1899 / 19 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 21 Jan 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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auf See befindliche Seeleute 2c.), haben die Eltern, Vor- münder, Lehr-, Brot- und Fabrikherren die Anmeldung in der vorbestimmten Art zu bewirken. 4 y

Wer die vor Ahriebene Anmeldung versäumt, wird nah

A des Reichs-Militär-Geseßes vom 2. Mai 1874 mit einer eldstrafe bis zu 30 M oder mit Haft bis zu drei Tagen bestraft.

Reklamationen (Anträge L Zurükstellung bezw. Be- freiung von der Aushebung in Berüksihtigung bürgerlicher Verhältnisse § 32 2 a—s der Deutshen Wehrordnung —) find bezüglih aller Militärpflichtiger, auch der Einjährig- Moe vor dem Musterungsgeschäft, spätestens aber im Musterungstermine anzubringen; nah der Musterung ange- brachte Reklamationen werden nur dann berücksichtigt, wenn die Veranlassung zu denselben erst nah Beendigung des Musterungsgeschäfts entstanden ist.

Berlin, den 10. Januar 1899.

Die Königlichen Sab O der Aushebungs -Vezitke erlin. Dr. von Lepell.

Personal-Veränderungen.

Hessen.

Darmstadt, 16. Fanuar Zum 1. April d. I. werden im Großberzoglihen Gendarmerie- Korvs versegt: Cullmann, Oberstlt, und Kommandeur des Distrikts Oterhessen, als Kommandeur des isirikts Rheinhessen, Her pel, Major und Kommandeur des Distrikts Rheinhefsen, als Kommandeur des Distrikts Oberhessen.

Nichlamiíliches. Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 21. Januar.

Seine Majestät der Kaiser und König empfingen heute Vormittag den Chef des Generalstabs der Armee, General Grafen von Schlieffen sowie den Chef des Militär- kabinets, General von Hahnke. zu Vorträgen und demnächst den Gouverneur von Deut|h-Ostafrika, Generalmajor Liebert zur Abmeldung.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin be- suchten im Laufe des heutigen Vormittags die Michetti-Aus- stellung im Gebäude der Königlichen Akademic der Künste.

Seine Majestät der König voôn Schweden und Norwegen vollendet heute das sicbzigste Lebensjahr. Der Deutsche Kaiser und das deutsche Volk vereinigen sih in herz- lihen Glückwünschen für den edlen Herrscher der befreundeten nordischen Länder.

Die deutsche Presse hat sich in der leßten Zeit wieder- holt mit den Beziehungen zwishen den deutschen und amerikanishen Seeoffizieren auf der ostasiatischen Station beschäftigt. Wir find in der Lage, auf Grund mchrerer in der leßten Zeit eingetroffenen Berichte festzustellen, daß das Verhältniß zwischen den genannten Offizieren nicht nur frei von jeder Spannung ‘ist, sondern daß der Verkehr im Gegentheil einen sehr entgegenkommenden und herzlichen Charakter trägt, wie dies gelegentlich von wiederholten Be- suchen, Einladungen 2c. zum Ausdruck gekommen is. Das Verhalten der deutschen Seeoffiziere ist stets in jeder Be- ziehung korrekt gewesen.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr sowie die ver- einigten Ausschüsse für Eisenbahnen, Post und Telegraphen und für Rechnungswesen hielten heute Sißungen.

Den Kammerßherrendienst bei Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin hat vom 22. Januar bis 1. Februar der Zeremonienmeister und Kammerherr von Esbeck-Platen Übernommen.

__Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich deine Justiz-Minister Dr. Dittmar ist von Berlin ab- gereift.

Nach einer telegraphishen Meldung an das Ober- Kommando der Marine beabsihtigt S. M. S. „Prinzeß Wilhelm“, Kommandant: Fregatten-Kapitän Truppel, mit dem Chef des Kreuzer-Geshwaders, Vize-Admiral von Diederichs an Bord am 24. Januar 1899 von Amoy nah Hongkong in See zu gehen.

Jn der Ersten und Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reihs- und Staats - Anzeigers“ wird die vom Reichs- Eisenbahnamt aufgestellte tabellarishe Uebersicht der Be- triebs-Ergebnijse deutscher Eisenbahnen für den Monat Dezember v. J. veröffentlicht, auf welche gestern an dieser Stelle auszüglich hingewiesen worden ijt.

Potsdam, 20. Januar. Jhre Se die Königin von Württemberg ist, wie „W. T. B.“ meldet, heute Abend von hier nah Stuttgart abgereist. Seine Durchlaucht der Erbprinz und Jhre Königliche Hoheit die Erb- prinzessin zu Wied sowie Seine Durchlaucht der Prinz Ernst von Sachsen-Altenburg geleiteten Jhre Majestät nach dem Bahnhofe.

Bayern. Der Landtag ift zum 7. Februar einberufen worden.

Oesterreich-Ungarn.

Der Kaiser empfing gestern Vormittag die preußische Offiziers - Deputation in Abschiedsaudienz und später eine Deputation des russishen Kexholmshen Leib-Garde-Grenadier- Regiments, welhe dem Kaiser außer den Glückwünschen des Negiments zu Allerhöchstseinem 50 jährigen Jnhaberjubiläum ein Jubiläumsangebinde darbrachte.

Ein Communiqué, welches über eine gestern abgehaltene Berathung des. Exekutivcomités der Rechten ausgegeben worden ist, besagt: Der auf Einladung des Obmannes er- \hienene Minister-Präsident Graf Thun gab ein ausführ- lies Exposé über die gegenwärtige parlamentarische Lage. In der ih hieran knüpfenden längeren Berathung drückten alle Redner ihr Bedauern darüber aus, daß durch die Obstruïtion das Parlament zum großen Nachtheile der Bevölkerung zu voller Unthätigkeit verurtheilt sei. \

In einem Communiqué des Czechen-Klubs heißt es: Der Klub erachte es für nöthig, daß die czehishen Abgeordneten zur Zeit in ihrer bisherigen Sas verharrten und strikte Solidarität mit den anderen Parteien der Majorität beobach- teten. Das Communiqué betont weiter, es sei im au der Debatte von mehreren“ Rednern konstaitert worden, daß die Obsiruktion allein {huld sei, wenn die dringenden Bedürfnisse der Landwirthschaft und . der Gewerbetreibenden unbefriedigt blieben und wenn obendrein durch Zeitvershwendung mit den Geldecn der Steuerträger Mißbrauch getrieben werde.

Das ungarische Oberhaus lehnte gestern mit 99 gegen 69 Stimmen den (in der vorgestrigen Nr. d- Bl. mitgetheilten) Antrag des Grafen Emerih Szechenyi ab, welcher dahin lautete, das Haus möge an den König eine Adresse rihten mit der Bitte, die verfassungsmäßigen Zustände bald- möglichst wiederherzustellen. An der Debatte üver den Antrag betheiligte sich auch der Minister-Präfident Baron Banffy, welcher hervorhob, der Antrag könne so mißdeutet werden, als ob die Krone die Verfassung verlegt habe. Es sei schon deshalb überflüssig, den Antrag auf die air, “Hd de zu seßen, weil man sich auf dem Wege zur Lösung ide, welchen die Regierung aufrichtig suhe, und weil die Ver- handlungen, welche die Sanierung bezweckten, noch im Zuge seien. Eine Sanierung werde von der Regierung und der Majorität und, wie er hoffen wolle, auch von der Minorität angestrebt.

Grsfßbritannien und Irland.

Nath einem zweistündigen Kabinetsraih begab sich, wie dem „W. T. B.“ aus London gemeldet wird, der Staats- sekrctär für die Kolonien Chamberlain gestern nah dem Kolonialamt, wo er 11/4 Stunden mit Cec1ii Rhodes und dem Gouverneur der Kapkolonié Milner konferierte; der Schaztkanzler Hicks-Beach war gleichfalls bei dieser Kon- ferenz zugegen, in wclcher man sih, wie verlautet, mit der Frage ciner finanziellen Garantie der Regierung für die Ver- längerung der Eisenbahn von Bulawayo nah dem Tanganyika- Sce beschäftigte.

Frankreich.

In dem gestern abgehaltenen Ministerrath ließ, dem „W. T. B.“ zufolge, der Minister-Präsident Dupuy einen Gesetzentwurf unterzeihnen, wilher bcstimmt, daß Tünftig den in Algerien Naturalisierten das Wahlreht erst vom 30. Lebensjahre ab zustehen solle, und daß die französischen Staats3angehörigen in Algerien zu dreijährigem Militärdienst verpflichtet seien.

Jn der Deputirtenkammer brahte gestern der Deputirte Dejeante (Sozialist) einen Antrag ein, nah welchem die Sühnekapele für Ludwig XVkI. abgerissen werden solle, und verlangte dafür die Dringlichkeit. Der Minister - Präsident Dupuy bekämpfte die Dringlichkeit des Antrages, durch welchen verschiedene Fragen moralischer und materieller Natur aufgeworfen würden. Die Dringlichkeit wurde sodann mit 332 gegen 150 Stimmen abgelehnt. Der Deputirte Breton (Sozialist) interpellierte über das diplomatishe geheime Aftenstük in der Dreyfus-Angelegen- heit. Breton und dann der Deputirte Tramu behaupteten, der frühere Unterrihts-Minister Rambaud habe in einem land- wirthschaftlihezn Verein erklärt, daß die Mitalicder des Kabinets WMiéline von der Fälshung Henry's Kenniniß gezabt hätten. Die Deputirten Méline und Barthou leuancten dies formell. Méline sagte, d er an dem Tage, an welhem er durch die Erklärung Cavaignac's in der Kammer von der Fälschung erfahren, si dahin geäußert habe, daß er die Revision des Dreyfus - Pro- zesses für nothwendig halte. Er habe nichts von dem, was er gesagt habe, zurückzunehmen. Der Deputirie Breton verlangte s{ließlich, daß man die Wahrheit über das diplomatische geheime Aktenstück mittheile, dessen Vorhandensein bald als R hingestellt, bald abgeleugnet werde. Redner war der Anficht, daß das betreffende Aktenstück nur gefälschte Sthriftstücke enthalte; man müsse nah den Schuldigen forshen und fie bestrafen. Der Minister des Aeußern Delcassé er- klärte, er habe Paléologue ermächtigt, vor dem Kassations- hofe Auêsagen zu machen und das Foénctaié „ganz geheime Aktenftück“ mitzutheilen. Jn dem Aktenstück befinde si kein von dem Verurtheilten an cinen auswärtigen Souverän gerichtetes Schreiben, und es sei nach der Kenntniß der jcit über zehn Jahren im Dienst dcs Ministeriums stehenden Agenten niemals ein solhes vorhanden gewesen. Wan habe deset, ob Briefe vorhanden seien, die von einem aus- wärtigen Souverän an den Verurtheilten geshrieben worden seien. Man könne, fuhr der Minister fort, an das Vor- handensein derartiger Schriftstüke glauben oder nicht, aber man würde festgestellt schen, daß sie fabriziert worden seien. Er wisse absolut nicht, und auch im Ministerium des Aeußern sei absolut nihis darüber be- kannt, ob derartige Briefe angefertigt seien. Aber selbst wenn dies der Fall sein sollte, so würde: der Anfertiger sich wohl gehütet haben, diese Briefe nah dem Quai d’Orsay zu bringen; denn auch die größtmöglihe Naivetät der Diplomaten würde nicht soweit gehen, daß man derartige Waare annehme oder anerkenne. Hierauf erklärte éline nochma!s formell, daß weder er, noch ein andercs Mitglied seines Kabinets vón der älshung Henry's Kennt- niß gehabt habe. Redner \{häßte sich glücklich, daß er die Revision nicht veranlaßt habe; ihm habe die neue Thatsache gefehlt, die sie als begründet habe erscheinen lassen. Wenn es einen Unschuldigen gebe, so möge man seine Un- {huld verkünden; aber das Land sche in der Dreyfus-An- elegenheit eine systematishe und perfide Campagne gegen as Heer ; die Dreyfus-Angelegenheit diene nur als Vorwand. Die Anhänger der Revifion mochten aufhören, mit den Feinden

des Heeres Hand in Hand zu gehen. Dec Deputirte Viviani

(Sozialist) versicherte, daß seine Partei das Heer achte. Die

Debatte wurde darauf geschlossen und die von der Regierun gebilligte einfahe Tagesordnung von- der Kammer mit gegen Stimmen angenommen. Die Sißung wurde sodann aufgehoben. A

Der Kassationshof hielt gestern Nas eine Sißung bei verschlossenen Thüren ab und prüfte die iplomatifhes Schriftstücke der geheimen Akten; hierüber wurden Hanotaux und Paléologue vernommen, welche dann mit den Generalen nue, Boisdeffre, Gonse und Billot konfrontiert wurden. j

Ftalien. Y

Der Papst litt, wie „W. T. B.“ berichtet, in den leßten Tagen an einer leihten Erkältung, infolge deren er auf An- rathen des Leibarztes Dr. Lappon1 keine Audienzen ertheilte und das Zimmer hütete. Ein Gleiches war auch gestern Bedi as Dr. Lapponi sei jedo ermächtigt zu erflären, daß durchaus kein Grund zu irgendwelher Beunruhigung Le der Papst vielmehr heute das Bett verlassen und am 26. d. M. zahlreichen Familien des römischen Patriziats eine gemeinsame Audienz ertheilen werde.

Portugal.

Jn der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer erklärte der Minister-Präsident de Castro, das Kabinet werde kein Abkommen mit den Jnhabern der Titres der auswärtigen Schuld unterzeichnen ,. welhes auf internationæaler Kontrole beruhe oder eine Verminderung des Kolonialbesißes herbeiführe.

Türkei.

Wie „W. T. B.“ aus Konstantinopel berichtet, ver- öffentlichen die dortigen Blätter ein Jrade des Sultans an die Pforte, in welhem die Valis angewiesen werden, den Verwaltungs- und Justizorganen aufs neue jeden Mißbrauch der Amtsgewalt strengstens zu untersagen. Ein zweites Jrade verfügt den Ankauf von 4000 ungarischen Pferden für die Artillerie. Jn den Kreifen der Pforte bestreite man, daß die. Absicht vorhanden sei, an die Großmächte ein Memorandum über die Lage in Mace- donien zu rihten, mit dem Hinzufügen, daß hierzu keine Veranlassung vorliege, da dur ein solhes Memorandum den unruhigen Elementen eine willkommene Handhabe zu Wühlereien würde gegeben werden.

Der Ober-Kommissar für Kreta Prinz Georg hat s|ch gestern von Kanea nah Nethymon begeben.

Amerika.

Das Kabinet inWashington berieth, wie „W. T. B.“ meldet, gestern über die Samoa-Angelegenheit;, aber da keine amtliche oder neuere Jnformation vorlag, war man der Ansicht, daß gegenwärtig nihts zu unternehmen sei, was über die Beantragung eine- Konferenz von Vertretern der drei betheiligten Mächte hinausgehe.

Der gegenwärtig in New York liegende Kreuzer „Newark“ hat Befehl erhalten, durch die Magelhaens - Straße nah San Diego abzugchen, um dort die „Philadelphia“ zu ersegen. Es heißt, die leßtere müsse gereinigt und repariert werden und könne nicht vor Ablauf einex Woche nah Samoa auslaufen.

Nach einer Meldung der „Times“ aus Montevideo vom gestrigen Tage haben die Senatoren beschlossen, daß Cuestas am 15. Februar die Amtsgewalt niederlegen solle, um so ein Jnterregnum von 15 Tagen s schaffen. Hierdurch würden die Chancen Cuestas* für die Wahl zum Präsidenten am 1. März verringert. Die Lage sei ungekläct.

Das „Reutersche Bureau“ meldet aus New York, daß, nach einem daselbst eingetroffenen Telegramm aus Lima, die Aufständischen in Bolivia zwei Bataillone der Truppen des Präsidenten Alonso geschlagen und viele Gefangene aemacht hätten. Leßtere seien nah La Paz gebracht worden. Dort herrsche große U und es werde éin baldiger vollständiger Sieg der Aufständischen erwartet.

Asien.

Die Londoner „Daily Mail“ erfährt aus Shanghai vom gestrigen Tage, daß 8000 Auf ständische in der Provinz Ngan-Hwei am 10. Januar die Stadt Kuyung angegriffen E, 200 Mann von den die Stadt vertheidigenden

ruppen seien getödtet worden. Zur Zeit werde die Stadt von den Aufständischen belagert. ‘Der Vize-König von Nanking habe Verstärkungen nah Kuyung beordert.

Afrika.

Der „Agenzia Stefani“ wird aus Massow ah gemeldet, Ras Makonnen habe dem Gouverneur Martini den Abschluß des Friedens in einem folgendermaßen abgefaßten Briefe angezeigt: „Nunmehr ist der Friede geschlossen. Tigre ist in meinen Besiy gekommen. Jnfolge dessen And wir Nachbarn. Jch theile Jhnen dies mit, damit Sie unserer Freundschaft, die eine feste bleiben soll, eingedenk seien.“

Das „MReuter’she Bureau“ berichtet aus Tanger, daß die Regierungstruppen, welhe unter dem Befehl des Prinzen Marani auf dem Marsche nach Tafilet waren, von dem Wadeldras-Stamm angegriffen worden seien. Nach heftigem Kampfe seien die Aufständischen geshlagen und neunzig von ihnen gefangen genommen worden, darunter der Häuptling Wudhaliman und dessen Sohn. Die beiden Leßteren seien mit 19 Anderen hingerichtet worden.

Australien. Aus Wellington (Neu-Seeland) meldet das ei e

Bureau“, daß der britishe Kreuzer „Tauranga“ Be erhalten habe, nah Samoa abzugehen.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sißung des Neichs- tages befindet sich in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen (15.) Sigung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. Graf von Posadowsky beiwohnte, wurde die zweite Be- rathung des Reichshaushalts-Etats für 1899 fort-

eseßt. Jn der an den Ausgabeposten „Gehalt des Staats- ekretärs des Reichsamts des VWiwern* (50 000 M) geknüpften allgemeinen ‘Debatte ‘erhielt zunächst der Abg. Dr. Schoen- lank (Soz.) das Wort. Da derselbe niht anwesend war, nahm* der Präsident an, daß er auf das Wort verzichte, und ertheilte dasselbe dem Abg. von Czarlinski (e

Bis zum Schlusse des Blattes sprachen ferner die dag. Dr. Vielhaben (Reformp.) -und Dr. Wiemer (fr. Volksp.).

\fulpierte Einfassung eines

aus der Abgeordneten begann in. der

Das Z 1 tigen (3. igung, in welcher der Vize-Präsident - des inats-Mini eriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel,

der Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen, der Minister

der geistlichen 2c. Angelegenheiten D. Dr. Bosse, der Justiz-

Minister Schönstedt und der Minister des Jnnern Freiherr

von der Recke zugegen waren, die erste Berathung des

Staatshaushalts-Etats für das Rehnungsjahr 1899.

Bis zum Schluß des Blattes nahmen der Abg. Nichter

(fr. Volksp.), der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums,

Finanz-Minister Dr. von Miquel und der Abg. Graf

zu Limburg-Stirum (kons.) das Wort.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbetterbeweguna.

Hier in Berlin hat der Verband der Buchdrucker beschlossen, die ausftändigen Seger der Druckerei des „Lokal- Anzeigers“ mit 91 M für die Woche zu unterstüßen (vgl. Nr. 18 d. Bl.).

Aus Algier wird der „Ostsee-Ztg.* vom geftrigen Tage gemeldet: Der Bäcker-Ausstand dauert fort. Die Militär-Bäckerei und diejenige in Blidah können den Bedarf für die Bevölkerung nit mehr deden, sodaß Brotnoth herrsHt. Die Ausständigen verhalten si unis ai erwarten die Vorschläge der Meister. (Val.

tr. . Bl.

Kunst und Wissenschaft.

4+ Die Münchner Künfstlervereinigung der „24“, deren Kollektiv- Ausstellun g zahlreihe Besucher inden Kunstsalon von Schulte lockt, hat in diesem Jahre keine Werke aufzuweisen, die das Niveau der gediegenen Münchner Malkunst erbeblih überragen. Aber auch in dieser Alltagstraht sind die Münchner will- kommen und bieten viel Anregung und Genuß. Am vornehmsten sind vielleicht die heiden zart in Grau- braun gestimmten Flahlandshaften von Ludwig Dill qge- halten, die an Feinheit des Farbensinns die Schottische Schule über- treffen und glänzende Leistungen dekorativer Farbenstilisierung dar- ftellen. Ferner fallen drei pikante kleine Interieurs von Hans Borchardt auf, die nit nur die Trachten und Charaïtere, sondern auc) die Maleffekte der dreißiger Jahre unseres Jahrhunderts mit viel Erfolg wieder zu beleben traten. Das gelungenste dieser alt- väterishen JIdyllen dürfte wohl die „alte Nähterin" sein, die auch dur luftige Charakteristik der Kövyfe ausgezeihnet ist. Es handelt si für Borchardt keineswegs nur um einen Maskenschcrz, sondern er versuht mit künstlerishem Ernst die Gesammtstimmung der eit zu erfassen und wiederzugeben. Eine rein malerif{e tudie von. ausgeyrägtem Hautgoût in Auffassung und Technik ift H. von Habermann’s weiblih28 Port:ät, das uns die wenig reizvollen, aber in threr Unschönheit dennoch fesselnden Züge eines Modells wiedererkennen läßt, das der Maler in zahlreichen Stellungen und Trachten unlängst in dem Kunst- falon von Keller und Reiner bereits ausgestellt hatte. Wie nüchtern und shwerfällig ersheint daneben troß dem Streben nach der Verve eines Boldiui, das allerdings nur in äußerliher Anlehzung sich be- fundet, das lebensgroße Fraueabildniß von Otto Hierl-Deronco. Julius Exter hat in phosphorescierenden Farben den Sündenfall gemalt, ein Bild, das mehr die bekannte Geschicklichkeit, als inneren Drang des Malers erkennen läßt, und troß der gewaltsamen Motive den ‘Beschauer nicht lange fefselt. Auch Frit von Uhde bleibt mit feiner „Ruhe auf der Flucht“ hintec den Erwartungen, mit denen man an jede scknec neuen Schöpfungen berantritt, zurück. Die bunten, hellen Farben zerflattern ohne Wir- kung, die Gruppe der heiligen Familie Iöst sich kaum von der land- \haftliden Umgebung, und den Köpfen mangelt tiefere Empfindung. An die ältere, temveramcntvolle Malrwetse Ubde?s lehnt sih Christian Landenberger an, der in feinem lustigen „Spaziergang nah dem Bade“ namentlih mit Geschick den s{immernden Glanz der Hautoberfläde wiederzugeben versteht. Für cine harmlose Kinderstubenscene ift das Format des Bildes etwas anspruchsvoll, als koloristishe Talentprobe verdient es alle Anerkennung. Nur als Studie vermag auch Stuck?s „Kurie“ zu fefseln ; die dunkle Gesammthaltung erscheint eher gewaltsam als dâmcnis, und das Prunken mit Rubenss{her Bravour läßt wohl die Größe Rubens’, aber niht die seines Nacahmers erkennen. Gbenso hat Leo Samberger noch immer niht eingefehen, daß Franz von Lenbah's Bedeutung in der vornehmen Charaï- teristk und nit in der eintônig braunen Farbengebung seiner Porträts liegt. Er hat seinem Meister eben nur einige gleih- ültige Handgriffe abgeschen und wird in der Kunstgeschichte kommender Wabiundtrte wohl besten Falls als Beispiel dafür angeführt werden, wie groß der Abstand zwishen Bahnbrehèrn und Epigonen ift, Unter den Landscha?tsmalern des Klubs der „24" zeigt Benno Beiker von Dill abgesehen am ehesten eine selbständige Physiognomie. Freilich erzielt er diese Originalität auf Kosten der Naturwahrheit. Die lihtlose grüne Farbenstimmung seiner Landschaften, wie sie nah feinem und Trübner's Vorgang eine ganze Reihe Münchner Maler anstrebt, wird man gelten lassen müssen, auch die willkürliche Stilifierung der Vegetation befremdet das moderne Auge kaum noch. Wohl aber darf man verlangen -—— was in scinem Olivenhain durh- aus fehlt —, daf die Mafsen des Vordergrunds körperlich hervortreten und nicht glei cinem stilifierten Flahrahmen für den Durchblick in die Ferne, zweifellos den besten Theil des Bildes, wirken. In kräf- tigen Farben {welat Adalbert Niemeyer, der als Landshafismaler sich Charles Palmié anges{blofsen zu haben scheint, während Walter Gefffen den Spuren Thaulow?'s folgt und Charles Vetter durchaus dem Pariser Shulgeschmack huldigt. Recht natörlic) und gesund, ohne fremde Brille schen Leonhard Buttersack und Theodor Hummel die Natur an; besonders eine Herbstlandschaft des leztgenannten Malers fällt durch solche Frische des Bliks und flotte Technik angenehm auf.

Im Kunstgewerbe-Museum sind gegenwärtig die Neu- erwerbungen des Jahres 1898 ausgestellt und zwar, wie in früheren Jahren, im Schlüterzimmer, hinter dem Goldsaal. Unter den Metallarbeiten befinden sich einige hervorragende Stücke von der im Mai 1898 in London versteigerten Sammlung Heckscer, eine Centaurengruppe ia Bleigußi von Giovanni da Bologna und vielerlei Geräthe in Edelmetall und Bronze, darunter zwei Kaminböcke mit Jagdscenen (Frankreih, Mitte des 18. Jahrhunderts). Unter den Möbeln findet man zwei italienische Tische des 16. Jahrhunderts, eine aus Gubbio stammende Thür des 15. Jahrhunderts und franzö-

he Stühle aus dem Ende des 18. Jahrhunderts. Sehr reihhaltig st die Sammlung der Porzellane sowohl an altchinesishen wie europäischen, unter leßteren Figuren aus der Sammlung Hirth, hervorragend s{chône Stücke von Sèvres. Unter den Fayencen ftehen «n der Spiße der Teller mit dem Wappenherold des Herogs hon Urbino aus. Gubbio (um 1500) und zwei hHerrlihe Schüsseln aus Damaskus (16. Jahrhundert). Ferner sind zu erwähnen eine mächtige Schüssel und Kanne aus Rouen und farbig bemalte Pasteten- büchsen in Thierform (Ente und Wildshweinskopf): aus po (An- fang des 18. Jahrhunderts), Ein großer Thürvorhang mit Blumen- ornament is in Gobelinwirkerei hergestellt. Ein Oberlichtgitter aus Schmiedeeisen (Süddeutshland um 1700) zeigt noch die alte Be- malung. Sn dem halbe: Zimmer sind \auh:noch Theile des.Getäfels und Fayencen belassen, die aus der Nachlaßstiftung des Profefsors Dr.

r. Leo herrühren. Einige Hauptstücke von den Neuerwerbungen find bereits n die Sammlung eingebaut. Täfelwerk aus' der' Zeit um 1780 ist ver- wendet, um dem herrlihen Mobiliar der Königin Marie Antoinette aus Versailles ‘einen twoürdigen, Hintergrund zu geben; die in Stein andbrunnens is im NRenaifsancesaal ein-

Die Autstallung bie für die Höhere Webeshule be- f aften Stoffsammlung Lihthof wird bis Mitte Februar zugänglich bleiben.

Das Comies der Ausstellung für oge ette Photo- graphie, Berlin 1899, welhe im Februar und März im Gebäude der Königlichen Akademie der Künste stattfinden wird, hat die offizielle Publikation der hervorragendsten Werke diefer Ausstellung der von Franz Goerke herausgegebenen „Kunst in der Photographie“ über- tragen. Der dritte Band dieser Publikation soll ein in sih abge- \hlossenes Prahtwerk bilden, das aus\chließlich jener Ausftellung ge- widmet sein wird. s

Land- und Forftwirthschaft.

Weizenernte Indiens im Jahre 1898/99.

Dem vön dem statistischen Bureau in Kalkutta unter dem 24, v. M. veröffentlihten ersten allgemeinen Bericht über die Aussichten der diesjährigen Weizenernte Indiens entnehmen wir Folgendes:

Die eingegangenen Berichte lauten im allgemeinen ziemlich günstig. öInfolge zu geringen A wird im Puanjab die Anbaufläche voraus- fihtlih um eine halbe Million Acker, d. i. 6 9/0, hinter ber vorjährigen zurückbleiben. Jn den Nordwest-Provinzen und Oudh erwartet man, daß die Anbaufläche um 10 %% größer sein wird als im Dur@hschnitt. Die Aussichten sind dort gut, aber viel hängt von dem rechtzeitigen Eintritt der Winterregen ab. In Sind stehen die Saaten gut, aber die Anbauflähe wird ih infolge zu geringer Uebershwemmungen be- deutend verkleinern. In der Präsidentschaft Bombay sind die Aussichten verschieden: die Anbauflähe wird in Gujarat vorautsicht- lih den Durchschnitt erreichen, aber in Deccaa und Karnatak bedeutend dahinter zurückbleiben. Der Stand der Saaten ist zwischen befriedigend und gut. In Ahmednagar und dem südlichen Deccaa iît Regen dringend nothwendig. In Berar wird sih die Anbaufläche bedeutend größer stellen als im Vorjahre, jedo, wenn niht Regen eintritt, der sehr erwünscht- ist, wird das Ergebniß 50 9/9 einer Mittelernte niht über- tceffen. Jn den nördlihen und östlichen Distrikten der Zentral-

* Provinzen hat die Anbaufläche zugenommen, und der Stand der Saaten

ist dort im allgemeinen gut. Im füdlichen Theil der Zentral- Uen wo Regen fehlt, läßt der Stand der Saaten zu wünschen Übrig.

Gesundheit8wesen, Thierkraukheiten und Absperrungs8- Maßregeln.

Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ist dem Kaiserlichen Gesundheitsamt am 20. Januar gemeldet worden vom Viehhofe zu Berlin, und zwar unter einem Bestande von Ueber- stands-Rindern des Marktes von Sonnabend, den 14. Januar. Der Bestand, welcher mit frisch aufgetriebenem Marktvieh noch nit in Berührung gekommen ist, wurde zur Abshlahtung nah dem Seuchen- hofe gebraht und die Desinfektion in Angriff genommen. Auch vom Sthlachtviebhofe zu München if} geftern der Ausbruch der Maul- und Klauenseucche gemeldet worden.

Ftalien.

Zufolge Verordnung des Königlich italienischen Ministeriums des VFanern vom 4. d. M. finden die in der Verordnung vom 1. Dezember 1895 vorgesehenen seefanttätspolizeilihen Maßregeln bezüglih der Ein- fuhr von zum Handel bestimmten Lumpen, gebrauhten Kieidungs- tüden und Bettgegenständen au auf Herkünfte aus Griechenland Anwendung. (Vergl. „R.-Anz.“ Nr. 38 vom 12. Februar 1896.)

Theater und Musik.

Konzerte.

Im Saale der Sing-Akademie begann Herr Dr. Ludwig Wüllner am Dienstag eine Reihe von vier „historisWen Schubert- Lieder-Abenden“, in welchen die Kompositionen des Meisters in chrono- logischer Folge geordnet, zum Vortrag gelangen sollen. Vernünftigerweise ist für die Anordnung nit das Datum des Entstehens der einzelnen Lieder maßgebend gewesen, sondern es sind die, Lieder einzelner Zeitabschnitte, wie fie sich einerseits künstlerish und andererseits den Kräften des Sängers entsprewend am besten zusammenfügen, aneinander gereiht worden. Der erste Abend umfaßte die Schaffenspeciode der Jahre 1814 bis 1817. Es war interessant zu beobachten, wie wenig bekannt die meisten dieser Gesänge im allgemeinen waren. Neben Liedern, welche es verdienten, öfter von den konzertierenden Sängern und Sängerinnen vorgetragen zu werden, als es bisher geschah, fanden sich auch Kom- positionen, die nur ein historishes Interesse beanspruhen konnten. Ein folhes Kuriosum bildete eine Komposition von Sthiller?8 Ballade „Die Bürgschaft“. Ueber Herrn Wüllner’'s Vortragsart ist Neues nicht zu sagen, er hält sch, wie früher, mehr an die Deklamation als an den Gesang, den er zeitweilig übe: - haupt nur andeutet. Gerade für die Wiedergabe der „Bürgschaft“ war dieser Stil allerdings besonders geeignet, und es dürfte wenige Säager geben, welhe just dieses Produkt eines bizarren Einfalls des Komponisien so vorzutragen im stande wären. Das mitunter recht \{Gwierige Klavierspiel führte Herr Professor Dr. Reimann, der ständige Begleiter Wüllner?s, vortrefflich aus. In dem fast bis auf den leßten Plat gefüllten Beethoven-Saal zeigte am Dienstag Herr Eugen d’'Albert ina einem Klavier-Abend wieder seine Meisterschaft, die sich immer mehr der Virtuosität ab- und einem geflärten , den rein musikalishen Gehalt der Kompositionen ohne

‘Sucht nach Effekt zum Ausdruck bringenden Vortrage zuwendet.

Seine Wiedergabe der von ihm selbft bearbeiteten D-dur Orgel-Fuge von J. S. Ba und der Beethoven'shen Sonate op. 81 („Les Adieux“ x.) bot dafür das s{chönfte Zeugniß. Auch der leider so häufig ganz versfändnißlos gespielte „Carneval“ von Schumann erhielt durch den klaren, geistvolen Vortrag einen für viele Hörer ganz neuen" Reiz. Von den vier eigenen kleinen Kompositionen (,Klavierstücke“, op. 16) gefielen am meisten das Intermezzo und das reizvolle, aber technisch sehr {chwierige Scherzo. Der Liszt'schen „Mazeppa“- Etüde, mit welcher der Pianist zum Schluß den Beweis lieferte, daß er es auch an Virtuosität noch immer wit den Größten seines Faches aufnimmt, folate ein so endloser Beifall, daß ih der Konzertgeber noch zu vier Zagaben bequemen mußte. Im Saal Bechstein konzectierten an demselben Abend die Damen Elise Aschner (Klavier) und Anna Eggers (Gesang). Den vortheilhafteren Eindruck machte die hier bereits bekannte Sängerin, welche über eine {öône Altstimme verfügt, die sie namentlich im Piano mit hoher Künstlershaft zu verwenden weiß. Die Klavierspielerin ist dagegen noch nicht reif für die Oeffentlichkeit.

Am Mittwoch: fand im Beethoven-Saal zur Feier des 2 jährigen Bestehens des Elsmann’schen Konser- vatoriums ein Konzert statt, welhes ein erfreulihes Zeichen von dem kunstverftändigen Bestreben dieses Instituts gab und mit Schubert?'s E L IERA eröffnei wurde. Dieselbe wurde, und zwar nur der erste und {önse Saß des Werks, von zwei Elevinnen für zwei Klaviere mit Begleitung des Orchesters der Anstalt recht geshickt ausgeführt. Eine andere Schülerin trug die beiden leßten Säße des Mendelssohn’shen Klavierkonzerts in G-moll vor und bewies gleichfalls tehnishe Sicherheit und verständnißvolle Aufasng, die später E in zwei Piècen von Chopin und Liszt jur Geltung kam. Auch die Gesangschülerinnen ernteten lebhaften Beifall für den Vortrag von Gesängen Donizetti’'s und Stange's. Die Violinklasse war : durch einen noch sehr jungen Zögling Professor Elsmann's, welcher Werke won Mendelssohn und Vieuxtemps aner- kennenswerth vortrug, vertreten. Das Or@hester zählte etwa 30 Mit- glieder, die in der Zusammenwirkung mit den bereits Genannten ftets ihre Pflicht thaten; ein gleihes Lob gebührt au dem Chor für die gena des Finales aus „Loreley" von Mendelssohn. Der Direktor des Konservatoriums leitete das Ganze mit Geschicklich- keit und Energie. Ebenfalls am Mittwoch ließ sich die hier niht mehr unbekannte Sängerin Frau Magda von Dulong in einem Lieder-Abend im Saale der Sing-Akademie hören, Ihre gut

geschulte Stimme is wohlklingend und koloraturaewandt, wenn au niht sehr kräftig. Unter den 18 vorgetragenen Liedern sind vorzugs- weise die von Thomas und Franz hervorzuheben, welhe der Sängerin von seiten des sehr zahlreih ershienenen Publikums lebhaften und wohlverdienten Beifall eintruaen.

Das zweite dieswinterliß2 Konzert des Philharmonischen

Chors, das am Donnerstag stattfand, hatte wegen des im Programm

versprochenen neuesten und, wie er es selbft bezeihnet, leßten Werks Giuseppe Verdi's, der quattro pezzi sacri für Solostimmen, DoppelŸor uad Orchester die Erwartungen besonders rege gemaŸht. Diese wurden denn au niht getäuscht; L zeigen den greisen 8öjährigen Meister in uageschwähter Schaffenskraft und sind bei aller Verschiedenartigkeit des Inhalts und ‘der For von gleich überrashender Erfindung in Melodie und Harmoni- fierung wie reifer fünftlerischer DurWbildung aller Einzelheiten. Das erste der „vier heiligen Stüdcke“, die sämmtlich aus Anlaß des vor eiwa 17 Fahren erfolgten Todes der Gattin Verdi?’s entstanden, ist ein „Ave Maria“ für vier Solostimmen (zwei weiblihe und zwei männliche) ohne Begleitung : ein äußerst kunstvolles, aus harmonischen Variationen über ein s\falaartig auf- und absteigendes Thema gebildetes TLongewebe, dessen intime Feinheiten allerdings dem Ohre bei vollkommenerer Ausführung, als sie hier geboten wurde und die darin enthaltenen großen Schwierigkeiten sie auch erheischen, befser zur Geltung kommen dürften. Gleifalls für vier Solo- (Frauen-) Stimmen obne Begleitung geschrieben if das dritte Stü „Laudi alla vergine“ (Text aus dem leßten Gesange des „Paradiso“ von Dante). Es ist von weit \{lihterer Durch- führung, fand aber mit seiner milden, verklärten Stimmung bei ganz vorzüglicher Wiedergabe eine enthbusiastishe Aufnahme. Die beiden anderen Stüde „Stabat mater“ und „Tedeum“ boten dem Komvonisten Gelegenheit, seine Kunst im Chorsay und der

Orchesterbehandlung zu entfalten. Von coxutrapunktisher Strenge bält-

sich diefelbe gänzlih fern und bringt dafür die moderne barmonisch- modulatorische Art und eine farbenreihze Orchestermalerei zur Anwendung. Diese begleitet namentli den Text des Stabat mater in wirkungsvoller Weise. Die großartigste Anlage zeigt das Tedeum, welches für zwet Ch3re zu je vier Stimmen oder eigentlih je aht Stimmen, da alle nohmals getheilt find, und Orchester geschrieben is. Die Wirkung ist in diesem Werke, mehr als bei den anderen, eine theatralisGe, und es erinnert deshalb auch am meisten an das als unkir@lich angefohtene Requiem. Die Aus- führung der Stücke war, zumal in Anbetracht der gewaltigen Schwierigkeiten, in jeder Beziehung lobenswerth und die Aufnahme eine für den Fleiß und das Streben des Chors und seines unermüd- lihen Dirigenten Herrn Siegfried Ochs verdienterweise ehrenvolle. Die Solostücke wurden von den Damen Frau Jeannette Grum- bacher - de Jong und Fräulein Bertha Jahr (Sopran), Fräulein Helenc Jordan und Fräulein Anna Martus (Alt) sowie den Herren Heinrich Grahl e und Franz Seebach (Baß) gesungen. Den „heiligen Stücken“ des italienishen Maestro gingen drei {on bekannte Werke eines deutschen Meisters voran: das „S{hicksalslied“, für Chor und Orchester, die „vier ernsten Besänge“ und die „Gesänge für Frauenhor mit Begleitung von Hörnern und Harfe“ von Johannes Brahms. Die „vier ernsten Gesänge“, das leßte, von Todesahnungen erfüllte Werk des Verblichenen, wurden von dem treflihen Bassisten Herrn Dr. & elix Kraus mit tief ergreifender Wirkung vorgetragen. Begleiter am Klavier war Herr Dr. Georg Goehler. Auch das Séidsalolied, das von früher her bereits als“ eine der besten Darbietuncen des Philharmonishen Chors bekannt ift, und die Gesänge für rauenchor (bei denen die Harfen- begleitung vervierfaht war) wurden mit feinster dynamischer Schattie- rung und auch im übrigen sehr beifallswerth ausgeführt. Im Beethoven-Saal konzertierte ebenfalls am Donnerstag die Sängerin Fräulein Jda Ekman, eine mit hoher, gut geshulter Stimme begabte Sopranistin, welhe namentlich im Liedervortrag Gutes leistet. Die Wiedergabe der Arie „Jhr Götter ew’ger Nacht“ aus „Alcefte“ von Gluck litt dagegen unter einem Mangel an dem rechten Stilgefühl,

Der Chor der Sing-Akademie brachte gestern das Ocatorium „Christus“ von L Kiel, dem verstorbenen Lehrer für Theorie an der Königlichen Hochschule, zur Aufführung, von dem auch zwei Requiems, mehrere Werke für Kammermusik und zablreihe Klavierstücke weitere Verbreitung gefunden haben, Der erste Theil des Oratoriums, der Christi Cinzug in Jerusalem schildert, enthält Chöre, die theils in homophoner Gestaltung, wie das wundervolle „Hosianna“ und „unser Reigen ist in Webklagen verkebret“, theils in freterer Polyphonie andachtsvoll das Gemüth des Zuhörers ergreifen, Im zweiten Abschnitt des Werkes: „Christi Abendmahl mit teinen Jüngern“ find der s{chöne Frauenchor „Siehe, ich stehe vor der Thür“, der Männerhor „Petrus und die anderen Jünger“ und der mit größter Lebendigkeit auftretende Chor des Volkes: „Er ist des Todes \chuldig !“ von besonders fesselnder Wirkung. Die dritte Abtheilung, „Christus vor Pilato“* betitelt, wird von den Blechinstrumenten wirk- fam eingeleitet und {ildert zunächst die Unterredung beider in meist rezitativisher Form, bis das Volk seinen Ruf: „Kreuzige ihn!" ertönen läßt, der in fugierter Form gehalten ist. Die blinde Volkswuth wird noch in gesteigerter Heftigkeit dur zwei weitere ergreifende Chorsäte geschildert. Eine sanfte, beruhigende Stimmung erweckt dagegen der shöne, melodiös gehaltene Chor: „Siehe, das ift Gottes Lamm !“ Dzn SWluß des ganzen, der Erbauung dienenden Werkes dildet der Choral : „Mein Jesus stirbt, die Felsen beben“ mit der Schluß-Fuge auf die Worte: „Wer wird den Tag seiner Zukunft erieiden mögen!“ Der Chor und das Philharmonishe Orchester „standen, unter Professor Blumner's energisher Führung, wie immer ganz auf der Höhe threr Aufgabe. Gleiche Anerkennung gebührt auch den Solisten : den Damen Emmy Haberlandt und Anna Stephan, den Herren Kammersänger Dierich, vanEweyk und Rolle, fowie dem Organisten Herrn Musikdirektor Kawerau. Ebenfalls gestern fand im Saal Bechstein ein Konzert der Pianistia Fräulein Kara Chattelyn aus Paris statt. Sie spielte zunähst in Gemeinschaft mit dem Geiger Herrn Karl Wendl ing die Sonate in A-dur für Klavier und Violine (op. 100) von Brahms und eine Reibe von Solostücken

_desfelben Komponisten, sowie von Bach, Beethoven, Nameau, Chopin

und Schumann. Das Spiel der Künstlerin ist recht angenehm uad musikalisch, erschien aber wegen der mangelnden Kraft besser für den Salon als für den Konzertsaal geeignet.

Im Königliheu Opernhause geht morgen Richard Gn ner’'s Oper „Der fliegende Holländer“ in der üblichen Beseßung n Scene.

Im Königlihen Schauspielhause wird morgen, zu Feilinge Geburtstag, „Minna von Barnhelm“ mit Frau Niemann-

aabe als Gast in der Rolle der Franzisca gegeben.

Das Deutsche Theater bringt in der nähsten Woche Wieder- holungen des neuen dramatischen Gedichts „Die drei Reiherfedern" von Hermann Sudermann außer morgen Abend noch am Montag, Mittwoch, Freitag und nächstfolgenden Sonntag Abend; Aufführungen von „Fuhrmann Henschel“ finden am Dienstag und Sonnabend statt; am p-bnnettag ars e Surano von Bergerac" mit Josef Kainz in ‘der Titelrolle in Scene. 18 Nachhmiitagsvorstellung ist für morgen „Die HENIANNUE Glodcke“, für nächstfolgenden Sonntag „Johannes“ angeseßt.

N Dn Berliner Theater geht morgen, am Dienstag, Donnerstag und nähsten Sonntag „Familie Vensen“ in Scene. Am Mittwoch und Sonnabend wird „Zaza“, am Montag „Der Pfarrer von Kirhfeld", am Freitag (Gebnrtstageleler Seiner Majestät des Kaisers) „König Heinrich" gegeben. Morgen Nahmittag wird „Don Carlos", nähsten Sonntag Nächmittag „Das Erbe" aufgeführt. Die Erstaufführung von E. von Wildenbruh?!s Tragödie „Gewitternacht“ i} für den 31. Januar, Wiederholungen derselben find für den 1. und 2. Februar angefeßt. Vormerkungen für diese drei Vorstellungen werden bereits an der Kafse entgegengenommen.

Sm Schiller-Theater wird morgen Nachmittag das Anzen- gruber’s{e Volksstück „Das vierte Gebot", Aben „Ehrliche Arbeit" gegeben. Am Montag wird der Schwa

die Gesangosse |

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