1920 / 286 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 16 Dec 1920 18:00:01 GMT) scan diff

A R E E an Et E a A Z ers e

werten Wälder abgetrieben, die eigentli stehen Bleiben sollten, wäh- rend anderêwo sie wiederum nicht genügend durchforstet werden. Diesem Mißstand entgegenzuwirken, war das Forst fultur- gesctb bestimmt, das seit längerer Zeit in meinem Ministerium in Be- arbeitung ist. Ih nehme dankend davon Notiz, daß Herr Abgeordneter «Neumann erklärte: „Wir begrüßen dankbar das Forstkulturgeseß, das dos, Wakdverwüstung Einhalt gebieten soll.“ Ich habe, da dieses ganzs Gese nicht mehr fertig werden wird, nicht mehr der hohen Nerscimlung vorgelegt werden kann, ein Notgesehß cingebraht, das öcn Zwa? hat, die unwirtsaftlichen Kahlschläge zu vereiteln, daß jedenfalls den Puivatmwaldbesißern aufgegeben wird, die Genehmigung der Verwaltungshehörde vor der Abholzung einzuholen, wobei Forst- sachverständige mit, zu beraten haben. Ich hoffe, daß das hohe Haus diefe Vaxlage noch {nell verabschieden wird. Sie ist dazu bestimmt, eine Lück auszufüllen. Forigeseßt kommen aus allen Landesteilen Heschwerdain, daß die Konjunktur auf dem Holzmarkt dahin führe, daß Händletfitmen, Zägemühlwerke usw. Privatwaldungen für hohe Summen auékaufen und in unwirtschaftliher Weise wegschlagen, während es Un Landeskulturinteresse erwünscht - wäre, diese Wald- Gon weiter K irischaften und zu erhalten. E ne n A Eo line Der A Abgeordnete Neumann meinte, in Zukunfd müßten im Etat richtigere Zahlen ein- gesetzt werden, damid die Kommission nit nötig hätte, sie zu erhöhen. Darin gehen wir durchaus einig. Aber, meine Damen und Herren, ver Etat den wir jeßt beraten, ist im September vorigen Jahres auf- aeftellt worden. Wenn Sie mir den Mann gebracht hätten, der im September v. J. die richtigen Zahlen für den November d. J. vor- eusackannt hätte, würde ih ihn mit Gold bezahlen, wenn ih es hätte. Damals konnte man nicht wisstn, welche Zahlen im November d. J. richtig sein würden. Einmal ind die Zahlen dadur überholt, daß der Gtat im September v. J. aufgestellt und nicht im Januar d. J. wie üblih zur Beratung kam, sondern jeßt erst im November; und zroeitens dadur, daß die Preisverhältnisse sich im Wirtschaftsleben fo ungemein verändert haben, daß überhaupt bei langfristigen Etat- perioden mit absolut richtigen Zahlen nicht zu rechnen ist. Aber diese Aenderungsnotwendigkeit, die in der Kommission hervorgetreten ist, [aft fich ertragen; fie hat darin bestanden, daß die Einnahmen um einige Hundert Millionen erhöht wurden. Ich wünschte nur, daß die Einnahmen bei allen Etats der preußishen Verwaltungen um einige hundert Millionen erhöht werden müßten, ich glaube, ein solcher Mißstand ließe sich für unseren Staat ertragen, und auch die Landesversammlung könnte ihm zustimmen. (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.)

198. Sitzung vom 15. Dezember 1920, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger *).)

Es wird zunächst die Beratung des Haushalts der Preußischen Zentral-Genossenschaftskasse für 1920 fortgeseßt. /

Abg. Herber t (Soz.) hebt die große und noch immer steigende Bedeutung des Genossenschaftöwesens, aber auch die Steigerung des allgemcinen Kreditbedürfnisses hervor, dem Rechnung getragen werden muse. Im Ministerium des Innern müsse für diesen Wirlschaäfts- iweig ein selbständiges Serie geschaffen werden.

Abg. Conrad (D. Nat.): Die Preußenkasse hat auch die Auf- gabe, dem Mittelstand und dem Handwerk zu dienen. Bisher hat sid die Verwaltung der Kasse in dieser Beziehung etwas shwerfällig et- wiesen. Das Handwerk braucht langfristige Kredite zu erträglichem Zinsfuß, der kleinere und mittlere C erverbetreibende kann nicht 10 oder 12 Prozent zahlen. Auch darf nicht doppelte und dreifache Sicherheit gefordert werden. Eine Erhöhung des Kapitals der Preußenkasse ist notwendig. Die Tätigkeit auf den Fg ain muß nit größtem Nachdruk auf die Wiederbelebung des Baumarktes unt der Bautätigkeit gerichtet sein. Die Errichtung eines besonderen Dezernats im Ministerium des Fnnern ift in der heutigen Zeit durch- aus erforderlich.

Präsident der Zentral enossenschaftskasse Dr. Semper geht ausfüßrlich auf die in der Vebrierung gegebenen Anregungen ein, ist aber bei der Unruhe des Hauses auf der Presseempore im Zusammen- hang nicht zu verstehen. | j Jn Schlußwort erwähnt der Referent Abg. Dr. Leidig (D. V), daß im Hauptausschuß der verdienstvollen Tätigkeit des verstorbenen Präsidenten der Preußenkasse allseitig mit der größten Dankbarkeit gedaht worden sei.

Der Houshaltsplan wird genehmigt.

Sodann wird die Fortseßung der dritten Beratung des Gesehzentwurss, betreffend die Einführung einer Altersgrenze für unmittelbare Staat3beamte und Volksschullehrer, vor- genommen, und zwar zunächst die nam entlihe Ab- stimmung über den Zentrumsantrag auf Ein- fügung eines 8 8a, in dem fFesigeseßt werden soll daß in den ersten zwei Jahren a, dem 1. April 1921 für die An- wendung des § 1 die Vollendung des 68., für die übrigen Teile des Cesehes die Vollendung des 70. Lebensjahres maß- gebend g joll.

Dex Antrag. wird mit 117 gegen 97 Stimmen bei i Stimmenthaltungen abgelehnt. L

__ Ein Antrag Meyer - Herford (D. V.) auf besondere Küsichtnahme i folche Beamte, die noch Ce berechtigte Kinder haben, wird gleichfalls abgelehnt.

Ein weiterer Antrag Meyer - Herford will bestimmen, doß die auf Grund dieses Geseßes in den Ruhestand versehten Beamten und Lehrer für 1921 bis 1923 die Ver- sorgung3zuschläge in der Höhe der Ausgleichszuschläge, welche sie erhalten haben würden, wenn sie sich noch im ienfte ‘befänden, erhalten.

__ Abg. Meter - Herford (D. V.) weist darauf hin, daß für den Staat der finanzielle Effekt dieses Antrages unbedeutend, für die Veámten aber bedeutend sein würde.

Von mehreren Seiten werden Bedenken gegen den Antrag auêgesprochen, man müsse die Tragweite eines jolhen Antrages voll übersehen fönnen.

Finanzminister Lüdemaun: Die Vorlage entspricht einer son im vorigen Jahre von der Deutschen Volkspartei gegebenen, von den Deuischnationalen ausdrüdlich gebilligten Anregung zur Verjüngung des Veamtenstandes, Der von der Regierung ge- rouhlte Weg würde durch die Annahme dieses Antrags wieder verlassen werden. Es wird übrigens auch durch das Be- amtenbesoldung82gesehß Vorkehrung getroffen, daß unbillige Härtén vermieden werdén fönnen. Ver- irauen Sie darauf, daß die Regierung bemüHt sein wird, eventuell beim Nachweis einer Notlage die Auagleichs zu (läge zu erhöhen.

__ Abg. Varteld (Dem.) empfiehlt eventuell die Annahme cines Antrags, die Regierung zu ersuchen, bei den auf Grund Ne Mesever eldo eaten von der geseßlihen Ermäch- igung, die uSgleihszuschläge bis zur v Gt Ö in weitesten Maße Gebrauch zu Au a Höhe zu gewähren,

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*) Mit Ausnahme der Neden der Minist ie i Wortlcute wiedergegeben werden. Pera E E

s ält nah der Erklärung des Ministers die Ai A Ém P Orerideickenan Antrags Barteld für angezeigt. j

Die Abstimmung hierüber und die Schlußab- stimmung über die Vorlage werden ausgeseßt, bis die Zusammenstellung der Beschlüsse dritter Lesung gedrudckt vor- liegt. Präsident Leinert macht davon Mitteilung, daß au über die Annahme der Vorlage im ganzen namentliche Ab- stimmung beantragt ist.

Der Haushalt der Lotterieverwaltung wird ge - nehmigi, der schon am 25. November beraten worden ist. Von den vom Hauptausshuß hierzu beantragten Enlt- schließungen lautet die erste, wie folgt:

L (bote gad Lottericeinnehmerstellen sind für te

olge vorwiegend geeigneten dienstbes chädigten Mibitärpersonen unter besonderer BVerüdsichtigung der

Kriegsshwerbeschädigten zu übertragen.“ : Dem seit gegenüber der Antrag Peters- Hochdonn

ädigten und Berufs-

j F diese Stellen für die Boie vorwiegend geeigneten b e -

dürftigen Kriegsbes verleßten zu übertragen. ür diesen Antrag stimmen die Mitglieder aller sozia- listishen Parteien. Es muß Auszählung erfolgen. Das Er- gs ist die Ablehnung mit 134 gegen 118 Stimmen. arauf wird die Tusfhußfassung einstimmigan- genommen.

Die übrigen vom Ausshuß vorgeschlagenen Ent- \{ließungen werden angenommen. Eine Resolution der Sozialdemokraten, die für die Neuerrichtung von Lotterie- einnahmestellen für gecignete bedürftige Kriegsbesczädigte und Berufsverleßzte eintritt, und zu diesem Zweck die Verkleinerung der jeßigen Einnahmestellen verlangt, wird E Jm Haushalt der Lotterieverwaltung wird nach dem Ausschuß- antrag die Stelle des Oa N Spei der Generallotteriedirektion als künftig wegfallend bezeichnet.

Veber den Antrag der U. Soz. wegen Sozialî- sierung der ärztlichen Heiltätigkeit ist am 97 November beräten worden. Bei der Abstimmung am 29. November ergab ih die Beschlußunfähigkeit des Hauses. Jn der heute wiederholten Abstimmung wird der Untrag abgelehnt. .

Es folgt die erste Beratung des Gesehentwur fs, be- treffend die Erhebungeiner vorläufigen Steuer vomGrundbesig.

Finanzminister Lüdemann: Der crste große Versuch, in Preußen den Grundbesiß zur Beseitigung der reihenden Privilegien der Landesherrshaften und Rittergüter durch cinheitlihe Besteuerung zur Aufbringung der. dem Staate erforderlihen Mittel heranzuziehen, ist erst 1861 nach “einer Vorbereitung von mehr als 50° Jahren gelungen, nachdem zuleyt noch die Revolution von 1848 einen neuen Anstoß dazu gegeben hatte. Seine Durchführung hat ganz besondere Schwierigkeiten bereitet. Jahr für Jahr sind damals von der Regierung Vorschläge und Entwürfe eingebracht wörden. Im Jahre 1859 wurden allein vier Entwürfe vorgelegt. Erst im Jahre 1861 nahm das Abgeordneten- haus cinen Entwurf an, der nach Vornahme eines Pairschubes im Herrenhause auch die Zustimmung dieses Hauses fand. Dieses Geseßz von 1861 bezw. 1862 gilt auch heute noch. Jedoch ist durch Geseß von 1895 zugunsten der Kommunalverbände die Grundsteuer für den Staat außer Hebung geseht worden, nachdem durch die Einführung der allgemeinen Einkommensteuer durch den Staat eine bessere, erirag- reihere Steuer gesichert war.

Nun haben sich inzwischen die Verhältnisse grundlegend ge- ändert. Durch die neue Reichsverfassung ist im vorigen Jahre bon der Nationalversammlung festgelegt worden daß dem Yeiche fünfttg die Einkommenbesteuerung und die Vermögensbesteuerung auéscließ- li vorbehalten bleiben, während den Ländern nur die Besteuerung des Grundbesißes und des Gewerbes überlassen worden ist. Diese weitgehende Einschränkung der Steuerhoheit der Länder nôtiat die Länder nun, ihre Finanzen auf einer ganz neuen Grund- lage aufzubauen. Sie müssen infolgedessen den Versuch machen, die ihnen allein überlassen gebliebenen Steuern auf Grundbesiß und Gewerbe so auszubauen, daß dadurh der gewachsene Geld- bedarf des Staates und der Gemeinden befriedigt werden kann. Zu diesem Zweck das alte Grundsteuergeseß von 1862 wieder in Kraft zu seßen, würde verfehlt sein, weil dieses Geseß vollkommen veraltet is. Dasselbe gilt für das alte Gewerbesteuergesey von 1891, das ebenfalls in dieser alten Form nicht wieder verwendet werden kann. Die Schaffung neuer Geseße ist daher notwendig. Diese neuen Gesehe müssen aufgestellt werden unter angemessener Rücksichtnahme auf den ebenfalls gestiegenen Geldbedarf der Ge- meinden und Kommunalverbände, in deren Haushalt bisher die Steuern auf Grund und Boden und auf die Gewerbebetriebe eine aus\hlaggebende Rolle gespielt haben. Nach den Absichten der Re- gierung sollen den Gemeinden ihre bisherigen Einnahmen und Ein- nahmemöglihkeiten im vollen Umfange erhalten werden, aber es läßt sich niht vermeiden, daß daneben auch der Staat an den von mir erwähnten Quellen ebenfalls mit s{chöpfen muß. Das ist auh sahlich gerechtfertigt, denn der hohe Fehlbetr4g in unserem preußischen Staatshaushalt ist außer durch die ge- stiegenen Ausgaben für die Besoldungen in erster Linie hervorgerufen worden durch die Uebernahme verschiedener neuer Lasten, dig bisher die Gemeinden zu tragen hatten, in erster Reihe durh die Ueber- nahme von drei Vierteln der persönlichen Volks\chulkosten und außer- dem durh die Umgestaltung des Polizeiwesens. Es ist deshalb, voll- kommen abgesehen von den neuen Vorschriften der Reichsabgaben- ordnung, auch sahlich durchaus gerechtfertigt, daß der Staat die Ertragssteuer für sich in Anspruh nimmt.

Ich habe in Ausficht genommen, die Gewerbesteuer zunächst den Gemeinden vollständig zu überlassen und nur die Grundsteuer zur Aufbringung der vom Staat benötigten Mittel heranzuziehen.

Ein Grundsteuergeseß in der gegenwärtigen Zeit durhzubringen, begegnet zweifellos außerordentlihen Schwierigkeiten. Die Landes- versammlung geht ihrem Ende entgegen; es besteht der Wunsch, mög- lichst scnell die Arbeiten der Landesversammlung zum Abschluß zu bringen. Es würde infolgedessen die Cinbringung und Beratung eines endgültigen Grundsteuergeseßes sehr erheblihen Schwierig- fciten begegnet sein Jch habe mich daher damit begnügt, dem Hause nur einen Geseßentwurf über ein vorläufiges Grundsteuergesch vor- zulegen. Der vorläufige Charakter dieses Grundsteuergeseßes besteht darin, daß die große Streitfrage, ob der gemeine Wert oder der Grtragswert der Besteuerung zugrundezvlegen ei, ausgeschaltet wird, und daß zur Einschätung herangezogen werden die in den Steuer- rollen des Landes bereits vorhandenen Ergebnisse zur Veranlagung

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der alten Ergänzungssteuer zum Ein?ommensteuergeseß. Diese Werte aus der Ergänzungssteuerveranlagung von 1917/19, die im Winter 1916/17 durchgeführt worden sind, geben die Möglichkeit, in wenigen Wochen diese Steuer bereits zum Fließen zu bcingen, Cs wird also tie Möglichkeit gegeben —, und das ist auh im Staatsinteresse außer- ordentlih erwünsht —, bereits vom 1. Januar nächsten Jahres ab dem Staate Ginnahmen aus der Grundsteuer zuzuführen.

Der Geseßêntwurf, der Ihnen vorliegt, sieht eine Differenzierung zwischen den leistungsfähigen und den minderleistungsfähigen Grund- ktesibern vor.

besikes gegenüber der des städtischen Grundbesißes weit zurück- geblieben is, wird wohl von keiner Seite bestritten werden fönnen. (Sehr richtig! links.) Jch darf nux erwähnen, daß man im Freistaat Hessen bei der Erneuerung der Gründsteuer so weit gegangen ift, den landwirtscaftlih und forstwirt schaftlich genußten Grund und Boden viermal so stark zur Steuer heranzuziehen, wie den städtischen Grundbesißh, (Hört, hört! links) Der vorliegende Geseß- entwurf sieht bei dem lehteren nur den halben Steuersaß vor. Außerdem sollen auh die « städtishen und ländlichen Klein- siedlerstellen sowie solche Tandwirtschafilihen Grundbstüe,

deren Eigentümer die Früchte ihres Landes im eigenen Haushalt |ver- | brauchen und von diesen fast nihts verkaufen können, ebenfalls nur *

mit dem halben Sieuersay herangezogen werden. Dem liegt der zweifellos gesunde soziale Gedanke zugrunde, diejenigen weniger zu Steuer heranzuziehen, die minder leistungsfähig sind, und dafür die

jenigen stärker zu belasten, bei denen eine höhere Leistungsfähigkeit

unbedingt vorausgeseßt werden kann.

Die Grundsteuer seßt sich aus einem festen Betrage und aus

Zuschlägen zusammen, die neben dem festen Betrage erhoben werden können. Der feste Steuersaß soll 1 Prozent, für die kleinen Siedlerstellen und die Mietwohnungen mit Ausnahme der Luxus- wohnungen aber nur 1s Prozent betragen. Daneben sind nah § 14 für die Zeit vom 1.- Januar 1920 bis 31. März 1922 staatliche Zushläge von 100 Prozent vorgesehen, so daß also die gesamte Besteuerung 2 Prozent bzw. 1 Prozent des Wertes betragen würde.

Hierbei is nun aber zu beachten, daß der Steuerfaÿ deshalb so hoh gewählt werden mußte, weil nit der gegenwärtige Wert des Grundbesißes zugrunde gelegt werden kann, sondern der Wert zu- grunde gelegt wird, der in den Jahren 1916/17 vorhanden war und in den Jahren 1918/19 veranlagt worden ist. Die beträchtliche Weristeigerung des Grundbesibes in den leßten Jahren wird also nicht berüdsichtigt. Wäre es möglich, jeßt {hon ein Geseß zu schaffen, das auf einer Neuveranlagung der Grundstücke beruht, dann wütte cs auch mögli gewesen sein, die Steuersäße sehr viel niedriger zu bemessen. Die Folge is nun leider die, daß die Steuer sehr viel höher ausficht, als sie in Wirklichkeit ist. (Zurufe bei der Deutschen Volkspartei: Na, na! Sehr ungerecht wirkt!) Die Ungerechtigkeit, die darin gegenwärtig liegen kann, wird später durch das endgültige Gefeß auszuräumen sein, und ich hoffe, daß der neue Landtag dieses endgültige Geseh ‘o {nell verabschieden wird, daß es mögli 1ft, die neuen Einschäßungen auch für die s{hon zurückliegende Zeit zu- grunde zu legen.

Der Gesebeitwurf hat nun, feit er dem Hause vorliegt und dadurh auch der breiten Oeffentlichkeit bekanntgeworden ist, nament- sli in der Presse, aber auch in Versammlungen und bei sonstigen Gelegenheiten, wo die öffentliche Meinung zur Geltung kommt, eing Auslegung und Kritik erfahren, gegen die ih do lebhaften Wider- spruch erheben muß. Es ist versucht worden, “die Steuer in so über triebener Weise darzustellen, daß es allerdings begreiflich wäre, wenn daraufhin einzelne Grundbesißer in der Tat glauben würden, daß es si hier um cine Bedrohung ihrer ganzen Existénz handle. Da- von kann aber gar nicht die Rede sein. (Sehr richtig! bei den Sozial: demokraten) Jch will einige Fälle anführen. Die „Deutsche Zeitung" schreibt am- 1. Dezember 1920 in ihrem Handelsteil, daß der preußishe Finanzminister bei diesem Gesehentwurf die Absicht habe, den Grundbesiß abzuwürgen, und als unmittelbare Folge würde sih der wirtschaftlihe Zusammenbruch ergeben. (Hört, hört! und Lachen links.) Der neue Gesebentwurf erscheine vortrefflich geeignet, diesen Zusammenbruh zu beschleunigen. Meine Herren, ih kann es nur sehr bedauern, daß ein Blatt wie die „Deutsche Zeitung“, die sich sonst so gern ihrer nationalen Tendenzen zu rühmen pflegt, in dieser Weise mit so billigen Sc{hlagworten eine #9 leichtfertige, zur JIrreführung geeignete Kritik an diesem Geseßentwurf übt und so zweifellos dazu beiträgt, die Naterlandsfreudigkeit weiter Kreise zu beeinträchtigen, wozu die Bestimmungen des Gesebes auch nit den leisesten Anlaß bieten. Ih will Ihnen einige Nebertreibungen im einzelnen vorführen und sie zugleih widerlegen. Die „Post“ be- hauptet in ihrer Ausgabe 579 vom 12, November 1920: Durch das neue Geses würde ein Morgen landwirtschaftliches Land mit einer Steuer von 120 bis 140 Mark beschwert werden, und diese Bt- lastung würde naturgemäß auf die Preise der Lebensmittel abgebürdet werden. Die „Kölnische Volkszeitung“ schreibt am 9. November, die Steuer wêrde am Rhein 150 Mark pro Morgen betragen, und sie rene eine steuerlihe Belastung von 22 Prozent des Brutto- ertrages heraus; die Kartoffeln, die jeßt 25 Mark kostetèn, würden infolge bér neuen Grundsteuern auf etwa 28 Mark im Preise steigen. Die „Germania“ schreibt in Nr. 502 vom 14. November: „Der landwirtschaftlihe Grundbesip wird dana mit einer steuerlichen Aufwendung von 120 Mark pro Morgen rechnen müssen“.

Diese Hahlen, die eine auffällige Uebereinstimmung auf- weisen, sind erfreulicherweise vollkommen falsch. Meine Herren, wenn der Steuerbetrag von 150 # für einen Morgen rihtig wäre, so müßte, da der Steuersaß 2 % beträgt, der Morgen Land einen Wert von 7500 4, der Hektar Land also von 30 000 Æ haben. (Zurufe rechts Gegenrufe bei der Sozialdemokratie.) Cs mag ja sein, daß bei Landverkäufen, die jeyt getätigt werden, solche Preise erzielt werden. Das spricht ja für die Notwendigkeit, den Grund und Boden zu besteuern. Aber es ist do zu berüdsichtigen, daß die Grundsteuer, wie ih son hervorgehoben habe, nicht na dem Jeßtwerte erhoben werden soll, sondern nah den Werten, die der Ergänzungssteuerveranlagung für die Jahre 1917/19 zugrunde gelegt worden sind. Für diese Veranlagung sind im besonderen die- jenigen Kaufpreise maßgebend gewesen, die in den Jahren 1910/12 und 1913/15 erzielt worden sind. Sie finden sich in dem Statistishen Jahrbuch für den Preußischen Staat im 15. Jahr- gang Seite 62 bis 73, Jch würde die Herren Interessenten bitten, si besonders diese Zahlen anzusehen. Daraus ergibt sich, daß im Durchschnitt des Staates für Landgüter mit Gebäuden und JZ1- ventar in der Zeit von 1910 bis 1912 für einen Hektar 1525 M und 1913/15 1795 Æ gezahlt worden sind. Jch bitte, 1525 bezw. 1795 zu vergleihen mit den vorhin errechneten 30 000 46 pro Hektar, von

Zu den ersteren gehört der landwirtschaftlice * Besiß. Denn daß die Belastung des landwirtschaftlihen Grund- |

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denen durch Zurufe bestätigt worden ist, daß solhe Preise gegen- |

wärtig gezahlt werden. Zieht man nun von diesen zulegt genannten niedrigeren len noch den Wert des Inventars ab, welches ja nicht grundsteuerpflichtig ist, so erhält man einen Durchschnittswert von noh nicht 1600 4 für einen. Hektar oder bon 4004 für einen Morgen. Hieraus ergibt sih dann eine Grundsteuer von 8 4 für den Morgen und nicht, wie in den erwähnten Presseartikeln ange- geben war, von 120 bis 150 A. Sie sehen also, die Uebertreibungen, die die erwähnten Zeitungen sich geleistet haben, sind außergewöhnlich.

Meine Herren, ih darf Ihnen einige tatsähliche Zahlen geben.

gh möchte nicht allzuviele geben; aber ih darf kurz erwähnen (Zu- rufe rets) ja, ih will Ihnen die Zahlen für Sandböden geben eine Zusammenstellung von Grundstücken ohne besondere Auswahl, die hier im Negierungsbezirk Potsdam vorgenommen worden ist, hat für 10 kleine Bauerngüter im Durchschnitt für einen Morgen nah dieser Steuer eine Belastung ergeben von 6,40 4, für 10 große Bauerngüter im Durchschnitt für einen Morgen 6,96 4, für g Rittergüter im Durchschnitt für einen Morgen 5,24 4. (Hört! hôrt! bei den Sozialdemokraten.) Jch bitte wiederholt, meine Herren, diese Zahlen zu vergleichen mit den 120, 140, 150 4 pro Morgen, die in der „Kölnischen Volkszeitung“, im „Berliner Tageblait“ und in der „Post“ behauptet worden find. Damit glaube ih genügend dargetan zu haben, daß eine so hohe Belastung des landwirtschaft- lichen Grundbesißes, wie sie befürhtet worden ist, bei weitem nicht zu erwarten steht.

Aber auh für den städtishen Grundbesiß sind durchaus irrige Behauptungen aufgestellt worden. So i} in einigen Zeitungen be- hauptet worden, daß die Mieten infolge der Grundsteuer sehr steigen würden. So schreibt ¿ B. die „Deutsche Zeitung" am 21. No- vember d. J.: i | Die Grundsteuer dürfte einen Aufschlag von 20 bis 30 % zu der gegenwärtigen Miete zur Folge haben.

918 ist weit übertrieben. Jch darf das durch folgendes Beispiel beweisen. Ein Berliner Mietshaus mit einem Bruttomietertrag von 90000 4 hatte im Jahre 1914 nah der sogenannten Uebershußbe- rehnung einen gèmeinen Wert von 262 300 4. Die Bruttomiete betrug also 7,4 % des gemeinen Wertes. Die Bruttomiete des Hauses beträgt jeßt 30 % mehr, also 19488 + 5346 = 25 334 M. Hierzu käme in Zukunft 2623 4 Grundsteuer; das heißt, wenn nun, was wir nit hoffen wollen, der gesamte Betrag dieser Steuer auf die Mieter abgewälzt würde, so würde das eine Mietserhöhung von rund 10 % gegenüber der jeßigen Miete bedeuten. Hiernach würde

also eine kleine Wohnung im Berliner Norden von vielleiht zwei | Zimmern und Küche, die gegenwärtig einen Mietswert von 500 M | hat, mit einem Aufschlag von 10 %, also von 90 4 pro Jahr zu | rechnen haben. Das sind rund 4 4 im Monat mehr. Das würde |

eine Steigerung sein, die für manchen höchst unerfreulih sein mag, die aber doch verhältnismäßig klein ist im Verbältnis zu allen Preisfteigerungen, die sich auf allen übrigen Gebieten der Lebens- haltung vollzogen haben.

Das „Berliner Tageblatt“ hatte am 15. November geschrieben, die Grundsteuer solle 10 vom 100 und bei fleinen Anstedlungen 5 vom 1000 des gemeinen Wertes betragen. Aber gleichzeitig wird erklärt, daß zu dieser Steuer noch ein Zuschlag von 100 % erhobeh werden soll; das macht für die Mietshäuser 2 % und für die kleinen Siedlungen 1% des Wertes. Diese Ausführungen sind ebenfalls irrig, Denn mit dem halben Steuersaß werden nicht nur die kleinen Ansiedlungen herangezogen, sondern auch der Mietshausbesiß mit sehr vershwindend geringen Ausnahmen, nämlich derjenigen Häuser, in denen sich lediglich Luxuswohnungen befinden. Die Mietshäuser

wata also im ganzen mit 1% ihres Wertes besteuert werden, und é würde, wie gesagt, nur eine 10 %ige Erhöhung des Mietswertes 4 Folge haben. Damit glaube ih zur Genüge dargetan zu haben, daß die Aeußerungen in der Presse außerordentlih übertrieben sind und daß von einer so unerträglich hohen Belastung des Haus-

- besibes, wie sie hier behauptet worden war, praktisch garnicht die

Rede sein kann.

Ih glaube daher auch, daß es verfehlt ist, wenn aus diesem Ge- sehentwurf Schlüsse gezogen werden in Bezug auf die Vaierlands- freudigkeit der grundbesißenden Bevölkerung. Meine Herren, gegen- über der von mir geschilderten relativ geringen Belastung des Grund- besißes glaube ih aussprechen zu können, daß man zu unserer grund- besißenden Bevölkerung das Vertrauen haben darf, daß sie sich dur die Auferlegung einer solchen Steuer niht im mindesten und in keiner Lebenslage in ihrer Treue zum deutshen Vaterlande er- shüttern lassen wird.

Leider bin ih genötigt, mich noch mit einer Presseäußerung zu befassea, die überraschenderweise erst vor kurzem erfolgt ist. Der frühere Unterstaatssekretär - im preußischen Finanzministerium, Herr Dr. Busch, hat sich nämlih im „Roten Tag“ vom 8, und 9. No- vember in einem Aufsaß von größerer Länge mit der neuen preußischen Grundbesihsteuer, wie sie Ihnen in diesem Geseß- entwurf vorliegt, beschäftigt. Die Ausführungen des Herrn Dr. Bus s\trohen einerseits so schr von Unrichtigkeitzn und enthalten andererseits so bedauerliche Ausführungen über die allgemeinen Grundsäße einer verantwortungsvollen Finanzpolitik, daß ih nicht umhin kann, diesen Aufsäßer einige Worte zu widmen.

Zunächst wird von Herrn Dr. Busch die rechtliche Zulässigkeit der vorge\chlagenen Grundsteuer überhaupt bezweifelt, weil sie eine laufende Vermögenssteuer sei und deshalb dem Reiche ausschließlich vorbehalten fei. Zur Widerlegung dieser Auffassung genügt der Hinweis auf § 8 des Landes\teuergeseßes, wo es wörtlich heißt:

Die Länder erheben Steuern vom Grundvermögen. Die Steuern

können nach Merkmalen des Wertes veranlagt werden. Jh bitle zu beachten, daß diese Bestimmung des Landessteuergesebes eine Sollbestimmung ist. Hier wird direkt gesagt: die Länder sollen den Grundbesiß besteuern, sie sollen aus dieser Quelle die Mittel zur Ordnung ihres Haushalts \höôpfen, und es wird dabei gesagt, daß die Länder dabei nah Merkmalen des Wertes die Stéuern ver- anlagen sollen. :

Bei dem vorliegenden Entwurfe der vorläufigen preußischen Grundsteuer handelt es sich nur um eine solche Ertragssteuer, bei der der Wert als Verteilungömcßstab dient. Der Reichsfinanz- münlster, zu dessen Anwalt sih hier merfwürdigerweise der frühere berufene Vertreter preußischer Finanzinteressen aufwirft, hat troß der Kenntnis unserer Steuervorlage nicht versucht, die Unzulänglich- keit der preußishen Landesgrundsteuer irgendwie geltend zu machen. Tr hat auch keinerlei Einwendungen erhoben gegen das vor Monaten hon in Kraft getretene neue hessische Grundsteuergeseß, das auf der 0leichen Grundlage wie der preußische Entwurf beruht.

Ein weiterer sehr großer Irrium ist Herrn Dr. Busch unter-

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saufen, wenn er von cinem s\teuerpflichtigen Grundvermögen von ciwa 40 Milliarden ausgeht, während die Begründung meiner Vor- lage von 120 Milliarden ausgeht. Anscheinend handelt es sih dabei um ein Mißpverstehen der Ergänzungssteuerstatistik von 1914, Diefe Statistik hat anscheinend Herr Dr. Busch herangezogen, dabei aber übersehen, daß darin nur das Vermögen angegeben ist, welches fh auf die Zenfiten von über 3000 4 Einkommen bezieht. Nun, meine ich, follte auch ein früherer Staatsfekretär im preußischen Finanz- ministerium wissen, daß der ganz überwiegende Teil der grund- besißenden Bevölkerung vor 1914 ein Einkommen unter 3000 versteueri hat. Der ganze Grundbesiß dieser Bevölkerung ist also in der Statistik nicht enthalten.

Außerdem is der Wert des Grundvermögens der ergänzungs- ficuerpflihtigen Zensiten mit 10 Milliarden Mark viel zu niedrig angegeben, da auch alle nihtphysishen Perfonen, Gefellschaften uswo., ergänzungssteuerfrei waren. Es gibt nun für die Eins{ähung des vorhandenen Wertes des. preußischen Grundbefißes die verfiedenften Unterlagen. Nach den Zahlen, die Helfferih, Steinmann-Bucher und Ballod 1914 angenommen haben, hat es damals im Deutscben Reich im ganzen gegeben einen Grundbesiß im Werte von 175 Mil- [liarden nach Helfferich, von 200 Milliarden nah Steinmann-Bucher, von 155 Milliarden nah Ballod. Nimmt man hiervon für Preußen drei Fünftel, so ergeben sh im Durchschnitt 106 Milliarden als Grundwert. Hierin if allerdings der Wert des Grundvermögens in den abgetretenen Gebieten enthalten. Die Begründung zum Geseh- entwurf über die vorläufige Grundsteuer ist aber eine völlig neue und ganz selbständig aufgestellte Schäßung des Grundbesihwertes zu- grunde gelegt worden, die sich auf die Veröffentlihungen in dem Statistisben Jahrbuh für den preußishen Staat - gründet. Bei dieser Berechnung sind die Flächen abgezogen worden, die im un- günstigsten Falle dem preußisbßen Staat verloren gehen könnten. Danach ist eine land- und forstwirtschaftlich genußte steuerpflichtige Fläche von 23 Milliarden Hektar zugrunde gelegt mit einem Hektar- wert von 1795 Mark, und daraus ergibt stch ein Wert von über 40 Milliarden Mark. Hierzu käme noch der Wert der niht land- und forstwirtschaftlih genußten Gebäude und der Gebäudesteuer- nußungswert des städtishen Gebäudebesißes, der allein mehr als 2,3 Milliarden beträgt und dem Mietwert einer um 17 Jahre zurüd- liegenden Zeit entspriht. Dazu kommt der Wert der Baupläße, Lagerpläße, Gärtnereien, Halden usw. Nach den im einzelnen vor- bandenen Unterlagen glauben wir annehmen zu können, daß die Be- wertung des steuerpflihtigen Grundbesißes im verkleinerten Preußen mit 20 Milliarden Mark nicht zu hoh gegriffen ift.

Eine andere vollständig unverständlihe Annahme des Herrn Dr. Busch ist die, daß die Steuer 40 bis 50 Prozent des Bruttoertrages des ländlichen Grundbesibes in Anspru nehmen würde. Wenn das der Fall wäre, wâre es ja unerhört; aber es ist erfreulicherweise eine Uebertreibung, die um so mehr der Widerlegung bedarf, als sich diese Uebertreibung auch andere geleistet haben, namentli verschiedene Haus- und Grundbesißervereine.

8 2 lediglih nach dem Ertrag8wert veranlagt wird, der bei der Veranlagung zur Ergänzungssteuer im Jahre 1917 maßgebend ge- wesen ist.

C

für den preußischen Staat nah Abzug des Inventarwertes im Durch- |

\{nitt niht mehr als 400 bis 500 Mark pro Morgen. Die Steuer würde also pro Morgen nicht mehr als 8 bis 10 Mark betragen. Daß 40 bis 50 Prozent des Brultoerlöses von einem Morgen Land, wie Herr Busch annimmt, nur 10 Mark ausmachen sollen, ist voll- femmen unbverständlih, wenn man sich vor Augen hält, daß der Ernteerlós von einem Morgen Roggen im Jahre 1920 über 600 Mark, bei Hafer über 700 Mark, bei Weizen über 800 Mark, bei Kartoffeln über 1400 Mark, bei Rüben bis zu 400(gMark betragen hat. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Wie gesagt, daß

da der Bruttoerlös nur 10 Mark ausgemacht haben soil, ist doch eine | frage mah landwirtschaftlidhen Erzeugnissen und

Annahme, die shlechterdings jeder Grundlagéè entbehrt.

An einer anderen Stelle {reibt Herr Bus über die Abwälzung |

der Steuer auf die Lebensmittelpreise folgendes. Er sagt: Legt man zum Beispiel 14 Milliarden Mark der Steuer auf die diesjährige

preußische Getreideernte, Brotgetreide- und Futterernte, so ergibt sih |

Ç

immerhin eine Steuererhöhung von zirka 8 Mark je Zentner.

auf die Getreideernte gelegt werden soll. Wo bleiben da die Kar-

toffeln, die Nüben, die Gemüse, die Holznußung und alle die übrigen | ff meh! | diesem Vermögen eingebüßt; wer aber vor dem Krieg ein Grund-

Erträgnisse der Land- und Forstwirtshaft? Sodann ist aber au die Annahme, daß auf den landwirtschaftlichen Besiß 14 Milliarden der Steuer entfallen sollen, unrihtig. Tatsächlih würde es na den Säßen der Steuerordnung einschließlich 100 Prozent Zuschlag weniger als 800 Millionen sein. Ferner ist zu berückstchtigen, daß von 100 Hektar landwirtschaftlihen Bodens in Preußen nur 50,4 Prozent auf Aecker und Gärten entfallen und von 100 Hektar Aker- fläche nur 63,2 auf den Getreideanbau, so daß also von 100 Hektar Gesamtflähe nur rund 32 Prozent mit Getreide bestellt sind. Da stellt si dieser frühere Staatssekretär im preußishen Finanzmin- sterium hin und verteilt einen übertrieben hoch angenomtnenen Sah des gesamten Steuerertrages lediglih auf die Getreideernte, womit zur Genüge die Unsachlichkeit dieser Kritik dargelegt sein würde.

Von der ganzen Steuersumme von 800 Millionen Mark, die ih Ihnen genannt habe, würden also auf das Getreide nur

( PD)

S =— 256 Millionen Mark Steuer gelegt werden. Das ist etwa ein Sechstel dessen, was Herr Busch ansett, und dabei würde im Fall vollständiger Üeberwälzung der Steuer, wozu bei der Land- wirtschaft niht der geringste Anlaß vorliegt, die Belastung nicht 8 Mark auf den Zentner betragenp sondern hd stens 14 bis 1% Mark. Da der Zentner gegenwärtig etwa 80 Mark kostet, so würde der Aufschlag doch schr gering sein. Entsprechend würde der Kar- toffelpreis, der jeßt 25 Mark für den Zentner beträgt, maximal 99 Pfennig Steuer zu tragen haben. (Hört, hört! bei den Sozial- Demokraten.) Das ist zweifellos eine fo geringe Belastung, daß man wohl sagen darf: Es liegt in diesem Falle für den landwirt- schaftlichen Grundbesiß niht der geringste Anlaß vor, diese Steuer auf die Konsumenten ihrer Produkte abzuwälzen.

Meine Damen und Herren, Sie werden zugeben müssen, daß es eigenartig ist, daß ein Mann, der bis vor kurzem Staatssekretär im preußischen Finanzministerium war, in einer so unsachlichen und unzulänglihen Weise an einem Steuerçeseßentwurf der preußischen Regierung Kritik übt. (Sehr richbig! bei den Sozialdemokraten.) Noch bemerkenäwerter und noch beklagenswerter erscheint es mir aber, daß ein Mann, der aus einer dienstlichen Tätigkeit besser als alle

Jch darf feststellen, daß die vor- | | [¿ufige Grundsteuer für die landwirtschaftlichen Grundstüke nah

Diese Werte betragen nah dem Statistischen Jahrbuch |

| teil davon Vorteil gehabt haben.

I Si ck4pf Lp: Zte) tas! Miavts fehr | dingten Steigerung 1hrer Preise im Werte jeh | 7

Nun | ist es zunächst nicht ret verständlich, warum die gesamte Sieuer nur | + deren Papieren in Preußishen Konsols oder

anderen über die finanzielle Not des Landes und über seine ver- änderten Steuermöglichkeiten unterrichtet sein müßte und von dem mix außerdem berichtet worden ist, daß er vor einem Jahre in amt- licher Cigenschaft die Notwendigkeit der staatlichen Besteuerung des Grundbesites entschieden betont hat, (hört, hört! bei den Sozial- demofraten.), heute, wo dieser Gedanke verwirklicht werden soll, in cinem Augenblik also, wo noch keine Staatsgrundsteuer besteht, plôp- lich die Ansicht vertritt, die Grenze der steuerlichen Leistungsfähigkeit sei bereits überschritten. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Aber das ift noch nicht alles. Herx Dr. Busch ist der Meinung, daß man dem Finanzelend der Staaten durch Steuern überhaupt nicht beifommen fönne. Cs gibt nur einen Weg aus der Not, schreibt Herr Dr. Busch, der führt über die Abänderung des Friedensver- trages. Er fügt wörtlih hinzu: „Erringen wir diese nicht, so ist eine Rettung nicht gegeben.“ Er folgert daraus, daß es verfehlt sein würde, sich überhaupt mit dem Ausbau der Steuergeseßgebung zu besh¿F}tigen, ja, er bestreitet sogar die Notmvendigeit, den alten Grundsatz jeder geordneten Finanzpolitik, daß ein Parlament auch für die Deckung der von ihm bewilligten Ausgaben zu sorgen habe, unbedingt anzuwenden. Dieses Bekenntnis eines Mannes, der noch vor wenigen Monaten der erste Finangbeamte des preußischen Staates war, ist doch schwer zu verstehen. Das läuft praktisch darauf hinaus, die besten Prinzipien einer verantwortungésvollen staatlichen Finanz- politik über den Haufen zu werfen, auf jede planvolle Tätigkeit zum Wiederaufbau unseres Staatawvesens zu verzichten und alles Heil und alle Rettung von den Diktatoren des Versailler Friedens, von der Gnade der Ententestaaten zu erwarten.

Meine Damen und Herren, demgegenüber will ih doch mit aller Entschiedenheit betonen, daß ih diese Politik, die ih als eine fata- listishe Türkenpolitik bezeichnen möchte, entschieden ablehne. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Mein ganzes Streben wird dahin gehen, gerade wegen des ungünstigen Friedens und ohne Nück- sichi auf die Möglichkeit und die Zeit ‘der hoffentlich kommenden Revision des Vertrages mit aller Kraft an der Emeuerung unseres Staatswesens zu arbeiten und zu diesem Zweck alle noch vorhandenen Gesdquellen heranzuziehen. (Sehr richtig! und Bravo! bei den So- zialdemokraten.) Damit, scheint mir, wird auh dem Revisions- gedanken am besten gedient, Denn es ist zweifellos, daß die Entente gar nicht daran denken wird, uns auch nur die fleinste Minderung der Friedenslasten zuzugestehen, fo lange der Morgen preußischen Bodens nur mit 32 Pfg. besteuert wird. (Unruhe rechts und Zurufe im Zentrum: Jst ja nicht zu glauben! Zustimmung bei den So- zialdemofraten.) Wollten wir jeßt die Hände in den Schoß legen und untätig abwarten, bis sich einmal die Vernunft bei unseren Gegnern Bahn bricht, so würde uns das teuer zu stehen kommen; es würde unseren Haushalt völlig aus dem Gleichgewicht bringen und den Staatsfredit vollständig erschüttern. Das zu verhindern, ist die Aufgabe der leitenden Staatsmänner, und aus diesem Grunde müssen wir jeßt unter allen Umständen darangehen, die notwendigen Mittel zur Deckung der Staatéausgaben zu beschaffen. Menn dabei in erster Linie auf den Grund und Boden zurückgegriffen wird, so steht das, von allem anderen abgesehen, in vollem Einklang mit der historishen Tatsache, daß in Zeiten vaterländischer Not immer in erster Linie der Grundbesiß herangezogen worden ist. Das ift auch feine Willkür und keine Ungerechtigkeit; denn ohne Zweifel bildet in Zeiten starker Geldentwertung wie gegenwärtig der feste Grundbesitz immer den ruhenden Pol, der von der allgemeinen Geldentroertung nicht betroffen wird, im Gegenteil, meist eine beträchtliche Wert- steigerung zu verzeichnen hat. (Sehr richtig! links.) Unser Vaters land befindet sih gegenwärtig in größter Not, und da ist es an- gebracht, daß man an diejenigen appelliert, die durch die Geld- entwertung nicht nur nicht geschädigt worden sind, sondern im Gegen-

(Sehr richtig! links.) Nament»- lich der ländliche Grundbesiß ist infolge der stark gesteigerten Nach- | der dadurch be- erheblih erhöht worden, und wer heute ein Grundstück verkauft, erzielt hierbei in aller Regel einen gewaltigen Mehrgewinn gegen früher. Die Zahlen, die bier vorhin von mir aufgezeigt worden sind, haben das ja son zur Genüge bewiesen.

Jch bitte Sie aber, meine Damen und Herren, sich felgendes ror Augen zu halten Mer vor dem Kriege 100 000 in mündel- in Meichsanle1he

angelegt hatte, hat heute mindestens cin Drittel, oft noch mehr, von

üt im Werte von 100000 4 besaß, besißt heute damit erheblich mehr, zum Teil das Dreifache des früheren Wertes, und er hat einen Wertzuwachs, den er jeden Augenblick realisieren kann. (Zustimmung links. Zurufe rechts.) Ich bitte Sie weiter zu berüdcksichtigen, meine Damen und Herren: die Rente aus dem entwerteten Besiß ron Staatspapièren unterliegt heute bereits der Kapitalertrags|teuer. Aut) der kleinste Rentner, auch die ärmste Pensionärswitwe muß heute 10% von ihren Kapitalzinsen an den Neichsfiskus abfühceu, während auf der aifdern Seite die Tatsache besteht, daß der im Werte zum Teil erheblih gestiegene Grundbesiß bisher vom Staate noch nicht steuerlih erfaßt worden ist. (Sehr richtig! links.) Hier, meine Damen und Herren, einzugreifen ist daher neben anderen au eine Forderung der steuerlichen Gerechtigkeit, die gebietet, die zur Deckung unerläßlicher Staatsausgaben notwendigen Mittel dort zu holen, wo noch etwas zu holen ist. (Sehr richtig! links.) Diese Notwendigkeit zu erfüllen, ist die Aufgabe des vorliegenden Geseß- entwurfs, dessen Grundgedanke von feiner Partei abgelehnt werden kann, und über dessen Einzelheiten selbstverständlih bei den Vere handlungen im Aus\{uß noch zu reden sein wird.

Jch möchte von vornherein erklären, daß ih zu jeder Rücksichta nahme auf die minderleistungsfähige Bevölkerung, den minderleistung8- fähigen Grundbesiß, insbesondere auf die Kleinsiedler und auf die städtishen Mieter bereit bin, soweit das mit der Aufbringung des nohwendigen Gesamtertrages nur irgend verträglih ist. Jch hoffe, daß sih aber an dem Versuch, die Grundsteuer zu einer wirksamen Einnahmequelle des preußischen Staates zu machen, alle Parteien beteiligen werden. Ich richte daher den Apell an Sie, meine Herren, sich der außerordentlich ernsten Lage unseres Vaterlandes in dem Augenblick nicht zu verschließen, wo Ihnen dieser Gesehentwurf vor- gelegt wird. Sie alle haben sih an den ‘Ausgaben beteiligt, die in den leßten Monaten von der Landesversammlung bewilligt worden sind. Sie alle haben infolgedessen die moralische Verpflichtung, mit dazu beizutragen, daß für diese Ausgaben auch die nötigen Deckungs- mittel be\hafft werden. (Schr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Jch brauche nur auf die Beamtenbesoldung hinzuweisen, bei der alle Parteien dafür eingetreten sind, daß Erhöhungen vorgenommen