1874 / 72 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 25 Mar 1874 18:00:01 GMT) scan diff

C E E P Ä R M ZBE E S T E Pn A Peti. C46 r us MUELME p A T I

_„— Am Geburtstage, 12 Uhr Mittags, begann die große Parade

Angekommen: Se. Durhlauht der General-Lieutenant, ] General à la suite Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Comaaandeur der 12. Division Prinz Kraft zu Hohenlohe- Ingelfingen, von Neisse.

Abgereist: Se. Excellenz der Kammerherr und General- Intendant der Königlichen Schauspiele von Hülsen, nah Leipzig.

Nichtamfliches.

eußen. Berlin, 25. März. Se. Majestät der aaif B À König nahmen heute militärische Meldungen entgegen, empfingen Ihre Königlichen Hoheiten die Großherzöge zu Sachsen und von Medlenburg-Schwerin und den General- Lieutenant von Berger und ließen Alerhöchstsih vom Chef des Civilkabinets, Geheimen Kabinets-Rath von Wilmowski, Vortrag halten.

Ihre Majestät die Kaiserin-Königin besuchte gestern Ihre Majestäten den König und die Königin von Sachsen im Königlichen Schlosse und geleitete das Königliche Paar auf den Anhalter Bahnhof. Hierauf wohnte Ihre Majestät mit Ihren Königlichen Hoheiten den Großherzoginnen zu Sachsen, von Baden und von Mecklenburg-Shwerin, sowie Ihrer Hoheit der Herzogin von Anhalt, der Delegirten-Ver- fammlung des Vaterländischen Frauenvereins in den Räumen des Kriegs-Ministeriums bei. Das Familien-Diner fand im Königlichen Palais statt. S SIES

Heute war Ihre Majestät die Kaiserin-Königin mit Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden in der General- versammlung des Berliner Frauen-Lazareth-Vereins, im Saal des Justiz-Ministeriums, anwesend.

Se. Kaiserlihße und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern um 11è Uhr einige militärische Mel- dungen entgegen und empfing um 123 Uhr Se. Durhlaucht den Fürsten von Wied. Bci der um 12 Uhr erfolgten Abreise Ihrer Majestäten des Königs und der Königin von Sachsen waren Ihre Kaiserlißhen und Königlihen Hoheiten der Kronprinz und die Kror.prinzessin auf dem Anhalter Bahnhof anwesend. Um 4 Uhr Nachmittags empfingen die P Herrschaften den Dr. Freitag und begaben Sih um

Uhr zum Familien-Diner bei Ihren Majestäten. Von 8 Uhr ab wohnte Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Vorstellung im Opernhause bei und nahm später den Thee bei Ihren Ma-

jestäten.

Auswärtigen Berichten über die Feier des Geburts- tages Sr. Majestät des Kaisers und Königs am 22. d. M. entnehmen wir noch Folgendes:

In Königsberg betheiligten sich an dem großen Zapfen- fireih am Vorabend des Geburtstages diesmal die Musik-Corps der berittenen Regimenter zu Pferde. Der Festtag selbs wurde zunächst durch eine vom Musik-Corps und den Spielleuten des 3. Regiments ausgeführte Reveille begrüßt. Später erfolgte das Läuten aller Glocken, das Donnern der Geschüße und das Choralblasen von verschiedenen Thürmen. Am Vormittage fanden di* Redeakte in der Deutschen Gesellschaft und der Uni- versität statt. Die Generalität wohnte diesen Redeakten zahlreich bei. Nach Beendigung derselben begann auf Königsgarten die große Parade. Das Festdiner fand in der „Königshalle“ statt; die Offizier-Corps der verschiedenen Regimenter hatten im großen Saale des „Deutschen Hauses“ und in anderen Hotels Diners veranstaltet. In der Königlichen Deutschen Gesellschaft hielt der Provinzial-Shulrath Dr. Schrader die Festrede. Abends vergnügten sih die Mannschaften in den Kasernen und anderen öffentlihen Lokalitäten compagnieweise bei Musik und Tanz. In den beiden großen und auch in den kleineren Theatern waren Festvorstellungen arrangirt.

f Sa Stettin durhzog am Vorabend eine Truppen- Abtheilung unter den Klängen des Zapfenstreihs die Straßen.

der Garnison, welche vom kommandirenden General Hann- von Weyhern unter zahlreicher Betheiligung der Bevölkerung abgec- nommen wurde. Bei Ausbringung des Hochs auf Se. Majestät den Kaiser durch den kommandirenden General vor den in Ko- lonnen parademäßig aufgestellten Truppen wurden 101 Kanonen- \chü}se von den Wällen der Nordbastion abgefeuert. Die Mann- fchasten der verschiedenen Truppentheile versammelten fich ba- taillonsweise in den größeren Lokalen der Umgegend zu Tanz- Tustbarkeiten. In den Straßen der Stadt wie im Hafen hatte fich ein reiher Flaggenshmuck entfaltet. In zahlreilzen Privat- gesellschaften wurde der Tag festlih begangen; u. A. waren auch von den Logen und dem „Neuen Casino“ Festmahle veranstaltet.

Wie aus Magdeburg berichtet wird, wurde daselbst der Geburtstag Sr. Majestät diesmal von Vereinen und Korporga- tionen, in Schulen und in Kirchen mit einer besonderen Herz- lichkeit gefeiert. Am Sonnabend gegen 8 Uhr Abends wurde es auf den Straßen lebendiger, Tausende von Menschen \röôm- ten auf dem Domplaÿ zusammen oder nahmen auf dem Breiten- wege Aufstellung, um dem großen Zapfenstreiche der Garnison beizuwohnen. Bald erschallte Trommelwirbel, gemischt mit den Klängen der Militärmusik, und der Zug bewegte sih, begleitet von Tausenden, den Breitenweg entlang nach dem Neuen Markte, auf dem vor der Dechanei, der Wohnung des kommandirenden Generals, drei Musikstücke zur Aufführung gelangten, dann weiter über die Gouvernementsstraße, durh die Fürstenstraße

nah dem Alten Markte, wo abgeshlagen wurde. Am Sonns- |

tag fand in der Frühe die übliche Reveille statt; die Häuser idi zum größten Theil ihren {hönsten Fahnenshmuck ange- egt, und um 9 Uhr begann in den Kirchen der Festgottesdienfst. Der Verkehr auf den Straßen war lebhafter als sonst, der Domplaß war der allgemeine Sammelplagz der Festgenossen, wie denn überhaupt die Stimmung der Bevölkerung cine \sihtlich gehobene war. Um 11 Uhr begann der Gottesdienst für die Garnison, an dem sich auch die Spigzen der Behörden betßeilig- ten, und nah demselben fand große Parade vor dem Gencral von Blumenthal statt. Nachdem die Truppen regimenterweise Aufstellung genommen, wurde auf der ganzen Linie präsentirt Und ein Hoh auf den Kaiser ausgebracht, in welches die Mann- haften und Zuschauer begeistert einstimmten. Während der üblichen Salutshüsse begann der Vorbeimarsh, der in Com- pagniefront erfolgte. Am Nachmittage hatten sich die Spizen der Behörden zu einem „gemeinschaftlichen Diner vereinigt. Aber auch in den engeren Kreisen einzelner Vereine wurde der Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers feierli be-

Saal desselben war geschmackvoll dekorirt und die Betheiligung der Vereinsmi glieder sehr rege. Nach einem begeisterten Hoh auf den Kaiser wurde die Nationalhymne angestimmt. Die Mann- schaften wurden in den Kasernen festlich bewirthet, und Abends waren für dieselben, soweit die Zahl der größeren Lokale am Sonntag dies gestattete, die üblichen Bälle arrangirt. Auch in den öffentlichen Lokalen waren mannihfache Zeichen der Liebe und Anhänglichkeit an den Kaiser bemerkbar. Die Büste Sr. Majestät war überall mit Lorbeer: Kränzen geshmüdckt ausgestellt. Die Stadi Cöln hatte zur Feier des Geburtstages cin bun- tes Festgewand angelegt. Alle öffentlihen und sehr viele Pri- vatgebäude prangten in wehendem Fahnenshmuck, ebenso die beiden Rheinbrücken und die in den Häfen der Stadt ankernden Schiffe, nnd an viclen Fenstern hatte man die lorbeerumkränzte Büste des Kaisers ausgestellt. Schon am Sonnabend Abend, als das festlihe Gelävte sämmtlicher Glocken die Vorfeier des Tages weit über das Weichbild der Stadt hinaus ankündete und als dann die Militär-Kapellen mit klingendem Spiele die Hauptstraßen durchzogen, entwickelte sich allenthalben ein reges heiteres Leben, welhes sch am Sonntag in erfreuliher Weise fortseßte. Die Feierlichkeiten in den öffentlihen Lehranstalten, sowohl in den höheren als in den Elementarshulen, mit Reden, Dek.amationen und patriotishen Liedern, haiten zumeist schon am Sonnabend statt und fanden, vorzüglich die ersteren, cine zahlreihe Betheiligung von Seiten des Publikums. Das zu Ehren Sr. Majestät gestern in der Pantaleons- firhe vom Verein für Kirhenmusik aufgeführte Tedeum von Händel, eingeleitet durch eine Predigt des Pastors Dr. Tangermann, stimmte die große Zuhörerschaft: zu hoher Be- geisterung. “Am 22., in der Stille des Morgens ershollen von den Kirchen der Stadt herab in feierlichen Klängen Choräle und vaterländische Weisen. Im hohen Dome wurde nah 9 Uhr ein feierlihes Pontifikal-Amt celebrirt. Um 12 Uhr fand auf dem Neumarkte große Parade statt. Nach derselben versammelte ih ein Theil des Offizier-Corps zu einem gemeinschaftlichen Festmahle im Kasino. Für die Soldaten der einzelnen Truppen- theile waren theils in ihren festlich geshmückten Kasernen, theils in Wirthschaftslokalen Festlihkeiten veranstaltet. Die Theater

auh verschiedene Gesellschaften begingen den hohen Tag durh eigens arrangirte Festivitäten. :

Weiter liegen Festberihte vor aus Elbing, Fraustdt, Gräß, Neustadt b. P., Neutomishl, Schrimm, E chubin, Won- growiß; Görliß, Landeshut, Waldenburg, Striegau, Greiffenberg, Glogau, Frankenstein, Camenz, Ohlau, Oppeln; Hildesheim, Göttingen, Geestemünde, Leer, Alfeld, Celle, Pattensen, Verden, Lüneburg, Stade, Goslar, Herzberg, Lauterberg, Kerstlingerode, Aurich, Uelzen, Koppenbrügge, Fallingbostel, Hoya, Syke, Neu- graben, Rauerithal, L.-Schwalbach, Hadamar 2c.

In München wurde dex Allerhöchste Geburtstag durch ein Festmahl im Hotel zum Bayerischen Hofe gefeiert, dem über 100 Personen aus den hervorragendsten Kreisen der Hauptstadt bei- wohnten. Im Festsaale war die Kolossalbüste des Deutschen Kaisers und die Büste des Königs von Bayern, umgeben von Blumen und Gewächsen, aufgestellt. Den ersten Toast brachte der Geheime Rath Professor von Giesebrecht auf den König von Bayern, den zweiten Staatsanwalt Wülfert auf den Deutschen Kaiser aus, Die Versammlung stimmte unter den Klängen der Nationalhymne in den Toast ein. Professor von Holzendorff {lug vor, daß dem Kaiser der Gruß der Versammlung auf telegraphischem gemeldet werde, und ersuchte den anwesen- den preußischen GraAdizu. von Werthern, \sich zum Organe der Versammlung zu machen, was dieser Zusagte. Professor Thomas beantragte auch einen Gruß an den Reichskanzler, verbunden mit dem Wunsche baldiger Wiederherstellung. Auch dieser Wunsch fand allgemeinen Anklang. Schließlich erinnerte Professor Förster dur Citirung eines älteren Gedichtes an die Vereinigung der preußischen und bayerishen Fahnen und \sprach den Wunsch aus, daß es stets so bleiben möchte. Das \{chöne Fest verlief in der freudigsten und heitersten Stimmung. Den in den einzelnen Offizierkasinos veranstalteten Festdiners wohnten auch die Gene- rale der betreffenden Abtheilungen bei.

Aus Frankenthal wird geschrieben: „Heute Sonntag Nachmittag, zwischen 4 und 5 Uhr, haben 20 deutsche Männer zur Feier des Geburtstages des Deutschen Kaisers hier in Fran- kenthal die „Kaiser-:Glocke* drei Mal gezegen ; der Ton derselben ist ein überaus kräftiger und heller und der Guß als ein durch- aus gelungener zu bezeihnen.“

Die Residenzstadt Stuttgart hatte, voran das Königliche Residenzshloß, das Prinzenpalais u. #. w., an dem festlihen Tage ihren Fahnenschmuck angelegt. Die Offiziere fanden sstch{ch in den verschiedenen Kasinos zu Festdiners zusammen. Am Sonn- abend Abend hatte bereits im Kasino dcs Offizierscorps des 1. Regiments, Königin Olga, ein Bankett stattgehabt, zu welchem sämmtliche Generale nebst ihren Adjutanten, sowie die Mitglieder des Kriegs-Ministeriums geladen worden waren. Der Einladung des Festkomites zu einem Festmahl im Bürger- museum am Sonntage hetten Mitglieder der bürgerlichen Kolle- gien und viele Personen aus den bürgerlichen Kreisen der Stadt, im Ganzen über 100 Theilnehmer, Folge ge.cistet, Den ersten Toast brachte der ODber-Tribunals-Vicepräsident a. D., Freiherr v. Sternenfels, auf Se. Majestät den Deutschen Kaiser aus, den „Heldenführer der deutshen Heere, der die Wehrkraft des Volkes aufreh: hält und den drohenden Feinden jeder Art sieg- rei entgegentritt.“ Ihm folgte der Obmann des Bürger- ausschusses Zeller mit einem Toast auf Se. Majestät den König von Württemberg. Auf den Vorschlag von J. Siücklen wurde ein Glückwunsh-Telegramm an den Kaiser abgesandt. Abends 8 Uhr versammelte ein Fest-Bankett über 200 Theilnehmer in demselben Saale.

Berichten aus Karlsruhe zufolge versammelte sh da- selbs zur Vorfeier am Sonnabend Abend der dortige Militär- verein zu einem Festmahl. Der Sonntag, als der Tag der eigentlihen Feier, sah die Stadt im reihsten Flaggenshmucde, während Glockengeläute, der Donner der städlischen Geschütze und die Reveille am Morgen sich vernehmen ließen. Der Fest- gottesdienst in beiden Kirhen war sehr stark besucht; ein glän- endes Schauspiel bot auf dem Maïiktplatz vor 12 Uhr unter Theilnahme -der Spißen des Staats und der Stadt die Parade der Garnison, welthe jubelnd in das von General v. Werder auf den Kaiser ausgebrahte Hoch einstimmte; während der Parade erschallte Kanonendonner. Das Hauptfestmahl fand bei ungemein zahlreihem Vesuch aus den verschiedensten Berufs- ständen im Museumssaale statt, und wurden dabei Se. Majefkät der Kaiser von dem Staats - Minister Dr. Jolly und Se. Königliche Hoheit der Großherzog vom General v. Werder mit begeisterten Trinksprüchen gefeiert. Die Festversammlung brachte ihre ehrerbietigsten Glückwünsche und Grüße telegraphisch

gangen; so fand im Schüßenhause eine Festtafel statt. Der

feierten den Geburtstag des Kaisers durch besondere Festprologe;z -

Großherzog dar, worauf von Lehterem am Abend folgendcg Telegramm an Staats-Minister Jolly eintraf:

„Jch danke bestens für das freundiihe Gedenken; Jch erwidere die Mir sndten Grüße mit der freudigen Nachricht, daß der Kaiser sein neues Lebenéjahr in frischer Krafi antriit. f

Auch die übrigen Festmahle, zu welchen sich die verschie- denen Kreise in anderen Lokalitäten zusammengefunden hatten, nahmen den \{önsten Berlauf, während am Abend das Rath- haus und verschiedene andere Gebäude in glänzender Beleuch- tung strahlten. Im Großherzoglichen Hoftheater wurde bei fest- lih beleuchtetem Hause Richard Wagners Lohengrin aufgeführt,

Mannheim, Heidelberg und Dürrheim haben das Geburtsfest des Deutschen Kaisers ebenfalls feierlich begangen,

In Schwerin, das zur Feier des Tages mit Fahnen und Flaggen reih ges{mückt war, begann um halb 12 Uhr der Mi- litärgottesdienft, und gegen 1 Uhr wurde auf dem Altengarten eine große Parade abgehalten. Nachdem die gesammten Trup- pen der Garnison ein Quarré geschlossen, hielt der General: Lieutenant v. Schlotheim eine Ansprache und endete mit cinem dreimaligen Hoh, in welches die Truppen und das Publikum unter dem Donner der Geschüße einstimmte. Um 3 Uhr ver- sammelte sich die gesammte Generalität, die Stabs- und Reserve- Offiziere, 114 Personen, zu cinem -“sginschaftlihen Festessen im Hotel du Nord. Während dessellSW.drachte der älteste der an- wesenden Generale, der General-Lß0.-nant v. Zülow, auf Se, Majestät ein Hoh aus. In den obkn Räumlichkeiten des Ho- tels hatten sich gleichfalls viele Herren vom Civil zu cinem größeren Diner vereinigt. Am Abend wurde in allen Quartier- häusern und Kasernen von 7 Uhr ab getanzt. Auch wurde den Soldaten eine außerordentlihe Bewirthung im Laufe des Tages und am Abend zu Theil. Auch die Ortschaften Ludwigs- lust, Parchim, Malchin, Laage, Güstrow haben den hohen Tag gefeiert.

Die öffentlihen und zahlreihen Privatgebäude der Re- sidenzstadt Braunshweig waren am Sonntag zu Ehren des Geburtstages des Kaisers beflaggt. Was die militärische Feier betrifft, so fand Morgens Reveille und Gottesdienst, zu welchem auh die Fahnen geholt waren, und später große Parade statt. Nachdem die Truppen auf dem Schloßplaß Aufstellung genommen hatten, brate der Brigade-Commandeur v. Zeuner dem Kaiser ein dreifahes Hurrah «aus. Einige Minuten darauf erschien Se. Hoheit der Herzog und \chritt unter den Klängen des Präsentir- marsches die Fronten ab. In der Suite Sr. Hoheit befanden sih die Generale, Ober-:StaUmeister von Girsewald, Flügel-Adju- tant von Lauingen, von Bernewiß und die Obersten und Flügel- Adjutanten von Rudolphi und von Wachholz. Sodann begab sih Se. Hoheit vor das Hauptportal des Schlosscs, um die Truppen in Zugfront vorbeidefiliren zu lassen. Nachmittags fand im Offizierklub ein Festmahl statt, an welhem au einige nicht militärishe Gäste Theil nahmen; die Reserve-Offiziere ver- einigten sih im Deutschen Hause zu einem solennen Diner, und Abends hatten die Mannschaften der Garaison compagnie-, respek- tive \{h1wadronsweise Bälle. Auch in Privatkreisen fanden zu Ehren des Tages Diners statt. :

In Sondershausen fanden sowohl in der Schloß-, als in der Stadtkirhe Festgottesdienste statt. Nah der Kirche war auf dem Lustgarten vor dem Schlosse große Parade, Se. Durchlaucht der Fürst und Se. Durchlaucht der Prinz Leo- pold wohnten, Beide in Uniform, der Parade bei; „die Durch- lauchtigste Prinzessin Elisabeth sah dem militärishen Schauspiel an einem Fenster des Schlosses zu. Nachmittags war am Fürst- lien Hofe Galatafel. Das Schloß, sowie die öffentlichen und viele Privatgebäude der Stadt hatten zu Ehren de‘ Tages

geflagat.

festes durch einen Zapfenstreih am Sonnabend Abend eingeleitet. Nachdem am Sonntag Morgen in der Stephans- und Thomas- kirche Festgottesdienste stattgefunden hatten, rückten die Truppen nah der Esplanade, wo eine zahlreihe Menge zusammengeströmt war, um die Parade zu sehen. Auf dieselbe folgte ein Festessen im Militär-Kasino, bei welchem der Toast auf Se. Majestät den Kaiser von dem Gencral von Fransecky in \{licht-beredten Wor- ten ausgebraht wurde. Er galt namentlich der dankbaren Freude, die das Vaterland wegen der Wiederherstellung des Kaisers empfindet. Begeistert stimmte die Versammlung in das Hoch ein, mit welhem der Redner \{loß. Auch aus den übrigen Theilen der Reichslanden liegt eine Reihe von Nachrichten über

Met, Mülhausen, Colmar, Zabern, Hagenau 2c.

In St, Petersburg hatte fih zur Gebur:stags*eier des Deutschen Kaisers eine zahlreihe Bersammlüng deutscher Reichs- angehöriger zu einem solennen Diner im Hotel Demuth ver- einigt, Kurz nach 7 Uhr wurde, wie die „St. Pet. Ztg.“

chen Botschafters, Prinzen Neuß, eröffnet. Außer Sr. Durch- lauht wohnten der deutsche Militärbevollmächtigte, General von Werder, der württembergische Geschäftsträger, Baron Maucler, das Personal der deutshen Botschaft, sowie der deutshe Konsul und Vice-Konsul dem Feste bei. Der erste Toast, ausgebracht

galt dem Erlauchten Freunde des Deutschen Kaisers, dem edlen Schußtherrn der deutschen Kolonie, Kaiser Alexander Il. von

\hen Kaiser, in bered'er Weise ausgebraht von Dr. Brenner, anfnüpfend - an die bedeutsamen Worte des Kaisers in dem

weltbewegenden Kampf gegen die römische Kurie anknüpfend, wurde von Herrn Uthemann auf das deutshe Vaterland aus- gebraht. Inzwischen wurde an Se. Majestät den Deutschen Kaiser éin Telegramm folgenden Inhalts, unterzeihnet von dem deutschen Botschafter, abgesandt : „An Se. Majestät den Deutschen Kaiser. 7

Die deutsche Kolonie zu St. Petersburg, versammelt zur Feier des Geburtstages Ew. Majestät, wünscht Ew. Majenät in treuer Anhänglichkeit Glück zur Genesung. Möge Ew. Majestät noch lange die Kraft erhalten bleiben, mit der Sie für den Frieden und die Wohl- fahrt des deutschen Volkes wirken.“

Der Bundesrath, der Ausshuß für Rechnungswesen und die vereinigten Auss{hüsse für das Landheer und die Festun- gen und für Rehnungöwesen hielten heute Sigungen.

Im. ferneren Verlaufe der gestrigen Sizung erledigte der Deutsche Reichstag in erster Berathung den von den Abgg. Dr. Völk und Dr. Hinschius eingebrachten Geseßentwurf über die Civil standsregister. Nachdem der Abg. Dr. Völk das Be- dürfniß für denselben nahgewiesen, \prah Abg. Westermayer vom Standpunkt eines katholishen Geistlihen gegen, der Abg.

Sr. Majestät dem Kaiser und Sr. Königlichen Hoheit dem -

Dr, v. Schulte für denselben. Der Abg. v. Malyahn-Gülh ver-

In Straßburg wurde die Feier des Allerhöchsten Geburts=- |

stattgehabte Festlichkeiten vor: so aus Ingweiler (Zabern), aus

meldet, das Fest dur die Ankunft Sr. DurYlaucht des deut- |

von Sr. Durchlaucht dem deutshen Botschafter, Prinzen Reuß, | Rußland. Ihm folgte das Hoh auf Se. Majestät den Deut- |

Briefe an Lord Russell. Der nächste Toast, gleihfalls an den |

warf die Vorlage als eine das religiöse Bewußtsein des Volkes gefährdende; Abg. Baumaarten sah dagegen in ihr dos einzige Mittek, die Kirche von der jeßt herrschenden Heuchelei zu befr: ien. Die Verweisung an eine Kommission wurde nit beschlossen. Schluß 5 Uhr. Nächste Sißung Donnerstag 10 Uhr.

Ueber die Annahme, die Beschäftigung und An- ftellung der Supernumerare bei der Verwaltung der indirekten Steuern hat der Finanz-Minister die nah- stehenden Bestimmungen ertheilt:

1) Die Provinzial-Steuer-Direktoren, sowie die Regierungen in Potsdam und Frankfurt a. O. werden auf Grund Aller- höchster Genehmigung bis auf Weiteres ermächtigt, von der Erfüllung der in der Cirkular-Verfügung vom 134. November 1859 (Centralblatt S. 245) bestimmten Anforderungen an die wissen- \haftlihe Vorbildung der Steuer-Supernumerare abzusehen und E auch s\solhe junge Leute anzunehmen, welche nur das

eugniß der Reife für die Prima eines Gymnasiums oder einer Realschule erster Ordnung besitzen. j

2) Supernumerare, welche nah dem Urtheile ihrer Dienst- vorgeseßtcn in allen Zweigen der Zoll- und Steuerverwaltung ausreihend vorgebildet sind, können {hon nah dem zurütge- legten zweiten Jahre ihres Dienstes zur Prüfung hinsichtlich ihrer Befähigung für die Stelle eines Hauptamts-Assistenten und für die spätere Beförderung in eine Ober-Kontroleurstelle guge- lassen werden. R aa

__3) Der Etat der Verwaltung der indirekten Steuern in seiner jeßigen Feststelung bietet die Möglichkeit, nah Maßgabe der bewilligten Mittel fortan tüchtigen Steuer-Supernumeraren hon vor Ablauf der Dienstzeit, während welcher sie sih bestim- mungsmäßig ohne Beihülfe des Staates zu unterhalten haben, Diâten, außerordentlihe Remuncrationen oder im Falle der Be- dürftigkeit einmalige Unterstüßungen zuzuwenden. In dieser Be- gichung ist das Nähere in einer unterm 18. d. M. an die Pro- vinzial-Steuerbehörden erlassenen Verfügung angeordnet.

Im Uebrigen bleiben füt die Annahme, Ausbildung und Anstellung der Supernumerare bei der Verwaltung der indirekten Steuern die dieserhalb in der Cirkular-Verfügung vom 10. Iuli 1839 (Centralblatt S. 216) und in den dieselbe ergänzenden Verfügungen ertheilte Vorschriften auc fernerhin maßgebend.

_Hiernach is fortan zu verfahren. Die oben unter 2 und 3 erwähnten Vergünstigungen finden auf die in der -Steuerver- waltung bereits vorhandenen Supernumerare ebenfalls An- wendung.

__— Der General-Lieutenant und General-Adjutant Sr. Ma- jestät des Kaisers und Königs, von Tresckow, interimistischer kommandirender General des 1X. Armee-Corps, ist heute früh aus Altona hier angekommen.

Der General-Lieutenant von Berger, bisher Komman- dant von Hannover, welcher aus Anlaß seiner vor Kurzem er- folgten Ernennung zum Gouverneur ‘von Ulm zur Abstattung persönlicher Meldungen hier eingetroffen war, hat Berlin wieder verlassen; desgleichen is der General-Major und Inspecteur der 3. Artillerie-Inspeftion, von Bergmann, welcher mit kurzem Urlaub von Hannover hier ein;;etroffen war, dorthin zurückgekehrt.

Der General-Major und Commandeur der 4. Garde- Snfanterie-Brigade- von Dannenberg hat sich nah Coblenz

begeben.

Der Oberst, Flügel-Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur des 4. Garde-Grenadier-Regi- ments Königin von Lucadou, A fich nah Coblenz, und der Oberst, Flügel-Adjutant Sr. Masestät des Kaisers und Königs und Chef des Generalstabes X. Armee-Corps Graf von Waldersee nah Hannover begeben.

Sr. Majestät Kanonenboot „Meteor* verließ gestern Gibraltar. An Bord is Alles wohl.

Bayern. München, 22. März. In dem heute erschie- nenen Justiz-Ministerialblatte Nr. 6 werden die zwischen der Königlich bayerishen und Großherzoglih badischen Staatsregierung über die Regelung der gegenseitigen Iuris- diktionsverhältnisse und der Befugnisse der Sicherheits- beamten an den beiderseitigen Landesgrenzen ausgetaufchten Ministerialerklärungen vom 9. August 1873 bekannt gegeben und die am 1. August 1810 von dem vormaligen Großherzog- thum Würzburg und am 28. Februar 1811 von dem vormali- gen Großherzogthum Frankfurt mit dem Großherzogthum Baden abgeschlossenen Jurisdiktionsanträge für die inzwischen an Bayern gekommenen Gebietstheile als niht mehr zu Recht bestehend erklärt.

Württemberg. Stuttgart, 22. März. Gestern feierte der Gouverneur von Stuttgart, Gencral - Lieutenant Graf yon Schéler, sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum. Der König beglückwünshte in eigener Person den General im Gouvernementsgebäude. Auh der Prinz Hermann von Sachsen-Weimar stattete dem Jubilar einen Gratulations- besuch ab, ferner kam cine Deputation des Kriegs-Ministeriums, an deren Spigze General-Major von Wundt, eine solche der hie- sigen Infanterie-Regimenter, geführt von dem General - Major von Herzberg, und eine sohe der Kavallerie, geführt vom Ge- neral-Major von Salviati. Ebenso ließen die bürgerlihen Kol- legien den General durch eine Deputation beglückwünschen.

Hessen. Darmstadt, 23. März. Das heute ausgegebene Großherzogliche Regierungsblatt Nr. 16 enthält eine Bekannt- machung, betreffend den zwischen Hessen und Preußen wegen Herstellung einer Eisenbahn von Mainz über Wiesbaden zum Anschlusse an eine Eisenbahn von Frankfurt a. Main über Cam- berg zur Lanhnthalbahn abgeschlossenen Vertrag.

Braunschweig. Braunschweig, 24. März. (W. T. B.) In der Landesversammlung wurde heute ein Sqreiben des Staats-Ministeriums verlesen, worin dasselbe cr- klärt, daß die Wahlgeseÿvorlage und der Gesezentwurf über die Zusammensezung des Landtages zurückgezogen werde, da die Landesversammlung die Grundprinzipien derselben ab- gelehnt habe. Die Regierung behalte fih indessen vor, später darauf zurückzukommen.

Desterreich-Ungarn. Wien, 23. März. Der Kaiser ist gestern aus Budapesth nah Wien zurückgekehrt.

Der bisherige Minister-Resident bei den Höfen von China, Japan und Siam und General-Konsul in Shangai, Heinrich Freiherr von Calice ift zum Kaiserlihen und Königlichen di- S Agenten und Gencral-Konsul in Bukarest ernannt worden. 4

Der Landeschef von Krain, Alexander Graf von Auersperg, ist gestorben.

24. März. (W.T. B.) Das Abgeordnetenhaus ver- handelte keute in scchsstündiger Sizung über die Bewilligung

der die Innsbrucker Universität betreffenden Position des Budgets. In namentlicher Abstimmung wurde der Antrag des Abgeordne- ten Dr. Beer, die Gehalte der Professoren der theologishen Fa- fultät in Innsbruck in das Extraordinarium einzustellen, und ebenso der vom Abgeordneten Dr. Kopp und dem Budgetaus- \husse gestellte Antrag, germgere wie die ans{chlagsmäßigen Ge- halts\äße zu bewilligen, -verworfen und darauf sie ganze, von der Regierung beantragte Summe im Ordinarium angenonmen. Eine vom Budgetausschusse vorgeschlagene Resolution, betreffend die Aufhebung der theologischen Fakultät in Innsbruck, und eine Resolution von Dr. Beer betreffs Reorganisation derselben wur- den abgelehnt. Im Laufe der Debatte wurde von dem Kultus- Minister von Str:mayr besonders betont, daß die Regierung sih zur Aufrehthaltung der katholish-theologishen Fakultät in Inns- bruck verpflichtet erachte, gegen deren Aufhebung von dem Lan- desaus\{husse Tirols Einsprache erhoben worden fei, Von dem Minister Unger wurde hervorgehoben, daß in jener Fakultät auch andere Geistliche als Jesuiten zu Professoren ernannt wer- den könnten.

Aus Pola, 19. März, wird der „Triest. Ztg. geschrie- ben: Privatbriefe aus Spanien enthalten die Nachricht, daß un- sere Escadre in Barcclona angekommen war und nah einer dur den Escadre - Kommandanten, Contre - Admiral Baron Daublebsky-Sterneck vorgenommenen Revue den Kreuzungs- und Stationsdienst an der Ostküste Spaniens übernommen hatte. Unsere Escadre für Spanien besteht aus dem Kasematt\chif „Kaiser“, den Corvetten „Fasana“ und „Frundsberg® und aus dem Kanonenboote „Velebih“. „Fasana* und „Velebih“ be- finden fich hon nahezu anderthalb Jahre in Spanien und dürf- ten im Sommer cinberufen und abgerüstet werden. Vor der Hand soll die Escadre cine Exkursion nah dem Biskaya-Busen unter- nehmen, woran dieselbe bisher durch die dort herrshenden Stürme verhindert war, Die Abfahrt der ostasiatishen Expedition mit Korvette „Friedrih“, für deren Ausrüstung die Befchle erwar- tet werden, scheint sich noch etwas zu verzögern. Man spricht hier, daß die Abfahrt kaum vor Beginn des Monates Mai stattfinden dürfte. Desgleichen dürfte die Neuausrüstung der Fregatte „Radetky“, deren Maschinengebrehen nun behoben wird, auh er| im Mai angeordnet werden:

(W. T. B.) Der neu ernannte österreichishe Botschafter in Konstantinopel, Graf Zichy, wird am 15. April von hier auf seinen Posten abgehen.

Pesth, 23. März. Nah Verlesung der Allerhöchsten Reskripte über die Ernennung des neuen Kabinets und einer Zuschrift des Minister-Präsidenten Bitto, worin derselbe die Konstituirung der neuen Regierung anzeigt und gleihzeiig die Stelle des Präsiden!en des Unterhauses niederlegt, erschienen die Minister in ungarischer Galatraht im Abgeordnetenhause und wurden von der Rechten und dem Centrum mit lebhaften Eljen-Rufen empfangen. :

Hierauf hielt Bitto die bereits \kizzirte Programunrede, die an zahlreihen Stellen mit Beifallsäußerungen aufgenommen wurde. Die Ursachen der bedauerlihen Zustände der jüngsten Zeit, der fast stabilen Parteikrisen, sagte der Minister, liegen nicht allein in den persönlihen Reibungen, sondern weit mehr in dem bekannten Mißgeschi, welhes das Land seit Jahren mit Elementar- und socialen Unglücfsfällen verfolgt. Diese Er- kenntniß und der allgemeine Wunsh nah Abhülfe führten zu Koalitions- und Fusionsbestrebungen. Der Versu mißlang aus Gründen, die mächtiger waren als der Wille der Betreffen- den, und sein Amtsvorgänger, der unter den \{hwierigsten Ver- hältnissen Stand gehalten und an der Vereinigung der Parteien mit \o viel Ausdauer gearbeitet hatte, mußte zurücktreten.

Unter solchen Verhältnissen zur: Neubildung des Kabinets berufen, mußte der Minister versuchè|, mindestens theilweise das zu verwirklihen, was seinem Vorgänger niht gelungen ist. Seine Bemühungen waren von dem für das Land überaus er- freulihen Grfolge gekrönt, zwei herrorragende Talente zu ge- winnen, insbesondere jene ausgezeihnete Persönlichkeit, die trotz vorgerückten Alters und ihrer in manchen politishen Fragen ab- weihenden Ansichten mit patriotisher Selbstverleugnung das \chwere Amt der Finanzen übernommen hat.

Die Hauptaufgabe der Thätigkeit des neuen Kabinets wird die Heilung der {weren finanziellen und wirthschaftlihen Ge- brechen bilden. Die eingehende Revision des gesammten Ver- waltungsapparates wird die naturgemäße Vorbedingung zu den Reformen sein, welche die Vereinfachung dieser Funktionen und die Herstellung des Gleichgewichtes ermöglichen werden.

Zu diesem Behufe hat das Ministerium sich vereinigt, und einen weiteren Kardinalpunkt des Programms wird auch der bilden, daß die legislative Arbeit nicht dur die Herbeiziehung neuer, nicht hierher gehöriger Fragen gehemmt werde oder Spal- tungen hervorgerufen werden. Zu diesem Beginnen erbitte er si die Unterstüßung aller Parteien und erwarte, daß dieselben alle Sonderinteressen dem allgemeinen Wohle des Vaterlandes unterordnen werden.

Nachdem Bitto unter Beifall geendet, wurde das Königliche Reskript verlesen, mit welchem die Delegationen für den 20. April einberufen werden. Dieser Gegenstand ward auf die morgige Tagesordnung gesetzt.

Iranyi protestirte im Namen seiner Partei gegen die geseh- widrige Einmischung des gemeinsamen Minist.rs des Aeußern in die inneren Angelegenheiten Ungarns, der nach nicht wider- legten Zeitungsnachrichten die Kabinetsbildung wesentlich beein- flußt, mit den Ministerkandidaten verhandelt und sie zum Ein- tritte bewogen habe. Ernst Simonyi erklärte, dem neuen Ka- binet kein Vertrauen entgegenzubringen, weil erx in demselben größtentheils die alten Mitglieder wiederfindet. Die reservirte Haltung Ghyczys, der sich im vorhinein gegen die Solidarität in allen Fragen verwahrte, gewähre wenig Hoffnung auf ein liberales Vorgehen der Regierung. Obleih er felbst eine Dis- kussion über eînen Gegenstand der Audienz bei Sr. Ma- jestät für unzulässig erklärte, müsse er doch gegen Tisza's Zumuthung protestiren, der vor Sr. Majestät er- flärt hatte, das Land laufe Gefahr, den Agitationen der Ultras ausgeseßt zu werden. Der Minister-Präsident Bittó antwortete Iranyi, daß er wegen der Kabinetsbildung mit nie- mand Anderem als unmittelbar mit Sr. Majestät in Berührung gekommen sei. Den Grafen Andrássy habe er wohl diesmal, gerade so wie sonst immer, wenn er hier weilte, besucht. Si- monyi gegenüber glaube er, daß, welhes Kabinet immer gebildet worden wäre, dasselbe shwerlih auf das Vertrauen Simonyis hätte rechnen können. Wenn er vorher erwähnte, Ghyczy habe über manche Fragen abweichende Ansichten, \o bedeute dies nur so viel, daß er sich niht in allen Fragen mit den Ansichten der Regierung identifizire; dies könne keinesfalls ein Hinderniß bei der Kabinetsbildung abgeben. Wie ließe sich auch bei einer neun- gliedrigen Körperschaft eine vollständige Homogenität der An- \hauungen voraussezen? In der Hauptsache: Heilung der wirthschaftlihen und finanziellen Gebrechen seien Alle cinig. Auf

Ersuchen Bittó's werden vor Oftern nur noch die Präsidenten- wahl und die Delegationswahlen vorgenommen un? hierauf die Sizungen bis 15. April vertagt.

Im Oberhause wurden die Mitglieder der neuen Re- gierung mit lebhaften Eljen-Rufen empfangen. Minister-Prä=- fident Bittó empfahl \sich und seine Kollegen dem Wohlwollen und der Unterstüßung des Hauses. Die Hauptaufgabe der neuen Regierung, welche nach einer anhaltenden und \{hon fast zur Parlamentszersezung ausgearteten Krise gebildet wurde, müsse die Herstellung des finanziellen Gleichgewihtes und Anbahnung gesunder wirthschaftliher Zustände bilden. Präsident Majläth versicherte die Regierung im Namen des Hauses, daß sie in ihrem - auf das allgemeine Wohl gerichteten Bestreben kräftige und pas triotishe Unterstüßung finden werde.

24. März. (W. T. B.) Im Unterhause wurde heute vom Finanz-Minister Ghyczy sein “Finanzprogramm entwickelt, das vom Hause mit Beifall aufgenommen wurde. Der Minister erklärte, daß er als seine nähste Aufgabe ansehen müsse, auf eine Reduktion der Ausgaben hinzuwirken, die er für unum- gänglih erforderlih halte, um eine Besserung der gegenwärtigen Zustände herbeizuführen; vor weiteren Reformen müsse das Gleichgewiht im Budget hergestellt werden, worauf vornehmlih seine Thätigkeit gerichtet sein werde. Ghyczy hob ferner hervor, daß er in den Beziehungen zu der jenseitigen Reichshälfte mög- lichst bestrebt sein werde, das Einverständniß herzustellen, welches durch die gemeinsame staatsrechtlihe Basis geboten erscheine. Die Möglichkeit, an den anerkannten Bestimmungen des Aus- gleihs zu rütteln, sei durch diese Erklärung ausgeshlo}en. Zum Präsidenten des Unterhauses an Stelle Bittó's wurde in der Heutigen Sißzung Bela Perczel gewählt. Am Donnerstage werden in beiden Häusern des Reichstages die Wahlen zu den Delegationen vorgenommen werden.

Schweiz. Vern, 24. März. (W. T. B.) Der Kan- tonalrath von Obwalden wird, wie von dort gemeldet wird, eine Proklamation an die Bevölkerung des Kantons richten, in der die Ablehnung des Entwurfs der revi- dirten Bundesverfassung empfohlen wird.

Genf, 24. März. (W. T. B.) Der Große Rath hat mit 55 gegen 16 Stimmen beschlossen, die revidirte Bun- desverfassung anzunehmen, aber keine Proklamation an das Volk zu rihten. Den Mitgliedern der Mehrheit und der Min- derheit ist indessen freigestellt worden, unter ihrer persönlichen Verantwortlichkeit besondere bezügliche Proklamationen zu erlassen.

Niederlande. Haag, 19. März. Der König wird übermorgen vom Loo hier eintreffen und dem Vernehmen nah nun einen längeren Aufenthalt hierselbst nehmen. Die wieder- holt auftauchenden besorglihen Gerüchte über das Befinden des Königs werden als völlig grundlos bezeichnet.

Großbritannien und Jrland. London, 23. März. Die Königin empfing am Sonnabend auf Windsor eine De- putation des Gemeinderaths von Windsor, die eine Glückwunsch- adresse anläßlich der Vermählung des Herzogs von Edinburgh überreichte. Am Sonntag empfing Ihre Majestät den von der Goldküste zurückgekehrten General Sir Garnet Wolseley in einer Audienz.

Zu den Festlichkeiten, die zu Ehren des Kaisers von Rußland während feines Besuches im Mai stattfinden sollen, werden au eine Artillerie-Revue in Woolwich und eine Inspektion des dortigen Arsenals gehören. In der Königlichen Geschüßgießerei daselbst ist der Befehl eingegangen, den großen Dampfhammer, dessen Vollendung nicht vor Monaten erwartet wurde, {pätestens bis zum 1. Mai fertig zu stellen.

Im österreihischen Botshaftshotel fand am Sonnabend Abend ein diplomatisches Diner statt, bei welchem der deutshe Botschafter mit seiner Tochter, der franzÖ- sische Botschafter, die Gesandten Dänemarks, Schwedens und Persiens mit ihren Gemahlinnen, der Marquis und die Mar- quise von Salisbury, der Earl und die Gräfin von Derby u. a. Personen von Distinktion die Gäste des Grafen Beust waren.

Der Herzog von Cambridge besuhte am Sonn- abend das Standlager in Shorncliffe, um das aus Aschanti zu: rückgekehrie 23. Regiment (wallisishe Füsiliere) zu inspiziren. Im Namen der Königin und des Landes dankte er den Truppen für die im Feldzuge gegen die Aschantis bewiesene Tapferkeit, Mannszucht und Ausdauer.

Nach den heute veröffentlichten Budgets für Heer und Flotte belaufen sich die Bedürfnisse für die Armee für das Finanzjahr 1874/75 guf 14,485,300 Lstr. und übersteigen die vorjährigen um 69,260 Lstr. Die Gesammtstärke des bri- tischen Kontingents beträgt 128,994 Mann, d. i. 26 Mann mehr als im Vorjahre. Für die F'otte find im kommenden Fisfkaljahre 10,179,415 Lstr. oder 279,760 Lstr. mehr erforder- lih als im vorhergehenden Jahre. Der Bau neuer Dampf- riner und Schiffe scheint - den Mehrbetrag verursaht zu

aben.

Frankreich. Paris, 22. März Heute fand im Cirque des Champs Elysées die Preisvertheilung der „Association Polytehnique* statt. Der Minister Fourtou hielt eine längere Rede, in welcher fih derselbe über die Regierungsfrage folgendermaßen äußerte: ;

Die Ordnung, der Frieden, lange Tage der Sicherheit sind heute unseren großen Unternehmungen gesichert. Vor einigen Monaten be- grüßten Sie die Ecrichtung des Septenniums, welches Jhnen diese Güter zubrachte; kürzlich versprach der Marschall dessen Dauer den Repräsentanten des Handels und der Industrie; die Afflamationen des offentlichen Vertrauens antworteten auf seine Worte. Die aus dem souveränen Willen der Nationalversammlung hervorgegangene Regierung des Marschalls, welche in dicsem hohcn und reinen Ur- sprung ein unwiterrufliches Recht, höhere Pflichten und cine Auto- rität \{öpft, welche Keiner zukünftig bestreiten kann, die er nicht \{chwächen lassen und welche im Gegentheil in einig-n Tagen dür eine auf loyale Weise versprochene Organis1tion gestärkt werden wicd

die Regierung des O: welche Rathgeber sie auch haben

möze, wird, seien Sie dessen versichert, wähuend sieben Jahre dur die Festigkeit und Klugheit die regelmäßige Entwickelung der Ge- schäfte, den Zuwachs der Industrie, mit Einem Worte, die freie und mächtige Ausdehnung der nationalen Arbeit beschüßzen. Dadurch wür- den übrigens auf der politischen Bühne selb unerwartete Uimgestal- tungen und Beruhigungen eintreten. Der Wohlstand wird uns die Eintracht zurückgeben; ein Volk, welches arbeitet, ist eiu Volk, welhes sich sammelt und erhebt, Wir alle, meiue Herren, wie auch unser Ursprung, unsere Zuneigungen, unser Vedaucrn oder unsere Hoffnungen sein mögen, geben wir diesem Werk der Neugelburt durch die Arbeit unsere unermüdliche Unterstüßung. Es ist uns Allen leiht, uns für diesen großen Zweck unter Einem Namen ohne Flecken zu versammeln, der für immer ganz Frankreich theuer ist, denn er war in Ae aran unheilvollîten Tagen der glänzendste Ausdruck seines alten Ruhmcs und der höchste Trost ing jeihen Puglücfofäslen. Vergessen wir um seinctwegen unsere Streitig- kcitén; erinnern wir uns, daß üb:r den Parteien, die vergehen, über der Wirklichkeit, die s\hwindet, über den Feindschaften, diè verlöschen,