1920 / 280 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 09 Dec 1920 18:00:01 GMT) scan diff

E I R E S E E S PO I S S

gung des Kunstdüngers aus Reichsmitteln ins Auge zu fassen. Jch

wit Einfuhrsheinen verbunden. Ein uxsprönglich auf ersaubtem Mege erwirkier S®ein zur Einfuhr von einem Waggon Shmalz ist mit 5000 und mehr Mark weiter verhandelt worden. Dieser Sgciebergewinn, der bei der s{wankenden Valuta lawinenartig an- wächst, verteuert die nohwendiasten Nahrungsmittel. Ihn durch drakonishe Sirafbestimmungen zu beseitigen, ist bisher nicht ge- sungen, und ih fürbte, das wird auch künftig nicht gelingen. Nur der frishe Wind der freien Konkurrenz kann die üble Sieber- aimosphâre im Lebensmittelhandel reinigen und mser Volk von dem Krebsshaden der Bewucherung befreien.

Meine Damen und Herren! Zum Schluß noch einige wenige Worte über die Düngerfrage auf dem Gebiete der landwirtschaftlihen Produktionsförderung. Mit Beginn des neuen Düngerjahres 1920/21 hat die monatlide Abnahme von künstlichen Düngemitteln mit der monatliden Erzeugung niht Schritt gehalten. Es lag die Bes fürGtung nahe, daß die fehlenden Abrufe an fünstlichen Düngeritteln anhalten und zu einer dauernden Abfabstockung sich. auAvirfen würden. Seit den leßten Wochen haben si die Verhältnisse jedo wenig- stens bei einer Reibe von Düngemitteln erbeblih gebessert. Taf» fäGlih ist nur bei cinigea Dütgemitteln noch cin Rückgang im Absaß zu bemerken. * Knocenrnehl und Thomasphosphatmehl sind nab wie vor glatt abgeseßt worben. Nennenêwerte Lagerbe» stände au KnoFemnehl sind nicht vorhemden. Die Vorräte an Thomatpboëphatmehl betrugen gegen Ende November 1920 rund 9000 Tonnen gegen 34 000 Tonnen im Vorjahre. Auch diese 900) Tonnen würden glatt abgeseßt sein, wenn nit Transport» {&wierigkeiten dics verhindert hätten.

Di2 Lagerbestände an Superphoësphat betragen zurzeit eiwa 80 000 Tonnen. Die Naffrage nad Superphosphat hat in der leßten Zeit jedoH so stark eingeseßt, daß der angemeldete Bedarf aus den ‘Lagers Leständen uidit gedeckt werden tant, vielmehr die Erzeugung gesteigeri werden muß, wenn diz Nachfrage befriedigt werden foll. Dobei ist zu ferüdfidtigen, daß Superphosphat von allen fünstlihen Dünge- mitteln am teuersten ift. Gerade bei diesem Düngemittel beträgt die Preisficigeing das Zweiunddreißiafache des Frieden®preises. (Hört! Höri! rechts uno im Zentrum.)

Der Absaß don Rhenaniaphosphat, der in den Monaten August, September und Oktober um 40 % zurückgegangen war, geht jeßt wieder gnÈ vonstatten. ]

Ras die stiditoffbaliigen Düngemittel angeht, fo ist : in dèm Bersand im aanzen gleichfalls cine Besserung» eingetreten. Die bis- berigen Lagerbestände sind zurückgegangen. Der Absahß an’ shwefel- faurem Ammoniak ist durchaus befriedigend, während er bei Kalk- stickstcff zu wünschen übrig läßt. Bei den verschiedenen Salpeter- arten liegen noch große Lagerbestände vor. Das liegt. aber zurn Teil ia der Natur der Sace. Der Landwirt ist daran gewöhnt, Salpeter- arien in der Hauptsache im Frühjahr anzuwenden und dann “au in der Regel abzurufen. Es ist nach Angabe des Stickstoffsyndikats mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, de im Frühjahr der ¿Absay fd bessern wird. Wenn aub ein abschließendes Urteil voraussichtli crit im Frühjahr 1921 gewonnen werden ?ann, fo darf : do {on jekt gejagt werden, daß feinerlei Anlaß vorliegt, in der Düngerfrage ¿u {warz zu schen und in einer übertriebenen RNervosität zu Maß- nabmen zu drängen, die meines Erachtens versrübt und unzweckmäßig sind. Es erscheint mir insbesondere nicht zwoelmäßig, ote Verbilli-

ann midt anertenmen, daß die Preife für alle Kunstdüngerarten im Nerhältnis zu den Preisen für die laudwirtschaftlichen Erzeugnisse zu 6och sind. Das gilt auch niht für den wichtigsten Kunstdünger, für den Stidstoffdünger. Wena der Landwirt für seine Erzeugnisse heute durchschnittlich mehr als das Zehnfache des Friebenövpreises erhält, während der Stickstoffpreis gegenüber dem Friedenspreis um das RNetnfade gestiegen ist, so müssen andere Gründe für die Zurüd- baltung mmcher Landwirte mitspvechen. Jch bin der Ansicht, daß viele Landwirte sh bei den Ausgaben noch nicht an die großen, dur die Geldentwertung bedingten Summen gewöhni haben. (Zuruf rets: Risiko!) Jh komme glei auf das Risiko. Weiter spricht allerdings au mit, daß das Nisiko heute ein sehr viel größeres ise (schr ricblig! rets), und zwar nicht nur das Risiko der Witte- rung, das dec Landwirt immer zu tragen hatte, sondern auch das in einer hie und da entstandenen Unsicherheit der Arbeiterverhältnisse liegende Risiko. (Zustimmung rechts und im Zenirum.) Schließlich mth ah brrüdsihtigt werden, daß die Lenvivirtschaft erst von kurzem dur den Abbau der Zwangswirischaft cine größere Bewegungsfreiheit erlangt bat (seßr rig! im Zentaum) und daher ihre Wirtschafts» iïßrung vielkeidt noch niht überall entsprehend neu einstellen founte. (Sustimmung im Sentrum.) Es besteht allerdings noch das dem Düngerbezug hinderlihe Moment, daß das Betriebskapital naner lanmwvirtsafiliGen Betriebe den hohen Anforderungen nicht zu entspreden verinag, die heute der Ankauf größerer Kunstdünger- mengen mit jich bringt. (Sehr richtig! im Zentrum.) Die Frage der Kredilierung gewinnt damit unter gavissen Vorausseßungen eine besondere Bedeutung, Ihre Lösung muß aber durch Verstä#igung zwischen Industrie und Landwirtschaft ohne Dazwischentreten des Reiches versuht werden. Die Superphosphatindustrie hat zweifellos dur eine Erlci®tierung in den Zahlungsbedingungen zur stärkeren Abnahme von Superphosphat 1esentlich beigetragen, und ih darf hier mit Befriedigung feststellen, daß das Stickfstoffsyndikat in dieser Hinsicht einen reiteren entsheidenden Schritt getan hat. In seiner Sibßung vom 4. dieses Monats hat der Verwaltumgsrat, des Stide- stoffsyndikats folgenden Beschluß gefaßt:

Das Stickstoffsyndikat wird seine Zahlungsbedingungen dahin ändern, daß statt Barzahlung auch Akzepte mit Prolongation bis nah der Ernte in noch näher von der Geshäftsleitung festzuseßen» der Weise cingeführt werden.

J gwcifle nicht daran, daß dicse Maßnahme einen günstigen Ginfluß auf den Düngerabsaß haben wird. Wenn demnach eine allgemeine Jnanspruchnahme von Reich8mitteln für die Verbilligung von Düngemitteln nit in Betraht kommen kann, so glaube. ih oe, daß auf tem Phosphatgebicte auf dem die Verhältnisse besonders gelagert sind, eine unterstüßende Mihwirkung des Reiches bei der Einfuhr von Rohphosphaten zu envägen sein wird.

Das Ziel kann gegenwärtig nur das sein, ut allen Mitteln eine Stabilisierung der Düngemittelpreise zu erreichen, also eine Erhöhung derselben zu verhindern und ferner die Grzeugung derart zu steigen, daß allmählich dur eine Senkung der Produktionskosten au einé Senkung der Düngemittelpreise möglih wird. Es" wird zroeifellos den Absaß der Düngemittel nur fördern, wenn die neuer- dings wieder aufgelebte Erörterung über Pläne zur Dünger- verbilligung mit Ÿeihsmitteln nihi zu weite Kreise zieht und ‘damit

Die. Landwirfschaft kann im laufenden Düngerjahr nicht mit einer Verbilligung der künstlihen Düngemittel rehnen. So groß die Be- deutung einer starken Anwendung von Kunstdünger für unsere Volks- ecnährung auch ist, so darf doch nicht übersehen werden, daß neben dem Kunstdünger aub andere Wachstumsfaktoren, wie namentli die Witterung, cine grcße Rolle spielen. So ist in manhen Gegenden des Ostens nicht so sehr dere Mangel an Kunstdünger als die be- sonders ungünstige Witierung während der Roggenblüte die Ursache der geringen Roggenernte gewesen. :

- Im ‘einzelnen stellen sich die Verhältnisse bei den verschiedenen Düngemitteln folgendermaßen dar:

Die Erzeugung von Stick{stoffdüngemitteln fai von Jahr zu Jahr gesteigert werden können. An die deuisce Landwirtscaft wurden abgeseßt: in der Zeit vom 1. 5. 1917 bis 30. 4. 1918 92 000 Tonnen Sticktoff (N), 1.5. 1918 bis 30. 4. 1919 115 000 Tonnen 4 (N), 1. 5, 1919 bis 30. 4, 1920 157 000 Tonnen Stif- toff (N.

Die Erzeugung für das laufende Düngerjahr vom 1. 5. 1920 bi9 T ta 1921 wird si vorauêsihtlich auf 270 000 Tonnen Stidkstoff (N)

»Ghen,

Mit einer weiteren Steigerung ter Erzengung kann bei ruhiger Fortennwidlung unseres Wirtschaftslebens, insbesondere bei einer vollen Belieferung mit Roh- und Hilfsstoffen, sowie bei ciner nor- malen Leistung der Arbeitnehmerschaft gerechnet werden. Bei einer vollen Leistungsfähigkeit der Industrie wird die Erzeugung wie folgt ge- \häßt: Kokercien und Gasanstalten 100 000 Tonnen, Kalkstickstoff- werke 100 000 Tonnen, Badiscbe Anilin- und Sodafabrik in Ludwigs- hafen 300 000 Tonnen, zusammen 500 000 Tonnen.

Es erscheint ausgeschlossen, vaß die deutsche Landwirtschaft diefe Mengen auch nur annähernd wird aufnehmen können. Auch von den im laufenden Düngerjahr zur Verfügung stehenden Stidstoff- mengen nfird voraussihtlih ein Teil vom Inland nicht abgenommen reerdten.

Unter diesen Umständen ist es gerechtfertigt, bestimmie kleine Mengen für die Ausfuhr in Aussicht zu nehmen. Die Ausfuhr wird tunlihst in den Sommermonaten, in denen Süickstoff mt so drin- gënd benóvtigt wird und baher auf Lager genommen werden muß, báamrirft werden. Bei der Ausfuhr sollen ferner die Interessen der

| Landwirtschaft bei Auswahl der auszuführenden Stilkstoffdüngemittel- atten soweit rie irgend möglih gewahrt werden. Die auszuführenden !

Stickstoffoüngemittel selbst sollen unter Ausnußung der Valuta und der hohen Weltmarktpreise zu Preisen abgeseßt werden, die Mittel schaffen, um eintretende Kostensteigerungen der Produktionsmittel

irgend möglich, die Preise für Düngemittel verbilligen zu können.

Es besteht begründete Ausscbt, daß die Menge von 144 000 Tonnen Phosphorsäure, die im Düngerjahr 1919/20 der deutschen Landwirtschaft geliefert wurde, im laufenden Düngerjahre (1920/21) erheblih Höher sein wird. Gs werden der deutscen Landwirtschaft voraussihtlich zugeführt werden können zusammen etwa 210- bis 217-000 Tonnen Ps Os.

ine Verbilligung der Superphosphate kann nach Auffassung der Industrie dadurch erreicht werden, daß auf die Verarbeitung in- sländisher Rohphosphate verzichtet wird. Die inländishen Roh- phosphate enthalten eiwa durschnittlich 30 bis 35 Prozent drei- basisch phosphorsauren Kalk, 15 Prozent Eifen und 10 Prozent Ton, während bei den ausländischen Floridaphosphaten mit eiwa durh- schnittlih 70 bis 80 Prozent dreibasisch phosphorsauren Kalk nd nur mit je 2 Prozent Eisen und Ton zu rechnen ift. Die Verarbeitung der inländishen Robvhosphate ist infolgedessen erhœ{lich teurer.

_ Jch bin allerdings der Mêinung, daß die Vorausfeßung für die Aufgabe der inländisden Phosphatgewinnung die Gewähr ist, daß ausländische Rohphosphate ir ausreichendem Umfange (monatli etwa 30 000 Tonnen) emgeführt werden fönnen. Der Industrie liegen zurzeit Einfubrançcebote unter Bedingungen vor, zu denen die Weiter- vevarbeitumg lohnend ist. Da die Nachfrage nah Superphosphat zur- æit besonders lebhaft ist, werden Mittel und Wege gesucht werden müssen, um eine \stetige Einfuhr von Nohphosphaten sicerzustellen. Ich halte gerade diese Frage für eine Frage von der größten Be- deuing. Die Verhandlungen hierüber sind im Gange. Sowsit als ivgend mögli, wird auch die Einfuhr von Thomasmeb! aus dem Auslcmd gefördert, und es ist bis beute mit Hilfe der Preisaus- gleidsftele für ThomasphoWhatnebl bereits die Einfuhr bon rund 97 000 Tonnen Thomasmechl, also einer rebt erheblichen Menge, aus dem Saargebiei, m6 Frankreich, Luvemburg umd Belgien sichergestellt worden.

Was dic Kalisalze anbelangt, so ist die deutsche Landwirischaft im allgemeinen gut versorgt. Die Mehrerlöse, die wir aus der Aus- fubr- von Kali erzielen, dienen dazu, das Kali im Inlande troß der erhöhten Gestehungskosten zu den bisberigen. Preisen abzufeßen. Von besonderer Bedeutung für die Siewerung der Anwendung Ffürstlicher Dingemittel in der deutshen Landwirishaft ersheint mir die unrfassende Gründung von Beispielswirishaften in ganz Deutsch- land. Das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft ist gegenwärtig mit der Ausgarbeiiung cines eingehenden Planes diefer Art beschäftigt, der in erster Linie dazu dienen soll, die bäuerlidc Landwirtschaft zu einem weit stärkeren Kunfidüngermittelverbraucher zu maden, als sie es in der Vergangenheit war. (Sehr richtig! im Zentrum und recht8.)"

: Nach alledem kann ih ntr wiederholen, daß mit Ausnakbme der Phosphoxsäurefvage Landwirtschaft und Industrie sih vor allem selbst helfen müssen, wenn wir zu gesunden wirts{aftlichen Verhält- nissen zurückommnen wollen. ; Noch ein kurzes Wort über die Biologishe Reichsanstalt für Land- und Fershwittschaft! Diese Anstalt ist in den leßten Jahren einer organischen Umorganisierung unterzogen worden, und es ist dabei der praktische Teil ihrer Arbeiten mit Nachdruck in der Vorder- grund gestellt worden.

i Der Notnendigkeit, die Möglichkeit der Bekämpfung von Krank- heiten u®Dd Schädlingen gewisser Kulturpflanzen in den Anbat- gebieten felbst zu erforscben, ist dur die Abzweigung von Außen- stationen Recknung getragen worden. Ferner arbeitet im engen Zu- sammenhang mit der Anstalt das Forschungsinstitui für Kartoffelbau. - Die Arbeiten sind im besten Gange. Aber es handelt sch um die größien Probleme. Zweifellos hatte man in den lebten Jahr- E ten in Deutishlan® die Schädlingsbekämpfung ia ihrem praf- ischen Wert für die landwirtschaftlicbe Produktion unterfchähßt. Wenn dies untez unseren früheren reicheven Verhältnissen nicht so næhteilig in die Erscheinung trat, so können wir uns doch heute den Luxus eiger weiteren Verwaclüssigung dieses wichtigen Gebieies nicht ge-

auszugleichen, mithin die Preise \stabil balten, und außerdem, wenn !

Pflanzensuß in weitestem Sinne als einen unerläßlihen Fafktcr der Produktionsförderung gebührend einstellen und das gewonnene Mehr ter Erzzugung nicht mit allen Mitteln zu sichern versuchen? (Sehr richtig! im Zentrum und rechts.) Länder wie namentlich die Ver- einigten Staaten sind hervorragende Beispiele für die große Be- deutung ciner æah praktis&en Bedürfnissen orientierben, gut aus- gebauten S{@lingsbekämpfung. Dazu kommt, daß nih# nur die neue Zeit neue Aufgaben gebracht hat, sondern daß sich leider au neue gaœfährlide Schädlinge in Deutschland eingefunden baben. I% erinnere hierbei nur an den Kartoffelkrebs und an die Bisamratte. Es ist unmöglich, jeßt {on dem unabweislihen Bedürfnis der Pflanzen- züchtung gebührend Recnung zu tragen. Die Nationalversammlung hatte in ihrer Sißung vom 11. März 1920 eine Entschließung an- genommen des Inhalts, an der Biologischen Netichsanstalt in Dahlem ein besonderes Zentralinstiuut für Pflanzenzüchiung einzurichten. Diese Entschließung konnle noch nicht in die Tat umecseßt werte. Bisher sind nur die Fächer der Reben- und Kartoffelzüchtumg in Bearbeitung genommen. Andere wenigstens céenso wihtige züd- terishe Arbeiten, wie die Züchiung von Getreide und Oelpflanzen, müssen '2och bra liegen. Dabei drängt die Zeit mehr denn je na& Fortschritten auf diesem Gebiete, und id daf daber die Hoffnung aussprechen, daß die Biologische Reicsanstali im kommenden Jahre über die erforderlihen Mittel zu verfügen in der Lage ist, um si ibren großen Aufgaben restlos widmen zu fönnen. Denn die För- derung der landwirtschaftlichen Produktion und die Sicherung der gesteigerben Erzeuguag ist und bleibt die vornebmite Aufgabe der Neichôregierung auf dem ernährungswirtschaftlicen Gebiet, (Leb- hafter Beifall.)

Auf die darauf vom Abg. Braun-Düsseldorf (Soz.) ge- machten Ausführungen erwiderte der Reichsminisier für Er- nährung und Landwirtschaft Dr. Hermes:

Meine Damen und Herren! Ehe ih auf* die sachliGßen Aus- führungen des Herrn Abg. Braun eingehe, bitte id, mir zu gestatten, mi zunächst zu der persönlichen AngelegenHeit, die erx in diesem hohen Haufe beute angescnitten hat, kurz zu äußern. Der Herr Abg. Braun hat bei Erwähnung der Angelegenheit Augustin gemeint, der Brief

|

j

die erneute Beunrubigung ans der Landwirtschaft genommen wird.

: staticn. Was nüßen uns leßten Endes alle Versuche zur Steigerung

des Herrn Staatéselretärs Ramm könnte vielleiht in seinen ein-

| leitenden Worten dur cine FälschGung entstellt sein. Ich weise diese

Unterstellung mit dem größten Nachdruck und aller Entschiedenheit zurück. (Bravo! im Zentrum und rechts. Zurufe von den Soz.) Der Vorwurf fällt auf den zurück, der ihn veranlaßt oder gemadt hat. Ich werde Ihnen jeßt die Einzelheiten geben. (Zuruf des Abg. Dr. Here. Entrüstete Gegenrufe im Zentrum und rets.) Jh will niht im einzelnen auf den Fall Augustin eingehen und mi nur anf einige kurze summarishe Feststellungen beschränken. Der Herr Abg. Braun hat erwähnt, daß der Herr Siaats\ekretär Namm seinerzeit, am 7. Mai, einen Brief an mich gesMrieben hätte, und zwar bätte er diesen Brief geschrieben, nachdem er Kenntnis von den Vorgängen der Bestechung des Herrn Geheimrats Augustin erhalten bätte. Diesen Brief des Herrn Staatssekretärs Ramm habe id bekommen: I habe ihn in der Hand. Er trägt allerdings das Datum des 7. Mai. Dieses Datum if aber zweifellos irrtümlich. JIch werde mir erlauben, den Brief nahher auf den Tisch nieder: zulegen, und bitte jeden, \sich davon zu überzeugen, ob ein Versuch

oder überhaupt die Möglichkeit einer Fälschung vorliegt. Der Brief s

beginnt mit den einleitenden Worten:

Am 10. abends mußie ih mit dem Herrn Minister na Ost-

preußen reisen, konnte daher zu meinem Bedauern an der am

11. stattfindenden Sißung des Stickstosfdüngeraus\{husses nit

teilnehmen. (Zuruf aus dem Zentrum: Konnte!)

„Fh mußte abreisen und ih konnte nit teilnehmen.® F werde den Brief dort Hinlegen und Sie mögen sehen, ob die Unterstellung, die hier heute ausgesprochen worden ist, irgend eine Unterlage konkreter Art bat. (Sehr gut! im Zentrum.)

Nun aber kommt das Tatsächlihe. Der Herr Staatssekretär Ramm hat seinerzeit diesen Brief geschrieben, nachdem er von delt einzelnen Vorgängen der BesteGung Kenntnis hatte. Und was steht in dem Brief, mit dessen Absendung er erklärt, seine Pflicht als Staatsbeamter zu tun? In dem Brief heißt es nah den eit leitenden Ausführungen über die Stickstoffausgleichskasse folgender maßen :

Die ganze Aktion riGtet sch niht gegen Sie, fondern gegen Herrn Gebeimrat Augustin. Es werden von Leuten, die natürli ihren Namen nit genannt wissen wollen, Andeutungen über das Be- stehen von pekuniären Beziehungen zwischen ihn und den Inter“ essenten gemaht. Ich habe diese Andeutungen mit Entrüstung zurückgewiesen, (lebhafte Rufe im Zentrum und rechts: Hört! Hört! Aha fühle mi aber verpflichtet, Jhnen, Herr Minister, von den Vor- gängen Mitteilung zu machen ; dagegen bitte ich Sie, diese meine Mitteilungen unter allen Umständen auch Herrn Geheimrat Augustin gegenüber \ireng vertraulich zu behandeln. (Hört ! hört! im Zentrum.) Wir maden nichts besser, wenn wir ihm etwas davon sagen. Sobald ich kann, komme id zu Ihnen, um darüber zu sprechen. Die Sade muß also ganz unter uns bleiben. Also ich stelle fest, daß der Herr Staatssekretär Ramm von den Vorgängen Kenntnis hat. Er erklärt, er halte es für seine Pflicht, mir davon Mitteilung zu machen. Aber welde Mitteilung macht er mir? Er \{reibt nur von dunklen Andeutungen, die er mit Ent- rüstung zurückgewiesen habe. Wie verträgt sich das mit der Tatsache, daß ibm die einzelnen Vorgänge der Bestechung bereits bekannt

waren? Er fügt weiter hinzu, dem Geheimrat Augustin nichts davou

zu sagen, das würde nur störend sein, und sagt: „Jh komme z1u SJhnen!“ Aber Herr Staatssekretär Ramm ist nicht zu mir g@& kommen, und da bin ih zu ihm gegangen. Gegenüber diesen Tat- faden ist das Datum nebensählih. Die Mitteilungen des" Herrn Abs. Braun über die Besprehung im Neichsernährungsministerium vom 11. Mai werden sofort einer Naprüfung unterzogen werden. Nun bin ih zu dem Herrn Staatssekretär Namm hingegangen, und es tut mir leid, heute eine Mitteilung ma@en zu müssen, di? ih bis jeyt zurüdgehalten habe. Ih habe ihn um Aufklärung über den Brief gebeten, und Herr Staatssekretär Ramm erklärt mir folgendes: Vor einiger Zeit s\ci der Herr Lieber von der Ackerbau- gesellsGaft bei ibm gewesen und habe ihm fölgendes beritet. Bei dem Reichskommissar für Ein- und Ausëfuhrbewilligung das ift die

(Fortseßung in der Zweiten Beilage.)

Zweite Beilage

zun Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger

Ir. 980. : s

Berlin, Donnerstag, den 9. Dezember

1920

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S # (Fortsehung aus der Ersten Beilage.) E N

neue Tatsaße gehe jeßt die Sache einigermaßen, da laufe die Ge- \"ihte mit den Beamten, das habe er soweit in Ordnung gebracht, und er habe weiter gesagt: „Nun muß ih es auch im Reich3wirt- shaftsministeriuum versuchen bei Hermes und Augustin“. Das ist es, was der Herr Staatssekretär Ramm mir gesagt hat. J kann das jederzeit mit meinem Eide bekräftigen und boffe, bald Gelegenheit dazu zu haben. Dann bat Herr Staatssekretär Ramm weiter gesagt: a habe dem Herrn Lieber gesagt: bitte maden sie den Versuch nit im Reichéwirtschaftsministeriuum, ih kenne die Herren. ach lege für sie die Hand ins Feuer. Damit hatte die erste Unterredung zwishen Staatssekretär Ramm und Lieber ihr Ende. Nach einiger Zeit, so erzählte mir der Herr Staatssekretär Ramm weiter, kam Lieber wieder zu ibm und sage zu ihm: Herr Staatssekretär, Jhre Hand ist verbrannt. Rieso? Ja, Augustin hat h besteden lassen, und Hermes? hei dem habe ih es erst gar nit versuct.

Das ist der tatsächlide Inhalt der Unterredung, die ich unter vier Augen mit Herrn Staatssekretär Ramm gehabt ha Jede andere Behauptung ist unwahr, und ih hoffe, sehr bald Gélegenheit zu haben, das mit meinem Eide zu bekräftigen. (Hört, hört! rechts.)

Jch darf dann noch kurz auf die Ernennung des Geheimrats Augustin zurückkommen, die der Herr Abg. Braun erwähnt hat. Gebeimrat Augustin ist {on Anfang April zum Abteilunggskeiter bestellt worden. Die Fertigstellung des Geschäftäverteilungsplanes, in dem die bereits erfolgte Bestellung zum Ausdruck kam, nahm noch längere Zeit in Anspruch, da in dem Plan au sämtliche einzelnen Referate der Abteilungen aufzuführen und die Neferenten hierfür zu bestimmen waren. Der Plan ist mit dem Datum des 20. Mai herau8gekommen. Aber die Bestellung von Augustin zum Abteilungs- leiter ist zu einer Zeit erfolgt, wo uns von diesen Vorgängen noch nidts bekannt war.

Der Herr Abgeordnete Braun fat bier au noch die Frage der Autobeschaffung angeschnitten. It sebe davon ab, näber darauf ein- zugehen. Die Frage hat die zuständigen Stellen beschäftigt, und diese Stellen haben ihr Votum darüber abgegeben.

Nach diesen persönlichen Klarstellungen mö@te ih auf die sack- sien Ausführungen des Herrn Abgeordneten Braun eingehen. J darf vorauss{hicken, daß ich wie er von dem Ernst der Lage dur- drungen bin und die Verantwortung, die ich zu tragen babe, sehr wohl Jenne und würdige. Ich stimme au der grundsäßlihen Auffassung zu, daß alles getan werden muß, um die landwirtschaftliche Produktion

wieder in Gang zu bringen, und bin mit ihm der Meinung, daß leßten Endes die wirkliche Rettung und Gesundung unserer Verhältnisse nur von einer naŒdrüdlichen Förderung der sandwirts{aftliGen Produktion erkommen fann. Er hat von dem fühlbaren Ruck gesprochen, den

wir unserer Wirtschaft geben müßten, und ich* nehme für mi in

Anspru, daß wir einen gewissen Nuck bereits gegeben haben, und dieser Ruck ist {on auf dieser Seite (links) unliebfam bemerkt worden. Der Herr Abg. Braun hat ja \{on vor Monaten, lange, bevor ih Gelegenheit hatte, in dieser Sache zu arbeiten, sich in öffentlihen Aeußerungen nachdrüdlih dafür eingeseßt, daß die Zwangswirtschaft vershwinden foll. (Hört! hört! bei der U. S. P. [Linke].) ; Diese Aeußerungen stehen unanfechtbar stet, und sie haben seinerzeit dazu geführt, daß mein Vorgänger Smidt {were Bedenken geäußert hat über die Erschwerung seiner Tätigkeit durch derartige Aeußerungen über den Abbau der Zwangêwirtschaft seitens des preußischen Landwirtshaftsministers. (Hört! hört! bei der U. S. P. [Linke].) Ich bin nicht foweit gegangen; ih teile nit die Auffassung, daß wir son so weit sind, daß wir die Zwangswirtschaft restlos aufheben können. Ich bin der Meinung gewesen, daß wir die Politik des vorsichtigen, \rittweisen Abbaues der Zwangsw irtschaft fortseßen müssen, da wir nux so zu gesunden Verhältnissen kommen können.

Der Herr Abg. Braun hat dann die Ziffern über die Absaß- stockung angezweifelt. Ich will dazu nur bemerken, das ich noch in den letzten Tagen Gelegenheit genommen habe, mit Vertretern der Sticsstoffindustrie, der Superphosphatindustrie und auch des Handels diese Frage eingehend durczusprelhen, und das Bild, das ih Ihnen heute entrollt habe, ist die getreue Wiedergabe dessen, was ich von den Herren an Informationen bekomutien habe, und ich habe keinen Anlaß, an ibrer Richtigkeit zu zweifeln ; ich babe keinen Grund, anzunehmen, daß die Düngemittelindustrie einen Anlaß hat, die Dinge günstiger hin- ibi des Absatzes darzustellen, als sie wirklich liegen.

Der Herr Abg. Braun ist daun auf die Nechnung mit den ‘149% den Anteil der Düngerkosten an den gesamten landwirt schaftlichen Produktionskosten eingegangen. Ich will diesem Rechenexempel nicht folgen, aber nur das eine grundsäßlih dazu feststellen: Er hat gemeint, es liege ein Trugscluß darin, wenn man den Dingen nad;- ginge; es handle sich nicht um 14 9/9, sondern es käme ein wesentlich größerer Prozentsaß heraus, und wenn man den turch die Anwendung einer normalen Stickstoffdüngung bewirkten Mehrertrag dann in Be-

¿lichung seße mit diesen Mehraufwendungen für Düngemittel, fo.

ergebe si lezten Endes die Msglichkeit, die Gestehungsfosten für das Getreide zu senken. Theoretish folge ih dem Herrn Abg. Braun darin vollkommen, aber auc nur theoretisch; praktisch liegt die Sache ganz anders. Das wäre alles richtig, wenn es neben den Düngemitteln nidt auch noch die anderen Wachstumsfaktoren gâbe, und da fällt es nit so ins Gewicht, ob es sich um 14 °/ handelt, die den Anteil der Düngungskosten an den Produktionskosten nach der legten Indtexrehnung für Anfang des Jahres 1920 feststellen, oder um einen etwas höheren Saß. Seine Mitteilung ist infolgedessen nicht zutreffend; denn nehmen wir nur das cine an: Wir bauen theoretisch die Rechnung sehr s{chön auf und es kommt uns eine ungünstige Witterung dazwischen, dann haben wir eine Mißernte oder cine ungünstige Ernte (sehr rihtig! rets), und dann tritt das ein, was ich als Eventualfall immer hingestellt habe. Ich habe es als Eventualfall hingestellt, daß wir mit der Möglichkeit rechnen müssen, daß wir leßten Endes nicht die Gewähr dafür haben, daß dadur au die

Gestehungsfkosten und die Preise für das Getreide gesenkt werden, und dann kommt die große Enttäushung, und weil wir das große Risiko in der Sache nicht einfach theoretish beurteilen können, sondern in Beziehung zur Praxis erörtern müssen, habe ih meine großen Be- denken in der Hinsiwt geäußert, und ih bin nach wie vor der Meinung, daß diese Bedenken sehr groß sind und daß man darüber nicht einfach hinweggehen kann.

Der Herr Abgeordnete Braun Hat dann meine Aeußerungen wegen des falschen Preislaufes angezogen. Er wird \ih erinnern, was ich heute selber {on zum Ausdruck gebraht habe, nämli daß unsere Bestrebungen dabin gehen müssen, diesen falshen Kreislauf an einer Stelle zu unterbrechen, und daß das am besten geschehen fann durch Förderung der landwirtshaftlißen Erzeugung, durch Ver- mehrung der Lebensmittelerzeugung im Innern und durch eine ver- nünftige Vermehrung der Einfuhr von Lebensmitteln. Also der Ge- danke ist bereits von mir grundsäßlih hier ausgesprochen worden.

Er hat si dann gegen die Stickstoffausfuhr gewandt und ge- meint, daß dieser Weg bedenklich wäre. Wir haben vor einigen Tagen Gelegenheit gehabt, in Weimar in zweitägigen Konferenzen mit den Herren Ernäßrungsministern der Länder diese ganze Frage eingehend durchzusvrehen. Da hat #ich do gezeigt, daß der Ge- danke der Stistofausfuhr nit so ohne weiteres von allen Seiten abgelehnt wird, wie es wohl den Anschein haben möchte. Ich per- \önliG bin nah wie vor überzeugt, daß das der einzige Weg ist, der uns praktisch in Zukunft vorwärts bringt, wenn wir nit immer wieder zu einer fünstliden Verbilligungsaktion mit Reich8mitteln fommen wollen, wenn wir endlih wieder zu gesunden Verhäutnissen kommen wollen und zur Vermeidung dessen, was der Herr Abg. Braun vermieden wissen will, der starken Vermehrung des Papier- geldumlaufs; denn gerade uniere Vorschläge wollen eine vernünftige änbeziehungsetzung der beimishen Erzeugung und des ausländischen | Verbr@uchs herbeiführen, und dazu ist die Ausfubr von Stikstoff- mitteln ein sebr wichtiger Faktor.

Und dann au. {ließli das Eine noch. Wir dürfen die Dinge nit ih bitte das Wort gebrauchen zu dürfen mit einem rein theoretisden Schematismus betraten. Es liegt do so, daß die deutshe Landwirtschaft an der Erzeugung bon viel Stickstoff im In- land ein großes Interesse hat, daß ein Blühen und Wachsen unserer einbeimisden Stitstoffindustrie au ein vitales Interesse der deutschen Landwirtschaft darstell Der Grund zu dieser wirkliGßen Blüte der

fu. Es ist außerordentli s\{chwer, eine folche wirksame Kontrolle durGzuführen. Seinerzeit als die leßte Erhöhung der Stikstoffpreise erfolgte es war im März d. I. ist sie erfolgt mit Zustimmung der Vertreter niht nur der Industrie und des Handels, sondern auch der Landwirtschaft, auch der offiziellen Vertreter, und insbesondere aub des Herrn Vertreters des preußischen Land- wirts{haftsministeriums, nachdem die Herren \ich davon überzeugt hatten, daß die Preisprüfung8abteilung des Reichswirtschafts- ministeriums diese Forderung der Industrie als bez rehtigt anerkannt hatte. Das NMeichswirtschaftsministerium hat ja die Zuständigkeit in dieser Frage und die Gestehungsfosten eingehend nacgeprüft. Ich selbst aber habe ich mache fein Hehl daraus gegen die sprunghafte Erhöhung der Preise große Bedenken gehabt; aber wir haben ihr im Einverständnis mit dem Vertreter des preußischen Landwirtschafisministeriuums zugestimmt, weil wir uns nit der Ueberzeugung verschließen konnten, daß die Stickstoff- produktion sonst zum Erliegen kommen könnte.

Der Herr Abgeordnete Braun hat die Vorschläge des Neichs- wirtschaftsrats angezogen. Soweit ih sie gelesen habe, wenden sie sh gegen die Verbilligung der Düngemittel! aus NReichs- mitteln. Es wird allerdings auch Stellung genommen gegen die Ausfubr von Sticstof. Was die Kreditierung betrifft, die mittlerweile eingetreten ist, so habe ih nicht den Ehrgeiz, sie für mein Ministerium in Anspruch zu nehmen. Ich er- fenne durhaus an, daß die Denkschrift des preußischen Landwirtschafts- ministeriums in ihrer Art durhaus verdienstlich war und daß ich fic auch insoweit durchaus begrüßen fonnte, als sie sachlich die große Be- deutung einer befriedigenden Lösung der Frage nachdrüdlih unter- strichen hat. Wenn ih mich auch mit den Vorschlägen im einzelnen niczt identifizieren fann, so gebe ih gern zu, daß die Möglichkeit besteht, daß die Denkschrift bereits günstig gewirkt hat.

Das eine darf ich aber zum Schluß grundsägzlih für mein Ministerium in Anspruch nehmen, daß wir nicht nur an die Er- fassung und die Verteilung des inländishen Getreides und der sonstigen Lebensmittel denken, fondern daß wir auh große Sorge darauf verwenden, die Produktion zu heben. Die Landwirtschaft wird das anerkennen müssen, daß wir bur) die T4 sählihe Befreiung der Landwirtschaft von der Zwangswirtschaf eine Produktionsförderung im eminenten Maße erzielt haben, und wir sind entschlossen, neben dieser produktionéfördernden Tätigkeit auch die anderen Mittel, die Versorgung der Landwirtschaft mit

Stickstoffindustrie kann aber nur gelegt werden, wenn sie auch bei- zeiten im Hinblick auf die cines Tages eintretende den Inlandsbedarf übersteigende große Produktionssteigerung Leute schon Gelegenbeit hat, mit kleinen Posten auf dem Weltmarkt zu ersGeinen und fch damit beizeiten draußen eine gewisse Position zu erwerben. Wir baben also auch vom Standpunkt der deutschen Landwirtschaft nicht für den Augenblick, aber vielleicht {hon die näâhsten Jahre das größte Interesse, daß au da ein gewisser Kanal recht- zeitig vorsichtig geöffnet wird. Das Ziel muß nach wie vor sein, daß diese Abgabe von Stickstoff an das Ausland das habe ih immer betont ermögliht wird in erster Linie durch nachaltige Vermehrung der inländischen Stikstofferzeugung. Wenn wir \{ließ- li warten wollen, bis der leßte Bauer und der leßte Mann im fleinsten Dorf die Düngemittel verwendet, werden wir sehr lange warten fönnen, ehe eine Stickstoffausfuhr möglich i}. Aber wir haben ja auch beim Kali nit so lange gewartet. Wir haben ja auch beim Kali Mengen berausgebracht, ohne zu fragen, ob bis ins leßte Dorf und ins letzte Gehöft Kali bereits gebracht war. Wir müssen beides in gesunder organischer Weise verbinden.

Der Herr Abg. Braun (Düsseldorf) hat dann zur Frage der Umlage Stellung genommen und erklärt, daß es in einem Schreiben des Neichsministers für Ernährung und Landwirtschaft an den Pom- merschen Landbund heiße: Mit Hilfe der Umlagebeträge war es möglich, die Produktion an Stistoff so zu ste:gern, daß der Land- wirtschaft zurzeit genügende Mengen zugeführt werden können. Diese Mitteilung sei, erklärte Herr Braun, unri®tig und unwahr. Ich weise diese Behauptung zurück und stelle fest, daß diese Umlage- beträge und das Umlageverfahren uns gerade mit die M öglicbteit gegeben haben, die Stickstoffproduktion zu steigern, und zwar zu einer Zeit, wo wir das größte Interesse daran batten, auch diejenigen Werke in Gang zu bringen, die unter wirtschaftlich ungünstigeren Verhältnissen arbeiteten. Ih erinnere hierbei nur an die Werke Knapsack und Lonza uyd darf hinzufügen, daß der Vertreter des preußischen Landwirtschaftsministeriums, Staatssekretär Ramm, an den Beratungen hierüber im Stickstoffausschuß teilgenommen hat und das ganze Verfahren der Umlage und der Steigerung der inländischen Produktion durch das Umlageverfahren gutgehcißen hat. (Höri! Hört! im Zentrum.) Der Herr Abgeordnete Braun (Düsseldorf) bat dann gemeint, die Stifstoffausfuhr bedeute eine Liebesgabe an die ausländische Landwirtschaft und an die Kunstdüngerindustrie. Ja, ih fürhte troy aller Einwendungen : selbst wenn der schönste theoretishe Plan eines Tages Wirklichkeit werden wird, werden wir immer in einer gewissen Abhängigkeit vom Ausland bleiben. Es fann sich nur darum handeln, diesen Grad der Ab- hängigkeit zu verringern. Was aber die Liebesgabe an die Kunst- düngerindustrie anlangt, so stehe ih allerdings auf dem Standpunkt, daß die Mchrerlöse, die aus der Ausfuhr erzielt werden, unter allen

Stickstoffindustrie- zu erhöhen, sondern dazu zu dienen, einen gesunden Ausgleich gegenüber dem Inland zu \affen, daß fie also zur Stabi lifierung und darüber hinaus zur Senkung der Stickstoffpreise führen müssen. Und ih habe immer nur unter dieser Voraussezung meine Zustimmung zu dem Plan der Ausfuhr gegeben.

Zur Frage der Preisfestseßung duch die Düngerindustrie darf ih noch feststellen: Der Herr Abgeordnete Braun hat gemeint, daß die Sticstoffindustrie ihr ganzes Bestreben nur darauf richte, legten Endes die ganze Preisfestsczung in der Hand zu behalten, und er hat berechtigte Zweisel geäußert über die Möglichkeit, eine wirksame Kontrolle. der Gestehungsfosten in der Industrie

durchzuführen. In dem legten Punkt stimme ih ihm

Umständen dazu benußt werden müssen, nicht etwa die Gewinne der '

Futtermitteln und Düngemitteln nachdrücklich zur Anwendung zu bringen, um das Gesamiziel einer ständigen Förderung unserer land- wirtschaftliGen Erzeugung und damit der Lebensmittelversorgung zu erreichen. (Lebhafter Beifall im Ztr. und rechts.)

Literatur.

Unter dem Titel „Die Grundsäße wissenschaft" lier Betriebsführung“" hat der Diplomingenieur Or. Juri Nudolf N oesler im Verlag von R. Oldenbourg, München, eine autorisierte deutihe Ausgabe der Schrift „LThe principles of scientific management“ von Frederic Winslow Taylor erscheinen lassen (geh. 6,40 # —+ Teuerungszuschlag). Das Taylor-System wird im Zusammenhange mit der Arbeiterfrage in Industrie und Landwirtschaft seit Jahren viel genannl, doch stehen thm noch die weiteiten Kreise mit großer Unfkenntnis und viel Miß- trauen gegenüber. Eine fo vielseitige Verheißung: „größere Produktion weniger Arbeit mehr Lohn größerer Nutzen“ erscheint den meisten faum glaublich. Die Arbeitgeber befürchten zu- mindest Störung ihres Betriebs, während der Arbeitnehmer in Sorge ist, daß es si nur um ein Mittel handle, ihn zugunsten des Kapitalisten noch mehr auszubeuten. Willkommen wird deshalb dem gewerblichen wie dem landwirtschaftlichen Arbeitgeber ein Himveis auf die deutsche Uebersetzung derjenigen von Taylors Arbeiten sein, in der er seine Gedauken am aligemeinsten und zusammenfassend dargestellt hat und in der er sich nit nur, wie in feinen anderen Veröffentlichungen, an den Technifer, sondern an jeden arbeitenden Menschen, an den förperlih wie an den geistig Tätigen wendet. Jn der Ueber- sezung vorausgeschickten Ausführungen behandelt NRoesler das Taylor-System in feiner Beziehung zur heutigen Wirt schafts- lage und unter Hinweis auf den Ostwaldschen „energetisen íFmperativ“ als eine Budgetierung der menichlihen Kraft. Das Werk felbst umfaßt nah einer Cinleitung über die bisherige Ver- geudung der menschlichen Kraft vier Kapitel, in denen die Grund- begriffe, die Grundsäye, die einzelnen Elemente und die Folgen der wissenschaftlichen Betriebsführung untersucht und erläutert werden.

Das Dezeinberheft der Deutschen Rundschau (Heraus- geber Rudolf Pechel) hat folgenden Juhalt: Harry Maync. Aus Immerimnanus Liebesleben. General der Infanterie a. V. don Zwehl. Entscheidende Faktoren aus dem ersten Abichnitt des MWelíkrieges Karl Federn. Die Nebenfigur. Joachim Kühn. Die Casseler Drohbriefasfäre von 1823. Anton Bettelheium. Zum hundertsten Geburtstag Ytochus von Liliencrons. Eduard von Wert- beimer. Zur Vorgeschikhte des Krieges von 1870. Nach neuen Quellen. D. R. Das wahre Gesicht. Friy Behrend. Lite- raturarchive. J. von Uexküll. Was i} Leben Berliner Theater. Politishe Nundichau. M. von Bunsen. Käthe Kollwiß Weihnachtsrundschau. Literarische Notizen. Literarische Neuigkeiten.

Bauwesen.

Das Preisgeriht für den allgemeinen deutschen Ideenwettbewerb. zur Erlangung von Entwurfs |ktzzen für das Deutsche Hygienemuseum unddieStaatlichen naturwti}s]en- \chaftlihen Mu]jeen in Dresden hat folgenden Spruch gefällt: den ersten Preis von 35 000 .4 erhielt Architekt Hermann Buchert, Professor der Technischen Hochschule in München, den zweiten Preis von 25 000 6 Architekt Karl Vettinger in VBerlin-Lichterfelde und Architekt Josef Scherer in Berlin-Lichterfelde, den dritten Preis von 15 000 Æ# Architekt Peter Jürgenten in Charlottenburg, den vierten Preis von 10 000 „# Stadtarc itekt Max Vogeler tn Weimar, den fünsten bis siebenten Preis in Höhe von je 9000 M Architekt Wilhelin Kamder in Köln-Ehrenseld,. Architekt Heinrich Hansen in Kiel und YNegierungsbaumeilter Hertwig in Aschaffenburg.

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