung Theil 1. Titel 51, §. 120 sequ. bei dem Königlichen Kreiss
erihte zu Darkehmen. i
2 af eh können weder aufgeboten noch amortisirt we: den. Doch soll Demjenigen, welcher den Verlust von Zinscoupons vor Ub- et der vierjährigen Verfährungsfrift bei der Kreisverwaltung an- meldet und den stattgehabten Besiß der Zinêcoupons durch Vorzeigung der Schuldverschreibung eder fonst in glaubhafter Weise darthut, nach Ablauf der Verjährungsfrist der Betrag d angemeldeten und bis
L P M VR oi i R 2 Ei S A A M E I “B M I zee D
Berlin, Sonnabend, den 14. Februar
dahin nicht vorgekommenen Zinscoupons gegen Quittung ausgezahlt | werden. Mit dieser Schuldverschreibung find 2€hn halbjährliche Zinscoupons bis zum Schlusse tes Jahres . . . . auêgegeben. Für die weitere Zeit werden Zinscoupons auf fünfjährige Perioden ausgegeben. Die Ausgabe einer neuen Zinscoupons-Serie erfolgt bei der Kreis- Kommunalkafse zu Darkehmen gegen Ablieferung des der älteren Zins- coupons-Serie beigedruckten Talons. Beim Verluste des Talons erfolgt die Aushändigung der neuen Zin3coupons-Serie an den Inhaber der Schuldverschreibung, \o- fern deren Vorzeigung rechtzeitig geschehen ift. : Zur Sicherheit der hierdurch eingegangenen Verpflichtungen haftet der Kreis mit seinem Vermögen und mit seinec Steuerkraft. Dessen zu Urkunde haben wir dicse Ausfertigung unter unserer Unterschrift ertheilt.
Darkehmen, den - S : Die Kreis-Kommissien für die Aufnahme einer Anleihe bei dem
Reichs-Invalidenfonds.
Regierungsbezirk Gumbinnen. Zinscoupon : zu der Kreis-Obligation des E Kreises. Ea . . Reichsmark zu vier und einhalb Prozent Zinsen über Reichsmark . . . Pfennige. -
Provinz Preußen.
E
Der Inhaber dieses Zinécoupons empfängt gegen dessen Rückgabe i dex ZEil vom a 18 Di ees Se a DEZW. vom... téu bis .. . .. und späterhin die Zinsen der vorbenannten Kreis-Obligation für das Halbjahr vom e bis mit (Buchstaben) Reichsmark . . Pfennigz bei der Kreis-Kommunalkasse zu Darkehmen und den in dem Deutschen Reichs- und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger oder dem an feine Stelle tretenden Organe, in dem Amtsblatte der Königlichen Regierung zu Gumbinnen odec dem an dessen Stelle tretenden Organe, in dem Darkehmer Kreisblatte und in der Königsberger Hartungschen Zeitung bekannt gemachten Einlösestellen zu Berlin und Königs- berg i. Pr. Darkehwen, den . . ten : / : : Die Kreis-Kommission zur Aufnahme einer Anleihe bei dem Reichs-Javalidenfonds. Dieser Zinscoupen is ungültig, wenn dessen Geld- betrag nicht innerhalb vier Jahren nah der Fälligkeit, vom Schlusse des betreffenden Kalenderjahres an gerechnet, er- hoben wird. S : E S Anmerkung. Die Namersunterschriften der Kommissions-Mitglieder fönnen mit Lettern oder Facsimilestempeln gedruckt werden; doch muß jeder Zinscoupon mit der eigenhändigen Namensunter- schrift eines Kontrelbeamten versehen werden.
Regierungsbezirk Gumbinnen. Talou i i zur Kreis-Obligation des Darkehmer Kreises. i Der Inhaber dieses Talons empfängt gegen dessen Rück- gabe zu der Obligation des Darkehmer Kreises, Littr. .. Nx. Reichsmark à vier und einhalb Prozent Zinsen Serie Zinscoupons für | die fünf Jahre 18... bis ___, bei der Kreis-Kommunalfkasse zu Darkehmen. Darkehmea, den . . .ten G ; Die Kreis-Kommission für die Aufnahme einer Anleihe bei dem Rächs-JInvalidenfonds. S Anmerkung. Die Namenöunterschriften der Kommissions-Mitglieder fönnen mit Lettern oder Facfimilestempeln gedruckt werd n; doch muß jeder Talon mit der eigenhändigen Namensunterschrift eines Kontrolbeamten versehen werden.
Provinz Preußen.
Neichstags - Angelegenheiten.
Berlin, 14. Februar. In der gestrigen Sizung des Deutschen Reichstags leitete der Präfident des Reichskanz- ler-Amts, Staats-Minister Delbrück, die Diskussion über den
wie folgt ein: i S S Meine Herren! Jh würde auf eine Einleitung zu dieser Vorlage mit Rücsicht auf ihre Kürze und ihre Einfachheit und mit Rückficht darauf verzichtet haben, daß au die Motive kurz, also lesbar find, wenn nicht in der gestrigen Diskussion bereits im Voraus die ver- fassungsmäßige Zulässigkeit dieser Vorlage bestritten worden wäre von dem Hrn. Abgeordneten für Frankfurt. Ich habe gestern das Wort nit ergreifen mögen; denn der Hr. Abgeordnete sprach zu den SS. 1 und 2 des gestern vorliegenden Gefcßeniwurfs und bei diejer Gelegen» heit von der heutigen Vorlage, und. ih hâtte gestern zu den SS. 1 und 2 des Gesetzentwurfs nicht sprechen können, sondern nur über den Gegenftand der heutigen Vorlage, und würde also gestern nicht zur Sache gesprochen haben. L E E A Die verfassungsmäßige Lage ist, wie mir fcheint, eine einfache; der Art. 32, um welchen es si hierbei handelt, lautet: „Die Mit- glieder des Reichstags dürfen als solche keine Besoldung oder Ent- schädigung beziehen.“ Nach der Verständigung, deren Genehmigung durch die gegenwärtige Vorlage von Ihnen erbeten wird, beziehen die H-rren Abgeordneten selbs weder eine Besoldung noch eine Entschâdi- gung, weder direkt noch indirekt. Daß sie sie nicht direkt beziehen, liegt, wie ih glaube, auf der Hand, denn um eine Besoldung handelt es fih überhaupt nicht, und eine Entschädigung seßt voraus, daß Jemand einen Schaden erlitten, einen Aufwand gemacht hat oder etwas dem Aehnliches. Das liegt auch nicht vor, direkt also wird weder eine Entschädigung noch cine Besoldung bewilligt. Nun könnte die Fraçe angeregt werden, und der Herr Abgeordnete für Frankfurt hat das in Verbindnng mit einer Aeußerung, die ih in der leßten Session zu machen Gelegenheit hatte, gethan, — daß es sich um eine indirekte Entshädigung handle. Ich will zugeben, daß sich das behaupten ließe, — und gerade diese Kombination schwebte mir im vorigen Jahre vor, — wenn etwa mit den Eifenbahnverwaltungen ein Arrangement dahin getroffen wäre, daß sie zwar von den Herren Abgeordneten kein Fahrgeld erheben, aber die einzelnen Fahrten notiren und nachher bei der Reichskasse liquidiren; dann könnte man sagen, es wäre wenigstens eine indirekte Entschädigung gegeben. Das ist aber auch nicht der Fall , — nach dem Arrangement, wie es hier vorliegt, ist überhaupt dasjenige, was die Eisenbahnen zu erhalten haben, von den Personen der Herren vollständig losgelöst. Es mag der Einzelne von feiner Fahrkarte Gebrauch machen oder nit, er mag von seiner Fahr- farte wenig oder mehr Gebrauch machen, es macht das für die Ent- schädigung, die die Eisenbahnen erhalten, keinen Unterschied.
Ich wiederhole also, E mittelbare indiz1ekte Entschädigung liegt nit vor, und ih halte hiernach die Vorlage mit der Verfassung für vollständig im Einklange. Ueber die Angemessenheit der Maßregel habe ih ndich hier nicht weiter auszusprechen; sie fteht lediglich Ihrem
Beschlusse anheim.
— Der Gesetzentwurf, betreffend einige Aenderungen des Mis-
Nachtrag zum Haushalts - Etat des Deutschen Reichs für 1874
187A.
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E litär - Penfionsgeseßzes, wurde von dem Bundesbevollmächtinten, Staats-Minister von Kameke, wie folgt eingeleitet: '
Die praftische Anwendung des Geseßes vom 27. Juni 1871 über die Versorgung und Pensionirung der Militär-Jnvaliden hat erkeunen lassen, daß niht alle Bestimmungen desselben diejenige Klarheit haben welche erforderlich ist, um den Willen der Geseßgebung ganz deutlich zu machcn. Es sind verschiedene Prozesse entstanden, und wenn sie auch im Allgemeinen den Ausgang gehabt haben, daß die Auslegung der Behörden als die richtige anerkannt worden ist, 1o hat sich doch nicht eine so entscheidende Praxis herauêgestellt, _daß nicht eine Differenz der Auslegung des Gesehes noch jeßt bestände. Anderntheils enthält das Geseß Bestimmungen, welhe der ur]prUng- lichen Absicht desselben entgegenlazufen, indem die Benefizianten durch dieses Geseß bisweilen ungünstiger geftellt worden find, als es nach der früheren Geseßgebung stattfand. j i
Diese beiden Verhältnisse haben die verbündeten Regierungen ver- anlaßt, vor den Reichstag zu treten, — troßdem es unerwünscht ist, ein
¿ it L S L | erst jo kurz bestehendes Gejeß einer Aenderung zu unterwerfen — um Anmerkung: Die Unterschriften sind eigenhändig zu unterzeichnen. |
eine authentishe Interpretation der differenten Punkte sowohl, als auch eine Aenderung der anderen Bestimmungen, von denen ich eben ge- sprochen habe, zu beantragen. » 5 E
Weil nun dies eben statthaben mußte, empfahl es si, bei dieser Gelegenheit gleichzeitig diejenigen Modifikationen mit in Vorschlag zu bringen, die sich als wünschenswerth durch die Praxis des Geschzes herausgestellt hatten, indem manche Erfahrungen erst jeßt gesammelt worden sind, damit man nicht binnen furzer Zeit von Neuem das Bedürfniß empfinde, auf diese selbe Materie zurückzugehen. Diese Modifikationen beziehen fich im Wesentlichen auf die mit einen Civilvecsorgungsschein versehenen Kriegsinvaliden. Durch die drei Jahre der Anerkennung hat sihch von diesen eine sol hohe Zahl ge- sammelt, daß sie durchaus in feinem Verhältuiß {teht mit der Zahl derjenigen Stellen, die man ihren im Civildienste anbieten kann, jo daß die Wohlthat, die man den Männecn durch den Versorgungsschein gegeben hat, eine durchaus illusorische geworden 1st. Eine zweite Sache, die einer Aenderung zu bedürfen scheint, find die Bestimmungen über die Pensionsentziehungen von Invaliden während der Zeit einer Dienstleistung im Staats- oder im. Kommunaldienste, die mit den Geldabzügen nicht mehr dem jeßigen Geldwerthe zu entsprechen scheinen.
Ferner sind Modifikationen wünschenswerth über die Pensionirung der 12 Jahre gfktiv gedienten Unteroffiziere. Schließlich sind Bestim- mungen erforderlich geworden, weil Streitpunkte aus dem Gesetze sich herauéleiten ließen Über den terminus a quo, von welchem aus die Zahlungen der Pensionen, sowohl an die Invaliden, als an deren Hinterbliebenen, statthaben sollen. : 7 ;
Diese sämmtlichen Elemente sind nun zusammengestellt in dem Gesetzentwurf, der Ihnen unter Nr. 10 der Drucksachen vorgelegt worden ist, in dessen Motiven Stück für Stück zu den einzelnen Pas- ragraphen das Wünschenswerthe der Modifikationen nachgewiesen ift.
SFch kann nur den Geseßentwurf einer wohlwollenden Prüfung des Hohen Hauses hiermit empfehlen
— Das dem Reichstage im Entwurf vorgelegte Gese, be-
treffend die einer besonderen Genehmigung be-
dürfenden gewerblihen Anlagen, lautet: e Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen 2c. i pa E verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nah erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt: Einziger Paragraph. : L
Dem Verzeichniß der einer besonderen Genehmigung bedürfenden Anlagen im §8. 16 der Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869 sind hin- zuzufügen: Hopfen-Schwefeldörren, Asphaltkochereien und Pesiedereien, soweit sie außerhalb der Gewinnungsorte des Materials errichtet werden, Strohpapierstoff-Fabriken, Darmzubereitungs-Anstalten, _Fa- briken, in welchen Dampfkessel oter andere Blechgefäße durch Bernieten hergestellt werden.
Urkundlich x.
Gegeben 2c. i
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Nach §. 16 der Gewerbeordnung vom 21. Zuni 1869 ift z::r Er- ridtung von Anlagen, welhe durch die örtliche Lage oder die Bes \chaffenheit der Betriebstätte für die Besißer oder Bewohner der be- nachbarten Grundstücke oder für das Publikum Überhaupt erhebliche Nachtheile, Gefahren oder Belästizungen herbeiführen können, die Ge- nehmigung der nah den Landesgeseßen zuständigen Behörde erforderlich. Die unter diese Bestimmung fallenden Anlagen find in einem beson- deren Verzeichniß aufgeführt, welches durch Beschluß des Bundesraths, vorbehaltlich der Genehmigung des nächstfolgenden Reichstags, er weitert werden fann. Leßtere Bestimmung trägt der Möglichkeit Rechnung, daß weitere Erfahrungen auch bei dem Betriebe anderer als der genannten Anlagen Uebelstände empfinden lassen, deren Aus- debnung schleunigst vorzubeugen geboten erscheint. Auf Grund solcher inzwischen eingetretenen Erfahrungen hat denn au der Bundesrath am 5. Juli v. J. beschlossen, das Verzeichniß konzessionspflichtiger nlagen im §. 16 der Gewerbeordnung auf Hopfen-Schwefeldörren, Asphaltkochereien und Pechsiedereien, soweit fie außerhalb der Ge- winnungsorte des Materials errihtet werden, Strohpapierstoff-Fabriken und Darmzubereitungs-Anstalten auszudehnen. Dieser Beschluß ist duch die Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 20. Juli v. J. — Reichs-Geseßblatt S. 299 — zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Gleichzeitig bat der Bundesrath beschlossen, die Bundesregierungen um eine Aeußerung darüber zu ersuchen, ob und inwieweit ein Bes dürfniß vorliegt, im Wege der Geseßgebung gegen die Belästigung des Publikums durch solche Anstalten, deren Betrieb mit einem steti- gen und intensiven Geräush verbunden ist, Abhülfe zu schaffen. Nach dem Ergebniß dieser Erörterung ist auch bei dew Betriebe der Fa- brifen von Dampffkesseln und von genietcten Blechgefäßen anderer Art die Gefahr erheblicher Unzuträglichkeiten für so groß zu erachten, daß ihre Aufnahme in das Verzeichniß des F. 16 der Gewerbeordnung bes antragt werden darf. i i S
Was die einzelnen Arten der hiernach unter den §. 16 zu stelleu- den Anlagen betrifft, so liegt die Gefahr der Hopfen-Schwefeldörren in der Erzeugung großer Mengen shwefeliger Säure, eines dem thie- rischen und pflanzlihen Organismus höchst nachtheiligen Gases, wel- ches in Ermangelung besonderer Vorkehrungen ‘aus den zum Dörren benußten Räumen in die freie Luft entweicht und die Vegetation in weitem Umfange mit Vernichtung bedroht. Bei den Asphaltkochereien und Pecsiedereien greifen ähnliche Rü@sichten Plaß, wie bei den in 8. 16 bereits aufgenommenen Anlagen zur Bereitung von Braunkohlentheer, Steinkohlenrheer und Koks. Es mußten hier indesseu diejenigen Anlage ausgenommen bleiben, welhe innerhalb der Gewinnungsorte des Via- teriales liegen, weil in diejem Falle die Anlagen einerseits den Cha- rakter gewerblicher Anlagen regelmäßig nicht an si tragen, anderer- seits fast immer entfernt von mens{lihen Verkehrspläßen, im Walde u. dgl. belegen scin werden. Die dur den Betrieb der Strohpapier- stoff-Fabriken herbeigeführten Unzuträglichkeiten beruhen nicht nur in der Erzeugung großer Mengen verunrcinigter Waschwässer, welche organishe Stoffe, Alkali-Abfälle, auch Rücktstände von Chlor enthalten, sondern au in der Verbreitung übelriechender Dünste. Sie stehen darin den Schnellbleichen nahe, welchc im §- 16 bereits aufgeführt find. Die Darmzubereitungs-Anstalten unterliegen, fo weit fie ih als Theil- eines Schlächtereibetriebes darstellen, hon jeßt dem Ver- | fahren der §8. 17 ff. der Gewerbeordnung; jo weit dies nit der | Fall. ift, war tyre Errichtung bisher an Einschränkungen nicht gebuu- | d:n, obwohl ihre sanitäre Bedeutung der des Schlächtereibetriebes