1899 / 31 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 04 Feb 1899 18:00:01 GMT) scan diff

Vize-Präsident Schmidt - Elberfeld : Jch bitte, meine Worte nicht zu kritisieren. :

Staatssekretär des Reichs-Postamts von Podbielski:

Auf die Schlußapostrophe des Herrn Abg. Singer einzugehen, ift mir leider unmögli; ih bin: nicht berechtigt noh berufen, eine Kritik an diese Worte zu legen. Ich kann fie nur zurückweisen; eine Kritik daran zu [egen is unmögli.

Um nun zunächst auf die beiden geringfügigen Sachen einzugehen fe kamen ja auch zum S{chluß —, fo muß ich sagen: es war der Herr Abg. Singer, glaube ih, fein günstiger Anwalt für die Vere, tretung der Sache. (Lebhafte Zustimmung.)

Wie die Verhältnisse liegen, darf ich kurz anführen. Der be- treffende Beamte hatte \sih meines Erachtens cines Vergehens s{uldig gemahi, wodurch ex die Athtung, die seine Stellung als Beamter erfordert, ershüttert hat. (Sehr rihtig! reis.) Nachdem hatte ih die Verpflichtung, den betreffenden Beamten, da er unkündbar angestellt war, vor die Disziplinarkammer zu stellen. Das ift geschehen. Die Disziplinarkammer hat gesprochen, gegen das Uribeil ift aypelliert worden, und fo werden wir im Laufe dieser Session wohl noch hören, wie der Disziplinarbof in der Sache ent- schieden hat. Aber darüber dürfen die Herren Sozialdemokraten nit im Zweifel scin: Digsziplinarhof und Disziplinarkammer haben durchweg in der einen Richtung erkannt: ein Beamter darf feine sozialdemokratischen Gefinnungen dokumentieren! {(Lebhaftes Bravo! rechis Heiterkeit und Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Gewiß, Herr Liebknecht, lesen Sie die Gesche und Entscheidungen, da werden Sie finden, wie die Sachen stehen!

Der zweite Fall, Ruppin da spra der Herr Abgeordnete von- „Hochmuth der Verwaltung“. Meine Herren, die Verwaltung, wenn sie ein Lokal für die Unterbringung des Postamts miethet, stellt gewifie Bedingungen, und zwar im Interesse der Verwaltung und des Verkehrs. Dazu gehört auch eine gewisse Sicherheit für die gesammten Werthe, welche in einem folhen Amt während der Nacht niedergelegt sind. Es ist ganz zweifellos und hat mit Hochmuth nichts zu thun, daß man es nicht als wünschenëwerih bezeiwnen kann, daß an einem Orte, wo staatliche Gelder liegen, unfontroliert Persönlichkeiten Unterschlupf finden. (Sehr rictig! rets.) Der betreffende Beamte hat sich nicht um überflüfsige Sachen bekümmeit: es war seine Pflicht, naGzusehen, ob im Hause noch andere Persönlichkeiten untergebraht waren. Es ift eigenthümlich, das in der \ozialdemokratischen Prefse als ein Vorgehen gegen arme Arbeiterfamilien binzustellen. In Wirklichkeit war das eine vêllig barmlose Sache. Vier Wochen vorher war es in Köln vassiert, daß si in einem Postamt eine öfentlihe Dirne ein- genistet hatte. Wir müssen in solchen Fällen gegen die Hausbesißer vorgehen; denn Sie würden mih anflagen, wenn ich derartiges zu- ließe! (Sebr richtig!)

Hier is nicht von Hohmuth die Rede, sondern einfa von Wahrung der dienstlihen Ordnung im Gebäude. Also cs lag wirklich kein Grund vor, die Sache aufzubauschen und bier von Hochmuth zu reden; es ist ledigli nach den Vorschriften gehandelt

worden, und ich fann niht zugeben, daß man au nur den geringsten Vorwurf gegen die Ober-Postdirektion in Potsdam aus diesem Anlaß ritet. (Bravo! rechts.)

Nun möchte ich noch eine Sache erledigen, ehe ih auf den aroßen Angriff des Herrn Abg. Singer eingehe : das betrifft seine erften Ausführungen über das Urtbeil des Reichgerichts wegen der Entschädigungen an die Militäranwärter der Rei8-Postverwaltung. Meine Herren, es wird bei der Sache immer vergessen und ifi neu- li {on von mir în der Budgetkommission hervorgehoben worden: wir bätten garniht so viele Militäranwärter annehmen dürfen, wenn die Bestimmung, um die es sih bier handelt, {on damals die jeßige Ausleguna gefunden hätte ; danach turfte die Verwaltung nur \o viele Anwärter annehmen, als thatsächlich Stellen frei waren. Man hat aber geglaubt, den Militäranwärtern durch frühzeitigere Annabme helfen ¿u sollen, und jeßt iff die Sa%e durch das Erkenntniß * des Reichsgerihts gegen die Verwaltung ausgeschlagen. Der Herr Abg. Singer verwehseltï hier ctwas den JInstanzenzug. Ih habe neulich in der Budgetkommission nur gesagt: Ih bin nid berechtigt, ohne anderweite Anweisungen über Mittel des Staats einseitig zu verfügen. (Hört, bört! rets.) Wenn ih das ihäâte, so würde mir der Rechnungshof auf die Finger klopfen. Und so liegt die Sache au heute noch. Sie selbs würden mi verklagen, wenn ih eine Zablung machen wollte, obne dazu legitimiert zu sein. Um diese Legitimierung handelt es si. Ich babe erflärct, es Tiegt bier eine Ungleichmäßigkeit für die Betreffenden vor, weil in einzelnen Landestheilen Deutshlands das Ver- jährungsreht gilt, in anderen nit. Der Staat muß aber ‘in gewisser Beziehung doch mit dem Verjährungsrecht renen, denn, denken Sie sich einmal, es würde eine solhe Ent- scheidung, wie die hier vorliegende, auf ein größeres Gebiet ausgespielt. Schon diese Verurtheilung der Reichs-Postverwaltung wegen unreŸhter Annahme von Militäranwärtern kostet dem Deutschen Reich 1 §00 090 (4 Das sind doch Summen, die das Budget unter Um- ständen erschüttern könnten, und da kann ih nit einsehen, wie man der Reichs- Postverwaltung aus ihrem Verhalten, wenn ich so sagen soll, einen Strick fkonstruieren will; wir haben lediglih auf Grund der bestebenden Geseßze gehandelt. Wie gesagt, wir können zunächst, da das Verjährungsrecht gilt, nihts weiter an- erkennen. Wir erkennen die Biligkeit an und haben die Sache ein- geleitet; aber nicht den Neihs-Rechnungéhof habe ih zu fragen, ob ih zahlen foll, sondern die Ermächtigung zur Zahlung zu geben liegt bei der Reichs-Finanzverwaltung, beim Reichs-Schaßamt. Der Neis8- NRechnungêhof würde vielleiht cine solhe Anfrage meizerseits eigen- thümlich finden.

Nun komme ih auf den Gesammtangriff des Herrn Abg. Singer ¡urück. Es werden fih ja Alle daran erinnern, daß ih, als Seine Majestät mih auf diese Stelle berufen hatte, in kurzer und bündiger Form mein Amt übernommen habe, ohne Zusäße. Warum? Weil i eben der Ueberzeugung war, man soll erft rubig beobachten und sehen, daun flar und deutli seine Stellung nehmen. Dann wissen alle Untergebenen und Betheiligten, was der Mann will. Fh habe « im Leben immer gesehen, daß nur der Mann etwas vor fich bringen fann, von dem man weiß, was er will (Bravo!), und daß andere Leute nur aus Sorge zurückshrecken vor diesem oder jenem, und da möchte ih dem Herrn Abg. Singer sagen i glaube, er gebrauchte cin folhes Wort von „blöder Furcht“ meine Herren, davon seien Sie überzeugt, ih werde niht eine Stunde oder cine Minute eiwa zurückschrecken, eine Maßregel, die

ich für rihtig erahte, durchzuführen, ob der hohe Reichstag hier versammelt -ist oder nicht. Blöde Furcht, die etwa meine Ent- schließungen leiten oder beeinflussen sollte, ist thatsählich niht vor- banden (Bravo!), und ih muß da dem Herrn Abg. Singer dankend

anerkennen, daß er wenigstens gesagt hat, ih habe klar und deutli% und .

ofen vor aller Welt gesagt, was ich denke (sehr gut ! rets), und da kann ih absolut von meinen damaligen Erklärungen nicht zurück, daß ein Mann von sozialdemokratischen Gefinnungen Kaiserlich deutscher Reichsbeamter und infonderheit Kaiserlich deutscher Reichs-Postbeamter sein kann. (Lebhaftes Bravo!) Sieht ein Beamter, der den Bestrebungen der Sozialdemokratie huldigt, nicht selbs, daß er sich in Wider- spruch seßt mit dem von ibm geleisteten Diensteid, so er- ahte ih es als meine vornehmste und erste Pflicht, einen solhen Beamten unbedingt aus den Reiben der Reichz- Postbeamten zu entfernen. (Bravo!) Welchen Weg ih dabei gehe, richtet sih nah dem Geseß. Sind es dauernd angestellte Beamte, so find sie dem Disziplinargericht zu überweisen ; sind es andere Beamte, denen zu kündigen i, fo habe ih darüber zu befinden: und das möhte id Ihnen immer wieder fagen, glauben Sie doch wahrlich nit, daß es so leiht ist, und daß der Ents{luß eine Bagatelle ist, wie wenn man eine Zigarre in die Höhe wirft, einen Beamten, namentlich wenn er längere Zeit im Dienste gewesen ist, aus seiner Stellung zu entfernen, sofern er noch brauchbar ist. Fch glaube, jeder, der noch ein bis{en mens{chliches Gefühl hat (Zu- ruf links), muß doch sehr eingehend prüfen, ob die Sage es erheischt fo tief einzugreifen in ein Leben, oder nit (lebhaftes Bravo), und wahrlich, die Verantwortlichkeit ist keine leichte, im Gegentheil eine chwere, Ater das eine habe ih, vielleiht zum Unterschiede gegen frühere Zeiten, immer g-than, daß das, was geschieht, ih lieber mit meiner Person decke, als daß ih es den unteren Behörden überlasse, die auth berehtigt sind, einen Briefträger zu entlaffen oder einen Assistenten, dem noch gekündigt werben kann dur die Ober-Postdirektion. Lieber greife ich mit meiner Person ein und trage die volle Verantwortlich- keit selber. (Bravo! reis.) Nur aus dieser Erwägung heraus kann meines Ercchtens auch in der Beamtenschaft das Gefübl fi entwideln, daß sie sich sagt: der Mann trägt die Verantwortung, er ift aber, wenn er au vielleit einmal streng ist, auch bemüht gerecht zu sein in jeder Richtung (Lebbaftes Bravo! rechts), und aus diesem Gefühl heraus muß ich und kann ich nur eine so große Beamten- Förvershaft leiten und dirigieren. (Lebhaftes Bravo! rechts.) Es handelt s hier niht, wie Sie felbst wissen, um Tausend und Zehntausend, sondern um bald 200 000 Beamte einshließlich der Hilfsboten und was alles dazu gehört. Ein so großer Beamtenkörper muß mit großer Vorsicht, aber auch mit un- bedingt fester Hand behandelt werden, und gerade Sie bei den Sozialdemokraten werden ja auch dasselbe empfiaden: je größer die Massen werden, die Ihren Lockungen folgen, um so fester müfsen Sie die Organisationen hafen, jonst fallen sie Ihnen aus einander. (Sebr wahr! rechts und Widerspruch bci den Sozialdemokraten.) Ja, meine Herren, fo liegt es im Leben. Sie würden mih alle unendlih bewerfen und bekritteln, wenn ih etwa hier vor Ihnen ersheine und sagen müßte: der Postbetrieb ift auf einige Tage ein- gestellt. Meine Herren, daß ih nicht alle die Briefe aus- tragen kann, das if wohl flar. (Große Heiterkeit.) Ich muß doch unbedingt dafür forgen, daß jeder Beamte an der Stelle, wo er steht, feinen Dienst thut, und diesen thut er niht etwa mir zu Gefallen, sondern er ist Beamter der Reis-Postverwaltung, die der Allgemeinheit dient. Also er thut ihn ebenso gut für Herrn Singer wie für irgend einen Anderen hier im Hause.

Nun, meine Herren, muß ih daran festhalten, daß unbedingte Klarbeit darüber bestebt, wer der Herr im Haufe ift. (Sehr richtig! rechts und Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Gewiß, meine Herren, da kommen wir auf diesem Punkt zusammen. Sie baben gesagt, und das gebe ih vollständig zu, daß zur Zeit in der Reits-Post- verwaltung von sozialdemokcatischen Nelleitäten keine Rede ift. (Zurufe.) Dies war au vorher niht! Das ift aber nicht blöde Furcht, sondern, meine Herren, ih hoffe, die ehrliche Ueberzeugung einfacher, ruhiger Beamten. (Bravo! rets.)

Nun ift es eben das Moment, welches ich immer wieder vor- führen muß: ih habe mit den Sozialdemokraten thatsählich wenig zu thun. Sie würden mir ja, wenn Sie es könnten, mehr Fälle vor- führen, wenngleih Sie gesagt haben, Sie hâtten ein größeres Register vorräthig. Soweit mir nämlich bekannt, ist noch eia Fall der Entlaffung wegen fozialdeenokratisher Gesinnung außer H-mburg vorgekommen. Damit habe ih also nichts zu thun, sondern nur mit den Früchten, die Sie leidzr hervorbringen. Meine Herren, ih will, weil ich keine politishe Verwaltung führe nicht auf andere Gebiete greifen; aber das ist zweifellos, daß die Untergrabung der Autorität stattfindet, niht des blôden Köhler- glaubens, daß man eia besonderer Heiliger ist, aber der Gizordnung in ein so großes Getriebe, wo jeder ein Rädchen ist, das sich mit drehen muß, wenn sich die anderen drehen sollen. Meine Herren,, ich bin nicht in ter Laze, einen Beamten dulden zu können, wie es vielleiht in einem Geschäft ge- schehen fann, der bei sih denkt, ich kann 10 Minuten nach 8 Uhr auch noch kommen. Da würden die Betreffenden alle beim Postamt erscheinen und sih beschweren, werin sie ihre Briefe 4 Stunde zu spät bekommen. Und, meine Herren, in Ihrem Zukunsftéstaat möchte ih einmal sehen, wie das wird, wo viellciht die Betheiligung noch zweifelhaft-r is. (Sehr wahr! rechts.) Also ih muß darauf halten, daß der Beamte thatsächlih auf die Minute seinen Dienst thut.

Nun, meine Herren, ein eigenthümliches Bild: im vorigen Jahre griffen Sie mich sehr an reip. meinen Vorgänger, der das Briefgeheimniß bätte verlegen lassen. Ih habe mit allen Mitteln versucht zu beweisen, daß das eine thatsählihe Unmöglichkeit wäre. Aber, um Sie darüber zu pergewissern, habe ih auÿ dafür meine Person eingeseßt; ih set? sie immer wieder ein, ih hafte dafür. Ja Sie könaen auftreten und mit Fingern auf mi zeigen, wenn ih einer solhen Haftung nicht in vollem aße geceht werde. Aber da zeigt sich gleich das eigenthümliche Bild: man sieht es und ih bekomme öfters solhe Sachen son als etwas ganz besonderes an, wenn vielleicht von einem Briefkuvert oben ein Stückchen abgerifsen ist; dann siad {hon Gemüther da, die glauben, die Post hat darin herumgeroen. (Heiterkeit.) Gewiß, glauben Sie mir das, ih kann Ihnen Duyende von Briefen zeigen, die das beweisen. Also, das wesentliche ift, die Postverwaltung braucht in ihrem Betrieb Vertrauen. Wenn nun aber Beamte da sind, die sih vertrauensunwürdig zeigen, d. h. die sih

beeinflufsen lassen von Dritten, von Agitatoren, so handelt es sich lediglich um die Frage, wo führt das hin, wenn dritte Personen, in den Betrieb der Postverwaltung eingreifen? Das muß ih toh unbedingt zurückweisen, daß irgend ein Dritter sh in die Verwaltung einmisht. (Sehr richtig! rechts und in der Mitte.) Das ift eben der Punkt z. B. in dem einfahen Fall in Saalfeld. Um was handelt es sich? Nicht um eine geheimnißvolle Sache, sondern einfah um den Dienststundenplan. Der hängt allgemein aus, und ih babe garnichts dagegen, daß jemand tenfelben veröffentlicht. Ich habe uichts Geheimes. Der Unterschied liegt nur darin, hier war von anderer Seite gebeten, verschafft mir einmal die Sahe. Entgegen meiner Absißt, entgegen den Bestimmungen der Ober-Postdirektion hatte das Poftamt in Saalfeld den Dienststundenplan geändert, und die Beamten waren, wie zu meiner Kenntniß gekommen ift, zweifellos überlaftet. Die Leute konnten fi wahrlich besdhweren; es ift noch nie vorgekommen, daß ih auf eine Beschwerde niht geantwortet hätte, im Gegentheil, ih bätte sofort dahinter gegriffen. Da kam ein anderer Direktor, der wollte die Sache leiten, und da habe ih einfah die Antwori gegeben; wenn andere Leute die Herren in Saalfeld sein wollen, fo ftelle ich ihnen die bezüglichen Kräfte zur Verfügung.

So liegt es aub mit dem bekannten Briefträger Smidt. Ih glaube, Herr Singer hat ihn garniht einmal erwähnt. Es ist ganz amüsant, wie weit wir hon heutzutage find, wie weit fich Neben- verwaltungen organisieren und ih glaube, daß, ‘wenn ih das vorlese, ih sogar noch vom Abg. Singer cin Lob bekomme. Da schreibt der Verbandsvorsißende des Verbandes der Unterbeamten an die Ober- Postdirektion in Braunschweig; es heißt hier :

Fch würde also die Vereine ruhig gewähren lassen, fo länge fie den Dienstbetriev nicht ftören.

Wean nun in der Postverwaltung die so - nöthige Disziplin auc in den höheren Stellen herrshte, wie in den untersten, dann würde der Verband mit seinen Wohlfahrtsbestrebungen unbehindert seine geseßlich vorgeshriebene Bahn wandeln können, wie in Berlin und noch 22 Ober-Postdirektionsbezirken im Reiche, nur 5 Bezirke eins(ließlich Braunschweig, haben ih bisher widerrechtlich in die Organisation des Verbandes eingemis{t. 13 Bezirke find roh “nit angeschlofjen.

Fn der Vernehmungssache des Postschaffners Schmidt beim Telegraphenamt in Braunsweig erklärt der Herr Posftkassierer Herding jedem Postunterbeamten, der es bhôren will: daß freilich das Reihs-Posiamt dem Verbande die Genehmigung ertheilt habe, jedo nur, um keine Scherereien im Reichstage zu haben, den Post- ämtern sei aber vom Reihs-Postamt eine Anweisung zugegangen, Vereinigungen und den Verband nach Möglichkeit zu verhindern.

So liegt der Fall. Ich stelle die Akten jederzeit zur Verfügung. Es haben jedenfalls sehr viel Leute aufgepaßt, ob fo ein Ting herausgefommen ist, es liegt auch nichts bei mir im Schraok. Nun weiter :

Der Kaiserlihen Ober-Posidirektion bestreite ih ganz ent- schieden, daß ihre Organe richtig instruiert find, auh das Recht, die Unterbeamten an den Eintritt zum Verbande zu bindern, hier- dur seßt hochdieselbe für diesen Theil der Staatébürger das be- regte Vereinsgefeß außer Kraft und verfolgt Hiermit fozialdemo- kratishe Bestrebungen, denn die vaterlandslofen Menschen wollen au nichis weiter, als die bestehenden Gesetze außer Kraft seßen.

Nun gehts weiter : Obgleich der Fall des Postshaffners Schmidt durhaus nicht Ver- bandsfache ist, sondern erft dur die Erklärung des Herrn Post- fassierers mit dem Verbande verquickt worden ist, werde ih

alfo der Verbandevorsigende, ein außer Dienst befindlicher Post-

beamter an der Höhe der Bestrafung des 2. Schmidt ermessen, welchen Rechtsweg ih beschreiten muß, um die bestehenden Gefeze au für die Postunterbeamten in Kraft zu erhalten.

Fch habe sofort, wie ih den Brief bekam, telegraphiert: Ih stelle den Postschaffner Schmidt dem Postpyackmeister a. D. Allert zur Verfügung; der Mann (Allert) hat den Einfluß. Also das ift die cinfahe legale Antwort auf alle diese Sachen. Die Hzrren.* haben sich nicht in das Getriebe der Post, die garnihts mit der Politik zu thun hat, hineinzumishen. Wir wollen unseren Dienst thun, wollen aber nicht, daß dur irgend welche Vexationen und Eingriffe \ch{ließlich und lehtlich unfer ganze Dienstbetrieb in Frage gest:llt wird.

Fch will nunmehr auf den „Postboten“ eingehen. Ich glaube, dem Herrn Abg. Singer ift in erster Linie ein kleines Unglück passiert. Er hat gesagt, der „Postbote“ wäre das Organ bec Poftunter- beamten. Ich lese ihm den Bericht über den am 4. und 5. Juni 1898 stattgefundenen ersten Verbandêtag vor:

Der Antrag des Bezirksvereins Berlin: „den „Deutschen Post- boten“ als Verbandsorgan anzuerkennen“, wurde den Anregungen Allert’s gemäß abgelehnt.

Ich konfstatiere also ausdrücklih, daß es fi niht um ein Ver- bandsorgan handelt. Ih stelle dem Herrn Abg. Singer alles zur Verfügung, und er wird vielleiht morgen Gelegenheit haben zu erklären, daß thatsählich diese Zeitung niemals Verbandsorgan gewesen ist, daß im Gegentheil die Unterbeamten fie stets als Ver- bandsorgan abgelehnt haben.

Nan, meine Herren, möhte ih ein kurzes Streisliht einmal auf die Presse werfen und Ihnen einmal vorführen, wie es so einem Staats-- sekretär im Dienste geht (Lachen links) und wie es mit der berühmten Presse beschaffen ift. Meines Erachtens müßte doch der Preßfreiheit gegenüber die Preßwahrheit und Preßehrlithkeit stehen. (Sehr gut! rehts.) Ich gebe ja zu, man kann eine Thatsache verschieden beurtheilen, und ih werde jederzeit dem Herrn Abg. Singer gewiß das Recht zugestehen, eine Handlung von mir anters aufzufassen wie ih, und fie zu fritisieren. Aber die Thatsachen fälshen ih darf den Ausdruck dafür ja nicht gebrauchen, aber id glaube doch, das ift ein eigen- thümlih Dina. Ich will hier einen Fall anführen, um ganz genau zu zeigen, daß ih persönlich allzin die Verantwortlihkeit trage. Ih befand mi auf einer Dienstreise nah München, als mi ein Brief erreichte, in dem mir mitgetheilt wurde, was in Hameln vorgegangen war.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 31.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

In diesem Brief ständ nicht das Geringste von Entlaffung oder Kündigung; im Gegentheil: die Ober-Postdirektion Hannover hat von Anfang an einen viel milderen Standpunkt eingenommen als ih. Ich habe nah reiflicher Prüfung noch während der Reise telegraphiert, ih habe nit erst meine Herren im Reichs-Postamt über die Sache befragen können, sondern ih hielt es für absolut nothwendig, bei diesem Vorkommniß gleich mit frischer und fester Hand einzugreifen; ih habe die Sachz telegraphisch gemacht und habe die volle Verantwortlihkeit (Bravo! rets, Lachen links), das war nit die Ober-Postdirektion, das war ih. (Lachen links.) Wie sah es nun wenige Tage darauf im „Vorwärts“ aus? Da stand darin:

Es wird uns mitgetheilt, - daß auf Veranlassung des Herrn von Podbieléeki neuerdings auch in Hildesheim und in Hannover einer großen Zahl von Unterbeamten gekündigt worden ist. Es handelt si in allen Fällen um Beamte, die noch nit fest ange- stellt waren und die der Theilnahme am Verbande der Post-Uater- beamten verdähtig sind. In dem einen Falle soll es sich um etwa ein Duyend, im anderen um circa 50 Beamte handeln.

Meine Herren, es ist sehr amüsant, wenn man es verfolgt. (Große Heiterkeit links.) Der „Vorwärts“ if ja vielleicht auch getäuscht worden. Das war am 2%. November. Aus den Tagen des 26., 27., 98. November empfehle ih Ihnen die Lektüre einer gewissen Berliner Presse, die einen eigenthümlichen Beigeshmack hat, über diesen Artikel im „Vorwärts“, wo die Betreffenden sih nicht entblôdeten, den Artikel ein bis{hen umzudrehen und als eigenes Fabrikat in die Welt binauszusezen. Ich nehme es dem „Vorwärts“ nit übel. Man kann ja in solch einer Zuschrift getäuscht werden. F wartete daher vierzehn Tage, ob eine Berichtigung käme, und dachte : die Herren werden sfi darauf besinnen. Es war mir und dem Reichs-Postamt nicht eine einzige Kündigung in Hannover und Hildesheim bekannt. Fch nahm an, die Herren würden wohl so anständig fein und aus eigener Entschießung eine Berichtigung eintreten lassen. Das ift nicht erfolgt, und ih muß sagen: es hat mi eigentlich gewundert, daß die Herren bei dem „Vorwärts*, die immer fo mit dem Brustton der Sittlichkeit in das Horn stcßen und die ta sagen, es solle kein Unrecht geschehen, das nit gethan haben. Sie hätten in erster Linie sie haben ja eine ganz gute Organisation die Vervflichtung gehabt, die Aus- kunft zu schaffen: jene Nachricht bestätigt fi nit! denn es wußte kein Mensch von der Sache. Ich bin sonst kein Freund von Berichtigungen, aber ih habe \hließli die Ober-Postdirektion anweisen müssen: bitte, zu berichtigen; uns ist nihts bekannt. (Zuruf links.) Ich muß die Herren um Verzeihung bitten, wenn ich manchmal vielleiht nicht ganz logish *) bin. Das mag tem Herrn Abg. Kopsch eigenthümlich er- scheinen, und er mag ja als Dozent die Sache schr gut machen. Aber in einer größeren Da!stellung ist es sehr wobl möglich, daß man das eine und andere, was man hat sagen wollen, zunächst außer Acht läßt (sehr rihtig! rechts) und dann eventuell auf einige Punkte zurück- fommen muß.

Der Herr Akg. Singer hat wegen Hameln gesagt, es müßten Spitel dagewesen sein, die mich von der Sache in Kenntniß geseßt haben. Meine Herren, die Sache is auf ganz trockenem Wege passiert, und sie brauht auch sonst nicht das Lich: des Tages zu sheuen. Die Sache kam zufällig heraus. Es ijt ein Packet mit 30 Exemplaren des „Deutschen Postbotea“ nach Hameln gekommen, und nicht cin höherer Beamter, sondern ein Unterbeamter war es, der das Paket vom Tisch fallen licß, sodaß es aufplaßte. So ist der einfache Hergang der Sache, und ih stelle Ihnen sogar die Vernehmung über diese Sache zur Verfügung, weil ih es unbedingt ablehnen muß, etwas mit Spigteln zu thun haben zu sollen. Wenn ih etwas wissen will, gehe i geradeaus auf den Mann zu und sage ihm meine Meinung ; ih habe mit Spigteln nichts zu thun. So liegt die Sache zunächst in der Presse wegen der vielen Entlafsungen, die thatsählih niht gewesen sind. Ein weiterer Beleg ih babe nit nur die „Frankfurter Zeitung" vor mir, sondern noch eine Menge anderer, Berliner Zeitungen ! Diese Zeitung hatte am 24. November folgendes shöône Entrefilet :

Der Herr Staatssekretär hat vor einiger Zeit den Postbeamten das Lesen des „Deutschen Postboten“, des unabhängigen Organs des Verbandes der Unterbeamten, verboten.

Ich hade schon bewiesen, es war thatsächlich kein Verbandsorgan. Weiter habe ih es nicht verboten, sondern ich habe gewarnt (Heiterkeit links). Darüber will ich keinen Zweifel lasen: warne ih, so weiß ich zweifellcs meinec Warnung auch Nachdruck zu geben. (Sehr gut! rets.) Weiter heißt es dann: und die neugegründete „Neue Post“ empfohlen.

Da der Herr Abg. Singer das gestceift hat, kann ih nur erklären, ih habe niemal8, weder direkt noch indirekt, diese Unterbeamten- zeitung empfohlen. Jh will zugeben: zu einer früheren Zeit trat an mih die Frage heran : würdest Du ein solhes Blatt eventuell empfehlen? Ich habe gefagt : ich bedanke mich s{chön, geht Euren eigenen Weg. Ih hake mit dem genannten

Blatt thatsählih nicht im geringsten etwas zu thun. Ich habe das -

Umgekehrte gethan und habe es abgelehnt, mi in folhe Quer- treibereien einzulassen, weil meine Position hier eine wesentlich \chlchtere wäre als so, wo ih sagen kann: ih habe mit der Sache garnichts zu thun. Aber, meine Herren, fo geht es auch weiter. Aus neuerer Zeit liegen mir einige Blätter vor, wo auf die Saalfelder Sache zurückgekommen wird. Fa, meine Herren, in Bezug auf den Saalfelder Fall wird in einer bedeutenden Zeitung gesagt: mit mir müßte ein ernstes Wort geredet werden ; ih entließe die Beamten nah 20 jähriger Dienstzeit und beachiete wer weiß was alles niht. Nun, meine Herren, von diesen beiden Beamten ift der eine 23, der andere 284 Jahre alt. Im allgemeinen if das Durchschnittsalter, in dem ein Postassistent unkündbar angestellt wird, 30 bis späteftens 32 Jahre. Hier handelt es sich um jüngere Lute, ih kann doh nit einen unkündbaren Beamten beseitigen. *) foll heißen: hronologisch.

Berlin, Sonnabend, den 4. Februar

Weiter wird mir die große Zahl von Beamten vorgeworfen, die ih beseitigte. Ih habe son vorber gesagt: was ih gethan habe und thun werde, fo lange ih an dieser Stelle bin, dafür werde ih mit meiner Person bei so wichtigen Dingen direkt eintreten; dann kann ich Ihnen auch jeder Zeit Rede und Antwort stehen, dann braudze i mi nicht irgendwohin zu verziehen. Was is denn nun thatsählich geshehen? Im Ganzen sind von 17500 Beamten, die wir im Etat haben, im ganzen Sahre 18, also 1 per Mille, überhaupt von mir zur Entlassung gekommen. Viellciht werden wir noch Gelegenheit haben es giebt ja verschiedene andere Fälle, wo solhe arme Menschen leider haben entfernt werden müssen —, daß noch der eine oder andere Fall vor Ihren Augen vorgeführt wird. Ih bin gern bereit, mein Material Ibnen ofen und ehrlich vorzulegen.

Was bedeutet aber die Zahl von 18 Assistenten? Herr Singer sagte son, fes Agitatoren bätte ih entlassen. Ist davon bei einer Beamtenschaft von 120 000 Köpfen überkaupt die Rede? Als wenn ih ein großer Wütherich wäre, der alle Leute um ihr Brot brächte ! Das dürfen Sie von mir niht voraus\seßen, meine Herren, sondern ih muß, wie ih son sagte, ernst mit mir überlegen, wenn ih so rauh in das Leben eines Beamten eingreife. L

I muß noch weiter ausholen auf die Presse felbst, d. h. auf die Fachpresse. Seben Sie, meine Herren, die Fachpresse liegt meistens ist es so auch in anderen Verwaltungen nicht etwa in Händen von Herren, die es als ihren idealen Beruf ansehen und mit Freudigkeit in die Sa@e hineingehen, sondern in Händen von Beamten, die entlassen find wegen irgend welcher dienstlihzn Unzuträglichkziten. Das sollen die Anleiter sein, die belehrend auf die Masse wirken? - Es sind Men’ hen, meine Herren, Menschen, die natürli ein Gift in ihre Entlassung aufgenommen haben, die nichts weiter können, als es nah irgend einer Seite sprißen. (Große Heiterkeit links.) Meine Herren, erst gestern habe ih gelesen, daß der Herr Pfarrer Naumann, der ih auch immer bemüht, sh in alle möglihen und unmöglichen Sachen hineinzumischen, mir einen \chônen Rath giebt, wie ih dieses Kapitel erledigen follte. Er stellt in der „Hilfe“ fest, das Blait wäre nicht so shlimm. Ja, meine Herren, das Blatt ift jeßt auch nicht mehr so \chlimm, das fühle ih ibm nah, dem Mann geht es an die Nähte, es war ein Broterwerb für ihn, ich verdeuke es ihm nicht, daß er schreit, es geht um sein Brot. Aber man joll nit sagen, er thäte es um der lieben Unterbeamten willen. Hier liegt das Moment, wo Sie bei vorurtheilsfceier Ueberlegung sagen müßten: es ist ein großer Untersied zwischen einer Fachpresse, die von Männern geleitet wird, die aus der Verwaltung hervor- gegangen sind und in der Verwaltung stehen, und zwischen einer Fah- presse, die von weggejagten Leuten geführt wird.

Nun, meine Herren, will ih nur zunähst garnicht einmal gegen mi; ih empfehle es au ‘gegen die Sozialdemokraten, obgleich es vollständig Wasser auf ihre Mühle ist eine Auslafsung in einem Blatt im Sommer anführen, wo den Unterbeamten vorgehalten wird, was für \{chrecklich belastete Menschen sie wären, sie müßten die An- sihtspostkarten austragen, während die Schreiber derselben sih amü- sierten und garnicht an die Nôthe eines Landbriefträgers" oder eines Briefträgers überhaupt dächten. Meine Herren, folhe Behauptungen führe i gern an, zumal sie garnicht gegen die Verwaltung find. Ich balte es auch nicht für richtig, wenn man den Unterbeamten sagt : sieh, der Postrath sit in einem \{chôn durchlüfteten Zimmer seine drei bis vier Stunden und Du armer Kerl mußt den ganzen Tag wohl 10 Stunden und mehr herumlaufen. Dadurch wird der Mann angereizt, und ih verdenke es ibm nit, wenn er bessere Lohnverbält- nisse anstrebt. Jh kann Ihnen versichern, meine Herren, ih habe volles Verständniß für die Arbeiter; aber und das ift der springeade Punkt, um den es fi hier handelt, fo wie es gilt, eine Verwal- tung zu terrorifieren, werden Sie mi, fo lange ich an dieser Stelle stehe, in der Bresche finden, denn der Beamte hat seine Pflicht und Schuldigkeit zu thun und in so fern hat die Verwaltung sih um ibre Beamten zu kümmern. (Sehr richtig! rets.)

Nun komme ih zu den beiden Verbänden. Ih habe hier selbst das fann i ganz ofen sagen im vorigen Jahre erklärt, ih schaffe keine Märtyrer. Der Herr Abg. Singer is darüber hinweg- gegangen, und ih glaube nit, daß er mir den Beweis führen kann, daß ich auch nur an einer Stelle felbst die Verbandstage haben das ausgesprochen gegen jemand, weil er Verbandsmitglied ift, ein- geschritten bin, sondern es ist immer nur aus dienstlichen Gründen geshebßen.

Meine Herren, es if mir nicht angenehm, solhe Perfonalien vor die Oeffentlichkeit zu ziehen, aber es giebt doch ein gewisses Etwas, weshalb ih mich verpflichtet fühle, auh” dem hohen Reichs- tag Einblick in diese Verhältnisse zu gewähren. Ich habe anfangs dea Assistentenverband seinen Weg gehen lassen; ih fann dem “Herrn Abg. Singer sogar sagen, ih habe manche Anklänge in dieser Organisation gefunden, weil ih, wie Sie wissen, früher dem Offizierverein angehört habe und Verwaltung®- mitglied gewesen bin. Also ih stehe diesen Bestrebungen gar nicht feindlih gegenüber. Nun denken Siz sich folgenden Fall: Die Ver- waltung extläßt einen Beamten, der einen großen Vertrauensbruh begangen hat; der wird Redakteur des Verbandsorgans, und als Ant- wort, ehe ih noch irgend etwas gethan habe, im Mai oder Juni er- halte ih cines Tages die Nachricht, daß der Verband diesen Mann zum Ehrenmitglied gewählt hat. Meine Herren, nah meinen Begriffen ist die Ehrenmitgliedschaft eine so hohe Auszeichnung, und es muß ein fo Aus- gezeichneter von solhen Gefinnungen sein, daß er für den ganzen Verein vorbildlich wirken kann. Hier wird ein früherer Beamter, der wegen groben Vertrauensbruchs entlassen ist, zum Ehrenmitglied gewählt. Ih muß ofen sagen, ih habe mich manchmal gefragt, wird dein Wohlwollen au nit zur Slappheit. »

Nun will ich Ihnen noch zeigen, was ih gethan habe. Jch habe den Herren geschrieben, L

daß ih die Verleihung der Ehrenmitgliedshaft des Verbandes an

1899,

einen wegen Vertrauensmißbrauchs entlassenen früheren Post- Assistenten nit billigen kann. Die dem Verbandsausshuß an- gehörenden Beamten scheinkn #ch ihrer Pflicht als Staatsbürger nicht bewußt gewesen zu sein, sh au nicht klar gemacht zu haben, wie sie selbst die Stellung und das Ansehen des Verbandes untergraben, wenn sie einem wegen cines so {weren Verstoßes gegen die Amtspflichten entlassenen Assistenten die Ehrenmitglied- haft verleihen. i (Sehr richtig! rechts.)

Meine Herren, kann ih legaler verfahren, als wenn ih die Herren noch darauf hinweise : ihr {adet Euch selber? Nun find ja noch andere Gründe hinzugekommen bei den Assistenten, die mich veranlaßten, gegen den Verband vorzugehen; aber ih hofe, Sie werden mir zugeben, daß ih mit dem nöthigen „Wohlwollen gegen die Herren vorgegangen bin. Das können Sie, glaube ih, mir nicht abstreiten ; dean ich habe klar und ehrlih ihnen meine Meinung gesagt und ih glaube, ein jeder von Ihnen würde, wenn ihm solche Sawen zu Hause pafsierten, wenn er von folcher Ehrenmitgliedschaft hôrte, genau so den betreffenden Beamten gegenüber handeln.

Nux, meine Herren, der Unterbeamtenverband. Ueber meine Stellung ¿u demselben habe ich {on gesprohen und ich komme nun zu den Aeußerungen, die der Vorsizende dieses Verbandes direkt in einem Brief, den er im „Postboten“ veröffentlicht hat, gema@t hat; er sagt:

Fch will Euch helfen, aus diesem Loh empor zu kommen, daß wir wie freie denkende Männer und nicht als die Leibeigenen unferer Vorgeseßten bezw. Amtsvorsteher betrachtet werden und daß wir uns mit der Familie satt essen können. In meiner langen Dienft- zeit habe ich erfahren, wie {wer es ist, wenn ein freier Mann fich in einem Rechts\taat unter Sklavenketten beugen muß.

Fa, meine Herren, einen Mann mit diesen Anschauungen oll ih nun anerkennen als Leiter eines großen Verbandes? Ich habe nicht eingegriffen, sondern den Betreffenden ruhig seinen Weg ziehen laffen, immer in der Hoffnung, daß, wenn ih das Wort wiederholen foll, welches der Abg. Müller, glaube ih, im vorigen Jahre gesagt hat, die besseren Elemente empor kommen und die Leute sich auf sich selbft besiznen. Ich habe nihis gegen den Verband mit dem habe ih nichts zu thun —, wenn er für die wirth- \haftlicen Interessen seiner Mitglieder einiritt. Aber ganz anders is es und da kommt, wie ich nur immer wieder erklären kann, hart auf hart —, wenn diese Verbände dazu übergehen, den Betrieb der Reichspostverwaltung in Frage zu stellen. Zur selben Stunde Ilôse ih niht etwa den Verband auf, nein, verbiete ih die Mitgliedschaft; denn den Ver- band kann ih nicht auflösen. Seien Sie überzeugt, meine Herren, ih weiß genau, was ih thun werde und thun will. Meine Erlasse sind hervorgegangen aus ruhiger und objektiver Beurtheilung; ih habe nicht zurückgehalten. Ich habe aber die ehr- lihe Hoffnung, daß, indem dieser große Beamtenkörper weiß, was sein Chef will, er \chließlich au zum Wohle des Staates mit mir in die Bahnen einlenken wicd, die ih für die rihtigen erawte. (Leb- hafter Beifell. Unruhe bei den Sozialdemokraten.)

Abg. Singer (zur Geschäftsordnung): Herr Präsident, ih wollte um Auskunft darüber bitten, ob es gestattet ift, daß ein Mitglied des Bundesraths einem Mitglied des Hauses den Vorwurf machen kann, daß es Thatsachen getälsct habe.

vis F Graf von Ballestrem: Ih habe davon nichts gehört.

Staatssekretär des Reichs-Postamts von Podbielski:

Meine Herren! Ich kann nur sagen, selbst wenn es mögli gewesen wäre ih glaube es niht, ich habe lebhaft gesprohen —, die Absicht hat thatsählich nicht vorgelegen, es so auszudrücken.

Abg. Shmidt-Warburg (Zentr.) tritt dafür ein, daß den Militäranwärtern gegenüber niht der Cinwand der Verjährung bezüg- lih ibrer Ansprüche gemacht werde ; er habe dur seine Ausführungen die Stellung des Staatssekretärs stärken wollen gegenüber der Reichs- schaßverwaltung.

Staatssekretär des Reichs-Schaßamts, Dr. Freiherr von Thielmann:

Meine Herren! Gegenüber den Aeußerungen des Herrn Vor- redners möchte ich nur kurz anführen, daß die Reihs-Finanzverwaltung von dem Wortlaut des betreffenden Erkenntnisses e: in allerleßter Zeit Kenntniß erhalten hat, und daß vor der Hand noch nicht festgestellt ist, welche von den angebli geshädigten Beamten überhaupt seiner Zeit in etatsmäßige Stellen im Bereich des Reichs - Postamts ein- berufen waren, und welche nit. Die ganze Frage erheischt also noch eine eingehende Prüfung. Wir können mit der Uberalität nicht zu weit gehen; wir können nicht, um gewissermaßen ein Unrecht, was möglicherweise einigen gesehen ist, wieder gut zu machen, das Gold mit vollen Händen ausstreuen. Fch habe vollkommen Ver- ständniß dafür, daß es dem Gefühl entspricht, diejenigen thunlichst \chnel! ih will auch gern bestrebt sein meinerseits, eine Beschleuni- gung der Angelegenheit zu finden zu entschädigen, denen ein Billigkeitsanspruch nach genauer Prüfung der Sachlage zur Seite stehen wird. Das sind aber, wie ih annehme die Ziffern liegen noch nicht vor durchaus nicht Alle, sondern nur die, welche seiner Zeit in Etatéstellen einberufen worden waren, Diese Prüfung muß vorhergehen, und Sie werden es der Reichs - Finanzverwaltung nicht zur Last {reiben wollen, wenn sie diese Prüfung ernsthaft vornimmt, und wenn deshalb die Vorbereitung dieser Sache vielleicht einige Zeit länger dauert, als es der Herr Vorredner zu wünschen sten.

Staatssekretär des Reichs-Postamts von Podbielski:

Fh habe noch eine kurze Nichtigstelung vorzunehmen. Mir wird gesagt, ih hätte vorhin einmal das Wort „logish* gebrau(t; es sollte das Wort „chronologisch“ sein. Herr Singer erinnert sich vielleicht der Sache nicht, es war bei dem Hamelner Fall.

Abg. von Kardorff (Rp.): Ih habe dem Herrn Staats» sekretär im Namen meiner Freunde unseren besten Dank zu sagen für die Art und Weise, wie er der Sozialdemokratie ge enüber fein Amt vertritt. Lange Zeit ist hier eine so ernste Sprahe nicht geführt worden,

R E E E v

ih S E F M E