1874 / 43 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 19 Feb 1874 18:00:01 GMT) scan diff

6) Sämmtliche diese? Anleihe® betreffenden Bekanntmachungen er- folgen durch den in Berlin erscheinenden Rei&s-Anzeiger, oder das an dessen Stelle tretende Organ, dur das Anitsblatt der König- lichen Regierung zu Bromberg, oder das an dessen Stelle tretende Organ, und dur mindestens je ein in Nakel und Bromberg er- \cheinendes öffentlihes Blatt. Die leßteren Blätter wählt der Magistrat der Stadt Nakel und mat die Namen der gewählten r, sowie ctwaige Aenderungen derselben im Reichs-Anzeiger

ekannt.

7) Für die Sicherheit der Anleihescheine, sowie für die pünktliche und unverkürzte Zahlung der Zinsen haftet die Stadtgemeinde Nakel mit ihrem ganzen gegenwärtigen und zukünftigen Vermögen und ihrer Steuerkraft.

Nakel, den 10, September 1873.

Der Magistrat. Schema zu den Talons. j Regierungsbezirk Bromberg. Talon

zu der 9 Obligation der Stadt Nakel Litt Nr a über . . . Mark Reichswährung, zu viereinhalb Prozent verzinslich. Inhaber dieses Talons empfängt gegen dessen Nückgabe zu der vorbezeichneten Obligation die . . te Serie Zinscoupons für die fünf Fahre 18 . . bis 18 . . bei der Stadt-Hauptkasse zu Nakel, sowie in Berlin und Bromberg bei den mit der Zinszahlung betrauten Stellen, sofern von dem Inhaber der Obligation gegen diese Aus- händigung nicht rechtzeitig protestirt worden ift. Nakel, den ..-» teil » ¿- Der Magistrat. (Facsimile der Unterschrift des Magistrats-Dirigenten und zweier anderer Magistratsmitglieder.) Anmerkung zu den Semas für die Coupons und Talons. Die Namens-Unterschriften des Magistrats-Dirigenten und der beiden anderen Magistratsmitglieder können mit Lettern oder Facsimile-Stempeln gedruckt werden; doch muß jeder Coupon und Talon mit der eigenhändigen Namens-Unterschrift eines Kontrol- Beamten versehen werdén.

7 m a Din Va mte:

Provinz Posen.

#

Schema zu den Zinscoupons. j Regierungsbezirk Bromberg. Serie .

Zinscoupon Nr. „5E L A

Provinz Posen.

2 G Wider j Obligation der Stadt Nakel Lab 2) M9 Inhaber dieses Coupons empfängt gegen dessen Rückgabe am

Hul 18 . . die halbjährlichen Zinsen der Stadt-Obligation

2. Januar} i va E V ABREEIMENG E) Litt Nr l mil. “freie L | aus der Stadt-Hauptkasse zu Nakel, sowie in Berlin und Bromberg bei den von dem Magistrate dec Stadt Nakel zu bestimmenden und öffentlich bekannt zu machenden Stellen.

Nakel, den . .. ten 18, Der Magistrat. (Facsimile der Unterschrift des Magistrats-Dirigenten und zweier anderer Magistratsmitglieder.)

Dieser Zinscoupon wird ungültig, wenn dessen Geldbetrag nicht innerhalb vier Fahren nah Ablauf des Kalendersahres der Fälligkeit abgehoben wird.

Nichtamllihßes. Deutsches Nei9h.

Preußen. Berlin, 19. Februar. Ihre Majestät die Kaiserin-Königin mar gestern in der Kaiserin Augusta- Stiftung anwesend und wohnte der liturgishen Abendandaht zum Beginn der österlihen Zeit in dem Dome bei. Heute war Ihre Majestät in einer Vorstandssizung des Berliner Frauen- Lazareth-Vereins anwesend, und wohnte der Taufe der Tochter des Fürsten Anton Radziwill als Taufpathin bei.

Se. Kaiserlihe und Königlihe Hoheit der . Kronprinz ertheilte gestern Vormittag dem Dr. Stammann Audienz. Nachmittags 31/5 Uhr besuhte Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit mit Höchstseinen älteren Kindern die Vor- stellung im Cirkus Renz.

Des Kaisers und Königs Majestät haben zur Annahme der legtwilligen Zuwendungen, welche der Ritterguts- befizer I. W. Moßner in Berlin der National-Gallerie mit 8 Gemälden, und den Königlichen Museen mit 35 Gemälden, 22 Miniaturbildern sowie 281 fonstigen Kunst- und Alterthums- gegenständen gemacht hat, die Landesherrlihe Genehmigung zu ertheilen geruht.

Der Bundesrath hielt gestern unter Vorsiy des Staats-Ministers Delbrü eine Plenarsißzung, in welcher zwei Schreiben des Präsidenten des Reichstages, betreffend den Nach- trag zum Reichshaushalts-Etat für 1874 und den Auslieferungs- vertrag mit der Schweiz, zur Vorlage kamen, demnächst über die Mehrerfordernisse der Militär-Verwaltung für 1875 Bericht erstattet, endlih eine Eingabe vorgelegt wurde.

Im weiteren Verlaufe der gestrigen Sihung des Deutschen Reichtages kam nach dem Diätengeseß der An- trag der Clsaß-Lothringishen Abgeordneten zur Verhandlung :

„Der Reichstag wolle beschließen: daß die Bevölkerung Elsaß- Lothringens, welche, ohne darüber befragt worden zu sein, dem Deutschen Reiche durch den Friedensvertrag von Frankfurt einverleibt Warden ist, fich speziell über diese Einverleibung auszusprechen berufen

Vor der Berathung über diesen Gegenstand ließ der Prä- fident v. Forckenbeck folgenden ihm \soeben überreihten Antrag, der von 15 Mitgliedern unterstüßt und eingebraht war, verlesen :

Der Reichstag wolle beschließen, daß den Abgeordneten von Elsaß- R ilde qu p crbes gs i e und unbekannt fei, ge-

; r heutigen Sißung si d zu bedienen. Teutsch, Raeß u. Get e E

Da nach §. 21 der Geschäftsordnung die Berathung über einen derartigen Antrag in derselben Sißzung, in welcher er eingebracht ist, ohne daß er gedruckt vorliegt, nur dann stattfinden kann, wenn Fein Mitglied des Hauses widerspriht, der Abg. Dr. Braun aber widersprach, \o erklärte der Präsident v. Forckenbeck, daß es für die heutige Sizung bei der Bestimmung des S. 42 der Geschäftsordnung verbleibe. welche nach ihrem ausdrücktlihen Wortlaut, denselben der Ver- nunft und der Natur der Sache gemäß ‘ausgelegt, nur gestattet, daß im deutschen Reichstage deutsh gesprochen wird und welcher denjenigen Mitgliedern, die der deutshen Sprache niht mähtig find, erlaubt \chriftlihe, in deutsher Sprache verfaßte Reden

Der Abgeordnete Teutsch versuhte nun seinen Antrag zu begründen. Abg. Dr. Raéß. die Tribüne um die Erklärung abzugeben, daß seine Konfessionsgenossen den mit Frankreih abges{hkossenen Vertrag durchaus niht in Frage stellen wollten. Ein Antrag auf Schluß der Diskussion wurde angenommen, der Antrag der 15 Elsaß - Lothringenshen Abgeordneten darauf, gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, Polen, Elsaß - Lothringer, der Herren Kryger, Ewald und Sonnemann abgelehnt.

Die Berathung des Geschentwurfes über den Impfzwang wurde vom Ministerial - Rath v. Riedel (S. unter Reichstags- Angelegenheiten) eingeleitet; für das Geseg sprachen die Abge- ordneten Dr. Löwe und Dr. Zinn, gegen dasselbe die Abgeord- neten Dr. Reichensperger (Crefeld) und Reimers. Die zweite Be- rathung wird im Plenum stattfinden. Schluß 34 Uhr.

In der heutigen (8.) Sißung des Deutschen Reichstages, der am Tische des Bundesrathes der Präsident des Reichskanzleramts Staats-Minister Delbrück u. A. beiwohnten, trat das Haus in ‘die erste Berathung des Geseßentwurfes, be- treffend die Abänderung einiger Bestimmungen der Gewerbe- Ordnung, die von dem Bundeskommissar Regierungsrath Nie- berding eingeleitet wurde. Der Abg. Dr. Bamberger, der bei Schluß des Blattes noch das Wort hatte, hielt dafür, daß nah den Erfahrungen der neuesten Zeit die Gewerbegerihte keine Wirkung ausüben würden, da sie ja von den Arbeitnehmern niht anerkannt würden. Er vermißte ferner in der Vorlage die- jenigen Bestimmungen hinsichtlih der ländlichen Arbeiter, die der- selben im?vorigen. Jahre beigefügt waren.

E— Im weiteren Verlaufe der gestrigenF|Sizung des He xrenhauses nahmen noch an der Diskussion über die §8. 2 bis 5 des Gesehentwurfs, betreffend die Beurkundung des Personen- standes 2c., die Herren Has elbach, Hobrecht, v. Kleist-Reßow, Gobbin, Graf Brühl, Graf von der Schulenburg, Selke und Freiherr von Patow Theil; auch der Staats-Minister Dr. Falk und der Geheime Ober-Regierungs-Rath Ribbeck fanden fich veranlaßt, nochmals in die Diskussion einzugreifen. Dann wurden nah Schluß der Diskussion die 88. 2 bis 5 in folgender Fassung angenommen:

8. 2. In den Stadtgemeinden sind die Geschäfte des Standes- beamten von dem Bürgermeister wahrzunehmen. Der Bürgermeister ist jedoch befugt, diese Geschäfte widerruflich einem Beigeordneten oder einem sonstigen Mitgliede des Getneindevorstandes zu Übertragen. Auch können die Gemeindebehörden die Anstellung eines befonderen Standesbeamten beschließen. Derselbe wird in diesem Falle auf den Vorschlag des Gemeindevorstandes von dem Ober-Präsidenten ernannt.

s jeden mit Wahrnehmung der Geschäfte des Standesbeamten bete tragten ist in gleicher Weise wenigstens ein Stellvertreter zu

estellen.

Auf Beschluß des Gemeindevorstandes nach Anhörung der Ge- meindevertretung können größere Stadtgemeinden mit Genehmigung des Ober-Präsidenten in mehrere Standesamtsbezirke getheilt werden,

§. 3. Ju den Landgemeinden erfolgt die Abgrenzung der Standes3- amtsbezirke und die Bestellung der Standesbeamten auf Vorschlog des Kreisausschusses (8. 130 2c. der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872): und wo ein Kreisauss{chuß nit besteht, nah Anhörung der Gemeinde- behörden durch den Se,

Die Abgrenzung der Standesamtsbezirke erfolgt dergestalt, daß sie einen oder mehrere Gemeindebezirke unifassen ; größere Gemeinden Eönnen in mehrere Bezirke getheilt werden.

Unter Zustimmung - der ‘betreffenden Stadtgemeinde kann eine Landgemeinde oder cin Theil derselben cinem städtischen Standegamts- bezirke zugetheilt werden.

_Die Bestellung dec Standesbeamten erfolgt in allen Fällen auf Widerruf. Für jeden Standesbeamten werden ein oder mehrere Stell- vertreter bestellt.

_ Jeder Gemeindebeamte, insbesondere jeder Gemeindevorsteher (Vürgermeister 2c.) ift verpflichtet, für denjenigen Bezirk, zu welchem der Bezirk scines Hauptamtes gehört, das Amt eines Standesbeamten oder Stellvertreters zu übernehmen. Dieselbe Ver»flichtung haben die besoldéten Vorsteher der aus mehreren Gemeinden eines Kreises zu- sammengeseßten Verwaltungsbezirke (kommissarishe Amtsvorsteher, Amtmänner, Hardesvoigte, Kirhspielvoigte 2c.) mit Ausnahme jedo der Amtshauptleute in der Provinz Hannover und der Amtmänner im Regierungsbezirk Wiesbaden.

§. 3a, In Stadt- und Landgemeinden erlischt für Gemeinde- und Bezirksbeamte die Bestallung zum Standesbeamten zugleih mit dem Verluste des Gemeindeamtes. Auf Verschlag des Kreisaus\chusses oder, wo ein solcher nicht besteht, nah Anhörung der Gemeindebehör- den darf im Falle cines besonderen Bedürfnisses das Amt eines Standesbeamten vom Ober-Präsidenten statt der in §8. 2 und 3 ge- nannten Gemeinde- und Bezirksbeamten auch anderen Personen, jedoch nur mit deren Einwilligung, Geistlichen aber überhaupt nicht über- tragen werden.

8. 4. Gemeinde- und Bezirksbeamte sind bercchtigt, für Wahr- nehmung der Geschäfte des Standesbeamten von den zu dem Bezirke ihres Haupt-Amtes nicht gehörigen Gemeinden eine in allen Fällen ais Pauschquantum festzuseßende Entschädigung zu beanspruchen.

Die Fefstscßung erfolgt in den Stadtgemeinden durh die Ge- meindevertretung, für die Landgemeinden durch den Kreisauss{chuß wes A us ein jolcher nicht besteht, dur die Bezirksregierung (Land- rostei).

Beschwerden über die Festseßung unterliegen der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, beziehungsweise, bis zur Einrichtung eines solchen, des Ober-Präsidenten. Diese Entscheidung ist endgültig. Bestellt in Stadt- oder Landgemeinden der Ober-Präsident andere Personen, als die in §8. 2 und 3 genannten Gemeinde- und Bezirks- S so fällt die ctwa zu gewährende Entschädigung der Staats- asse zu.

Die sächlihen Kosten werden in allen Fällen von den Gemeinden getragen; die Register und Formulare zu allen Registerauszügen wer- den jedoch den Gemeinden vom Staate kostenfrei geliefert.

_Die den Standesbeamten zu gewährende Entschädigung, beziehungs- weise der Betrag der sächlichen Kosten, find auf die einzelnen bethei- ligten Gemeinden nah dem Maßstabe der Seelenzahl zu vertheilen. __§. 9. Den Gemeinden und Gemeindevorstehern werden rücksiht- lich der Bestimmungen dieses Geseßes die jelbständigen Gutsbezirke und die Gutsvorsteher gleich geachtet.

Als Stadtgemeinden im Sinne dieses Gescßes sind im ehemaligen

Herzogihum Nassau, in den ehemals Großherzoglih und Landgräflich

hessischen Landestheilen, sowie im ehemaligen Fürstenthum Hohenzollern- Sigmaringen bis zur erfolgten anderweiten Regelung der Gemeinde-

ersasuns alle Gemeinden mit 1500 und mehr Einwohnern zu hbe-

raten.

Hierauf wurde die Sizung um 31/4 Uhr auf heut vertagt.

In der heutigen (13.) Sizung des Herrenhauses, welcher der Vice-Präsident des Staats-Ministeriums, Finanz- Minister Camphausen, der Justiz-Minister Dr. Leonhardt und der Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Dr. Falk bei- wohnten, und die der Präsident Graf Otto zu Stolberg - Wer- nigerode um 111/, Uhr eröffnet hatte, wurde zunächst das neu ein- getretene Mitglied Frhr. v. Mirbach vereidigt. Dann trat das Haus in die Fortsezung der Spezial-Diskussion über den Ge- seßentwurf, betreffend die Beurkundung des Pexrsonenstandes und die Form der Eheschließung. Die Diskussion begann bei 8. 6, welher nah den Anträgen der Kommission folgender-

von der Tribüne zu verlesen.

Nachdem er seine Rede beendet hatte, betrat der

Die Aufsicht über die Titosrdtnng der Standesbeamten wirdkin den Landgemeinden des Geltungsbereihs der Kreisordnung vom 13, Dezember 1872 pon dem Kreisauéshuß und in höherer Instanz von dem Verwaltungêgericht geübt.

Außerhalb des Geltungsbereichs der Kreiéordnung sowie in den Stadtgemeinden treten an die Slelle des Kreisausshusses und Ver- waltungsgerihts die für die Aufsict ix Gemeindeangelegenheiten zu- ständigen Behörden. i 5255 Ns

Lehnt der Standesbeamte die: Vornahme einer Amtshandlung ab, so kann er dazu auf Antrag der Betheiligten dur das Gericht anges wiesen werden. Zuständig ist das Kollegialgeriht erster Inftanz, in der Provinz Hannover der kleine Senat des Obergerichts, in dessen Bezirk der Standesbeamte seinen Amtssiß hat.

Das Verfahren und die Beschwerdeführung gegen die Verfügung des Gerichts regelt fih nach den Vorschriften, welhe in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelte.

Hierzu beantragteZHerr von ¡Voß: dem Antrage folgende Faffung zu geben 7

__ Die Auffiht über die Geschäftsführung aller mit dem Amte eines Standesbeamten betrauten Behörden und Personen wird dur die Regierungen (Landdrosteien) geübt; Beschwerden über Mängel und Verzögerungen im Geschäftsbetriebe und wegen der Gebühren, Fest- seßung, sowie Anträge auf Berichtigung von Eintragungen (F. 47) find an diese zu richten. tz tai egen j Ist die Beschwerde darauf gerichtet, daß ein Standesbeamter die Vornahme einer Amtshandlung widerrechtlich verweigert oder bei deren Vornahine gegen geseßliche Vorschriften verfahren habe, so find nah vorgängiger Erörterung des Sachverhalts die abge- \hlossenen Verhandlungen dem Kollegialgerihte erster Jnstanz, in der Provinz Hannover dem kleinen Senat des Obergerichts, in dessen Bezirk der Standesbeamte seinen Amtsfiß hat, durch die Aufsihhts- behörde vorzulegen.

Das Verfahren und die Beshwerdeführung gegen die Verfügung des Gerichts regelt sich nah den Vorschriften, welche in Sachen dex E E get, Gtlihen Verf

ür die Ausführung der gerihtlichßen Verfügung hat ergeblichen Falls die Aufsichtsbehörde Sorge zu tragen. 2e

Graf von Krassow beantragte dagegen : j

„a. §. 6 Abf. 1 zu fassen: Die Aufsicht über die Amtsführung der Standesbeamten wird in den Landgemeinden von dem Kreisaus- \{chuß, und wo ein folher niht besteht, sowie in den Stadtgemeinden von der für die Aufsicht in Gemeinde-Angelegenheiten zuständigen Be-

hörde geübt. Þb. §. 6 Abs. 2 zu streichen. * _ Außerdem stellte Fürst von Pleß folgenden Antrag:

1) in den 88. 23, 25, 26, 27, 30, 31, 32 und 34 an Stelle des

Wortes „Standesbeamter resp. Beamter“ zu seßen! „Richter"; 2) deu

8. 24 zu fassen wie folgt: Für den Abschluß der Ehe ist der Einzel-

richter zuständig, in dessen Bezirk einer der Verlobten seinen Wohnsiß

hat oder sich gewöhnlih aufhält. Unter mehreren zuständigen Richtera haben die Verlobten die Wahl. Eine nah den Vorschriften dieses

Gescßzes geschlossene Ehe kann nicht aus dem Grunde angefochfen

werden, weil der Richter, welcher zv deren Abschlusse mitgewirkt, nicht

der zuständige gewesen ist.

Das Haus beschloß, zunächst über den prinzipiellen Antrag des Fürsten Pleß in Berathung zu treten, An der Diskussion betheiligten sich die Herren von Voß, Dr. Tellkampf, Graf zur Lippe, Graf von der Schulenburg-Beeßendorf, Fürst Pleß, Dr. von Goßler, Dr. von Dernburg und Freiherr Senfft von Pilsach. Auch der Justiz-Minister Dr. Leonhardt erklärte sich wiederholt gegen den Antrag des Fürsten von Pleß, der \{chließlich abge- lehnt wurde. In gleicher Weise wurden auch die Anträge der Herren von Voß und Graf Krassow abgelehnt, demnächst ward der Anirag der Kommission angenommen.

Der §. 7 wurde sodann in der Fassung der Regierungs- Vorlage und die §8. 8, 9 und bei Shluß des Blattes §. 10 ohne bemerkenswerthe Debatte in der von der Kommission vor- geschlagenen Faffung angenommen.

Um den Amtsvorstehera die Verwaltung der Polizei thunlichst zu erleichtern, ersheint es dem Minister des Innern erforderli, denselben eine vollständige Sammlung der in dem Regierungsbezirke geltenden Landes-Polizei-Verordnun- gen und der damit im Zusammenhange stehenden geseßlichen Vorschriften in die Hand zu geben. Zwar existiren solhe Samm. lungen bereits für die meisten der Regierungsbezirke im Geltungs- bereiche der Kreisordnung; dieselben sind jedoch ihrer großen Mehrzahl nah vor einer längeren Reihe von Jahren veranstals- tet, und sind nur wenige derselben durch Nachträge bis auf die Gegenwart ergänzt. Der Minister des Jnnern hat deshalb die Königlichen Regierungs - Präsidien in denjenigen Provinzen, in denen die Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 gilt, veranlaßt, sofern dies noch nit geschehen fein follte, eine vollständige Sammlung der in dem Regierungsbezirke zur Zeit geltenden Landes - P OUNLNE U und der damit im Zusammenhang" stehenden geseßlichen Vorschriften nebst Sachregister in einer für. den Gebrauch der Behörden zweckmäßigen Weise mit thunlichster Beschleunigung veranstalten zu lassen.

Ferner hat der Minister den Regierungs - Präsidien empfoh- len, den Amtsvorstehern zur Einrichtung ihrer Bureaus und zur formellen Behandlung der von ihnen zu bearbeitenden Ge- \chäfts\achen eine entsprehende Anleitung zu geben, deren Auf- gabe es sein wird, das Bureauwesen des Amtsvorstehers \o ein- fah wie möglih zu gestalten und jede unnöthige Schreiberei zu vermeiden. Für die Ausarbeitung einer solhen Anleitung '(Ge- \{chäfts-Instruktion) ist auf das von dem Regierungs - Affessor und Rentmeister I. Piehsch herausgegebene Werk: 140 Formu- lare nebst Erläuterungen für den Geschäftskreis ländliher Orts- Dbrigfkeiten, Potsdam, Verlag von Eduard Döring 1868, als Anhalt hingewiesen worden. |

__— Nah einer Bestimmung des Ministers des Innern sind die aus zwei oder mehreren Gütern Bestehenden Amtsbezirke auch dann, wenn sie sich nur in Einer Händ befinden, als zu- \sammengeseßte Amtsbezirke zu behandeln, sofern diese Güter nicht zusammen nur einen einzigen selbständigen Gutsbezirk bilden.

Der Finanz-Minister hat die Bezirksregierungen darauf aufmerksam gemacht, daß ein dem auf Grund des Artikel 13 des Reihs-Münzgeseßes vom 9. Juli pr. (R. G. Bl. S. 233) gefaßten Beschlusse des Bundesraths, nah welchem die ö ster- reihishen und ungarischen Viertelguldenstücke von der Annahme bei den Staats- und sonstigen öffentlihen Kassen- des Deutschen Reiches ausgeschlossen sein sollen, entsprechendes- Verbot für den preußishen Staat \{hon immer in Folge der Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom 25. Oktober 1821 (G. S. S. 184) bestanden hat. Durch Verfügung vom 11. September pr. hat der Finanz-Minister die ausdrückliche Einschärfung des- selben an die Königlihen Kassen angeordnet, \obald denselben bei der Wiederverausgabung etwa vereinnahmter Münzen der gedachten Art Schwierigkeiten entgegentreten würden. Jm Sinne dieser Verfügung lag es, daß, wenn kassenführende Beamte fih mit der Annahme der erwähnten Viertelguldenstücke befaßten, fie auh dafür zu sorgen hatten, dieselben alsbald wieder auszu- geben. Wenn dem nicht entsprechend einzelne Kassenbeamten die gedahten Münzen in unverhältnißmäßigen Quantitäten an-

maßen lautet: #

genommen und unter Verabsäumung der Gelegenheit zu deren Wiederverausgabung angesammelt haben, so find die Bezirks-

Regierungen angewiesen worden, sorgfältig zu prüfen, ob die betreffenden Beamten nicht für den dur dieses Verfahren der Staatskasse verursachten Verlust verantwortlich zu machen sind.

Außerdem hat der Finanz-Minister Folgendes bestimmt: 1) da die österreichischen und ungarischen Viertelguldenstücke von den Königlichen Kassen nunmehr unter keinen Umständen weiter ange- nommen werden dürfen, haben die letzteren die bei ihnen befindlichen Münzstüke der gedachten Ärt fortan auc nicht mehr zu verausgaben. 2) Die Königlichen Regierungen haben von fämmtlichen Königlichen Kassen ihres Ressorts auszählen und sich unverzüglich anzeigen zu lassen, welcher Betrag an österreichishen und ungarischen Viertel- guldenstücken ih in denselben befindet. Sind die bejeilneten Mün- zen in versiegelten Beuteln oder Rollen vorgefunden, so ist die Be- hörde anzugeben, von welcher die leßteren angefertigt waren, und der Betrag an Viertelgulden, welcher sih in den von jeder dieser Behörden eingesiegelten Beuteln und Rollen befunden hat, ferner auch soweit thunlih der Zeitpunkt, wann die Beutel oder Rollen bei der die Auszählung jeßt bewirkenden Kasse zur An- nahme gelangt sind. Von dem Gesammtresultat der bewirkten Auszählungen is demnächst sofort dem Finanz-Minister Anzeige zu erstatten unter getrennter Angabe, welcher Betrag sich in Beuteln oder Rollen befunden hat, welhe von Kommanditen der Preußishen Bank, welhe von Reichskassen (Post-, Telegraphen-, Militär- 2c. Kassen) und welhe von Kassen der Verwaltung der indirekten Steuern formirt waren. 3) Die bei den Spezial- Kassen vorhandenen Bestände an Münzen der gedachten Art sind, vorbehaltlich der Erörterung darüber, ob die kafsen- führenden Beamten für den bei der demnächstigen Veräußerung beziehungsweise Verwerthung der Viertelguldenftücke entstehenden Verlust Ersay zu leisten haben werden —, unter Anrechnung des Nominalwerthes an die Regierungshauptkasse abzusühren und bis auf weitere Bestimmung zu afserviren.

Dex General - Lieutenant [und Commandeur der 2. Di- vision, von Tresckow 11, welher mit Urlaub von Danzig hier eingetroffen war, hat sich nach Dessau begeben.

: Der General-Major und Commandeur der 55. Infan- terie-Brigade, von Neumann I., ist zum Kommandanten von Berlin ernannt worden.

Der Dekan von Westminster, London, Mr. Stanley, welcher die Trauung des Herzogs von Edinburgh in St. Peters- burg vollzog, is auf der Rückreise von dort nach London heute früh hier eingetroffen und im Hotel Royal abgestiegen.

Der Kaiserli russishe General-Adjutant, General Graf Stroganoff ist heute früh aus St. Petersburg hier an- gekommen.

Bayern. München, 16. Februar. Von der im Geseße vom 29. Dezember v. I., die vorläufige Fortdauer des provi- forishen Taxgesehes betreffend, dem Staats - Ministerium der Finanzen ertheilten Ermächtigung, Stempelmarken anfertigen u lassen, dur. deren Verweadung auf stempelpflihtigen Schrift- Küken die gesezlihe Verpflihtung von Stempelbogen erfüllt werden kann, wird dasselbe, wie die „Allg. 3tg.* vernimmt, vorerst keinen Gebrauch machen, und zwar mit Rücksicht auf die in Aussicht stehende Einführung der Reichsmark - Währung, weil dann wieder neue Stempelmarken angefertigt werden müßten. Dagegen wird das genannte Ministerium von der anderen ihm durh das angeführte Geseg er- theilten Ermächtigung Gebrauch machen, und demgemäß die ihm dur das provisorische Taxgesey vom 21. Juni 1870 eingeräumte Befugniß statt der wirklihen Stempelverwendung zu den Ur- \hriften der gerichtlichen Verhandlungen die Erhebung und Ver- rechnung des geseßlihen Stempelgebührbetrages als Taxe anzu- ordnen auf alle stempelpflihtigen Schriftstücke ausdehnen, welche in den Landestheilen rechts des Rheins bei einer König- lihen Gerichts- oder Verwaltungsbehörde oder von einem Notar aufgenommen oder ausgefertigt werden, oder bei denen bisher eine nachträglihe Stempelbeikassirung Seitens der genannten Behörden und Notare zulässig war. Die betreffende Anordnung soll demnächst erlassen werden und mit 1. April d. J. in Kraft

ireten.

JwWürttemberg. Stuttgart, 17. Februar. Der Herzog Wilhelm Eugen von Württemberg ift heute Nacht in Begleitung des General-Adjutanten des Königs, General- Lieutenants Freiherrn v. Spiyemberg, und des Flügel- Adjutanten Rittmeisters v. Sick nach St. Petersburg abgereist, um \ich den Hohen Verwandten seiner Braut, der Großfürstin Vera von Rußland, vorzustellen.

Baden. Karlsruhe, 17. Februar. Gestern Abend fand im Großherzoglichen Schlosse hierselbft Hofball statt, zu welhem vierhundert Einladungen ergangen waren. Außer den hier an- wesenden Fürftlichen Personen wohnte die Erbprinzessin von Monaco, welche von Baden hier eingetroffen war, dem Hoffefte an. Von höhern Offizieren waren unter Andern erschienen aus Straßburg: der kommandirende General des XV. Armee-Corps, General der Infanterie von Fransecky, der Gouverneur von Straßburg, General der Kavallerie von Hartmann, der General- Lieutenant von Schkopp, Commandeur der 31. Division; aus Freiburg der General-Lieutenant von Woyna, Chef der 29, Divi- fion, ebenso eine Anzahl von Offizieren aus Saarbrüen, Rastatt, Ettlingen, Durlach, Bruchsal und Mannheim. * _— Der Art. 1 des Gesehentwurfs, betressend die Aenderung einiger Bestimmungen des Geseyes vom 9. Oktober 1860, die rehtliche Stellung der Kirhen und kirhlichen Vereine im Staate betreffend, wie er ia der Sizung der

Ersten Kammer am 12. d. M. angenommen wurde, lautet

nunmehr : * Art. 1. Die Absähße 2 und 3 des §8. 9 des Gescßes vom 9. Hftoker 1860 werden dur folgende Bestimmungen erseßt: Die Zu lassung zu einem Kirchenamt oder zur öffentlihen Ausübung kirch- licher Funktienen ist durch den Nachweis einer allgemeinen wissen- schaftlihen Vorbildung bedingt. Dazu wird regelmäßig erfordert, daß der Kandidat Zeugnisse über die von ihm bestandene Abiturienten-, bezw. Maturitätsprüfung und den dreijährigen Besuch einer deutschen Universität vorlegt, sowie von einer Staatsbehörde, und zwar frühestens nach zweieinhalbjährigem Ii durch eine Prüfung in den altcn Sprachen, in Philosophie, Geschichte und deutscher Literatur darthut, daß er die für seinen Beruf exforderliche allgemein wissen- Ne Bildung erworben habe. Vom dreijährigen Besuche einer eutschen Universität darf Der nit dispensirt werden, welcher scine Studien an einer Anstalt gemacht hat, an der Jesuiten oder Mit- glieder anderer verwandten Orden (Reichägesebz vom 4, Juli 1872) lehren. Das Nahere wird durh Regierungsordnung bestimmt. Die Bestimmungen dieses Paragraphen finden auch Anwendung auf den Kapitularvikar, den Generalvyikar, die außerordentlichen Räthe und Affsefsoren des Ordinariats, auf die Vorsteher und Lehrer des Seminars.

Mecklenburg. Schwerin, 18. Februar. Der Erb- roßherzog und der Prinz Shönburg find gestern hier- felost eingetroffen.

In der Verhandlung des hier tagenden außerordentlichen Landtags zur Berathung der von den Regierungen vorgelegten Grundzüge zur Modifikation der bestehenden Landesverfassung ist gestern eine wichtige Abstimmung erfolgt, indem die Borschläge der Majorität der von der Ritterschaft in das Komite zur Berathung der Vorlage gewählten Mitglieder durch Standesbeschlüsse beider Stände, der Landschaft und der Ritterschaft, abgelehnt worden sind, und zwar von der Landschaft mit 27 Stimmen gegen 7, von der Ritterschaft mit 161 Stimmen gegen 109. Diese Vor- \chläge sprechen sih für das politische Fortbestehen der Ritter- und Landschaft aus und zuglei für das Zurückgreifen auf die früher auch den Landtagen von 1872 und 1873 von den Re- gierungen gemachten, im Dezember v. I. aber von ihnen zurü- gezogenen Propositionen (Konservirung der ständishen Basis, unter Hinzufügung cines dritten Standes der Domanialinsassen), involvirten also die entschiedenste Verwerfung der neuen Vor- lage, welhe nah den Erklärungen der Landesherren auf die Herstellung einer einheitlihen Landesvertretung mit unbeschänkter Theilnahme an der Gesehgebung und bedeutenden Rechten zur Feststellung des Staatshaushaltes und auf die Aufhebung des patrimonialen Charakters der bisherigen Verfassung abzweckt.

k (W. T. B.) Heute beshloß die Landtagsver- fammlung, den Komiteberiht über das Verfassungswerk nebst den gefaßten Beschlüssen den Regierungs-Kommissaren zu übergeben. Der Antrag, die Weiterberathung der Grundzüge auszuseßen, wurde bei erfolgter Abstimmung abgelehnt.

Lübe, 18. Februar. Die „Lüb. Anz.“ veröffentlihen einen zweiten Nachtrag zur Landgemeinde-Ordnung vom 14. Oftober. 1868 und einen Nachtrag zu der Gemeinde-Ordnung für das Städthen Travemünde vom 29. Januar 1874. Der Senat theilte der Bürgerschaft mit, daß in Folge des Aufshwunges, welchen der Lübecishe Handel in den lezten Iahren genommen, die im Jahre 1868 beim Eintritt Lübecks in den Zollverein für die Zwecke des hiesigen Haupt-Zollamtes beziehungsweise zur Zollniederlage Hergerichteten Räumlichkeiten der Grundstücke Nr. 478 bis 481 an der Trave den an fie gestell- ten Anforderungen in keiner Weise mehr entsprechen, und daß er daher seine Kommission für Zollangelegenheiten mit einer weiteren Prüfung der Angelegenheit beauftragt habe. Unter Darlegung des Ergebnisses der in Gemäßheit dieses Auftrages Seitens der Kommission mit der Zollbehörde eingeleiteten Ber- handlungen, sowie der von der Bau-Deputation auftragsmäßig vor- gencmmenen weiteren Ermittelungen, stellte der Senat den An- trag, daß an die Bau-Deputation, zum Zwecke der Herstellung cines zur Aufnahme der Bureaus des hiesigen Kaiserlichen Haupt-Zollamtes und einer Dienstwohnung für den Dirigenten des leßteren bestimmten Gebäudes, sowie zweier, nacheinander zu erbauender, als Zollniederlage zu benußender Speicher auf den Grundstücken Nr. 478 bis 481 an der Trave, nach Maßgabe der nebst Plänen und Kostenanschlägen vorgelegten Berichtes des Baudirektors Dr. Krieg vom 27. Januar 1874, die Summe von 169,400 Mark, soweit erforderlih und Rechnungsablage durch die Baudeputation vorbehältlih, zu verabfolgen, und daß dieser Kostenbetrag auf die Nachsteuergelder anzuweisen sei.

Die Bürgerschaft genehmigte gestern den Senatsantrag.

Hesterreich-Ungarn. Wien, 17. Februar. Im Abge- ordnetenhause beantragten Foregger und Genossen eine Reform der Preßgesehgebung, besonders betreffs desFobjektiven Verfahrens. Die Regierungsvorlage betreffs Anlegung neuer Grundbücher wurde einem neungliedrigen Spezialaus\chusse, die Steuerreform- vorlagen einem \sechsunddreißiggliedrigen Spezialausshusse und das Gesetz, betreffend die Vorschüsse an Gemeinden in den Theilen des Böhmerwaldes, die vom Borkenkäfer befallen sind, dem Budgetausfhusse zugewiesen. Ryger und Genossen bean- tragten die Gründung einer Reichs - Hypothekenbank zur Beleh- nung des freien Realbefizes. Sturm und Genossen interpellirten wegen des Baues einer Eisenbahn von der bayerischen Grenze über Krumau, Budweis und Iglau nach Brünn. Der mit Rußland abzuschließende Postvertrag wurde angenommen.

Vesth, 17. Februar. Im Abgeordnetenhause ant- wortete auf eine Interpellation Kosztics', betreffend die Konsfis- fation der serbishen und \hwarzgelben Fahnen bei der Pancso- vaer Abgeordnetenwahl der Minister Szapary, daß im Sinne des Geseßzes der Gebrau fremder Fahnen bei ähnlihen An- lässen strenge verpönt sei. Die zahlreichen Mißbräuche und Ge- feßesverlezungen Seitens der Unruhestifter erheischten energische Maßnahmen. Miletics rief: „Wir werden uns die konfiszirten Fahnen \chon wieder verschaffen.“ Koloman Tisza verlangte, der Präsident möge Miletics auffordern, diese Aeußerung näher zu erklären. Ueber die hierauf erfolgte Aufforderung des Prä- fidenten erklärte Miletics, er habe unter Wiedererlangung an feine revolutionären Tendenzen gedacht, sondern die Anwendung konstitutioneller Mittel gemeint. Wenn man der serbischen Nation den 200 jährigen Gebrau der eigenen Nationalfahnen entziehen wolle, werde sich die Nation an den König wenden, um Schuß zu erlangen. Die Erklärung Mileticz, sowie die Antwort des Ministers wurden zur Kenntniß genommen. Die Geseßvorlagen über Aufhebung des Einfuhrzolles auf Getreide und Hülsenfrüchte, Über den Nachtragskredit zu den gemeinsamen Ausgaben von 1872 und 1873, über den Auslieferungsvertrag mit Großbritannien, über Verwendung der 1872 r Kreditreste, endlich der Beschlußantrag Tisza's über Bewilligung von 500,000 Fl. zur Unterstüßung Arbeiisunfähiger wurden an- genommen.

Schweiz. Bern, 18. Februar. (W. T. B.) Den Pfarrern der französishen Grenzorte ist die Abhaltung des Gottesdienstes im Jura an Stelle der ausgewiesenen Geist- lihen bei Strafe der Verhaftung untersagt worden. :

Der Bundesrath hat das Comité suisse et inter- national du Simplon und, falls dieses verzihten ollte, die Société financière Vaudoise verbunden mit den westshweizerischen Bahnen als Käufer bei der zweiten Versteigerung der Ligne d'Italie zugelassen.

Niederlande. Haag, 18. Februar. (W. T. B.) Die Sitzungen der Zweiten Kammer haben heute wieder begonnen. Der Deputirte Gratama beantragte, eine Adresse an den König zu erlassen und in derselben den Führern des Landheeres und der Marine den Dank der Nation für die von ihnen während des Feldzuges in Atchin bewiesene Hingebung und Tapferkeit auszusprehen. Die Berathung des Antrages findet nächsten Montag ftatt. j

Großbritannien uud Jriand. London, 19, Fe- bruar. (W. T. B.) Die offizielle Liste des von Dis- raeli neu zu bildenden Ministeriums wird nit vor morgen zur Veröffentlihung gelangen, do gilt es als

gewiß, daß Earl Derby, der Marquis von Salisbury, der Herzog von Richmond, Lord Cairns, Gathorny Hardy, Ward Hunt

und Sir Stafford Northcote in das Kabinet eintreten werden. Lord George Hamilton ist dem Vernehmen nach als Unter-Staats- sekretär des Auswärtigen in Ausficht genommen.

Dem „Daily Telegraph® zufolge würde Gladstone mit Rüesicht auf seinen Gesundheitszustand von der Leitung der liberalen Partei theilweise zurücktreten und fich nur an den allererheblihsten Debatten betheiligen.

Frankreich. Paris, 19. Februar. (W. T. B.) Eine von Delegirten der Partei der Republifaner im Departement Vaucluse abgehaltene Versammlung hat Ledru Rollin als Kandidaten für die Nationalversammlung aufgestellt. Die Dr- gane der gemäßigten Linken \prechen \ich über die Aufstellung dieser Kandidatur mißbilligend aus.

Spanien. Unter dem 31. Januar d. I. hat die Regierung der Republik nahstehende Verordnung erlassen:

Art. 1. Die cantabrishe Küste vom Vorgebirge Peñas bis nah Fuenterrabia, mit alleiniger Auénahme der Häfen von Gijon, San- tander und San Sebastian wird in den Blokadezustand erklärt.

Art. 2. Die Regierung wird die Vorschriften erlassen, denen die- jenigen inländischen Schiffe unterworfen sind, welche in die Häfen von Gijon, Santander und San Sebastian aus Spanien oder dem Aus- lande mit eclaubten Ladungen, in denen sih keine Kriegs-Contrebande befindet, einlaufen, damit fie nicht durch die blokirende Seemacht be- läitigt werden.

Art. 3. Die ausländishen Schiffe, welche unter gleichen Be- dingungen mit erlaubter Ladung nach den gedachten Häfen kommen und dieselben für die spanischen Schiffe festgestellten Verhaltungsregeln beobachten, sollen gleichfalls nicht durch die blokirenden Schiffe zurüdcks gehalten werden, wenn aus der von Leßteren angestellten Untersuchung hervorgeht, daß jene Vorschriften befolgt find.

Art. 4. Die Schiffe, welche gegen diese Vorschriften handeln, werden festgenommen und denjenigen Strafen unterworfen, welche das Seerecht für dergleichen Fälle allgemein anerkannt, und das Geseh vom 26. November 1864 über Blokaden für das Geschwader der Südsee vorschreibt.

Art. 5. Um den effektiven Blskadestand in den durch Art. 1 vorgeschriebenen Grenzen aufrecht zu erhalten, werden nach jener Küste die nöthigen Kriegsschiffe gesandt werden.

Art. 6. Der Minister de Estado wird diesen Eclaß den \pani- {hen Botschaftern, Gesandten und Konsular-Agenten bei den fremden Mächten mittheilen, damit nah seiner gehörigen Bekanntmachung Niemand die Unkenntniß desselben vorgeben kann; zugleih wird er ihnen anzeigen, daß dieses Dekret vom 20, Februar d. J. an in Kraft tritt.

Art. 7. Der Marine-Minister wird die nöthigen Befehle und Justruktionen erlassen, damit dieses Dekret pünktlich und s{uldiger- maßen ausgeführt wird.

Madrid, den 31. Januar 1874.

Der Präsident der Exekutiv-Gewalt. (gez.) Francisco Serrano. Dex Marine-Minister. (gez.) Juan Bautista Topete.

Jtalien. Rom, 14. Februar. NaG einer von der „Gazzetta offiziale“ veröffentlichten Uebersicht der verkauften Kirchen- und Klostergüter wurden im Laufe dis verflosse- uen Januars 815 Stück für 2,151,645 L. verkauft und, vom 96. Oktober 1867 bis 31. Januar des laufenden Jahrrs 59,491 für 449,809,542 L.

Die Deputirtenkammer sehte gestern die Verhand- lungen über den die Papiergeld-Emission betreffenden Gesetzentwurf fort. Nachdem mehrere Abgeordnete die von ihnen vorgeschlagenen Tagesordnungen begründet hatten, erklärte der Finanz-Minister, daß die Regierung keinem Antrag zustimmen könne, der wesentlihe Veränderungen an der Vorlage bezwecke, und er seßte hinzu, -daß, obgleih der Gesetzentwurf keinen po- litischen Charakter habe, das Ministerium mit ihm stehen oder fallen werde. Hierauf folgten verschiedene persöônlihe Bemer- fungen, und nachdem alle Tagesordnungen bis auf zwei zurück= gezogen worden waren, von denen die erste vom Abgeordneten Depretis und die zweite vom Deputirten de Lucia und 72 Mit- gliedern der Linken und des linken Centrums unterzeichnet waren, stimmte die Kammer mit großer Majorität für die des Abgeordneten Francesco de Luca, welche lautet: „In Erwägung, daß der vorliegende Gesezentwurf Staatspapier und Bankpapier vont cinander scheidet; daß er den Zwangscours auf den Be- trag der Staatsschuld beschränkt; daß er einen Termin für das Aufhören des legalen Cours feststellt und daß er den Weg zur Abschaffung des Zwangscourses ofen halten will, geht die Kammer zur Berathung der einzelnen Artikel über.“ Unter großer Aufregung wurde die Sißzung hierauf aufgehoben, um heute in die Berathung der Artikel einzutreten.

Der Minister der öffentlihen Bauten hat eine Kommission von Civil-Ingenieuren nah Dberitalien gesandt, um die Hauptzuflüsse des Po zu untersuchen und die dringendsten Arbeiten anzuordnen, um Uebershwemmungen im nächsten Frühjahre vorzubeugen.

Türkei. Konstantinopel, 18. Februar. (W. T. B.) Edhen Pascha (Mitglied des Staatsraths) is zum Minister für die öffentlihen Arbeiten und der bisherige Arbeits- Minister Ismail Pascha zum Präfekten von Konstan - tinopel ernannt worden.

FTumáänienm. Bukarest, 19. Februar. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer hat den ArtikeldesKommunalgeseßes, nah welchem die Bürgermeister -der Stadt- und Landgemeinden von der Regierung ernannt werden sollen, nach längerer De- batte angenommen. -

Rußland und Polen. St. Petersburg, 16. Februar. Ueber die Festlichkeiten zu Ehren des Kaisers von Dester- reich am Kaiserlih russishen Hofe entnehmen wir der „St, Pet. Ztg.“ weiter Folgendes:

Gestern Vormittag besuchte Kaiser Franz Joseph die rômisch-katholische Kathedralkirhe. Um 10 Uhr erschien Se. Majestät mit dem Gefolge bei der Kirche, wo er auf dem obersten Absaß der Paradetrepve von dem Erzbischof von Mohilew und Metr-opeoliten aller katholishen Kirchen in Rußland, Fialkowsky, mit allen Prälaten und der übrigen Geistlichkeit, gegen 60 an der Zahl, in vollem Ornat empfangen wurde. Vier Klerifer hielten einen Baldachin aus kar- moisinfarbenem Sammet unmittelbar an der Eingangsthür, so daß Se. Majestät, als er- über die Schwelle getreten, unter einem Baldachin stand. Der Erzbischof besprengte den Kaiser mit Weihwasser und reichte ihm das Kreuz zum Küssen, worauf \ich der ganze Zug in feierlicher Prozession in die Kirche begab, voran die Kleriker, dann die Prälaten und anderen Geistlichen. Nachdem Se. Majestät sodann seinen Plaß neben dem Throne des Erzbischofs eingenommen, begrüßte dieser den Kaiser in einer kurzen Rede in polnischer Sprache. Der Gottesdienst währte ungefähr eine S:unde, und die gesammte Geistlichkeit geleitete dann in derselben Ordnung den Kaiser zur Aus- gangsthür, wo derselbe abermals mit Weihwasser besprengt wurde und dem Erzbischof mit einem Händedruck dankte. i

Die Sue die gestern um 1 Uhr in der Michaeclmanege statt- fand, zeichnete sich dicsmal ganz besonders ‘durch eine zahlreiche Ver-

{ammlung von Offizieren verschiedener Wäffengattungen“ aus, die er-

schiénen waren, um dem österreichischen Kaiser vorgestellt zu werden. - Kaiser Franz Soseph trug die russische Generalsunaiform mit dem“