1920 / 277 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 06 Dec 1920 18:00:01 GMT) scan diff

E E Ot e a S R D E R eri Léa pi DhC D E ir ive

{luß aller ihrer Glieder hat nach meinem Empfinden Deutschland aweimal gerettet: einmal im August 1914, als die Arbeiterschaft si geschlossen in die allgemeine Front eingliederte, und 1918, als sie ihre ganze Kraft aufbot, um den Zusammenbruch erträglih zu machen. (Lebhafte Zustimmung links.) Das haben Sie, scheint es, vergessen, mit welcher Opferwilligkeit, mit welher Selbstverleugnung die Arbeiterschaft damals sich in den Dienst des Volksganzen stellte. (Lebhafte Zustimmung links große Unruhe und Zurufe rechts.)

Meine Damen und Herren, ih kann diese Erörterunzen niŸt weiter ausspinnen angcæsichts der Geschäftslage des Hauses. Jch glaube aber, die Erinnerung genügt, um die Herren doh ein klein wenig bedenklicher zu stimmen und ihnen die Ueberzeugung beizu- bringen, daß der Dank für die Erhaltung des Landes und für die Wiederherstellung einigermaßen geordneter Zustände auch der deutschen Arbeiterschaft zu erstatten ist. (Zurufe rechts: Auch!)

Aber meine Damen und Herren, ih kann nicht immer das wiederholen, was ic im vorigen Jahre zur Ehrenrettung des Müili- tärs gesagt habe. Jh kamm Ihnen nur empfehlen, einmal das Stenogramm der Nede nachzulesgn, die ih, wie ih glaube, in den letzten Apriltagen des Jahres 2 ähnlichem Anlaß gehalten habe. Jch habe gegenüber den Angriffen der Herren von links auf die RNeichswehr gesagt, deß, wenn wir uns im vorigen Jahre vor einer vollständigen Anarchie bewähren wollten, wir die Hilfe derjenigen Herren annehmen mußten, die sich damals der Neichswehr zur Ver- fügung gestellt haben, und ih habe mit dieser Feststellung au eine Anerkennung und einen Dank für die Herven verbunden, die damals in der NReihäwehr standen. (Na also! rechts.) Ja, aber ih habe niemals von Ihrer Seite eine Anerkennung für die deutsche Arbeiter- schaft erfahren. (Sehr gut! links.)

Wenn Sie zu diesem Problem Stellung nehmen, dann lauten Shre Melodien ganz anders, dann ist es der Reisende in Spüls» klosetts, der unfähige Bädergeselle und die anderen unfähigen Mit- glieder der Regierung, die angeführt werden. (Zurufe rets: Das find nicht wir!)

Herr Abgeordneter von der Osten glaubte, mir einen Vo-wurf machen zu sollen wegen der zwiespältigen Behandlung der beiden Politiker Sinowjew und Escherich, Jch hätte einmal die Herren von der Deuischnaticnalen Volkspartei und von der Deutschen Volkspartei hören mögen, wenn ich gegen die Intentionen des Aus- wärtigen Amtes Sinowjew an“ der Teilnahme. am Hallenser Partei- tage gehindert hätte. Jch glaube, diejenigen Herren, die heute meine Haltung fkritisieren, hätten dann gesagt, daß die Ausweisung Sinowjews eine beabsichtigte Brüskierung der Politik der Reichs- regierung gewesen sei. (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten. Zwischenrufe rechts.) Meine Herren, wenn Ihre Politik geradlinig wäre, und wenn Sie demagogishe Fechterkunststückchen verschmähten, würde ih allerdings von einer solchen Kritik in derartigen Fällen verschont bleiben. Aber ih kenne ja doch die „Deutsche Tages- zeitung“, die „Deutsche Zeitung“ und die „Post“, der sozialistische íSmenminister fann tun, was er will, der Jude wird verbrannt. Wenn ich Sinowjew ausweise ih habe ihn ausgewiesen —, so heißt es: der s{lappe Innenminister muß erst -durch die Reichs-

. regierung angewiesen werden, als ih Losowsky auswies, so hieß es in

Shrer Presse ebenfalls, daß ich. erst dem Drucke der Reichsregierung gefolgt sei. Ich kenne Ihre Presse. Ih meine Sie nit persönlich, Herr von der Osten; ich kenne Ihre maßvolle Darstellungaweise und weiß, daß mit Ihnen viele Herren Ihrer Fraktion diese Kunst- stüdchen verschmähen; aber der Presse im Lande ist jedes Mittel ret, um dem preußischen Jnnenminister etwas azuhängen. (Sehr wahr! bei ten Sozialdemokraten.)

Den Forstrat Dr. Escherich kenne ih persönlih nicht. Was ich über ihn gehört Habe, läßt ihn mir gar nit als einen so gefährlichen Menschen erscheinen. Ich hätte gar nichts dagegen, wenn Forstrat Esherih in Versammlungen in Preußen seine Ideen entwickelte, wie wir zu einem Wiederaufbau kommen. (Zuruf v. d. D. Nat.) In Breslau ist verboten worden eine Vertrauenskonferenz des Heimat- {hußbundes, die berufen worden ist, um eine Organisation ins Leben zu rufen, die sich polizeilihe Befugnisse anmaßte.

Noch ein paar Bemerkungen zu dem Verfahren gegen meinen Mitarbeiter, Herrn Dr. Freun d. Herr Abg. von der Osten, diese sogenannte zwiespältige Haltung meines Mitarbeiters Dr. Freund während der Kapp-Tage konnte Ihnen {on an dem Tage bekannt sein, als wir im Hauptauëshuß den Haushalt des Innern behandelten. (Zuruf b. d. D. Nat.) Jst Jhnen erst jeßt bekannt geworden? Durch die Zeitungen? (Abg. von der Osten: Nein!) Gut, ih bin gern bereit, auf Grund Ihrer Ausführungen und auf Grund der Ausführungen des Herrn Abg. Dr. von Richter eine Er- gänzung der Untersuhung anzuordnen, von der ih gestern bereits ge- prochen habe. (Zuruf rech18.) Die eidlihe Vernehmung, jawohl! Aber das möchte ih noch einmal sagen, die Briefe und Zeitungs- veröffentlihungen eines einzelnen Negierungspräsidenten werden mir niemals Veranlassung aeben, ein Verfahren einzuleiten. (Lebhafte Zurufe bei den D. Nat.: Das geht nicht, das ist unmöglich; das ist ein Ehrenmann, und Sie müssen ihn hören!) Jch habe durchaus niht in Abrede gestellt, daß Herr von Braun ein Chrenmann fei, und ih glaube, ih unterscheide mih da ein wenig von Herrn von der Often, der beute in seinem Urteil über einen Mann sehr vorshnell gewesen ist, über den Mann, der das Polizeipräsidium in Berlin cuf die Spuren der Orgesch-Leute in Berlin gelenkt hat. Einen ehrlofen Sc@uft hat Herr Abg. von der Osten diesen Mann genannt. (Zurufe rechts.) Aber was ist denn der Herr von Braun? (Sehr richtig! links. Érregte Nufe rechts.)

Jch bin nicht davon überzeugt, daß Herr von Braun seine An- zoge über- dieses angeblihe Verhalten des Herrn Staatssekretärs Dr. Freund erstattet hätte, wenn er im Amte geblieben wäre. (Zu- ruf vedts: Das wroissen Sie nicht!) Gewiß, ih weiß es nit, aber ih bin niht davon überzeugt, sage ich! (Abg. Dr. von Richter (Hannover): Also ganz haltlose Behauptung!) Jh nehme an, Herr Abg. von Nichter, daß Sie mih mcht verstanden haben. Jch habe gesagt, ih bin niht davon überzeugt, und Sie werden mir doch gestatten, daß ih das, was ich glaube, hier zum Vortrag bringe. (Zuruf rechts.) Nein, meine Ueberzeugung ist nicht haltlos. Jch glaube, daß die ganzen Verhandlungen den Beweis dafür erbracht haben, daß ih auf Wünsche und Anregungen, ganz gleich, von welcher Seite sie kommen, gern eingehe, daß es mir aber nicht zugemutet werden kann, Klatsh nacgzugehen. (Zuruf rechbs.) Jh wieder- hole, man darf mir nit zumuten, auf jeden Klatsh von rechts und links einzugehen. Wir sind hier im Parlament, und Sie haben so weitreih:nde Rechte, an den Minister heranzukommen und ihn zu Vntersahungen zu zwingen, daß ih nur anheimstelle, von diesen ranlamentarishen Mitbeln Gebrauch zu machen. (Sehr richtig!

bei den Sozialdemokraten.) Wenn Sie aber Rechte für sich und Jhre Frakticn haben, dürfen Sie mir niht zumuten, daß. ih auf Effekt berechnete Artikel der „Deutschen Tageszeitung“ zum Gezen- stand von Untersulungen mache. (Sehr gut! links.) Dem Herrn Abg. von der. Osten versprehe ih, daß ih den Beschwerden, die er über Baumann, Findeisen, Bepper und die anderen Herren vor- getragen hat, nachgehen werde. Jst das wirklih vorgekommen, wird Remedur eintreten. Ich möchte aber, Herr Abg. von der Osten, darauf aufmerksam machen, daß leider diese Herren Leidensgenossen in den ersten Monaten dieses Jahres gehabt haben, daß Tausende von Arbeitern im Ruhrrrevier wochenlang festgehalten worden sind (sehr richtig! links), ehe sie dem ordentlihen Richter zugeführt wurden. Damals hat sich kein Mitglied der Rechtsparteien e- funden, das gegen diese Verfassungsverleßung vorging. (Zuruf rets.) Jh will damit nichts entschuldigen, nur sagen: Genau so, wie ich damals gegen diese Ungerechtigkeiten vorgegangen bin, werde ih auch gezen andere Verfassungsverlezungen angehen.

Und zum Schluß eine Bemerkung! Jch glaube, daß wir weiter kommen, wenn wir alle diese Erörterungen ein klein wenig leiden- schaftsloser führen und uns immer an die Tatsachen halten. (Zuruf rets.) Mein Ministerium und, ih glaube, auch im Namen aller anderen Ressorts zu \precken, bringen Sie mit solchen Angriffen sicherlih nicht aus dem Konzept. Das ist vielleicht au nicht Ihre Absicht. Die Wirkung Ihrer Maßnahmen is aber, daß Sie unser Volk aus dem Konzept bringen und selbst die ruhigsten Leute in der Arbeiterschaft an dem guten Willen derjenigen Organisationen irre werden. die angeblich zum Selbstshuß aufgerufen sind, aber bei der Arbeiterschaft im Verdacht stehen, daß sie der Arbeiterschaft wert- volle Güter rauben wollen. Sie wollen Ihren Hof, Ihre Felder, Shr Eigentum schüßen. Die Arbeiter haben hohe ideelle Güter zu hüten, die Errungenschaften, die durch die staatliche Umwälzung gewonnen sind. (Lbhafte Zustimmung links.) Leisten Sie beider- seits diesen Schuß dadur, daß Sie mit den Waffen des Geistes diese Güter verteidigen. Werfen Sie Maschinengewehre und Hand- granaten zum alten Eisen! Geschieht das auf beiden Seiten, dann find wir auf dem Wege der Gesundung! (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraien.) ?

189. Sißung vom 4. Dezember 1920, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger *).)

Der Antrag aller Parteien, mit Ausnahme der Deutsch- nationalen, auf Annahme eines Gesebßes über die Wahlen zum Staatsrat wird ohne Erörterung dem Ver- fassungsausschuß überwiesen.

Es folgt die erste Beratung der Anträge aller Parteien 1. auf Annahme eines Geseßentwurses über die Bestellung von Mitgliedern des Reichsrats durch die Provinzialverwaltungen, 2. über die Erhöhung der preußishen Stimmen im Reichsrat.

Abg. Dr. von Kries (D. Nat.) beantragt, den vorgeschlagenen Geseßentwurf dem Verfassungsausshuß zu E dagegen den Antrag, „die Staatsregierung zu ersuchen, auf das eib einzuwirken, daß im Wege der Reichsgeseßgebung die preußishen Stimmen so er- böht werden, daß jede Provinz einen Vertreter in den Reichsrat ent- senden kann“, sofort anzunehmen, weil die Annahme dieses Antrags die Vorausseßung für die Verabschiedung des beantragten Gesehß- entwurfs bildet und man sonst gegen die Reichsverfassung verstoßen würde.

Nachdem Abg. Hir \ ch (Soz.) sich mit diesen Vor- {lägen einverstanden erklärt hat, wird der Antrag ein- stimmigangenommen, der Geseßentwurf dem Ver- fassungsausshuß überwiesen.

Hierauf seßt das Haus die Erörterung über den Haus - halt des Ministeriums des Jnnern fort.

Abg. Ludwig (U. Soz.): Der im Hause erstattete Bericht des Untersuungsaus\chusses über die Ursachen der Unruhen im Februar, März und April 1919 behauptet, daß zwishen den Sparta- kisten in Berlin und in Rheinland-Westfalen niht nur eine geistige, fondern auch eine persönliche Verbindung bestanden habe. Gegen diese Behauptung erheben wir den entsciedensten Einspruch, denn sie stüßt sich auf eine völlig unzulängliche und unhaltbare Beweis8- führung. Die Zentrale für Heimatsdienst sollte doch endlich ver- schwinden, sie macht mit Staatsgeldern noch immer in einseitigster Weise für die I Propaganda. Die alten Reichs» wehroffiziere haben den alten Geist der Reihswehr in die Sicher- heitspolizei und jeßt auch in die Scbußpolizei einzuführen sib bemüht, und insoweit haben wir es hier geradezu mit einer verkleidcten Orgesch zu tun. Die Klagen des republikanischen Führerbundes sind dafür allein hon Beweis genug. Natürlich braucht die Reaktion Militär und Polizei. Südlich der Nuhr ist die neue Sicherheits- polizei in’ völlig militärischem Aufzuge mit Maschinengewehren usw. eingerüdt, veranstaltet Schießübungen im Gelände und warnt vor unvorsichtigem Betreten desselben. Uebrigens sind in der Reichswehr die alten Spibelstellen troß der Behauptung des Herrn Geßler keines- wegs aufgelöst, sondern arbeiten unter der alten Firma „Îtachrichten- übermittlung usw. ruhig fort. Die Spißel werden sogar in die Fabriken entsandt und dort arbeiten diese Halunken unter den übrigen Arbeitern. (Hört! Hört! links.) Wir verlangen nah wie vor die Auflösung aller niht der Verfassung treugebliebenen ormationen und ihre Erseßung aus den Kreisen der republikanischen Bevölkerung, insbesondere der organisierten Arbeitershaft. Die Kampfansage des Herrn v. d. Osten nehmen wir auf, wir werden der Orgesch etne Organisation entgegenseben, die alle republikanischen Arbeitermassen zur Abwehr des d ros Schreckens und zum Schuße der Freiheit zu- sammenfaßt, wir werden sie in das Vereinsregister eintragen lassen und für die Statuten das Statut der Orgesch einfah abschreiben.

Aba, Stendel D 2): M pes Arbeit hatten wir es nit feblen lassen, soweit uns das die Koalition nicht unmögli gemaht hat. Unsere Anfrage wegen der Freiheitsberaubung des Breslauer Polizeipräsidenten Vogt “an dem Abg. Kneifel-Legni E noch nicht beantwortet. Jn weiten Kreisen meint man,

Staatssekretär Freund von der Natur hinsihtlich des Rückgrates ehr stiefmütterlih behandelt ist. (Sehr richtig! rets.) Die Be- amten halten Freund für den bösen Geift Severings. Warum werden die vom Edlen von Braun angegebenen Jeu en nicht ver- nommen? Das Zentrum fordert nicht nur ka Bitte, sondern SZentrumsländräte. Wegen angeblicher Beteiligung am Kapp- Putsch sind Landräte, die sih nichts zuschulden kommen ließen, auf demokratish-sozialisti\hes Betreiben abgeseßt und troß Zusage nicht wieder eingeseßt worden; so Herr v. Münchhausen, den man zum Trost unter dem soziali tischen Melerung S von Arnsberg in die Regierung berufen hat. Sogar einen Schulinspektor ‘aus Bremen hat man zum Landrat in Preußen gemacht, und zum Land- rat von Ahlefeld hat man einen Bauführer gemacht, der schon vier- mal zur Erzwingung des Offenbarungseides verhaftet werden sollte, weil er Handwerkern bartnädig 23 000 Æ schuldet; auch soll er für 5000 4 eine Oelmühlenkonzession beschafft haben. In Kiel wurde Polizeibeamten gestattet, mit Musik am 7. November mit zu demonstrieren. oweit die Bros nicht das Entwaffnungsgeseß verleßt, darf sie nicht verboten werden. Der Abg. Heilmann, dessen retleuhtenden Kopf ih jeßt nicht sche... . (Stürmishe Ent-

*) Mit Ausnahme der Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben werden. s

rüstu Dr. Frenhbelk Ht, die n Set De:

8rufe. Vizepräsident Cie: Baften der Abgeorbtlen nid

Bespre machen. Rufe links: Unanständigkeit!) a Heifimüga damik nit verleßen. Herr Minister, E e

ollie Hern gegen uns kein Ausnahmezusband besteht, haben Sie die Geseße zu beobachten. - Wir wünschen, daß dem Selbstschuß auch die ordnungs liebenden Arbeiter beitreten. Nur ein guter Octsshuß kann die Ruhe erbalten, nicht ein Verbot der Orgesh. (Beifall rechts.)

Abg. Degenhardt (Dem.)- Derselbe Herr v. d. Osten, die Erschütterung der Staatsautorität beklagt, erklärte, daß die Orgesh ohne Rücksicht auf die Regierung aufredterhalten werde, Jst das niht Spiegelfehterei? Der Minister hat ret, wenn er aus Notwehr, uin dieses Preußen zu erhalten, alles verbietet, was unser Volk in feindliche Heerlager zerreißt. Wir halten jede illegale Solbstschußorganisation für ein Verbrechen, nur im Fall der Not darf sie unter staatlicher Aufsicht ge ees werden. „Wir unter- stüßen den Minister in S gea Bestreben, eine olizei zu schaffen, die auf Tod und Verderb mit diesem Freistaat Proeu verbunden ist; sie muß auch zuverlässige Kommandeure haben. sekretär Freund hat eine unparteiische Untersuhung gogen sih selbst mit Ver- nehmung der Zeu und Berichterstattung an das Pclament beantragt und cebelen sie schnellstens durchzuführen! Unser Volk eat E arbeiten, fe ben Was n eh muß so pin, ih die besten Kräfte bereitsinden, in einzu- treten. Beifall bei en Demokraten.)

Hierauf nimmt der Minister des Innern, Severing das Wort, dessen Rede wegen verspäteten Eingangs des Stenogramms erst in der nächsten Nummer dieses Blattes im

Wortlaute wiedergegeben werden wird.

Damit schließt die Besprechung.

ersönli% bemerkt Aka. Dr. von Richter (D. V): Dos Chat hat in lediglih aus politishen Gründen aufgefordert, meine Entlassung zu nehmen. it hat das Ministerium anerkannt, daß mir diejenige Anpassungsfähigkeit fehlt, die es für mein Amt für nötig erachtete. Daß ih | 30 jâhs riger Dienstzeit aus dieser Veranlassung habe gehen müssen, rene ih mir zur Ehre an. (Beifall reis.)

Abg. Lüdi ke (D. Nat): Wir sind nicht in der Lage, dem

nwärbigen Minister das Gehalt zu bewilligen, und erbitten be- ondere Abstimmung. (Heiterkeit.)

Das Gehalt des Ministers wird gegen die Stimmen der D. Nat. und der U. Soz. aller Richtungen bewilligt, der Etat für das Ministerium des Fnnern unvera ndert ge nehmigt und die vom Ausschuß vorgeschlagene Ent- \hließung, betreffend die Bang der Tätigkeit des Landesfürsorgeamts auf früher elsaß-lothringishe unmittel- bare Landesbeamte, angenommen.

Es folgt die zweite Beratung des G eseßentwurfs, betreffend die Vollendung des ittelland- kanals und die durch sie bedingten Ergänzungsbauten a1 vorhandenen Wasserstraßen.

Abg. Blank (Zentr.) berichtet über die Aus\(Œußberatunçan und bemerkt: Wir stehen am Schlußbau eines großen 3, d unserem Vatez-lande zu dauerndem Segen gereichen wird. Der Kanal- bau gibt reihlih Gelegenheit zu produktiver Arbeitslosenfürsorx. Der Kanal wird gestatten, der Bevölkerun; Weißkohle Ei der uns zu bitter fehlenden Schwarzkohle zuzuführen. Die Wahl dec Mittellinie hat die meisten Stimmen E sich. Der Aus\chuß fordert aber Anschluß des mitteldeutschen Industriereviers durch einen be- sonderen Kanal oder durh Schiffahrtverbesserung der Elbe und Saale. Das Geseß entspricht diesen Wünschen. Unter der Führung des Ministers Oeser is es in dankenswerter Weise gelungen, eine lle Teile befriedigende Lösung zu finden. Alle Neu- und Umbauten werden für das 1000-Tonnen-Schiff eingerichtet, in Süddeutschland allerdings für 1200 Tonnen. Da die Wasserstraßen auf das eih übergezen, wäre Einheitlihkeit erwünsht. Die Kostenaufstellung ist natürli)

i ä eise, wir hoffen aber, daß. in der zweiten Häls nur eine Jhâhungaweise wi d fie wesentlicher Preiabban ih.

Minister der öffentlihen Arbeiten Oeser: Meine Damen und Herren! Mit Rücksicht auf die Ausführungen des Herrn Bericht- erstatters und den Ihnen vorliegenden eingehenden sachlichen gedrudten Beridkt sowie auf die ganze Sacblage darf ih mich auf die Hervor- hebung einiger Gesichtspunkte beschränken. Es liegen Ihnen die ?'b- machungenz die unter den am Kanal beteiligten Ländern getroffen sind, im Druke vor. Sie gehen im wesentlichen dahin, daß der Kanal nah Süden weitergeführt wird, ein Wunsch, der von Anfawg am vor- handen war und im 24. Ausschuß sehr lebhaft vertreten wurde. Es sollen also niht nur Halle und Merseburg, mit den verkehrs\tarken Leunawerken, sondern auch Leipzig angeschlossen werden. Es ist nicht zu verkennen, daß dadurch zwar die Kosten des Kanals erheblich steigen, daß aber ebenso der Verkehrswert des Kanalbauunternehmeus dadur entsprehend gehoben wird.

Weiter ist-der Bau wertvoller Talsperren vorgesehen. Diese Tal- spcrren würden zum Teil für sich wirtschaftlih sein. Sie stehen abr insofern in Zusammenhang mit den Kanalbauten, als sie Speisung# wasser liefern. Dabei lege ih einen ganz besonderen Weri darauf, daß die thüringishen Lalsperren eine erhebliche Er hébung des Elbe-Wasserstandes ermöglichen. Es wird daher ein alter dringender Wunsch der Verkehrstreibenden erfüllt und es ist ein glüd- licher Nebenumstand, daß wir hier in der Ausgestaltung des Elbe- Fabrwassers von den Oberliegern unabhängig werden und in unseren eigenen Gebiete den gewünschten Verkehrsfortschritt erzielen.

Nach den Abmachungen soll Braunschweig tunlichst an die Haupk- linie herankemmen. Das ganze Kanalbauunternehmen wird als cin einheitlicher Garantiegegenstand betrachtet werden und die Länder, also Braunschweig, Thüringen, Sachsen, Anhalt, Bremen und Oldenburg verpflichten fi, auf dieser Grundlage für die Mittellinie einzutreten und beim Reicke dahin zu wirken, daß diese Abmachungen in die ab- zuschlicßenden Staatsverträge über die Wasserstraßen aufgenommen werden.

Dur die Verhandlungen mit den Lndern auf der Grundlage, die der 24. Ausschuß sahgemäß geschaffen hatte, ist also eine Er- weiterung der Vorlage eingetreten. Dabei muß berücksichtigt werden, daß gleichzeitig eine Verbesserung nah Osten hin erstrebt wird dur die Vorlage, die den nähsten Gegenstand der Tagesordnung bildet, die cine Aufhébung des Oder-Wasserstandes unterhalb Breslau auf 1,70 Meter vorsieht. Es ist der Wunsch der Staatsregierung und zu hoffen, daß dur diese Verbesserung der Oter-Wasserstraße die wirt- \chaftlihen Bande, die uns mit Schlesien in seiner Gesamtheit ver- knüpfen, verstärkt werden mögen.

Meine Damen und Herren, ich erblike den Hauptwert der so er zielten Verständigung darin, daß sie sozusagen eine restlose Ver- ständigung ist und daß nach meinem Empfinden irgendein Rest an Verstimmung unter den beteiligten Ländern nicht zurückgeblieben ist, Die Länder bekommen im wesentlichen das, was sie nah der Sachlage beanspruchen konnten, und ih habe den Eindruck, daß sie mit den hier getroffenen Abmachungen durchaus zufriedengestellt sind.

(Fortseßung in der Zweiten Beilage.)

am Deutschen Reichs

Ir. 277.

(Fortsehung aus bas Ersten Beilage.)

Tür das Reich liegt der Vorteil in den getroffenen Abmachungen atn, daß die Länder nun ein einheitlihes Projekt ihm vorlegen und daß nicht das Reich eiwa noch verbliebene Mißstände oder verbliebene Gegensäßc zu lôsen hätte.

Gin Gegensaß in der Linienführung besteht jeßt nicht mchr und die Stellung, die die Mehrheit des Ausschusses von Anfang an ein- genommen hat, daß nämlich die Mittellinie zu bauen sei, ist nunmehr ron allen übrigen an dem Bau beteiligten Ländern bestätigt worden, ein Vorgang, dez in großen und wihtigen Verkehrsfragen beinahe beispiellos ist. (Sehr richtig!) Erinnern Sie sich doch daran, daß bei jeder Bahn, ja bei jeder Kleinbahn die örtlihen Interessen mit

oßer Schärfe gegeneinanderprallen. Bei einem Unternehmen, wie es tieser Mittellandkanal ist, der den Osten und den Westen dauernd verbinden soll, bei einem Unternehmen, das auf alle Zukunft hin gestaltet wird, gingen die Interessen viel weiter auseinander als bei ficinen Unternehmungen. Jch bin deshalb auch durhaus nicht darüber verslimmt, daß diese Interessengegensäße jeweilig etwas heftig auf- cinandergeprallt sind. Nachdem es aber gelungen ist, alle die ver- \&iedenen Interessen auf eine bestimmte Linie zu vereinigen, meine id, daß damit in der Tat etwas Großes und Versöhnliches geschehen i, und daß wir alle Veranlassung haben, uns dessen zu freuen. (Sehr riólig!) /

Mcince Damen und Herren, dieser Erfolg beruht im wesentlichen mit auf der schr eindringlihen Arbeit des 24. Ausschusses, der alle diese Dinge in den Bereich seiner Betrachtungen gezogen und durch seine Anträge sabgemäße Unterlagen für die jeßt herbeigeführte Ver- ständiaung arschaffen hat. Es war von Anfang an sehr zweifelhaft, ob die eine oder die andere Linie, die zuleßt noch in Betraht kommen

* fonnte, also die Südlinie, die Kompromißlinie, oder die Mittellinie

einen so starken Vorteil vor der anderen Linie habe, daß sie unbe- tingt gebaut werden müsse. Man hat von Anfang an anerkannt, daß beide Linien bauwürdig sind, und daß für die Südlinie eine Meike spezifisber Vorzüce sprechen. Was hat nun leßten Endes den Aus- \chlag geagcken? Jch glaube, man kann es auf die kurze Formel bringen, daß sich das Interesse der Anlieger an dem Kanal und da3 Interesse des großen Durchgangsverkehrs gegenüberstanden. Fe mehr wan in dem Ausschuß im der Verhandlung fortschritt, um so mehr überzeugte man sich, daß es sozusagen ein geshihtlicher Fehler ersten Ranges gewesen wäre, wollte man sih von lokalen Vorteilen leiten lassen und nit den großen Durchgangsverkehr als das verkehrs- tehnishe und technisch Entscheidende in den Vordergrund stellen. Da ergaben sich vor allen Dingen zwei Argumente. Zunächst war die Südlinie kostsvieliger als die Mittellinie. Die Summe, die in Betrackt kam, muß entsprechend den gegenwärtigen Preisen mit einem Vielfahen multipliziert werden. Diese vermehrten Ausgaben, die tem Anliegerverkehr zugute gekommen wären, hätte der Durchgangs8- verfchr mittragen müssen; es wäre also {on eine Verteuerung aus

| den Anlagekosten hervorgegangen. Dann kam aber binzu, daß die

Mittellinie gegenüber der Südlinie je nah der Linienwahl 30 bis 36 Betricbskilometer kürzer ist. Wir haben eine normale Geshwin- digkeit von 5 km auf dem Kanal, die aber niht allenthalben erreihi wird. Im Westen erstreben wir, jeßt wenigstens auf eine Geshwindig- feit von 4 km zu Ffommen. Haben wir nun eine folie Anzahl von Betriebsfilometern mehr, so besagt das, daß die Schiffer 7, 8,

Stunden oder noch länger guf der Südlinie mehr brauchen als auf der Mittellinie, und das war auch von meinem Standpunkt aus das EntsHeidende. Wir müssen damit rechnen,- daß wir wieder in den großen internationalen Verkehr cingereiht werden. Dann werden wir wicder mit Pfennigen rechnen müssen, und der Wettbewerb wird zu 1 Teil davon abhängen, welche Leistungsfähigkeit unsere Verkehr8- anstalten besißen. Da ist es nun nit gleichgültig, ob eine Linie gewählt wird, die den Schiffer zwingt, bei dieser Linie einen vollen Arbeitstag mehr aufzuwenden als bei einer anderen Linie. Wenn ih mir vorstelle, daß es 100 Jahre hindurch tagtäglih der Fall scin würde, daß jeder Schiffer cinen Tag länger bei der einen Linie gebraucht, so muß das entscheidend ins Gewicht fallen, ob man nicht aus sonst sehr beahtliben Gründen die Südlinie wählen könnte, oder ob man nit geradezu gezwungen wäre, die Mitteljanie zu wählen. Dann blieb aber das Interesse bestehen, daß das mitteldeutsche JIndustriegebiet mögsi&st an den Kanal heranzuziehen war, und da boten si die Wege, die von dem Ausschuß eingeshlagen worden jind und die nun- mehr zum Ziele geführt. haben.

Dabei, meine Damen und Herren, kommt in Betracht, daß Kanal und Eisenbahn doch verkehrstehnisch verschiedene Dinge sind. Ih kann mit der Eisenbahn shließlich an jeden Ort und an jede Station herankommen; nicht aber mit dem Kanal, weil er von den Geländeverhälntnissen abhängig ist und bei ihm nit einmal das Entscheidende ist, ob ein Werk direkt an den Kanal kommt, sondern ob ein l[eistungsfähiger Umshlagsplaß vorhanden ist. Deshalb Würden also au, wenn die Südlinie gewählt werden würde, die meisten der dabei beteiligten Werke eine Vorfracht für die Eisenbahn haben entrihten müssen, weil sie selbstverständlih den nähsten Umschlags- plaß aufgesuGt hätten. Also insofern werden die in Betracht kommenden Werke vielleiht mit einigen Ausnahmen doch wohl von der jeßt gewählten Linie den gleichen Vorteil haben, den sie von ter Südlinie haben, mit der cinen Einschränkung, daß sie eine ehvas größere Vorfraht werden entxichten müssen.

/ Nun beschäftigt Sie und uns, meine Damen «und Herren, natür- lih die Frage des weiteren Schiksals des Mittellandkanals. Ich darf wohl für mich in Anspruch nehmen, daß ih bei all den Ver- handlungen, auch im Ausschuß, immer loyal darauf hingewiesen habe, daß die Beschlüsse, die wir hier fassen, erst durch das Reih ihre Bestätigung finden müssen, weil dieses am 21. April 1921 die dem allgemeinen Verkehr dienenden Wasserstraßen übernimmt, also Bau- herr wird, und so ist es ganz selbstverständlich, daß das Reich nun ¿u dem Mittellandkanal noch Stellung zy nehmen hat. Diese Vor- ausseßung i ganz selbstverständlich, sie hat alle unsere Verhand- beherrscht. : '

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Zweite Beilage anzeiger und Preußischen Staatsanzeiger

Berlin, _Montag, den 6. Dezember

Nun hat das Reih bei ciner Besprechung, die auf seine Ver- anlassung in Wernigerode stattfand, zwei Bedingungen für die Ver- handlungen aufgestelt Die Reichsregierung hat darauf hingewiesen, daß eine von ihr vorzunehmende Nachprüfung der Linienführung eine wesentlihe Verzögerung unvermeidlih mache, úund sie hat zweitens betont, sie könne nur ein von der Cinmütigkeit der beteiligten Länder getragenes Projekt derzeit zum Gegenstand einer Vorlage an die geseßgebenden Körperschaften des Reichs machen. Diese beiden Vor- bedingungen sind meines Erachtens erfüllt. Die beteiligten Länder legen ein Projekt in voller Einheitlihkeit vor, und es entfällt dadurch die Verpflichtung für das Reich, nun in eine Nachprüfung einzutreten. Ich bin aber auch der Meinung, daß sih das Reich durch die Auf- stellung dieser Forderung gebunden hat. Denn, wenn es erklärt, es fönne nur ein von der Einmütigkeit der Länder getragenes Projekt derzeit zum Gegenstand eines gescßgeberishen Vorgehens machen, so folgt daraus, daß das Reich, wenn diese Bedingung erfüllt wird, auch die Verpflichtung anerkennen muß, den gesezgebenden Körper- schaften eine Vorlage zu machen.

Dabei, meine Damen und Herren, verkennt keiner von uns, welche außerordentlichen Schwierigkeiten der prafktischen Durchführung des Kanals noch entgegenstehen. Sie liegen auf dem finanziellen Gebiete und auf dem der Garantieleistungen. Es ist selbstverständlich, daß hierüber mit dem Reich eine Verständigung herbeigeführt werden muß. Wir kögnen aber darauf hinweisen, daß derartige Verständi- gungen mit dem Reich ja bezüglih der NeKatkanalisation und des Donau—Main- Kanals bereits erfolgt sind, und ih glaube, wir dürfen in Anspru nehmen, daß die am Mittellandkanal beteiligten Länder vom Reich in gleicher Weise behandelt werden, wie die süddeutschen Länder behandelt worden sind. (Sehr richtig! bei der Deutshdemo- fratishen Partei.) Geeignete Grundlagen dafür bilden meines Er- ahtens die bewährten Grundsäße,“ die Preußen bei der Durchführung seiner großen Kanalpläne über die Garantieleistung aufgestellt hat. (Sehr richtig! bei der Deutschdemokratischen Partei.) Es handelt sih nit mehr um eine rein preußische Yorlage, sondern durch die erzielte Verständigung ist die Vorlage eine des gesamten Neiches geworden.

In bezug auf die Ncetstandsarbeiten darf ih vorausfeßen, daß das Reich mit deren baldiger Inangriffnahme unter Uebernahme der

Kosten im Hinblick der Erwerbslosenfürsorge einverstanden ist.

Damit, meine Damen und Herren, ist die Aufgabe, die Preußen in bezug auf die Kanalfrage zu lösen hatte, nun tatsächlich gelöst. Wir konnten das Werk nur soweit fördern, als wir dem Reich ein tehnisch und wirischaftlih möglichst vorbereitetes Projekt unterbreitet und die Vekständigung unter den Ländern hergestellt haben. Wenn es in der Polemik zeitweise so hingestellt worden ist, als ob Preußen hierbei seine eigenen Interessen allein verfolgt habe, so habe ih mich chon früher dagegen gewandt. Jch darf bei dieser Gelegenheit noch- mals hervorheben, daß es selbstverständlich die Pflicht der preußischen Staatsregierung ist, die preußischen Interessen in allererster Linie zu wahren. Wenn wir aber hier für Preußen eingetreten sind, fo haben wir damit nie etwas gegen das Reich gesagt, getan oder unter- nommen. Denn es ist vollständig klar, daß der Nußen des Mittel- landkanals nit allein dem preußischen Wirtschaftsleben, sondern dem gesamten Reiche zugute kommen wird.

Der Herr Berichterstatter war so freundlid, auf die Kämpfe im Jahre 1904 wegen des Mittellandkanals hinzuweisen, bei dem ih mitgewirkt habe. Man kann wohl die Folge aus den jtahrzehnte- langen Kämpfen ziehen, daß ein Werk, das nah solchen Kämpfen zu- stande gekommen ist, in sich eine gesunde Kraft tragen muß. Es hat oft gnug fo ausgesehen, als re es unmögli, den Mittellandkanal zu vollenden, und er hat sih doch durhgeseßt. (Sehr richtig!) Darin liegt die Stärke der Idee der Verbindung vom Westen zum Osten in Ergänzung der Stromrichtungen, die im wesentlichen von Süden nach Norden führen.

Wenn wir so die Wasserstraßen in Zusammenhang gebrachi haben, so wird ein wirtschaftliher Austausch innerhalb des ganzen Deutschen Reiches erheblih erleihtert. Mit diesem wirtschaftlichen Austausch werden auch die menschlichen Beziehungen gesteigert. Es wird auc innerhalb der Provinzen eine Verständigung erleichtert und der Kultur gedient werden.

Daß wir den Mittellandkanal auf der Grundlage des 1000- Tonnen-Sciffs ausbauen, ist ein erheblicher Fortschritt. Wir haben ursprünglih im Westen die Wasserstraßen auf 600, im Osten auf 400 Tonnen eingestellt gehabt. Inzwischen hat sich das 1000-Tonnen-

. Schiff für den tinnerdeutshen Verkehr als siegreich erwiesen. Seine

vermehrte Leistung wird den Wert der Wasserstraßen entsprehend steigern. 0

Ic glaube, Ihrer Zustimmung für die Vorlage sicher zu sein. Was ich früher betont habe, damit darf ih vielleicht diese kurzen Bemerkungen abschließen: Es gibt heute in Deutschland fein großartigeres, kein wihtigeres und kein fruchtbareres Verkehrsunternehmen als die Vollendung des Mittellandkanals. Auf diesen Boden stellen wir uns. Jch hoffe, daß es den Schwierigkeiten finanzieller und sonstiger Art zum Troß gelingt, dieses Kulturwerk abzuschließen, und ih freue mi, daß Preußen nohch entsheidend dazu beitragen konnte. (Bravo!)

Abg. Witt ma ck - Magdeburg (Soz.): Dieses Gesel wird die Geschichte als eine Tat bewerten, um so mehr, als der Vorgänger tieses Parlaments bekanntlih eine ganz andere Haltung zu dieser großen Sache eingenommen hat. Heute fleben alle Parteien einmütig zu der Vorlage. ! :

Abg. Rürzup (Zentr.): Für Deutschland. wäre e3 von ent- shicdenem Vorteil gewesen, wenn dieser Kanal shon vor dem Kriege gebaut worden wäre. ine Ausführung gehört zu den Voraus- seßungen des Wiederaufbaues. Die Zentrumsfraktion wird mit ganz wenigen Ausnahmen für die Mittellinie eintreten. Der Mittelland- fanal ist eine Angelegenheit des ganzen deutschen Volkes sevorden. Er wird ein Mittel bieten zum festen Zusammenshluß zwisden Osten d E Es ist die höchste Zeit, daß diese Brücke gebaut wird. (Beifall.

Minister der öffentlihen Arbeiten Oeser: Meine Damen

und Herren! Der Herr Abgeordnete Wittmadck hat die Frage an mih

1920

gerichtet, wo, wann und in Silben Umfange Notstandsarbeiten vor- genommen werden sollen. Jch bemerke, daß die Vornahme von Not- standsarbeiten abhängig ist von der Verständigung mit dem Reiche, habe aber vorhin hon zum Ausdruck gebracht, daß nah den mir ge- wordenen Mitteilungen das Reich durchaus bereit ist, in eine der- artige Verständigung einzutreten. Es sinz an Notstandsarbeiten zu- nächst in Aussicht genommen die Fortführung des Kanals östlih von Peine bis ‘in die Gegend von Braunschweig, ein Stück östlich der Elbe, dann der Umgehungskanal bei Magdeburg. Ferner soll weiter betrieben werden die Erweiterung des Ihle-Plauer-Kanals, ebenso des Oder-Spree-Kanals, und \{ließlich kommen not in Betracht die Vorbereitungen der Arbeiten für die Talsperren, ganz besonders das Ausgleichsbeken bei Eichiht und ebenso die Fortführung des Tal- sperrenbaus Ottmachau. Das sind die zunächst in Aussicht ge- nommenen. Arbeiten. :

Was nun den Unigehungskanal bei Magdeburg betrifft, so bin ih gern bereit, dem Herrn Abgeordneten Wittmaack persónlih Auskunst zu geben. - Hier möchte ih auf Einzelheiten bei der Geschäftslage des Hauses nicht éingeheñ. :

Abg. B.ar te ld. (Dem.): Jm Ausschuß ift cine erfreulide Einig- Feit erreiht worden. Die Genugtuung darüber, daß es dem Minifter gelungen if, das Widerstreben pon Braunschweig, Thüringen und Sachsen zu überwinden und auch mit den Anhängern der Südlinie zur Verständigung ¿zu kommen, war allgemein. Wir {ließen uns er Bealückwünschung des Ministers für die glückliche Führung dieser Nerhandlungen an und \preben ihm unseren herzlichsten Dank aus. Den Ländern, besonders - Braunschweig, soll man mit ihren Spezialwünschen so weit entgegenkommen, als es nur irgend ohne die Gefährdung allgemeiner Verkehrsinteressen gesehen fann.

Aus\huß hat eine Entschkießung empfohlen, wonach den- jenigen, die für den Kanal Land abtreten müssen, als Erfaß nit Bapiergeld, sondern Grund und Boden gegeben werden joll, und er empfiehlt in einer weiteren Entschließung, daß auch den Ges meinden bei der Anlage von Häfen und Umschlagstellen irgendwie beigestanden werden mechte. Beide Nefolutionen können wir nur dringend befürworten. Hätte der frühere preußishe Landtag sck;on den Kanal bewilligt, so hätten wir im Kriege und in der Nachkriegs- zeit eine besonders hobwertende Wasserstraßenverbindung zwisczen dem Osten und dem Westen besessen; aber selbst die Ermahnungen, die das Kriegsministerium im Interesse der Landesverteidiqung an das Abgeordnetenhaus richtete, waren gegenüber der dama Behr- heit frubtlos. Um so erfreulicer ist die heutige Cinmütigfeit. Ver Ausführung der Notstandsarbeiten am Kanal scheint sich die dwie- rigkeit entaegenzustellen, daß der Neichskohlenkommissar die Kanal- bauverwaltung nicht mit Kohlen versieht. Hier gilt es aber, PÞro- duktive Arbeit zu leisten, und es ist ausdrücklich vorgesehen, daß Kanalbauten als Notstandsarbeiten betrachtet werden können. Kurz vor ihrem Auseinandergehen gibt die Landesversammlung noch diejem Kulturwerk allerersten Nanges ihre Zustimmung.

Abg. Weissermel (D. Nat.): Au die deutschnationale Volkspartei stimmt dieser bedeutsamen Vorlage zu und ift erfreut, daß sie mit solcher Ginmütigkeit zustandegekommen ift. Bedauerlicher- weise ist der Abg. Wittmaak heute auf die Vorgeschichte des Kanals projekis zurückgekommen und hat an dem BVerbalren der Kons- fervativen im Jahre 1899 seine Kritik geübt. Die Deutscbnatio- nalen sind nicht die Ma Partei von 1899, wir gehen unjere eigenen Wege. Die Konservativen des altn Abgordn nhauses baben damals allerdings von dem Kanal eine Ueberschwemmunz Deutscblands mit Auslandsgetreide befürchtet; es stand fest daß Getreide aus Amerika billiger als aus Ostpreußen transportiert werden fonnte. Auch kostete damals die Tonne Roggen 125, die Tonne Weizen 150 #, und die Landwirtschaft führte damals um ibre Eristenz den' allerschärfsten Kampf. Es war also nicht Profit- sucht, die die Haltung der damaligen Konservativen bestimmte. Jedenfalls sind nur sachliche Gründe für sie maßgebend gewelen. Für uns und unsere freudige Zustimmung sind die Hauptgründe: Der Kanal bis Hannover ist nur ein Torso, er muß bis zur Elbe und weibker bis zur Oder zu einem großen Wassenveg aus- gebaut werden; die Schaffung von Notstandsarbeiten ist zurzeit eine dringende Notwendigkeit. Es werden hier für ein großes Kultur- werk 436 Millionen Mark angewiesen. Wir hoffen, daß die deutshe Volkêwirtshaft von der Vollendung dieses gewaltigen Werkes großen Vorteil ziehen und daß der Ausbau Preußen und dem Neiche zum Segen gereichen wird.

Abg. Dr. von Richter (D. V): Wir begrüßen mit außerster Genugtuung den Abschluß dieses Werkes und spreden dem Minister unsere lebhafteste Anerkennung aus. Er hat nicht nur dem_ Lande mit der Besiegung der Widerstände der mitteldeutschen Staaten einen poliitihen Dienst geleistet, sondern auch der Vorlage 1 einer erhöhten Bedeutung verbolfen. Wir haben de Fr des Mittellandkanals, die jeßt nah 20 Jahren endlich 1hre pr tische Venvirklichung finden joll, stets von dcm großen Stan der deutshen Wirtschaft aus beurteilt. Vielleicht noch nie in Geschichte Preußens und Deutschlands ist ein so großes Kultu-werk zum Abschluß gebvaht worden. Der Kanal scafft nit nur eine große durchgehende Verbindung von Westen na Osten, fondern au die Möglichkeit der Benußung dieser Wasserstraße für den inte-nationalen Verkehz. Mit der einstimmigen Annahme * der Vorlage wird sich die Landesversammlung den Dank des ganzen Volkes verdienen. (Beifall rets.)

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Aba. Menzel - Halle (U. Soz.) Es ist die Pflicht des Neiches, au dafür aufzukommen, daß die Gemeinden in den Stand geseßt werden, die notwendigen Hafenanlagen herzustellen. Viele von- thnen, so Halle, sind außerstande, große Laster zu übernehmen. Die Süd- linie bätte den Vorteil geboten, die Harzflüsse für die Elektrizitäts» versorgung nußbar zu machen, und das ware umsomehr zu begrüßen

gewesen, als dann auch das braunsdweigishe und anhaltisdæ Ins dustriegebiet Elektrizität erhalten hätte. Um aber mit den Not- \tandsarbeiten rasch vorgehen zu können, hat man auf die Südlinie verzichtet.

Hierauf wird die Vorlage in zweiter und sofort auch ia dritter Lesung einstimmig angenommen.

Ohne Debatte erledigt das Haus dann in zweiter und dritter Lesung auch noch die Vorlagen, betr. die Ver- besserung der Odérwasserstraße unterhalb yn Breslau und die Bereitstellung weiterer Mittel für. dea Schlepybetrieb auf dem Rhein—Weser-Kanal und auf dem Lippekanal, nah den Ausschußvorschlägon.

Um 514 Uhr erfolgt Vertagung auf Montag, 12 Uhr. (Haushalt pes Finanzministeriuums und der Domänen- ve tung.