1899 / 46 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 22 Feb 1899 18:00:01 GMT) scan diff

Justiz-Minister Schönstedt:

Meine Herren! Sie werden es mir ohne weiteres glauben, daß niemand lebhafter als die Justizverwaltung wünschen kann, daß der Reukau des Gerichtsgebäudes in Magdeburg recht rasch in Angriff genommen und daß dort baldmöglichst der Justiz ein würdiges Heim ge- \hafen werde. Die Verzögerung, über die der Herr Abg. Reichardt sich béschwert hat, is allerdings dem Anschein nah vorhanden; aber der Herr Abg. Reichardt hat {hon selbst erklärt, daß man vom Laienstandpurlt aus die Schwierigkeiten, die sh der Ausführung eines so großen Bauplanes ertgegenstellen, niht immer zu beurtheilen ver- mag. Die Vergleiche mit anderen Verwaltuygen sind deshalb nicht zutreffend, weil es sih da um ganz erheblich kleinere Gebäut e gehandelt hat, sowohl bei der Postverwaltung, wie bei allen anderen von ihm erwähnten Verwaltungen. Es hat mit Ausarbeitung des Planes erst begonnen werden können, nachdem die Gestaltung dies Plaßes end- gültig festgestellt war. Es haben nah dieser Richtung shwierige und zeitraubente Verhandlungen mit der städtishen und der Eifenbahn- verwaltung geführt werden müssen. Dann hat man erft mit Aus- arbeitung tes Planes beginnen können. Es ift der Bauverwaltung der Votwurf des Schlendrians gemacht worden, wenn ih das Wort richtig verstanden habe. Ich glaube, diesen Vorwurf zurückweisen zu können. Von Verzögerung is nicht die Rede. Es ift allerdings tas Unglück eingetreten, daß der betreffende Referent gestorben ift, aber das wird man nicht der Bauverwaltung zum Verschulden anrechnen können; die Sache wird energish betrieben, die Skizzen find vollendet, und es werden demrächst die kommissarisGen Berathurgen mit den Vertretern des Finanzressorts beginnen. Bei den Beratbungen sind drei Ri fsorts betbeiligi, und wenn sie, wie ih hoffe, einen glatten Verlauf nehmen, fo wird die erste Baurate in den nähsten Etat ein- gestellt werden. Die Justizverwaltung kann nur dringead wünschen, daß diefes Ziel erreiht wird.

Abg. Dr Friedberg (nl.) regt die Einsiellung einer ersten Bau- rate für Halle in den nä&sten Etat an.

Justiz-Minister Schön stedt:

Diese Zusicherung kann ih zu meinem Bedauern nicht ertheilen. Fch glaube, daß Herr Dr. Friedberg etwas Unmögliches verlangt hat. In den Etat dcs nächsten Jahres die erste Rate einzustellen für ein so bedeutendes Bauwerk, wie das vorliegende, dessen Projektierung große Schwierigkeiten machen wird, ist nicht erreichbar.

Nbg. Mattf h. k. P.) triit für die Ecri a ein Zas AieieAdis in ies bei e eine E R

Justiz-Minister Schönstedt:

F habe nicht die sämmtlichen Ausführungen des Herrn Vor- redners verstehen können mit Rücksicht auf die große Entfernung, ich darf aber wobl annehmen, daß er im wesentlihen die Beschwerden wiederholt für die Stadt Linden, di&® {on in früheren Jahren hier zuin Gegenstand dcr Besprechung gemacht find. Ich gekte zu, daß für die Bewobner der Stadt Linden aus den gegenwärtigen Verhältaissen si manherlei Unbequemlichkeiten ergeben, aber für die Bildung eines neuen Amtsgerichts in Linden sind die Bedingungen noch immer nicht gegeben und die vorgebrahten Beschwerden könnten mit demselben Recht au von einem guten Theil der Stadt Hannover erhoben werden, für welchen die Entfernungen vom Gerichtsgebäude ebenso groß find, wie für die Btiwohner von Linden. Es ist, wenn ih mih recht ertsinne, in früheren Jahren über das lange Warten getlagt worden, was den Bewohrern von Linden bei der Wahrnehmung von Terminen in Vormundschafts- und Grundbuchsahen zucemuthet werte. Jch habe mi bemüht, Lier daturh abzuhelfen, daß ih vorigeit Sommer ¿em Amtsgeriht Hannover noch zwei Hilfsrichter zugewiesen habe, speziell zu dem Zweke, damit die Zabl der Sprechtage in Vormund- \hafts- und Grundbuchsahen vermehrt werden könne. Ich glaube, daß diese Einrichtung eine wesentlihe Erleichterung für die Ein- gesesscnen gebracht dat.

Ein von dem Herra Abgeordneten erwähnter Antrag des Magistrats von Linden ift mir heute Morgen zugegangen. Jch habe ihn noH nicht lesen können, erc ift ziemli dickleibig; ih habe nur gesehen, daß der Tenor des Antrags dabin geht, es möge eine Abtheilung des Amts- gerihts Hannover nach Linden verlegt werden. Ob diesem Antrage Folge gegeben werden kann, darüber kann ih mih im Augenblick nicht äußern. Ich will bier nur auf das eine Bedenken hinweisen, daß der Siy des Aumtsgerihts Hann over gesculich festgelegt ift, sodaß hieraus möglicherweise Bedenken gegen die Erfüllung dieses Wunsches entnommen werden können. Jedenfalls wird der Antrag wohlwollend gevrüft werden und, soweit die Justizverwaltung in der Lage sein wird, den Wünschen der Stadt Liaden nachzukommen, fo weit kann ih die Bereitwilligkeit dazu erklären.

Abg. L f- Biebri I.) befürwo ie Errichtu ines U G i Bickel Meobat. E E L O

Justiz-Minister Schönstedt:

Meine Herren! Eine Erklärung, daß die Justizverwaltung keine Zeit habe, si mit der Ginrihtung neuer Amtsgerichte zu beschäftigen, habe ich niemals abgegeben; da muß eia Mißverständniß des Herrn Abgeordneten zu Grunde liegen. (Heiterkeit rets.) Die Errichtung eines Amtsgerichts in Biebrih-Mosbach ist in den Jahren 1893 und 1897 von dem Magistrat in Biebrih in Antraz gebra§t worden. Im Jahre 1893 wurde der Antrag abgelehnt. Im Jahre 1897 ist der Antrag von hier an die Vorstandsbeamten des Ober-Landesgerichts zu Feaukfurti a. M. zur Prüfung und weiteren Veranlaffung gefandt worden; es is darauf nichts weiter erfolgt, ich muß alfo annehmen, daß die Vorstandêbeamten des Ober-Landesgerichts zu dem Ergebniß gekommen sind, daß au jeßt die Vorbedingungen für die Errichtung eines Amtsgerichts in Biebrich nicht gegeben seien. Eine solche Auf- fassung würde sich auch wohl durch den Umstand rechtfertigen, daß die Entfernung von Biebrih und tie Entfernung von Mosbach, das mit in Frage kommen könnte, nach Wiesbaden außerordentlih gering ift: Mosbach ist 5 km, Biebrih 7 km von Wiesbaden entfernt. Die Verbindungen sind durchaus günstige: es fährt eine Dampfstraßenbahn und eine E:senbahn binüber. Also ih glaube, daß die Bewohner ron Biebrih- und von Mosbach sih in relativ recht günstiger Lage be- finden. ;

Daß das vor zwei Jahren erst in Benußung genomrnene Land- und Amtsgerihtëgebäude in Wiesbaden schon jeyt nit mehr den Be- dürfnissen genügt, ist mir ganz neu und hat mih in hohem Grade überrascht. Bis jeßt ist hierüber keine Klage gekommen, und ih möchte es auh bezweifeln, was der Herr Atg. Wolff gefagt hat, daß die Wartezimmer schon als Gesäftezimmer für die Beamten

t

und habe den Eindruck bekommen, daß es auch bei Zunahme der Ge- schäfte den Bedürfnissen noh recht lange genügen würde. (Zuruf des Abg. Wolff: Biebrich !) :

Zum Neubau eines Geschäfte- ‘und Gefängni ebäudes für das Amtsgericht in o werden 90 000 ces

Abg. Mooren (Zentr.) beshwert sh darüber, doß von einem Justiz-Kommissar auf die Gemeinde ein Druck Bauplates ausgeübt worden fei. T 0A Be E

Justiz-Minister Schönstedt:

Ueber die Frage der Kantongefängnisse und deren Ersaß dur andere Gefängnisse bin ih nit genügend informiert. Es würde mir angenehm gewesen sein, wenn der Abg. Mooren die Güte gehabt bätte, mir seine Anfrage anzukündigen, dann würde ih auch in der Lage gewesen sein, darüber genauer Auskunft zu geben. Wenn ih niht genügend informiert bin, so erklärt fih das vielleicht aus dem Umstande, daß diese Angelegenheit wesentli4 das Ministerium des Fnnern betrifft. Der Abg. Mooren hat vorhin erwähnt, daß der Ministerial-Direktor Haase bei den früheren Verhandlungen Zu- sicherungen abgegeben habe. Der Herr Ministerial-Direktor Haase war Direktor im Ministerium des Innern, und ih darf mi wohl als ents{uldigt betraten, wenn ih keine Autkunft darüber geben kann, wie diese Sache in der Verwaltung des Ministeriums des Innern, dem die alten Kantongefänguisse noch jeßt unterstellt sind, weiter ver- laufen ift,

Auch über die \pezielen Vorgäng?, die den Neubau des Amtê- gerihts in Montjoie betreffen, bin ih im Augenblick nit so unter“ richtet, wie ih es für erwünscht halten würde gegenüber den Behauptungen des Herrn Abg. Mooren. Mir is nichts davon bekannt, daß Kommissarien der Justiz einen Druck ausgeübt haben auf die Gemeinde Montjoie, einen Bauplaßt herzugeben. Jh erinnere mich aus früherer Zeit nur im allgemeinen, daß die Gewinnung eines Bauplates in Montjoie mit Rücksiht auf die doctigen Terrainverbältnisse außer- ordentlich \{wierig war und daß deshalb einmal eine Frage erörtert worden ist, ob es überhaupt möglih sein würde, in Montjoie ein neues Amtsgerichtêägebäude zu errihten, und ob nicht vielmehr die Justizverwaltung genöthigt sein werde, in einem benahbarten Orte den Neubau aufzuführen. Das ift nah meiner Erinnerung der Verlauf der Dinge gewesen.

Was die Heranziehung der Gemeinden zu den Koften der Justiz- gebäude angeht, so find die Gemeinden in zahlreihen Fällen ohne weiteres bereit, wenn sie ein neues Amtsgebäude erlangen können, dafür gewisse Opfer zu bringen, und das wird vom Staat acceptiert. Gs wäre auÿ niht gut zu verantworten, wenn er das zurückwiese. Vielfach lieat die Sache auch so, daß für die Staatêverwaltung die dringende Nothwendigkeit zur Vornahme von Neubauten nicht vorliegt, daß diese aber von den Gemeinden lebhaft gewünsht werden. Den Wünschen der Gemeinden kann aber vielfah nur dann nachgekommen werden, weaän nit zu große Lasten für den Staat damit verbunden sind. Im Prinzip stehe ih auf dem Standpunkt des Herrn Abg. Moorea; in dcr Prarisz, in der Ausführung, stellt sih aber die Sache aus begreiflihen Gründen vielfa anderê.

: E Rest des Exiraordinariums wird ohne Debatte be- villiat.

__ Zum Justiz-Etat ist noch folgender, vom Abg. Dr. Krause- Königsberg (nl.) eingebrachter und von Mitgliedern aller Parteien unterstüßter Antrag gestellt worden :

noh in diesec Tagungx die Regierung zu ersuchen, einen Geseßz- eutwurf vorzulegen, dur welchen unter voller Wabrung der dienst- lihen Interessen den älteren Richtern aus Anlaß des Inkraft- tretens des Bürgerlichen Geseßbuhs, seiner Nebengeseße und der Ausführung3geseye der Uebertritt in den Rubestand erleidtert wird.

Abg. Dr. Krause (nl.): Das Bürgerliche Geseßbu ift ein Gesey von großer Tragweite wie kein anteres Justizgesey. Es werden an die kôrperliwe Tüchtigkeit und geistige Fähigkeit der Nichter ganz außerordentliche Anforderungen gestelt. Wir können die älteren Nickter nit in die Zwangeélage seyen, zu tagen : Fch kann diesen Anforderungen nicht genügen, während ih den bisberigen Anforderungen genügen tonnte. Aber auch die Nüdcksicht auf rie Rehtsprehung selbst follte uns veran- lassen, diesen Antrag anzunehmen. Die *besten Nichter sind zur Aus- führung des neuen Gesfepbuchs gerade gut genug, das kann man fagen, obne unjeren älteren Richtern iraendwie zu nah? zu treten. Die Regierung wird boffentlich Wege finden, obne Schädigung der \taat- lichen Interesses diefen ¿lteren Richtern zu Hilfe zu kommen. Wo ein Wille ift, it ach ein Weg. Mösögze die Staatsregierung dem eîii- müthigen Wunsch des Abgeordnetenhauses Gehör schenken. Vize-Prästdent des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel:

Meine Herren! Ih möchte das, was der Herr Justiz-Minister und id bier ecflären können, j:8t gleih sagen, weil wir genöthigt find, in eine Sizung des Staats-Ministeriums zu gehen.

Ich muß von vornherein hervorheben, daß ih namens des Staats-Ministeriums in der gegenwärtigen Lage über diesen Antrag keine Erklärungen abgeben kann. Es sind allerdings seit einiger Zeit zwischen dem Justiz- und dem Finanz-Ministerium über diese Fragen Erörterungen gipflocen, sie find aber auch zwischen diefen Ressorts uoch nicht zu Ende gekommen, um so weniger bat das Staats - Minifterium mit ‘der ganien Frage sh gegenwärtig {hon beshäftigen können. Sie werden gleich Hören, welche Gründe zu dieser, wenn ich so sagen soll, . Verzögerung geführt haben. Jch bin also nicht ermächtigt, irgendwie eine ke- stimmte Stellungnahme der Staatsregierung nah der einen oder andern Séite zu bezeihnen.

Bon vornherein möthte ih bier belonen, daß dieser Antrag, wie ih annehme, auf der Ueberzeugung berußt, welhe nah meinem Wissen die Staatsregierung tbeilt, daß tas,neue bürgerlihe Recht zu dem Zeit- punkt, welchen die Reich8gesetzgebung bestimmt hat, auh in Preußen in Kraft treten muß. Man würde es gewissermaßen als eine capitis diminutio Preußens und des preußishen Richters ansehen, (sehr gut! links und im Zentrum) wenn wir nicht dasselbe leisten könnten in Preußen, was alle übrigen deuts@en Staaten zu [leisten bereit sind und sh für befähigt haltea. Außerdem ift es unter allen Umsiänden bédenflih, cia so großes nationales We:k, welhes wir alle als Deutshe mit der größten inneren Be- friedigung und Freude begrüßt haben, noch weiter hinauszuschieben. Man foll daher den Zeitpunkt streng innehalten, der, wie gesagt, von der Reichsregierung festgeseßt ift. Ich sage dieses absihtlih, weil ih

hierüber volle Klarheit herrscht.

Was nun die Sate selbst betrifft, so ift der Gedanke, der wohl dem etwas dunkeln Inhalt dieses Antrags zu Grunde liegt an sih allerdings etwas Außerordentlihes. Wir haben bis jeyt derartige

verwendet würden. Ich habe das Gebäude vor zwei Jahren, als es eben in Benußung genommen ivar, genau und eingehend béisihtigt

wünsche, daß nicht bloß in Preußen, sontern auch in Deutschland j

hier niht vor, es handelt ih nur um eine neue, allerdings \{were und große Aufgabe, die unserem Richterstand gestellt ist. Nun if aber gewiß der Gedanke durchaus berechtigt, nah welhem man sagen kann: ein folcher Fall, wie dieser, kommt nicht wieder; es ift dies eine so extraordinäâre Lage, daß man nicht zu befürhten brauht, es könnten daraus für andere ähnliche Fälle Koksequenzen gezogen werden ; auch muß ich, wenigstens von meinem Standpunkt, derartige Konsequenzen in der Zukunft, etwa bei der Einführung eines neuen Zivilprozesses oder Kriminalprozesses, durchaus ablehnen. :

Wenn also die Staatsregierung in dieser Beziehung irgendwelhe Schritte thun sollte, so thut sie es in dem vollen Bewußtsein, daß diese gegenwärtige Situation eine einzige ist und nicht wiederkommen kann. Die Staatsregierung steht natürli auf dem Standpunkt der Herren Antragsteller, daß alles gesheben muß, welches geeignet ift, die Durchführung des neuen bürgerlichen Rehts möalichst glatt und sicher zu stellen. Jn dieser Beziehung is keine Meinungêverschieden- heit. Dex Herr Antragsteller hat viellei®t von seinem Standpunkt aus mit Recht die Frage, wie nun aber ein soler Gedanke der Erleichterung der Einführung des neuen Rechts und der Erleichterung der Persönlichkeiten der Richter zu verwirklichen sei, der Staatsregierung zu lösen überlassen ; aker hier liegen nun gerade die Bedenken. Ein solher Wuns spricht ih leichter aus, als daß er in korrekter und zweckmäßiger Weise er- füllt werden kann.

Meine Herren, man wird ja, wenn man einer folhen Frage nacgeht, sh von vornherein sagen müssen: wir können niht die Ge- sammtheit der preußisWen Richter unter die Möglichkeit stellen, ihre Pensionierung vorzunehmen mit Rücksicht darauf, daß sie etwa crklären: diese Aufgabe wird uns perfönliÞch zu {wr und wir find nicht geneigt, uns diese . An- strenguugen aufzuerlegen, wir bitten daher um Pensionierung. Das is unmögli! Wir würden also in allen Fällen ein bestimmtes Lebensalter als Grenze seßen müssen. (Sehr richtig!) Nun weiß man aber, wie verschieden die menshliche Befähigung und die menschliche Natur ist; es können eine große Zahl Richter unter diese Greaze sage ih, 65 Libensjahre fallen, die viel weniger befähigt sind, noh bei der Durchführung dieses großen Geseßgebungs- werkes mitzuwirken als andere, die jenseits der Grenze find. Solche Richter können - andererseits cine große Anzahl sein, die, ob- wobl bereits 65 Jahre alt, doch vollkommen - befähigt aber nicht geneigt sind, an dieser {chwierigen Arbeit noch mitzuwirken ; dann kommt es \chließlich, wenn sie lieber noch einige Jahre das volle Gehalt erhalten wcll-n, auf das fubjektive Ecmessen der Vorgeseßter an. Sind andere Richter aber unter dem 65. Jahre fo wenig quali fiziert, daß man sagen muß: sie können niht wehr mit dem neuen Recht judizieren, so hat man fein Mittel des Abhilfe. Das Alles ist {on an und für fich ein gewaltiges Bedenken ; ob aus de. Durchführung eincs solchen Prinzips nicht erst recht die größter Klagen, Beschwerden und Mißstimmungen entstehen, das ist kaum zweifelhaft.

Wir kaben auch ältere Nihter in großer Zahl; unter ibnen be- finden sih gewiß viele, deren Pensionierung, au ganz abgesehen vom bürgerlihen Recht, die Justizvern altung durwavs nit ungorn sehen würde (sehr richtig! rechts), von dexen nian vielleiht sagen kann, fie haben sih übershäßt, was bei älteren Leuten ja sehr viel vorkommt. (Große Heiterkeit.) Sie befinden sih in dem besten Glauben, sie be- nußzen aber jeßt die gute Gelegenheit, obne Dienst zu thun, noch drei Jahre volles Gehalt zu bekommen. Wird das nicht au große Mißstimmung hervorrufen ?

Diese und andere Zweifel, die ich aber nit weiter erörtern will Lit ih will, ohne mich irgendwie sfelb| für meine - eigenen Ent- s{ließungen festzulegen, nur auf solche Bedenken kurz \{chon jeßt hin- weisen, haben wohl die sämmtlichen übrigen deuishen Staaten, meines Wissens mit alleiniger Ausnahme Bremens, noch nichi derartige Maßrege! n in Angriff nehmen lassen. Bei einer Umfrage hat fih ergeben, daß einige von diesen Staaten ihre Entschließungen nicht gerade abhängig machen, aber doch wenigstens nach der Entschließurg Preußens zu treffen wünschen. Ob fie der preußishen Entschließvng folgen werden oder nit, wissen wir nit. Von einer großen Reihe anderer deutsher Staaten wissen wir aber, daß sie mit Rücks{ht wohl auf diese eben bezeihneten Schwierigkeiten gänzlich von derartigen Uebergangêmaßregeln abzusehen ents{lofsen find. Man sieht also, für wie schwierig diese Frage auch in anderen deuts@en Staaten ge- balten wird, und daß eine Reihe deutscher Staaten solhe Maßregeln überhaupt nicht treffen wird.

Nun ift ja zweifellos ribtig, daß eine s{wierige Aufgabe, wie

ih schon sagte, dem deutshen Richterstand gestellt ist; aber folhe Fälle sind \chcn mehrfah vorgekommen. Wenn ich persönlich daran denke, was wir in Hannover und den anderen neuen Provinzen an Gesezgebung erlebt haben sehen Sie sich mal die preußishe Geseß - Sammlung von 1867 an —, und wie damals den hannoverschen Richtern zugeiraut wurde, ihnen vollständig fremde Einrichtungen und Geseßze ohne einen derartigen Uebergang anzuwenden, so muß ih sagen, daß ähnlihe Verhältnisse {on vorgekommen sind. Außerdem liegt das Geseßgebungswerk doch {hon lange vor; es ift in den Berathungen des Reichstages zwar etwas modifiziert, aber im Großen und Ganzen war die Vorlage hon lange Jahre bekannt, und auch jeßt haben die Richter noch einen sehr geraumen Zeitraum vor sich, um si vorzubereiten. (Zuruf: Na, Na!) Man muß auch nicht glauben, daß plöglih alle Sachen, welche an die Gerihte kommen, nah dem neuen Recht zu behandeln sind. Alle diejenigen Sachen, deren Entstehungsgrund noch vor dem Ein- fühcurgêtermin liegt, werden noch nah dem alten Recht behandelt. Am s{hwierigsten mag die Sache ja für den Einzelcichrer sein, während im Kollegium ein im Anfang weniger instruierter Richter leichter, fo zu sagen, übertragen wird. Ich sage das alles nur in dem Sinne, um Ihnen zu zeigen, welhe SHwierickziten in der Durhführung des Antrags, wie er eben geftellt ift, liegen, und um Ihnen darzulegen, daß auch beim besten Willen und beim innigsten Wunsch, dieses große nationale Werk auch in Preußen glatt und richtig durchzuführen, doch große Meinungs- verschiedenheiten bestehen können.

(Schluß in der Dritten Beilaze,)

Maßnahmen nur getroffen bei Organisation8änderungen ; solche liegen

Dritte Beilage

zum Deutsch en Reichs-Anzeiger und Königlich Preußi)

M 46.

(Schluß aus der Zweiten Beilage.)

Ob die Bedenken, die ih hier vorgetragen habe, bei den weiteren Berathungen, die zweifellos stattfinden werden, wenigstens nothdürftig beglihen werden können, vermag ih noh nicht zu sagen. Ich erkläre aber ausdrücklich vom Standpunkt meines Ressorts, daf, wenn ih mich überzeuge, daß gewisse Maßregeln nothwendig, oder do durhaus nützlich sind, meinerseits aus finanziellen Gründen kein Widerspruch erhoben werden wird. (Bravo!) Es ist dies eine Frage von solcher Bedeutung, daß die finanzielle Seite allein wenigstens nicht ent- \heidend scin kann. Es fragt sih vor allem, ob die vorgeschlagenen Maßregeln den Zweck auch wirkli erreichen und nicht andererseits größere Uebelstände hervorrufen. Ein weiteres, werden Sie begreifen, kann ih Ihnen heute nicht sagen, ih hoffe, daß wir \{ließlich auch in dieser Frage zu einer befriedigenden Verständigung kommen werden.

(Bravo!)

Abg. Dr. Rewoldt (fr. kons.): Wenn ältere Richter ihre Kräfte überschäßen, so geschieht das meist aus finanziellen Rücksichten auf ihre Familien. Daraus erwädhst aber eine Gefahr für die Rechts- pflege, und darum haben wir diesen Antrag unterstüßt. Ein Recht

auf dea Fortbezug ihres Gehalts wollen wir den Richtern nicht geben; | z

rielmehr auf dem Wege des Kompromisses geregelt

inister könnte eine Umfrage halten und die Differenz von Gehalt und Pension feststellen. Dann würden wir wissen, um welche Summen es handelt. Das Interesse der Rechtspflege rechtfertigt jedes Opfer, das Gehalt fönnte den älteren Richtern 2 bis 3 Jahre fortgezahlt werden.

Abg. Dr. Porsch: Wir stehen ganz auf dem Standpunkte des Antrages. ‘Der Finanz-Minister hat ihn prinzipiell au nit bekämpft, sondern nur auf die Schwierigkeit seiner Ausführung hingewiesen. Daß aber ein Weg gefunden werden muß, erscheint mir im Interesse einer guten Rechtspflege absolut nothwendig. Einen Mißbravch fürchte ih auch dann nit, wenn das Gehalt fünf Jahre weiter gezahlt würde. Eine kommissarishe Berathung des Antrages is} überflüssig, da er keine Geldbewilligungen in sich ließt.

Abg. Freiherr von Heereman (Zentr.) i} derselben Meinung, ebenso der Abg. Dr. Sattler. Ó

Der Antrag Krause wird mit großer Mehrheit an-

genommen. j

: Um 3/, Uhr vertagt sich das Haus. Nächste Sißung Mittwoch 11 Uhr. (Erste Berathung des Geseßentwurfs wegen Ankaufs der Bernsteinwerke der Firma Stantien u. Becker ;

Etat des Finanz-Ministeriums.)

die Sahe mu werden. Der

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Reichstage is_ nachstehender Entwurf eines Ge- fezes, betreffend die Sclachtvieh- und Fleishbeshau, nebs Begründung und Anlagen zugegangen :

8&1,

Rindvieh, Schweine, Schafe, Ziegen und Pferde jeden Alters, deren Fleisch zum Genusse für Menschen verwendet werden soll, unter- liegen vor und nah der Sc{hlachtung einer amtlihen Untersuchung. Dur Beschluß des Bundesraths kann die Untersuhungspfliht auf

anderes Schlachtvieh ausgedehnt werden. Bei Nothschlahtungen darf die Untersuhung vor der S(hlachtung

unterbleiben. Unter welhen Vorausseßungen eine Schlachtung als Notbschlachtung anzusehen ift, Mm der Bundesrath. i

Die Unitersuhung von Schafen und Ziegen sowie von noch nit drei Monate alten Kälbern und Schweinen darf vor und naÿ der Shlachtung unterbleiben, wenn die Thiere keine Merkmale einer Krankheit zeigen und der Besißer des Thieres das Fleis aus\{ließlich im eigenen Haushalte verwenden will. Ergeben sich bei der Schlahtung Erscheinungen, welhe Zweifel an der Gesundheit des geshlachteten Thieres zu erwecken geeignet sind, so ist das Fleisch alsbald zur Unter- suchung zu stellen.

Uls eigener Haushalt im Sinne dieser Bestimmung ift der Haus- halt der Kasernen, Krankenhäuser , Erziehungsanstalten, Speise- anstalten, Gefangenanstalten, Armenhäuser und ähnlicher Anstalten fowie der Haushalt der Slächter, Fleishhändler, Gast-, Schank- und Speisewirthe niht anzusehen.

Die Landesregierungen sind befugt, für Gegenden und Zeiten, in denen eine übertragbare Thierkrankheit herrscht, die Untersuchung aller der Seuche ausgesezten Schlachtthiere anzuordnen.

4.

_Fleish im Sinne dieses Gejeßes sind Theile von warmblütigen Thieren, fris oder zubereitet, fofern sie sh zum Genusse für Men- schen eignen. Als Theile gelten auh die aus solchen hergestellten Fette und Würste, andere Erzeugnisse nur insoweit, als der Bundes- rath dies anordnet.

8 5,

__ Zur Vornahme der Untersuchungen sind Beschaubezirke zu bilden; für jeden derselben ist mindestens ein Beschauer sowie ein Stell- ‘vertreter zu bestellen.

Die Bildung der Beschaubezirke und die Bestellung der Beschauer erfolgt durch die Landesbehörden. Für die in den Armeekonserven- fabriken vorzunehmenden Untersuchungen föônnen seitens der Militär- verwaltung besondere Beschauer bestellt werden.

Zu Beschauern sind thunlichst approbierte Thierärzte zuebestellen.

Andere Personen haben ch vor ihrer Bestellung einer Unterweisung und Prüfung zu unterziehen.

Ergiebt fich bei den Untersuchungen das Vorhandensein oder der Verdacht einer Krankheit, für welche die, Anzeigepflicht besteht, so ist nah Maßgabe der hierüber geltenden Vorschriften zu verfahren. Ó

Ergiebt die Untersuchung des lebenden Thieres keinen Grund zur

Beanstandung der Schlachtung, so hat der Beschauer sie unter

« Anordnung der etwa zu beobachtenden besonderen Vorsichtsmaßregeln zu genehmigen. i

Die Éladtung des zur Untersuhung gestellten Thieres darf

nicht vor der Ertheilung der Genehmigung und nur unter Einhaltung der angeordneten besonderen Vorsichtsmaßregeln stattfinden.

Erfolgt die Stlachtung nicht spätestens zwet Tage nah Erthei-

lung der Genehmigung, fo is sie nur nah erneuter Untersuchung und

Genehmigung zulässig.

8, Die Untersuchung nah der Schlachtung hat si bei Schweinen, deren Fleisch niht ausscließlich zur Verwendung im eigenen Haußs- halte 2) bestimmt ist, au auf M zu erstrecken.

Ergiebt die UntersuGung nach der Schlachtung, daß kein Grund

F

nicht beseitigt werden.

Menschen untaugli \{lagnahmen, den Besißer hiervon zu benachrihtigen und der Polizei-

behörde sofort Anzeige zu erstatten.

hat, darf als Verkehr gebraht werden.

Polizeibehörde zugelafsen werden, soweit gesundheitliche Bedenken nicht entgegenstehen. Die Polizeibehörde bestimmt, maßregeln gegen eine Menschen zu treffen sind.

unter Einhaltung der von der Polizeibehörde angeordneten Sicherungs8- maßregeln in Verkehr gebraht werden. /

beseitigen, soweit seine Verwendung zu anderen Zwecken (Abs. 3) nicht zugelassen wird.

Menschen nur bedingt tauglich ist,

für Mes brauhbar gemacht werden kann.

worden ist, darf als Nahrungs- und Genußmittel für Menschen nicht

in Verkehr gebracht werden, bevor es unter den von er Ee behörde angeordneten Sicherungsmaßregeln zum Genusse für Me brauchbar gemaht worden ist.

Vorschriften des § 10 Abs. 3 bis b entsprehende Anwendung.

maten Fleishes 11- Abs. 1)

Berlin, Mittwoch, den 22. Februar

chen Staats-Anzeiger.

1899.

Vor der Untersuhung dürfen Theile eines geshlachteten Thieres

8 10. L Ergiebt die Untersuchung, daß das Fleis zum Genuß für L ch ift, so hat der Beschauer es vorläufig zu be-

leis, dessen Untauglichkeit \ih bei der Untersuchung ergeben q Recungs, oder Genußmittel für Menschen niht in

Die Verwendung des Fleisches zu anderen Zwecken kann von der

welche Sicherungs8- Verwendung des Fleisches zum Genusse für

Das Fleis darf niht vor der polizeilihen Zulassung und nur

Das Fleis is von der Polizeibehörde in unshädliher Weise zu

8 11,-

daß das Fleisch zum Genusse für so hat der Beschauer es vorläufig u beshlagnahmen, den Besißer hiervon zu benachrichtigen und der olizeibehörde sofort Anzeige zu erstatten. Die Polizeibehörde be- timmt, unter welchen Sicherungsmaßregeln das- Fleisch zum Genusse

Ergiebt die Untersuchung,

Fleis, das bei der Untersuchung als nur bedingt tauglih erkannt

nschen

Insoweit eine solche Brauchbarmachüng unterbleibt, finden die

8 12.

Der Vertrieb des zum Genusse für Menschen brauhbar ge- darf nur unter einer diese Be- \chaffenheit erkennbar machenden Bezeichnung erfolgen. ; Fleishhändlern, Gast-, Scank- und Speisewirthen ist der Vertrieb und die Verwendung folchen leishes nur mit Genehmigung der Polizeibehörde gestattet; die Genehmigung ist jederzeit widerruflih. An die vorbezeihneten Gewerbe- treibenden darf derartiges Fleisch nur abgegeben werden, soweit ihnen eine folche Genebmigung ertheilt worden ift. In den Geschäftsräumen dieser Fo muß an einer in die Augen fallenden Stelle dur deutlihen Anschlag besonders erkennbar gemacht werden, daß Fleis der im Abs. 1 bezeihneten Beschaffenheit zum Vertrieb oder zur Verwendung kommt. :

Fleisch nicht in Räumen feil-

Fleischändler dürfen das t halten oder verkaufen, in welchen tauglihes Fleish 9) feilgehalten

oder verkauft wird.

8 13. Ergiebt die Untersuhung, daß das leisch zwar zum Genusse für Menschen tauglich, jedo in seinem Nahrungs- oder Genußwerth er- beblih herabgeseßt ist, so hat der Beschauer hiervon den Besitzer des Fleisches zu benachrichtigen. : Auf den Vertrieb und die Verwendung des Fleisches finden die Vorschriften des § 12 entsprechende Anwendung. 8 14.

ollinland eingeführt wird, unterliegt bei der Einfuhr einer amtlihen Üntersuchung unter Mitwirkung der Zoll- behörden. Ausgenommen hiervon ist das nahweislich im Jnlande bereits vorschriftsmäßig untersuchte und das zur unmittelbaren Dur ch- fuhr bestimmte Fleis. N

Die Einfuhr von Fleisch darf nur über bestimmte Zollämter erfolgen. Der Bundesrath bezeichnet diese Aemter sowie diejenigen Zoll- und Steuerstellen, bei welhen die Untersuhung des Fleisches statt- finden kann, und ordnet an, inwieweit das Fleisch nur in zusammen- bängenden Thierkörpern, Tbiertheilen oder in Stücken von bestimmter Größe und in natürlichem Zusammenhange mit inneren Organen ein- geführt werden darf. Wildyret und Federvieh, ferner das zum Reiseverbrauh oder mit der Post eingehende Fleisch unterliegen der Untersuhung nur insoweit, als der Bundesrath sie anordnet. Für das im kleinen Grenzverkehr sowie im Meß- und Marktverkehr des Grenzbezirks eingehende Fleis können dur Anordnung der Landesregierungen Ausnahmen von der vorgeschriebenen Untersuhung oder fonstige Erleichterungen zugelassen werden.

8 15. Die Vorschriften des § 9 Ab\. 1 und der 88 10 bis 13 e auch für das in das Zollinland eingehende Fleisch. An Stelle der unshädlichen Beseitigung des Fleishes oder an Stelle der polizeilicher- seits anzuordnenden Sicherungömaßregeln fann jedo, insoweit gesund- heitlihe Bedenken nicht entgegenstehen, die Wiederausfuhr des Fleisches unter entsprehenden Vorsichtsmaßnahmen zugelassen werden. Die Untersuchung hat sich bei S(weinesleishiauh auf Trichinen zu erstrecken. 8 16

Der Bundesrath is ermähtigt, : 9 die Einfuhr von Fleisch, dessen Unschädlichkeit für die mensh- lihe Gesundheit in zuverlässiger Weise bei der Einfuhr nicht mehr festgestellt werden kann, zu verbieten, 2) zu bestimmen, daß bei der Einfuhr von Fleis, welches nah der Art seiner Gewinnung und Zubereitun erbeblihe Gefahren für die menshlihe Gesundheit erfahrungsgemä niht bietet, die Unter- suchung unterbleiben oder ein eshränkt werden darf, a anzuordnen, daß Fleis, welches zwar nit für den menshlihen Genuß bestimmt ist, aber dazu verwendet werden kann, zur Einfuhr ohne Untersuchung zugelassen werden darf, nachdem es zum Genusse . für Menschen unbrauchbar gemacht ist.

Fleis, welches in ta

8 17. « Bei Pferden muß die Untersuchung (8 1) dur approbierte Thiere ärzte vorgenommen werden. i Der Vertrieb von Pferdefleisch sowie die Einfuhr solchen Fleisches Zollinland darf nur unter einer Bezeichnung: erfolgen, welche

das Fleis als Pferdefleish erkennbar macht. e e Tedlern, Beo Shank- und Speisewirthen ist der Ver-

in das

trieb und die Verwendung von Mlecelets nur mit Genehmigung der Polizeibehörde gestattet; die enchmigung ist lee widerrufs lih. An die yorbezeihneten Gewerbetreibenden darf P defleish nur abgegeben werden, soweit ihnen eine jetze Genehmigung ertheilt worden ist. Jn den Geschäfträumen dieser Personen muß an einer in die Augen fallenden Stelle durh deutlichen Anschlag besonders er- kennbar gemaht werden, daß Pferdefleish zum Vertrieb oder zur Verwendung kommt.

Fleishhändler dürfen Pferdefleish niht in Räumen fellhalten oder verkaufen, in welchen Fleis \von anderen Thieren feilgehalten oder verkauft wird. |

Der Bundesrath ist ermächtigt, anzuordnen, daß die vorstehenden

leish fkenntlich zu ] leis ist außerdem als solches kenntlih zu machen.

nah amtlihen Untersuchung nur zu dem

festzustellen, e | i gesundheits[{chädliche Veränderung (Que BeschaFenheit erlitten hat.

18. Beschauer hat das Êrgebniß der Untersuhung an dem

Der R machen. Das aus dem Auslande eingeführte

Der Bundesrath bestimmt e T der Kennzeihnung.

leis, welhes innerhalb des Reichs der amtlichen Untersuhung

aßgabe der §§ 9 bis 15 unterlegen bat, darf einer abermaligen wecke unterworfen werden, um

ob das Fleish inzwischen verdorben ist oder sonst eine

Bei der gewerbsmäßigen Zubereitung von Fleisch dürfen Steffe

oder Arten des Verfahrens, welche der Waare eine gesundheits\chädlihe

Beschaffenheit zu verleihen vermögen, ist verboten, derartig zubereitetes Fleish aus dem Ausland einzuführen,

feilzuhalten, zu verkaufen oder font in Verkehr zu bringen.

niht angewendet werden.

Der Bundesrath | bestimmt die Stoffe und die Arten des Ver-

fahrens, auf welche diese Vorschriften Anwendung finden.

Der Bundesrath kann anordnen, daß die Vorschriften des Abs. 1

auch auf bestimmte Stoffe und Arten des Verfahrens Anwendung |

finden, welhe eine [haffenheit der Waare zu Ea pee find.

gesundheits\{ädliche oder minderwerthige Be-

Der Bundesrath if ermächtigt, 1) Vorschriften über die Prüfung der Fleishbeschauer zu erlassen, 2) Grundsäße aufzustellen, nah welchen die Schlachtvieh- und

Fleishbeshau auszuführen und die weitere Behandlung des Schlacht- viehs und Fleisches im Falle der Beanstandung stattzufinden hat,

3) die Gebühren für die Untersuhung des in das Zollinland ein-

gehenden Fleisches festzusegen.

Die zur Ausführung des Gesetzes erforderlichen Bestimmungen

werden, insoweit nit der Bundesrath für p erklärt ist oder insoweit er von einer durch § 21 ertheilten Ermächt brauch macht, von den Landesregierungen erlassen.

gung keinen Ge-

& 23. Landesrehtlihe Vorschriften, welhe mit Bezug auf 1) die der Untersuhung zu unterwerfenden Thiere, 2) L E der Untersuhungen durch approbierte Thier- ärzte, 3) die Trichinenschau, 4) den Vertrieb keanstandeten Fleisches oder des Fleisches von Thieren der im § 17 bezeihneten Arten f / weitergehende Berpflichtungen als dieses Gese begründen, sind mit der Maßgabe zulässig, daß ihre Anwendbarkeit nicht von der Herkunft des Schlachtviehes oder des Fleisches abhängig gemaht werden darf. Fnwieweit die Vorschriften dieses Gesetzes auf die Zollaus\{chlüsse Anwendung zu finden haben, besten der Bundesrath.

Mit Gefängniß bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe bis elan ati Mark oder mit einer dieser Strafen wird estraft :

1) wer wissentlich den Vorschriften des § 10 Abs. 2, 4, des § 11 Abs. 2, 3 oder des § 20 Abs. 1, 2 oder einem auf Grund des § 16 Nr. 1 oder des § 20 Abs. 3 ergangenen Verbot zuwiderhandelt,

2) wer wiffsentlih Fleis, das einem auf Grund des § 16 Nr. 1 ergangenen Verbot zuwider eingeführt oder auf Grund des 8 16 Nr. 3 zum Genusse für Menschen unbrauchbar gemaht worden ift, als Nahrungs- oder Ms Menschen in Verkehr bringt. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft wird bestraft :

1) wer eine der im § 29 bezeihneten Handlungen aus Fahr- lässigkeit begeht, : 9) wer eine Schlachtung vornimmt, bevor das Thier der in diesem Gesetz vorgeschriebenen oder einer auf Grund des § 3, des S 17 e 5 oder des § 23 angeordneten Untersuhung unterworfen worden ift,

3) wer Fleis in Verkehr bringt, bevor es der in diesem Gesetze vorgeschriebenen oder einer auf Grund des § 3, des § 14 Abs. 3, des 8 17 Abs. 5 oder des § 23 angeordneten Untersuchung unterworfen worden ift,

4) wer den Vorschriften des § 7 Abs. 2, 3, des § 9 Abs. 2, des 8 12, des § 13 Abs. 2, des § 14 Abs. 2 oder des § 17 Abs. 2 bis 4, ingleihen wer den auf Grund des & 14 Abs. 2 oder des § 17 Abs. 5 erlassenen Anordnungen oder den auf Grund des § 23 Nr. 4 ergeben- den landesrechtliden Vorschriften zuwiderhandelt, S

5) wer Kennzeichen der im § 18 vorgesehenen Art fäls{lich an- bringt oder verfälsbt, oder wer wifsentlih Fleis, an welchem die Kennzeichen fälschlich angebracht, verfälsht oder beseitigt worden find, feilhält oder verkauft.

8 27.

Fn den Fällen des § 25 und des 8& 26 Nr. 1 is neben der Strafe auf die Einziehung des Fleisches zu erkennen. In den Fällen des Lis Nr. 2 bis 4 kann neben der Strafe auf die Einziehung des Fleishes oder des Thieres erkannt-werden. Für die Einziehung E es ae Bedeutung, ob der Gegenftand dem Verurtheilten gebört oder nit.

Ft die Verfolgung oder Verurtbeilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so kann auf die Einziehung selbständig erkannt werden.

& 28.

Die Vorschriften des Geseßzes, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauhsgegénftänden, vom 14. Mai 1879 (Reihs- esebl. S. 145) bleiben unberührt. Die Vorschriften des § 16 des bezeichneten Geseizes finden au auf Zu- widerbandlungen gegen die Vorschriften des gegenwärtigen Gesezes Anwendung.

S 29. Diejenigen Vorschriften dieses Geleyen, welhe sih auf die Her- ftellung der zur Dur(führung der S@lachtvieh- und Fleishbeschau erforderlihen Einrichtungen beziehen, treten mit dem Tage der Ver- Anvigung dieses Gesezes in Kraft. :

Im übrigen wird der Zeitpunkt, mit weldem das Gese ganz oder theilweise in Kraft tritt, dur Kaiserliche Verordnung mit Zu- stimmung des Bundesraths beftimmt.

XXVLIL. Plenarversammlung des Deutschen Landwirthschaftsraths. L

Der Deutsche Landwirthschaftêrath trat am 20. d. M. im Brandenburgischen Provinzial « Ständehause biecrselb| zu seiner XX V1. Plenarversammlung zusammen. Die Verhandlungen wurden von dem Vorsitzenden, Landethauptmann von Noerder-Dverellguth mit einem Hoh auf Scine Majestät den Kaiser, die deutschen Bundes» fürsten und die freten Städte eröffact, in worlhes die Anwesenden ogeistert cinstimmten.

zur Beanstandung des Fleisches vorliegt, so hat der Beschauer es als tauglih zum Genusse für Menschen zu erklären,

Vorschriften auf Esel, Maulesel, Hunde und sonstige, seltener zur Schlachtung gelangende Thiere entspre@hende Anwendung finden.

Auf Vorschlag des Geheimen Otckonomke-Naths Dr. Uhlemann»